Der Kanon „Si Papa“ und die Papstphobie der Piusbrüder

Für einen heutigen Katholiken ist es äußerst mühsam geworden, seinen katholischen Glauben zu verteidigen. Es erscheint direkt wie eine Herkulestat, denn es gilt, gegen so viel Unvernunft anzukämpfen, daß diese Last kaum zu stemmen ist. Hinzu kommt die völlige Beratungsresistenz der meisten sich katholisch nennenden Zeitgenossen, allen voran der Konservativen und Traditionalisten. Selbst schon 100mal korrigierte Irrtümer werden stereotyp wiederholt, als wäre niemals etwas gesagt worden. Es ist zum Verzweifeln! Weil aber „verzweifeln“ keine Tugend ist, wollen wir uns wieder einmal auf den Weg machen, um uralte Wahrheiten gegen den Wahnsinn der Tradis in Erinnerung zu rufen.

Die Einzigartigkeit der katholischen Kirche

Die katholische Kirche ist einzigartig, weil Gott sie zu unserem Heil gegründet hat. Sie ist eine übernatürliche, hierarchisch geordnete Gemeinschaft. Beides ist notwendig, denn es gilt, einen von Gott anvertrauten Schatz – die von Gott geoffenbarte Wahrheit und die göttlichen Gnadenmittel, die Sakramente – bis zum Ende der Zeit unverfälscht zu bewahren, denn nur dadurch ist die Vermittlung des ewigen Heiles möglich.

Ohne entsprechende übernatürliche Hilfen ist das Bewahren dieses Schatzes unmöglich, was alle christlichen Sekten beweisen, die sich meist in kürzerer Zeit weiter aufgespaltet haben, weil ihnen die Einheit im Glauben fehlte. Die Protestanten etwa haben sich in den 400 Jahren in weltweit mindestens 2500 Gruppen aufgespalten, die alle ihre Interpretation der Heiligen Schrift als allein richtig ansehen, d.h. von denen jede ihren Glauben hat, den sie gegen die anderen Protestanten verteidigt.

Einzig die katholische Kirche war durch nunmehr fast 2000 Jahre in der Lage, ihren Glauben unverfälscht zu bewahren, was sie allein dem ihr von Gott geschenkten Charisma der Unfehlbarkeit verdankt. Denn nur eine von Gott eingesetzte und entsprechend ausgestattete Autorität kann dem Irrtum auf Dauer wehren. Weshalb auch die wahren Katholiken alle Zeit dankbar dafür waren, daß Gott ihrer Kirche eine in Glaubens- und Sittenlehren unfehlbare Autorität geschenkt hatte, nämlich den Papst und die mit ihm verbundenen Bischöfe. Dementsprechend erklärt Papst Leo XIII. in seiner Kirchenenzyklika „Satis cognitum” folgendes:

„Daher haben die Väter auf dem (I.) Vatikanischen Konzil nichts Neues aufgestellt…, wenn sie folgendes beschlossen: ‚Mit göttlichem und katholischem Glauben muß alles geglaubt werden, was im schriftlichen oder überlieferten Wort Gottes enthalten ist und von der Kirche als von Gott geoffenbart – sei es durch feierliches Urteil sei es durch das ordentliche und allgemeine Lehramt – zu glauben vorgelegt wird.‘ (sess. III, Dogmatische Konstitution „Dei Filius” cap. 3 = DS 3011).“

Die katholische Kirche: Trägerin der apostolischen Lehre

In der Einleitung zu seiner „Geschichte der Häresien und ihre Widerlegung“, weist der hl. Alphons Maria von Liguori darauf hin, daß allein die römische Kirche trotz aller Anfeindungen im Glauben durch all die Jahrhunderte fest geblieben war. Er erklärt das so:

„Das konnte gewiß nicht ohne die allmächtige Hand Gottes geschehen, da es sich darum handelte, inmitten des Heidentums eine neue Religion zu begründen, welche allen Aberglauben, den dasselbe lehrte, zerstörte, sowie auch den tief eingewurzelten Glauben an so viele falschen Gottheiten, die nicht nur vom heidnischen Volke, sondern auch von den Vorgesetzten desselben und namentlich von den Kaisern angebetet wurden, und welche sie mit aller Kraft beschützten. …

Der hl. Paulus schreibt: Denn es müssen auch Irrlehren sein, damit die Bewährten unter euch offenbar werden. (1 Kor. 11, 19) Der heil. Augustin erklärt das Wort: ‚Es müssen‘ und sagt, daß gleichwie das Feuer notwendig ist, um das Silber zu reinigen und von den Schlacken zu trennen, so auch die Ketzer notwendig sind, um die guten von den bösen Christen abzusondern und die wahre Lehre von der falschen schärfer zu trennen. Der Stolz gibt den Ketzern den hoffärtigen Gedanken ein, daß sie den wahren Glauben besitzen und daß die katholische Kirche sich im Irrtum befindet; aber gerade hierin besteht die Täuschung, denn wir können nicht jenen Glauben als wahr annehmen, den unsere Vernunft uns eingibt, da die Wahrheiten des göttlichen Glaubens über unsere Vernunft erhaben sind; wir müssen vielmehr jenen Glauben umfassen, den Gott Seiner Kirche geoffenbart hat und den diese uns lehrt, welche nach dem Ausspruch des hl. Paulus eine Säule und Grundfeste der Wahrheit ist. (1. Tim. 3, 15) Deshalb sagt denn der hl. Irenäus, da er von der römischen Kirche redet, daß mit ihr die anderen Kirchen und alle Gläubigen zusammenstimmen müssen, da sich in der römischen Kirche die Überlieferung der Apostel stets rein bewahrt habe.“

(Alphons Maria von Liguori, Triumph der heiligen Kirche über alle Irrlehren. Eine Geschichte der Häresien und deren Widerlegung. Erster Teil: Die Geschichte der Häresien. G. J. Manz, Regensburg 1846, S. 2 - 4)

