Tradi-Ökumene - Modernistischer Offenbarungseid

Diese apokalyptische Zeit ist für jeden Katholiken eine außerordentliche Herausforderung. Je weiter die Apostasie – also der große, weltweite Abfall – voranschreitet, umso größer ist die Gefahr, sich in den Strudel der Verharmlosungen hineinziehen zu lassen. Eine sehr wirksame Taktik des Teufels ist die Verharmlosung und genau dafür ist der moderne Mensch ganz besonders anfällig. Jederzeit ist er bereit, mit Pilatus zweifelnd zu fragen: „Was ist Wahrheit?“ Wie sehr muß darum der wahre Katholik vor dem verführerischen Zweifel auf der Hut sein, um seinen übernatürlichen Glauben zu schützen und in dem allgemeinen Durcheinander nicht zu verlieren. Mit dem Beiwort „wahr“ haben wir schon eine der großen Schwierigkeiten angesprochen, der es zu begegnen gilt. Es gibt inzwischen auch falsche „Katholiken“, also Menschen, die sich alle gleichfalls „katholisch“ nennen dürfen, es aber nicht sind – und diese sind Legionen! Der Etikettenschwindel ist offiziell anerkannt worden und somit weltweit äußerst wirksam. Der große Abfall tritt deswegen nach außen hin gar nicht so in Erscheinung, wie man es erwarten würde, dürfen sich doch auch alle abgefallenen Katholiken immer noch Katholiken nennen – ja in der Öffentlichkeit mit mehr Recht „Katholiken“ nennen als die wahren Katholiken!

Als sich 1870 nach dem Vatikanischen Konzil eine beachtliche Gruppe von der katholischen Kirche abgespalten hatte, weil sie das Dogma von der Unfehlbarkeit des kirchlichen Lehramtes leugneten, haben sich diese in „Altkatholiken“ umbenannt und sich damit auch sprachlich von den „römischen Katholiken“ klar unterschieden. Leider ist das auf und nach dem sog. 2. Vatikanum nicht geschehen. Die Modernisten haben sich nicht modernistische oder neue Katholiken genannt, – was im Übrigen ein Widerspruch in sich wäre – sondern nach wie vor römische Katholiken. Unzählige Variationsmöglichkeiten des modernistischen Irrglaubens Seitdem ist der Begriff „Katholik“ vieldeutig geworden, sodaß, wenn jemand sagt, er sei katholisch, man tatsächlich nicht weiß, was er glaubt bzw. nicht glaubt. Auch wenn es früher schon Taufscheinkatholiken gegeben hat, so war dennoch jedem klar, was der katholische Glaube von jedem Katholiken notwendigerweise fordert. Das ist heutzutage nicht mehr so. Da der Modernismus nach dem hl. Papst Pius X. das „Sammelbecken aller Häresien“ ist, gibt es auch unzählige Variationsmöglichkeiten des modernistischen Unglaubens – und jeder dieser Modernisten darf sich katholisch nennen. Nur in ganz wenigen Fällen ist das modernistische Leeramt eingeschritten und hat einen Priester oder gar einen Professor wegen seiner modernistischen Irrlehren gemaßregelt. Das geschah eigentlich immer nur dann, wenn sich jemand öffentlich zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. Im Grauzonenbereich konnte und kann man letztlich in der Menschenmachwerkskirche jede Irrlehre vertreten, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.

Traditionelle Gegenbewegung

Als Gegenbewegung zu dieser lehrmäßigen Meinungsvielfalt entstand der Traditionalismus. Ein Traditionalist stellt der modernistischen Meinungswillkür die Tradition entgegen. Damit meint der Traditionalist gewöhnlich irgendwie das, was schon früher von der Kirche gelehrt worden sei. Insofern der Traditionalist seine Tradition jedoch innerhalb der Menschenmachwerkskirche vertritt, kommt er sofort in eine Zwickmühle, denn er muß seine eigene Tradition gegen die Traditionen der anderen stellen, die im Rahmen der Menschenmachwerkskirche ebenfalls als „katholisch“ gelten. Der Traditionalist kann schwerlich auch nur einen noch amtierenden Bischof nennen, der seine Auffassung von Tradition so vertritt wie er. Selbstverständlich kann er für die meisten seiner Ansichten auch nicht seinen „Papst“ ins Feld führen, da dieser gewöhnlich etwas ganz anderes lehrt.

Protestantisches Traditionsverständnis als Maß aller Dinge

Der Traditionalist ist deswegen gezwungen, sein Traditionsverständnis absolut zu setzen. Dieses ist für ihn das Maß aller Glaubensdinge. Das ist zwar, wie wir schon öfter gezeigt haben, purer Protestantismus, was jedoch einen echten Traditionalisten in keiner Weise anficht. Ganz im Gegenteil hält er diesen Protestantismus für der Weisheit letzten Schluß in der derzeitigen Kirchenkrise. Mit Vehemenz verteidigt er seinen Protestantismus gegen alle lehrmäßigen Richtigstellungen der wahren Katholiken, so wie er seine Tradition mit Vehemenz gegen seinen Papst und das Lehramt seiner Kirche verteidigt. Er ist nicht so ehrlich und sicherlich auch nicht mehr theologisch so gebildet wie dazumal die Altkatholiken, die sich aufgrund ihres Glaubens bzw. Unglaubens ausdrücklich von der katholischen Kirche losgesagt haben.

Ein vieldeutiger Traditionsbegriff…

Seit dem Amtsantritt von Bergoglio, alias „Papst“ Franziskus, hat sich die Tradiwelt verändert. Um diese Veränderung richtig begreifen zu können, ist es notwendig, einen kurzen geschichtlichen Rückblick zu machen. Schon anfangs waren die Traditionalisten keine homogene Gruppe. Vielmehr nannte man all diejenigen Traditionalisten, die sich dem „modernen Rom“ entgegenstellten, die also die Veränderungen seit, mit und nach dem sog. 2. Vatikanum ablehnten. Mit anderen Worten nannte man all diejenigen Traditionalisten, die nach dem endgültigen Sieg der Modernisten noch katholisch bleiben wollten.

Sobald man etwas genauer hinsieht, kann man feststellen, daß nämlich „Tradition“ bei den Traditionalisten kein eindeutiger Begriff ist. Denn letztlich konstruiert sich jeder Traditionalist seine eigene Tradition, wobei sich dabei die meisten Traditionalisten an eine größere Organisation anlehnen. Die Führungsrolle eroberte sich ab den 1980er Jahren zweifelsohne Mgr. Marcel Lefebvre mit seiner Piusbruderschaft. Dennoch herrschte zwischen den Traditionalisten durchaus keine Glaubenseinheit – genausowenig wie bei den Modernisten!

Man täuschte jedoch eine solche Einheit vor, indem sich nämlich alle Traditionalisten als die eigentlichen Katholiken fühlten. „Fühlen“ ist hier durchaus das die Sache treffende Wort, denn lehrmäßig erweisen konnte und kann das kein Traditionalist.

