Licht ins Dunkel oder Von falschen Propheten (2/2)

Abbé (oder „Abt“?) de La Rocque von der „Piusbruderschaft“ hat es unternommen, in einem „Brief an einen Gläubigen“ eine „gründliche Analyse“ des „Sedisvakantismus“ vorzunehmen, um diesen zu entlarven und vor dessen Gefahren zu warnen. Wir haben begonnen, uns seine „Analyse“ zu Gemüte zu führen und machen hier weiter.

Moralisches Urteil

Nach ihrem „Stolz“, mit dem sie ihre „persönliche Meinung“ allen „aufzwingen“ wollen, und ihrer „Tendenz“ zur Auflösung der „Sichtbarkeit der Kirche“, begehen „sie“, die „Sedisvakantisten“, noch einen dritten „Fehler“, und der besteht „darin, dass sie ein Urteil außerhalb ihrer – und unserer – Kompetenz aufstellen“! Unerhört! „Es gibt in der Tat Urteil und Urteil“, weiß der Pater und geht gleich in medias res: „Gewiss, in der Autoritätskrise, die die Kirche durchlebt, ist ein moralisches Urteil mehr denn je erforderlich.“ Aha, ein „moralisches Urteil“ darf man also fällen, z.B. daß die „Sedisvakantisten“ stolz sind. „Mithilfe des übernatürlichen gesunden Menschenverstandes [der „gesunde Menschenverstand“ ist nicht „übernatürlich“, er kann allenfalls übernatürlich erleuchtet sein], der auf der dauerhaften Lehre der Kirche beruht, kann es das Wahre vom Falschen, das Gute vom Bösen und sogar den gewöhnlich guten oder wahrheitsliebenden Menschen vom gewöhnlich hinterlistigen und doppelzüngigen Menschen unterscheiden.“ (Ach, auf einmal geht das alles, trotz der „per definitionem“ fehlenden „Gewissheit“?) Zu letzteren, den „gewöhnlich hinterlistigen und doppelzüngigen Menschen“, gehören zweifellos die „Sedisvakantisten“!

„Ein solches Urteil wird als moralisch bezeichnet, weil es auf die Lebensführung ausgerichtet ist“, weiß der Abbé. Wir würden es eher als „Privaturteil“ bezeichnen, wie das auch die „Sedisvakantisten“ tun (und in diesem Fall sogar ein „unmoralisches“). Außerdem weiß er: „Ein solches moralisches Urteil wird als moralisch gut bezeichnet, wenn es für mein Verhalten (oder das Verhalten der mir anvertrauten Personen) notwendig ist.“ Äh, nein. „Moralisch gut“ ist ein Privaturteil, wenn es mit der Wahrheit und dem Sittengesetz im Einklang ist. Dazu gehört natürlich auch, daß man kein freventliches Urteil abgibt wie beispielsweise das, daß die „Sedisvakantisten“ aus „Stolz“ handeln und „gewöhnlich hinterlistige und doppelzüngige Menschen“ sind.

Urteil der Vergeltung

Weiter geht die Lehrstunde des Paters: „So muss ich nicht über alles und jeden urteilen, sondern nur über die Dinge und Personen, mit denen ich in Interaktion stehe, eben um mich rechtschaffen zu verhalten.“ (Also müßte er z.B. nicht über die „Sedisvakantisten“ urteilen, da er mit ihnen nicht „in Interaktion“ steht, weil er ja die „Debatte“ mit ihnen meidet.) „Das ist heute unsere Situation gegenüber den Vertretern der kirchlichen Autorität, und deshalb fordert unser Herr von uns diese Unterscheidung: Hütet euch vor den falschen Propheten, die als Schafe verkleidet zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind (Mt 7,15).“ Ganz recht. Darum kommen wir nicht umhin, ein „moralisches Urteil“ zu fällen, ob wir es bei den „Konziliaren Päpsten“ mit echten Hirten oder mit „falschen Propheten“ zu tun haben. Dies liegt keineswegs „außerhalb unserer Kompetenz“, denn wäre es so, dann hätte der Heiland von uns nicht „diese Unterscheidung“ gefordert. Wo liegt also der „Fehler“, denn nichts anderes tun die „Sedisvakantisten“, als dieser Aufforderung des Herrn nachzukommen?

Der Pater gibt zu, daß „ein solches Unterscheidungsvermögen … in der Tat für unsere Rettung unerlässlich“ ist, sieht aber die Gefahr eines „Abgleitens“, „dem sich auch die Sedisvakantisten nicht entziehen können: Es ist so verlockend, vom moralischen Urteil zum Urteil der Vergeltung überzugehen“. Aha, neben dem „moralischen Urteil“ gibt es auch ein „Urteil der Vergeltung“. Wieder muß de La Rocque erklären: „Wo liegt die Unterscheidung? Wenn das moralische Urteil darauf abzielt, das eigene Verhalten zu lenken, besteht es nicht darin, das Verhalten anderer zu vergelten, auch wenn es als falsch erkannt wird; das ist das Wesen des vergeltenden oder auch gerichtlichen Urteils.“ Deshalb unterscheiden wir mit „ihnen“, den „Sedisvakantisten“, lieber das Privaturteil und das amtliche Urteil als das „moralische Urteil“ und das „Urteil der Vergeltung“. Aber im Grunde ist dasselbe gemeint. Nun gut. Aber wo genau gleiten „sie“, die „Sedisvakantisten“, denn nun vom „moralischen Urteil“ in das „gerichtliche Urteil“ ab? Müssen wir etwa fürchten, daß ein „sedisvakantistischer“ Amtsrichter demnächst mit möglicherweise gefälschten Mißbrauchsvorwürfen ein Verfahren gegen einen „konziliaren Bischof“ oder gar gegen „Papst Franziskus“ einleitet? Waren vielleicht jene Richter, die „Kardinal“ Pell (R.I.P.) ins Gefängnis schickten, allesamt rachsüchtige „Sedisvakantisten“?

