Wird „Papst Leo“ die „Brandmauer“ einreißen, die in der „Konziliaren Kirche“ gegen die „Traditionalisten“ errichtet wurde? Andere Frage: Werden die „Traditionalisten“ die „Brandmauer“ einreißen, die sie ihrerseits gegen ihren „Papst“ errichtet haben? Einige Tradis zeigen sich noch optimistisch …
Keinen guten Eindruck
Doch ach! Schon ziehen wieder dunkle Wolken auf. Nur kurze Zeit später mußte derselbe Blog verkünden: „Leo XIV. enthüllte seine Karten – sie sind nicht gut“. „Auch fünf Monate nach seiner Wahl“ bleibe „die Einschätzung des Pontifikats von Leo XIV. schwierig“. Wer hätt’s gedacht! Nach einer so langen Zeit von fünf Monaten sollte doch eigentlich alles vollkommen klar sein, oder nicht? Wo doch so viele schon beim ersten Auftreten von Prevost mit Mozzetta auf der Loggia des Petersdoms genau Bescheid wußten! Der „Caminante Wanderer“ sei zu einem „vergleichsweise wohlwollenden Urteil“ gelangt, werden wir erinnert. Wohl wahr, immerhin hat er seinem „Papst“ bescheinigt, „katholisch“ zu sein (Leo und die Brandmauer 2). Eine „gegenteilige Sicht vertritt Prof. Ivan Poljaković“, wie uns der „Blog“ nun darlegen will. Ivan Poljaković wurde laut Angaben des „Blogs“ „geboren 1956 in Subotica, studierte Anglistik und Germanistik an den Universitäten Innsbruck, Cambridge, Zagreb, Rostock und Auckland, wo er mehrere Jahre lebte und an einer katholischen Schule unterrichtete, er war bis 2021 Assistenzprofessor und Leiter des Fremdsprachenzentrums an der Universität Zadar und ist ausgebildeter Religionslehrer“.
Der Herr Professor hat ebenfalls das „Interviewbuch“ gelesen, oder doch wenigstens die bisher veröffentlichten Auszüge daraus, und gewinnt den Eindruck, der „Papst“ enthülle hier „seine Karten“. Jaja, für „Vatikanisten“ und ihr Publikum, zu dem besonders die eifrigen „Traditionalisten“ gehören, ist die Kirche eine Spielhalle und sind die „Kirchenmänner“ eine Pokerrunde. Da will man natürlich wissen, was für ein Blatt der Gegner in der Hand hat. Dem Professor, der seiner Profession gemäß einen Hang zu Statistiken zu haben scheint, fällt auf, daß Prevost in dem Auszug des Buches, den er analysieren will und der, wie er genau gezählt hat, 2409 Wörter enthält, „sechsmal Papst Franziskus“ erwähnt, „viermal das Zweite Vatikanische Konzil und neunmal den Synodalen Weg“, während er „weder einen anderen Papst noch ein anderes Konzil“ anführt. Daraus entnimmt der akademische Herr mit mathematisch-detektivischem Scharfsinn den „Eindruck, dass der neue Papst eine Kirche vertritt, die mit Papst Franziskus und seiner Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils beginnt“, was bei ihm „keinen guten Eindruck“ hinterläßt.
„Feindliche Übernahme der Kirche“
Nun ja, die Indizienlage finden wir recht dürftig, zumal ein kurzer Auszug aus einem „Interviewbuch“ ja keine Enzyklika ist oder sonst irgendein offizielles „päpstliches“ Dokument. Der Professor aber meint, obwohl dies „nur ein kurzer Überblick über die Überlegungen des Papstes“ sei, so sage es doch „genug, um bestimmte Schlussfolgerungen zu ziehen“. Die „Traditionalisten“ sind darin bekanntlich nicht zimperlich, ihre weitreichenden „Schlußfolgerungen“ aus irgendwelchen dürren Anhaltspunkten zu ziehen, die in der Regel keine Schlußfolgerungen sind, sondern nur das Ergebnis ihrer Vorurteile, die sie auf das kleinste Stückchen Leinwand zu projizieren verstehen, bevorzugt auf die weiße Soutane ihrer „Päpste“. So genügen dem gebildeten Herrn einige wenige Worte „Leos“, die dieser im Zusammenhang mit der „Rolle der Frau in der Kirche“ spricht, für seine umfassende und vernichtende Analyse.
