Das Papstproblem der „Tradis“

Langsam wird es eng für die „Tradis“. Der einstmals höchst „papsttreue“ Blog „Rorate Caeli“, der in den letzten Jahren zunehmend Gift und Galle gegen „Papst Franziskus“ spuckt und vor einigen Jahren dessen Konterfei aus seiner Seitenleiste entfernte, publizierte neuerdings einen Beitrag von „Don Pietro Leone“, betitelt „Is Pope Francis Pope, and If Not, What Then? – Ist Papst Franziskus Papst, und wenn nicht, was dann?“ Die Antwort steckt eigentlich schon in der Frage, denn „Papst Franziskus“ ist selbstverständlich „Papst“, sonst würde man ja nicht „Papst Franziskus“ sagen, oder? Wenn schon, dann hätte man die Frage so formulieren müssen: „Ist Jorge Mario Bergoglio Papst?“, oder „Ist ‚Papst Franziskus‘ wirklich Papst?“ oder etwas in dieser Art.

„Disclaimer“

Rorate Caeli“ gibt uns daher vorsorglich folgende Informationen gleichsam als „Beipackzettel“ mit: „Don Pietro Leone, der im Verlauf von mehr als 13 Jahre viele Artikel für Rorate Caeli verfaßt hat, präsentiert unseren Lesern den folgenden Essay zu der viel diskutierten und heiklen Frage der Gültigkeit der Abdankung von Papst Benedikt und der Gültigkeit der Wahl von Papst Franziskus. Sein Hauptmotiv für diesen Essay ist es, ‚falsche Theorien zu widerlegen, den Gläubigen ein Verständnis des Status quo gemäß dem katholischen Glauben zu vermitteln‘ und die kompetente Autorität zu definieren, durch die dieses strittige Thema beurteilt werden muß.“

Der „Rorate Editor“, also der Herausgeber von „Rorate“, hat es auch nicht versäumt, allem voran einen „Disclaimer“ einzufügen des Inhalts: „Nur um das klarzustellen: Die Position der Rorate-Redaktion ist, daß Franziskus tatsächlich der Papst ist – seine Wahl war offensichtlich gültig, wie Don Pietro Leone weiter unten erklärt – und daß ein neuer Papst in einem bevorstehenden Konklave gewählt werden wird.“ Umso schlimmer, wenn die „Rorate-Redaktion“ dann so mit demjenigen umspringt, den sie „tatsächlich“ für ihren Papst hält. Wir dürfen an die „zärtlichen“ Worte erinnern, die sie für ihren „Heiligen Vater“ fanden. Sie nannten ihn „böse“ und einen „theologisch verkümmerten und moralisch bankrotten, bösartigen Tyrannen“, sprachen von seiner „moralische(n) Leiche“, die als „abscheuliche(r) Kadaver“ auf „der Kathedra des Fürsten der Apostel sitzt“ etc. (Licht ins Dunkel 2).

Nicht einmal wir würden es wagen, so über Bergoglio zu sprechen oder zu schreiben, erst recht nicht dann, wenn wir ihn für unseren Papst halten würden. Aber bekanntlich ist das die Art, wie die „Traditionalisten“ ihre Anerkennung und Liebe für ihren „Papst“ auszudrücken belieben. Nach Aussage eines ehemaligen „Pius“-Vorsitzenden tun sie bereits genug, wenn sie ein Bild von Bergoglio irgendwo aufhängen, seinen Künstlernamen „Papst Franziskus“ im Kanon der Hl. Messe nennen und ihn im übrigen artig begrüßen, wenn sie ihm irgendwo begegnen sollten.

Der ewige „Papst Benedikt“

„Zahlreiche bedeutende Prälaten, gelehrte Akademiker (Priester und Laien), bekannte Journalisten (katholische und atheistische), Gläubige und Propheten verschiedener Couleur“ hätten sich „mit dieser Frage beschäftigt und unterschiedliche Antworten gegeben: Ja und Nein.“ So beginnt der Aufsatz des „Don“. Man habe die „Prinzipien des Glaubens und der Vernunft“ anzuwenden versucht, aber auch viel Gewicht auf Emotionen und „übernatürliche“ Eingebungen gelegt. Nicht weniger als zehn Gläubige hätten des demütigen Autors („Don“ Leone) „Apostolat“ (sprich: seine „Messe“) gemieden, da er sich nach „Benedikts“ Tod weigerte, die Messe „in Einheit mit Papst Benedikt im Herzen“ zu lesen – obwohl einige „Seher“ verkündet hätten, daß dieser noch am Leben sei. Mit einer „Nonne“, die in einem südafrikanischen „Konvent“ lebe, welcher „nicht in Einheit mit Franziskus“ sei, führe der selige „Papst Benedikt“ regelmäßig Gespräche, in deren Verlauf er – noch im Himmel an seiner „Hermeneutik der Kontinuität“ festhaltend – ihr eröffnete, daß er von „Monsignore“ Gänswein im Auftrag von „Papst Franziskus“ hingemordet worden sei, was er zufällig über den Lautsprecher des Mobiltelefons seines Sekretärs erfahren habe, das dieser öfters vergessen habe auszuschalten.

