Früher war es in „Traditionalisten“-Kreisen üblich, von der „alten Messe“ zu sprechen (im Gegensatz zur „Neuen“). Man nannte sie auch gerne die „Messe des hl. Pius V.“ oder die „tridentinische Messe“ (Messe des Konzils von Trient). Dann kam im Zuge von Ratzingers „Motu aller Proprios“ der Sprachgebrauch „außerordentliche Form“ oder „usus antiquior“ auf. Heute redet man gerne von der „Traditionellen Lateinischen Messe (TLM)“ oder dem „überlieferten römischen Ritus“, zunehmend aber auch einfach vom „römischen Ritus“.
Der römische Ritus
Die Messe, die wir Katholiken feiern, ist die römisch-katholische Heilige Messe nach dem Ritus der Päpste. Wir feiern sie gemäß dem „Missale Romanum, ex decreto Sacrosancti Concilii Tridentini restitutum, S. Pii V Pontificis Maximi jussu editum, aliorum Pontificum cura recognitum, a Pio X reformatum et Benedicti XV auctoritate vulgatum“. Das heißt nach dem römischen Meßbuch, wie es gemäß dem Dekret des Konzils von Trient wiederhergestellt, auf Anordnung des heiligen Papstes Pius V. herausgegeben, von weiteren Päpsten sorgfältig geprüft, von Pius X. reformiert und durch die Autorität Benedikts XV. verbreitet wurde.
Das ist der „römische Ritus“. Er ist römisch, weil er von Anfang an in Rom gefeiert wurde, weil er durch das Konzil von Trient in seiner Reinheit wieder hergestellt und der Sorge der Päpste anvertraut wurde (darum „tridentinisch“). Der heilige Pius V. (1566-1572) gab die erste „Editio typica“ heraus (darum „Messe des hl. Pius V.“), seine Nachfolger Klemens VIII. (1592-1605) und Urban VIII. (1632-1644) besorgten Neuausgaben derselben, um inzwischen eingerissenen Mißbräuchen und Änderungen zu steuern. Eine Reform des Missale, die vor allem durch die gewachsene Flut an Heiligenfesten notwendig geworden war, geschah durch den heiligen Papst Pius X. (daher auch bisweilen die Bezeichnung „Messe des hl. Pius X.“), das von ihm reformierte Missale wurde allerdings erst (durch den Tod Pius‘ X. und den Ersten Weltkrieg verzögert) durch seinen Nachfolger, Benedikt XV., am 25. Juli 1920 promulgiert. Die Ausgabe von Papst Benedikt XV. war die „Editio XXIV juxta Typicam Vaticanam“, also die 24. „Editio typica“. Das ist die „römische Messe“, wie sie noch unter Pius XII. gefeiert wurde und 1959 ihre 33. (und bisher letzte) Auflage erlebte.
Das römische Missale
„Das römische Missale ist das reife Ergebnis fast 1500jährigen Bildens und Versuchens“, schreibt Buchbergers „Lexikon für Theologie und Kirche (LThK)“ (7. Band, Freiburg i.Br. 1935, Sp. 214) – wobei das mit den „Versuchen“ („Experimenten“) wohl aus dem Vokabular der damals bereits weit verbreiteten „Liturgischen Bewegung“ hineingerutscht ist. In den ersten 1900 Jahre der Kirche hat man bestimmt keine „Versuche“ oder „Experimente“ mit der Liturgie gemacht. Doch weiter: „Ursprünglich waren nämlich bei der Messe, wenigstens der feierlichen, mehrere Bücher notwendig: das (gregorianische) Sakramentar mit den Gebetstexten, das Lektionar mit den Schriftlesungen, außerdem bedurfte man eines Buches (Graduale) für den Gesang. Erst im 9. Jahrhundert fing man namentlich unter Einwirkung der sich mehrenden stillen Privatmessen verschiedentlich an, diese Teilbücher zu einem Ganzen zu vereinigen, das man Missale plenarium (Vollmissale) oder einfach nur Missale nannte“ (Sp. 214-215). Interessanterweise hat man im 20. Jahrhundert infolge der „Liturgischen Bewegung“ und im Sinne der „tätigen Teilnahme der Gläubigen“ diese Entwicklung umgekehrt und die Bücher wieder getrennt; so gab es 1965 statt des einen „Vollmissale“ zwei Bücher: das Altarmeßbuch und das „Lektionar“.
Es gab ursprünglich mehrere solcher Missalien, doch spätestens seit „dem vorgeschrittenen 13. Jahrhundert wird namentlich durch die Franziskaner führend und europäisch das Missale der päpstlichen Kurie“ (Sp. 216). Durch Fehler beim Abschreiben – eine andere Art des Kopierens gab es noch nicht – schlichen sich immer wieder Abweichungen ein. „Erst die Buchdruckerkunst schuf hier durchgreifende Abhilfe“, und 1474 erfolgte der erste Druck des römischen Missale in Mailand. „Das Konzil von Trient (…) befaßte sich mit der Herausgabe eines auf Grund alter Handschriften verbesserten Missale und überließ die unfertigen Vorarbeiten seiner Kommission dem Papst“ (ebd.). „Im Sinn des Konzils setzte Pius IV 1564 eine Kommission zur Revision des Missale ein“, berichtet das „LThK“ von 1962 (7. Band). „Das Ergebnis war das Missale Romanum ex decreto SS. Concilii Tridentini restitutum, veröffentlicht durch die Bulle Quo primum Pius’ V vom 14.7.1570 (…). Dieses Missale entsprach praktisch der editio princeps von 1474, unter Hinzufügung der Rubricae generales Missalis und des Ritus servandus von J. Burckard; auch war es in Übereinstimmung gebracht mit dem 1568 veröffentlichen Brevier“ (Sp. 450). Dieses Missale ist somit wirklich „alt“ und hat eine lange Tradition, weshalb man es zu Recht „traditionell“ nennen kann.
