Es ist schon eine Zeit her, daß wir uns mit dem getunten Ratzinger beschäftigt haben. Wie wir aber erst kürzlich gezeigt haben, taugt Ratzinger immerhin für manche Traditionalisten tatsächlich sogar als Ersatzpapst, womit doch wohl zweifelsfrei erwiesen ist, daß das Tuning Ratzingers immer noch täuschend auf die Gemüter wirkt. Diesen Traditionalisten fehlt es nun einmal an klaren Einsichten in das katholische Dogma. Da reichen dann schon ein paar konservative Floskeln Ratzingers aus, um einen Ersatzpapst herzugeben.
Dieses Kuriosum soll uns jedoch nicht weiter beschäftigen, wir wollen vielmehr nochmals auf das so erfolgreiche Tuning Ratzingers zu sprechen kommen, das seinerseits ebenfalls ein sehr erstaunliches Kuriosum ist, wenn man nur den real existierenden Ratzinger vor Augen hat.
Uns scheint es jedenfalls, daß man besonders durch die Aufarbeitung dieses Kuriosums die beängstigenden Schwächen des Traditionalismus bloßlegen kann. Denn es stellt sich doch jedem echten Katholiken durchaus die Frage: Was ist das für ein Traditionalismus, dem ein Ratzinger als Gallionsfigur dienen kann – selbst nach seinem Rücktritt?
Wir wollen hier ein wenig ausführen, worauf wir in der letzten Nummer unserer Zeitschrift hingewiesen haben, daß nämlich in der modernen „Kirche“ die großen „Theologen“ sich nicht mehr durch ihre Glaubenstreue auszeichnen, sondern durch ihre neuen Ideen. Die Großen der Menschenmachwerkskirche sind sämtlich Irrlehrer, was jedoch niemanden mehr stört – in keiner Weise mehr stört, selbst die sog. Traditionalisten nicht. Diese Tatsache muß man erst einmal als solche wahrnehmen, ehe man die daraus sich ergebenden verheerenden Folgen greifen kann, d.h. ehe man den darin sich offenbarenden geistigen Erdrutsch realisiert.
In unserer Zeitschrift haben wir ein gerafftes Lebensbild von Henri de Lubac gezeichnet – Henri de Lubac – Der Vater der „Neuen Theologie“. Dabei versuchten wir zu zeigen, daß schon Anfang des 20. Jahrhunderts das „sentire cum ecclesia“ weitgehend verloren gegangen war. Das „sentire cum ecclesia“ – das Mitdenken, Mitempfinden mit der Kirche – ist für einen Katholiken notwendig, weil der katholische Glauben wesentlich ein kirchlicher ist, verbürgt uns doch allein das unfehlbare Lehramt der Kirche den übernatürlichen Glauben. Darum ist der Katholik in seinem Glauben immer und notwendigerweise auf das lebendige kirchliche Lehramt verwiesen.
Recognize and Resist?
Vor allem diejenigen Traditionalisten, die sich in der Irrlehre des „Recognize and Resist“ („erkenne und widerstehe“) verfangen haben, geben sich hierüber keinerlei Rechenschaft mehr, weshalb sie auch geflissentlich übersehen, daß letztlich in neuerer Zeit ausdrücklich durch den Liberalismus / Modernismus diese Gebundenheit und Abhängigkeit des Katholiken an das lebendige Lehramt geleugnet wurde. Mit ihrem „Recognize and Resist“ treten diese Traditionalisten nur in deren Fußstapfen. In unserer Zeitschrift haben wir auf folgendes aufmerksam gemacht:
Ganz besonders aufschlußreich ist, was de Lubac über den Jesuiten Pierre Charles schreibt: „Sein Ansehen war in unseren Augen gewachsen, da er halb in Ungnade gefallen war [bei der römischen Autorität] wie Pater Huby infolge des Falls von Les yeux de la Foi, ein Werk von Rousselot, das die besagten Jesuiten Charles und Huby wiederholt gegen die Opposition von Rom zu veröffentlichen suchten“ (Ebd. S. 63f.).
Man ist erneut sprachlos: Je mehr also jemand vom kirchlichen Lehramt als Irrlehrer verurteilt wurde, desto angesehener war er bei de Lubac – und dem anderen Modernistengesindel. Es ist durchaus nicht müßig, sich diese Tatsache ausdrücklich zu vergegenwärtigen: Schon 1930 war der katholische Glaubenssinn in vielen Priesterseminaren erloschen. Die Neuerungssucht hatte die Geister erfaßt. Der Modernismus war in den Herzen der Studenten angekommen. Die modernistischen Irrlehren waren nicht mehr falsch, sondern interessant – und die Irrlehrer wurden zu Glaubenshelden im Kampf gegen das kirchliche Lehramt. Was für eine verkehrte Welt!
Auch wenn man es kaum glauben kann, ist es dennoch eine Tatsache, schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war in vielen Priesterseminaren das „sentire cum ecclesia“ ersetzt worden durch ein „sentire contra ecclesiam“, d.h. ein systematisches Ablehnen der kirchlichen Autorität aufgrund der „neuen Erkenntnisse“ der sog. modernen Wissenschaft bzw. der Modernisten. Eine Verurteilung durch die kirchliche Autorität hatte keinerlei abschreckende Wirkung mehr – ganz im Gegenteil, diese machte den Mann erst richtig interessant. So etwas ist nur möglich, wenn der Geist schon so weit verdorben ist, daß er die Freiheit der Forschung bzw. der Wissenschaft ganz selbstverständlich auch für die Theologie in Anspruch nimmt. Dies ist wiederum nur möglich, wenn man das Wissen um das Wesen des übernatürlichen Glaubens vollkommen verloren hat.
Vom Irrlehrer zum Star-„Theologen"
Heutzutage muß man leider ernüchtert feststellen, es gibt nur noch sehr wenige unter den sog. Katholiken, die klar erkennen, in was für eine verkehrte Welt sie plötzlich geraten sind. Wie arglose Schafe ließen sie sich spätestens seit dem sog. 2. Vatikanum in diese verkehrte Glaubenswelt hineinziehen. Nur noch ganz wenigen gelang es, das neu errichtete System des Unglaubens zu durchschauen, ein System, mit dem die Feinde unseren hl. Glauben so weit aushöhlten, daß von diesem nur noch Worthülsen übrigblieben.
Ein äußerst wichtiges und erfolgreiches Mittel war es hierbei, die altbewährten kirchlichen Theologen durch die neuen Stars des Modernismus zu ersetzen. Wie merkwürdig ist die Metamorphose eines De Lubac, eines Rahner, eines Ratzinger oder eines Teilhard de Chardin vom Irrlehrer zum Startheologen unter Roncalli, alias Johannes XXIII. Mit einem Mal war es möglich, als Häretiker nicht nur Karriere zu machen, sondern weltberühmt zu werden! Diese Häretiker verwandelten sich plötzlich in die neuen Denker, die den Modernismus nicht nur nunmehr unter dem Schutz Roms vorwärtstrieben, sondern ihn der ganzen verwunderten katholischen Welt als etwas Aufregendes darboten, als den Fortschritt, den die moderne Welt von der Kirche erwartete. Galt doch der katholische Glaube den Weltleuten, also den liberalen „Katholiken“, schon lange als äußerst rückständig, völlig veraltet, als von den neuesten Erkenntnissen der modernen Wissenschaften längst überholt.
Allein aus diesem Minderwertigkeitskomplex heraus ist wohl die Faszination dieser Irrlehrer auf die jungen Studenten zu erklären. Im Hintergrund lauerte schon überall der Wunsch, auch modern sein zu dürfen – was doch nichts anderes bedeutet, als den göttlichen Glauben dem modernen gottlosen Denken anzugleichen, d.h. unterzuordnen.
