Wieder geht eine Woge der Empörung durch den „traditionalistischen“ Medien-Wald: Der „Vatikan“, so meldete „kath.net“, habe am Dienstag (4. November) eine „Lehrmäßige Note“ des „Leiters der römischen Glaubensbehörde“ veröffentlicht, in welchem „Titel wie ‚Miterlöserin‘ oder ‚Gnadenvermittlerin’ für die Muttergottes … abgelehnt“ werden. „In dem Text ‚Mater populi fidelis‘ (Mutter des gläubigen Volkes) spricht sich der Vatikan deutlich dafür aus, Titel wie ‚Miterlöserin’ oder ‚Gnadenmittlerin‘ in Marienverehrung und Theologie zu vermeiden“, heißt es in dem Bericht. Als Begründung werde angegeben „solche Bezeichnungen schadeten einer ‚angemessenen Betrachtung der christlichen Botschaft in ihrer harmonischen Gesamtheit‘“.
Maria als Miterlöserin
Der „Vatikan“ versuche auf diese Weise, „eine innerkirchliche Debatte seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu beenden, die seit Johannes Paul II. (1978-2005) wieder deutlich an Fahrt aufgenommen hatte“, denn dieser „Papst aus Polen“ habe „mehrmals von ‚Maria als Miterlöserin‘ gesprochen“, was der damalige „Glaubenshüter“ Joseph Ratzinger schon 2002 zurückwies mit der Bemerkung, „die ‚Formel ‚Miterlöserin‘’ entferne sich von der Sprache der Bibel und rufe Missverständnisse hervor“. „Auch Maria ist alles, was sie ist, durch Christus. Das Wort ‚Miterlöserin‘ würde diesen Ursprung verdunkeln“, habe Ratzinger erklärt. Ebenso sehe das nun „Kardinal“ Fernandez. „Dieser Titel berge die Gefahr, ‚die einzigartige Heilsvermittlung Christi zu verschleiern‘, und könne daher zu Verwirrung führen. Die „Rolle der Mittlerschaft“ komme „ausschließlich dem Mensch-Sein Christi zu.“
Das ist doch eine erfreuliche Übereinstimmung und Kontinuität zwischen den beiden „Glaubenspräfekten“, dem ehemaligen und bei den Tradis unsterblichen Ratzinger und dem jetzigen, ihnen gleichermaßen verhaßten Fernandez. Eigentlich müßte sie das freuen, denn so etwas nennen wir „Tradition“. Freut sie aber nicht. Wie Louie Verrecchio feststellte, stieß die „Lehrmäßige Note“ bei den „traditionell gesinnten Katholiken“ auf Ablehnung. Dr. Peter Kwasniewski, der große Tradi-Neben- und Super-Papst, säumte nicht, auf „X“ das Dokument der „Glaubensbehörde“ sogleich als „lächerlich“ zu verwerfen. „Was erlaube Glaubenspräfekt“ überhaupt, ein offizielles Dokument herauszugeben, ohne es vorher von „Super-Peter“ approbieren zu lassen und dessen Erlaubnis einzuholen? Unerhört!