Auf die Frage nämlich, „wie er die Lösung dieser Frage angehen werde“, habe „Leo“ nur „kurz“ geantwortet: „Auf synodale Weise“. Damit ist für den Professor und „ausgebildeten Religionslehrer“ „klar, dass Leo den Synodalen Weg fortsetzen will, den Kardinal Gerhard Müller (Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre 2012–2017) als ‚feindliche Übernahme der Kirche’ bezeichnet“ habe. Für uns Katholiken war von vornherein „klar“, daß der „neue Papst“, wer immer es sein werde, den „Synodalen Weg“ fortsetzen werde, weil dies nun einmal der „Weg der Kirche“ ist, welcher er vorzustehen hat, der „Konziliaren“ oder „Synodalen Kirche“. Diese „Kirche“ braucht er nicht erst „feindlich“ zu übernehmen, sie hat ihn ganz freundlich selber gewählt. Das, was der Professor unter Bezug auf „Kardinal“ Müller vielleicht unter „feindliche Übernahme der Kirche“ versteht, nämlich „den Sturz der hierarchischen Struktur der Kirche“, hat schon längst stattgefunden, und zwar auf dem „II. Vatikanum“, als die „Revolution in Tiara und Chormantel“ die Hirten der Kirche hinwegfegte und Wölfe die Herde „übernahmen“. Seither befinden sich die wenigen übrig gebliebenen und geflohenen Schäflein hirtenlos in der Verbannung als „Kirche in der Zerstreuung“. Diese Situation, gerne als „Krise in der Kirche“ bezeichnet und nie oder kaum je wirklich erkannt, besteht seit über sechzig Jahren, und daran ändert auch Herr Prevost nichts.
Jeder Kommentar überflüssig
Zweitens habe „Leo“ erklärt, er wolle „in den Fußstapfen von Franziskus“ weitermachen. Dazu hat der Professor „einige Aufsätze veröffentlicht“, in denen er „den öffentlichen Abfall vom Glauben von Franziskus dokumentiert haben“ will, weshalb für ihn feststeht: „wenn der neue Papst in seine Fußstapfen treten will, ist jeder Kommentar überflüssig.“ Laut Kirchenrecht ist der „öffentliche Abfall vom Glauben“ mit dem Verlust sämtlicher Kirchenämter verbunden (abgesehen davon, daß nach göttlichem Recht damit die Zugehörigkeit zur Kirche verloren geht). Wenn „Leo“ in der Nachfolge von „Franziskus“ den „öffentlichen Abfall vom Glauben“ vollzieht, dann ist in der Tat „jeder Kommentar überflüssig“, denn wie sollen „Franziskus“ und „Leo“ dann Päpste sein?
„Ordination von Frauen“
Drittens unterstütze „Leo die weitere Diskussion über die Ordination von Frauen zu Diakoninnen“. Hier „muss“ der Professor „sagen, dass die meisten Menschen, die die Weihe von Frauen zu Diakonen befürworten, dies nur als Ausgangspunkt betrachten, während das eigentliche Ziel die Weihe von Frauen zu Priestern, Bischöfen und sogar zum Papst ist“. Dazu „müssen“ wir sagen, daß es erstens keine „Weihe zum Papst“ gibt und daß zweitens das Weihesakrament zwar unterschiedlich abgestuft, in sich aber unteilbar ist. Da wegen der Zeichenhaftigkeit des Sakraments, welches Anteil am Priestertum Christi verleiht, ausschließlich Männer in der Lage sind, das Sakrament der Weihe zu empfangen, sind Frauen wesensmäßig und notwendig davon ausgeschlossen; das gilt für die Weihe zum Diakon ebenso wie für die zum Priester oder zum Bischof. Das weiß jeder Katholik. Die Modernisten wissen es auch, weshalb sie versuchen, den Fuß in die Tür zu bringen, wohl wissend, daß die Tür irgendwann ganz aufgeht, wenn sie erst einen Spalt geöffnet ist. Und im Grunde ist ihnen das bereits gelungen, indem sie – im Gegensatz zu den meisten heutigen „Katholiken“ – wohl wissend um den Stellenwert der niederen Weihen, es dahin brachten, Frauen in Positionen zu bringen, die früher dem niederen Klerus vorbehalten waren, als „Ministrantinnen“, „Lektorinnen“, „Mesnerinnen“ usw. Die Weihe von Frauen zu „Diakonen“ wäre nur der nächste Schritt, wenngleich ein wichtiger, weil er den Durchbruch zu den höheren Wehen bedeuten würde.