Neue „Theologie"
Rückblickend erscheint es einem recht kindisch, wenn etwa damals ein Blondel als großer Philosoph galt. So etwas kann nur jemand glauben, der von richtiger Philosophie keine Ahnung mehr hat. Dasselbe gilt übrigens auch – wie wir in dem Beitrag unserer Zeitschrift gezeigt haben – für Henri de Lubac als Vater der Neuen Theologie. Allein schon aufgrund des doch recht treffenden Namens – Neue (!) Theologie – müßten bei jedem Katholiken die Alarmglocken läuten. Es war ja tatsächlich eine ganz und gar neue Theologie, mit bisher wenigstens in dieser Dichte kaum einmal gehörten Irrtümern. Es waren zwar die Irrtümer nicht unbedingt neu, aber die Art und Weise ihrer geballten Zusammenfassung schon. Fortan gab es wirklich keinen Unsinn mehr, der nicht von irgendeinem dieser vom Irrwahn des Modernismus geprägten Professoren von sich gegeben wurde und wofür diese dann von den Studenten bewundert wurden. Die Studenten in den Hörsälen waren zu keiner Zeit vor neuen Einfällen des nunmehr galoppierenden modernistischen Wahnsinns sicher.
Dennoch gilt bei vielen Traditionalisten, wenn man genau hinsieht, daß im Grunde immer noch alles in Ordnung war, weil nämlich ihr Papst immer noch Papst war und ihre Bischöfe immer noch Bischöfe waren. Die Irrlehre wurde immer nur vereinzelt, von Fall zu Fall, wenn es gerade für die eigene Position nützlich war, angeprangert. Ansonsten wurde sie verharmlost soweit es nur irgendwie möglich war. Diese Verharmlosung ging schließlich so weit, daß ein Traditionalistenlehrer sich doch tatsächlich getraute zu behaupten, selbst Bergoglio könne man keine Häresie nachweisen. Es ist zu befürchten, für diese Tradis ist selbst der Teufel noch katholisch.
Teilhard de Chardin
Wir wollen kurz auf einen der auffallendsten oder auch ausgefallensten dieser Irrlehrer eingehen, der einen kaum zu glaubenden Einfluß auf die Modernistenclique ausübte: Teilhard de Chardin. Man kann es nicht fassen, aber es ist so: Teilhard de Chardin ist einer der ganz großen Namen bei den Modernisten.
Es würde hier viel zu weit führen, ausführlicher über diesen Mann und seine irrigen Ideen zu handeln – zudem wäre dies verlorene Zeit, denn seine Ideen waren allzu verrückt, für einen Katholiken weit jenseits aller Denkmöglichkeiten. Umso überraschender ist der Einfluß dieses Mannes auf die „Theologen“ und schließlich auf DAS KONZIL!
Der Vater des modernen Gnostizismus
Werfen wir aber wenigstens einen kurzen Blick auf das Leben Teilhards und sein Werk, um sodann auf unser eigentliches Thema zu sprechen zu kommen. In den SAKA-INFORMATIONEN vom November 1988 findet man einen Beitrag von Professor Dr. Wigand Siebel über Teilhard de Chardin mit dem Untertitel: Der Vater des modernen Gnostizismus.
Dort ist zu lesen:
3. Wer war Teilhard de Chardin?
Pierre Teilhard de Chardin wurde am 1. Mai 1881 auf Schloss Sarcenat in der Auvergne geboren. Sein Vater war ein Landedelmann, der Interesse an Geologie hatte. Seine Mutter stammte von Voltaire ab. 1899 trat er in die Gesellschaft Jesu ein. Da den Jesuiten in Frankreich jede Tätigkeit untersagt war, studierte er von 1901 bis 1905 im Jesuitenhaus auf der Insel Jersey. Danach lehrte er drei Jahre lang an einer Jesuitenschule in Kairo Physik und Chemie. 1908 kehrte er nach England zurück, um Theologie zu studieren, und wurde 1911 zum Priester geweiht.
Im gleichen Jahr ging er nach Paris, um dort Paläontologie (die Wissenschaft von Pflanzen- und Tierwelt der geologischen Vergangenheit in ihren versteinerten Resten) zu studieren. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges diente er als Krankenträger, er lehnte es ab, Militärkaplan zu sein. Wegen seiner Tapferkeit wurde er ausgezeichnet und in die Ehrenlegion aufgenommen. Nach dem Kriege setzte er seine Studien fort, die er mit dem Doktorat 1922 abschloss. Im gleichen Jahr lehrte er als Professor für Geologie am Institut Catholique in Paris. Diese Tätigkeit wurde aber nach kurzer Zeit wegen seiner fragwürdigen theologischen Auffassungen, zumal über die Erbsünde, beendet.
Danach wurde Teilhard 1923 nach China geschickt, eine Art Verbannung. Er wirkte dort in Tientsin als Assistent des Jesuiten Emile Licent, der sich paläontologischen Forschungen widmete. Dabei konnte sich Teilhard an den Grabungen beteiligen, die zur Entdeckung des «Sinanthropus» (Peking-Mensch) führten. Man sah diesen Fund als ein wichtiges Bindeglied in der Entwicklung des Menschen an. Von hier aus begründete sich Teilhards wissenschaftlicher Ruf, der durch seine Entdeckung (mit Abbe Breuil) gestärkt wurde, dass der Sinanthropus Feuer und einfache Werkzeuge benutzt hatte. Im Zweiten Weltkrieg lebte Teilhard wegen der japanischen Besetzung in Peking wie in Gefangenschaft und kehrte erst 1946 nach Frankreich zurück. Er versuchte, ohne Erfolg, von der Kirche die Erlaubnis zur Publikation seiner philosophischen Schriften zu erreichen. Die Berufung auf einen Lehrstuhl am College de France 1948 musste er auf kirchliche Weisung ablehnen. Seit 1950 war er Mitglied des Institut de France und – 1951 mußte er erneut Frankreich verlassen – ab 1952 Mitarbeiter der Wenner Gren Foundation for Anthropological Research in New York. Dort starb er am 10. April 1955.
Die rasante Verbreitung seiner Schriften – ohne Imprimatur
Die Ideen Teilhards verbreiteten sich bereits zu der Zeit, als er (außer in naturwissenschaftlicher Hinsicht) Redeverbot und Veröffentlichungsverbot für seine Bücher hatte, durch maschinenschriftliche Kopien seiner zahllosen Schriften. So gewann sein Denken bereits vor seinem Tode einen tiefgreifenden Einfluss auf katholische Intellektuellengruppen, darunter waren auch hochgestellte Jesuiten. Nach seinem Tode erschienen seine Werke in schneller Folge ohne die damals noch übliche Zustimmung der kirchlichen Behörden. Bis zum Vatikanum II war das meiste erschienen. Den sehr hohen Auflagen in französischer Sprache folgten Übersetzungen in insgesamt 27 Sprachen. Entsprechend stiegen die Veröffentlichungen über Teilhard. In den Konzilsjahren 1962 bis 1965 erreichte die Flut der Teilhard-Literatur ihren Höhepunkt.
Nach Friedrich Heer ist Teilhard de Chardin «der Denker der Zukunft, der Denker eines Kosmos, der ein Prozess des Fortschritts, der Entwicklung ist. Dieser im Vollsinn des Wortes revolutionärste Denker der europäischen Christenheit des 20. Jahrhunderts… steht in der ältesten, erlauchtesten Tradition des christlichen Denkens.» Die Kirche dachte anders über ihn. Ein Dekret des Heiligen Offiziums vom 6. Dezember 1957 verlangte, die Bücher Teilhards aus den Bibliotheken der Seminarien und religiösen Häuser zu entfernen. Sie sollten auch nicht in katholischen Buchhandlungen verkauft werden, und es sollten keine Übersetzungen angefertigt werden. Ein Monitum des Heiligen Offiziums vom 30. Juni 1962 – kurz vor Beginn des Vatikanum II – warf Teilhard «Zweideutigkeiten» und «schwere Irrtümer» vor, die «die katholische Lehre verletzten». Mit Johannes XXIII. aber kam der Umschwung. Wie berichtet wird, distanzierte sich dieser von der Stellungnahme. Er hat «das Monitum einer Gruppe französischer Geistlicher, ein zweites Mal Senghor, dem Präsidenten der Republik Senegal, gegenüber als ‚bedauerlich‘ bezeichnet.» Henri de Lubac erhielt 1965 durch den Jesuitengeneral Pedro Arrupe in Abstimmung mit Paul VI. eine positive Würdigung Teilhards, so daß de Lubac diesen in Rom verteidigen durfte.