All das wußten wir noch gar nicht, aber es ist sehr amüsant. Vor allem letztere Episode, die – das müßte jedem einleuchten – schon deshalb nicht wahr sein kann, weil Ratzinger unmöglich bereits im Himmel ist (sondern allerhöchstens im Fegefeuer) und außerdem gewiß jetzt erst recht nicht von einer „Hermeneutik der Kontinuität“ sprechen wird, da er es zu Lebzeiten auch nie getan hat. „Hermeneutik der Kontinuität“ war nur das, was die „TradiKons“ flugs aus seiner „Hermeneutik der Reform“ gemacht haben und ihm bis heute in die Schuhe schieben wollen. Daraus erhellt, daß dieser spiritistische „Papst Benedikt“ nur ein Produkt der Tradi-Phantasie sein kann.

„Munus“ und „ministerium“

Doch Scherz beiseite, der „Don“ teilt uns mit, daß er nun „in aller Kürze die relevanten theologischen und logischen Prinzipien auf die unserer Meinung nach zentralen Fragen anwenden“ will, um in fünf logisch aufeinander folgenden Schritten folgende Punkte zu behandeln: A. Die Gültigkeit der „Abdankung von Papst Benedikt“; B. Die Gültigkeit der „Wahl von Papst Franziskus“; C. Das Anhangen der „moralischen Gesamtheit der Kirche“ an „Papst Franziskus“; D. Die Rechtgläubigkeit von „Papst Franziskus“; und E. Die Kompetenz zu entscheiden, wer Papst ist. Das verspricht auf alle Fälle lustig zu werden.

Zuerst also A: Die Gültigkeit der „Abdankung von Papst Benedikt“. Am 11. Februar 2013, so erinnert „Don“ Leone, habe „Papst Benedikt“ schriftlich erklärt, „daß er nicht mehr die Kraft habe, den Petrusdienst (munus petrinum) angemessen zu verwalten; daß er sich sehr wohl bewußt sei, daß der Dienst (munus) seinem geistlichen Wesen nach nicht nur durch Taten und Worte, sondern nicht weniger durch Leiden und Gebet ausgeübt werden müsse; daß er auf das Amt (ministerium) des Bischofs von Rom, des Nachfolgers des hl. Petrus verzichte, so daß der Stuhl von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant bleibe und ein Konklave einberufen werden könne, um einen neuen Papst (Summus Pontifex) zu wählen, und zwar von denen, die dazu berechtigt seien“.

Das ist korrekt. Ratzinger hatte hier sorgfältig zwischen dem „Petrusdienst“ (munus) und dem „Amt des Bischofs von Rom“ (ministerium) unterschieden. In der „Generalaudienz“ vom 27. Februar desselben Jahres, einen Tag bevor er mit dem Hubschrauber seinen filmreifen (wenngleich nur vorübergehenden) Abgang vom Vatikan nach Castel Gandolfo hinlegte, hatte er klargestellt, daß der „Petrusdienst“ „für immer“ sei und es „keine Rückkehr ins Private“ gebe. Daher kehre er „nicht ins private Leben zurück“, sondern „bleibe auf neue Weise beim gekreuzigten Herrn“. Zwar trage er nun „nicht mehr die amtliche Vollmacht für die Leitung der Kirche“, bleibe aber „im Dienst des Gebetes … sozusagen im engeren Bereich des heiligen Petrus“, wobei er bat, der „heilige Benedikt, dessen Name ich als Papst trage“, möge ihm „da ein großes Vorbild sein“.

Daraus folgt klar, daß Ratzinger den „Petrusdienst“ aufteilte und dessen „aktive“ Seite, das „Amt“ als „Bischof von Rom“, um eine Art „kontemplative“ Komponente erweiterte, den „Dienst des Gebetes“. Daß er damit keineswegs aufhörte, „Papst“ zu sein, machte er schon dadurch deutlich, daß er nicht daran dachte, den Namen „Benedikt“ abzulegen, „den ich als Papst trage“. Er blieb also „Papst“, hatte nur den „aktiven“ Part abgegeben und damit zugleich und nebenbei eine ganz neue Art von „Papsttum“ eingeführt, eine „päpstliche Doppelspitze“ mit einer Aufteilung der Ämter des „Petrusdienstes“: der eine betet, der andere handelt. Folgerichtig zog er sich nicht „ins Privatleben zurück“, sondern ins „Kloster Santa Marta“ im Vatikan, wo er fortan als „Papa emeritus“ im Austrag lebte, weiterhin seine weiße Soutane, den Namen „Benedikt“ und das „päpstliche“ Wappen trug und den „Apostolischen Segen“ erteilte.

„Erweiterter Dienst“

Der „Don“ geht auf die „theologischen Hintergründe“ für die „These vom ‚erweiterten Dienst‘“ eigens ein. Er schreibt: „In einer Rede an der Gregorianischen Universität am 20. Mai 2016 erklärte Erzbischof Georg Gänswein, daß es nach der Wahl von Papst Franziskus nicht mehr zwei Päpste gebe, sondern ‚ein erweitertes Amt mit einem aktiven und einem kontemplativen Glied …, daß das Petrusamt nicht mehr dasselbe ist wie vorher … [sondern] … transformiert‘. Dies sei der Grund, warum Papst Benedikt weder seinen Namen noch die weiße Soutane aufgegeben habe und immer noch in den vatikanischen Räumlichkeiten lebe. Papst Benedikt habe die Absicht, am munus petrinum im Sinne von ‚Dienst/Pflicht/Führung/Gabe‘ teilzunehmen, und er habe ‚ein persönliches Amt mit einer kollegialen und synodalen Dimension‘ aufgebaut. Der Privatsekretär des Papstes sagte außerdem: ‚Er hat den päpstlichen Thron verlassen, aber er hat das Amt nicht aufgegeben, was nach seiner unwiderruflichen Annahme des Amtes im April 2005 eigentlich unmöglich war‘.“

