Das sehnsüchtig erwartete „Große Ereignis“, es hat endlich stattgefunden: „Kardinal“ Burke hat am Samstag ein „Pontifikalamt im überlieferten Lateinischen Ritus“ im Petersdom gefeiert. Gloria Victoria!
Begeisterung
Die Begeisterung der Tradis kannte keine Grenzen. „Zum ersten Mal“ seit 2019 (!) sei „am Kathedra Altar des Petersdoms eine sogenannte ‚Alte Messe‘ in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus gefeiert worden“, vermeldete „kath.net“ und wußte zu berichten, daß der „Andrang bei dem Gottesdienst“ „groß“ gewesen sei. „An der Messe nahmen Menschen jeden Alters und unterschiedlichster Nationalitäten teil. Viele Frauen bedeckten ihr Haar mit schwarzen oder weißen Spitzentüchern. Vor dem Gottesdienst waren die Priester, Ordensleute und Gläubigen in einer Prozession von der römischen Altstadt unter Gebeten und Gesängen zum Petersdom gezogen.“ Großes Theater auf jeden Fall, keine Frage!
Der unvermeidliche Professor de Mattei schwärmte auf „Rorate Caeli“: „Das Ereignis hatte eine Bedeutung – wenn auch nur symbolisch –, die weitaus größer ist, als man sich heute vorstellen kann, und seine Erinnerung verdient es, an die Historiker von morgen weitergegeben zu werden.“ Zweifellos ein Fanal von weltgeschichtlicher Bedeutung, wie einst die Schlacht von Waterloo! Ein weiterer Bericht auf „Rorate Caeli“ zählte „mehr als 115 Nationen“ und „viele Familien“, die bei jenem Spektakel zugegen waren. Eine genaue Zahl der Teilnehmer und Zuschauer wurde unseres Wissens nicht bekanntgegeben. (Laut „domradio.de“ sollen es „etwa 3.000 Menschen“ gewesen sein.)
Michaelsgebet
„Am Ende des Pontifikalamts“, vernehmen wir wieder bei „kath.net“ (a.a.O.), „sprach Kardinal Ernest Simoni das Gebet zum Heiligen Erzengel Michael.“ Gemäß einem Tradi-Boulevard-Organ handelte es sich dabei um „einen Exorzismus, die lange Version des Michaelsgebets“. „Der heute 97-Jährige“, informiert „kath.net“, „verbrachte während der sozialistischen Diktatur in Albanien 18 Jahre in Gefangenschaft und konnte auch nach seiner Freilassung 1981 nur im Geheimen als Priester tätig sein, bis die sozialistische Diktatur endlich endete.“
Nach Auskunft von „Wikipedia“ wurde Ernest Simoni Troshani am 18. Oktober 1928 in Albanien geboren und 1956 zum Priester geweiht. „Während der sozialistischen Diktatur in Albanien verbrachte er 18 Jahre in Gefangenschaft und konnte auch nach seiner Freilassung 1981 nur im Geheimen als Priester tätig sein. Hierüber berichtete er bei einer Vesper mit Papst Franziskus bei dessen Besuch in Albanien 2014“ (ebd.). Wahrscheinlich war Bergoglio dadurch so tief beeindruckt, daß er ihn am 19. November 2016 als „Kardinaldiakon“ in das „Kardinalskollegium“ aufnahm. „Von der Verpflichtung der Bischofsweihe wurde er dispensiert.“ Immerhin war er da schon 88 Jahre alt.