Außergewöhnliche „Wissenschaft, Theologie und Philosophie“
Es ist schon sehr verblüffend und es muß eine recht verrückte Zeit gewesen sein – schon lange vor DEM KONZIL! Wie wir es in der schon erwähnten Arbeit über Henri de Lubac in unserer Zeitschrift schon festgestellt haben, war besonders für viele Gelehrte und auch deren Studenten ein Häretiker besonders interessant. Nun war Teilhard de Chardin nicht irgendein Häretiker, so könnte man sagen, seine Gedanken waren außergewöhnlich und zwar in dem Sinn, daß sie vollkommen außerhalb der üblichen Lehre standen! Sie waren ein Mischmasch von Wissenschaft, Theologie und Philosophie. Wobei die Wissenschaftler sagten, seine Darlegungen hätten mit Wissenschaft nichts zu tun, was genauso die Theologen und Philosophen für ihre Disziplinen feststellen. Ausgenommen davon waren nur seine fachbezogenen Arbeiten in der Paläontologie.
Uns scheint diese Tatsache besonders bedenkenswert. Sie zeigt nämlich, wie sehr der Geist bei den meisten Katholiken schon angekränkelt war. Die moderne Welt faszinierte diese so sehr, daß sie zu einem nüchternen und sachlichen Urteil nicht mehr fähig waren. Wer einmal Teilhard gelesen hat – wie mühsam ist diese Lektüre! –, der kann es kaum glauben, daß diese Phantastereien jemand freiwillig liest und sodann auch noch für einen Fortschritt des Denkens hält. Dennoch erreichten seine Bücher Millionenauflagen!
Skizzieren wir ganz kurz die Hauptgedanken Teilhards, soweit es für unseren Zweck notwendig ist. Wir folgen hierin wiederum Prof. Siebels Artikel in den SAKA-INFORMATIONEN vom November 1988:
Eine „Hymne an die Materie“
4. Gedankengefüge im Überblick
Teilhards Grundvorstellung ist eine Welt im Werden. Die Evolution ist allumfassend und erstreckt sich nicht nur auf die lebendigen Organismen. Schon lange vor der Existenz von Lebewesen fanden unumkehrbar Entwicklungen in der Materie statt in Richtung auf größere «Komplexität». Diese verleiht der Vielfalt und Differenziertheit der Elemente eines Organismus eine höhere Einfachheit und einen höheren Freiheitsgrad. Die unbelebte Natur folgt in ihrer Evolution bereits dem «Komplexitäts-Bewusstseins-Gesetz». Es führt sodann zu dem breiten Bereich der organischen Formen, die in ihrer Evolution wieder als höchste Form den Menschen hervorgebracht haben. Jedes Element des Universums enthält bereits wenigstens in einem Mindestmaß eine Form des Bewusstseins. Je höher ein materielles System integriert ist, desto mehr ist das psychische (seelische) Innere entwickelt. So konnte Teilhard eine «Hymne an die Materie» schaffen, in der er die Materie als «Fleisch Christi» und als «Kristall», aus dem das neue Jerusalem gewonnen wird, besingt.
Evolution durch ein neues Gedanken-Gesetz
Das Grunddogma, das Teilhard de Chardin vollkommen bedenkenlos und zudem noch zugespitzt übernimmt, ist das der Evolution. Bei ihm ist tatsächlich alles Evolution, diese umfaßt sogar das Bewußtsein, also auch den Geist. Selbst der Geist „entsteht“ durch Evolution. Damit das möglich wird, erfindet Teilhard einfach das «Komplexitäts-Bewusstseins-Gesetz». Aus welcher Ecke der Esoterik oder Gnosis er dieses hervorgekramt hat, wissen wir nicht, jedenfalls kennt außer ihm kein katholischer Denker dieses Gesetz. Teilhard war ein kreativer Denker, dem die Wirklichkeit nicht besonders viel bedeutet hat – insofern war er ganz und gar modern. Er war fasziniert von der Science-Fiction! Schauen wir ganz kurz auf diese Hymne an die Materie, die mehr sagt als viele Erklärungen. In dieser heißt es u.a.:
Modernistische Spintisiererei
„Saft unserer Seelen, Hand Gottes, Fleisch Christi, Materie, ich segne dich! Ich grüße dich, harmonische Quelle der Seelen, klarer Kristall, aus dem das neue Jerusalem gewonnen wird. Ich grüße dich, mit schöpferischer Kraft geladenes göttliches Milieu… Trag mich dorthin empor, Materie, durch das Bemühen, die Trennung und den Tod – trage mich dorthin, wo es endlich möglich sein wird, das Universum keusch zu umarmen!“
Kann ein Katholik, ja kann ein vernünftiger Mann so etwas schreiben? Nein! Aber der berühmte Teilhard de Chardin konnte so etwas schreiben, und dieser hochgradige Schwachsinn hatte keinen schädlichen Einfluß auf seine Berühmtheit. Es ist durchaus wert, dies ausdrücklich zu betonen, denn daraus kann man folgerichtig schließen, daß hinter diesem Mann eine äußerst einflußreiche Gruppe stand. Eine Gruppe, die ihn gedeckt und berühmt gemacht hat. Heutzutage wird nämlich niemand mehr berühmt, weil er irgendwo herausragt und Außerordentliches leistet, nein, er wird berühmt, weil er berühmt gemacht wird. Dies wird jeweils dann unübersehbar, wenn so ein Stern plötzlich vom Berühmtheitshimmel fällt, weil er nicht mehr das sagt, was von ihm erwartet wird.
Nun, was ist das eigentlich genau, was sich in dieser Hymne an die Materie zeigt? Es ist nicht Naturwissenschaft, es ist nicht Philosophie und schon gar keine Theologie. Was dann? Es ist pseudonaturwissenschaftliche, pseudophilosophische, pseudomystische Spintisiererei. Mit Wirklichkeitserfassung hat das Ganze sicherlich nichts, gar nichts zu tun. Dennoch wurde Teilhard von den „katholischen“ Gelehrten und Studenten eifrig gelesen, ja auf maschinengeschrieben Manuskripten gegen die Verbote Roms verbreitet und verschlungen – und schließlich in insgesamt 27 Sprachen übersetzt! Da kann man durchaus nicht sagen, daß die Modernisten nicht umtriebig waren. Nun, es muß zugegeben werden, zum Modernismus paßt diese Spintisiererei bestens, denn auch der Modernismus hat mit Wirklichkeit nichts, rein gar nichts zu tun. Diese Einsicht sollte man sich ab und zu ganz nüchtern vergegenwärtigen, dann versteht man nämlich leicht, was die letzten Jahrzehnte im sog. kirchlichen Bereich geschehen ist und immer noch geschieht. Übrigens ist diese Hymne an die Materie eine Blasphemie! Aber wen stört das schon unter diesen Leuten.
Wir haben die Gedanken dieses „Denkers“ jedoch noch nicht zu Ende geführt. In der Hymne haben wir gehört: trage mich dorthin, wo es endlich möglich sein wird, das Universum keusch zu umarmen!
Punkt Omega
Damit wird der berühmtberüchtigte Punkt Omega angedeutet. Prof. Siebel schrieb in den SAKA-INFORMATIONEN weiter:
Im Menschen findet ein Umschlag von der Bio- zur Noosphäre, der «der denkenden Schicht», statt. Im Unterschied zu den Tieren hat der Mensch durch geplantes Tun und durch seine sozialen Einrichtungen «eine kontinuierliche Membran des Denkenden um die ganze Erde herum gewoben». Da im menschlichen Bewusstsein alles Seiende konvergierend, das heisst auf Einheit ausgerichtet, zu sich selbst findet, bedeutet dies eine Personalisation des Seins überhaupt. Die Noosphäre ist ein «in voller Evolution begriffenes System» mit dem Ziel einer Menschheit, die zur «nicht nur globalen, sondern auch sich bewegenden Wirklichkeit» wird. In der Vereinigung aller menschlichen Kulturen in einer einzigen Weltkultur bildet sich ein «Noosphärengehirn», nämlich ein «Organ des kollektiver Bewusstseins der Menschheit» heraus. Damit wird sich eine psychische Konzentration ereignen, so dass die Noosphäre in ein überpersonales Bewusstsein eingefügt wird an einem Punkt, den Teilhard «Omega» nennt.