Gänswein (dieser verruchte „Auftragskiller“ und „Papstmörder“!) bestätigt damit vollkommen unseren eigenen Befund, wie er sich aus den „ipsissima verba“ Ratzingers ergibt. „Don“ Leone muß zugeben, „daß die Vision des Papstes von einem erweiterten Petrusamt auf die eine oder andere Weise von der Lehre der ‚Kollegialität’ herrührt, jener Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils, die das kirchliche Dogma der monarchischen Hierarchie der Kirche und insbesondere des päpstlichen Primats einschränken soll“. Es sei bekannt, „daß der Geistliche, der später Papst Benedikt werden sollte, schon als er auf dem Konzil als Experte anwesend war, ein glühender Verfechter der Lehre [von der Kollegialität]“ gewesen sei. In dessen Buche „Der Episkopat und der Primat“ heiße es zum Beispiel: „Die Kirche ist nicht wie ein Kreis mit einem einzigen Zentrum, sondern wie eine Ellipse mit zwei Brennpunkten, dem Papsttum und dem Episkopat“. Na, dann ist doch alles klar, oder?

Gültigkeit der „Abdankung“

Dem guten „Don“ bleibt noch die Frage zu untersuchen, wie es nun um die „Gültigkeit“ dieser „Abdankung“ steht – die ja eigentlich gar keine war, sondern nur eine „kollegiale“ Erweiterung des „konziliaren Petrusdienstes“. Nach dem, was „Benedikt“ selber gesagt und sein „Sekretär“ dazu erklärt hat, kamen etliche auf die Idee, daß die „Abdankung“ ungültig gewesen sei, da sie auf einem Irrtum beruhe, dem Irrtum nämlich, daß das Papstamt aufgeteilt werden könne, während doch der „Petrusdienst“ ein integrales und unteilbares Ganzes darstelle. Der „Don“ zitiert dazu das „Kirchenrecht“, wonach ein aus Unwissenheit oder Irrtum heraus vollzogener Akt ungültig ist.

Daraus ziehen die „Benediktisten“ den Schluß, daß der Rücktritt Ratzingers nichtig war und er „Papst“ blieb bis zu seinem Ableben (und sogar darüber hinaus!). Wir wollen noch ergänzen, daß auch die „Verschwörungstheorie“ umging, der „Rücktritt“ Ratzingers sei nicht freiwillig erfolgt, sondern auf Druck finsterer Mächte wir der „St. Gallen Mafia“, und deshalb ungültig gewesen. So oder so, die „Abdankung“ wurde allgemein als solche angesehen und anerkannt, und mit dem Hinscheiden Joseph Ratzingers vor gut eineinhalb Jahren ist sein „Papsttum“ auf jeden Fall Geschichte. Für „Don“ Leone bleibt die Frage insoweit relevant, als er ja untersuchen will, ob Bergoglio wirklich „Papst“ ist. Denn wenn der Ratzinger-Rücktritt nichtig war, dann wäre er „Papst“ geblieben und die Wahl Bergoglios wäre ungültig erfolgt. So sieht es in seiner Optik aus.

Daher ventiliert er jetzt des Langen und Breiten, wie es sich damit verhalte. Einen Irrtum seitens Ratzingers kann er nicht erkennen. Daß „Papst Benedikt“ in einem gewissen „geistigen“ Sinne „Papst“ bleiben wollte, ergebe sich nicht aus seinen eigenen Worten, sondern nur aus der Interpretation seines „Privatsekretärs“. Wolle man die Ungültigkeit des „Rücktritts“ nachweisen, so müsse man beweisen, daß die Auslegung des „Sekretärs“ erstens genau den Absichten des „Papstes“ entsprochen hätten, und zweitens den Absichten, die dieser zur Zeit seiner „Abdankung“ hatte. Nun ja, diese zwei Stücke scheinen uns ausreichend erwiesen (s.o.), nur daß es sich um keinen „Irrtum“ handelte, sondern um eine bewußte Modifizierung des „Petrusdienstes“.

„Papa emeritus“

Allein der neugeprägte Titel „Papa emeritus“ sagt ja schon alles. Der „emeritierte Bischof“ als solcher ist eine Neuerfindung der „Konziliaren Kirche“. Wenn zu katholischen Zeiten ein Bischof aus irgendwelchen Gründen zurücktrat, dann gab er seine Diözese ab und bekam einen neuen „Titel“ in Gestalt einer „virtuellen“, d.h. nicht mehr existenten Diözese „in partibus infidelium“, gleich einem Weihbischof. Erst nach dem „neuen Kirchenrecht“, welches vom „Bischof“ das Angebot eines „Amtsverzichts“ mit vollendetem 75. Lebensjahr verlangt, behält dieser seinen „Titel“, wird aber von den Amtspflichten entbunden und ist dann eben „emeritierter Bischof“ oder „Altbischof“ seines „Bistums“. Ganz analog hat Ratzinger gehandelt und sich als „Altpapst“ aufs Altenteil zurückgezogen, um, entbunden von den „Amtspflichten“, dem „Gebet“ und dem Studium zu obliegen. Er blieb aber „Bischof“ von Rom!