Der Kampf um die Reinerhaltung des Glaubens

Seit Gründung der Kirche erforderte die Reinerhaltung des göttlichen Glaubens einen überaus schweren Kampf. Noch zu Lebzeiten der Apostel standen die ersten Irrlehrer auf, Simon der Magier, Menander, Cerinth, Ebion, Saturnin und Basilides und die Nicolaiten, von denen in der Geheimen Offenbarung öfter die Rede ist. Zur Gemeinde von Ephesus spricht der, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält, der wandelt inmitten der sieben goldenen Leuchter: „Doch das hast du: Du haßt die Werke der Nikolaiten, die auch ich hasse.“ (Offb. 2, 6) Und bei der Gemeinde von Pergamon heißt es: „Aber einiges Wenige habe ich gegen dich: Du hast dort Anhänger der Lehre Bileams, der Balak lehrte, die Kinder Israels zur Teilnahme an den Götzenopfern und zur Unzucht zu verführen. So hast auch du welche, die in gleicher Weise an der Lehre der Nikolaiten festhalten. Bekehre dich also! Wenn nicht, komme ich bald zu dir und werde mit dem Schwert meines Mundes gegen sie kämpfen.“ (Offb. 2, 14 – 16)

Eine Einheit wider die Einheit

Alle Irrlehrer haben sich letztlich immer von der einen Kirche Jesu Christi getrennt, wie der hl. Alphons hervorhebt:

Der Herr hat auch gewollt, daß diese Seine Kirche, in welcher der wahre Glaube sich erhält, Eine sei, damit alle Gläubigen denselben von der Kirche gelehrten Glauben bewahren. Dagegen aber schreibt der heil. Cyprian, habe der Teufel die Ketzereien erfunden, um diese Einheit zu zerstören, indem der auf solche Weise den Glauben zu zerstören gesucht. Der Teufel hat Sorge dafür getragen, daß die Menschen verschiedene Kirchen stifteten, damit, indem jeder dem Glauben einer besonderen Kirche folgt, der dem einer anderen entgegen ist, der wahre Glaube verwirrt werde und so viel falsche Glaubensbekenntnisse gebildet würden, als es verschiedenen Kirchen oder besser gesagt einzelne Menschen gibt. (Ebd. S. 5)

Damit ist die gewöhnliche Entwicklung einer Irrlehre beschrieben. Zunächst breitet sich der Irrtum in der Kirche aus, bis er als solcher erklärt und als dem wahren Glauben widersprechend zurückgewiesen wird. Insofern die Irrenden ihren Irrtum nicht einsehen wollen und sich nicht bekehren, werden sie ihre eigene Kirche gründen. Wobei eine Bemerkung des hl. Alphons heutzutage besondere Aufmerksamkeit verdient:

„Auch die Ketzer rühmen die Einheit ihrer Kirchen, aber, sagt der heil. Augustin, ihre Einheit ist eine Einheit wider die Einheit. Welche Einheit, sagt der Heilige, können alle diese Kirchen nur aufweisen, die sich von der einzig wahren, von der katholischen Kirche losgetrennt haben. Die Unglückseligen sind gleichsam eben so viele unnütze Äste, die vom Weinstock, nämlich der katholischen Kirche abgeschnitten sind, welche stets fest in ihrer Wurzel verharren wird: Sie ist die heilige, die eine, die wahre, die katholische Kirche, welche gegen alle Ketzereien kämpfend, zu kämpfen vermag, nicht besiegt werden kann: Alle Ketzereien sind aus ihr hervorgegangen, gleichwie unnütze Schößlinge, die von der Weinrebe abgeschnitten sind; sie aber bleibt in ihrer Wurzel, in ihrem Weinstocke, in ihrer Liebe; die Pforten der Hölle werden sie nicht besiegen.“

Dies gilt es in der derzeitigen Verwirrung ausdrücklich zu beachten: Auch die Ketzer rühmen die Einheit ihrer Kirchen, aber, sagt der heil. Augustin, ihre Einheit ist eine Einheit wider die Einheit.

Eine neu erfundene „Einheit“

Auch die Menschenmachwerkskirche erweckt den Anschein, als wäre sie eins, obwohl dies eine inzwischen recht kümmerliche Täuschung ist. Diese Einheit ist eine Einheit gegen die Einheit, eine bloß imaginäre Einheit, die aufgrund der restlichen Macht der Institutionen ihren Anhängern vorgegaukelt wird, aber keinerlei Fundament mehr in einem gemeinsamen, göttlichen Glauben hat.

Aufgrund des heutigen, nicht nur christliche „Kirchen“ umfassenden, sondern alle Religionen umspannenden Ökumenismus hat man die Einheit neu definiert. Diese Einheit muß durch die ökumenischen Bemühungen erst wieder hergestellt, ja letztlich neu erfunden werden, wenn man es genau nimmt, denn sie umfängt jeden Menschen, wie Karol Wojtyla in seiner ersten „Enzyklika“ „Redemptor Hominis“ vom 4. März 1979 in Nr. 13 lehrt, wobei er sich auf die Konzilsdokumente berief:

Wenn wir, durch die Erfahrung der menschlichen Familie, die fortwährend in immer schnellerem Rhythmus wächst, das Geheimnis Jesu Christi durchdringen, begreifen wir mit größerer Klarheit, daß im Zentrum aller Wege, auf denen die Kirche unserer Zeit ihren Gang fortsetzen muß, entsprechend den weisen Orientierungen Pauls VI., ein einziger Weg liegt: Jener Weg, der seit Jahrhunderten begangen wird und der zugleich der Weg der Zukunft ist. Christus der Herr hat diesen Weg vor allem gewiesen, als er, um die Worte des Konzils aufzugreifen, „sich durch die Inkarnation des Gottessohnes auf gewisse Weise mit jedem Menschen vereint hat“ … Es handelt sich hier also um den Menschen in seiner ganzen Wahrheit, in seiner vollen Dimension. Es handelt sich nicht um den „abstrakten“ Menschen, sondern um den realen, den „konkreten“, „historischen“ Menschen. Es handelt sich um jeden Menschen, weil jeder ins Geheimnis der Erlösung eingeschlossen worden ist und sich Jesus Christus durch dieses Geheimnis mit einem jedem für immer vereint hat … Dies ist er, der Mensch in der ganzen Fülle des Geheimnisses, dessen er in Jesus Christus teilhaftig wurde und dessen jeder der vier Milliarden Menschen teilhaftig wird, die auf unserem Planeten leben, vom Augenblick seiner Geburt nahe dem Herzen seiner Mutter an.

