Das „große Werk“ des Alchimisten Annibale Bugnini ist am Ziel. Die Transformation vom terminus a quo, dem heiligen Meßopfer der katholischen Kirche, zum terminus ad quem, der Versammlung zur Mahlfeier der konziliaren Menschenmachwerkskirche, ist vollzogen. Wir haben im letzten Beitrag begonnen, uns eine solche „(un)heilige Versammlung des Volkes Gottes“ nach dem „Novus ordo“ im Detail näher anzusehen. Wir waren überrascht, wie deutlich in den „Gebeten zur Gabenbereitung“, welche an die Stelle der Opferung getreten sind, zum Ausdruck kommt, daß wir es nicht mehr mit dem Opfer des Abel, sondern mit dem des Brudermörders Kain zu tun haben. So sind wir auf alles gefaßt, wenn wir uns jetzt mit dem „Eucharistischen Hochgebet“ beschäftigen.
Eucharistisches Hochgebet
Endlich ist das „Eucharistische Hochgebet“ an der Reihe, das den früheren Meßkanon ersetzt. „Nun beginnen Mitte und Höhepunkt der ganzen Feier: das Eucharistische Hochgebet selbst, das heißt, das Gebet der Danksagung und der Heiligung“, behaupten die Bischöfe. „Der Priester lädt das Volk ein, die Herzen zum Herrn in Gebet und Danksagung zu erheben und vereint es mit sich in jenem Gebet, das er im Namen der ganzen Gemeinschaft durch Jesus Christus im Heiligen Geist an Gott den Vater richtet. Sinn dieses Gebetes aber ist es, dass die ganze Versammlung der Gläubigen sich mit Christus im Lobpreis der großen Taten Gottes und in der Darbringung des Opfers verbindet. Das Eucharistische Hochgebet verlangt, dass alle es ehrfürchtig und schweigend anhören“ (Nr. 78).
Wie unser Befund bereits gezeigt hat, ist das „Eucharistische Hochgebet“ allein schon vom Aufbau her keineswegs „Mitte und Höhepunkt der ganzen Feier“. Aufschlußreich ist auch die Definition als „Gebet der Danksagung und der Heiligung“, das der Priester „im Namen der ganzen Gemeinschaft durch Jesus Christus im Heiligen Geist an Gott den Vater richtet“. Darum kann natürlich der „Sinn dieses Gebetes“ nur ein gemeinschaftsstiftender sein: „dass die ganze Versammlung der Gläubigen sich mit Christus im Lobpreis der großen Taten Gottes und in der Darbringung des Opfers verbindet“. Die „ganze Versammlung der Gläubigen“ bringt also hier das Opfer dar, und der Priester handelt nicht „in persona Christi“, sondern „im Namen der ganzen Gemeinschaft“.
Im einzelnen müssen laut den deutschsprachigen Bischöfen folgende Teile des „Eucharistischen Hochgebets“ unterschieden werden (Nr. 79): „a) Die Danksagung, die besonders in der Präfation ihren Ausdruck findet: Im Namen des ganzen heiligen Volkes verherrlicht der Priester Gott, den Vater, und sagt ihm Dank für das gesamte Heilswerk oder für eine bestimmte Heilstat, je nach Tag, Fest oder Zeit.“ Die Präfation wird also Bestandteil des „Eucharistischen Hochgebets“. In der wahren Heiligen Messe ist sie die feierliche Eröffnung der Opferhandlung und geht dem Meßkanon voraus. In einer alten Ausgabe des „Schott Meßbuchs“ von 1938 heißt es immerhin noch: „Diese (die Präfation) ist ein feierliches Lob- und Danklied an den unendlich erhabenen Gott. Wir vereinigen uns dabei mit dem Lobpreis Christi selbst und mit den Chören der Engel.“ Nunmehr vereinen wir uns also nicht mehr demütig mit dem Lobpreis Christi und der ganzen himmlischen Heerscharen, sondern „der Priester“ selber „verherrlicht .. Gott“, und zwar im „Namen des ganzen heiligen Volkes“.
„b) Die Akklamation: Darin vereint sich die ganze Versammlung mit den himmlischen Mächten und singt das Sanctus. Diese Akklamation, die Teil des Eucharistischen Hochgebetes selbst ist, wird vom ganzen Volk zusammen mit dem Priester vorgetragen.“ Auch das Sanctus ist also „Teil des Eucharistischen Hochgebetes selbst“, während im wahren heiligen Meßopfer der „Canon Missae“ an das Sanctus anschließt. Wiederum ist es die „ganze Versammlung“, die hier tätig ist, weshalb die „Akklamation“ auch „vom ganzen Volk zusammen mit dem Priester vorgetragen“ wird.
„c) Die Epiklese: Darin erfleht die Kirche durch besondere Anrufungen die Kraft des Heiligen Geistes, damit die von Menschen dargebrachten Gaben konsekriert, das heißt, Leib und Blut Christi werden und damit die makellose Opfergabe, die in der Kommunion empfangen wird, denen zum Heil gereiche, die daran Anteil erhalten.“ Wir haben oben schon gesehen, daß man sich hier an den Ostkirchen orientiert, die fälschlich die „Epiklese“ für das konstituierende Element des Altarsakraments halten. Im Sinne des Opfers Kains müssen „die von Menschen dargebrachten Gaben“ betont werden, die Kommunion der Gläubigen wird als der eigentliche Zweck der „Konsekration“ angegeben und als notwendiges Mittel zum „Heil“. Daher die bei „konziliaren Katholiken“, selbst bei denen, die höchst selten überhaupt zur Messe gehen, inzwischen geradezu zwanghafte Angewohnheit, zum Kommunionempfang anzutreten, gleich in welchem Seelenzustand und in welcher Verfassung, auch ohne jegliche Kenntnis und Vorbereitung, egal: Man geht zur Kommunion, weil alle es tun.