Das „neue Missale“…
Die von „Johannes XXIII.“ herausgegebenen Bücher von 1962 bis 1965 trugen nur noch den Titel „Missale Romanum ex decreto SS. Concilii Tridentini restitutum Summorum Pontificum cura recogitum“. Die heiligen Päpste Pius V. und Pius X. werden nicht mehr eigens genannt. 1964 erschien davon die „Editio tertia iuxta typicam“, die dritte „Editio typica“, die sich offensichtlich nicht mehr auf die erste „Editio typica“ des heiligen Pius V., sondern auf die erste „Editio typica“ Roncallis von 1962 bezog, mit der somit eine neue Zählung begann. Man stellte sich bewußt nicht in die „alte Tradition“, sondern suchte offensichtlich einen Neuanfang.
Bekanntlich ging es dann Schlag auf Schlag weiter, gleich nach dem „II. Vatikanum“ kam das zweigeteilte und mehrsprachige „Übergangsmissale“, und schon 1970 erfolgte die Herausgabe des „Missale Romanum ex decreto Sacrosancti Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum auctoritate Pauli PP. VI promulgatum“. Mit der „Editio typica. Typis Polyglottis Vaticanis 1970“ startete abermals eine neue Zählung, der bereits 1975 eine „Editio typica altera“ folgte und im Jahr 2002 eine „Editio typica tertia (Ioannis Pauli PP. II cura recognitum)“. Auch dieses „Missale“ beansprucht, das „römische“ zu sein, allerdings nicht mehr „gemäß dem Dekret des heiligen Konzils von Trient wiederhergestellt“, sondern „gemäß einem Dekret des heiligen Ökumenischen II. Vatikanischen Konzils erneuert“ und „durch die Autorität von Papst Paul VI. promulgiert“. Die früheren Päpste werden überhaupt nicht mehr erwähnt, und das ist kein Zufall. Erst wieder „Papst Johannes Paul II.“ taucht bei der dritten „Editio typica“ auf, die er veranlaßt hat.
… der „neuen Kirche“
Die Geschichte des römischen Missale bestätigt den Befund, den wir bereits kennen: Mit dem „II. Vatikanum“ hat eine neue „Kirche“ begonnen, die sich bewußt von der „Tradition“ der „alten“ Kirche, d.h. von der römisch-katholischen Kirche absetzt und trennt. Sie ist eine schismatische und häretische „Kirche“, die natürlich auch ihre eigene „Messe“ und ihr eigenes „römisches Missale“ hat, die nicht mehr die der katholischen Kirche sind. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn sich nicht in Rom etwas geändert hätte und aus dem Rom der Päpste nicht das apostatische Rom geworden wäre, die „Buhlerin Babylon“, jenes Rom, das nach Aussage Unserer Lieben Frau von La Salette „den Glauben verloren“ hat und „Sitz des Antichristen“ geworden ist.
Daraus ergeben sich für uns klare Folgerungen. Wenn wir römisch-katholisch sind und deswegen am katholischen römischen Ritus festhalten, dann müssen wir zugleich den häretischen „römischen Ritus“ der schismatischen „Kirche“ und das apostatische Rom vollständig zurückweisen, dem dieser entstammt. Zwar hatte Erzbischof Lefebvre in seiner „Grundsatzerklärung“ von 1974 ebenfalls zwischen zwei verschiedenen „Roms“ unterschieden, doch hat er bis zum Ende seines Leben beide, das katholische und das apostatische Rom, in ein und demselben „Papst“ verortet, so als ob sie gewissermaßen nebeneinander unter demselben Haupt existierten und als ob der römische Papst, Fundament und Hüter des Glaubens, zugleich der Zerstörer des Glaubens sein könnte, und hat diese widersprüchliche (Irr-)Lehre seinen Anhängern als Dogma auferlegt. Darum kommen die „Traditionalisten“ bis heute aus ihrer Verwirrung und ihren Widersprüchen nicht heraus.
Konsequent römisch-katholisch
Wir Katholiken aber müssen klar und konsequent sein. Der Papst ist ganz katholisch oder er ist es nicht. Ein nur halb-katholischer Papst ist nicht ganz katholisch, also ist er nicht Papst. Der römische Ritus ist der Ritus des Papstes, also ist er ganz katholisch. Ein Ritus, der nicht ganz katholisch ist, ist nicht der Ritus des Papstes, und ein „Papst“, der so einen Ritus feiert oder anordnet, ist nicht der Papst. Es gibt weder einen „Hybrid-Papst“ noch einen römischen „Hybrid-Ritus“.
Wenn wir das apostatische Rom ablehnen, dann auch seine „Päpste“, denn der Papst ist Rom! Katholischer Papst, katholisches Rom – apostatischer „Papst“, apostatisches Rom. Wir Katholiken halten fest am römischen Ritus. Wir kennen keine „zwei Ausdrucksformen des römischen Ritus“. Wir halten fest am katholischen Rom und am katholischen Papst – auch wenn wir leider seit Pius XII. keinen solchen mehr haben. Wir lehnen es hingegen ab und haben es immer abgelehnt, dem apostatischen Rom des „II. Vatikanums“ mit seinen „konziliaren Päpsten“ und seinem „Novus Ordo“ zu folgen. Das ist nicht unser Rom. Wir aber sind römisch-katholisch und wollen es bleiben.