Wir müssen ferner dazu sagen, daß das im Grunde völlig gleichgültig wäre, ja eigentlich sogar zu begrüßen. Denn in der Menschheitskirche des „II. Vatikanums“ wurde mit der Einführung ungültiger Riten das Weihesakrament ohnehin abgeschafft, und mit der Einführung des „Novus Ordo“ hat man das Meßopfer beseitigt und damit den Sinn des Priestertums. Der „Novus-Ordo-Priester“ ist Laien-„Gemeindeleiter“ und ein mehr oder weniger spirituell begabter Sozialarbeiter. Warum ein solcher nicht heiraten soll und warum Frauen zu diesem „Job“ nicht fähig sein oder zugelassen werden sollten, ist nicht einzusehen. Wir sind daher überzeugte Befürworter der Abschaffung des Zölibats und der Einführung des Frauenpriestertums in der „Konziliaren Kirche“. Damit würde zugleich ihr akatholischer Charakter deutlich klarer hervortreten.
Direktor einer Korporation
Viertens folgt in der sorgfältigen Auflistung des Professors „Leos“ Aussage: „Ich habe nicht die Absicht, die Lehre der Kirche zu diesem Thema zu diesem Zeitpunkt zu ändern“, die der akademische Herr „ziemlich problematisch“ findet. Denn „aus diesem Satz“ werde „deutlich, dass Robert Prevost glaubt, dass er als Papst die Lehre der Kirche ändern kann“. Er spreche „hier wie ein Direktor einer Korporation, nicht wie ein Papst“. Ah, er hat’s erkannt! Nicht „Papst Leo“, sondern „Robert Prevost“ spricht, und er ist in der Tat der „Direktor einer Korporation“ und nicht der „Papst“. Sogar die Stelle des Vatikanischen Konzils aus „Pastor aeternus“ vermag der Professor zu zitieren, wonach „den Nachfolgern Petri … der Heilige Geist nicht dazu verheißen worden“ sei, „dass sie durch seine Eingebung eine neue Lehre verkünden sollten, sondern damit sie unter seinem Beistand die durch die Apostel überlieferte Offenbarung oder Glaubenshinterlage heilig bewahrten und treu auslegten“. Daraus steht fest, daß jemand, der „die Lehre der Kirche ändern“ und uns „eine neue Lehre verkünden“ will, nicht der Papst sein kann. Sehr gut erkannt, oder nicht?
Leider nein. Professor Ivan ist halt doch „Traditionalist“, und deswegen legt die zitierte Stelle aus der dogmatischen Konstitution des Vatikanums für ihn lediglich „die Grenzen der päpstlichen Autorität klar fest“, wie dies die einzig „traditionalistische“ Lesart ist. Das bedeutet, Robert Prevost ist „Papst Leo“, doch spricht er nur als Papst, wenn er „die durch die Apostel überlieferte Offenbarung oder Glaubenshinterlage heilig bewahrt und treu auslegt“, und er spricht als „Robert Prevost“, wenn er „eine neue Lehre“ verkündet. Er ist beides in einem und kann vom einen zum anderen „switchen“, wie es ihm beliebt. Bald spricht er als Papst, bald als Robert Prevost, bald als Glaubenshüter, bald als Häretiker, und das in ein und demselben Satz und in ein und demselben „offiziellen“ Dokument. Uns obliegt die schwierige Aufgabe des Siebens oder Sortierens in den Aussagen unseres „Lehramts“, während ja eigentlich das Lehramt für uns die Bewahrung der Wahrheit und die Ausscheidung des Irrtums vornehmen sollte. Fürwahr wären wir damit völlig überfordert, zumal wir keine Verheißung der Unfehlbarkeit haben. Doch den „Traditionalisten“ gelingt diese übermenschliche Aufgabe spielend, haben sie doch „die Tradition“, und die ist mehr als die Unfehlbarkeit. „Wer die alte Messe hat, braucht keinen Papst“, hat es einer der ihren mal auf den Punkt gebracht (Wer braucht einen Papst?).