„d) Der Einsetzungsbericht und die Konsekration: Durch die Worte und Handlungen Christi wird das Opfer vollzogen, das Christus selbst beim Letzten Abendmahl eingesetzt hat, als er seinen Leib und sein Blut unter den Gestalten von Brot und Wein darbrachte und den Aposteln zum Essen und Trinken reichte und ihnen den Auftrag gab, dieses Mysterium fortdauern zu lassen.“ Die „Konsekration“ verschwindet somit im „Einsetzungsbericht“, bei welchem durch „die Worte und Handlungen Christi“ das „Opfer vollzogen“ wird. Konsekration und „Einsetzungsbericht“ sind jedoch sehr verschiedene Dinge. Den „Einsetzungsbericht“ verliest der Priester etwa am Gründonnerstag im Evangelium, wo über das Letzte Abendmahl berichtet wird. Durch die Verlesung dieses „Einsetzungsberichtes“ geschieht aber keine Wandlung und daher auch kein Meßopfer, auch wenn er die „Worte und Handlungen Christi“ enthält. Erst wenn der Priester selbst „in persona Christi“ handelt und eben das tut, was der Heiland damals getan hat, nämlich Brot und Wein durch die Wandlungsworte in Christi Fleisch und Blut verwandeln, vollzieht sich auf dem Altar das Opfer. Die Konsekration ist eine Handlung, eine Aktion, nicht ein verlesener Bericht. Deshalb heißt es im wahren Meßbuch „infra actionem“. Genau hier liegt eines der großen Probleme des „Novus Ordo“. Dank der Ersetzung der Konsekration durch einen „Einsetzungsbericht“ geschieht keine Wandlung und kein Opfer mehr. Wenn die Herren „Konzelebranten“ um den Druidenstein herumstehen und in verteilten Rollen einen „Einsetzungsbericht“ verlesen, wird keine Konsekration vollzogen, selbst wenn sie sich für die „Herrenworte“ zum Chor vereinen und dazu ihre Hände erheben oder ausstrecken. Die Kardinäle Ottaviani und Bacci schreiben aus diesem Grund noch etwas vorsichtig in ihrer „Kurzen Kritischen Untersuchung des neuen ‘Ordo Missae’“: „Die Wandlungsworte, wie sie in den Kontext des Novus Ordo eingefügt sind, können gültig sein kraft der Intention des Priesters. Sie können auch ungültig sein, weil sie nicht mehr gültig sind ex vi verborum (aus der Kraft der Worte) oder genauer kraft des ‘modus significandi’, den sie bis jetzt in der Messe hatten. Werden die Priester, die die traditionelle Ausbildung nicht mehr erhalten haben (was in nächster Zeit der Fall sein wird) und sich, um ‘das zu tun, was die Kirche tut’, auf den Novus Ordo verlassen, gültig konsekrieren? Man darf daran zweifeln.“
„e) Die Anamnese: Durch sie begeht die Kirche das Gedächtnis Christi selbst, indem sie das Gebot erfüllt, das sie von Christus, dem Herrn, durch die Apostel empfangen hat. Sie gedenkt dabei vor allem seines heiligen Leidens, seiner glorreichen Auferstehung und seiner Himmelfahrt.“ Der „Novus Ordo“ ist ja wesentlich Gedächtnisfeier. Durch dieses „Gedächtnis“ wird das Ereignis vom Letzten Abendmal mystisch gegenwärtig und „verleiblichen“ sich die Gestalten von Brot und Wein.
„f) Die Darbringung: Darin bringt die Kirche, und zwar besonders als hier und jetzt versammelte, bei der Begehung dieses Gedächtnisses im Heiligen Geist die makellose Opfergabe dem Vater dar. Die Kirche wünscht, dass die Gläubigen nicht nur die makellose Opfergabe darbringen, sondern auch lernen, sich selbst darzubringen, und dass sie so von Tag zu Tag durch Christus, den Mittler, vollendet werden zur Einheit mit Gott und untereinander, damit Gott schließlich alles in allem sei.“ Die eigentliche „Darbringung“ geschieht also wieder durch „die Kirche, und zwar besonders als hier und jetzt versammelte“, sprich die konkrete „Gemeinde“ mittels des „Gedächtnisses“. Ziel ist die „Einheit mit Gott und untereinander“. Das entspricht der Idee von der Kirche als Ursakrament der Einheit des Menschengeschlechtes „mit Gott und untereinander“.
„g) Die Interzessionen: Durch sie kommt zum Ausdruck, dass die Eucharistie in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche, der himmlischen wie der irdischen, gefeiert wird und dass die Darbringung für sie und alle ihre Glieder geschieht, die Lebenden und Verstorbenen, die alle zur Teilnahme an der Erlösung und dem durch Christi Leib und Blut erworbenen Heil berufen sind.“ Zur „Teilnahme an der Erlösung und dem durch Christi Leib und Blut erworbenen Heil berufen“ sind ja an sich nicht nur die Glieder der Kirche, sondern alle Menschen. Die Christen sind dieser Erlösung vielmehr bereits teilhaftig geworden und erwarten nur noch deren Vollendung in der ewigen Seligkeit. Hier scheint vielmehr die Idee der „Menschheitskirche“ im Hintergrund zu stehen.
„h) Die Schlussdoxologie: Darin findet die Verherrlichung Gottes ihren Ausdruck; sie wird durch den Ruf Amen seitens des Volkes bekräftigt und abgeschlossen.“ Wiederum scheint es das „Volk“ zu sein, das Gott verherrlicht.