…und die daraus folgende Spaltung

Die lehrmäßigen Unterschiede zwischen den verschiedenen Traditionalisten konnten früher noch ganz gut wahrgenommen werden. Es gab nämlich traditionelle Gruppen, die sich spinnefeind waren. Der größte Graben trennte die Piusbrüder und die Petrusbrüder, was letztlich ihren Grund in der Herkunft der Petrusbrüder hatte. Aufgrund der unerlaubten Bischofsweihen von 1988 durch Mgr. Lefebvre und Mgr. de Castro Mayer in Econe sahen sich einige Priester genötigt, die Piusbruderschaft zu verlassen. „Johannes Paul II.“ hatte bis zuletzt mit allen Mitteln versucht, diese Weihen zu verhindern. In seinem Motu Proprio „Ecclesia Dei“ klagte er: „Die Kirche Gottes hat mit großer Betrübnis von der unrechtmäßigen Bischofsweihe Kenntnis genommen, die Erzbischof Marcel Lefebvre am vergangenen 30. Juni vorgenommen hat. Dadurch wurden alle Anstrengungen zunichte gemacht, die in den letzten Jahren unternommen worden waren, um der von Msgr. Lefebvre gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius X. die volle Gemeinschaft mit der Kirche sicherzustellen. In der Tat blieben alle, besonders in den letzten Monaten sehr intensiven, Bemühungen, in denen der Apostolische Stuhl Geduld und Nachsicht bis an die Grenzen des Möglichen gezeigt hat, ohne Erfolg.“

Das war damals eine unruhige Zeit für alle piustreuen Traditionalisten gewesen. Zunächst hat alles so ausgesehen, als würde eine Einigung mit Rom zustande kommen. Vom November bis Dezember 1987 gab es eine Visitation des Werkes durch Kardinal Édouard Gagnon, wodurch die Erwartungen auf einen Höhepunkt getrieben wurden. Alle diejenigen, die das erlebt haben, werden sich daran erinnern: Eine Wiedervereinigung mit Rom war in greifbarer Nähe!

Zerplatzte Hoffnung

Endlich wäre man den Makel des Nicht-so-richtig-zur-Kirche-gehörens los und dürfte womöglich wieder in einer ganz normale Kirche Gottesdienst feiern. Der „Apostolische Stuhl“ ging tatsächlich bis an die Grenzen des diplomatisch Möglichen, um den Bruch zu vermeiden. Zwar gab es innerhalb der Piusbruderschaft auch einige, die diesem Kurs mißtrauten, die große Mehrheit hingegen hätte sich zutiefst erleichtert einem Übereinkommen mit Rom angeschlossen. Man darf niemals vergessen, daß man sich all die Jahre grundsätzlich zur Konzilskirche gehörig fühlte, daß man zumindest mit einem Lippenbekenntnis Papst und Bischöfe als solche anerkannte. Und welcher Katholik lebt schon gerne im Streit mit seinem Papst?! Die psychologische Wirkung dieses bloßen Lippenbekenntnisses darf man durchaus nicht unterschätzen.

Ein gemeinsames Protokoll…

Schließlich kam der 5. Mai 1988. An diesem Tag wurde von Alt-Erzbischof Lefebvre und „Kardinal“ Ratzinger ein gemeinsames Protokoll unterschrieben, in dem das zukünftige Vorgehen umschrieben war. In diesem Protokoll ging Lefebvre bis an die Grenzen des Möglichen – oder vielleicht sogar darüber hinaus. Er verpflichtete sich u.a.:

  1. die Lehre anzunehmen, die in Nr. 25 der Dogmatischen Konstitution Lumen gentium des II. Vatikanums enthalten ist über das kirchliche Lehramt, und die Zustimmung, die ihm geschuldet ist;
  2. sich unter Vermeidung jeder Polemik zu einer Haltung des Studiums und der Kommunikation mit dem Heiligen Stuhl zu verpflichten bezüglich der Punkte, die vom II. Vatikanum gelehrt werden, oder der späteren Reformen, die ihnen nur schwer mit der Tradition vereinbar schienen;
  3. die Gültigkeit der Messe und der Sakramente anzuerkennen, die mit der erforderlichen Intention gefeiert werden und entsprechend den Riten der Editiones Typicae, die von Paul VI. und von Johannes Paul II. promulgiert worden sind…

Es kommen einem direkt Zweifel, ob Mgr. Lefebvre damals tatsächlich solche Zusagen gemacht hat – aber es steht felsenfest, daß es so war, denn in dem Protokoll ist es festgehalten: die Lehre anzunehmen … über das kirchliche Lehramt, und die Zustimmung, die ihm geschuldet ist; Vermeidung jeder Polemik … bezüglich der Punkte, die vom II. Vatikanum gelehrt werden, oder der späteren Reformen, die ihnen nur schwer mit der Tradition vereinbar schienen und Anerkennung der Gültigkeit der Messe und der Sakramente, die entsprechend den Riten der Editiones Typicae, die von Paul VI. und von Johannes Paul II. promulgiert worden sind.

So ganz ernst konnte das alles von Mgr. Lefebvre doch nicht gemeint sein, oder etwa doch? Letztlich kann man Mgr. Lefebvre bei seinen diplomatischen Vorstößen nicht recht einschätzen.

…mit Rückzieher

Schon in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai hatte in Lefebvre sein Mißtrauen gegen Rom wieder die Oberhand gewonnen und gesiegt, weshalb er einen Rückzieher machte. Mit der Versöhnung mit Rom war es wieder aus! Kurzerhand schrieb Msgr. Lefebvre am 6. Mai an „Kardinal“ Ratzinger und bestand darauf, ohne die im Protokoll noch ausdrücklich anerkannte freie Vollmacht des Papstes zu berücksichtigen, daß von ihm ein Mitglied der Bruderschaft am 30. Juni zum Bischof geweiht werde. Dieser Ankündigung fügte er noch hinzu, falls die Antwort negativ sein sollte, sehe er sich im Gewissen verpflichtet, dennoch diese Weihe vorzunehmen. Das war eindeutig eine Erpressung, auf die sich Rom natürlich nicht einfach so einlassen konnte, ohne vollkommen das Gesicht zu verlieren.

Ratzinger antwortete ihm sofort und forderte ihn auf, sein Vorhaben nochmals zu überdenken, da es im Gegensatz zum Protokoll stehe, das am Tag vorher von ihm unterzeichnet worden war.

Zeichen auf Sturm

Für die Mitglieder und Anhänger der Piusbruderschaft waren das richtige Wechselbäder der Gefühle. Erst so richtig auf Wiedervereinigungskurs gebracht und eingeschworen, war jetzt auf einmal alles eine bloße Finte. Nein, man konnte Rom nicht trauen, man mußte weiter den eigenen Weg gehen – und dazu brauchte man eigene Bischöfe.

Zwar fand am Dienstag, dem 24. Mai 1988, in Rom noch ein zweites Treffen zwischen Ratzinger und Lefebvre statt, was aber zu keiner Änderung der Grundentscheidung mehr führte. Rom gab zu erkennen, daß entsprechend den Kriterien und dem gewohnten Verfahren der Kirche einen Bischof zu ernennen, der mitten aus der Bruderschaft ausgewählt sei, eine Weihe am 15. August 1988 stattfinden könnte. Doch müsse der Gründer der Bruderschaft eine wirkliche Bitte um Versöhnung an den Papst richten.

Msgr. Lefebvre ging auf die Forderung Roms nicht mehr ein, sondern legte seinerseits zwei Briefe vor, einen an den „Papst“ und einen an Ratzinger gerichtet, in denen er auf der Weihe von nunmehr drei Bischöfen am 30. Juni bestand. Damit war der diplomatische Weg vorerst beendet – die Zeichen standen wieder eindeutig auf Sturm.

„Operation Überleben Tradition“ -

Die Bischofsweihen am 30. Juni wurden ein traditionelles Großereignis. Auch das kann man sich heute kaum noch vorstellen. Nun hatte man endlich eigene Bischöfe, die den Fortbestand der Tradition sicherten! „Operation Überleben Tradition“ nannte Lefebvre seine Aktion. Das Datum des 30. Juni hatte keinen Symbolcharakter, es war einfach der Tag nach den jährlichen Priesterweihen in Econe. Alles war schon aufgebaut, alles war schon bereit. Die Leute waren schon da und brauchten nur einen Tag länger bleiben. Der Tag bot sich einfach an – und Econe rückte ins Blickfeld der Medien, d.h. der Weltöffentlichkeit. Vergleichbares Interesse wird es in der Folgezeit nie mehr geben.