An diesem Punkt erreicht die Evolution das Ziel ihrer konvergenten Integration. Er ist der «einheitliche und zugleich komplexe Brennpunkt, in dem sich drei immer tiefer ineinandergeschachtelte Zentren enthüllen». Das sind «aussen die immanent natürliche Spitze des menschlich kosmischen Kegels, weiter innen zur Mitte die immanente (‚übernatürliche‘) Spitze des kirchlichen oder christlichen Kegels; und ganz in der Mitte schließlich das transzendente trinitarische und göttliche Zentrum». «Indem wir dorthin gelangen, verlassen wir Raum und Zeit. Trotz seiner Transzendenz entzieht er (der Punkt Omega) sich indes nicht gänzlich der Reichweite der Wissenschaft.» In ihm ist Einigung der Menschheit und zugleich die Liebe. Christus ist nicht nur der allgegenwärtige Schöpfer, sondern im Punkt Omega auch der Endpunkt aller Evolution: «Das Ganze erhält von oben bis unten nur dadurch seinen letzten Zusammenhang, und es gibt nur ein einziges Zentrum – Omega, unser Herr Jesus Christus.»
Ein merkwürdiger Pantheismus
Zur Orientierung des Lesers sei zunächst einmal gefragt: Was für ein Welterklärungssystem liegt diesen Ausführungen eigentlich zugrunde? Bestenfalls, so muß man antworten, eine Art Pantheismus. Man muß hinzufügen „eine Art von“, weil womöglich sogar Pantheisten von diesen Gedanken etwas irritiert sein könnten, denn ein derart christlich verbrämter Pantheismus ist eher selten anzutreffen. Für Teilhard ist es jedenfalls keine Schwierigkeit, daß sich aus Materie einfach Bewußtsein und damit Geist entwickelt. Zudem ist es keine Schwierigkeit, daß sich sodann auch der Mensch in einer ständigen Evolution hin auf ein Ziel entwickelt. Woher kommt nun plötzlich ein Ziel? Denn dieses gibt es streng genommen in der Evolution nicht, leugnet diese doch gerade jede Zielgerichtetheit des Evolutionsprozesses, jede sog. Teleologie. Und woher weiß Teilhard, daß dieser Punkt Omega nicht nur wieder ein Ausgangspunkt für neue Evolution ist? Nun, er weiß das natürlich nicht, er phantasiert sich das einfach zusammen. Und das nennen die Modernisten dann Theologie!
Das Unangenehme an den Spintisierereien Teilhards ist, daß er den Namen unseres Herrn Jesus Christus in sein System einfügt. Es ist freilich schleierhaft, wie der Punkt Omega schon vor über 2000 Jahren als Mensch in unserer Welt gelebt hat, wo der doch erst am Ende erreicht wird. Hat die Evolution nicht schon vor 2000 Jahren ihr Ende gefunden – und nach Jesus Christus ist alles nur noch Degeneration und nicht Evolution? Und wenn alles – zielsicher? notwendig? – auf den Punkt Omega zusteuert, gibt es dann noch Freiheit? Löscht das kollektive Bewußtsein nicht notwendigerweise die persönliche Freiheit des Einzelnen aus? Ganz zu recht wendet Adolf Portmann ein:
„Die schärfste Grenze gegenüber den Aussagen Teilhard de Chardins ziehe ich dort, wo er in prophetischer Schau das Kommende als eine klare Konsequenz des Wissens darstellt. … Auch das Geheimnis des Ursprungs erscheint bei Teilhard de Chardin in einem seltsamen Zwielicht. Er sucht die Ungewissheiten der Evolutionslehre hinsichtlich der Entstehung der Typen durch ein wissenschaftlich geklärtes Fehlen der Dokumente zu erläutern (‚le blanc de l´origine‘). …Ferner werden viele den Glauben Teilhard de Chardins an die Vervollkommnungsmöglichkeiten des Menschen nicht teilen können. …“ (Adolf Portmann: Teilhard de Chardin; in: Merkur. Zeitschrift für europäisches Denken 13 (1959))
Man versteht daher seht gut, wenn das Heilige Offizium im Monitum vom 30. Juni 1962 Teilhard „Zweideutigkeiten“ und „schwere Irrtümer“ vorwarf, die „die katholische Lehre verletzten“. Wobei das Heilige Officium schon äußerst vorsichtig urteilt. Es hätte auch einfach schreiben könnte, daß die Lehre Teilhards mit Christentum überhaupt nichts mehr zu tun hat. Teilhards Gedanken sind nämlich genaugenommen nicht einfach Häresie, sondern vollkommene Apostasie, christlich verbrämte, pseudomystische, aber vollkommen gottlose Weltdeutung.
Prof. Siebel urteilte 1988 so:
Man kann danach nicht sagen, daß Teilhards Sicht theologisch oder naturwissenschaftlich überzeugend wäre. «Aber die Prosa-Dichtung von ,Der Mensch im Kosmos‘ hat die Phantasie der Theologen, Philosophen und Naturwissenschaftler auch dann angeregt, wenn sie ihr keine Zustimmung gaben.» (T.A. Goudge: Teilhard de Chardin, in: The Encyclopedia of Philosophy, Vol. 8, New York, London 1967, S. 84.)
Gnostizismus und Pseudomystik
Hierzu ist noch etwas zu ergänzen. Teilhard selbst berichtet in seinem Buch „Das Herz der Materie“, seinen „Bekenntnissen“, von einem außergewöhnlichen Erlebnis. Teilhard wurde plötzlich und unwiderstehlich hinweggerissen und erlebte das Zentrum einer unendlichen Realität ohne Formen und Grenzen. Zugleich bedrückte ihn die Angst einer übermenschlichen Gefahr. Es war eine Kraft, die er verstand „als das verbundene Wesen von allem Bösen und allem Guten“. Er erlebte zudem in seiner Kindheit die mystische Erhebung eines Metallstückes zu seiner „Eisengottheit“, was doch recht befremdlich ist. In seinem Buch „Der Mensch im Kosmos“ fabuliert dementsprechend Teilhard: „Christus umkleidet sich organisch mit der ganzen Majestät seiner Schöpfung. Infolgedessen (und ohne dies bildlich zu verstehen) sieht sich der Mensch imstande, mit der bewegten Welt in ihrer ganzen Länge, Breite und Tiefe seinen Gott zu erleiden und zu entdecken“ (Der Mensch im Kosmos, München 21959, S. 293).
Nun, jeder Katholik sollte eigentlich wissen, daß ein solches Erlebnis nicht das Erlebnis eines christlichen Mystikers sein kann. Es erinnert viel eher an die Irrlehre der Manichäer und schmeckt ziemlich nach Gnostizismus. Jedenfalls verstand Teilhard von daher auch sein Gedankengebäude selber nicht einfach als Wissenschaft, sondern als eine Art von „Mystik“, was wiederum jeden katholischen Gelehrten nochmals hätte vorsichtiger machen müssen. Für einen Katholiken wird die Mystik vom übernatürlichen Glauben her beurteilt. Eine Mystik, die mit dem katholischen Glauben nicht übereinstimmt, ist ganz sicher eine falsche Mystik. Die begeisterte Aufnahme der Irrlehren Teilhards zeigt, es gab schon damals nicht mehr viele wahrhaft katholische Gelehrte, nein, die meisten waren inzwischen vom Modernismus total verseucht. Zu diesem freilich paßte das pseudomystische Geschwätz ihres Meisters – und wie wir schon gehört haben hat es die Phantasie der Theologen, Philosophen und Naturwissenschaftler auch dann angeregt, wenn sie ihr keine Zustimmung gaben. So einfach ist das im Modernismus. Prof. Siebel bemerkte dazu noch:
Charles Darwin würde sich gewundert haben …, wenn er seine atheistisch ausgerichtete Lehre in einen religiösen Glauben verwandelt gesehen hätte, und das noch entwickelt und begrüßt durch Männer der Geistlichkeit. Während Darwin seine Ansicht nur als Hypothese vortrug, wird der Evolutionismus von Teilhard als unumstößliche Wahrheit dargestellt. Er hat einen unüberschaubaren Einfluss auf die Welt vor dem Vatikanum II und währenddessen ausgeübt, ganz besonders in der Katholischen Kirche. Inzwischen sind Teilhards Ideen eher zu Selbstverständlichkeiten geworden, und in vielen Bereichen werden sie als unbezweifelbare Wahrheit vorausgesetzt.