Autodafé

„Dieses letzte Urteil steht nur dem zu, der in Autorität eingesetzt ist, denn nur er kann in Gerechtigkeit eine Strafe für die Unordnung eines anderen verhängen“, warnt uns der Abbé. Fürchtet er vielleicht, daß „sie“ demnächst zur Lnychjustiz greifen und Bergoglio aufknüpfen werden? Tatsächlich beschuldigt „sie“ der Pater: „Den Papst haben sie [die „Sedisvakantisten“!] zu einem Autodafé gemacht.“ [Ein Autodafé ist laut „Duden“ die „öffentliche Verkündigung des Urteils eines Inquisitionsgerichts und feierliche Durchführung dieses Urteils (meist Verbrennung von Ketzern)“.] Nun ja, wenn jemand derzeit Bergoglio „zu einem Autodafé“ macht, dann gewiß nicht die „Sedisvakantisten“. Die „Traditionalisten“ sind es, die in Internetforen und -plattformen ihren Haß auf Bergoglio austoben, ihn der Bosheit, der Häresie, der Tyrannei und aller möglichen Vergehen gegen die Kirche schuldig sprechen und das Urteil auch gleich vollstrecken, indem sie ihn in Beschimpfungen und häßlichen, bösen Karikaturen an den Pranger stellen und anspeien.

„Böse in der Verfolgung derjenigen, mit denen er nicht einverstanden war; böse in der gezielten Umsetzung der Verwirrung in der Lehre; böse in der Weigerung, die Verwirrung zu klären, die er selbst verursacht hatte – Franziskus hat mit seinem autoritären Bösen die Spannungen innerhalb der Kirche auf ein Niveau getrieben, das seit der protestantischen Revolte oder der Französischen Revolution nicht erreicht wurde.“ Diesmal aber rühre „die revolutionäre Bosheit aus dem Inneren der Kirche, von einem theologisch verkümmerten und moralisch bankrotten, bösartigen Tyrannen“, und deshalb: „Francis must go. Franzl muß gehen.“ So tobte eine „Website“ im Jahr 2018. „Papst Franziskus, Jorge Mario Bergoglio, ist tot. Er ist nicht wirklich gestorben, aber seine moralische Präsenz ist weg. Seine moralische Leiche ist der abscheuliche Kadaver, der auf der Kathedra des Fürsten der Apostel sitzt. Und seine einzigen wahren Unterstützer – die Liberalen, Häretiker und Apostaten – sind schon im Gange sich auszuhecken, wie sie ihn ersetzen werden, wenn das Unausweichliche geschieht.“ Wenn das kein „Autodafé“ ist! „Er hat getäuscht, er hat die wahrhaft Gläubigen verfolgt, er hat die Kleinen in ihrem Glauben verwirrt, er hat sich über die Tradition lustig gemacht, wann immer er konnte. Vor allem hat er gelogen, und er wurde der Lüge überwiesen, und er wurde als vollendeter Lügner erwiesen bei der Verteidigung eines schmutzigen Geschäfts perverser und Mißbrauch treibender Priester, die seine engsten Mitarbeiter sind.“ Darum die Folgerung: „Alles, was ihm noch zu tun bleibt, ist, seinen korrupten moralischen Leichnam, der auf der heiligen Mutter Kirche lastet, zu entfernen und wegzugehen. Abdankung ist die einzig mögliche Lösung für fünf Jahre wachsender Schande und gezielter Mißwirtschaft. Der Horror, den wir gleich am ersten Tag festgestellt haben, hat sich als pustulöse Infrukteszenz der Korruption voll entfaltet: Sodom in Rom.“ Ist das ein „Urteil der Vergeltung“ oder nicht? Es war aber keine „sedisvakantistische“ Seite, auf der dies stattfand, sondern der „traditionalistische“ Blog „Rorate Caeli“.

Leidenschaftliche Rachsucht

Das einzige Urteil, das „sie“, die „Sedisvakantisten“, sich erlauben, ist das „moralische Urteil“ (oder besser: Privaturteil), daß ein ketzerischer Mensch ein Wolf ist und kein Hirte sein kann, um danach zu handeln und ihre Seele zu retten. Wie wäre dies anders als „moralisch gut“ zu nennen? Der Abbé erwähnt das Beispiel von Erzbischof Lefebvre, der „einerseits 1987 schrieb, dass der Stuhl Petri vom Antichristen besetzt sei, andererseits aber weiterhin so handelte, als ob derjenige, der denselben Stuhl Petri besetzt, tatsächlich sein Nachfolger sei“. „Die erste Behauptung ist ein moralisches Urteil, die zweite zeigt, dass er sich eines gerichtlichen Urteils enthält“, glaubt der Pater das erklären zu können. Aber hatte er oben nicht gesagt, daß ein solches „moralisches Urteil“ gerade „für mein Verhalten notwendig ist“ und daß gerade heute „gegenüber den Vertretern der kirchlichen Autorität“ dieses „Unterscheidungsvermögen“ „für unsere Rettung unerlässlich“ ist? „Moralisch gut“ sei ein solches Urteil, „weil es auf die Lebensführung ausgerichtet ist“. Was aber nützt ein „moralisches Urteil“, das zwar befindet, daß „der Stuhl Petri von Antichristen besetzt“ ist, dann aber nicht danach handelt, sondern weiterhin so tut, „als ob derjenige, der denselben Stuhl Petri besetzt, tatsächlich sein Nachfolger sei“? Was soll daran „moralisch gut“ sein? Wenn jemand sich aufgrund seines „moralischen Urteils“ „rechtschaffen verhält“, dann sind es „sie“, die „Sedisvakantisten“, keinesfalls die „Traditionalisten“.