Das „Eucharistische Hochgebet“ beginnt also seinerseits mit der Präfation. Die Zahl der Präfationen wurde zu diesem Zweck erheblich erweitert. Finden sich im „Schott Meßbuch“ von 1938 noch 15 Präfationen auf 9 Seiten, so sind es im „Schott“ aus dem Jahr 1983 gute 80 Präfationen auf 35 Seiten. Allein für die Adventszeit existieren nun nicht weniger als 5 Präfationen, für die Weihnachtszeit drei, für jeden Fastensonntag eine eigene und zusätzlich eine für die Fastenzeit, den Palmsonntag und zwei für das „Leiden des Herrn“. Die Osterzeit kennt fünf Präfationen, Christi Himmelfahrt zwei und ebenso der Heilige Geist. Acht Präfationen gibt es für die „Sonntage im Jahreskreis“, zwei für die Eucharistie, zwei für Maria, dazu noch jeweils eine eigene für „Darstellung des Herrn“ (2. Februar) und „Aufnahme Mariens“ (15. August). Zwei Kirchweih-Präfationen, fünf bei den Messen für Verstorbene und drei für die Wochentage ergänzen das Angebot. Und diese 80 sind noch längst nicht alle Präfationen, die es gibt, denken wir nur an die Vielzahl für sog. „Kindermessen“. Daß es so manchem geistlichen Herrn bei einer solchen Überfülle an Auswahl schwindlig wird und er zur Unterstützung eines eigenen, meist von Damen dominierten, „Liturgie-Ausschusses“ seines „Pfarrgemeinderats“ bedarf – der meist noch kreativ seine eignen Präfationen hervorbringt –, kann man ihm nicht verdenken. Das Sanctus kann deutsch oder lateinisch gebetet werden oder „durch ein Lied ersetzt“.
Der verfälschte Meßkanon
Nun stehen dem Zelebranten standardmäßig vier „Hochgebete“ zur Auswahl – es gibt aber bei Bedarf auch noch mehr, die freilich nicht im römischen Meßbuch stehen. Das erste „Hochgebet“ nennt sich „Der römische Meß-Kanon“. Wie der Name schon sagt, ist es dem römischen Meßkanon nachempfunden, entspricht aber nicht diesem, sondern dessen Entstellung im 1967er „Kanon Deutsch Latein“, den wir bereits kennengelernt haben, mit all seinen Defiziten, die wir hier kurz wiederholen. Der wahre Kanon wird still gebetet, als „Stillmesse“, weil in ihm der Priester alleine eintritt in jenes gewaltige göttliche Mysterium wie einst Moses in die Wolke auf dem Berg Sinai oder der Hohepriester des Alten Bundes, der einmal im Jahr allein das Allerheiligste des Tempels betrat. Noch heute wird in den östlichen Liturgien an dieser Stelle die Ikonostase geschlossen. Natürlich hat daher auch die „Volkssprache“ im Kanon nichts verloren; denn hier wird nicht zum Volk gesprochen, sondern zu Gott, und nicht vom Volk, sondern vom geweihten Priester „in persona Christi“. Der Kanon ist angefüllt mit Gesten und Handlungen der Ehrfurcht und Heiligkeit wie Verneigungen, Kreuzzeichen, Kniebeugen, Altarkuß, die zum größten Teil getilgt worden sind, wie wir bereits gesehen haben. Zur Wandlung stützt sich der Priester im Kanon auf den Altar, da dieser der Opferstein ist, der Berg Golgotha, auf welchem das Opfer dargebracht wird, nicht mehr so im neuen „Kanon“, bei dem er Hostie und Kelch frei in die Luft hält. Kurzum, dieser „Kanon“ ist nicht mehr die Opferhandlung unserer heiligen Kirche, er ist nur ein sinnentleertes Museumsstück oder, schlimmer noch, eine ohne Sinn und Verständnis modernisierte Antiquität. Man hat ihn so stillos modernisiert wie manche alte Kirchenbauten und ihm dabei Geist und Wirkung vollständig ausgetrieben. Was früher ein heiliges, in atemloser Stille sich vollziehendes, geheimnisvolles Geschehen war, wird nun zum mehr oder weniger salbungsvollen Vortrag über Mikrophon.
Natürlich durften eine gewisse Vereinfachung, Neuordnung und zusätzliche Wahlmöglichkeiten nicht fehlen. So beginnt der wahre römische Meßkanon mit dem „Te igitur“ wie folgt: „Te igitur, clementissime Pater, per Jesum Christum, Filium tuum, Dominum nostrum, supplices rogamus, ac petimus, uti accepta habeas et benedicas, haec dona, haec munera, haec sancta sacrificia illibata, ... - Dich, gütiger Vater, bitten wir demütig und flehen zu Dir durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unsern Herrn: nimm wohlgefällig an und segne diese Gaben, diese Geschenke, diese heiligen, makellosen Opfergaben.“ Dabei wurde ein dreifaches Kreuzzeichen über diese Gaben geschlagen. Nunmehr heißt die Stelle so: „Dich, gütiger Vater, bitten wir durch deinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus: Nimm diese heiligen, makellosen Opfergaben an und segne sie.“ Ein Kreuzzeichen genügt dazu und ist auch schon genug für den ganzen Rest des „Kanon“. Das ist der „Glanz edler Einfachheit“. Kein demütiges und eindringliches Flehen mehr um „wohlgefällige“ Annahme, sondern ein schlichtes „Bitten“, Gott wird’s schon machen, kein dreifach ehrfürchtiges staunendes Stammeln mehr über „diese Gaben, diese Geschenke, diese heiligen, makellosen Opfergaben“, ein nüchternes Erwähnen des letzten Ausdrucks tut es auch.