Dieser reale, konkrete, historische Mensch ist also der Weg der Kirche und zwar ein Weg, der sich noch zu weiteren Wegen entfaltet, welche die Kirche einschlagen muß, „weil der Mensch – jeder Mensch ohne jegliche Ausnahme – von Christus erlöst worden ist, weil Christus auf gewisse Art mit dem Menschen vereint ist, mit jedem Menschen ohne jegliche Ausnahme, selbst wenn letzterer sich dessen nicht bewußt ist: ‚Christus, für alle gestorben und auferstanden, bietet dem Menschen – jedem Menschen und allen Menschen – Licht und Kraft, um es ihm zu ermöglichen, seiner höchsten Berufung gerecht zu werden.‘“

In seinem Buch „Die Schwelle der Hoffnung überschreiten“ wiederholt Karol Wojtyla letztlich dieselbe Lehre:

„Genau weil sie [die Kirche] ein Geheimnis ist, besitzt sie eine unsichtbare Dimension. Das Konzil hat uns daran erinnert: Das Geheimnis der Kirche ist größer, als es ihre sichtbare Struktur allein erkennen läßt. (…) Als mystischer Leib Christi nimmt uns die Kirche alle auf und vereinigt uns alle. … Doch das Konzil hat lediglich den Weg zur Einheit eröffnet. Es hat ihn vor allem seitens der katholischen Kirche eröffnet, und den so gewiesenen Weg zu beschreiten, bedeutet, geduldig fortzuschreiten, ungeachtet der nicht nur lehrmäßigen, sondern auch kulturellen und gesellschaftlichen Hindernisse, die sich im Laufe der Jahrhunderte angesammelt haben. Deshalb muß man zuerst danach trachten, sich von Stereotypen, von der Routine zu befreien. Doch vor allem muß man die Einheit hervortreten lassen, welche de facto bereits existiert.“

Die Religion der Freimaurerei

Diese neue „Einheit“ beruht nicht mehr auf dem katholischen Glauben – Deshalb muß man zuerst danach trachten, sich von Stereotypen, von der Routine zu befreien!!! –, sondern auf dem Liberalismus, bzw. Modernismus. Monsignor Dr. Felix Sardà y Salvany erklärt in seinem Werk „Der Liberalismus ist Sünde“, daß der Liberalismus an sich ein einheitliches und logisches System darstellt. „Aber trotz dieser logischen Einheit des Systems, sind die Menschen nicht immer logisch; ein Umstand, der die erstaunlichste Verschiedenheit oder Abstufung der Färbungen innerhalb jener Einheit zur Folge hat.“

Wenn alle Anhänger einer Irrlehre diese sogleich logisch zu Ende denken würden, dann hätte sie kaum Erfolg, weil die den Glauben zerstörende, die wahre Einheit auflösende Tendenz sofort ins Auge springen würde – Doch vor allem muß man die Einheit hervortreten lassen, welche de facto bereits existiert. Das ist nun aber nicht mehr die Einheit der wahren Kirche Jesu Christi, sondern die imaginäre Einheit der Superkirche der Freimaurei!

Jacques Mitterrand, Bruder des ehemaligen sozialistischen Staatspräsidenten und Großmeister des Großorients von Frankreich, kommentiert Andersons Satz „Die Religion der Freimaurerei ist die Religion, in der alle Menschen übereinstimmen“ (Konstitution der Freimaurerei aus dem Jahre 1723) wie folgt: „Was ist nun diese Religion, unter welcher sich alle einigen? Diese Frage stellen bedeutet bereits, den revolutionären Charakter des Anderson-Textes zu erkennen … Zunächst verwirft sie die ‚Staatsreligion‘ … doch dies reicht ihr noch nicht… Sie läßt einem jeden seine eigenen Meinungen … Somit haben alle Meinungen, insbesondere die religiösen Meinungen, dieselben Rechte … Diese Religionen stellen eine Universalreligion dar.“

Jacques Ploncard d’Assac bestätigt das Gesagte:

„Die maurerischen Konstitutionen von 1717, welche die Maurerei begründen, haben in erster Linie zum Ziel, die christliche Gesellschaft aufzubrechen, indem sie das katholische Dogma beseitigen. Die Maurer, erklären sie, werden nur ‚auf diese Religion verpflichtet, in der alle Menschen übereinstimmen, wobei ihnen die Wahl ihrer persönlichen Meinungen unbenommen bleibt… dadurch wird die Maurerei zum Mittelpunkt und Werkzeug zur Schaffung einer echten Brüderlichkeit unter den Menschen werden, die ansonsten für immer getrennt geblieben wären.‘“ (zitiert aus: „Die Verfinsterung der Kirche“ S. 153, Fußnote 142)

Der „anonyme Christ“ in der freimaurerischen Superkirche …

Welcher Unterschied besteht hier noch zu den Vorstellungen von Karol Wojtyla, wenn auch diese etwas christlich verbrämt sind? Dieser ist vollkommen davon überzeugt:

Dies ist er, der Mensch in der ganzen Fülle des Geheimnisses, dessen er in Jesus Christus teilhaftig wurde und dessen jeder der vier Milliarden Menschen teilhaftig wird, die auf unserem Planeten leben, vom Augenblick seiner Geburt nahe dem Herzen seiner Mutter an.