Die katholische Lehre
Louie Verrecchio weist darauf hin, daß das Dokument selber die katholische Lehre zu diesem Gegenstand kennt. In der Nr. 17 erfahren wir:
„Der Titel Miterlöserin erscheint im 15. Jahrhundert als Korrektur der Anrufung Erlöserin (als Abkürzung von Mutter des Erlösers), wie Maria seit dem 10. Jahrhundert genannt wurde. Der heilige Bernhard weist Maria eine Rolle am Fuße des Kreuzes zu, die als Ursprung des Titels Miterlöserin gelten darf, der zum ersten Mal in einem anonymen Salzburger Hymnus aus dem 15. Jahrhundert erscheint. Obwohl der Titel Erlöserin im 16. und 17. Jahrhundert beibehalten wurde, verschwand er im 18. Jahrhundert ganz, um durch Miterlöserin ersetzt zu werden. Die theologische Forschung über Marias Mitwirkung an der Erlösung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führte zu einer weiteren Untersuchung des Inhalts des Titels der Miterlöserin.“
Weiter in Nummer 18:
„Einige Päpste haben diesen Titel verwendet, ohne ihn näher zu erläutern. Sie haben ihn im Allgemeinen auf zwei unterschiedliche Weisen verwendet, nämlich entweder in Bezug auf die göttliche Mutterschaft, insofern Maria als Mutter Jesu Christi die durch ihn vollbrachte Erlösung ermöglicht hat, oder in Bezug auf ihre Verbindung mit Christus beim Werk der Erlösung am Kreuz.“
Authentische Lehre der Päpste
In den Fußnoten dazu hören wir Näheres: „Unter dem Pontifikat des heiligen Pius X. findet sich der Titel der Miterlöserin in einem Dokument der Ritenkongregation und in zwei Dokumenten des Heiligen Offiziums“, jenes „Heiligen Offiziums“, das im Gefolge des „II. Vatikanums“ zunächst in eine „Glaubenskongregation“ umgewandelt wurde und nun als „Dikasterium für die Glaubenslehre“ firmiert, jene Behörde, die das in Rede stehende Dokument herausgegeben hat. „Der erste Papst, der den Begriff Miterlöserin verwendet hat, ist Pius XI. in einem Breve vom 20. Juli 1925, in dem er sich an die Rosenkranzkönigin von Pompeji wendet“, heißt es weiter. Zwei weitere Erwähnungen durch denselben Papst erfolgten 1933 und 1935. Seine Aussagen von 1925 wurden sogar in ein Ablaßgebet aufgenommen, das die „Sacra Paenitentiaria Apostolica“ offiziell herausgab und in welchem die allerseligste Jungfrau angerufen wird mit den Worten: „Auch gedenke, dass du auf Golgatha zur Miterlöserin geworden bist, da Du mit deinem gekreuzigten Sohn, durch die Kreuzigung deines Herzens, an der Rettung der Welt mitgewirkt hast.“
Verrecchio erinnert daran, daß nach Ludwig Ott (und anderen Dogmatikern) die Entscheidungen der Römischen Kongregationen, auch wenn sie nicht unfehlbare Definitionen aussprechen, mit „innerer Zustimmung“ anzunehmen sind, welche auf der übernatürliche Autorität des Heiligen Stuhls beruht. Ferner zeigen die Fußnoten, daß wenigstens drei der päpstlichen Aussagen über Maria als Miterlöserin in die „Acta Apostolicae Sedis“ aufgenommen wurden, was sie nach einhelliger Ansicht der Theologen zur „authentischen Lehre“ des Papstes und der Kirche macht, der wir ebenfalls „innere religiöse Zustimmung“ schulden. Wir haben also eine „felsenfeste“ (im wahrsten Sinne des Wortes) Versicherung aufgrund des päpstlichen Lehramts, die uns die Wahrheit und Angemessenheit des Titels „Miterlöserin“ garantiert.
Der Unglaube der „Konziliaren Kirche“
Doch wie ging es weiter? Hören wir wieder das „Glaubens-Dikasterium“ der „Konziliaren Kirche“:
„Das Zweite Vatikanische Konzil hat es aus dogmatischen, pastoralen und ökumenischen Gründen vermieden, den Titel Miterlöserin zu verwenden. Der heilige Johannes Paul II. hat ihn mindestens sieben Mal verwendet und ihn vor allem mit dem Heilswert unseres Leidens in Vereinigung mit dem Leiden Christi, mit dem sich Maria vor allem am Kreuz vereint, in Verbindung gebracht.“ (ebd.).