„Der überlieferte Ritus“
Doch kommen wir zu dem, was die „Traditionalisten“ eigentlich alleine interessiert: „Der überlieferte Ritus“. Hier dünkt es den Professor „interessant“, daß „Leo“ bei seinen Aussagen „die Begriffe ‚Tridentinische Messe’ und ‚Messe des Zweiten Vatikanischen Konzils’ gegenüberstellt“, eine „Terminologie“, die jedoch „zu einer falschen Meinung“ führe. Wie das? Weil ein „uninformierter Leser“ dabei denken werde, „dass es sich um zwei Konzilien handelt, die jeweils ihre eigene Messe geschaffen haben“. Ja, das ist hintergründig und listig gedacht! Wie abgefeimt! Jedoch handelt es sich um eine „Manipulation“, die der Professor dankenswerterweise für uns aufklärt. Denn „die traditionelle lateinische Messe“ existiere „mindestens seit dem sechsten Jahrhundert in fast unveränderter Form bis zum heutigen Tag“ und werde „zu Recht Alte Messe (usus antiquior, vetus ordo) oder Messe aller Zeiten genannt“, während „die Neue Messe (novus ordo) … 1969 unter protestantischem Beitrag geschaffen“ worden sei, und das „trotz Sacrosanctum concilium, jenes Dokuments des Zweiten Vatikanischen Konzis [sic!], das ausdrücklich die Beibehaltung der lateinischen Messe fordert“. Sowas!
Wieder müssen wir den Professor ein wenig berichtigen. „Sacrosanctum concilium, jenes Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzis [sic!]“, hat keineswegs „die Beibehaltung der lateinischen Messe“ gefordert, sondern vielmehr verlangt, „eine allgemeine Erneuerung der Liturgie sorgfältig in die Wege zu leiten“ (SC 21). Wenn sich im Lauf der Zeit „etwas in sie eingeschlichen“ habe, „was der inneren Wesensart der Liturgie weniger entspricht“ oder „sich als weniger geeignet herausgestellt“ habe, so müsse man die Riten ändern. Deshalb sollen die liturgischen Bücher „möglichst bald revidiert werden“ (SC 25), und zwar so, daß sie „den Glanz edler Einfachheit an sich tragen und knapp, durchschaubar und frei von unnötigen Wiederholungen“ seien (SC 34). Insbesondere solle der „Meß-Ordo … so überarbeitet werden, daß der eigentliche Sinn der einzelnen Teile und ihr wechselseitiger Zusammenhang deutlicher hervortreten und die fromme und tätige Teilnahme der Gläubigen erleichtert werde“ (SC 50) usw. (Liturgische Metamorphose). Wer sähe nicht, wie genau der „Novus Ordo“ diesen Vorgaben entspricht? Ganz zu Recht nennt Prevost ihn die „Messe des Zweiten Vatikanischen Konzils“. Eine „Manipulation“, wie der Professor sie ihm vorwirft, ist vielmehr das dauernde Getue der „Traditionalisten“, als sei das „II. Vatikanum“ völlig unschuldig am „Novus Ordo“, sondern habe die „Beibehaltung der lateinischen Messe gefordert“.