Der Abbé aber hat noch ein weiteres „(un-)moralisches Urteil“ über die „Sedisvakantisten“ parat: „Die Sedisvakantisten ihrerseits, beseelt von ihrer leidenschaftlichen Rachsucht, beten nicht mehr für den Papst und verurteilen alle, die es tun würden. Was für ein Paradoxon!“ Möge er uns einen einzigen „Sedisvakantisten“ zeigen, der von „leidenschaftlicher Rachsucht“ gegen Bergoglio oder sonst irgendwen beseelt ist. Nein, die mit der „leidenschaftlichen Rachsucht“ findet er nicht bei den „Sedisvakantisten“ (denen Bergoglio einigermaßen egal ist), sondern bei den „Traditionalisten“ (s.o.). Möge er uns einen einzigen „Sedisvakantisten“ zeigen, der „nicht mehr für den Papst betet“. Leider gibt es derzeit keinen Papst, für den man beten könnte, aber jeder „Sedisvakantist“ würde mit größter Freude „für den Papst beten“, wenn wir nur endlich wieder einen hätten! Und kein „Sedisvakantist“ würde jemals irgendjemanden „verurteilen“, der „für den Papst betet“, im Gegenteil! Mit größter Freude würde er jeden begrüßen, der – da wir derzeit nicht „für“ den Papst beten können – doch wenigstens „um“ einen Papst beten würde.

Und übrigens, falls der Pater mit „Papst“ Bergoglio meint, so sind wir sicher, daß die „Sedisvakantisten“ mehr für diesen beten als sonst jemand, am wenigsten die „Traditionalisten“. Schließlich ist er für sie ein „Geschenk des Himmels“, denn nie hat ein „konziliarer Papst“ deutlicher als er gezeigt, daß er gar kein Papst ist und sein kann, und als gute Christen wollen sie nicht, daß irgendjemand verloren gehe, auch nicht ein Jorge Mario Bergoglio. De La Rocque hat kein einziges Zitat aus der Schrift eines „Sedisvakantisten“, keinen einzigen Beleg beigebracht, und doch beschuldigt er „sie“ pauschal des „Stolzes“ und der „Rachsucht“ und des „Autodafés“. So ein Urteil ist nicht „moralisch gut“, sondern als freventliches Urteil per se schwer sündhaft. Wir an seiner Stelle würden das „Urteil der Vergeltung“ des ewigen Richters fürchten.

Mustergültig

De La Roque stellt – wie könnte es anders sein – Lefebvre, den „Bischof von Ecône“, als mustergültiges Beispiel für das rechte Verhalten hin. Dabei geht es mit dem Titel schon los. Lefebvre war nie „Bischof von Ecône“. Er war emeritierter Bischof von Tulle, er war „Titularerzbischof von Synnada in Phrygia Salutaris“, er lebte in Ecône, aber er war nicht der „Bischof von Ecône“. Dazu hätte Ecône ein Bistum sein müssen und er der legitime regierende Bischof. Weder das eine noch das andere war der Fall. Die bösen „Sedisvakantisten“, glaubt der Abbé zu wissen, bezögen sich gerne auf den „Bischof von Ecône“ und entlehnten von ihm Zitate, „um zu versuchen, ihre Positionen zu legitimieren“. Doch Lefebvre habe es „immer abgelehnt, dass diese mögliche persönliche Meinung [der „Sedisvakantisten“] zum Handlungsprinzip erhoben wird, und zwar so sehr, dass er die Anerkennung durch die römischen Behörden zur Bedingung für die Priesterweihe machte“. Wie bitte? Abgesehen davon, daß wir keinen „Sedisvakantisten“ kennen, der ausgerechnet mit Lefebvre-Zitaten seine „Position zu legitimieren“ suchen würde – er verwendet solche höchstens, um eingefleischten Lefebvristen zu zeigen, daß ihr Idol keineswegs so klar und eindeutig war, wie sie immer meinen –, abgesehen davon also sind wir im höchsten Maße verblüfft zu hören, daß Lefebvre „die Anerkennung durch die römischen Behörden zur Bedingung für die Priesterweihe machte“. Im Gegenteil hat er sich spätestens seit 1975 um keinerlei „Anerkennung“ durch irgendwelche kirchlichen „Behörden“ gekümmert, sondern frei und „autonom“ Priester und auch Bischöfe geweiht. Wohl aber hat er die (nominelle) „Anerkennung“ der „konziliaren Päpste“ durch die Kandidaten zur „Bedingung für die Priesterweihe“ gemacht. Keiner sollte geweiht werden, der nicht das aberwitzige „Recognize and Resist“ („Anerkenne und Widerstehe“) zu seinem Glaubenssatz machte. Rühmenswert oder mustergültig erscheint uns das nicht.

„Welche praktische Haltung“ sollen wir also nach Meinung des Abbés „einnehmen“? Da brauchen wir nicht länger zu fragen. Es ist natürlich das in sich vollkommen widersprüchliche und schismatische „Recognize and Resist“ Lefebvres. Der Pater bringt den gleichermaßen alten wie puerilen Vergleich mit dem biologischen Vater, diesmal mit einem Vater, „der an einer ebenso schweren wie mysteriösen Krankheit leidet, die zudem noch ansteckend ist“, den sein braver Sohn gleichwohl nicht „verleugnen“ würde, selbst wenn der Vater sich diese Krankheit „absichtlich zugezogen“ hätte. Der Sohn solle sich „vor den Handlungen seines Vaters schützen“ und den Rest den „Spezialisten“ überlassen. Der Abbé sieht selber ein, daß sein Vergleich „irreführend“ ist, hält aber trotzdem daran fest. Für ihn in seiner übergroßen Bescheidenheit ist es abermals „eine Frage der elementaren Demut, das Urteil darüber, ob der Stuhl Petri derzeit von einem Papst oder einem Gegenpapst besetzt ist, zurückzustellen“. „Überlassen wir dieses Urteil den Päpsten von morgen und bitten wir die himmlischen ‚Spezialisten’, bei Gott für die Kirche einzutreten, die, wie wir uns erinnern sollten, all diese Bosheit überleben wird: Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen (Mt 16,18).“ Ja, in der Tat, daran sollten wir uns erinnern, daß „die Pforten der Hölle“ die Kirche nicht „überwältigen“ werden. Das aber wäre geschehen, wenn unser „Heiliger Vater“ zum Wolf geworden wäre. Uns scheint es nicht eine Frage der Aszese und Demut, sondern eine „elementare“ Frage auf Leben und Tod für unser Seelenheil zu sein, ob wir es beim Papst, der unsere Glaubensregel ist, wirklich mit dem Heiligen Vater oder mit einem Wolf zu tun haben, die wir leider nicht irgendwelchen „Spezialisten“ oder „Päpsten von morgen“ überlassen können. Denn dann könnte es zu spät sein und sind wir womöglich bereits unrettbar verloren.