Der römische Kanon fährt im selben Gebet fort: „...in primis, quae tibi offerimus pro Ecclesia tua sancta catholica: quam pacificare, custodire, adunare et regere digneris toto orbe terrarum: una cum famulo tuo Papa Nostro N. et Antistite nostro N. et omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus. - Wir bringen sie Dir dar vor allem für Deine heilige katholische Kirche: schenke ihr den Frieden auf dem ganzen Erdkreis; behüte, einige und leite sie huldvoll, samt Deinem Diener, unserem Papst N., unserem Bischof N., allen Rechtgläubigen und allen, die den katholischen und apostolischen Glauben fördern.“ In der neuen Version stellt diese Passage bereits den nächsten Abschnitt des „Hochgebets“ dar und lautet wie folgt: „Wir bringen sie dar [Wem? Das wird schon nicht mehr gesagt.] vor allem für deine heilige katholische Kirche in Gemeinschaft mit deinem Diener, unserem Papst N., mit unserem Bischof N. und mit allen, die Sorge tragen für den rechten, katholischen und apostolischen Glauben. Schenke deiner Kirche Frieden und Einheit, behüte und leite sie auf der ganzen Erde.“ Wie wir sehen, sind die „Rechtgläubigen“ hier verschwunden bzw. wurden zu denen geschlagen, die „Sorge tragen“ für den Glauben, dafür wird aber die „Gemeinschaft mit deinem Diener, unserem Papst“ und „mit unserem Bischof“ betont. Natürlich, die „Neue Messe“ ist ja in erster Linie Gemeinschaftsfeier, Ausdruck der Gemeinschaft und ihr Wirkmittel, muß also in der Gemeinschaft der jeweiligen Teilkirche gefeiert werden und dann auch der Gesamtkirche, um überhaupt gültig zu sein (so sehen es jedenfalls einige modernistische Theologen). Hier liegt auch ein ökumenistischer Ansatz zur „Ecclesia“ aus den vielen „ecclesiae nach Ratzingers Theologie. Indem jeder in seiner Teilkirche, seiner kleinen „ecclesia“, die „Messe oder Versammlung“ feiert, entsteht die große Gemeinschaft der Gesamtkirche, der „Ecclesia“. Durch die Umstellung im Text wird außerdem der Sinn verändert. Wir bitten nämlich zunächst Gott um Frieden für seine Kirche auf dem ganzen Erdkreis, beten sodann um Sein fortgesetztes Wirken in ihr, daß Er sie nämlich „behüte, einige“ und „huldvoll“ leite. Gott ist es, der die Kirche behütet, Er ist es, der in ihr ihre Einheit wirkt, Er ist ihr eigentlicher Leiter. Aber Er bedient sich dazu der kirchlichen Hierarchie, des Papstes vor allem, dann des Bischofs, welche die Kanäle Seiner Gnaden sind, aber auch aller Rechtgläubigen und derer, die den wahren Glauben fördern, was z.B. und vor allem Staatsoberhäupter sein können. Dieses Wirken Gottes in Seiner Kirche wird im „Novus Ordo“ zu einem Sorgen Gottes für die Kirche. Damit wird eine neue Ekklesiologie sichtbar, Gott handelt der Kirche gegenüber nicht mehr innerlich, sondern äußerlich.
Das „Gedächtnis der Heiligen“, früher „Communicantes“, sieht nun mindestens 16 verschiedene Einleitungen vor, früher gab es nur besondere Einleitungen für die Hochfeste Weihnachten, Epiphanie, Ostern, Christi Himmelfahrt und Pfingsten mit ihren jeweiligen Oktaven. Eingefügt ist der heilige Joseph (wie bereits in den „Büchern Johannes' XXIII.“), getilgt wurden die Verdienste der Heiligen und durch ihr „heiliges Leben und Sterben“ ersetzt: „quorum meritis precibusque concedas, ut in omnibus protectionis tuae muniamur auxilio. - Ob ihrer Verdienste und Fürbitten gewähre uns in allem hilfreich Deinen Schutz und Beistand“, hieß es früher, „blicke auf ihr heiliges Leben und Sterben und gewähre uns auf ihre Fürsprache in allem deine Hilfe und deinen Schutz“, heißt es nun. Da dürfte wohl auf die protestantische Sichtweise Rücksicht genommen worden sein, wonach es ja keine Verdienste der Heiligen gibt. Das Gebet „Hanc igitur“, die „Bitte um Annahme der Opfergaben“, wurde zu einem Gebet „für die Ortsgemeinde“, was den Sinn völlig verändert, im Text selber allerdings wenig modifiziert, außer daß aus der „ewigen Verdammnis“, vor welcher uns Gott bewahren möge, das „ewige Verderben“ wurde.
Größere Veränderungen gab es bei der „Bitte um Verwandlung der Opfergaben“, die nun eine „Bitte um Heiligung der Gaben“ ist. „Heiligung“ ist ja nun etwas anderes als „Verwandlung“. „Heiligung“ geschieht beispielsweise auch durch Weihe von Gegenständen oder Personen, aber doch nicht ihre Wesensverwandlung! Zugleich soll die „Bitte um Heiligung“ wohl die „Epiklese“ ersetzen, die ja laut Vorgaben zum „Eucharistischen Hochgebet“ gehört. Im römischen Meßkanon fehlt diese, weil die Anrufung des Heiligen Geistes bereits bei der Opferung erfolgte, und muß daher nun irgendwie erzeugt werden. Entsprechend wurde der Text angepaßt. In der Version des wahren römischen Kanons lautet er: „Quam oblationem tu, Deus, in omnibus, quæsumus, benedictam, adscriptam, ratam, rationabilem, acceptabilemque facere digneris: ut nobis Corpus et Sanguis fiat dilectissimi Filii tui, Domini nostri Jesu Christi. - Diese Opfergabe mache Du, o Gott, wir bitten Dich, huldvoll in jeder Hinsicht zu einer gesegneten, (bei Dir) eingetragenen, gültigen, geistigen und genehmen, damit sie uns werde Leib und Blut Deines vielgeliebten Sohnes, unsres Herrn Jesus Christus.“ Dabei machte der Priester fünf Kreuzzeichen, drei über die gesamte Opfergabe und je eines über Hostie und Kelch. Nunmehr heißt es schlicht: „Schenke, o Gott, diesen Gaben Segen in Fülle und nimm sie zu eigen an. Mache sie uns zum wahren Opfer im Geiste, das dir wohlgefällt: zum Leib und Blut deines geliebten Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus.“ Hier werden offensichtlich Brot und Wein als die Opfergaben angesehen, ganz gemäß den Texten der „Gabenbereitung“, die Gott segnen und annehmen möge, um uns daraus ein „wahres Opfer im Geiste“ zu machen, „das dir wohlgefällt: zum Leib und Blut deines geliebten Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus“ - wie immer man sich das vorstellen mag. Ob das Opfer bei Gott eingetragen und gültig ist, spielt dann auch keine Rolle mehr und kann getrost wegfallen. Hingegen haben wir bereits im Zusammenhang mit der Opferung gesehen, daß die Opfergabe bei der wahren Messe von Anfang an nichts anderes ist als Unser Herr Jesus Christus, Sein Fleisch und Sein Blut, deren Annahme zu unserem Heil in der folgenden Wandlung wir an dieser Stelle erflehen.