Die „Emeritierung“ eines Bischofs gibt es erst seit dem „II. Vatikanum“. Dort wurde diskutiert, „ob man die Amtszeit von Diözesanbischöfen beschränken sollte – denn der Normalfall war der Tod im Amt“. „Emeritierte Bischöfe, wie es sie heute durch die gestiegene Lebenserwartung viele gibt, gab es strenggenommen nicht. Das Ideal war das eines Bischofs, der treu bis in den Tod zu seinem Bistum gehört“, schreibt Felix Neumann auf „katholisch.de“ (11. August 2017, aktualisiert 15. Januar 2020). Davor galt: „Einem Bischof, der nicht mehr Diözesanbischof war, wurde – wie Weihbischöfen – eines der erloschenen Bistümer als Titularbistum zugewiesen: Als etwa der Passauer Bischof Simon Konrad Landersdorfer 1968 zurücktrat, wurde er mit Annahme seines Rücktritts zum Titularbischof von Ulcinium in Dalmatien ernannt.“

Doch: „1970 verfügte Papst Paul VI. die heute noch gültige Regelung, dass auch ein zurückgetretener Bischof seinem ehemaligen Sitz zugeordnet wird. Einer der ersten Bischöfe, für die das galt, war Landersdorfer: Aus dem Titularbischof von Ulcinium wurde der emeritierte Bischof von Passau. Klar ist deshalb heute auch: Der emeritierte Papst ist zugleich emeritierter Erzbischof von Rom.“ Ratzinger hielt sich treu ans „Kirchenrecht“, das mit seinem Konzept des „emeritierten Bischofs“ bereits die „Kollegialität“ auf Diözesanebene eingeführt hatte: zwei Bischöfe für dieselbe Diözese, einer aktiv, einer im Ruhestand.

Die Gültigkeit der Wahl von „Papst Franziskus“

Die weiteren Ausführungen des „Don“ zur möglichen Ungültigkeit des „Rücktritts“ Ratzingers ersparen wir uns (wir verweisen dazu auf den sehr lesenswerten Artikel von Neumann, den wir oben verlinkt haben) und gehen gleich über zu Punkt B, der die „Gültigkeit der Wahl von Papst Franziskus“ untersucht. Wieder steht eine „Verschwörungstheorie“ im Fokus, nämlich die von der „St. Gallen Verschwörung“. Ein Club „progressistischer“ „Bischöfe und Kardinäle“ unter der Führung des inzwischen verschiedenen belgischen „Kardinals“ Danneels, der seit den späten 1990er Jahren sein Zentrum in St. Gallen hatte, soll hinter den Kulissen die Wahl Bergoglios betrieben haben. Das mag durchaus sein, denn wie überall, wo es um Politik und Macht geht, gibt es „Lobbies“ und „Pressure Groups“. In der „Konziliaren Kirche“ sind es heute im wesentlichen zwei solche, die jeweils um die Vormachtstellung ringen: eine „konservative“ Variante, das „Opus Dei“, und eine „progressive“, besagte „St. Gallen Mafia“. Während erstere Ratzinger nach oben „pushten“, gelang letzterer der Coup mit Bergoglio. Na und?

„Don“ Leone weist darauf hin, daß es schon in früheren Zeiten – als noch echte Päpste gewählt wurden – derlei politische Einflußnahmen gab, ohne daß diese die Papstwahl ungültig gemacht hätten. Er hätte das Beispiel des heiligen Pius X. nennen können, der erst aufgrund der Einmischung des österreichischen Kaisers gewählt wurde. Den erwähnt er aber nicht, sondern vielmehr Urban VI., der dem Druck des Volkes auf die Kardinäle sein päpstliches Amt verdankt habe, die Wahl von Alexander VI., die durch Simonie zustandegekommen sei, und – interessanterweise – die Wahl von „Papst Johannes XXIII.“, die nur infolge des Verzichts von Kardinal Siri möglich wurde, der damit auf die Aussicht eines drohenden Schismas von mehr als der Hälfte der Kardinäle reagiert habe.

Sei dem, wie dem sei, damit jedenfalls hat der „Don“ recht, daß derlei Beeinflussungen eines Konklave durch wen auch immer keine Beeinträchtigung für die Gültigkeit der Wahl bedeuten. Dazu müßte schon jemand mit Gewalt die Kardinäle unter Druck setzen oder die Wahl auf andere Weise manipulieren, durch gefälschte Stimmzettel, ein falsches Wahlergebnis oder ähnliches. Und selbst dann könnte die an sich ungültige Wahl im Nachhinein saniert werden durch die einmütige Annahme des Gewählten als Papst durch die Gesamtkirche, wozu wir im nächsten Punkt kommen. Wir wollen jedoch gleich darauf hinweisen, daß im Falle der Häresie die Sache anders aussieht. Ein Häretiker kann nach göttlichem Recht nicht gültig zum Papst gewählt werden, und daran würde auch eine „friedliche Anerkennung“ durch die Gesamtkirche nichts ändern.