Also jeder Mensch ist seit seiner Geburt ein „Mensch in der ganzen Fülle des Geheimnisses, dessen er in Jesus Christus teilhaftig wurde“. Alle Menschen sind immer schon erlöst, sie müssen sich dessen nur noch erst inne werden, deshalb gehören immer schon alle Menschen zu dieser „neuen“ Superkirche, die nicht nur die Katholiken, sondern alle Menschen umfaßt. Hören wir nochmals Monsignor Dr. Felix Sardà y Salvany:

„Die eine Lehre fließt notwendig aus eigener Kraft von der andern heraus; jedoch sind die Leute in der Anwendung derselben meist unlogisch und inkonsequent. Wenn die Menschen ihre eigenen Grundsätze bis zu den letzten Konsequenzen treiben würden, so wären alle heilig, falls ihre Grundsätze gut wären und alle hinwieder gleicherweise Teufel der Hölle, wenn dann ihre Prinzipien schlecht wären. Die Inkonsequenz ist es, welche gute und böse, halbgute und ziemlich schlechte Leute macht. Wenn wir nun diese Beobachtungen auf die gegenwärtige Frage des Liberalismus anwenden, so können wir sagen, daß es Gott sei Dank, verhältnismäßig wenige vollständig Liberale gibt; das hindert jedoch keineswegs, daß der größere Teil, wenn er auch nicht den Gipfel der liberalen Verdorbenheit erstiegen, dennoch aus wahren Liberalen besteht, d. h. aus wahren Schülern, oder Parteigängern, oder Sektierern des Liberalismus, je nachdem man den Liberalismus als Schule, Partei oder Sekte betrachtet.“

… und die Nuancierungen des Liberalismus – …

Wären alle Konservative und Traditionalisten ganz konsequent, müßten sie einsehen, daß sie ebenfalls Modernisten sind, weil nämlich der größere Teil, wenn er auch nicht den Gipfel der modernistischen Verdorbenheit erstiegen, dennoch aus wahren Modernisten besteht.

Wir haben schon öfter darauf hingewiesen, daß etwa die sog. Mitte vieler Traditionalisten letztlich ihren Grund in ihrer Inkonsequenz hat. Würden sie nicht auf halben Weg stehen bleiben, zeigte sich ihr Modernismus ganz ungeschminkt. So aber erscheint er konservativ geschminkt – und Karol Wojtyla ist für sie der hl. Johannes Paul II.

Monsignor Dr. Felix Sardà y Salvany bleibt nicht auf halbem Wege stehen, sondern zieht den notwendigen logischen Schluß: „Also darüber sind wir einig, wißbegieriger Leser, daß der Liberalismus eine geschlossene Einheit bildet, daß es jedoch, wie es beim schlechten Wein der Fall ist, Liberale von verschiedener Farbe und verschiedenem Geschmacke gibt.“

Das ist die fadenscheinige „Einheit“ der „Konzilskatholiken“, dieser Menschenmachwerkskirchler, die es in „verschiedener Farbe und verschiedenem Geschmacke gibt“ – progressiv, gemäßigt, konservativ oder sogar traditionell. Das ist wie beim schlechten Wein, dieser taugt nur zum Wegschütten oder höchstens noch zum Verkochen in einer Sauce…

… geeint in der Menschenmachwerkskirche

Diese vollkommene Verkehrung des Denkens hat sich in den letzten Jahrzehnten allgemein verbreitet, weil die Ketzer seit langem schon die Kirche nicht mehr verlassen haben. Die Modernisten haben ausdrücklich erklärt, daß sie die Kirche von innen her umformen wollen. Kein Bannstrahl konnte sie mehr treffen, keine Exkommunikation beeindrucken. Ihr Ziel war die Revolution in Chorrock und Tiara. Der hl. Papst Pius X. versuchte noch, mit allen Mitteln der Gefahr Herr zu werden:

Um der täglich zunehmenden Dreistigkeit vieler Modernisten Einhalt zu gebieten, die mit allerlei Spitzfindigkeiten und Tricks versuchen, die Kraft und Wirksamkeit nicht nur des Dekrets „Lamentabili sane exitu“ (des sogenannten Syllabus) zu schmälern, das in unserem Auftrag von der Heiligen Römischen und Universalen Inquisition am 3. Juli dieses Jahres erlassen wurde, sondern auch von unserer Enzyklika „Pascendi dominici gregis“ vom 8. September desselben Jahres, wiederholen und bestätigen wir mit unserer apostolischen Autorität sowohl jenes Dekret der Obersten Heiligen Kongregation als auch diese unsere Enzykliken, und fügen die Strafe der Exkommunikation gegen ihre Widersprechenden hinzu, und dies erklären und verfügen wir, dass, sollte jemand, was Gott verhüten möge, so voreilig sein, irgendeinen der in diesen Dokumenten verurteilten Sätze, Meinungen oder Lehren zu verteidigen, er ipso facto unter die im Kapitel „Docentes“ der Konstitution „Apostolicae Sedis“ enthaltene Zensur fällt, welche die erste unter den Exkommunikationen latae sententiae ist, die allein dem Papst vorbehalten sind. Diese Exkommunikation ist als salvis poenis zu verstehen, die sich diejenigen zuziehen können, die in irgendeiner Weise gegen die genannten Dokumente verstoßen haben, als Verbreiter und Verteidiger von Häresien, wenn ihre Thesen, Meinungen und Lehren häretisch sind, wie es mehr als einmal bei den Gegnern dieser beiden Dokumente geschehen ist, besonders wenn sie die Irrtümer der Modernisten, das heißt, die Synthese aller Häresien, vertreten. (Papst Pius X., Praestantia Scripturae, 18. November 1907)