Die jüngere Generation kann sich wohl kaum noch vorstellen, was dieser 30. Juni 1988 für die Traditionalisten bedeutete. Das war direkt erlebter Kirchenkampf!

- in einem imaginären Rom

In seiner Predigt zog Mgr. Lefebvre alle sophistischen Register, die ihm zur Verfügung standen, um seinen Schritt zu rechtfertigen. Entgegen den allen vor Augen stehenden Tatsachen betonte er:

„Es ist notwendig, daß Sie gut verstehen, warum wir um nichts auf der Welt mit dieser Zeremonie ein Schisma wollen. Wir sind keine Schismatiker. … Ferne von uns seien so erbärmliche Gedanken wie die, uns von Rom zu trennen. Ganz im Gegenteil, wir nehmen diese Zeremonie vor, um unsere Verbundenheit mit Rom zu manifestieren, um unsere Verbundenheit mit der Kirche aller Zeiten zu manifestieren, mit dem Papst und mit allen jenen, die die Vorgänger der Päpste waren, die nun seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil leider gemeint haben, Irrtümer annehmen zu müssen, schwere Irrtümer, die im Begriffe sind, die Kirche zu zerstören und das katholische Priestertum zu vernichten. …“

Das imaginäre Rom und die Kirche aller Zeiten waren schon so sehr in den Köpfen der Zuhörer, daß niemand zu lachen oder zu protestieren begann. Tatsache war: Der „Papst“ hatte extra noch einen Boten nach Ecône gesandt, der in seinem Auftrag nochmals forderte, die Weihezeremonie zu unterlassen; dennoch antwortete der assistierende Priester auf die Frage des Konsekrators: „Habt ihr ein apostolisches Mandat?“ mit: „Das haben wir.“ Obwohl also ihr real existierender Papst ausdrücklich und nachdrücklich seine Zustimmung zu dieser Weihe verweigert hat, behaupten diese Traditionalisten, ein apostolisches Mandat zu haben. Nicht von dem real existierenden und als solchen von ihnen anerkannten Papst, sondern von einem imaginären Papst der Tradition. Mit diesem imaginären Papst hat Lefebvre seine Verbundenheit ausgedrückt und mit den Päpsten der Vergangenheit, die freilich schon alle tot waren und nicht mehr protestieren konnten.

Das reale Rom stellt ein Schisma fest…

Dem entgegenstehend hat sein damals in Rom lebender Papst in seinem Motu Proprio „Ecclesia Dei“ über das Ganze so geurteilt: „Die Tat als solche war Ungehorsam gegenüber dem Römischen Papst in einer sehr ernsten und für die Einheit der Kirche höchst bedeutsamen Sache, wie es die Weihe von Bischöfen ist, mit der die apostolische Suksession sakramental weitergegeben wird. Darum stellt dieser Ungehorsam, der eine wirkliche Ablehnung des Römischen Primats in sich schließt, einen schismatischen Akt dar.“

…und Lefebvre gründet eine Parallelkirche

Bis heute sehen das natürlich alle Lefebvristen anders. Für sie ist Mgr. Lefebvre der große Verteidiger in der Not und der Retter der Tradition gegen die modernistischen Eindringlinge, so wie er es auch bei der Bischofsweihe zum Ausdruck brachte:

„Angesichts dieses festen Willens der gegenwärtigen römischen Behörden, die Tradition zu vernichten und alle in diesen Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils hineinzuziehen, in diesen Geist von Assisi, haben wir es vorgezogen, uns zurückzuziehen. Da konnten wir nicht mehr zustimmen, das war unmöglich. …

So werden wir, Bischof de Castro Mayer und ich, wie ich glaube mit der Gnade des lieben Gottes durch diese Konsekration der Tradition die Möglichkeit gegeben haben fortzubestehen und den Katholiken, die es wünschen, die Möglichkeit geben, sich in der Kirche ihrer Eltern, ihrer Großeltern, ihrer Vorfahren zu behaupten, in den Kirchen zu behaupten, für die ihre Pfarreien gegründet wurden, in allen jenen schönen Kirchen mit einst schönen Altären, die jetzt oft zerstört wurden, um sie durch einen Tisch zu ersetzen und so die radikale Umwandlung vor Augen zu führen, die seit dem Konzil mit dem heiligen Meßopfer vollzogen wurde, mit dem heiligen Meßopfer, das ja das Herz der Kirche ist und auch der Zweck des Priestertums.“

Damit war vorläufig wenigstens der Bruch vollzogen und der „Tradition“ wurde die Möglichkeit gegeben in einer traditionalistischen Parallelkirche – in der Kirche ihrer Eltern, ihrer Großeltern, ihrer Vorfahren – fortzubestehen. In seinem Brief an Johannes Paul II. schrieb Mgr. Lefebvre: „Da man es ablehnt, unsere Gesuche in Erwägung zu ziehen, und da es offenkundig ist, daß das Ziel dieser Versöhnung keineswegs dasselbe ist für den Hl. Stuhl wie für uns, halten wir es für ratsamer, günstigere Zeiten für die Rückkehr Roms zur Tradition abzuwarten. Deshalb werden wir uns selbst die Mittel geben, um das Werk fortzuführen, das die Vorsehung uns anvertraut hat.“

Die Entstehung der Petrusbruderschaft

Der „Papst“ sah das wiederum etwas anders:

„Die Wurzel dieses schismatischen Aktes ist in einem unvollständigen und widersprüchlichen Begriff der Tradition zu suchen: unvollständig, da er den lebendigen Charakter der Tradition nicht genug berücksichtigt …

Vor allem aber ist ein Traditionsbegriff unzutreffend und widersprüchlich, der sich dem universalen Lehramt der Kirche widersetzt, das dem Bischof von Rom und dem Kollegium der Bischöfe zukommt. Denn niemand kann der Tradition treu bleiben, der die Bande zerschneidet, die ihn an jenen binden, dem Christus selbst in der Person des Apostels Petrus den Dienst an der Einheit in seiner Kirche anvertraute.“

Nach den Bischofsweihen gab es doch etliche, die sich der Meinung der „Papstes“ anschlossen und lieber in Einheit mit Rom ihrer Tradition anhangen wollten. Dies ermöglichte Johannes Paul II. in seinem Motu Proprio ausdrücklich:

„All jenen katholischen Gläubigen, die sich an einige frühere Formen der Liturgie und Disziplin der lateinischen Tradition gebunden fühlen, möchte ich auch meinen Willen kundtun - und wir bitten, daß sich der Wille der Bischöfe und all jener, die in der Kirche das Hirtenamt ausüben, dem meinen anschließen möge -, ihnen die kirchliche Gemeinschaft leicht zu machen, durch Maßnahmen, die notwendig sind, um die Berücksichtigung ihrer Wünsche sicherzustellen.“

So entstand die Petrusbruderschaft und auch manche Ordensgemeinschaft wechselte die Fronten, allen voran das damalige traditionelle Vorzeigekloster Le Barroux im Süden Frankreichs. Unübersehbar war „Tradition“ für die Petrusbrüder und die Piusbrüder nicht dasselbe.