„Das Anhangen der moralischen Gesamtheit der Kirche an Papst Franziskus“

Damit sind wir bei Punkt C, der genau das behandelt: „Das Anhangen der moralischen Gesamtheit der Kirche an Papst Franziskus“. Allein diese Überschrift scheint uns schon reichlich lachhaft. Wo, bitteschön, ist denn irgendwo in der „moralischen Gesamtheit“ dieser „Kirche“ ein echtes „Anhangen an Papst Franziskus“ zu beobachten? Doch der Reihe nach. „Don“ Leone betrachtet die Lehre, daß ein „friedliches Anhangen“ der „moralischen Gesamtheit der Kirche“ („universae ecclesiae adhaesio“) an einen „Putativpapst“ diesen als echten Papst erwiese, als eine „katholische Wahrheit“, die als Ableitung aus der Offenbarung Unfehlbarkeit genießt. („Moralische Gesamtheit“ steht hier im Gegensatz zur „physischen Gesamtheit“. Letztere umfaßt wirklich alle, die zur Gesamtheit gehören, also „hundert Prozent“, für erstere genügt eine große Mehrheit.) Gewährsmann ist für ihn Kardinal Billot, der in „De Ecclesia Christi“ geschrieben hat, daß „ein moralisch einmütiges Anhangen der Gesamtkirche in sich selber ein unfehlbares Zeichen der Legitimität eines jeweiligen Papstes“ sei.

Hierin sieht der „Don“ eine „autoritative Bestätigung dafür, daß die Heterodoxie von Papst Franziskus ihn nicht daran hindern würde, Papst zu sein, wenn er von der Universalkirche zum Papst akklamiert würde, wenn der Stuhl Petri vakant wäre“. „Gleichzeitig würde eine solche Akklamation jedoch eindeutig nicht ausreichen, um zu beweisen, dass er tatsächlich Papst ist, wenn es Zweifel daran gäbe, dass der Stuhl zum Zeitpunkt seiner Wahl vakant war“, betont er, und beides ist falsch. Es verhält sich genau umgekehrt. Im Falle einer „Heterodoxie“ – um gleich dem „Don“ das häßliche Wort „Häresie“ zu meiden – würde eine solche „Akklamation“ gar nichts beweisen, bei einem Zweifel, ob überhaupt „Sedisvakanz“ bestanden hätte, hingegen sehr wohl. Warum? Weil Häresie – oder vornehmer „Heterodoxie“ – nach göttlichem Recht von der Kirche und damit vom Papsttum ausschließt, während die Frage, ob der Rücktritt eines Vorgängers gültig war oder nicht, nach kirchlichem Recht zu lösen ist. Hier ist das „Anhangen der moralischen Gesamtheit“ ein eindeutiges Indiz.

Kardinal Billot

Dasselbe sagt übrigens auch Billot in seinem vom „Don“ herangezogenen Traktat, den die Tradis leider ihrer Art gemäß immer nur sehr selektiv lesen. Dort schreibt er zwar: „Das Anhangen der universalen Kirche wird immer in sich selbst ein unfehlbares Zeichen der Legitimität eines gewählten Papstes sein und daher auch für das Vorhandensein all der Bedingungen, welche für die Legitimität selber erforderlich sind.“ Er fügt allerdings als Begründung hinzu, daß, wenn die Kirche einem falschen Papst anhangen und folgen würde, dies dasselbe wäre, „als würde sie einer falschen Glaubensregel folgen, denn der Papst ist die lebendige Regel, welcher die Kirche im Glauben folgen muß und der sie in der Tat stets folgt“.

Das ist ein wichtiger Punkt, der erklärt, was unter diesem „Anhangen“ zu verstehen ist: dem Papst als der „lebendigen Regel“ unseres Glaubens zu folgen! Tut das irgendwer bei Bergoglio? Weiter nennt Billot Alexander VI. als Beispiel und entnimmt seinem Prinzip, daß dieser entgegen den Behauptungen Savanarolas kein Häretiker sein konnte, „zumindest war er nicht in jenem häretischen Zustand, der, indem er das wesentliche Element der Gliedschaft in der Kirche ausschließt, als Folge seiner eigenen Natur jemanden von der päpstlichen Gewalt oder jeder anderen wie immer gearteten ordentlichen Jurisdiktion entkleidet“.

Wenn also die Gesamtkirche dem Papst als ihrer „lebendigen Glaubensregel“ folgt, wie dies bei Papst Alexander VI. zweifellos der Fall war, dann ist das ein unfehlbares Zeichen, daß er wirklich Papst ist, und zugleich, daß er kein Häretiker sein kann, denn sonst hätte ihn das infolge seiner „eigenen Natur“, d.h. ipso facto, „von der päpstlichen Gewalt oder jeder anderen wie immer gearteten ordentlichen Jurisdiktion entkleidet“. Ein „Heterodoxer“ kann unmöglich „lebendige Glaubensregel“ für die Gesamtkirche sein. Und tatsächlich ist Bergoglio das nicht, nicht einmal für seine „Synodale Kirche“. Damit fällt das ganze „Argument“ vom „Anhangen der Gesamtkirche“ wie ein Kartenhaus zusammen. Es ist obsolet. Auch für den „Don“ ist es irrelevant, weil er ja schon meint bewiesen zu haben, daß der „Rücktritt“ Ratzingers zweifellos gültig war und somit die „Sedisvakanz“ gegeben, weshalb das „Anhangen“ klar das „Papsttum“ Bergoglios erweise.

Die „Häresie von Papst Franziskus“

Somit bleibt der entscheidende Punkt D, in welchem es um die „Häresie von Papst Franziskus“ gehen soll. Zu diesem Thema weist uns „Don“ Leone auf die „lange Liste von Häresien“ Bergoglios hin, die auf der „spanischen Site Denzinger Bergoglio“ zu finden sei. Wer will, mag dort nachsehen. Wir haben es uns erspart, weil es keinen Erkenntnisgewinn bringt. Daß Bergoglio ein offenkundiger Ketzer ist, brauchen wir nicht erst nachzuprüfen. Es liegt auf der Hand. Dabei spielt es keine Rolle, welche und wieviele Häresien er verkündet hat. Eine reicht.