So war das also damals gewesen mit Teilhard de Chardin. Es wundert einen jedenfalls nicht, daß auch hier der Umschwung bei den kirchlichen Autoritäten mit Roncalli kam. Er hat „das Monitum einer Gruppe französischer Geistlicher, ein zweites Mal Senghor, dem Präsidenten der Republik Senegal, gegenüber als ‚bedauerlich‘ bezeichnet“ (A. Gosztonyi: Teilhard de Chardin und das praktische Christentum, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 19(1967), S. 163). So fanden die Gedanken Teilhards – wie könnte es auch anders sein – Einlaß ins KONZIL!
Eine unmögliche Synthese
Es ist bekannt, daß allen voran Henri de Lubac von den Ideen Teilhards begeistert war. Beide begegneten sich schon 1921 oder 1922. Fortan war H. de Lubac meist der erste theologische Berater und erster Rezensent Teilhards. Es ist zudem noch Jean Danielou zu erwähnen, der mit Begeisterung die Ansicht Teilhards über die kosmische Rolle Christi begrüßte: „Die Evolution hat in Christus bereits ihren unüberbietbaren Höhepunkt erreicht. Was noch aussteht, ist nur die Ausfaltung des Reichtums Christi, das Wachsen des mystischen Leibes. Deshalb ist für Teilhard die Kirche die eigentliche Achse der Entwicklung, jenes Phylum, in dem das letzte Ziel der Entwicklung bereits gegenwärtig ist und das kosmische Geschehen lenkt (Comment je crois)“ (Jean Daniélou: Gottes Wiederentdeckung. Die Bedeutung Teilhard de Chardins für die Gegenwart; in: Wort und Wahrheit. Monatsschrift für Religion und Kultur 17,8/9 (1962)).
Yves Congar ließ sich gar zu der absurden Behauptung hinreißen, Teilhard sei „der einzige…, der eine Synthese vorgelegt hat, die zugleich genügend begründet, umfassend und lebensvoll ist, um den Glauben an Gott und Christus, den Menschen und seine Geschichte, die Welt mit ihrer Vergangenheit, ihrem Wandel und ihrer Zukunft in einer einheitlichen, zusammenhängenden Schau zu integrieren“ (Yves Congar: Kirche und Welt, in: Weltverständnis im Glauben, Mainz 1965, S. 107). Da ist man wieder einmal sprachlos und fragt sich: Welchen Glauben hatte dieser Yves Congar, daß er so etwas glauben konnte?
Bei so viel Lobhudelei der Großen des Modernismus ist es naheliegend, daß manche Teilhardschen Gedanken sich im 2. Vatikanum wiederfinden. Einige Texte, zumal in der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute („Gaudium et Spes“), spiegeln unzweifelhaft Teilhards unsinnige Spekulationen wider, weshalb man sagen konnte, Teilhard habe einen „Aufstieg vom Ketzer zum Kirchenlehrer“ erlebt – wobei er mit dieser zweifelhaften Ehre in der Menschenmachwerkskirche durchaus nicht allein war. Kardinal König redete im Mai 1966 ganz offen von der „neuen Theologie“, die „das neue Antlitz der Kirche bestimmt und ihr Bewußtsein beeinflußt“ hat, wobei er gleich anschließend auf die „großen Visionen eines Teilhard de Chardin“ verwies (Franz Kardinal König: Worte zur Zeit. Reden und Aufsätze, Wien-Freiburg-Basel 1968, S. 156).
In der der Pastoralkonstitution, Abschnitt 45, heißt es demgemäß: „Der Herr ist das Ziel der menschlichen Geschichte, der Punkt, auf den hin alle Bestrebungen der Geschichte und der Kultur konvergieren, der Mittelpunkt der Menschheit… Von seinem Geist belebt und geeint, schreiten wir der Vollendung der menschlichen Geschichte entgegen.“ Das haben wir ihn, den Punkt – natürlich ist damit der Punkt Omega Teilhard de Chardins gemeint. „Bischof“ Otto Spülbeck erkennt in diesem Text den Grundgedanken der Teilhardschen Synthese, „die die paulinische Verkündigung und die Evolutionstheorie verbinden will“ (Otto Spülbeck: Teilhard und die Pastoralkonstitution, in: J. Chr. Hampe (Hrsg.), ebd., S. 92).
In Abschnitt 5 der Pastoralkonstitution liest man zudem: „So vollzieht die Menschheit einen Übergang von einem mehr statischen Verständnis der Ordnung der Gesamtwirklichkeit zu einem mehr dynamischen und evolutiven Verständnis.“ Joseph Ratzinger kommentiert die „Konzils“-Konstitution so: „Die Mikrokosmosidee klingt an, aber sie verbindet sich mit Teilhards Visionen der Anbetung durch die Materie, deren eindringliche Sprache man hier gedämpft glaubt nachklingen zu hören. Die statische Mikrokosmosidee gewinnt damit einen dynamischen Sinn: der Mensch ist nicht einfach eine Abbildung des Universums und seiner vielfältigen Zusammensetzung, sondern der Transformationspunkt ihrer Bewegung in die Anbetung hinein.“
Wie wir inzwischen wissen, vollzog mit der „Menschheit“ diesen Übergang von einem mehr statischen Verständnis der Ordnung der Gesamtwirklichkeit zu einem mehr dynamischen und evolutiven Verständnis auch die Menschenmachwerkskirche – nicht mehr der unverrückbare, weil auf göttliche Offenbarung sich gründende Glaube ist fortan gefragt, sondern der dynamische, auf allen Irrlehren der Vergangenheit aufbauende Modernismus, womit die göttliche Wahrheit in einem evolutiven Verständnis kurzerhand vollkommen ausgelöscht wird, indem sie angeblich in eine Vielfalt von irrigen Meinungen zerspringt. Nun, vor allem Teilhard de Chardin steht, wie uns Ratzinger belehrt hat, für diesen Übergang Pate.
Ratzinger und de Chardin
Kommen wir nach dieser notwendigen Vorarbeit wieder auf unser eigentliches Thema zu sprechen, auf den getunten Ratzinger.
Wenn Joseph Ratzinger ein wahrer Katholik wäre, ein Verteidiger des rechten Glaubens gegenüber den vielen modernistischen Irrtümern, was wäre dann von ihm zu erwarten? Es wäre selbstverständlich von ihm zu erwarten, daß er Teilhard de Chardin als das bloßstellt, was er tatsächlich ist, ein Apostat! Ein Mann, der nicht nur den katholischen, sondern jeglichen christlichen Glauben verloren hat. Zudem wäre zu erwarten, daß er die Sprache Teilhards entlarvt, also dessen Worthülsen als leeres Geschwätz erweist. Der kosmische Christus und der Punkt Omega haben mit unserem Herrn Jesus Christus, dem menschgewordenen Sohn Gottes nicht das geringste gemein – außer eben die Worthülse.
Da die Gedanken dieses abgefallenen Jesuiten eine solch große Verbreitung gefunden haben und sogar bis in die Texte des sog. 2. Vatikanums Einlaß fanden, wäre es umso mehr die Pflicht Ratzingers gewesen, auf diese Irrtümer hinzuweisen und die Katholiken vor diesem Verführer zu warnen und durch eine klärende Darlegung seiner Irrtümer diese davor zu schützen.
Hat Joseph Ratzinger irgendetwas Derartiges getan? Hat er sich so richtig ins Zeug gelegt als Verteidiger des göttlichen Offenbarungsglaubens? Natürlich nicht! Warum nicht? Nun, dann wäre seine Kariere in der Menschenmachwerkskirche schnell beendet gewesen, sein Stern wäre abgestürzt und sein Ruhm hätte sich in Schande gewandelt. Das wollte Ratzinger natürlich nicht, warum sollte er auch, gehörte er doch selber zu den ganz Großen in der Modernistenclique. Er gehörte so sehr zu diesen, daß er selbst vor den Spintisierereien eines Teilhard nicht zurückschreckte. Denn Ratzinger kam an diesem nicht ungeschoren vorbei.