Einsetzungsbericht statt Konsekration
Es folgt nun der „Einsetzungsbericht“, der früher einmal die Wandlung war. Entsprechend finden sich im römischen Kanon die Wandlungsworte, und diese allein, stets hervorgehoben, während nun im „Ersten Eucharistischen Hochgebet“ der gesamte „Bericht“ hervorgehoben wird, also beginnend von „Am Abend vor seinem Leiden...“ bis „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Es lohnt sich auch, die übrigen Unterschiede zu betrachten. Im wahren Meßkanon heißt es bei der Wandlung der Hostie: „Qui pridie quam pateretur, accepit panem in sanctas ac venerabiles manus suas, et elevatis oculis in cælum ad te Deum, Patrem suum omnipotentem, tibi gratias agens, benedixit, fregit deditque discipulis suis, dicens: Accipite, et manducate ex hoc omnes. HOC EST ENIM CORPUS MEUM. - Er nahm am Abend vor Seinem Leiden Brot in Seine heiligen und ehrwürdigen Hände, erhob die Augen zum Himmel zu Dir, Gott, Seinem allmächtigen Vater, sagte Dir Dank, segnete es, brach es und gab es Seinen Jüngern mit den Worten: Nehmet hin und esset alle davon: DAS IST MEIN LEIB.“ Nunmehr lesen wir: „Am Abend vor seinem Leiden nahm er das Brot in seine heiligen und ehrwürdigen Hände, erhob die Augen zum Himmel, zu dir, seinem Vater, dem allmächtigen Gott, sagte dir Lob und Dank, brach das Brot, reichte es seinen Jüngern und sprach: Nehmet und esset alle davon: Das ist mein Leib, der für euch hingegen wird.“
Wie wir sehen, ist der Segen samt dem zugehörigen Kreuzzeichen weggefallen, dafür wurde aus der Danksagung „Lob und Dank“ - natürlich, denn es ist ja laut Ratzinger das jüdische „Preis- und Segensgebet“. Zweimal wird „das Brot“ betont, ist es doch die „Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit“, und die eigentlichen Wandlungsworte wurden schriftgemäß ergänzt: „der für euch hingegeben wird“. Schließlich sind es ja keine Wandlungsworte mehr, sondern die „Herrenworte“ oder „Einsetzungsworte“ aus der Hl. Schrift. Im wahren Meßkanon vollzieht der Priester das, was er spricht. Bei den Worten „accepit panem“ nimmt er tatsächlich die Hostie in die Hand, bei „elevatis oculis“ hebt er die Augen zum Himmel, er neigt zum Dank das Haupt bei „tibi gratias agens“ und schlägt das Segenskreuz über die Hostie bei dem Wort „benedixit“. Nur das „fregit deditque“ ist auf die spätere Kommunion verschoben. D.h. der Priester erzählt hier also nicht einfach, was Christus getan hat, sondern er tut es selbst, er handelt eben „in persona Christi“. Im „Eucharistischen Hochgebet“ fällt das weg. Hier wird nur noch vorgelesen, nichts mehr getan.
Ähnlich erging es auch dem „Kelchwort“. Im römischen Kanon betet der Priester: „Simili modo postquam cœnatum est, accipiens et hunc præclarum Calicem in sanctas ac venerabiles manus suas: item tibi gratias agens, benedixit, deditque discipulis suis, dicens: Accipite, et bibite ex eo omnes. HIC EST ENIM CALIX SANGUINIS MEI, NOVI ET ÆTERNI TESTAMENTI: MYSTERIUM FIDEI: QUI PRO VOBIS ET PRO MULTIS EFFUNDETUR IN REMISSIONEM PECCATORUM. Hæc quotiescumque feceritis, in mei memoriam facietis. - In gleicher Weise nahm Er nach dem Mahle auch diesen wunderbaren Kelch in Seine heiligen und ehrwürdigen Hände, dankte Dir abermals, segnete ihn und gab ihn Seinen Jüngern mit den Worten: Nehmet hin und trinket alle daraus: DAS IST DER KELCH MEINES BLUTES, DES NEUEN UND EWIGEN BUNDES – GEHEIMNIS DES GLAUBENS –, DAS FÜR EUCH UND FÜR VIELE VERGOSSEN WIRD ZUR VERGEBUNG DER SÜNDEN. Tuet dies, so oft ihr es tut, zu Meinem Gedächtnis.“ Neuerdings heißt es so: „Ebenso nahm er nach dem Mahl diesen erhabenen Kelch in seine heiligen und ehrwürdigen Hände, sagte dir Lob und Dank, reichte den Kelch seinen Jüngern und sprach: Nehmet und trinket alle daraus: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Abermals wurde also der Segen samt Kreuzzeichen und alle Handlungen des Priesters entfernt, dafür das „Lob“ zum Dank gefügt und die Worte ein wenig umgestellt, vor allem aber wurde das „Geheimnis des Glaubens“ ausgeblendet und auf später verschoben (wozu wir gleich kommen werden) und die bewußte Falschübersetzung des „pro multis“ mit „für alle“ frech vorgenommen. Diese falsche Übersetzung, die trotz der vor nicht allzu langer Zeit erfolgten Anmahnung des Vatikans zur Korrektur nach wie vor in deutschen Landen überall in Gebrauch ist, verfälscht die Worte Christi und den Sinn des ganzen Geschehens. Hätte Unser Herr Jesus Christus „für alle“ gemeint, dann hätte Er auch „für alle“ gesagt. Er hat aber bewußt „für viele“ verwendet, weil es in der Heiligen Messe nicht um das Verdienen der Erlösungsfrüchte geht, die der Heiland freilich für alle erworben hat, sondern um ihre Zuwendung, und diese setzt voraus, daß die Seele durch Glaube und Liebe mit Unserem Herrn Jesus Christus verbunden ist, was keineswegs bei „allen“, sondern leider nur bei vielen der Fall ist. Oder wissen es unsere Herren Neu-Liturgiker besser als Unser Herr Jesus Christus? Tatsächlich ist diese Fälschung so gravierend, daß sie allein genügt hätte, die Gültigkeit einer so gefeierten Messe in Frage zu stellen.