Anmerkungen

In den „Anmerkungen“ zu seinen „Fußnoten“ beschäftigt sich der unerschrockene Abbé, der vor nichts zurückscheut, zunächst mit dem „una cum der Messe“. Dieses finde sich „im ersten Gebet des Kanons“, wo der Priester Gott anflehe, „das Messopfer anzunehmen“. Der Priester stelle darin Gott die ganze Kirche vor und bitte ihn, „ihr Frieden zu geben, sie zu schützen, sie in Einheit zu halten und sie in der ganzen Welt zu regieren und mit ihr (una cum) euren Diener, unseren Papst N. und unseren Bischof N.“. Die verruchten „Sedisvakantisten“ aber meinten, „diese Erwähnung des Papstes aus dem Kanon streichen zu müssen“, um „zu zeigen, wie wenig sie mit dem aktuellen Papst in Verbindung stehen, wenn er den Glauben von jeher angreift“. Der Pater versäumt nicht darauf hinzuweisen, daß „die ersten, die dies taten“, „Schismatiker aus dem Osten im 5. Jahrhundert“ gewesen seien. Es sei „zu befürchten“, daß „sie“ (die „Sedisvakantisten“) „die Bedeutung dieses Gebets nicht verstanden haben, die eine doppelte ist“. Wir fürchten, daß der Abbé wieder einmal nichts verstanden hat, weder „die Bedeutung des Gebets“ noch das Verhalten der „Sedisvakantisten“. Diese nämlich „meinen“ nicht, die „Erwähnung des Papstes aus dem Kanon streichen zu müssen“. Sie folgen nur der Anweisung der Kirche, im Falle einer „Sedisvakanz“ den Namen des Papstes auszulassen, da ja keiner vorhanden ist. Anders als die „Schismatiker aus dem Osten im 5. Jahrhundert“ halten sie es für notwendig, die Heilige Messe in Einheit mit dem – wahren – Papst zu feiern, weshalb sie nicht bereit sind, statt des wahren Papstes einen falschen Gegenpapst einzusetzen, nur um irgendeinen Namen zu nennen. Das ist alles.

Wie aber ist es nun mit der „doppelten Bedeutung“ des Gebets, das die „Sedisvakantisten“ „nicht verstanden haben“, der Abbé aber sehr wohl? Erstens, so erklärt er uns, weise dieses „darauf hin, dass der Priester am Altar im Namen der gesamten Kirche handelt, die er verkörpert, und zweitens, dass die Früchte des Opfers, das er amtiert, für die gesamte Kirche bestimmt sind“. Sehr richtig. Seltsam, so haben es die „Sedisvakantisten“ auch immer verstanden. Wo ist ihr Fehler? „Gerade um zu zeigen, dass sich am Altar die ganze Kirche in ihm verkörpert, sagt der Priester, er bete una cum zum Papst [nicht nur „una cum“, sondern auch „zum“ Papst? Wir dachten immer, der Priester bete zu Gott, zwar „für“ den Papst, „für“ den Ortsbischof usw., nicht aber „zum Papst“, „zum Ortsbischof“ usw.], zum Ortsbischof, zu allen Priestern (omnibus orthodoxis) [„orthodoxis“ sind die „Rechtgläubigen“, nicht „alle Priester“] und Gläubigen (catholicæ et apostolicæ fidei cultoribus) [„alle, die den katholischen und apostolischen Glauben fördern“, wird es im „Schott“ übersetzt], womit er die Einheit und Sichtbarkeit der Kirche, die er dann verkörpert, zum Ausdruck bringt.“ Eben. Darum beten die „Sedisvakantisten“ nicht „una cum“, und schon gar nicht „zu“ irgendwelchen Häretikern, die weder Papst noch Ortsbischof noch rechtgläubig noch Förderer des katholischen und apostolischen Glaubens sind. Wo ist das Problem?

Das „una cum“

„Das una cum“, erläutert der eifrige Pater weiter, bedeute „also keineswegs die Teilnahme des Priesters an den Handlungen des Papstes, seien sie nun gut oder schlecht, sondern die Teilnahme des Papstes (als Oberhaupt der sichtbaren Kirche) und der ganzen Kirche an seiner eigenen Handlung, wenn er die Messe feiert“. Ach, so ist das! Es ist also „keineswegs“ so, daß der Priester, wenn er die Messe feiert, dies im Namen des Papstes und damit gewissermaßen in „Teilnahme“ an der Handlung des „Oberhaupts der sichtbaren Kirche“ tut, sondern es ist vielmehr umgekehrt: Der Priester feiert die Messe sozusagen aus eigener Vollkommenheit und läßt den Papst („als Oberhaupt der sichtbaren Kirche“) und die „ganze Kirche“ gnädigerweise geistig daran teilnehmen. Wir dachten immer, die Heilige Messe sei ein Akt des Mystischen Leibes, der Kirche, weshalb der Priester diese nur in Unterordnung unter deren sichtbares Haupt und in dessen Auftrag feiern kann, was er in besagtem „una cum“ zum Ausdruck bringt. Wie man sich doch täuschen kann!