Die Leugnung der göttlichen Natur Jesu
Im Jahr 2005, also nach der Wahl Joseph Ratzingers zum Chef der Menschenmachwerkskirche, hat Prof. Dr. Wigand Siebel im SAKA-Verlag eine Schrift herausgegeben „Zur Philosophie und Theologie Joseph Ratzingers“. In dieser findet sich der Artikel „Ratzinger, ein Theologe ohne Glaube, Präfekt der Kongregation für den Glauben“, der ursprünglich aus dem Rom-Kurier von 1993/94 stammt und wohl von Francesco Spadafora verfaßt wurde. Darin wird zunächst nachgewiesen:
Für Ratzinger ist Jesus also nicht Gott, weil er natürlicher Sohn Gottes ist, aus dem Vater geboren vor aller Zeit, «gezeugt, nicht geschaffen, wesensgleich mit dem Vater«, weil seine Person seit Ewigkeit die unendliche göttliche Natur und daher die unendliche Vollkommenheit besitzt, sondern ist jener Mensch, der gekommen ist, »um mit Gott ineinanderzufallen«, und der am Kreuze »das Sein für die anderen« verkörpert hat, ein »Altruist durch Antonomasie«. Folglich unterscheidet er sich von uns und den anderen Menschen nur durch den Grad der menschlichen Entwicklung, die er erreicht hat, nicht durch den Abgrund, welcher Gott vom Menschen, den Schöpfer vom Geschöpf trennt. (S. 106)
In diesen wenigen Sätzen ahnt man den gewaltigen Absturz Ratzingers. Es wird nicht mehr klar unterschieden zwischen Gott und dem Menschen, zwischen Natur und Gnade, der Unterschied zwischen unseren Herrn Jesus Christus, dem Gottmenschen und uns verflüchtigt sich zu einem bloß graduellen Unterschied.
Um zu zeigen, daß Ratzinger dies tatsächlich so meint, muß man nur entgegenhalten, was Ratzinger von der katholischen Lehre über Jesus Christus als den wesensgleichen Sohn mit dem Vater hält: „Die Christologie der Kirche weist Ratzinger zurück als eine »triumphalistische Verherrlichungschristologie … die etwa mit dem gekreuzigten und dienenden Menschen nichts anfangen könnte und statt dessen sich wieder einen ontologischen Gottmythos erfinden würde« (S. 161). Anstelle der »triumphalistischen Verherrlichungschristologie«, welche »einen ontologischen Gottmythos« schafft, setzt Ratzinger eine »Dienstchristologie«, die er behauptet, beim hl. Johannes zu finden, und in der »Sohn« einzig »das Sein-vom-andern-her« (S. 129) bedeutet“ (Ebd.). Die Seitenzahlten im zitieren Text beziehen sich jeweils auf das Hauptwerk Ratzingers „Einführung in das Christentum“, dtv, Wissenschaftliche Reihe, 1971.
Die Modernisten haben ihre Schlagworte, wenn sie die katholische Lehre verächtlich machen wollen. Ratzinger spricht hier von der kirchlichen Lehre der Hypostatischen Union als einem ontologischen Gottmythos. Er weist also diese Lehre als unzulänglich, ja als entstellt zurück. Im Gegenzug dürfen wir sicherlich seine Dienstchristologie als deontologisierten Menschenmythos bezeichnen. Und in der Tat hat Ratzingers Christus mit dem Sein des Gottmenschen Jesus Christus nichts mehr zu tun – was wiederum ausgezeichnet zu Teilhards pseudomystischen Spintisierereien paßt!
Es drängt sich dem aufmerksamen Leser nunmehr freilich die Frage auf, wie kommt denn Ratzinger nun von seinem bloßen Menschen dennoch zu seinem „Gott“. Mgr. Spadafora erklärt es so:
Der Mensch Jesus, der durch seinen vollkommenen Dienst dazu gelangt ist, »mit Gott ineinanderzufallen«, offenbart dem Menschen, daß der Mensch ein Gott in fieri (im Werden) ist und deshalb zwischen Mensch und Gott eine wesensmäßige Identität besteht. Indem er auch Dante entstellt, meint Ratzinger: »Man fühlt sich erinnert an den bewegenden Schluß von Dantes Göttlicher Komödie, wo er im Hinschauen auf das Geheimnis Gottes, inmitten jener ‚Liebesallgewalt, die still und einig im Kreis die Sonne führt und alle Sterne‘, mit seligem Erstaunen sein Ebenbild, ein Menschenangesicht entdeckt« (S. 135). (Ebd.)
DIE UNZWEIDEUTIGE BESTÄTIGUNG
Der „letzte Mensch“
Daß dies zweifelsohne das Denken Ratzingers ist, wird noch einmal bestätigt, und zwar auf unzweideutige Weise, durch seine Auffassung von Christus als dem »letzten Menschen«, dargelegt von Seite 167 an. Hier tut Ratzinger einem anderen Passus der Heiligen Schrift (und gerade dem hl. Paulus) Gewalt an, da er sich nicht darum kümmert, daß die katholische Exegese in den Passagen, die mit dem Dogma zusammenhängen, zu dem Sinn stehen muß, den die Heilige Mutter Kirche immer festgehalten hat: »Und wie anders sehen die Dinge des weiteren aus – schreibt er – wenn man den paulinischen Schlüssel ergreift, der uns Christus verstehen lehrt als den ‚letzten‘ Menschen (1. Kor. 15,45), als den endgültigen Menschen, der den Menschen in seine Zukunft bringt, die darin besteht, daß er nicht bloß Mensch, sondern eins mit Gott ist« (S. 167; Hervorhebung Red.). Und gleich danach unter dem Titel »Christus, der letzte Mensch« fährt er fort: »Nunmehr sind wir an dem Punkt angelangt, an dem wir versuchen können, zusammenfassend zu sagen, was gemeint ist, wenn wir bekennen ‚Ich glaube an Christus Jesus, Gottes eingeborenen Sohn, unseren Herrn‘. Nach allem Bisherigen werden wir zunächst sagen dürfen: Christlicher Glaube glaubt Jesus von Nazareth als den exemplarischen Menschen – so kann man wohl am ehesten den vorhin erwähnten paulinischen Begriff ‚der letzte Adam‘ sachgemäß übertragen [im Gegenteil: Der letzte Adam zeichnet den »zweiten Adam«, das Haupt der erlösten Menschheit, in Gegenüberstellung zum ersten Adam]. Aber gerade als der exemplarische, als der maßgebende Mensch überschreitet er die Grenze des Menschseins; nur so und nur dadurch ist er der wahrhaft exemplarische Mensch« (S. 167/1-68; Hervorhebung Red.). Und das Motiv dazu wäre folgendes: »Die Eröffnetheit auf das Ganze, aufs Unendliche hin macht den Menschen aus. Der Mensch ist dadurch Mensch, daß er unendlich hinausreicht über sich, und er ist folglich um so mehr Mensch, je weniger er in sich verschlossen, ‚beschränkt‘ ist. Dann ist aber – sagen wir es noch einmal – der am meisten Mensch, ja der wahre Mensch, der am meisten ‚entschränkt‘ ist, der das Unendliche – den Unendlichen! – nicht nur berührt, sondern eins mit ihm ist: Jesus Christus. In ihm ist der Schritt der Menschwerdung wahrhaftig an sein Ziel gekommen« (S. 168/169; die Hervorhebung von der Red). (S. 106f)
Ein exemplarischer Mensch
Etwas verblüfft ist man schon, wenn man liest: Nunmehr sind wir an dem Punkt angelangt, an dem wir versuchen können, zusammenfassend zu sagen, was gemeint ist, wenn wir bekennen ‚Ich glaube an Christus Jesus, Gottes eingeborenen Sohn, unseren Herrn‘. Nach allem Bisherigen werden wir zunächst sagen dürfen: Christlicher Glaube glaubt Jesus von Nazareth als den exemplarischen Menschen. So hat man das nie gesehen: Der Glaube an Jesus Christus als den eingeborenen Sohn Gottes wäre somit gleichbedeutend mit dem Glauben an Jesus Christus als den exemplarischen Menschen! Kein Katholik ist jemals auf die Idee gekommen, es so zu sehen wir Ratzinger, weil es dem göttlichen Glauben direkt widerspricht. Aber Ratzinger hat nun einmal etwas gegen den ontologischen Gottmythos, er glaubt lieber an seinen deontologisierten Menschenmythos. Unser Herr Jesus Christus ist für ihn nur noch der exemplarische Mensch – ein Ding ohne jegliche Wirklichkeit, das Wunschding des Apostaten Ratzinger.