Auffallend ist auch die Auslassung der Worte „so oft ihr es tut“ in der Mahnung zum Gedächtnis des Herrn. Bekanntlich hat das Konzil von Trient festgestellt, daß der Heiland mit diesen Worten die Apostel zu Priestern geweiht hat. „So oft ihr dies tut“, so oft ihr also eure priesterliche Vollmacht ausübt und das Meßopfer feiert, so will der Heiland sagen, „tut dies zu meinem Gedächtnis“. „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ hingegen kann im Sinne einer schlichten Gedächtnisfeier verstanden werden, so wie man auch den Jahrtag der Landung der Alliierten in der Normandie und ähnliches feiert, und soll wohl auch das meinen. Nicht mehr das „Tun“, also das Feiern der Hl. Messe durch Vollzug der Wandlung, sondern das „Gedächtnis“ steht hier im Vordergrund. Wie sagte es Ratzinger so schön: Wir treten ein in die „Stunde Jesu“, in „sie treten wir ein durch das Wort der heiligen Macht der Verwandlung, die durch das Preisgebet geschieht, das uns in die Kontinuität mit Israel und der ganzen Heilsgeschichte Gottes stellt und uns zugleich das Neue schenkt, auf das dieses Gebet von innen her wartete“.
Die Worte „mysterium fidei – Geheimnis des Glaubens“ hat die Kirche nicht umsonst in die Wandlungsworte selbst aufgenommen. Sie sind eine uralte Tradition, wahrscheinlich sogar älter als die „Einsetzungsworte“ der Heiligen Schrift. Denn hier, bei der Wandlung des Weines in das Kostbare Blut Unseres Herrn Jesus Christus, vollzieht sich das Geheimnis des Glaubens, nun ist der Gottmensch wahrhaft, mit Leib und Blut, unter den Gestalten von Brot und Wein auf dem Altar gegenwärtig, erneuert Er unsichtbar Sein Kreuzesopfer und vergießt mystisch Sein Kostbares Blut zu unserem Heil. Werden diese Worte herausgenommen und hinter den „Einsetzungsbericht“ gesetzt, so ergeben sie einen ganz neuen Sinn. Sie machen aus dem ganzen „Gedächtnis“ ein Mysterium, das „Pascha-Mysterium“ eben, bei welchem in unserer Gemeinschaftsfeier zum Andenken an das Geschehen beim Letzten Abendmahl Jesus Christus auf geheimnisvolle, geistige Weise gegenwärtig wird. Darum folgt nun auch der neu ersonnene und eingefügte, im römischen Meßkanon nie vorhanden gewesene, „Zuruf der Gemeinde“: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ Schon mancher Liturgiker hat darauf hingewiesen, wie widersinnig es sei, gerade in diesem Augenblick, da der Herr leibhaftig auf dem Altar gegenwärtig sein sollte, auf Seine Wiederkunft am Ende der Welt zu verweisen. Im Kontext der „Neuen Messe“ ergibt das einen Sinn. Wir halten eben durch diese Gedächtnisfeier das Andenken Jesu so lange lebendig, bis er „kommt in Herrlichkeit“.