Dabei weiß der Pater: „Die Gemeinschaft, um die es hier geht, ist keineswegs eine innere Gemeinschaft von Gefühlen, sondern die hierarchische Gemeinschaft, auf die sich die Sichtbarkeit und Einheit der Kirche gründet, die im Augenblick im Zelebranten verkörpert ist. Wenn also der Priester am Altar die ganze Kirche als eine verkörpert, dann sind die Früchte des Opfers, das er darbringt, dazu berufen, auf die ganze Kirche zurückzufallen. Wenn er also für die ganze Kirche betet, kann er nur una cum den Papst, den Bischof, alle Priester und Gläubigen hinzufügen, damit die Einheit – und damit die Sichtbarkeit – der Kirche, für die er betet, zum Ausdruck gebracht wird.“ Ganz genau. Und eben diese Sichtbarkeit wird nicht „zum Ausdruck gebracht“, wenn der Priester an dieser Stelle einen Gegenpapst, einen „Bischof“, „Priester“ und „Gläubige“ einer falschen, nicht rechtgläubigen, nicht katholischen und nicht apostolischen Sekte nennt. Denn damit stellt er sich in die „hierarchische Gemeinschaft“ dieser Sekte, die sich außerhalb der „Sichtbarkeit und Einheit der Kirche“ befindet. Er verkörpert dann am Altar weder „die ganze Kirche“ noch fallen die „Früchte des Opfers“ auf „die ganze Kirche“ zurück. Er begeht vielmehr eine schismatische und häretische Tat, deren üble „Früchte“ auf ihn und alle „zurückfallen“, die diesem Frevel beiwohnen.

Eucharistische Wunder

Ein besonderes „Schmankerl“ ist die „Anmerkung 02“ über „Einige Lehren aus einem kürzlich erfolgten eucharistischen Wunder“. Wir sind voll gespannter Aufmerksamkeit. „Am 12. Oktober 2008“, erfahren wir, habe ein gewisser „Pater J. Ingielewicz in der Kirche St. Antonius in Sokótka (Polen) die Heilige Messe in Anwesenheit von 200 Personen“ gefeiert. Da stellt sich uns schon die Frage: Was hat der „Pater“ da wirklich „gefeiert“? Hat er eine „Heilige Messe“ zelebriert oder eine „Novus-Ordo-Mahlfeier“ begangen? Doch wir haben den Abbé unterbrochen. Also weiter: „Während er die Kommunion austeilt, lässt er eine Hostie auf den Boden fallen.“ [Sehr unaufmerksam und nachlässig von dem „Pater“! Hat er vielleicht bei der „Kommunionausteilung“ keine Patene verwendet oder sonstwie geschlampt?] „Er hob sie auf, stellte sie in ein mit Wasser gefülltes Silbergefäß, damit sich die Hostie auflöste, und legte das Ganze in einen Tresor in der Sakristei. Zwei Wochen später hatte sich die Hostie nicht nur nicht im Wasser aufgelöst, sondern es war auch eine Form erschienen, die an einen Blutfleck erinnerte. Der Priester und sein Pfarrer waren erschüttert und wandten sich an den Bischof Edward Ozorowski. Als dieser kommt, zeigt die heilige Hostie neben dem Blutfleck auch etwas, das wie eine organische Substanz aussieht.“ Wahrhaft, wie „erschütternd“! Eine „Form, die an einen Blutfleck erinnert“ und „etwas, das wie eine organische Substanz aussieht“! Und das an einer „Novus-Ordo“-Hostie!

Um es kurz zu machen: Der „Bischof“ ließ die Sache „wissenschaftlich“ untersuchen, und die „Experten“ kamen zu dem Ergebnis, daß es sich bei der „organischen Substanz“ um „Gewebe eines noch lebenden, aber im Sterben liegenden menschlichen Herzmuskels“ handele. „Der gegenwärtige Stand der Biologie erlaubt es uns nicht, dieses Phänomen wissenschaftlich zu erklären“, lautete die Aussage eines „Professors“. Doch nun kommt’s! Der Abbé versetzt den „Sedisvakantisten“ den letzten entscheidenden Schlag, denn er fährt fort: „Um für dieses bezeugte Wunder [!] zu danken, sei den Sedisvakantisten gesagt, dass Pater Jacek Ingielewicz, der Konsekrator der wunderbaren Hostie, am 11. Juni 2005 von Erzbischof Wojciech Ziemba nach dem reformierten Ritus von Paul VI. zum Priester geweiht wurde. Was Bischof Wojciech Ziemba betrifft, so wurde er am 4. Juli 1982 von Bischof Glemp nach dem neuen Ritus der Bischofsweihe zum Bischof geweiht. Dieses Wunder bezeugt also unter anderem, dass man die neuen Riten der Bischofsweihe und -weihe nicht als systematisch ungültig betrachten kann. Wie das alte Sprichwort contra factum non fit argumentum besagt, hält kein Gegenargument vor den erwiesenen Tatsachen stand.“