Ein Kuckucksei

In dem Sonderblatt zum 10-jährigen Bestehen der Petrusbruderschaft fand man einen Artikel, der offensichtlich das Selbstverständnis der Gemeinschaft anhand der besonderen Umstände, die zur Entstehung führten, wiedergeben sollte. Darin wird die Vergangenheit als „Langsamer Weg in der Illegalität“ beschrieben und sodann der „Bruch mit Rom“ kommentiert:

„Tragischerweise hatte sich im Denken der Mitglieder der Priesterbruderschaft St. Pius X., wie auch von Theologen, die dieser Gemeinschaft nahestehen, eine Auffassung entwickelt, die im Prinzip einen falschen Begriff kirchlicher Tradition beinhaltet.

Wenn man von der Tradition spricht, dann muß man stets die göttliche und die rein kirchliche Tradition unterscheiden. Die göttliche Tradition ist niemals veränderbar, rein kirchliche Traditionen können prinzipiell in manchen Teilen geändert werden. Dies bringen in Bezug auf die hl. Liturgie folgende Sätze des II. Vatikanums zum Ausdruck: ‚Denn die Liturgie enthält einen kraft göttlicher Einsetzung unveränderlichen Teil und Teile, die dem Wandel unterworfen sind. Diese Teile können sich im Laufe der Zeit ändern, oder sie müssen es sogar, wenn sich etwas in sie eingeschlichen haben sollte, das der inneren Wesensart der Liturgie weniger entspricht, oder wenn sie sich als weniger geeignet herausgestellt haben.‘“

Dank Bergoglio zeigt sich inzwischen jedem unübersehbar, daß der Unterschied zwischen dem römischen Ritus und dem Afterritus des Freimaurers Bugnini nicht mit dem Hinweis – Die göttliche Tradition ist niemals veränderbar, rein kirchliche Traditionen können prinzipiell in manchen Teilen geändert werden – erklärt werden kann. Mit dieser Anerkennung des Afterritus der sog. Neuen Messe hatten sich die Petrusbrüder natürlich gleich bei ihrer Gründung ein Kuckucksei ins eigene Nest gelegt – und der Kuckuck ist jetzt schon so groß, daß er alle verbleibenden Scheinargumente für die „Alte“ Messe aus dem Nest geworfen hat.

Nach dem Gegen-Motu-proprio Bergoglios „Traditionis custodes“ stellte etwa Helmut Hoping, Professor für Dogmatik und Liturgiewissenschaft an der Universität Freiburg und Ständiger Diakon nüchtern bei einem Interview bei DOMRADIO.DE fest:

„Das neue Motu Proprio ‚Traditionis custodes‘ ist … keine Modifikation von ‚Summorum Pontificum‘, sondern es hebt das Motu Proprio von Benedikt XVI. auf.

In Art. 1 von ‚Traditionis custodes‘ heißt es, dass die liturgischen Bücher, die von Paul VI. und Johannes Paul II. promulgiert wurden, ‚der einzige Ausdruck der lex orandi [Gesetz des Betens] des römischen Ritus‘ sind. Das heißt: Franziskus hat die Unterscheidung zwischen zwei Formen des römischen Ritus, die Benedikt XVI. vorgenommen, als illegitim widerrufen. ‚Summorum Pontificum‘ ist tot.“

So ist es in der Tat: Das Motu aller Propios Joseph Ratzingers „Summorum Pontificum“ ist tot!

Wie man gerüchteweise hört, gehen deswegen in Wigratzbad schon vorsorglich manche Seminaristen eifrig in die Neue Messe und der Regens wagt natürlich nicht, irgendetwas dagegen zu sagen. Immerhin hat Bergoglio schon gezeigt, daß er es mit seinem Gegen-Motu-Proprio ernst meint, hat er doch sogleich einige Exempel statuiert und dem Alten allzu anhängliche Gemeinschaften auf Kurs gebracht, bzw. den Gar ausgemacht. Schon damals war es jedem denkfähigen Menschen klar, daß die Anhänglichkeit der Petrusbrüder an die „Alte“ Messe immer schon allzu antiquiert war, sie hatte nämlich keine theologische Grundlage und in gewissem Sinne auch keine Rechtsgrundlage. Selbst Ratzinger hatte doch von Anfang an das genaue Gegenteil von dem intendiert, was die Traditionalisten ihm unterschoben – nämlich die Alte Messe auslaufen zu lassen. Ein alter Natur- und Rechtsgrundsatz sagt: Res clamat ad dominum – das Eigentum schreit nach dem Eigentümer oder die Sache schreit nach dem Herrn. Nun, die Sache, das ist die Neue Messe. Diese ist nach Ratzinger die ordentliche Form des römischen Ritus, die fast überall in der Welt gelesen wird – und der Herr, nach dem die Sache rief, das ist das modernistische Rom. Nun, Bergoglio jedenfalls ließ sich nicht zweimal rufen, wenn es darum ging, der Neuen Messe wieder zu ihrem universalen Recht zu verhelfen, weshalb er kurzerhand den außerordentlichen Ritus wieder eliminierte.

Gescheitertes „Experiment der Tradition“

Inzwischen ist seit 1988 ganz schön viel Wasser den Rhein hinuntergeflossen und der Umgang mit dem modernistischen Rom zeitigte und zeitigt selbstverständlich seine modernistischen Früchte! Die Tradition zeigt sich immer offener als Spielart des Modernismus. Es verwirklicht sich, was damals Joseph Ratzinger vorhersah:

„Ich sehe z.B. wie schwierig am Anfang die Versöhnung mit den Mönchen der Abtei Le Barroux war, bis sie im geistlichen Leben zu dieser neuen Freude gelangt sind, wahrhaft in der katholischen Kirche zu sein: Sie haben ein Buch gegen die Kritik am (neuen) Katechismus geschrieben. Sie haben uns selbst gesagt: ‚Vor fünf Jahren konnten wir uns nicht einmal vorstellen, daß wir in der Lage sein würden, das zu tun. Jetzt, da wir uns versöhnt haben, machen wir die Erfahrung, daß wir wiedergeboren werden im Sinne des Katholizismus und somit des Verstehens der Lehre der Kirche von heute.‘“

Damit ist tatsächlich alles gesagt: …daß wir wiedergeboren werden im Sinne des Katholizismus und somit des Verstehens der Lehre der Kirche von heute. Leider sind die Begriffe, die Ratzinger verwendet, falsch und müssen entsprechend gemäß der katholischen Glaubenslehre korrigiert und präzisiert werden: …daß wir wiedergeboren werden im Sinne des Modernismus und Postmodernismus und somit des Verstehens der unzähligen Irrlehren der Menschenmachwerkskirche von heute.

Bei diesem Experiment der Tradition ist, wie vorherzusehen war, nichts vom katholischen Glauben übriggeblieben. Übriggeblieben sind viele Traditionen: Die Piustradition, die Petrustradition, die Tradition von Le Barroux, usw. Tradition mit oder gegen Rom

Bis zum 7.7.2007 gab es irgendwie zwei Traditionalistengruppen. Man könnte sagen, jeder mußte sich entscheiden, was er wollte: Entweder Tradition mit Rom oder Tradition gegen Rom! Hier sei nochmals erwähnt, daß wir, die wahren Katholiken, nicht zu den Traditionalisten gehören, weil wir mit diesen lehrmäßig nichts gemein haben. Nochmals: Der Traditionalismus ist Protestantismus, wir aber sind Katholiken!