Der große Antimodernist auf dem Papstthron konnte leider das Übel nicht mehr überwinden, sondern nur noch hinauszögern, weil nur wenige Bischöfe den Ernst der Lage durchschauten und so taten, als gäbe es zumindest in ihren Diözesen keine Modernisten. Die Mehrheit ließen sich von den „Spitzfindigkeiten und Tricks“ nur allzu leicht und wohl auch allzu gerne hinters Licht führen. Weder das Dekret „Lamentabili sane exitu“ (der sogenannte Syllabus) noch die Enzyklika „Pascendi dominici gregis“ vom 8. September konnte sie aus ihrem Dornröschenschlaf wecken. Dieser Zustand änderte sich nicht mehr, bis das sog. 2. Vatikanum einberufen wurde, das zum Gründungsdekret der neuen Menschenmachwerkskirche wurde. Damals hätte jeder Katholik ähnlich dem hl. Hieronymus im Jahr 359 klagen können: „Der ganze Erdkreis seufzte, und mußte mit Erstaunen feststellen, daß er modernistisch war.“ Innerhalb von drei Jahren baute man eine neue Kirche, wie es schon die gottselige Anna Katharina Emmerich sah: „Sie bauten eine große, wunderliche, tolle Kirche, da sollten alle darin sein und einig und mit gleichen Rechten, evangelisch, katholisch und alle Sekten, und es sollte eine wahre Gemeinschaft der Unheiligen sein und ein Hirt und eine Herde werden. Es sollte auch ein Papst sein, er sollte aber gar nichts besitzen und besoldet werden. Es war alles schon vorbereitet und vieles fertig; aber wo der Altar war, da war es wüst und gräulich. Das sollte die neue Kirche werden, und so steckte er das Haus der alten Kirche an.“ (P. K. E. Schmöger, Bd. I, 1870, S 563)

Dies war eine Kirche, die, wie der hl. Augustin sagt, eine Einheit wider die Einheit hatte. In dieser neuen, von Menschen gemachten Kirche, darf ich fast jedem Irrtum anhangen und öffentlich vertreten, aber ich darf nicht katholisch sein: … es sollte eine wahre Gemeinschaft der Unheiligen sein und ein Hirt und eine Herde werden. Der Liberalismus kann zwar jeden Irrtum dulden, aber nicht die Wahrheit, weil diese jeglichen Irrtum ausschließt: Das sollte die neue Kirche werden, und so steckte er das Haus der alten Kirche an.

Kann der Papst als Privatperson in Häresie fallen?

In seiner „Dogmatischen Theologie“ Bd. 2 von 1876 bemerkte Dr. J. B. Heinrich noch zuversichtlich:

Ganz verschieden von der absolut zu verneinenden Frage, ob der Papst in seinen kathedralen Definitionen einer Glaubens- oder Sittenlehre irren könne, ist dennoch die andere Frage, ob der Papst persönlich Häretiker werden könne; wovon wiederum die Frage verschieden ist, ob er, von Kathedralentschiedungen abgesehen, eine irrige Meinung in Glaubenssachen haben könne. Aber auch das Erstere wird von nicht wenigen entschiedenen Verteidigern der päpstlichen Unfehlbarkeit als möglich zugegeben; während viele Andere es für eine sehr probable und fromme Meinung halten, daß die über die Kirche waltende göttliche Vorsehung ein solches Ärgernis niemals zulassen werde.

Heute muß man erschüttert und fassungslos feststellen: Es war eine sehr probable und fromme Meinung, denn die über die Kirche waltende göttliche Vorsehung hat ein solches Ärgernis zugelassen – ja sogar noch viel mehr als das!

Fast zu allen Zeiten der Kirchengeschichte gab es Irrlehrer. Darum stellte sich natürlich den Theologen die Frage: Was geschieht, wenn der Papst in eine Irrlehre fällt?

Die Päpste waren Menschen mit einem freien Willen, waren Sünder wie wir. Wenn schon manche Päpste unübersehbare moralische Schwächen hatten und in ihrem Leben zuweilen sogar öffentliches Ärgernis gaben, warum sollte ein Papst nicht auch im Glauben irren können? Die Unfehlbarkeit galt nur für sein Amt, aber nicht für ihn als Privatperson.

Es fällt nun auf, daß den früheren Theologen selbst die Möglichkeit einer privaten Häresie des Papstes unheimlich erschien, so unheimlich sogar, daß sie meinten, die göttliche Vorsehung könne das nicht zulassen, bzw. müsse und werde das zu verhindern wissen.

Bei seiner Erwägung über einen geheimen Häretiker, der Papst wird, ist etwa Franz Suarez ganz davon überzeugt: „Wenn nämlich irgendein solcher Papst anfinge, der Kirche vorzustehen, würde ihn Gott entweder unverzüglich aus unserer Mitte nehmen, oder er würde sicherlich vorsehen, mit welchen Mitteln er ein derartiges Übel in Kürze austilgen könne, wie wir sehen, daß er es schon in weniger dringenden Fällen immer getan hat.“

Gott wird ein derartiges Übel in Kürze austilgen, so der spanische Theologe!

Es ist überaus verblüffend, daß man den allermeisten Zeitgenossen, allen voran die sog. Traditionalisten, gar nicht mehr verständlich machen kann, warum denn diese Möglichkeit, daß selbst ein geheimer Häretiker Papst werden könnte, eine derartiges Übel und so furchtbar ist, daß Gott sofort eingreifen muß. Für sie ist nicht ein Häretiker auf dem Papststuhl das Allerschlimmste, was sich denken läßt, sondern daß dieser Stuhl leer ist! Ihnen erscheint die Häresie eines Papstes wie ein bloßes Kavaliersdelikt, wohingegen diese Vorstellung früheren Theologen schlaflose Nächte bereitet hat. Was ist da passiert? Woher kommt diese Verwirrung des Urteils?

Si papa …

Erinnern wir uns kurz an Prof. Johannes Stöhr [siehe: Realitätsverweigerer], der selbst angesichts der apostatischen Eskapaden Bergolgios meinte, beschönigend feststellen zu können: Die Sorgen beziehen sich ja nicht nur auf den vermuteten Extremfall der häretischen Leugnung eines Dogmas, sondern auf eine große Zahl vieldeutiger und missverstandener Aussagen.