Contra factum non fit argumentum

Ja, da stehen die „Sedisvakantisten“ nun wie begossene Pudel da und können nichts mehr antworten. Denn „contra factum non fit argumentum“ und gegen ein „bezeugtes Wunder“ ist alle menschliche Weisheit eitel. Die alberne Behauptung der „Sedisvakantisten“, welche „die neuen Riten der Bischofsweihe und -weihe“ – und übrigens auch den „Novus Ordo“ der „Messe“ – als systematisch ungültig betrachten, ist damit durch Gott selber vom Tisch gefegt! Ätsch! Was haben wir dazu zu sagen? Das vom Abbé erwähnte „Eucharistische Wunder“ war nicht das einzige seiner Art, das ausgerechnet in Polen geschah. Wie „katholisch.de“ am 15. Dezember 2022 vermeldete, hat sich am 27. November jenes Jahres ein ähnliches Ereignis zugetragen, als „ein Priester in der Kirche der Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Topola ein auf dem Boden liegendes Stück einer konsekrierten Hostie in Wasser auflösen“ wollte. (Den „Priestern“ in Polen scheinen auffällig oft Hostien zu Boden zu fallen. Vielleicht sollten sich die „Bischöfe“ darum einmal kümmern statt „Hostienwunder“ „wissenschaftlich“ untersuchen zu lassen.) „Dabei hätte sich das Hostienstück dunkelrot verfärbt.“ Weiter heißt es in dem Bericht: „Bereits zuvor kam es zu zwei ähnlichen Ereignissen in Polen. In beiden Fällen soll die jeweilige Hostie dem Gewebe eines menschlichen Herzens ähneln. 2013 wurde eine entsprechende Veränderung einer Hostie niederschlesischen Liegnitz festgestellt, die von einer durch den zuständigen Diözesanbischof Stefan Cichy eingerichteten Kommission untersucht wurde. Die Glaubenskongregation erlaubte 2016 die Verehrung der Hostie als Reliquie. Auch im nordostpolnischen Sokółka kam es 2008 zu einer Veränderung einer zum Auflösen in Wasser gelegten Hostie, das allerdings nicht als Wunder eingestuft wurde.“ Letzteres, das nicht einmal „als Wunder eingestuft wurde“, ist das „bezeugte Wunder“, auf welches de La Rocque sich bezieht.

Ein Wunder – selbst wenn es echt sein sollte – ist niemals ein theologischer Beweis. Im Gegenteil, ein Wunder würde sich sogleich als falsch erweisen, wenn es einem eindeutigen theologischen Befund widerspricht. Wenn z.B. eine „Muttergottes“ erscheint, welche behauptet, sie sei ebenso die Mutter der Orthodoxen und Muslime wie der Katholiken, so steht das Urteil fest, ohne daß es weiterer Untersuchungen bedürfte. Nicht die Theologie hat sich am Wunder zu messen, sondern das Wunder an der Theologie. Nun gibt es eindeutige theologische Nachweise, daß die „neuen Weiheriten“ der „Konziliaren Kirche“, besonders die „Bischofsweihe“, ungültig sind (vgl. Die Gültigkeit der neuen Weihen, Geist-Christologie) und daß der „Novus Ordo“ kein Meßritus ist und keine gültige Wandlung hervorbringt (vgl. Liturgische Metamorphose). Ein angebliches „eucharistisches Wunder“ ist dagegen kein Argument. „Contra argumentum theologicum non fit (pseudo-)factum miraculosum“, müßte man formulieren.

Wunder und Scheinwunder

Im „Volkskatechismus“ von Spirago lesen wir: „Wunder läßt Gott nur geschehen zu seiner Verherrlichung und zur Bekräftigung der Wahrheit.“ Spirago erklärt: „Wenn Gott durch ein Wunder, also in außergewöhnlicher Weise, in den gewöhnlichen Lauf der Natur eingreift, so muß ein ganz besonderer Zweck vorliegen. Gott will die Menschen auf etwas Wichtiges aufmerksam machen. Er will entweder zeigen, daß er, der Herr der Schöpfung, wirklich existiert und Macht hat (er will also den Glauben heben), oder er will etwas billigen oder bekräftigen. Allen Urkunden (z.B. den Schulzeugnissen) wird von der ausstellenden Behörde das amtliche Siegel aufgedrückt; durch dieses wird bestätigt, daß die Urkunde von der betreffenden Behörde wirklich ausgestellt worden ist. So hat auch Gott ein Siegel, womit er beglaubigt, daß etwas von ihm stammt. Dieses Siegel sind seine Wunder. Dieses Siegel hat sogar vor anderen den Vorzug, daß es von niemandem nachgemacht werden kann.“

Welchen Sinn sollten „eucharistische Wunder“ im „Novus Ordo“ haben? Sollen diese das „göttliche Siegel“ sein, um die „neuen Riten“ zu beglaubigen, daß sie von Gott stammen? Wenn ja, warum unterstehen sich die Lefebvristen dann, diese durch Wunder beglaubigten Riten abzulehnen? Wäre es nicht ein deutliches Zeichen für sie, sich endlich zu bekehren und den „Novus Ordo“ zu übernehmen, den Gott doch durch „eucharistische Wunder“ bestätigt hat? „Wunder läßt Gott nur geschehen zu seiner Verherrlichung und zur Bekräftigung der Wahrheit“, schreibt Spirago. „Nie aber läßt Gott wahre Wunder zur Bekräftigung der Unwahrheit geschehen. Denn diese sind immer der Beweis des göttlichen Wirkens und der Wahrheit… Allerdings läßt Gott zu, daß böse Geister oder böse Menschen Scheinwunder verrichten. Diese sind aber eine Folge der Gerechtigkeit Gottes und dienen zur Bestrafung des Unglaubens (Suarez). Den Gerechten verleiht aber Gott seine Gnade, damit sie diesen Betrug erkennen.“ Kein gutes Zeichen, wenn die Lefebvristen diesen Betrug nicht erkennen.