„Und der Teufel lachte“
Der aufrechte Louie Verrecchio kommentierte auf seinem Blog „AkaCatholic“ das welterschütternde Ereignis mit den Worten: „Kardinal Burkes TLM: Und der Teufel lachte.“ Launig und etwas respektlos bemerkte er: „Die TLM, die Kardinal Raymond Burke am Samstag in der Petersbasilika zelebrierte, versetzte die Kapitäne, Besatzungsmitglieder und Passagiere an Bord des Good Ship Tradipop in Freudentaumel. Alle Beteiligten scheinen jedoch nicht zu erkennen (oder wollen es nicht erkennen), daß ihr Schiff weit mehr mit der Titanic gemeinsam hat als mit der Barke des Heiligen Petrus.“ Am Samstag, erwähnt er, habe „Rorate Caeli“ in einem Beitrag einen der Organisatoren des Spektakels zitiert mit den Worten: „Die Erwartungen zu Beginn dieses Pontifikats und die Hoffnungen, die mit der einigenden Persönlichkeit von Leo XIV. verbunden sind, sind immens.“ Und nach dem vollzogenen Großereignis habe derselbe Blog seine Befriedigung geäußert: „Durch die Genehmigung der [TLM]-Messe im Petersdom hat [Leo XIV.] bereits der drastischsten Phase des liturgischen Krieges gegen den Vetus Ordo, der mit Traditionis Custodes begonnen hatte, ein Ende gesetzt.“
„Nefas“
Ja, so schnell sind die Tradis zufriedenzustellen. Eine „TLM“-Aufführung im Petersdom, und sie sind glücklich. Dabei, so erinnert Louie, sei bisher seitens des Vatikan nichts geschehen, um den „um die TLM gelegten Gürtel“ zu lockern. Weitaus schlimmer jedoch sei, daß „Kardinal“ Burke etwas begangen habe, was das kanonische Recht als „nefas“ bezeichne. Dieses lateinische Wort, erklärt Verrecchio, sei reserviert zur Bezeichnung von Akten, die schwere Verstöße gegen die göttliche und sittliche Ordnung bedeuten und als solche streng verboten sind. Im lateinischen Wörterbuch wird „nefas“ als „Frevel gegen Gott u. Religion“ definiert, sowie als „Verbrechen“ und „Greueltat“. Laut Duden bezeichnete der Ausdruck „in der römischen Antike das von den Göttern Verbotene“. Verrecchio bringt als Beispiel für ein „nefas“ aus dem Kirchenrecht den Bruch des Beichtsiegels.
Wie aber paßt denn so ein Begriff zu jener triumphalen Prunk- und Pompveranstaltung eines „Pontifikalamts“ in der „außerordentlichen Form des Römischen Ritus“ im Petersdom? Man könnte darauf antworten, daß allein das Gerede von der „außerordentlichen Form des Römischen Ritus“ bereits ein „nefas“ ist. Man könnte darauf verweisen, daß Burke weder Kardinal noch Bischof ist und womöglich nicht einmal eine gültige Priesterweihe hat (bekanntlich empfing er diese 1975 von „Paul VI.“, zweifellos nach dem „neuen Ritus“). Ein „Pontifikalamt“ zu feiern, wenn man kein Bischof ist und ernsthafte Zweifel sogar an der Priesterweihe bestehen, ist ein weiteres „nefas“. Daß Burke sein ganzes Priesterleben lang dem „Novus Ordo“ vorgestanden ist, ohne es öffentlich bereut zu haben, und dies vermutlich heute noch tut, wenn er nicht ausnahmsweise die „außerordentliche Form“ verwendet, ist ein weiterer Grund für ein „nefas“. „Nefas“ ist auch ein ungesetzlicher Gottesdienst, der von einem „Kardinal“ einer häretischen und schismatischen Pseudo-Kirche „una cum“ einem Anti-Papst vollzogen wird.
„Tradi Inc.“
Das alles meint Verrecchio aber nicht. Er bezieht sich vielmehr wieder auf jene in Tradi-Kreisen berüchtigte „Schändung“ des Petersdoms durch die Regenbogen-Pilgerfahrt am 6. September und weist erneut darauf hin, daß eine geschändete Kirche baldmöglichst nach dem Ritus im Zeremoniale für Bischöfe entsühnt werden müsse. Solange das nicht geschehen sei, seien alle gottesdienstlichen Handlungen in dieser Kirche verboten und es sei „nefas“, eine solche vorzunehmen. So sei es bereits in den Dekretalien von Papst Gregor IX. aus dem 13. Jahrhundert festgelegt. „Der Grund für das Verbot liegt darin, daß es nach moralischem Ermessen des Menschen anstößig ist, daß die Unbefleckte Hostie geweiht und Gottesdienste an einem Ort gefeiert werden, der durch böse Taten entweiht wurde, bevor dieser Ort gereinigt wurde“, erklärt er mit den Worten des Kanonisten John Theophilus Gueczynski.