Gedächtnis und Gemeinschaft
Im römischen Kanon erfolgt nun das Gedächtnis des Erlösungswerkes Christi: „Unde et memores, Domine, nos servi tui, sed et plebs tua sancta, ejusdem Christi Filii tui, Domini nostri, tam beatae passionis, nec non et ab inferis resurrectionis, sed et in caelos gloriosae ascensionis: offerimus praclarae majestati tuae de tuis donis ac datis, hostiam puram, hostiam sanctam, hostiam immaculatam, Panem sanctum vitae aeternae, et Calicem salutis perpetuae. - Daher sind wir denn eingedenk, Herr, wir, Deine Diener, aber auch Dein heiliges Volk, des heilbringenden Leidens, der Auferstehung von den Toten und der glorreichen Himmelfahrt Deines Sohnes, unsres Herrn Jesus Christus, und bringen so Deiner erhabenen Majestät von Deinen Geschenken und Gaben ein reines Opfer dar, ein heiliges Opfer, ein makelloses Opfer: das heilige Brot des Lebens und den Kelch des immerwährenden Heiles.“ Im „Eucharistischen Hochgebet“ des „NOM“ liest es sich so: „Darum, gütiger Vater, feiern wir, deine Diener und dein heiliges Volk, das Gedächtnis deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus. Wir verkünden sein heilbringendes Leiden, seine Auferstehung von den Toten und seine glorreiche Himmelfahrt. So bringen wir aus den Gaben, die du uns geschenkt hast, dir, dem erhabenen Gott, die reine, heilige und makellose Opfergabe dar: das Brot des Lebens und den Kelch des ewigen Heiles.“
Im römischen Kanon wird an dieser Stelle des Erlösungswerkes unseres Heilands gedacht, das sich eben am Altar wiederholt hat, denn dort hat sich das Kreuzesopfer Christi erneuert, weshalb in diesem Gebet dreimal das Wort „Opfer“ vorkommt. Zugleich befindet Er sich nun als der Auferstandene und in den Himmel Aufgefahrene in den heiligen Gestalten auf dem Altar, sodaß wir in diesen Ihn und Sein gesamtes Erlösungswerk dem himmlischen Vater aufopfern können, was feierlich mit fünf Kreuzzeichen geschieht. Im „Novus Ordo“ gedenken wir nicht dessen, was soeben geschehen ist, sondern „feiern“ ein „Gedächtnis“ und „verkünden“ den Tod Jesu, Seine Auferstehung und Himmelfahrt, bis er kommt „in Herrlichkeit“. Und indem wir das tun, bringen wir Gott ein Lobopfer dar, natürlich ohne lästige und übertriebene Kreuzzeichen. Deshalb ist auch nicht mehr dreimal vom Opfer die Rede, sondern nur einmal von der „Opfergabe“. Und eine solche „Opfergabe“, so geht aus der anschließend einigermaßen unverändert übernommenen „Bitte um Annahme“ hervor, haben wohl auch Abel, Abraham und Melchisedech dargebracht, deren Opfer hier als die Vorbilder des heiligen Meßopfers aufgeführt werden. Doch es ist etwas anderes, ob man an das denkt, was tatsächlich gerade auf dem Altar geschieht, wenn auch unsichtbar als „Geheimnis des Glaubens“, oder ob man sich an etwas erinnert, was vor 2000 Jahren einmal im Abendmahlsaal geschehen ist. Ersteres ist die Art, wie die Kirche im römischen Kanon das Gedächtnis des Erlösungswerks Christi feiert, zweiteres die „Gedächntisfeier“ des „Novus ordo“.
Das folgende Gebet des römischen Kanon beginnt mit einer tiefen Verneigung des Priesters über dem Altar und den Worten: „Supplices te rogamus, omnipotens Deus – Demütig bitten wir Dich, allmächtiger Gott“. Verneigung und Demut sind im „Eucharistischen Hochgebet“ gestrichen: „Wir bitten dich, allmächtiger Gott“, heißt es dort schlicht im „Glanz edler Einfachheit“. Im Meßkanon fährt das Gebet fort: „jube haec perferri per manus sancti Angeli tui in sublime altare tuum, in conspectu divinae majestatis tuae: ut, quotquot ex hac altaris participatione sacrosanctum Filii tui Corpus, et Sanguinem sumpserimus, omni benedictione caelesti et gratia repleamur. Per eundem Christum... - Dein heiliger Engel möge dieses Opfer zu Deinem himmlischen Altar emportragen vor das Angesicht Deiner göttlichen Majestät. Laß uns alle, die wir gemeinsam von diesem Altare das hochheilige Fleisch und Blut Deines Sohnes empfangen, mit allem Gnadensegen des Himmels erfüllt werden. Durch Christus...“ Im „Novus Ordo“: „Dein heiliger Engel trage diese Opfergabe auf deinen himmlischen Altar vor deine göttliche Herrlichkeit; und wenn wir durch die Teilnahme am Altar den heiligen Leib und das Blut deines Sohnes empfangen, erfülle uns mit aller Gnade und allem Segen des Himmels.“ Das eine Mal ist von der Gemeinschaft der Heiligen die Rede, welche alle „gemeinsam von diesem Altare das hochheilige Fleisch und Blut Deines Sohnes empfangen“, womit die geistige Kommunion gemeint ist, welche uns „mit allem Gnadensegen des Himmels erfüllt“. Das andere Mal ist von jenen die Rede, die zur Kommunion gehen, und dann, „wenn“ sie „durch die Teilnahme am Altar den heiligen Leib und das Blut deines Sohnes empfangen“, „mit aller Gnade und allem Segen des Himmels“ erfüllt werden sollen. Hier geschieht also die Gemeinschaft durch gemeinsame sakramentale Kommunion, „Mahlfeier“ eben. Abermals bemerken wir, daß das „Opfer“ des Kanon durch die „Opfergabe“ ersetzt worden ist, das Opfer von Leib und Blut Unseres Herrn Jesus Christus durch die „Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit“.
Beim nun folgenden Gedächtnis der Toten fällt vor allem auf, daß die zweifache Anrufung des Herrn und die Schlußformel „Durch Christus, unsern Herrn“ gestrichen sind. So lautet das Original: „Memento etiam, Domine, famulorum famularumque tuarum N. et N., qui nos praecesserunt cum signo fidei, et dormiunt in somno pacis. Ipsis, Domine, et omnibus in Christo quiescentibus locum refrigerii, lucis et pacis ut indulgeas, deprecamur. Per eundem Christum, Dominum nostrum. Amen. - Herr, gedenke auch deiner Diener und Dienerinnen N. und N., die uns mit dem Zeichen des Glaubens vorangegangen und im Frieden entschlafen sind. Wir flehen Dich an, Herr: gewähre ihnen und allen, die in Christus ruhen, in Deiner Milde den Ort der Erquickung, des Lichtes und des Friedens. Durch denselben Christus, unsern Herrn. Amen.“ Nunmehr heißt es: „Gedenke auch deiner Diener und Dienerinnen, die uns vorangegangen sind, bezeichnet mit dem Siegel des Glaubens, und die nun ruhen in Frieden. Wir bitten dich: Führe sie und alle, die in Christus entschlafen sind, in das Land der Verheißung, des Lichtes und des Friedens.“ Dreimal wird der Herr – Dominus – in diesem Gebet ursprünglich genannt, nicht ein einziges Mal in der „Novus Ordo“-Abwandlung. Die vom Priester still zu nennenden Namen der Verstorbenen „N. und N.“ werden schlicht durch ein „stilles Gedenken“ ersetzt, das wohl ganz allgemein bleiben darf.