Ratzinger bleibt nun freilich nicht einfach dabei stehen, er geht einen Schritt weiter, denn: Die Eröffnetheit auf das Ganze, aufs Unendliche hin macht den Menschen aus. Nun ist das so eine Sache mit dem Unendlichen im Leben des Menschen, ist doch unser Leben endlich, es endet unweigerlich mit dem Tod. Darum würde man nur zu gerne wissen, wie denn dieser Mensch, der dadurch Mensch wird, daß er unendlich über sich hinausreicht, tatsächlich auch – und gleich unendlich! – über sich hinauskommt? Woher erhält er die Kraft zu diesem Gewaltakt? Denn jeder kann das bei sich selbst ausprobieren: Ich wünsche mir ganz, ganz, ganz fest, ins Unendliche erhoben zu werden! Was passiert dann? Beginne ich irgendwie unendlich zu werden? Nein, leider nicht! Man bleibt bei allem noch so festem Wünschen immer der armselige Mensch, der man war, oder etwa nicht?
Seltsam, wenn Ratzinger den paulinischen Schlüssel ergreift, der uns Christus verstehen lehrt als den ‚letzten‘ Menschen (1. Kor. 15,45), als den endgültigen Menschen, der den Menschen in seine Zukunft bringt, die darin besteht, daß er nicht bloß Mensch, sondern eins mit Gott ist, dann tut sich plötzlich was, wobei doch alles nur Wunsch ist und nicht Wirklichkeit in seinem deontologisierten Menschenmythos.
Wie werde aber nun ich selbst zu einem ebenso exemplarischen Menschen – der das Unendliche – den Unendlichen! – nicht nur berührt, sondern eins mit ihm ist: Jesus Christus?Womöglich ist das die Lösung: eins sein mit Christus – also denjenigen, den man unter keinen Umständen durch einen ontologischen Gottmythos zum wahren, d.h. mit dem Vater wesensgleichen Sohn Gottes hochstilisieren darf! Aber was hilft einem dieses Einssein mit Christus, wenn dieser nur der exemplarische Mensch, aber nicht wirklich Gott und darum allmächtig und deswegen allein fähig ist, uns durch Seine Erlösungsgnade wieder ins göttliche Leben zu erheben?
Wie ist es also konkret, der Wirklichkeit entsprechend? Wenn uns dieser Jesus Ratzingers gerade nicht durch die Erlösungsgnaden, ganz unverdient, aber ganz wirklich, wieder Anteil gibt am göttlichen Leben, wenn wir nur an Ihn glauben und unsere Sünden bereuen, wie kommen wir dann dazu? Hier kommt nun Teilhard ins Spiel! Nein, Ratzinger hat keine Berührungsängste mit Apostaten, ist er doch selber einer.
Wie wir inzwischen wissen, mit Teilhard wird die Sache aus dem Zustand der Statik – ontologischen Gottmythos – in den Zustand der Dynamik – deontologisierter Menschenmythos – überführt. Ratzinger ist überzeugt: Es muß als ein bedeutendes Verdienst von Teilhard de Chardin gewertet werden, daß er diese Zusammenhänge vom heutigen Weltbild her neu gedacht hat (S. 169).
Man muß die Wortwahl beachten: diese Zusammenhänge vom heutigen Weltbild her neu gedacht. Das ist also das bedeutende Verdienst Teilhards, daß er dieses Kunststück fertigbrachte – nach immerhin fast 2000 Jahren katholischer Theologie! Und extra sei es nochmals hervorgehoben: neu und gedacht! Es drängt sich einem der Gedanke auf, als sei in Ratzingers deontologisierter Menschenmythos jedes Denken gleich Sein. So etwas hat es jedenfalls all die Jahrhunderte davor nicht gegeben, kein katholischer Theologe ist auf einen solch neuen Gedanken gekommen, bis Teilhard kam, um uns mit seinem neuen Wahnsinn zu beglücken. Es ist tatsächlich wahr, kein Irrlehrer vor ihm hatte sich zu einem derart großen, den ganzen Kosmos umfassenden Blödsinn hinreißen lassen. Da müßte man wohl schon bei irgendwelchen obskuren Gnostikern nachlesen.
Das Ego fällt ins Schwarze Loch.
Unser Ratzinger aber ist begeistert und bringt gleich mehrere Zitate aus den Werken des Meisters. Mgr. Spadafora gibt nur das letzte wieder:
»Die kosmische Drift bewegt sich ‚in Richtung auf einen unglaublichen, quasi monomolekularen Zustand …, wo jedes Ego … dazu bestimmt ist, seinen Höhepunkt in irgendeinem geheimnisvollen Super-Ego zu erreichen‘. Der Mensch ist als ein Ich zwar am Ende, aber die Richtung der Seinsbewegung und seiner eigenen Existenz erweist ihn zugleich als ein Gebilde, das in ein Über-Ich hineingehört, welches ihn nicht auslöscht, aber umgreift-, erst in solcher Vereinigung kann die Form des zukünftigen Menschen erscheinen, in der das Menschsein ganz am Ziel seiner selbst sein wird« [nämlich vollkommene Humanisierung, ganz unangemessen »Vergöttlichung« oder »Übernatürliches« genannt (S. 171)]. (S. 108)
Ein Kommentar dieser Worte ist wohl kaum mehr möglich, ohne in eine Satire abzugleiten. Dagegen ist jedes Science-Fiction-Buch eine Realitätsbombe! Rekapitulieren wir das Ganze mit unseren Worten: Der Leser springt wagemutig in eine kosmische Drift, die in Richtung auf einen unglaublichen, quasi monomolekularen Zustand zurast! Man muß sich direkt den pseudowissenschaftlichen Unsinn auf der Zunge zergehen lassen: quasi monomolekularen Zustand!Und was geschieht in diesem Zustand des Nur-noch-ein-Molekül-seins – heute würde man sagen „Schwarzes Loch“? Dieses Vokabular stand Teilhard leider noch nicht zur Verfügung! Jedes Ego springt plötzlich, vollkommen unerwartet oder auch nicht, über sich hinaus und wird zu irgendeinem geheimnisvollen Super-Ego. Das kleine Ich hört auf zu sein – Ratzinger sagt: entschränkt – und erweist sich – geheimnisvoll oder viel mehr wahnsinnigerweise – als ein Gebilde, das in ein Über-Ich hineingehört. Wenn das keine tollen Sprachschöpfungen sind! Der Aussagewert ist zwar null, entspricht doch keinerlei Realität diesem Geschwätz, aber dennoch einfach toll, dieser Meister Teilhard! Trotzdem bleiben seine Phantastereien spannender als jeder Science-Fiction-Roman, denn es drängt sich dem geängstigten Leser nach seinem wagemutigen Sprung in die kosmische Drift die bange Frage auf: Was ist eigentlich aus meinem eigenen Ich geworden, sobald es vom Über-Ich so einfach aufgesogen wurde, wie ein Schwarzes Loch alle Materie in sich unbarmherzig verschlingt (nochmals schade, daß Teilhard die Schwarzen Löcher noch nicht gekannt hat, wie hätten diese seine Phantasie beflügelt)? Aber nein, niemand braucht in Panik zu verfallen, denn das eigene Ich wird nicht auslöscht, vielmehr vom Über-Ich umgriffen –, erst in solcher Vereinigung kann die Form des zukünftigen Menschen erscheinen, in der das Menschsein ganz am Ziel seiner selbst sein wird. Es ist unübersehbar, auch Teilhard hat etwas gegen denontologischen Gottmythos, auch ihm ist der deontologisierte Menschenmythos lieber, wie Ratzinger folgerichtig kommentiert: vollkommene Humanisierung, ganz unangemessen »Vergöttlichung« oder »Übernatürliches« genannt. Also muß Vergöttlichung etwas Schlechteres sein als Vermenschlichung, denn das heißt doch Humanisierung.
Jeder Katholik kann nur nüchtern feststellen: Was für ein hochgradiger Wahnsinn! Lassen wir uns kurz von Teilhard selbst erklären, wie er zu solch abstrusen „Einsichten“ gekommen ist: „Was ich vermitteln möchte, ist nicht eigentlich eine Theorie, ein System, eine Weltanschauung; sondern ein gewisser Geschmack (goût), eine gewisse Wahrnehmung der Schönheit, der Erfahrung, der Einheit des Seins. Ich versuche die ruhige Trunkenheit, die das Bewußtwerden der Tiefen des Weltstoffes in mir bewirkt, in Begriffe einer Theorie zu übersetzen: aber diese Theorien haben für mich nur eine Geltung durch die Resonanz, die sie in einem Bereich der Seele auslösen, der nicht dem Intellekt zugehört“ (Brief an Ida Treat vom 14.2.1927).