Daß die Petersbasilika geschändet sei, ist, das steht für Verrecchio zweifelsfrei fest, den „Kapitänen“ des „Tradischiffs“ bekannt. Michael J. Matt vom führenden Tradi-Organ „The Remnant“ habe vom „Greuel an Heiliger Stätte“ gesprochen, der „im heiligen Jahr am Heiligen Stuhl“ stattgefunden habe. „In Anbetracht dessen hätte man erwarten können“, meint Louie, „daß Herr Matt auf einer Entsühnung von St. Peter besteht, bevor Kardinal Burke dort die Unbefleckte Hostie konsekriert – vorausgesetzt natürlich, daß ihm die Aufrechterhaltung der katholischen Tradition wichtiger ist als die finanzielle Unterstützung der Zeitung seines verstorbenen Vaters.“ Wie wir wissen, neigt Verrecchio dazu, hinter den Machenschaften der „Tradi Inc.“ finanzielle Interessen zu vermuten, und in der Tat dürfte der „Traditionalismus“ zumindest in den USA ein recht einträgliches „Business“ geworden sein. Dabei übersieht er ganz, daß es mehr als fraglich ist, ob Burke überhaupt imstande ist, die „Unbefleckte Hostie“ zu konsekrieren, und daß es ein größeres „nefas“ ist, dies zu simulieren als es in einer geschändeten Kirche zu tun. Letzteres ist eigentlich in diesem Fall völlig nebensächlich und in diesem Zusammenhang ziemlich unerheblich.
Exorzismus
Doch bleiben wir bei Louie und seiner Sicht, in der es sich als „noch skandalöser“ darstellt, daß auch einige prominente Tradi-„Bischöfe“ sich der Tragweite der Schändung des Petersdoms durchaus bewußt seien, weshalb vier von ihnen am 4. Oktober in den USA einen „Akt der Wiedergutmachung“ in Form eines Gebets verrichtet haben (vgl. Großes Theater). Obwohl also der Sachverhalt und das unbedingte Erfordernis einer Entsühnung bekannt war, habe keiner der führenden Herren eine solche verlangt, bevor das „Große Theater“ stattfand. Vermutlich, meint Verrecchio, wollten sie Burke nicht in die Parade fahren und nicht auf ihren Platz beim bischöflichen Bankett mit Wein und Dinner verzichten.
Was Burke selber betreffe, so sei dieser professioneller Kirchenrechtler und ehemals Haupt der „Apostolischen Signatur“ der Konzilskirche gewesen, müsse also die entsprechenden Kanones und rechtlichen Bestimmungen perfekt kennen. Offensichtlich betrachte er den Petersdom nicht als geschändet, und doch müsse entweder er oder einer aus seiner Entourage sich dessen bewußt gewesen sein, denn sonst hätte man nicht am Schluß der Veranstaltung den „Exorzismus“ durch „Kardinal“ Troshani beten lassen, der laut Mr. Matt „am Lesepult stand und mit donnernder Stimme ein Exorzismusgebet sprach, das Papst Leo XIII. im Jahr 1890 verfaßt hatte“. „Donnernd“ klang die Stimme des 97jährigen Greises vermutlich nur wegen des Mikrophons. Ein Foto zeigt den aufrechten, aber etwas zerbrechlich wirkenden Herrn, wie er in roter Soutane, mit Spitzen-Rochett und roter Mozzetta angetan, das rote Birett auf dem Haupte, eine weiße (!) Stola um die Schultern gelegt, vor der versammelten Klerisei, die in ihren prachtvollen liturgischen Gewändern den „Background“ abgibt und zuschaut, am Lesepult ins Mikrophon spricht. Weit und breit ist kein Weihwasser zu sehen. Ein echter Exorzismus geht anders.