„Kirche Satans“

„Die Prophetien der Apokalypse zeigen, daß Satan die Kirche Christi nachahmen wird, um die Menschen zu täuschen. Er wird eine Kirche Satans errichten gegen die Kirche Christi. Der Antichrist wird die Rolle des Messias übernehmen, sein Prophet wird den Part des Papstes spielen. Es wird Nachahmungen der Sakramente der Kirche geben. Es wird auch Scheinwunder geben in Nachahmung der Wunder, die in der Kirche geschehen“, schreibt Rev. E. Sylvester Berry in „The Church of Christ: An Apologetic and Dogmatic Treatise“ (St. Louis, MO: B. Herder Book Co., 1927, p. 119). Der Teufel vermag Scheinwunder zu wirken, und für die Letzten Zeiten ist uns vorhergesagt, daß er eine besondere Wirkmacht entfalten wird. Er wird sogar Wunder simulieren, die normalerweise einen eindeutig göttlichen Ursprung bezeugen, wie die Auferweckung von Toten. Der Antichrist wird sich gemäß der Offenbarung des heiligen Johannes durch ein solches Scheinwunder als Messias ausgeben. Eucharistische Wunder wie das Rotfärben einer Hostie oder ihr Austausch durch ein Stück Fleisch sind für Dämonen ein Kinderspiel (wenn es dafür überhaupt Dämonen braucht und nicht ein gewitzter polnischer „Priester“ ausreicht, der seiner dümpelnden Pfarrei mehr Zulauf und Einnahmen bescheren will). Darum hat die Kirche solche Wunder stets streng geprüft, ehe sie die Verehrung zuließ wie in Lanciano. Wer soll heute diese „Wunder“ prüfen?

Für uns sind diese „Wunder“ nur ein Zeichen mehr, daß es sich bei der „Konziliaren Kirche“ um eine teuflische Nachahmung der Kirche Christi, um die „Kirche Satans“ und des Antichristen handelt. Umso schlimmer, wenn „Traditionalisten“ wie Abbé de La Rocque darauf hereinfallen und uns diese After-„Kirche“ als unsere heilige Mutter und den Wolf im Papstgewand als unseren „Heiligen Vater“ verkaufen wollen (wie der Wolf, der sich gegenüber Rotkäppchen als Großmutter und gegenüber den sieben Geißlein als ihre Mutter ausgegeben hat). Und er ist in bester Gesellschaft. Für den „Pius-Widerstands“-Bischof Williamson waren die polnischen „eucharistischen Wunder“ schon vor Jahren der sichere Beweis, daß der „Novus Ordo“ allenfalls „in Teilen“ schlecht sein könne, nicht aber als Ganzes . Wie wunderbar sich „Pius-Widerstand“ und „Pius-Mainstream“ doch wieder einig sind, wenn es nur gegen die „Sedisvakantisten“ geht! Die Warnung des Abbé vor den „falschen Propheten“, die „zu euch kommen, verkleidet als Schafe“, doch „im Inneren raubgierige Wölfe“ sind, fällt somit auf ihn selber und die „Traditionalisten“ zurück.

Zusammenfassung

In seinem „Brief an einen Gläubigen“ gedachte Abbé de La Rocque, eine „gründliche Analyse“ der „sedisvakantistischen Thesen“ vorzunehmen. Um „ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen“, wollte er „die Argumente der Sedisvakantismus-Befürworter neu beleuchten“. Er hat aber weder irgendwelche „sedisvakantistischen Thesen“ aufgeführt noch ein einziges der „Argumente der Sedisvakantismus-Befürworter“ dargelegt geschweige denn „neu beleuchtet“. Stattdessen hat er die alten, vergammelten anti-sedisvakantistischen „Traditionalisten“-Vorurteile aus der Tiefkühltruhe hervorgeholt und wieder aufgewärmt.

Stolz und persönliche Meinung

Aus „Stolz“ erheben die „Sedisvakantisten“ ihre „persönliche Meinung“, der „per definitionem“ keinerlei „Gewissheit“ zukommt und die sie sich „im eigenen Sinne“ durch Rückgriff auf „rein spekulative“ Debatten früherer Theologen zurechtgemacht haben, zum „absoluten Urteil“. „Leichtsinnig“ und „gefährlicher“ Weise machen sie aus ihrer „spekulativen Meinung“ eine „praktische Richtlinie“, die sie auch noch „allen aufzwingen“ wollen, was sie „noch stolzer“ macht. Im Gegensatz zu den „Piusbrüdern“ fehlt ihnen die „elementare Demut“ einzusehen, daß „in diesem Bereich“ niemand „entscheidend sprechen“ kann. - In Wahrheit folgen die „Sedisvakantisten“ in aller „elementaren Demut“ lediglich dem Dogma, den Fakten und der sicheren kirchlichen Lehre. Die „Traditionalisten“ sind es, die ihre „persönliche Meinung“, die sie sich „im eigenen Sinne“ zurechtgemacht haben, die nicht nur keinerlei „Gewissheit“ hat, sondern in sich vollkommen widersprüchlich ist und nicht einmal auf „rein spekualtive“ Debatten früherer Theologen zurückgreifen kann kann - außer auf die der Gallikaner, Jansenisten, Altkatholiken und Modernisten -, allen „aufzwingen“ wollen (und das, soweit möglich, auch getan haben). Trotz ihrer „Demut“ wagen sie es, „entscheidend zu sprechen“ - obwohl das doch „niemand kann“ - und behaupten, man müsse Bergoglio als „Papst Franziskus“ anerkennen und ihn im Kanon der Hl. Messe nennen.