Dennoch will der „Don“ nicht zugeben, daß „Franziskus“ deshalb nicht Papst sein könne. Nach guter alter Tradi-Manier trifft er eine wichtige Unterscheidung zwischen „formeller, hartnäckiger und offenkundiger“ Häresie auf der einen Seite, die in der „direkten, hartnäckigen und öffentlichen Leugnung eines Dogmas“ bestehe, und der „materiellen, nicht hartnäckigen, geheimen“ Häresie auf der anderen Seite. Nur erstere schließe gemäß dem Kirchenrecht von der Gemeinschaft der Kirche aus. Abgesehen von dem vielen Unsinn, der in diesen wenigen Zeilen steckt, können wir kaum fassen, daß „Don“ Leone wirklich glaubt, diese „lange Liste“ der bergoglianischen Häresien bestehe lediglich aus „materiellen, nicht hartnäckigen, geheimen“ solchen.

„Geheim“ können sie schon deshalb nicht sein, weil sie sonst nicht im Internet auftauchen würden. „Nicht hartnäckig“? Da lachen ja die Hühner! Wir erinnern nur an die „Tradi-Gelehrten“, die seit 2016 unaufhörlich in „Offenen Briefen“ etc. lautstark die Häresien des „Papst Franziskus“ (wenigstens einige davon) anprangern und seinen Rücktritt oder seine Absetzung verlangt haben. Aber vermutlich hat Bergoglio in seinem vatikanischen Gästehaus nie etwas davon gehört und ist deshalb auf die „Correctio filialis“ bis heute nicht eingegangen, sondern hat seine Ketzereien nicht nur festgehalten und wiederholt, sondern auch noch vermehrt. Aber von „Hartnäckigkeit“ keine Spur! Woher denn? Wenn einer über zehn Jahre lang Häresien hinausposaunt und allen „Ermahnungen“ und Widersprüchen zum Trotz dabei bleibt, dann kann man das doch nicht „hartnäckig“ nennen, oder?

Kein wesentlicher Unterschied

Wenn freilich „Papst Franziskus“ – was Gott verhüte! – es wagte, unter Benutzung einer für eine unfehlbare Definition erforderlichen Formulierung eine Häresie zum Dogma zu erheben, dann, ja dann „hätte er offensichtlich ipso facto aufgehört, Papst zu sein“, munkelt unheilschwanger der „Don“. Aber das war ja Gottseidank bisher nicht der Fall, gell?! Zwar sind „alle Häresien, die er verkündet hat, offenkundig“ und könnten „gar nicht offenkundiger sein“, gibt der „Don“ freimütig zu, doch sie alle, ebenso wie all die „häretischen Handlungen, die er begangen haben mag“ – hier erwähnt er die „Verehrung des Götzenbildes einer Fruchtbarkeits-‚Göttin‘ in der Peterskirche in Rom“ – seien „nicht ausreichend, um ihn im formellen und hartnäckigen Sinn zum Häretiker zu machen, sondern nur in einem materiellen Sinn“. Ist es zu fassen? Was muß Bergoglio eigentlich noch tun? Wir sind überzeugt, selbst wenn er sich vier Frauen nähme, einen Bart wachsen ließe, eine „Takke“ aufsetzte, freitags in die Moschee ginge, sich zum Islam bekennen und zum Imam erklären würde, würden die Tradis immer noch sagen, man könne keine „formelle“ Häresie bei ihm feststellen, sondern höchstens eine „materielle“, weswegen er nach wie vor Papst bleibe. Ein „muslimischer Papst“ zwar, aber doch noch „Papst“.

Ein „Argument“ des „Don“ ist allerdings interessant. Er weist darauf hin, daß „diejenigen, die sich für befugt halten, ihn als Häretiker und damit als nicht authentischen Papst zu bezeichnen“, „typischerweise alle früheren Päpste für authentisch und damit nicht häretisch“ hielten „in dem Sinne, in dem sie Papst Franziskus für häretisch halten“. Dies jedoch sei „inkohärent“, wenn man bedenke, „daß auch seine Vorgänger zur Häresie in Worten oder Taten neigten“. Er zählt folgende Beispiele auf: „Papst Johannes Paul II. küßte den Koran und führte den Vorsitz bei Versammlungen der ‚anderen Religionen’ in Assisi, Papst Benedikt folgte ihm in letzterer Praxis; Papst Johannes XXIII. und Paul VI. haben das Zweite Vatikanische Konzil einberufen und gefördert, das den formellen Eintritt der Heterodoxie in die Kirche bedeuten sollte.“ Die „Worte und Taten“ von „Papst Franziskus“ unterschieden sich nicht wesentlich von denen seiner Vorgänger. Die „Richter“ von „Franziskus“ müßten also die Schlußfolgerung ziehen, daß entweder alle diese fünf Päpste Häretiker waren oder keiner von ihnen. Die „Tradition“ lehre, daß es „keiner von ihnen“ gewesen sei.

Großartig! Endlich hat er etwas Richtiges getroffen und eine Wahrheit gesprochen! Wenigstens bis auf den letzten Satz. Tatsächlich waren alle „Konziliaren Päpste“ seit „Johannes XXIII.“ häretisch und keine Päpste. Es gibt keinen wesentlichen Unterschied zwischen Bergoglio und seinen fünf Vorgängern. Es ist vollkommen inkohärent, Bergoglio einen Ketzer zu schelten, während man Wojtyla, Ratzinger, das „II. Vatikanum“ und seine Urheber Roncalli und Montini zu Horten der Rechtgläubigkeit erhebt. Der „Don“ hat recht. Entweder waren sie alle häretisch oder keiner von ihnen. Entweder waren sie alle Päpste oder keiner von ihnen. Die „Tradition“ lehrt allerdings letzteres, daß „keiner von ihnen“ Papst war, nicht daß „keiner von ihnen“ Häretiker war.