Um sich aus der Affäre zu ziehen, hatte Prof. Stöhr auf den Satz aus dem Kirchenrecht, Canon 1556 „Prima Sedes a nemine iudicatur“ hingewiesen. Dabei übersieht Prof. Stöhr jedoch, daß es im Canon 1556 um das ordentliche Prozeßrecht geht. Bei einem ordentlichen Gericht kann es selbstverständlich niemand geben, der über den Papst richtet. Dieses setzt einen legitimen Papst voraus, der die höchste richterliche Instanz ist.

Der Kanon „si Papa“ des Decretum Gratiani hat im ordentlichen Prozeßrecht nichts zu suchen. Folglich kann man den can. 1556 auch nicht gegen das Decretum Gratiani und seinen Kanon „si Papa“ in Anschlag bringen. Dieser hat vielmehr Bezug zum Canon 188 des CIC von 1917. Dieser steht im CAPUT II, wo es ab dem Canon 183 um den Verlust der kirchlichen Ämter geht: De amissione officiorum ecclesiasticorum. [Vom Verlust eines Kirchenamtes]

Der Can. 188 handelt darüber: Ob tacitam renuntiationem ab ipso iure admissam quaelibet officia vacant ipso facto et sine ulla declaratione, si clericus [Wegen eines stillschweigenden Verzichtes, der vom Recht selbst angenommen ist, werden alle Ämter automatisch und ohne jegliche Erklärung frei, wenn ein Kleriker]: … 4° A fide catholica publice defecerit [öffentlich vom katholichen Glauben abgefallen ist].

Hierzu findet sich nun in den Fontes zum CIC 1917 – Band 1, Seite 163 – die Bulle Pauls IV. „Cum ex Apostolatus“, in der sich wiederum der Can. „si Papa“ des Decretum Gratiani findet. In diesem Canon wird selbstverständlich der ganze Satz des Dekretes zitiert: „Prima Sedes a nemine judicatur, nisi deprehendatur a fide devius“. Wenn also der Papst öffentlich vom katholischen Glauben abfällt, dann verliert er „ipso facto“ und ohne jede Erklärung sein Amt.

„Wer kann den Papst richten?“

Es ist zwar kaum zu glauben, aber leider wahr, mit welcher Hartnäckigkeit und Dreistigkeit die meisten Traditionalisten das Gegenteil behaupten. In einer an Unsinnigkeit kaum mehr zu überbietenden Schrift der FSSPX „Die päpstliche Unfehlbarkeit und der Sedisvakantismus“, in erster Auflage 2018 von P. Thomas Jentzsch und der erweiterten zweiten Auflage 2021 von P. Thomas Jentzsch & P. Benedikt Roder herausgegeben, liest man – wir zitieren nach der ersten Auflage weil diese noch etwas pointierter formuliert, wohingegen man bei der zweiten versuchte, den Schwachsinn etwas zu glätten: „Wer kann den Papst richten?“, werden wir in einer Zwischenüberschrift gefragt. Es folgt der erste Teil des uns bekannten Grundsatzes: „Prima sedes a nemine judicatur“ [Der erste (apostolische) Stuhl kann von niemand gerichtet werden]. Hieraus entwickelt nun Pater Jentzsch folgende Gedankenreihe:

Es gibt kein Gremium, keine Instanz, kein Kardinalskollegium, kein Konzil ohne Papst, das einen regierenden Papst vors Glaubensgericht bringen kann und aburteilen, noch absetzen kann. Nur ein späterer Papst auf ‚Augenhöhe‘ kann richten. Wie soll es dann möglich sein und passen, dass die sogenannten Sedisvakantisten ein Urteil fällen und den Stuhl Petri als nicht besetzt erklären, obwohl gerade einzelne Priester, Laien, dazu überhaupt nicht kompetent sind und überhaupt niemand dazu kompetent ist? Die Sedisvakantisten maßen sich eine Verurteilung zu, die ihnen gar nicht zusteht.

In der zweiten Auflage wurde diese Passage, weil sie dem Korrektor wohl gar zu peinlich und dümmlich erschien, versucht umzuarbeiten. Es wird darauf hingewiesen, daß der Satz einen zweiten Teil hat, aber durch die Umarbeitung bleibt das Wesentliche ungesagt und der Leser wird auf eine falsche Fährte gelockt, weil eine Unterscheidung eingeführt wird, die im Kirchenrecht nicht angesprochen wird. „Man muß zunächst unterscheiden zwischen formeller und materieller Häresie.“ Wir haben davon oben, im Canon 188 nichts gelesen, da heißt es „öffentliche“ Häresie. Sodann wird behauptet:

Allenfalls bei formeller Häresie kann ein Papst sein Amt verlieren. Von nicht wenigen Theologen wird die begründete Ansicht vertreten, dass der Papst im Fall der (formellen) Häresie als Tatstrafe (ipso facto) sein Amt verliert, „weil er aufhört, Glied der Kirche zu sein. Noch weniger kann er höchster Amtsträger der Kirche sein. Doch weder der Codex von 1917 noch jener von 1983 enthalten eine Aussage zu diesem Thema. (Antwortschreiben von Prälat Prof. Dr. Georg May an P. Thomas Jentzsch, vom 22.5.2021)“

Es ist wahr, daß sich im CIC selber kein weiterer Hinweis mehr auf den Fall eines vom Glauben abgefallenen Papstes findet, dieser ist, wie wir ebenfalls schon gezeigt haben, in die „Fontes“ abgewandert, wo sich die ganze Bulle Pauls IV. findet.