Sichtbarkeit der Kirche

„Abgesehen davon, dass sie [„sie“, das sind die „Sedisvakantisten“] zur Gewissheit erheben, was aus rein spekulativer und nicht praktischer Sicht höchstens eine mögliche Meinung ist“, so haben wir weiter gelernt, haben „die sedisvakantistischen Thesen noch den Fehler, dass sie ihre Überlegungen auf eine partielle Bestandsaufnahme stützen, was ihr Urteil entsprechend verzerrt“. So vergessen sie über der „Tiefe und Schwere der Krise der Kirche“ ganz und gar, „was die Kirche ist“ und „vernachlässigen einige ihrer Merkmale“, insbesondere deren Sichtbarkeit. Denn schließlich hat „unser Herr die Kirche auf Petrus gebaut“. „Sie“ aber – die „Sedisvakantisten“ – haben die „Tendenz“, „die Kirche auf die Gesellschaft der Guten zu reduzieren“ und damit auf eine „rein geistige, wenn auch praktisch organisierte Gesellschaft, die der ‚Reinen’“, wie es ehedem und „zu allen Zeiten“ finstere Mächte wie die „Donatisten“ getan haben. „Böse Bischöfe“ – und wohl auch „böse Päpste“ – wollen sie „von sich aus“ aus der Kirche „ausschließen“. („Böhse Sedisvakantisten“, können wir da nur sagen!) - In Wahrheit sind es die „Traditionalisten“, welche die Sichtbarkeit der Kirche und „einige ihrer Merkmale“ „vernachlässigen“, indem sie die „Konziliare Kirche“, die keines der Kennzeichen der wahren Kirche Christi aufzuweisen hat (Einheit, Heiligkeit, Apostolizität, Katholizität), unbedingt als katholische Kirche ansehen wollen.

Gültigkeit von Priester- und Bischofsweihen

Diese „Tendenz“ zur Leugnung der Sichtbarkeit der Kirche ist bei den „Sedisvakantisten“ „umso ausgeprägter, wenn einige von ihnen dazu übergehen, die Gültigkeit von Priesterweihen und Bischofsweihen, die nach dem neuen Ritus vorgenommen wurden, zu bestreiten“ – obwohl doch „eine solche Behauptung jeder ernsthaften Grundlage entbehrt und von eindeutigen Fakten untermauert wird“. Zwar geben die „Sedisvakantisten“ zu, daß es „in ihren Augen“ noch „einige Bischöfe und einige gültig geweihte Priester gibt“, doch ist das „noch lange keine Rechenschaft über die Sichtbarkeit der Kirche“, die vielmehr „vor allem durch ihre Verfassung selbst sichtbar ist“. Sichtbar ist die Kirche „in erster Linie aufgrund ihrer hierarchischen Verfassung“, und das können die „sedisvakantistischen Thesen“ in „ihrem wahren Sinn nicht mehr wiedergeben“. „Dies macht ihre Meinung mehr als verdächtig…“ - In Wahrheit gibt es seriöse theologische Untersuchungen, welche die Ungültigkeit dieser „Weihen“ nachweisen. Da diese „neuen Weiheriten“ zur „Verfassung“ der „Konziliaren Kirche“ gehören, sind sie es, und nicht die „sedisvakantistischen Thesen“, welche die Sichtbarkeit der Kirche „in ihrem wahren Sinn nicht mehr wiedergeben“ bzw. ein weiterer Beweis dafür sind, daß die „Konziliare Kirche“ sichtbar nicht die katholische Kirche ist. Die „Meinung“ der „Traditionalisten“, daß sie es dennoch sei, macht sie „mehr als verdächtig“.

Urteil ohne Kompetenz

Den „dritten Fehler“ begehen die „Sedisvakantisten“ dadurch, „dass sie ein Urteil außerhalb ihrer – und unserer – Kompetenz aufstellen“. Es gibt nämlich „Urteil und Urteil“. Es gibt ein „moralisches Urteil“, das „auf die Lebensführung ausgerichtet ist“, und das man „moralisch gut“ nennt, wenn es „für mein Verhalten notwendig“ ist. Doch gibt es auch ein anderes Urteil, das „vergeltende oder auch gerichtliche Urteil“, und es ist „so verlockend, vom moralischen Urteil zum Urteil der Vergeltung überzugehen“. Eben dieser Versuchung sind die „Sedisvakantisten“ erlegen. „Beseelt von ihrer leidenschaftlichen Rachsucht“, beten sie „nicht mehr für den Papst und verurteilen alle, die es tun würden“. Demgegenüber stellt uns der Abbé den „Bischof von Ecône“ als mustergültiges Gegenbeispiel dar, denn schließlich sei es „eine Frage der elementaren Demut, das Urteil darüber, ob der Stuhl Petri derzeit von einem Papst oder einem Gegenpapst besetzt ist, zurückzustellen“. „Überlassen wir dieses Urteil den Päpsten von morgen und bitten wir die himmlischen ‚Spezialisten’, bei Gott für die Kirche einzutreten“, lautet die „gültige“ und „moralisch gute“ Lösung, die uns der „Bischof von Ecône“ als „praktische Haltung“ vorgemacht hat. Auch wenn diese Frage für unser Seelenheil so „elementar“ ist, daß es „morgen“ schon zu spät sein kann. - In Wahrheit fällen die „Sedisvakantisten“ lediglich ein „moralisches Urteil“, das „auf die Lebensführung ausgerichtet“ und daher „moralisch gut“ zu nennen ist, wenn sie nach der Anweisung des Heilands handeln und einen „reißenden Wolf“ nicht als ihren Hirten anerkennen wollen. Indem die „Traditionalisten“ dieses Urteil „zurückstellen“ wollen, handeln sie unmoralisch und stürzen sich und andere ins Verderben. Um sich zu entlasten, suchen sie einen Sündenbock, zeigen auf die „Sedisvakantisten“ und „verurteilen“ diese als stolz und rachsüchtig.

Fazit

Also, wir hielten es für „leichtsinnig und gefährlich“, das Heil unserer Seele von so schlechten Ratgebern abhängig zu machen, die obendrein mit freventlichen „moralischen“ bzw. moralisierenden Urteilen um sich werfen und theologische Argumente (aus Feigheit vor der Debatte) durch Scheinwunder ersetzen wollen. Da erscheinen uns die „Sedisvakantisten“ trotz ihres „Stolzes“ und ihrer „Rachsucht“ die zuverlässigeren Stützen. Wir danken dem Abbé, diese „gründliche Analyse“ für uns vorgenommen und „ein wenig Licht ins Dunkel“ unserer „schrecklich verwirrenden“ Zeit gebracht zu haben. Wir wissen jetzt, wem wir trauen dürfen und wem nicht.