Unterschiede
Ein „weiteres Problem“ sieht der Professor darin, „dass Leo behauptet, dass die Liturgie zu einem politischen Werkzeug geworden ist, mit dem die Menschen ihre Ziele erreichen und Ideologien verbreiten können“, und will hier „wieder genau dasselbe Denkmuster wie bei Bergoglio“ entdeckt haben, wenngleich „gemäßigter im Ausdruck“ und „ohne zu beleidigen“. Sicher, das Temperament des Prevost ist nicht das des Bergoglio, aber in der Sache haben beide vollkommen recht. Den „Traditionalisten“ ist ihre „TLM“ tatsächlich ein „politisches Werkzeug“ zur Durchsetzung ihrer Partei-Ideologie. Sauer aufgestoßen ist dem studierten Herrn, daß Leo „zwischen dieser und jener Erfahrung“, nämlich der einer „auf die richtige Weise“ gefeierten „Liturgie des Zweiten Vatikanums“ und jener der „TLM“, keinen rechten Unterschied erkennen will. „Ist es möglich, dass er wirklich glaubt“, empört sich der Professor, „dass die Erfahrung beider Messen dieselbe ist, wenn der Novus Ordo, sagen wir, andächtig gefeiert wird?“ Wie wir wissen, ist das die Ansicht auch etlicher „Traditionalisten“ (wie etwa die des früheren „Pius“-Vorsitzenden). Ganz falsch liegen sie nicht, denn wenn es nur um die „Erfahrung“ geht – rein „phänomenologisch“ läßt sich der „Novus Ordo“ zweifellos mit allerlei Zutaten wie Latein, Choral, Weihrauch, Zelebration „ad orientem“, brokatenen Meßgewändern usw. soweit „aufmascheln“, daß der unbedarfte Zuschauer mit der befriedigenden „Erfahrung“ nach Hause geht, einer würdigen und erhebenden Zeremonie beigewohnt zu haben, und mehr wollen die meisten ja nicht. (Übrigens hat auch Erzbischof Lefebvre die Unterschiede zwischen den „Meßriten“ gerne rein phänomenologisch aufgefaßt.)
Der hochstudierte Herr Professor aber weiß: „Es gibt so viele Unterschiede zwischen den beiden Messen, dass ich ein ganzes Traktat bräuchte, um sie aufzuzeigen.“ Das wäre ja schön, wenn irgendein „Traditionalist“ mal einen solchen Traktat abfassen würde; vielleicht würde ihm dann dämmern, daß die „Unterschiede“ so fundamental sind, daß man gar nicht von „den beiden Messen“ reden kann, sondern nur von einer wahren heiligen Messe und einem abscheulichen Afterritus, dem „Novus Ordo“, der keine Messe ist, sondern ein Greuel, die Karikatur einer Messe. Zu dieser Erkenntnis ist der Professor – vermutlich in Ermangelung jenes „Traktats“ – leider nicht gelangt, sondern fragt einfältig: „Und was geschieht mit der lateinischen Messe?“ Wieder verwendet er diesen Ausdruck, der nicht nur mißverständlich, sondern auch falsch ist. Der römische Ritus der Heiligen Messe ist nicht die „lateinische Messe“. Es gibt mehrere lateinische Meßriten, wie z.B. den ambrosianischen oder den dominikanischen. Selbst im römischen Ritus ist nicht alles in Latein, sondern gibt es einige griechische Überreste (wie das „Kyrie“), umgekehrt wird ein Ritus nicht zur „lateinischen Messe“, nur weil er in Latein gefeiert wird. Die lateinische Sprache ist selbst im römischen Ritus nur sekundär, sie ist ein Akzidenz, wenngleich ein natürliches und kein beliebiges. Wenn man die Heilige Messe vom „Novus Ordo“ abgrenzen will, soll man nicht von „lateinischer Messe“ sprechen, sondern entweder schlicht von der „Heiligen Messe“ oder vom „römischen Ritus“, wenn man es konkreter ausdrücken will. Letzteres setzt freilich voraus, daß man das wahre, katholische Rom vom heutigen, durch eine Sekte besetzten Rom zu unterscheiden und klar zu trennen weiß.
Katholisch oder „konziliar“
Was also geschieht nun mit der „lateinischen Messe“? Das wisse „Papst Leo“ nicht, wundert sich der Professor, „es sei sehr kompliziert, sagt er“. „Warum ist es kompliziert“, fragt er entwaffnend, „einem Priester zu erlauben, die Messe zu feiern, die er will, wie Papst Benedikt XVI. es erlaubt hat?“ Hier schummelt der studierte Herr. Die „Messe zu feiern, wie er will“ bzw. präziser, zwischen der „ordentlichen“ und der „außerordentlichen Form“ beliebig zu wählen, ist dem Priester gemäß „Papst Benedikt XVI.“ und seinem „Motu aller Proprios“ nur in Messen erlaubt, „die ohne Volk gefeiert werden“ (Summorum Pontificum Nr. 2). Für „Messen mit Volk“ liegt auch bei Ratzinger die Sache sehr viel „komplizierter“ (das regelt die Nr. 5 in nicht weniger als fünf Paragraphen). Diese Kleinigkeiten großzügig übergehend moniert der Professor: „Das ist überhaupt nicht kompliziert, was kompliziert ist, ist, wie man den vetus ordo, d. h. die Messe aller Zeiten, verbietet, ohne den wahren Grund zu nennen. Aber das ist wieder ein anderes Thema.“ Das wäre aber das eigentliche Thema! Es ist genau das Thema, um das sich die „Traditionalisten“ mit ihrem Gerede von „lateinischer Messe“, oder „vetus ordo“ (wie albern und schmachvoll, die Heilige Messe als „alte Schwester“ des „Novus Ordo“ hinzustellen!) immer herumdrücken.