„070707 – der Sieg!“

Zu dem Ereignis vom 7.7.2007 haben wir in unserem Beitrag „070707 – der Sieg!“ geschrieben:

„Nun ist es also geschehen, an jenem symbolträchtigen, geradezu biblischen Datum, dem 07.07.07: Die Apokalypse, die Parusie ist eingetreten, das ‚Motu aller Proprios‘, es ist endlich erschienen, die ‚alte Messe‘ ist ‚freigegeben‘! Die ‚Petrusbruderschaft‘ begrüßt freudig ‚aus ganzem Herzen mit großer Dankbarkeit die schon lange erhoffte Veröffentlichung des Motu Proprios ‚Summorum Pontificum‘ unseres Heiligen Vaters Benedikt XVI., das die erweiterte Zulassung der überlieferten Liturgie regeln soll‘. ‚Mit besonderer Freude erfüllt‘ sie dabei nach den Worten ihres Distriktoberen ‚die hierin erfolgte Klarstellung über den bedeutenden Platz, den das Missale des seligen Johannes XXIII. im Leben der Kirche einnimmt‘. Benedikt XVI. habe ‚die tridentinische Messe wieder in ihre Rechte eingesetzt‘, so jubelt der Generalobere der ‚Piusbruderschaft‘ und freut sich, ‚daß die Kirche so ihre liturgische Tradition wiederfindet‘. Im Namen seiner Gemeinschaft spricht er ‚für diese große geistige Wohltat dem Obersten Hirten ihre innige Dankbarkeit aus‘. ‚Mit großer Freude und Dankbarkeit‘ begrüßen auch ‚die in den katholischen Vereinigungen Pro Missa Tridentina, Una Voce Deutschland und Pro Sancta Ecclesia zusammengeschlossenen traditionsverbundenen Gläubigen‘ das weltbewegende Ereignis. Es sei dies ‚ein historischer Wendepunkt in der nachkonziliaren Entwicklung‘. Der ‚seit vielen Jahrhunderten gefeierte klassische römische Ritus‘ werde ‚als außerordentliche Form des römischen Ritus anerkannt‘ und erhalte ‚damit endlich nach mehr als 35 Jahren der de-facto-Abschaffung wieder seinen festen Platz in der Kirche zurück‘.“

„Außerordentlicher Ritus“ für die Halsstarrigen

Die seinerzeit viele Traditionalisten ergreifende Begeisterung, die aus den wenigen zusammengetragenen Stellungnahmen der verschiedenen Gruppen spricht, kann man sich heute kaum noch vorstellen. In allen Piuskapellen und -kirchen wurde extra ein „Te Deum“ gesungen, so als bestünde aufgrund dieses Motu aller Proprios tatsächlich ein Grund zur Freude. Wobei die Piusleute sich tatsächlich einbildeten, daß die Kirche so ihre liturgische Tradition wiederfindet – und dies selbstverständlich allein dank der Halsstarrigkeit der Piusbruderschaft, die zwischenzeitlich diese liturgische Tradition bewahrt hatte. Irgendwie bildeten sich die allermeisten Traditionalisten damals tatsächlich ein, das Motu Proprio Benedikt XVI. sei ihr Sieg über die Modernisten in Rom.

Im Rückblick springt jedenfalls diese alle Traditionalisten verbindende Freude über das Motu aller Proprios direkt ins Auge. Die meisten Traditionalisten waren immer schon ziemlich naiv und dazu recht kurzsichtig. Anno dazumal wurde beides – also die Naivität und die Kurzsichtigkeit – richtig öffentlich zelebriert.

Unsere damalige Beurteilung hat sich inzwischen vollkommen als wahr erwiesen, denn seit dem Gegen-Motu-Proprio „Traditionis custodes“ [Hüter der Tradition] von „Papst“ Franziskus vom 16. Juli 2021 lassen alle Tradis ihre Köpfe hängen oder üben sich in moralischer Entrüstung. Wir hatten einst prophetisch geschrieben, obwohl man gar kein Prophet sein mußte, um das zu sehen:

„Etwas betroffen stehen wir neben dieser geradezu bacchantischen Welle der Euphorie und fragen uns erschrocken, welchem Rauschtrank diese ‚Traditionsvertreter‘ wohl zugesprochen haben. ‚Auch diese da schwanken vom Wein, sie taumeln vom Rauschtrank; Priester und Propheten schwanken vom Rauschtrank, sind überwältigt vom Wein; sie taumeln vom Rauschtrank, schwanken bei der Schau, wanken beim Schiedsspruch‘ (Is 28,7). Oder wie anders ist eine solche Blindheit und Verblendung noch zu erklären? Denn sehen wir nüchtern auf den Befund, so müssen wir feststellen, daß nichts, aber auch gar nichts, eine solche Begeisterung und einen solchen Jubel rechtfertigen kann. Das in Rede stehende Dokument Benedikts XVI. schreibt im wesentlichen nur die Linie seiner Vorgängerdokumente fort, jenes unseligen ‚Indultes‘ von Johannes Paul II. aus dem Jahr 1984 und des noch unseligeren Motu Proprio ‚Ecclesia Die‘ von 1988. Und in dem, worin es darüber hinausgeht, liegt letztlich wahrhaft kein Grund zur Freude…“

Das „Fazit“ unserer früheren Überlegungen lautete so:

„Das Motu Proprio ‚Summorum Pontificum‘ von Papst Benedikt XVI. ist ein erweiterter Indult, der als leider gelungener Versuch gewertet werden muß, auf der Linie von ‚Ecclesia Dei‘ die Bewegung der Tradition samt ihrer tridentinischen Messe und überlieferten Liturgie in die ‚konziliare‘ Kirche aufzusaugen. Ihre Messe ist nun die ‚Messe des seligen Johannes XXIII.‘ und die ‚außerordentliche Form‘ des ‚einen Ritus‘, nämlich der Bugninischen Aftermesse, geworden.

Das Dokument bietet zwar einige Verbesserungen und Erleichterungen im Vergleich zu seinen Vorgängern – deren Wert sich freilich erst in der Praxis erweisen muß –, aber auf der Basis der ‚Integration‘ der ‚Traditionalisten‘ in die pantheistische ‚Kirche Gottes‘. Ein Geheimnis bleibt die euphorische Reaktion der tödlich Getroffenen. 070707 – ein treffendes Datum für den endgültigen Sieg – nicht der ‚Traditionalisten‘, sondern des post-modernistischen Rom über sie! Und die Besiegten jubeln, als hätten sie ihre Niederlage ersehnt und verlangt…“

Das unübersehbar symbolträchtige Datum 07.07.07 war zumindest aus kabbalistischer Sicht ein perfektes Zeichen! Die Zahl 777 erhält man durch Teilung von der Zahl 131313 durch 13 und nochmals durch 13 = 777. Dabei steht die 7 für „Sieg“, aber auch für „Rache“ und „Vergeltung“, die Quersumme 21 aber steht für „Erfolg“! Heute wissen wir natürlich, wer den Sieg davongetragen hat und wer Erfolg hatte…

Ein zweifacher Sieg

Aber was genau war denn nun der Sieg? Dieser war zweifach:

  1. Hatte mit dem Motu Proprio Ratzingers Rom die Oberhand wieder über die sog. Alte Messe erlangt, nachdem es diese zunächst einfach durch die sog. Neue Messe ersetzen wollte, was bekanntlich nicht so leicht glückte, wie man dachte. Zwischenzeitlich war die Aktion „Alte Messe“ ein wenig außer Kontrolle geraten, sofern die Traditionalisten ihre eigenen Wege zu gehen begannen – wenn auch an langer Leine der letztlich ununterbrochenen Verhandlungen gehalten.
  2. Wurde der Widerspruch zwischen den Gruppen der Petrusbruderschaft als These (Tradition mit Rom) und der Piusbruderschaft als Antithese (Tradition gegen Rom) unmerklich aufgeweicht, die Dialektik kam wieder an Gang und strebte unaufhaltsam zur Synthese, wie Ratzinger als äußerst begabter Dialektiker natürlich wußte.