Zusammenfassung der Antworten

„Don“ Leone gibt zusammenfassend noch einmal seine Antworten auf die Punkte A-D. Das sieht so aus: „A. Die Abdankung von Papst Benedikt: gültig. B. Die Wahl von Papst Franziskus: ungültig. C. Das Anhangen der Gesamtkirche an Papst Franziskus: gültig, wenn (A) und (B) gültig sind. D. Die Häresie von Papst Franziskus: unzureichend, um sein Papsttum ungültig zu machen.“

Wir wollen auch unsere Antworten zusammenfassen, die etwas anders aussehen: A. Die „Abdankung“ von Papst Benedikt: war keine Abdankung, sondern eine Modifizierung und Erweiterung des „konziliaren Petrusdienstes“. B. Die Wahl von Papst Franziskus: war als Papstwahl ohnehin ungültig, da sie durch ein „Konklave“ der „Konziliaren Kirche“ erfolgte; daß Bergoglio „gültig“ zum Oberhaupt jener apostatischen Sekte erhoben wurde, kann ohne weiteres zugegeben werden, ist aber ohne Belang und nur ein weiterer Beweis für sein Ketzertum, denn ein rechtgläubiger Katholik würde nie Chef einer Sekte werden. C. Das Anhangen der Gesamtkirche an Papst Franziskus: ist kein Anhangen der wahren Kirche an ihre lebendige Glaubensregel, sondern eine schlichte Anerkennung Bergoglios als Oberhaupt jener Sekte, bestätigt daher einmal mehr sein Ketzertum. D. Die Häresie von Papst Franziskus: So eindeutig und offenkundig, daß sie sogar die Tradis einschließlich des „Don“ Leone mittlerweile zugeben müssen. Ihre spitzfindige Unterscheidung zwischen „formell“ und „materiell“ ist für das „Papsttum“ Bergoglios obsolet, weil er als Chef der häretischen „konziliaren“ Sekte ohnehin als akatholisch gelten muß und nicht Papst sein kann. Er kann es ebensowenig wie beispielsweise der anglikanische „Erzbischof von Canterbury“, unabhängig davon, ob er persönlich „materiell“ oder „formell“ häretisch ist.

Die Frage der „Kompetenz“

Bleibt für den „Don“ noch unter Punkt „E.“ die Frage zu untersuchen, wer die „Kompetenz“ dafür habe festzustellen, „wer Papst ist“. Überblicke man die Reihe der letzten sechs Päpste, so könne man, sei es im Hinblick auf ihre Wahl oder ihre Rechtgläubigkeit, Gründe finden, die uns an der „Authentizität“ bei mindestens fünf von ihnen zweifeln lassen. Wollten wir nicht in einen „oberflächlichen und gefühlsbetonten Sedisvakantismus“ verfallen, so müßten wir uns vor allem anderen fragen, ob wir überhaupt die „Kompetenz“ hätten, darüber zu urteilen. Bevor wir uns fragen, ob „Franziskus“ Papst sei, müßten wir uns fragen, wer darüber entscheiden kann, und die Antwort sei: niemand. Denn schließlich habe die Kirche immer gelehrt, daß der Heilige Stuhl „von niemandem gerichtet“ werden könne.

Dies belegt der „Don“ ausnahmsweise mit etlichen Lehramtsstellen – mit denen er bisher eher sparsam war. Zu Lebzeiten eines Papstes könne man also gar nichts darüber sagen, höchstens hinterher, so wie „Kardinal“ Roncalli, als er nach seiner Wahl den Namen „Johannes XXIII.“ annahm, damit endgültig klarstellte, daß jener „Johannes XXIII.“, den es während des „Abendländischen Schismas“ bereits einmal gegeben hatte, kein Papst, sondern Gegenpapst gewesen sei. (Vielleicht hat Roncalli aber damit nur klarstellen wollen, daß er selber kein Papst, sondern ein Gegenpapst gewesen ist?). Kurzum, nur ein künftiger Papst könne über all das entscheiden, über die Gültigkeit des Ratzinger-Rücktritts, über die Wahl von „Franziskus“, über das „Anhangen der universalen Kirche an Papst Franziskus“ und über des „Franziskus“ Ketzereien. Erst wenn die Kirche ihr Urteil gefällt habe, könnten wir sicher sein, ob „Franziskus“ Papst sei oder nicht, selbst wenn wir dies nicht mehr erleben würden.

Notwendige Entscheidung

Das ist die typische „Traditionalisten“-Ausrede, um sich vor der notwendigen Entscheidung zu drücken. Sie ist nur möglich, weil die „Traditionalisten“ keinen Begriff mehr haben, was der Papst eigentlich ist: Er ist für uns die „lebendige Glaubensregel“, wie wir oben gesehen haben. Wir sind für unser ewiges Seelenheil unbedingt darauf angewiesen, dieser „lebendigen Glaubensregel“ zu folgen, auf Gedeih oder Verderb. Wie Papst Bonifaz VIII. unfehlbar lehrte: „Wir erklären, sagen und definieren nun aber, daß es für jedes menschliche Geschöpf unbedingt notwendig zum Heil ist, dem Römischen Bischof unterworfen zu sein“ (DH 875). Da wäre es doch gut, wenn man wüßte, wer dieser „Römische Bischof“ ist, dem man unbedingt „unterworfen zu sein“ hat.