Der korrigierende Pater Roder meint nun weiter: „Jedoch ist es möglich, Analogien nach den Prinzipien des Kirchenrechtes heranzuziehen, die sich auf den Amtsverlust anderer niederer kirchlicher Würdenträger im Fall der Häresie beziehen.“

Analogien sind bei den Tradis noch schlimmer als Fußnoten, denn die allermeisten Tradis, allen voran die aus der FSSPX, sind unfähig, richtige, treffende Analogien anzuführen. So auch unser Piusmann, der nun Äpfel mit Birnen vergleicht, was er eigentlich wissen sollte, hat er doch den Satz „Prima sedes a nemine judicatur“ erwähnt, aber wohl niemals darüber nachgedacht, was er wirklich bedeutet. Denn wenn er nun „den Amtsverlust anderer niederer kirchlicher Würdenträger im Fall der Häresie“ schreibt, vergißt er ganz einfach wieder, daß über diese die Kirche jederzeit richten kann, über den Papst aber nicht! Man ist schon etwas verblüfft über diese ideologische Verblendung. Wie soll bitte eine Mahnung des Papstes möglich sein, wenn ich über den Papst nicht richten kann und darf? Nein, es gibt keine Analogie zwischen dem Amtsverlust des Papstes und dem Amtsverlust anderer niederer kirchlicher Würdenträger im Fall der Häresie, denn das Papstamt ist „sui generis“, ganz eigener Art – was die Piusideologen einfach nicht mehr begreifen wollen. Irgendwie sind ihre Augen gehalten.

Der Korrekturpater schreibt sodann:

Ein stillschweigender Amtsverzicht tritt für einen Kleriker erst dann ein, wenn er öffentlich vom katholischen Glauben abfällt:

„Wegen eines stillschweigenden Verzichtes, der vom Recht selbst angenommen ist, werden alle Ämter automatisch und ohne jegliche Erklärung frei, wenn ein Kleriker: … 4° öffentlich vom katholischen Glauben abgefallen ist.“

Kirchengeschichten …

Seltsam, seltsam… Vorher redet der eifrig korrigierende Pater fleißig von materieller und formeller Häresie und jetzt zitiert er das Kirchenrecht, in dem davon gar nichts steht und es fällt ihm gar nicht auf! Hätte er nicht erklären sollen, was öffentliche Häresie ist? Und sich fragen sollen, ob denn Herr Bergoglio nicht sogar mehr ist als ein öffentlicher Häretiker, nämlich ein öffentlicher Götzendiener und somit ein öffentlicher Apostat?!

Wir überspringen die folgenden „Erklärungen“ und kommen zu des Pudels Kern. Auch in der Korrekturfassung des Paters Roder liest man:

„Die Sedisvakantisten maßen sich daher eine Verurteilung an, die ihnen gar nicht zusteht. Wenn also ein Papst irren kann (ausgeschlossen Kathedralentscheidungen), wenn ein Papst häretische Lehranschauungen vertreten kann, dann besteht in diesen Situationen die Möglichkeit des legitimen Widerstandes oder das Recht des Einspruchs, so wie die Universität von Paris der häretischen Meinung Papst Johannes XXII. (1316-34) widerstand, der lehrte, die selige Anschauung Gottes sei erst am Jüngsten Tag. Diesen legitimen Weg des Widerstandes und der Distanzierung gegenüber den liberalen Anschauungen der Konzilspäpste, gestützt auf die gesunde Lehre der Tradition der Kirche, ging Erzbischof Marcel Lefebvre, ohne mit dem Papst zu brechen, sich ein Urteil anzumaßen, und die Entwicklung der Vorsehung Gottes anheimzugeben. „Du bist Petrus der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“, das verhieß Christus dem Petrus, wenn auch der Fels heute stürmisch umspült vom Zeitgeist und gleichsam unter Wasser ist. Jesus hat Petrus zum Fundament seiner Kirche gemacht. Gibt es kein Fundament, dann stürzt der ganze Bau zusammen.“

Sie lieben es einfach, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Der Korrekturpater hat offensichtlich genauso wenig Ahnung von Kirchengeschichte wie sein Mitbruder. Wir erinnern kurz daran, was Prof. Johannes Stöhr über Papst Johannes XXII. zu sagen wußte: „Die Privatlehre von Johannes XXII. wird man unter diesen Umständen wohl allenfalls als theologischen Irrtum oder haeresi proximum bezeichnen können.“ Nein, Johannes XXII. war kein Häretiker: „Der Papst veranstaltete daher vom 28.12.1333-3.1.1334 ein Konsistorium zur Beratung dieser Frage. Johannes XXII. hat dann kurz vor seinem Tod in einer feierlichen Erklärung in Gegenwart der Kardinäle seine Meinung widerrufen; sein Nachfolger Benedikt XII. gab dies in einer Bulle bekannt (17.3.1335) und hat die Lehre schließlich mit der Konstitution Benedictus Deus (29.1.1336) feierlich definitiv entschieden.“

Jeder Theologiestudent weiß das, denn Johannes XXII. ist das Schulbeispiel für einen Papst, der als Privatmann einer irrigen, aber nicht häretischen theologischen Meinung anhing, aber unsere Piusbrüder wissen es nicht! Haben diese womöglich in einem Piusseminar eifrig die Kirchengeschichte der Kirchenfeinde anstatt katholische Kirchengeschichte studiert?

Selbst in der korrigierten Fassung korrigieren sie ihren Irrtum nicht und behaupten weiter, Johannes XXII. hätte eine häretische Meinung vertreten – worauf die vollkommen verrückte Schlußfolgerung folgt: Jesus hat Petrus zum Fundament seiner Kirche gemacht. Gibt es kein Fundament, dann stürzt der ganze Bau zusammen.

Nun der Reihe nach: Der für die Piusbrüder häretische Johannes XXII., dem die Universität von Paris tapfer widerstand, ist der Felsen Petri, auf dem Jesus seine Kirche erbaut hat. Und gibt es kein Fundament, dann stützt der ganze Bau ein.

Wenn aber Johannes XXII. Häretiker war, dann war er nicht mehr das Fundament der Kirche, sondern vielmehr die Universität von Paris, welche ihm tapfer Widerstand geleistet hat und somit ist der ganze Bau einstürzt – oder verstehen wir da etwas falsch?!

Genauso, wenn Erzbischof Marcel Lefebvre … diesen legitimen Weg des Widerstandes und der Distanzierung gegenüber den liberalen Anschauungen der Konzilspäpste, gestützt auf die gesunde Lehre der Tradition der Kirche, ging, war dann Lefebvre das Fundament der Kirche oder die Konzilspäpste mit ihren liberalen Anschauungen? Nun hat aber Jesus nicht zur Universität von Paris und auch nicht zu Lefebvre gesagt: „Du bist Petrus der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“ – sondern allein zu Simon, dem Sohn des Jona.