Einer der Oberen der Piusbruderschaft forderte etwa in Vorträgen, die er in seinem ganzen Distrikt hielt, die Gläubigen direkt dazu auf, wenigstens werktags in die Messe der Motu-Proprio-Priester zu gehen, um diese zu unterstützen. Nun, wen trafen die Gläubigen dort? Selbstverständlich auch Leute aus der Petrusbruderschaft. Damit war der erste und entscheidende Schritt zur Tradi-Ökumene getan. Zumindest bei vielen Gläubigen war der Graben aufgeschüttet und die Auslassungen der Priester darüber, daß man auf keinen Fall bei den Pius- oder umgekehrt bei den Petrusbrüdern in die Messe gehen darf, erschien als bloßer Bruderzwist. Da die Glaubenslehre niemals eine besondere Rolle spielte, wurde dieser Zwist den Anhängern immer unverständlicher.

Wie wir schon öfter festgestellt haben, kam der letztentscheidende Anstoß zur Tradi-Ökumene durch die staatlichen Coronamaßnahmen. Weil aufgrund des geforderten Mindestabstandes nunmehr in vielen Kapellen nicht mehr genügend Platz war, um allen Gottesdienstbesuchern am Sonntag Platz zu bieten, wich man dorthin aus, wo noch Platz war, egal ob Petrus, Pius, Motu Proprio oder auch sonst was. Die Tradi-Ökumene kam nun so richtig in Fahrt und erzeugte wieder ein beachtliches Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Traditionalisten. Da zudem in Rom inzwischen Bergoglio die Fäden in der Hand hatte und nicht mehr Ratzinger, gelang dieser Schritt reibungslos. Ja, auf einmal saßen alle wieder in demselben Boot – oder zumindest im Beiboot. Egal, Hauptsache die Alte Messe!

Aufmerksameren Beobachtern hatte diese Entwicklung offenbart, was schon lange untergründig Tatsache war: Der Bruderzwist zwischen Pius- und Petrusbrüdern war letztlich kein theologischer, sondern ein ideologischer. Zwar hatten die Gründer der Petrusbruderschaft aus theologischen Erwägungen die Piusbruderschaft verlassen, aber ihre Überlegungen leider nicht zu Ende gedacht. Sie sahen in ihren ehemaligen Mitbrüdern Schismatiker und Häretiker und hingen einem Götzendiener und Apostaten als ihrem „Papst“ an. Auf der anderen Seite sahen die Piusbrüder in den Petrusbrüdern Verräter an ihrem Erzbischof, so daß sie von der „Judasbruderschaft“ sprachen, und nahmen es den Petrusbrüdern sehr übel, daß sie dem „Papst“ mehr gehorchten als ihrem Bischof. Der „Papst“, von dem sie immerhin behaupteten, daß er auch ihr „Papst“ ist.

Da ist es durchaus verständlich, daß sich die Gläubigen um derlei Streitigkeiten nicht mehr kümmerten, sondern einfach froh waren, in die „Alte Messe“ gehen zu können. Ebenso wollte man auch nichts mehr gegen diejenigen sagen, die auch noch in die „Neue Messe“ gingen, war diese doch zumindest „nicht ungültig“. Und hatte nicht schon vor vielen Jahren der damalige Generalobere gesagt: Wenn die Neue Messe überall fromm nach den Rubriken gelesen würde, hätte er kein Problem damit?!

Ratzingers (Be-)Rechnung geht auf

So hatte sich der Boden für eine umfassende Tradi-Ökumene Schritt für Schritt bereitet, die gegenseitige Befruchtung des ordentlichen und außerordentlichen Ritus gemäß Ratzinger hatte tatsächlich stattgefunden. Es war wieder Bewegung in die Tradition gekommen. Das allzu statische Verhalten der Traditionalisten wurde aufgeweicht, neue Dynamik wurde spürbar. Der Modernismus braucht eben Dynamik, damit er vorwärtsstürmen kann. Diese neuartige ökumenische Bewegtheit unter den Traditionalisten konnte natürlich nicht bei der Alten Messe stehenbleiben, der nächste Schritt drängte zur Tat.

Gebetsökumene

In den letzten Jahren gab es vor allem auf Seiten der Piusbrüder das Bemühen, wenigstens schon einmal in den Grundgebeten ökumenefähig zu werden: Also dem „Vater unser“ und dem „Gegrüßet seist du Maria“. Aus dem „Übel“ wurde das „Böse“ und aus den „Weibern“ wurden die „Frauen“. Während in Deutschland die Angleichung an die Gebetsweise der Menschenmachwerkskirche relativ reibungslos vonstattenging, gab es in der Schweiz bedeutenderen Widerstand aus den Reihen der Gläubigen. Denn in der Schweiz hatte man zudem immer noch die alte Form des Ave Marias beibehalten – „bitte für uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Absterbens. Amen.“ – so daß die Änderungen auffallender waren als in Deutschland.

Die älteren Leser werden sich noch erinnern, mit welcher Vehemenz man in der Anfangszeit das Wort „Weiber“ gegenüber „Frauen“ verteidigt hatte, genauso wie die „Übel“ gegen das „Böse“. Bei den Gläubigen in der Schweiz waren die damals beigebrachten Argumente wohl noch präsenter als in Deutschland.

Nun fragt man sich freilich, was motiviert eine andere Sprachregelung etwa bei „Weibern“, wenn doch das Hauptargument, daß das Wort „Weiber“ zum Schimpfwort geworden ist, heute sicher nicht mehr gilt, denn welch junger oder auch weniger junge Mensch verwendet heutzutage noch das Schimpfwort „Weib“? Bei dem Streit, ob es „Übel“ oder „Böse“ heißen soll, zeigt sich, daß theologische Gründe sowieso nicht mehr zählen, denn hier müßte man ja theologisch argumentieren und darüber urteilen, ob es gemäß der katholischen Glaubenslehre richtig oder falsch ist, „erlöse uns von dem Bösen“ zu beten. Welche modernistischen Lehren verbergen sich hinter dieser Sprachregelung?

Der genannte Grund für die sprachlichen Änderungen war übrigens ganz und gar pragmatisch, aber dennoch schon ökumenisch angehaucht: Bei Beerdigungen, Taufen oder Hochzeiten kommt man immer mit den Leuten aus der Menschenmachwerkskirche ins Gehege, da jeder anders betet. Auf der unteren Ebene gab es schon seit längerer Zeit verschiedene übergreifende Aktionen traditioneller Gruppen. Um gemeinsam beten zu können, war es notwendig, daß dieselben Gebetstexte verwendete wurden. Dabei machte man nun einen weiteren Schritt bei der Tradi-Ökumene, man betete auch zusammen mit Gruppen, die in die Neue Messe gingen. Auch wenn man das selbst nicht befürwortete, so konnte man doch wenigstens zusammen beten, oder etwa nicht?