Monistisch-pantheistischer Wahnsinn
Sie, verehrter Leser, haben richtig gelesen, denn es steht tatsächlich so im Text: Ich versuche die ruhige Trunkenheit, die das Bewußtwerden der Tiefen des Weltstoffes in mir bewirkt, in Begriffe einer Theorie zu übersetzen. Nun, solch pseudomystische Erlebnisse – Ob der Mann vielleicht Drogen genommen hat? Wenn nicht, dann gibt es nur noch den Teufel als Erklärung! – sollen also nach Ratzinger dazu geeignet sein, unseren heiligen katholischen Glauben angesichts des heutigen Weltbilds neu zu denken. Dabei muß aber jeder Leser immer eingedenk sein, daß diese Theorien … nur eine Geltung haben durch die Resonanz, die sie in einem Bereich der Seele auslösen, der nicht dem Intellekt zugehört. Für denjenigen, der nicht bereit ist, seinen Verstand zu verlieren, haben somit diese Theorien keine Geltung. Wie wir gelesen haben, war Ratzinger bereit, den Verstand zu verlieren, um diesen Theorien Geltung zu verschaffen.
Angesichts solch „wissenschaftlichen“ Forschens verliert selbst Mgr. Spadafora, der bisher so zurückhaltend war, die Fassung: Dieser monistisch-pantheistische Wahnsinn wäre für Ratzinger – unglaublich, aber wahr – der Inhalt der … Paulinischen Christologie!
Das ist nun tatsächlich kaum unglaublich, aber dennoch wahr, genauso wie dies: Diesen Ratzinger halten seine Fans – trotz dieses monistisch-pantheistischen Wahnsinns! – für den Mozart der Theologie, und dieser Ratzinger taugt nicht wenigen Tradis als Ersatzpapst, als Behüter ihrer Tradition. Was für eine Tradition muß das sein und was für einen Glauben müssen dies Leute haben, wenn sie zu einem solchen Fehlurteil fähig sind? Mgr. Spadafora läßt Ratzinger nochmals selber zu Wort kommen und die Worte Teilhards erklären:
»Man wird wohl sagen dürfen, daß hier von der heutigen Weltsicht her und gewiß in einem manchmal gar zu biologischen [?] Vokabular in der Sache doch die Richtung der paulinischen Christologie erfaßbar ist und neu verstehbar wird: Der Glaube sieht in Jesus den Menschen, in dem – vom biologischen Schema her gesprochen – gleichsam der nächste Evolutionssprung getan ist« (S. 171). Und gleich darauf schreibt er: »Von da aus wird der Glaube an Christus den Beginn einer Bewegung sehen, in der die zerteilte Menschheit immer mehr eingeholt wird in das Sein eines einzigen Adam, eines einzigen ‚Leibes‘ – des kommenden Menschen. Er wird in ihm die Bewegung sehen auf jene Zukunft des Menschen hin, in der er gänzlich sozialisiert, einverleibt in einen Einzigen ist, aber so, daß darin der einzelne nicht ausgelöscht, sondern ganz zu sich gebracht wird« (s. 171/172; Hervorhebung Red.).
Neu erfundenes Pseudo-Christentum …
Das hat er also tatsächlich geschrieben, der Ratzinger, in seinem Hauptwerk, Einführung ins Christentum! Eines ist sicher: Ein solches Christentum hat es vor Ratzinger und der Modernistenclique nicht gegeben. Das haben sie ganz neu erfinden müssen. Jesus gleichsam als der nächste Evolutionssprung – ist es also mit dem Punkt Omega doch nicht aus mit der Evolution, denn keiner weiß doch, wie viele Evolutionssprünge es gibt? Es ist zu befürchten, daß es erst der Antichrist sein wird, der diese Evolution beendet!
Immerhin findet sich in dem einen Satz – Von da aus wird der Glaube an Christus den Beginn einer Bewegung sehen, in der die zerteilte Menschheit immer mehr eingeholt wird in das Sein eines einzigen Adam, eines einzigen ‚Leibes‘ – des kommenden Menschen – der ganze moderne Ökumenismus wieder, die Interkonfessionellen Gebetstreffen und der damit verbundene neuheidnische Götzendienst. So gesehen, eine durchaus dämonisch-prophetische Leistung Ratzingers. Das Resümee Francesco Spadaforas lautet:
Wir befinden uns im vollkommenen Auf-den-Kopf-Stellen des katholischen Glaubens: Nicht Gott ist Mensch geworden, sondern der Mensch hat sich in Jesus Christus als Gott geoffenbart.
Es ist bezeichnend, daß all die Ratzingerianer diese Tatsache nicht als solche anerkennen wollen: Auch Ratzinger ist ein Anhänger der Neuen Theologie, er ist kein katholischer Theologe, kein katholischer Denker, sondern durch und durch Modernist.
… in Einklang mit der Evolutionstheorie
Lassen wir hierzu den von den Modernisten so sehr gehaßten P. Garrigou-Lagrange OP zu Wort kommen, um nach all dem Wahnsinn den wesentlichen Unterschied wieder vor Augen gestellt zu bekommen. Schon im Jahr 1946 hat der Dominikaner die „Christologie“ dieser „Neuen Theologie“ folgendermaßen zusammengefaßt: „…demzufolge hätte sich die materielle Welt hin zum Geist entwickelt und die geistige Welt hätte sich sozusagen natürlicherweise zur übernatürlichen Ordnung und zur Fülle in Christus hin entwickelt. So wären sowohl die Menschwerdung des Wortes, der Mystische Leib als auch Christus in seiner Gesamtheit zu Elementen der Evolution geworden… Was bleibt also von den christlichen Dogmen bei dieser Theorie übrig, die sich von unserem Credo in dem Maß entfernt, als sie sich dem hegelianischen Evolutionismus nähert!“ (Garrigou-Lagrange, La nouvelle theologie oú va-t-elle!). Garrigou-Lagrange schließt seine Gedanken: „Wohin führt die ‚Neue Theologie‘? Sie führt auf dem Wege der Phantasie, des Irrtums, der Häresie zurück zum Modernismus.“
Ratzingers Wege der Phantasie, des Irrtums, der Häresie
Abschließend wollen wir nochmal an einem Beispiel aufzeigen, was aus unserem heiligen katholischen Glauben auf diesem Wege der Phantasie, des Irrtums, der Häresie wird. Der Leser möge sich zunächst selbst einmal überlegen, wie er das Geheimnis der Gegenwart Jesu Christi in der hl. Hostie als Katholik beschreiben würde. Wie er sein Katechismuswissen, daß Jesus Christus mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit unter den Gestalten von Brot und Wein wahrhaft und wirklich gegenwärtig ist, in Worte fassen würde.
Sodann erst lese er folgende Erklärung Ratzingers, die er in seiner Schrift Die sakramentale Begründung christlicher Existenz 1965 gegeben hat: Der heutige Mensch „gibt sich nicht der naiven Vorstellung hin, Gott der Allgegenwärtige würde nur an dieser Raumstelle wohnen, die durch den Tabernakel in der Kirche bezeichnet ist. … Eucharistische Anbetung (…) kann sinnvoller Weise nicht einfach mit dem lokal zirkumskriptiv präsent gedachten Gott sein. Aussagen wie ,Hier wohnt Gott‘ und das auf solche Weise begründete Gespräch mit dem lokal gedachten Gott drücken eine Verkennung des christologischen Geheimnisses wie des Gottesbegriffes aus, die den denkenden und um die Allgegenwart wissenden Menschen notwendig abstößt.“ Ja, auch das hat er geschrieben, der Ratzinger! Kaum unglaublich, aber wahr!
Es sei ganz zum Schluß nochmals ausdrücklich hervorgehoben und extra betont: Und diesen Ratzinger halten viele Konservative und Traditionalisten für den Bewahrer ihrer Tradition! Ein nüchterner Denker kann sich nur wundern über eine solch große Verblendung, denn wo bleibt denn da eigentlich noch das Tuning? Nun, wer diese Konservativen und Traditionalisten kennt, der weiß ganz gut, diesen reicht schon ein ganz klein bißchen Spoiler – und fertig ist der katholisch-getunte Ratzinger!