Nummer 19 belehrt uns, daß am 21. Februar 1996 „der Präfekt der damaligen Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Joseph Ratzinger, auf die Frage, ob die Forderung der Bewegung Vox Populi Mariae Mediatrici nach einer Definition des Dogmas über Maria als Miterlöserin oder Mittlerin aller Gnaden annehmbar sei, mit seinem persönlichen Votum“ geantwortet habe : „Negativ. Die genaue Bedeutung d[ies]er Titel ist nicht klar, und die in ihnen enthaltene Lehre ist nicht ausgereift.“ Im Jahr 2002 habe er sich „öffentlich gegen die Verwendung dieses Titels“ ausgesprochen. Auch „Papst Franziskus“ habe „mindestens bei drei Gelegenheiten seine eindeutige Position gegen die Verwendung des Titels der Miterlöserin zum Ausdruck gebracht“ (Nr. 21). Daher das Verdikt der „Glaubensbehörde“: „Angesichts der Notwendigkeit, die Christus gegenüber untergeordnete Rolle Marias im Erlösungswerk darzulegen, ist die Verwendung des Titels der Miterlöserin immer unangebracht, wenn es darum geht, Marias Mitwirkung daran zu definieren. Dieser Titel birgt die Gefahr in sich, die einzigartige Heilsvermittlung Christi zu verschleiern…“ (Nr. 22).
Artisten im selben Zirkus
Wie wir an anderer Stelle vernommen haben, entbrannte auf dem sog. „II. Vatikanum“ im Oktober 1963 eine Auseinandersetzung über das vorgesehene Schema über die Allerseligste Jungfrau. „Die Diskussion enthüllte den Gegensatz zweier Richtungen, einer maximalistischen und einer minimalistischen“, schreibt Roberto de Mattei in seinem Buch „Das Zweite Vatikanische Konzil – Eine bislang ungeschriebene Geschichte“. Die „Maximalisten“ wünschten die Dogmatisierung der Muttergottes als Miterlöserin und „Mittlerin aller Gnaden“. Die „Minimalisten“, angeführt u.a. von Congar und Rahner, wandten sich vehement dagegen. Der Erfolg war, daß nicht nur das Dogma nicht verkündet wurde (was Roncalli als Gegenpapst ohnehin nicht gekonnt hätte), sondern daß auch das vorgesehene Schema über die Muttergottes verschwand und die allerseligste Jungfrau ins Schema über die Kirche integriert wurde, um sie „damit auf das Niveau aller anderen Glieder des mystischen Leibes Christi herabzusetzen, als prima inter pares“, wie wiederum de Mattei bemerkt. Dies geschah natürlich im Interesse des „Ökumenismus“. Bis auf den „Ausrutscher“ des Wojtyla, der sich als gefühlsbetonter Pole im marianischen Überschwang bisweilen solche Eskapaden leistete, trotz seines wahnsinnigen Ökumenismus, haben sich die „Konziliaren Päpste“ brav daran gehalten.
Tatsache ist, daß „die Clowns, die in Rom die konziliare Show veranstalten“, wie Verrecchio in seiner Respektlosigkeit die gegenwärtige Führung der „Konziliaren Kirche“ tituliert, diese katholische Lehre von der Miterlöserin nicht glauben. „Und wissen Sie was?“ fährt er fort. „Das Gleiche gilt auch für die Anführer der ‚Resist-the-Pope’-Bewegung“, wie er die Tradis nennt. „Tatsächlich ist es ihr Hauptanliegen, darauf zu bestehen, daß das angebliche päpstliche Lehramt unzuverlässig ist.“ Das hat er richtig erkannt. Die Tradis, die jetzt gegen das Dokument der „Glaubens-Dikasteriums“ wettern, tun dasselbe wie dieses Dokument selber: Sie widerstehen dem kirchlichen Lehramt – oder dem, was sie für dieses Lehramt halten. „Mit anderen Worten: Dieser spezifische Irrtum ist sowohl für die konziliaren Clowns als auch für die Anführer der ‚Resist-the-Pope‘-Bewegung fundamental, was ironischerweise zeigt, daß sie alle Artisten im selben Zirkus sind, wenn auch vielleicht in verschiedenen Manegen.“ Für ihren Widerstand können sich die Tradis nicht auf den Heiligen Geist berufen, welcher den Päpsten und der Kirche Seinen unfehlbaren Beistand leistet, sondern allein auf ihre eigene Gelehrsamkeit (oder Bockbeinigkeit). So ist es.