Bergoglio hat den Sachverhalt sehr klar und eindeutig zusammengefaßt in seinem berühmt-berüchtigten und den Tradis so überaus verhaßten Artikel 1 seines „Anti-Ratzinger-Proprios“ mit dem schönen und passenden Titel „Traditionis custodes“: „Die von den heiligen Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. in Übereinstimmung mit den Dekreten des Zweiten Vatikanischen Konzils promulgierten liturgischen Bücher sind die einzige Ausdrucksform der Lex orandi des Römischen Ritus.“ Das ist die exakte Beschreibung der „konziliaren“ Wirklichkeit, die Ratzinger mit seiner trügerischen Rede von der „ordentlichen“ und der „außerordentlichen“ Form auch nicht aus der Welt schaffen konnte. Zur „Konziliaren Kirche“ gehört der „Novus Ordo“. Punkt. Wer die Heilige Messe will, muß sie außerhalb dieser Afterkirche suchen, bei der wahren Kirche, die heute hinter der „Brandmauer“ (der zweiten und eigentlichen „Brandmauer“, die von „Progressisten“ und Tradis gemeinsam gegen die „Sedisvakantisten“ errichtet wurde) als „Kirche in der Zerstreuung“ ihr Dasein fristen muß. Die „Traditionalisten“ aber wollen einerseits zur „Konziliaren Kirche“ gehören und andererseits ihre „lateinische Messe“, den „vetus ordo“ haben. Das ist der einzige und wahre Grund, der die Sache so „kompliziert“ macht. Nicht Bergoglio oder Prevost sind daran schuld, sondern die „Traditionalisten“, die einfach nicht einsehen wollen, daß sie sich entscheiden müssen: katholisch oder „konziliar“.
Typischer Fall von „selber schuld“
Süffisant bemerkt der „Religionslehrer“, daß sein „Papst“ sich herausrede, bisher „noch keine Zeit gehabt“ zu haben für die Tradis, wohl aber u.a. für Regenbogenbefürworter. „Er hat Zeit für sie gefunden, denn sie stehen auf der Prioritätenliste.“ Tja, als Oberhaupt der Menschheitskirche hat Prevost eben noch andere und für ihn weitaus wichtigere „Stakeholder“ zu bedienen als die ewig quengelnden „Traditionalisten“, die sich für den Nabel der Welt halten, obwohl sie nur eine verschwindend kleine Minderheit sind und keine so mächtige „Lobby“ hinter sich haben wie der „Regenbogen“. Scharf schließt der Herr Lehrer: „Aus all dem geht klar hervor, dass Papst Leo XIV. den Status quo aufrechterhalten will, das heißt, er will die Hermeneutik des Bruchs mit der katholischen Kirche zementieren und die Häresien beibehalten, die Bergoglio während seines Pontifikats eingeführt hat.“ No na! Als „konziliarer Papst“ wird „Leo“ selbstverständlich das Erbe seiner Vorgänger fortsetzen. Dazu gehört notwendig die „Zementierung“ des „Bruchs mit der katholischen Kirche“, den das „II. Vatikanum“ vollzogen hat und auf dem die ganze apostatische Menschheitskirche beruht, und das beständige Fortschreiten in der Häresie, die das Wesen dieser „Buhlerin Babylon“ ausmacht. Wollte man etwas anderes erwarten, so könnte man genausogut darauf hoffen, daß der Teufel das Höllenfeuer ausbläst und eine Klimaanlage installiert.
Der Professor schließt mit den Worten: „Ich glaube nicht, dass ich den Rest des Interviews überhaupt lesen werde. Das reicht mir. Ich fühle mich sowieso schon schlecht.“ Typischer Fall von „selber schuld“, würden wir sagen.