Tradi-Ökumene in Einsiedeln in der Schweiz

Nach all diesen „kleineren“ Vorbereitungen wartete der nächste Schritt der Tradi-Ökumene darauf, getan zu werden. Dies geschah am Samstag, 8. Oktober 2022, in dem Marienwallfahrtsort Einsiedeln in der Schweiz. Hauptveranstalter war die zur Piusbruderschaft gehörende „Militia Immaculatae“, die dieses Jahr zudem das „Fatima-Weltapostolat der Schweiz“ und die Bewegung „Die Schweiz betet“ gewinnen konnte, gleichfalls an der Prozession teilzunehmen. Die Verantwortlichen sprachen von drei katholischen Veranstaltern, womit wohl gesagt werden sollte, daß es keine bloße Veranstaltung der Traditionalisten sein sollte, sondern richtig „katholisch“, d.h. in diesem Fall: Ein wenig „konservativ“ angehaucht genügt, um an der Rosenkranzprozession teilnehmen zu dürfen. Der gedankliche Aufhänger zur großen Prozession, an der dann auch etwa 1000 Personen trotz heftigen Regens teilnahmen, waren das Rosenkranzfest und die Erinnerung an die Weihe der Welt an das Unbefleckte Herz Mariens vor 80 Jahren, die Papst Pius XII. am 31. Oktober 1942 vollzog und am 8. Dezember wiederholte.

Darüber hinaus konnte man in Einsiedeln an eine sehr alte Tradition anknüpfen: Schon Jahrhunderte war es üblich, anläßlich des Rosenkranzfestes Anfang Oktober eine feierliche Rosenkranzprozession durchzuführen, um der Gottesmutter für den Schutz der Christenheit und dem Sieg bei der Seeschlacht von Lepanto zu danken. Da diese Tradition nach dem sog. 2. Vatikanum erlosch, fühlte sich die selbst so einfach von einem Traditionalistenpater neu belebte „Militia Immaculatae“ ihrerseits berufen, diese Prozession neu zu beleben. Wie schon angemerkt, dieses Jahr mit neuem ökumenischem Impuls, d.h. mit Verstärkung durch das „Fatima-Weltapostolat der Schweiz“ und die Gebetsinitiative „Die Schweiz betet“. Aber letztlich sind alle Marienverehrer eingeladen, sich an der Prozession zu beteiligen, so die Verantwortlichen in ihrem Einladungsschreiben. Die geistliche Leitung übernahmen der im Auftrag Roms in Piuskreisen sehr umtriebige „Bischof“ Vitus Huonder und zwei Priester.

Es war schon beeindruckend, wie sich die feierliche Prozession durch die Straßen von Einsiedeln zum Frauenbrunnen auf dem Klosterplatz bewegte. Angeführt wurde die Prozession von einem Kreuzträger und zwei kerzentragenden Ministranten. Gleich dahinter wurde ein großes Plakat getragen, das den Grund der Prozession benannte: „Rosenkranzprozession – Zur Ehre Gottes – Für eine christliche Zukunft“. Es folgten verschiedene Fahnen, eine Statue des hl. Josef, sodann viele Priester und Ordensleute, die Marienritter, die Pfadfinder und etliche Familien. Die Mitte des Zuges markierte eine große, mit Blumen geschmückte Statue Unserer Lieben Frau von Fatima, getragen von vier Männern und begleitet von vier Schweizer Gardisten. Auch eine Blasmusikkapelle fand sich bei der Prozession ein und begleitete die Marienlieder. Selbstverständlich betete man zusammen den Rosenkranz: Zur Ehre Gottes – Für eine christliche Zukunft!

„Bischof“ Vitus Huonder erklärte am Ende der Prozession auf dem Klosterplatz, daß „die Weihe ein Akt der besonderen und feierlichen Hingabe des Glaubens [?] ist und dadurch zur Quelle eines besonderen Segens wird“. Die Weihe an die Gottesmutter sei zudem ein tiefer Akt des Glaubens an die Teilhabe der Gottesmutter am Erlösungswerk ihres Sohnes Jesus und damit verbunden an Gottes Güte und Barmherzigkeit. Nach Huonders Ansprache knieten die Anwesenden nieder und beteten gemeinsam ein von Papst Pius XII. verfaßtes Weihegebet.

Das war so richtig ein Tradi-Ökumene-Fest – vereint im Rosenkranzgebet weihen wir uns gemeinsam dem Unbefleckten Herzen Mariä! Voran die Piusbrüder, hinterher alle konservativen Rosenkranzbeter aus der Menschenmachwerkskirche. Gut, daß man sich vorher schon in der Sprachregelung angepaßt hatte, denn sonst hätte das Ganze nur halb so viel Spaß gemacht und man hätte einwenden können: Deine Sprache verrät Dich ja!

Als eine ziemlich konsternierte Piusgläubige ihren Priester fragte, warum sie das machen, antwortete dieser ganz ehrlich: „Wegen der Ökumene!“ Es ist nun einmal so, die Tradi-Ökumene geht unbeirrt ihren Weg und fordert ihre Opfer. Wenn man schon so einen „Vorzeigebischof“ hat wie Vitus Huonder, einen „echten Bischof“ ohne kanonischen Mangel und Makel – das muß man ausnutzen! Denn hätte einer der Piusbischöfe die Prozession angeführt, wer weiß, ob sie da gekommen wären, die Leute vom „Fatima-Weltapostolat der Schweiz“ und der Bewegung „Die Schweiz betet“. Aber so gibt es diesbezüglich wenigstens kein Problem.

Probleme sehen nur noch ein paar zurückgebliebene Schweizer Gläubige, die noch nicht verstanden haben, daß diese Tradition immer schon ihrem Wesen nach ökumenisch war, denn sie suchte den Erfolg. Ganz stolz kann die „MI“ verkünden: „Die MI der traditionellen Observanz hat mehrere Tausend Mitglieder im deutschsprachigen Raum und über 100 000 Mitglieder weltweit.“ Da heißt es „traditionelle Observanz“, also Militia Immaculatae der Piustraditionalisten – die ökumenische Speerspitze der Piusbrüder! Denn die Marienverehrung ist sozusagen wertneutral. Da kann man glauben, was man will, wenn man nur den Rosenkranz betet und Maria verehrt. Die Frage nach der „alten“ und der „neuen“ Messe ist dabei schon lange unter den Tisch gekehrt worden und spielt keine Rolle mehr. Hier geht es längst um mehr, um Ökumene im großen Stil könnte man sagen.

Nochmals sei zusammenfassend betont: Bei dieser TradiÖkumene ist selbstverständlich nicht der gemeinsame katholische Glaube das einheitsstiftende Prinzip, auch nicht mehr die „Alte Messe“, sondern das gemeinsame Rosenkranzgebet, bzw. die Marienverehrung. Mehr braucht es nicht mehr, um nunmehr Traditionalist zu sein. Somit sind fast alle Modernisten plötzlich rosenkranzbetende Traditionalisten geworden und die Tradi-Ökumene wird zum modernistischen Offenbarungseid unserer Traditionalisten.

Erinnern wir uns daran, was der hl. Grignon von Montfort in seinem Buch „Der hl. Rosenkranz“ über das zu Beginn zu betenden Glaubensbekenntnis zu sagen weiß:

ELFTE ROSE

Vortrefflichkeit des Credos

Das Credo oder Apostolische Glaubensbekenntnis, das man am Kreuz des Rosenkranzes betet, ist als heiliger Abriß und Inbegriff der christlichen Wahrheiten ein sehr verdienstliches Gebet, weil der Glaube der Grund und das Fundament und der Anfang aller christlichen Tugenden, aller ewigen Tugenden und aller Gott wohlgefälligen Gebete ist. Accedentem ad Deum credere oportet: „Denn wer zu Gott kommen will, muß glauben, daß er ist“ (Hebr 11,6). Wer sich Gott im Gebete nähern will, muß mit dem Glauben beginnen, und je mehr Glauben er hat, desto mehr Kraft und Verdienst wird sein Gebet in sich selber haben und umso mehr Gott verherrlichen.