Das anschließende Gebet „Nobis quoque“ ist einigermaßen unverändert beibehalten worden, nur entfällt natürlich die kurze Erhebung der Stimme des Priesters – denn er spricht ja ohnehin alles laut und zumeist ins Mikrophon – sowie das Schlagen an die Brust. Der feierliche Lobpreis zum Abschluß des Kanon enthielt allein acht Kreuzzeichen. Drei wurden über die heiligen Opfergaben geschlagen bei dem Gebet „Per quem haec omnia“, jeweils zu den Worten „sanctificas, vivificas, benedicis – heiligest, belebst, segnest“: „Per quem haec omnia, Domine, semper bona creas, sanctificas, vivificas, benedicis et praestas nobis. - Durch Ihn erschaffst Du, Herr, immerfort all diese Gaben, heiligest, belebst, segnest und gewährst sie uns.“ Sodann deckte der Priester den Kelch ab und machte mit der Hostie fünf Kreuzzeichen, drei über dem Kelch, zwei über dem Korporale, um danach Kelch und Hostie zusammen zur „kleinen Elevation“ zu erheben. Dabei betet er: „Per ipsum, et cum ipso, et in ipso, est tibi, Deo Patri omnipotenti, in unitate Spiritus Sancti, omnis honor et gloria. - Durch Ihn und mit Ihm und in Ihm wird Dir, Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes, alle Ehre und Verherrlichung.“ Nachdem er die Opfergaben wieder aufs Korporale niedergelegt hat, macht er eine Kniebeuge, um dann laut den Abschluß zu beten oder zu singen: „Per omnia saecula saeculorum. - Von Ewigkeit zu Ewigkeit“, worauf die Gläubigen antworten: „Amen.“ In der „erneuerten“ Version entfallen sämtliche Kreuzzeichen sowie die Kniebeuge. Der Zelebrant hält Kelch und Hostie in der Luft und spricht oder singt dabei laut – allein oder mit den „Konzelebranten“ - das seither nur allzu bekannte: „Durch ihn und mit ihm und in ihm...“
Ungültige Nicht-Messen
Wir stellen zusammenfassend fest, daß die Veränderungen am Meßkanon ausgesprochen schwerwiegend sind, was umso mehr ins Gewicht fällt, als es sich hier um den Kern oder das Herzstück der ganzen Heiligen Messe handelt. Man hat den ursprünglichen heiligen römischen Meßkanon degradiert zu einem „Eucharistischen Hochgebet“ neben mehreren anderen, von Menschen gemachten. Man hat ihn vollständig seines geheimnisvollen und durch und durch sakralen Charakters beraubt. Mehr noch, man hat ihn zu einem „Preis- und Segensgebet“ umgeformt, in welchem nur noch das Gedächtnis des Letzten Abendmahls begangen wird und nicht mehr das Opfer von Golgotha. Darum wurde die Wandlung, das eigentliche Geschehen der Heiligen Messe – die jetzt nur noch ein Bestandteil der „Berakha“ ist, welche insgesamt jene eigentliche „grundlegende Verwandlung“ bewirkt „von Gewalt in Liebe“ – durch einen „Einsetzungsbericht“ ersetzt, die Handlung durch ein „Gedächtnis“, sogar die noch von der apostolischen Zeit her tradierten uralten und stets unangetastet gebliebenen Konsekrationsworte wurden verändert und verfälscht und sind nun „Einsetzungsworte“, „Herrenworte“ oder „Hingabeworte“.
Man kommt um die Einsicht nicht herum, daß in dieser „Messe“ – selbst bei Verwendung des sog. „römischen Kanon“, der in Wahrheit gar nicht mehr der römische Kanon ist – keine Wandlung oder Konsekration mehr stattfindet. Die „Messen“, die nach dem Meßbuch Pauls VI. gefeiert werden, sind keine wahren Messen, sie sind ungültig. Nur wenn ein Priester an der entscheidenden Stelle von diesem Meßbuch abweicht und etwa den römischen Meßkanon tatsächlich auf die Art und Weise betet, wie es all die Jahrhunderte hindurch geschehen ist, dazu noch die früheren Opferungsgebete, kann eine solche Messe gültig sein. Schon in der „Ottaviani-Intervention“ war dies, wie bereits erwähnt, vorsichtig angedeutet worden: „Die Wandlungsworte, wie sie in den Kontext des Novus Ordo eingefügt sind, können gültig sein kraft der Intention des Priesters. Sie können auch ungültig sein, weil sie nicht mehr gültig sind ex vi verborum (aus der Kraft der Worte) oder genauer kraft des ‘modus significandi’, den sie bis jetzt in der Messe hatten. Werden die Priester, die die traditionelle Ausbildung nicht mehr erhalten haben (was in nächster Zeit der Fall sein wird) und sich, um ‘das zu tun, was die Kirche tut’, auf den Novus Ordo verlassen, gültig konsekrieren? Man darf daran zweifeln.“ Wenn freilich die „Herrenworte“ „nicht mehr gültig sind ex vi verborum (aus der Kraft der Worte) oder genauer kraft des ‘modus significandi’, den sie bis jetzt in der Messe hatten“, dann „können“ sie nicht nur „ungültig sein“, sondern dann sind sie per se ungültig. Nur wenn aus den „Herrenworten“ wieder bewußt Konsekrationsworte, aus dem „Einsetzungsbericht“ wieder gezielt eine Wandlung gemacht wird, können sie gültig sein.
Darum nochmals unser Befund: Der „Novus Ordo“ Pauls VI. ist keine Heilige Messe mehr. Es kommt darin per se – außer durch bewußtes und ergänzendes eigenes Zutun des Priesters – keine Wandlung mehr zustande. Die „Novus Ordo-Messen“ sind an sich ungültige Nicht-Messen, Negation der Messe oder „Anti-Messen“.