Akatholische Sekte
Louies Schlußfolgerung: „Wie man sieht, beruht die gesamte R&R-Bewegung auf der Weigerung, die Unfehlbarkeit der Kirche anzuerkennen, wie sie seit Jahrhunderten gelehrt wird – eine dogmatische Wahrheit, die nicht mit der Fähigkeit der Kirche zu verwechseln ist, unfehlbare Definitionen zu verkünden. Vielmehr bezieht sich die Unfehlbarkeit der katholischen Kirche nach den Worten des Katechismus des Konzils von Trient auf die unveränderliche Tatsache, daß ‚diese eine Kirche in Glaubens- und Sittenfragen nicht irren kann, da sie vom Heiligen Geist geleitet wird‘.“ Sehr gut, diese Unterscheidung! In der Tat wird von den Tradis die Unfehlbarkeit darauf reduziert, daß die Kirche (bzw. der Papst) bisweilen – wenn sie will, und das tut sie sehr selten – unfehlbar sein kann. In Wahrheit aber bedeutet die Unfehlbarkeit der Kirche (bzw. des Papstes), daß sie niemals in die Irre gehen kann. Papst Pius XI. betont in „Quas primas“ die „Tatsache, daß die Kirche zu jeder Zeit die Pest der Häresien und Irrtümer siegreich abgewehrt hat“. Papst Pius XII. lehrt in „Mystici Corporis“, daß „Christus Jesus am Kreuz seiner Kirche den Quell göttlicher Gaben eröffnete“, sodaß sie „instandgesetzt“ wurde, „den Menschen eine stets unfehlbare Lehre zu künden, sie durch die von Gott erleuchteten Hirten heilbringend zu leiten und mit himmlischen Gnaden zu überschütten“.
„Gerade weil die Jünger der ‚Resist-the-Pope‘-Bewegung diese glorreiche Wahrheit über die Heilige Mutter Kirche ablehnen“, lautet Verrecchios Analyse, „fühlen sich ihre Führer und ihre naiven Anhänger ganz wohl dabei, wenn sie – bei den nachkonziliaren Papstprätendenten – die autoritative päpstliche [sic] Lehre analysieren, um das zu übernehmen, was ihnen gefällt, und den Rest offen zu verurteilen und zu verwerfen, und das schließt sogar das ein, was von einem vermeintlich ökumenischen Konzil stammt!“ Genau das ist das Wesen des „Traditionalismus“, der sich damit offen als das zeigt, was er ist: eine Form des Liberalismus, nicht mehr und nicht weniger. Einmal mehr zeige „dieses verwerfliche Dokument“, daß es „die einzig logische, konsequente und vollkommen katholische Schlußfolgerung“ sei, daß „weder Robert Prevost noch die von ihm angeführte häretische Sekte katholisch sind“. Über derlei Sekten aber sage der Römische Katechismus knallhart: „Alle anderen Gemeinschaften, die sich den Namen Kirche anmaßen, müssen notwendigerweise, weil sie vom Geist des Teufels geleitet werden, in den schädlichsten Irrtümern versunken sein, sowohl in dogmatischer als auch in moralischer Hinsicht.“ Und dann wundern sich die Tradis über die sittliche Verkommenheit der „Konzilskirche“, in deren Dreck es sich so herrlich selbstgerecht wühlen läßt! Insofern zeigt sich Louie dankbar für das Dokument des „Dikasteriums“, weil es die wahren Verhältnisse aufzeigt und die „Gedanken vieler“ offenlegt.