Ich halte mich nicht dabei auf, die Worte des Apostolischen Glaubensbekenntnisses zu erläutern; aber ich kann nicht umhin zu erklären, daß die drei ersten Worte: „Credo in Deum, ich glaube an Gott“, welche die Akte der drei göttlichen Tugenden, Glaube, Hoffnung und Liebe in sich schließen, eine wunderbare Wirksamkeit besitzen, die Seele zu heiligen und die Dämonen niederzuschmettern. Mit diesen Worten haben manche Heilige die Versuchungen überwunden, besonders jene gegen den Glauben, die Hoffnung und die Liebe, sei es während des Lebens, sei es in der Todesstunde. Das waren die letzten Worte, die der heilige Märtyrer Petrus von Verona so gut es ging, mit dem Finger in den Sand schrieb, nachdem ihm ein Irrlehrer mit einem Säbelhieb den Kopf gespalten hatte und er in den letzten Zügen lag.

Da der Glaube der einzige Schlüssel ist, der zu den im Rosenkranz eingeschlossenen Geheimnissen Jesu und Mariä Eintritt gewährt, muß man ihn mit dem aufmerksamen und andächtigen Beten des Credos beginnen, und je lebendiger und stärker unser Glaube ist, umso verdienstlicher wird auch der Rosenkranz sein.

Dieser Glaube muß lebendig und von der Liebe beseelt sein, d.h. um den Rosenkranz gut zu beten, muß man im Stand der heiligmachenden Gnade sein oder sich wenigstens um Erlangung des Gnadenstandes bemühen.

Der Glaube muß stark und beharrlich sein, d.h. man muß in der Übung des heiligen Rosenkranzes nicht nur fühlbare geistliche Tröstungen suchen, mit anderen Worten, man darf ihn nicht unterlassen, weil man eine Menge unfreiwilliger Zerstreuungen im Geiste, einen unerklärlichen Widerwillen in der Seele, eine niederdrückende Unlust und fast immerwährende Schläfrigkeit im Körper fühlt. Weder fühlbare Tröstungen noch Seufzer noch Gefühlsausbrüche, weder Tränen noch fortwährende Anstrengung der Einbildungskraft sind erfordert, um seinen Rosenkranz gut zu beten. Der reine Glaube und die gute Meinung genügen: Sola fides sufficit.

Soweit die Gedanken des hl. Grignon von Montfort zum Glaubensbekenntnis als heiliger Abriß und Inbegriff der christlichen Wahrheiten. Mit dem hl. Glauben beginnt der Rosenkranz und letztlich jedes Gebet eines Katholiken. Denn wir Katholiken beten aus dem katholischen Glauben, weil der Glaube der Grund und das Fundament und der Anfang aller christlichen Tugenden, aller ewigen Tugenden und aller Gott wohlgefälligen Gebete ist. Nochmals sei es betont: Nicht irgendein Glaube, sondern der katholische Glaube ist damit gemeint.

Das Fundament für das gemeinsame Gebet der Traditionalisten in Einsiedeln war selbstverständlich nicht der katholische Glaube, sondern der Rosenkranz oder die Marienverehrung, also die Spiritualität, wie wir es schon ausführlich in unserem Beitrag „Kann ein Modernist den Rosenkranz beten?“ dargelegt haben. Nicht Sola fides sufficit [Der Glaube allein genügt], sondern der Rosenkranz allein genügt oder Maria allein genügt. So weit haben sie also schon abgewirtschaftet, diese Traditionalisten. Da drängt sich direkt die Frage auf: Wie geht es wohl mit der Tradi-Ökumene weiter?

Wir hätten einen konstruktiven Vorschlag zu machen: Bekennende Marienverehrer gibt es sicherlich mehr als Traditionalisten, also muß man vor allem mit Marienverehrern, die entsprechenden Einfluß haben, Rosenkranzökumene machen. Wie wäre es etwa mit diesem Marienverehrer?

Christus ist der Mittler, die Brücke, über die wir gehen, um uns an den Vater zu wenden. Jedes Gebet, das wir zu Gott erheben, vollzieht sich durch Christus, mit Christus und in Christus und findet dank seiner Fürsprache Gehör,“ Maria ist hingegen als Mutter Jesu auf diesem Weg des Gebets „Wegweiserin“, „Wegzeichen“ Christi.

„In der christlichen Ikonographie ist sie überall präsent, ja manchmal kommt ihr ein besonderer Platz zu, aber stets in Beziehung zu ihrem Sohn und von ihm abhängig. Ihre Hände, ihre Augen, ihre Haltung verweisen stets auf das, was der Angelpunkt, die Mitte ist: Jesus. In Maria ist alles auf Jesus bezogen.“

Ist das nicht schön gesagt? Es geht sogar noch weiter: Maria sei während ihres gesamten irdischen Lebens die demütige Magd des Herrn gewesen. Vor allem sei sie in den entscheidenden Momenten des Lebens Jesu, in Kana und auf Golgota, zugegen gewesen – und als ihr der Herr vom Kreuz herab seinen Lieblingsjünger anvertraute, habe er ihre Mutterschaft auf die ganze Kirche ausgedehnt, so unser Marienverehrer weiter.

„Seit diesem Moment werden wir alle unter ihren schützenden Mantel gestellt, wie man auf vielen mittelalterlichen Fresken oder Gemälden sehen kann. … Die Muttergottes, die als Mutter, der uns Jesus anvertraut hat, uns alle umhüllt; aber als Mutter, nicht als Göttin, nicht als Miterlöserin: als Mutter. Die christliche Frömmigkeit hat immer schöne Titel für sie gefunden, wie ein Sohn für seine Mutter: wie viele schöne Dinge sagt ein Sohn über seine Mutter, die er liebhat! Aber aufgepasst: Die schönen Dinge, die die Kirche und die Heiligen über Maria sagen, ändern nichts daran, dass Christus der einzige Erlöser ist. Er ist der einzige Erlöser. Die Titel sind Liebesbekundungen wie die eines Sohnes an seine Mutter – manchmal übertrieben. Aber die Liebe lässt uns doch immer übertriebene Dinge tun…“

Ist das nicht ebenfalls schön gesagt von unserem Marienverehrer? Den kleinen Wermutstropfen – nicht als Miterlöserin: als Mutter und das Die Titel sind manchmal übertrieben – muß man halt übersehen, oder etwa nicht? Es handelt sich doch um kein Dogma, da muß man großzügig sein. Nun, wer ist unser Marienverehrer? Es ist Jorge Mario Bergoglio, alias „Papst“ Franziskus! Das wäre doch der richtige Ökumenepartner für die Traditionalisten, nach dem Motto: Gemeinsam Rosenkranz beten, anstatt sich um die „Alte Messe“ streiten.

Stellen wir uns das einmal lebhaft vor, während nun der Traditionalist so mit Bergoglio zusammen den Rosenkranz betet, kommen ihm auf einmal Zweifel: Wen meint denn eigentlich Bergoglio mit Maria – nicht als Göttin, nicht als Miterlöserin: als Mutter – Und: Die Titel sind manchmal übertrieben? Und es durchzuckt ihn blitzartig eine unheimliche, grausige Ahnung: Meint er etwa anstatt der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter die Pachamama?! Dann wäre das gemeinsame Gebet ja nicht einfach mehr TradiÖkumene, dann wäre das interreligiöser Dialog oder gar Götzendienst, oder etwa nicht? Ganz kurz graut unserem Tradi doch bei diesem Gedanken, aber dann ermannt er sich wieder: Ach, was soll‘s, Hauptsache, wenn wir miteinander den Rosenkranz beten, den Rest macht dann die Gottesmutter!

Tradi-Ökumene nennt man das… So rettet man nämlich die Kirche, indem man ihr die Tradition zurückbringt. Arme Kirche und arme Tradition kann man da nur sagen.