Einladung an die „unreinen Geister“
Aber egal. Verrecchio zitiert aus dem Michaelsgebet von Leo XIII. die Passage: „Wir vertreiben euch, alle unreinen Geister, alle satanischen Mächte, alle Angriffe des höllischen Widersachers, alle Legionen, alle teuflischen Gruppen und Sekten, im Namen und durch die Kraft unseres Herrn Jesus Christus“, und stellt im Anschluß die Frage: „Wenn Burke und Konsorten tatsächlich glauben, daß der ‚höllische Widersacher‘ und seine Gefolgschaft St. Peter so sehr infiltriert haben, daß sie von dort ausgetrieben werden müssen, wäre es dann nicht sinnvoller gewesen, sie vor der Heiligen Messe auszutreiben?“
Der gute Louie Verrecchio! Wie schonend und zurückhaltend er die Sache behandelt! Tatsächlich ist, wie wir nicht müde werden zu betonen, der Petersdom schon seit mindestens 60 Jahren geschändet, und diese Schändungen wiederholen sich seither laufend. Mit dem „II. Vatikanum“ und dem „Novus Ordo“ wurde der „Greuel an heiliger Stätte“ dort aufgerichtet und nicht wieder entfernt, sondern immerfort erneuert. Eine Entsühnung hat nicht stattgefunden und kann auch gar nicht stattfinden, solange der Greuel nicht beendet und beseitigt wird. Der Zirkus mit dem „Sühnegebet“ der vier Tradi-„Bischöfe“ in den USA hat ebensowenig etwas ausgerichtet wie die Pseudo-„Entsühnung“, die am 14. Oktober tatsächlich im Petersdom vollzogen wurde und bemerkenswerterweise bei den Tradis keinerlei Erwähnung oder Resonanz fand – auch bei Louie Verrecchio nicht. Auch der im Anschluß an Burkes „Performance“ immerhin durch einen gültig geweihten Priester gesprochene „Exorzismus“ hat da nichts geändert (der übrigens wohlweislich erst nach Vollbringung des neuerlichen „nefas“ gesprochen wurde und nicht schon vorher). Sollte er überhaupt eine Wirkung gehabt haben, dann ist diese sofort wieder verpufft. Wenn nicht der „Exorzismus“ selber, da im unmittelbaren Kontext und als Bestandteil jenes „nefas“ stehend, mehr eine Einladung an die unreinen Geister war als eine Vertreibung, dann sind sie doch spätestens mit der nächsten „Novus-Ordo“-Veranstaltung zurückgekehrt, und jeder von ihnen hat „sieben weitere“ mitgebracht. „Und der Teufel lachte“, wie wir oben schon hörten. Überdies ist ein Exorzismus keine Entsühnung.
Kein Triumph
Bevor der Petersdom wieder ein heiliger Ort sein kann, um dort wahrhaft die Unbefleckte Hostie zu konsekrieren, muß der Greuel der „Konziliaren Kirche“ mit ihrem „Novus Ordo“ und all seinen „nefas“ (inklusive der „außerordentlichen Form“) daraus beseitigt werden. Dann muß der Papst eine feierliche Entsühnung der Kirche vornehmen – entweder selber oder durch einen Beauftragten. Ein oder mehrere hinzugefügte Exorzismen würden gewiß nicht schaden. Nach unserer bescheidenen Auffassung wäre es sogar nötig, die entweihten Altäre niederzureißen und die Kirche neu zu weihen. Aber das hat der Papst zu entscheiden – wenn wir denn wieder einen haben!
Darin liegt das eigentliche Problem. Solange wir keinen Papst haben, ist der Petersdom für uns Katholiken als Feindesland „tabu“. Man kann ihn besuchen, man kann dort auch beten – wie man überall beten kann –, aber keinen Gottesdienst feiern, keine Sakramente oder Sakramentalien spenden oder empfangen, keine Kultfeier abhalten. Was die Tradis dort abgezogen haben, war bestenfalls eine Farce, noch ärger aber: ein weiterer Greuel, ein „nefas“, eine Beleidigung Gottes. Dem Triumph der katholischen Kirche bringen uns solche Aktionen nicht näher. Im Gegenteil. Sie fordern den Zorn Gottes noch mehr heraus.