Sprungbereite Feindseligkeit

„Die Hoffnungen auf Leo XIV. schwinden“, munkelte düster ein Tradi-Boulevard-Organ und bezog sich dabei auf „Bischof“ Joseph Strickland. Dieser habe am 11. August gegenüber dem Londoner „TheCatholicHerald.com“ geäußert, die „Hoffnung, dass Leo XIV. das Glaubensgut treu bewahren würde, sei bereits getestet worden und leider geschwunden“. Als „Beweis“ dafür führte er einige Bischofsernennungen des „Papstes“ an, die den „Tradis“ nicht zusagen, vor allem aber habe „Leo“ „Beschränkungen für die traditionelle lateinische Messe aufrechterhalten und damit den Gläubigen eine Liturgie vorenthalten, die unzählige Heilige hervorgebracht hat“. Und diese „Beschränkungen für die traditionelle lateinische Messe“ sind bekanntlich den „Traditionalisten“ der größte Dorn im Auge. Folglich erblickt auch Strickland darin „keine Kleinigkeiten“, stelle dies doch „eine Fortsetzung desselben Musters dar, das wir unter Papst Franziskus gesehen haben – die Duldung oder sogar Förderung von Stimmen, die dem Glauben [sprich: den Tradis] widersprechen, während diejenigen, die ihn klar aussprechen [sprich: die Tradis], ins Abseits gestellt werden“. (Mit denen, die den Glauben „klar aussprechen“, meint Strickland natürlich vor allem sich selber, er, der glaubenstreue Held, der von Bergoglio dafür so unsanft „ins Abseits gestellt“ wurde.)

Kurz, in ihrer ganz auf sich selber, die „Tradition“, fixierten weinerlichen Weltsicht hat Prevost alias „Leo XIV.“ bereits jetzt auf ganzer Linie versagt. Die Tradis gönnen ihm nicht einmal die Zeit, erst einmal in seinem neuen und sehr verantwortungsvollen Amt anzukommen, sich zu orientieren und behutsam seine ersten Schritte zu tun. Nein. Wer nicht für sie ist, der ist gegen sie, und wer nicht mit ihnen sammelt, der zerstreut. Seit ihr großer Gönner und Förderer auf dem „konziliaren Papststuhl“, Joseph Ratzinger, sie im Stich gelassen und dem „Anti-Tradi“ Bergoglio überliefert hat, sind sie zu verschworenen Feinden des „Papstes“ geworden. Der Jubel über das Ableben ihres Peinigers war kurz, und die kurz aufblühende Hoffnung auf bessere Zeiten unter seinem Nachfolger, der immerhin die Mozzetta wieder trug und auf der Loggia sang, war von Anfang an von einer gewissen Zurückhaltung begleitet. Der Tradi-Blog „Rorate Caeli“ beispielsweise, der vor einigen Jahren unter dem Eindruck der zunehmend grotesken Bergogliaden das Konterfei des „Papstes“ aus seiner Seitenleiste entfernte, hat das von Prevost gar nicht erst wieder dort eingesetzt. Und zu Recht, wie sich nun zu zeigen scheint.

War man anfangs nur reserviert und hat den neuen „Papst“ auf seine Glaubenstreue „getestet“, wie Strickland so schön sagte, so ist man nun wieder zur „sprungbereiten Feindseligkeit“ (Ratzinger) gegen den, immerhin von ihnen als solchen anerkannten „Heiligen Vater“ übergegangen. Er wird mißtrauisch beäugt, beargwöhnt und mit Argusaugen auf Schritt und Tritt beobachtet. Jedes seiner Worte und jede seiner Taten wird sofort auf die „traditionalistische“ Goldwaage gelegt und als zu leicht erfunden. Da hört man schon mal das Gras wachsen und die Flöhe husten. Tradi-Userin „Theresia Katharina“ gab dazu den Kommentar: „PL ist der FP2, die direkte Fortsetzung von PF, dem PF1 und bereitet genauso wie PF dem AC den Weg.“ Dazu die Legende: „PL“ ist „Papst Leo“, „FP2“ ist ein Buchstabendreher und soll wohl eigentlich „PF2“ heißen, „Papst Franziskus II.“; „PF“ bzw. „PF1“ ist demgemäß als „Papst Franziskus (I.)“ zu deuten, und der „AC“ ist der „Antichrist“. Wow! Was für ein vernichtendes Urteil!

Nein, wahrhaft! „Papst“ möchte man bei solchen „Traditionalisten“ nicht sein. Wollte man es ihnen als einer kleinen, aber lautstarken Minderheit recht machen, so würde man sich viele Probleme von anderer Seite einhandeln, wie es schon Ratzinger erfahren mußte. (Daher sein Diktum von der „sprungbereiten Feindseligkeit“, die er damals von der Gegenseite erlebte.) Wie man’s macht, macht man’s verkehrt. Eine mögliche Lösung wäre die von dem weitschauenden und geradezu prophetisch begabten Ratzinger durch seinen Pseudo-Rücktritt bzw. seinen Wechsel ins Amt des „papa emeritus“ bereits in weiser Voraussicht eingeleitete „Doppelspitze“ mit zwei „Päpsten“, einem „emeritierten“ für die „Traditionalisten“ und einem „aktiven“ für die „Progressisten“.

Auf der Ebene der „Bischöfe“ funktioniert das bereits ganz gut. Da gibt es die „Traditionalisten-Bischöfe“, wie z.B. den „emeritierten Bischof“ Strickland oder den „Weihbischof“ Schneider. Über letzteren vermeldete das Boulevard-Organ unlängst: „Am 15. August weihte Monsignore Athanasius Schneider, der Weihbischof von Astana (Kasachstan), in Puma (Tansania) mehrere Priester im römischen Ritus. Laut dem US-Journalisten Michael Matt wurde er mit dieser Aufgabe vom ‚Vatikan’ beauftragt. Hunderte von jungen Katholiken nahmen an der Zeremonie teil.“

Na bitte! So ein Unmensch scheint „Leo“ gar nicht zu sein! Da „Monsignore Athanasius Schneider, der Weihbischof von Astana“, keine gültige Bischofsweihe hat, sind die armen von ihm „geweihten Priester“ – „römischer Ritus“ hin oder her – gar keine Priester und war die großartige „Zeremonie“ mit den „Hunderten von Katholiken“ ein reines Theater. Aber was soll’s? Die „Traditionalisten“ sind’s zufrieden, und dem „Vatikan“ tut so eine „Show“ nicht weiter weh. Einige Kandidaten für den „Traditionalisten-Papst“ hätten wir auch schon; da wären etwa „Cardinal“ Müller oder „Kardinal“ Sarah oder wahlweise Burke zur Verfügung. Man müßte ihn auch nicht eigentlich „Papst“ nennen, sondern könnte ihn als „Apostolischen Delegaten für die Anhänger des römischen Ritus“ deklarieren. Wichtig wäre nur die „Cappa magna“ im Reisegepäck, um weltweit großartige Auftritt im „römischen Ritus“ hinlegen zu können.

Wir hoffen, Herrn Prevost damit einige Anregungen gegeben zu haben, um das bereits jetzt so getrübte Verhältnis zu den „Traditionalisten“ aufzuhellen und ein langes, friedvolles und erfolgreiches „Pontifikat“ zu durchlaufen. „Ad multos annos!