Deshalb ist es keineswegs gleichgültig, wer der Papst und damit unsere Glaubensregel ist und wer nicht. Wir können das nicht im Unklaren lassen und uns damit beruhigen, daß die Kirche irgendwann einmal darüber ein Urteil fällen wird, während wir unser Urteil suspendieren und einfach unserem eigenen Kopf als „Glaubensregel“ folgen, mag der „Papst“ sagen, was er will. Denn das ist der Kern des „Traditionalismus“: Wir kümmern uns nicht um den Papst. „Wir machen, was wir wollen, und es ist gut so“, wie ein „traditionalistischer“ Priester es einmal ausgedrückt hat. Da würde eine klare Antwort nur stören. Viel besser ist es, alles im Dunst und Nebel zu lassen und eine Entscheidung der „Zukunft“ zu überlassen, um einstweilen in Ruhe weiterwursteln zu können - und das ewige Heil zu verfehlen.

Doch ohne es zu wollen – oder wenigstens ohne es zuzugeben –, haben die „Traditionalisten“ damit ihrerseits eine Entscheidung getroffen. Sie folgen „Franziskus“ nicht als ihrer Glaubensregel, sie weigern sich, ihm „unterworfen zu sein“, und das heißt, sie anerkennen ihn im Grunde nicht als Papst. Sie tun aber so als ob, hängen seine Bilder auf, fügen seinen Namen im Kanon der Hl. Messe ein, und begeben sich damit in einen heillosen Widerspruch.

Mehr noch: Obwohl sie immer betonen, daß niemand den Apostolischen Stuhl richten dürfe, zögern sie nicht, über denjenigen zu urteilen, den sie für ihren „Papst“ betrachten, und ihn der übelsten Ketzereien und sonstiger Vergehen anzuprangern, ihn einen „bösartigen Tyrannen“ zu heißen. Das tun die „oberflächlichen und gefühlsbetonten Sedisvakantisten“ nicht. Sie stellen fest, daß ein „Franziskus“ mit seinen Ketzereien unmöglich die lebendige Glaubensregel für die Kirche sein kann und sie ihn daher nicht als Papst anerkennen können. Dann handeln sie konsequent nach dieser Erkenntnis. Sie urteilen nicht über den Apostolischen Stuhl, auch nicht über Bergoglio, sondern fällen lediglich das Gewissensurteil, wem sie zu folgen haben und wem nicht. Anders die „Traditionalisten“, die sich das Urteil darüber erlauben, wann sie ihrem „Papst“ zu folgen haben und wann nicht, ob er ein „guter“ oder ein „schlechter“ Papst sei usw., und sich damit über den Apostolischen Stuhl erheben und ihn beurteilen.

Vergeblicher Bittruf

„Don“ Pietro faßt zusammen. „Glaube und Logik“ sprechen nach seinen Darlegungen für die „Meinung“, daß „Papst Benedikt gültig gewählt wurde und gültig zurücktrat“, daß „Papst Franziskus gültig gewählt wurde und Papst bleibt“, jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Niederschrift seines Artikels. Auch habe man gesehen, daß man darüber „mit Sicherheit“ erst durch eine Erklärung der Kirche wissen könne. (Das ist der „traditionalistische“ Agnostizismus, der ihr absurdes Denksystem erst möglich macht.)

Das Hauptproblem sieht er jedoch weder in einem dieser Punkt noch im „Neuen Kirchenrecht“, das unfähig sei, „eine gerechte und präzise Lösung“ für die gegenwärtigen Übelstände zu bieten. Nein, das Problem sei „die Häresie, die in unseren Kirchen propagiert und zelebriert wird, die von unseren Päpsten gefördert wird, die im Gesetz verankert ist, die von der Kirche als der höheren Wirklichkeit in die niedere Wirklichkeit, die die Welt ist, überläuft, die unseren Säuglingen und der zerbrechlichen Jugend, den Erwachsenen und den Älteren zugeführt und injiziert wird; die uns mit ihren narzisstischen Umarmungen erdrückt; die uns mit ihren tödlichen Dämpfen erwürgt und erstickt…“

Oh, welch salbungsvolle, blumige Rede! Der „Don“ zitiert dazu die Stelle aus der Offenbarung des heiligen Johannes: „… und der Rauch des Abgrunds stieg auf wie der Rauch eines großen Ofens. Und die Sonne und die Luft verfinsterten sich mit dem Rauch des Abgrunds.“ Und trotzdem bleibt er dabei, man könne nicht wissen, ob dieser „Abgrund“ nun der Papst sei oder nicht. Verzweifelt bricht er abschließend in den Schrei aus: „Mater Misericordiae, Ora pro nobis!

Wir fürchten, er ruft umsonst. Wer sich mutwillig in einen Abgrund stürzt und dabei um übernatürliche Hilfe fleht, begeht das, was wir eine „Versuchung Gottes“ nennen. Möge der „Don“ sich aus dem „Abgrund“ seines ketzerischen „Papstes“ befreien, indem er zugibt, daß dieser unmöglich Papst sein kann. Dann kann er auch auf die Hilfe der „Mutter der Barmherzigkeit“ hoffen.