Wir sehen mal wieder: Bloß frommes Geschwätz kann ganz schön unsinnig, ja glaubenszerstörend werden.

Das Urteil eines späteren Papstes

Übrigens ist aus „Diesen legitimen Weg des passiven Widerstandes und der Distanzierung gegenüber den liberalen Anschauungen der Konzilspäpste“ in der Korrekturversion „Diesen legitimen Weg des Widerstandes und der Distanzierung gegenüber den liberalen Anschauungen der Konzilspäpste“ geworden. Also nicht nur passiver Widerstand, was nun wirklich das Verhalten der Piusbrüder nicht richtig beschreibt, sondern Widerstand schlechthin, denn die Piusbrüder widerstehen ihrem Papst jederzeit tapfer, außer er sagt zufälligerweise das, was sie von ihm hören wollen. Und das nennen sie dann dem Papst „Gehorsam“, bzw. „keinen blinden Gehorsam“ leisten.

Aber kommen wir zurück zum Anfang. Der Erstautor hatte geschrieben: „Es gibt kein Gremium, keine Instanz, kein Kardinalskollegium, kein Konzil ohne Papst, das einen regierenden Papst vors Glaubensgericht bringen kann und aburteilen, noch absetzen kann. Nur ein späterer Papst auf ‚Augenhöhe‘ kann richten. Der Korrekturautor hat diese Passage eliminiert – was sehr unehrlich und bedauerlich ist, denn der Sache nach blieb trotz der Korrektur alles gleich. Der entscheidende, oder besser den Unglauben entlarvende Satz ist: Nur ein späterer Papst auf ‚Augenhöhe‘ kann richten.

Hätte der korrigierende Pater in der Dogmatik von Heinrich nachgelesen, die er wie der Erstautor in skandalöser Weise verunstaltet und sozusagen gegen den Strich kämmt, weil er das Gegenteil von dem herausliest, was da steht, dann wäre ihm womöglich doch etwas mulmig geworden. Denn das ist letztlich des Pudels Kern: Wenn die Piusbrüder dem Papst Widerstand leisten – aber ihm seltsamerweise dabei und dadurch angeblich nicht verurteilen!? – wer fällt dann das letzte, rechtsgültige Urteil? Dem Korrekturpater paßte das nicht mit dem späteren Papst auf ‚Augenhöhe‘ – denn das würde ja doch zumindest bedeuten, daß ihr Widerstand nicht wirklich legitimiert ist, solange nicht der spätere Papst auf Augenhöhe sein lehramtliches Urteil gefällt hat. Solange ist ihr Widerstand sozusagen ein Widerstand auf Vorschuß, d.h. unter dem Vorbehalt, daß man die Häresie nicht wieder mit einer Häresie gekämpft und den Teufel mit Beelzebub austreibt, worüber man doch selber gar nicht sicher sein kann, solange das Urteil des späteren Papstes auf ‚Augenhöhe‘ noch fehlt!

Wir zeigten schon, daß das kirchengeschichtliche Beispiel unseres Autors für die Möglichkeit des legitimen Widerstandes oder das Recht des Einspruchs, falsch, also eine Täuschung des Lesers war. Die Universität von Paris hat niemals der häretischen Meinung Papst Johannes XXII. (1316-34) widerstehen müssen, weil Johannes XXII. niemals Häretiker war. In seinem Übereifer zitiert der Korrekturpater in einer Fußnote (Wir erinnern an unseren Beitrag über die Fußnotentheologen, wo wir gezeigt haben, daß nirgendwo so gelogen wird wie in den Fußnoten!) auch noch den hl. Thomas von Aquin: „Wenn nämlich (der Papst) etwas gegen die guten Sitten anordnet, soll man ihm nicht gehorchen. Wenn er irgendetwas gegen die offensichtliche Gerechtigkeit und das Allgemeinwohl unternimmt, so ist es erlaubt, ihm zu widerstehen.“ Wir können in diesem Satz kein Wörtchen über Häresie finden, sondern nur die guten Sitten, die offensichtliche Gerechtigkeit und das Allgemeinwohl. Seltsam, seltsam – was soll also dieser Satz in dieser Fußnote? Soll er die Leser nochmals täuschen und ihnen einreden, auch der hl. Thomas ist auf unserer Seite? Dabei hat kein Sedisvakantist je behauptet, daß ein Papst nicht etwas gegen die guten Sitten, die offensichtliche Gerechtigkeit oder das Allgemeinwohl anordnen könne, ohne dadurch sein Amt zu verlieren. Der Amtsverlust tritt nur bei Häresie ein.

Unfehlbarkeitsvakanz

Der Pater will also vertuschen, daß dieser Art des Widerstands, wie ihn diese Traditionalisten seit Jahrzehnten leisten, das Fundament fehlt, weil der Traditionalist nämlich nicht auf gleicher Augenhöhe mit dem Papst steht. Wie gesagt, müßten die Piusbrüder auf das Urteil eines späteren Papstes warten – das heißt auf dem Punkt gebracht: Sie legen gegen den jetzigen Papst Klage bei einem späteren Papst ein. Da hat er Erstautor einmal einen guten, einen richtigen Gedanken gehabt, der aber leider der Korrektur seines weniger ehrlichen Mitbruders zum Opfer gefallen ist.

Die Piusbrüder müssen somit genaugenommen auf einen späteren Papst warten, damit sie wieder auf sicheren Boden stehen – außer sie erklären ihren Widerstand für unfehlbar! Was sie zwar auch de facto nicht selten tun, aber dann doch nicht so ernst meinen, wie sie es im Eifer des Gefechts von sich geben.

Was aber sagt Heinrich zu diesem Einfall?

In Zusammenhang mit der Irrlehre des Gallikanismus erwähnt der Dogmatiker auch Bossuet. Die Meinung Bossuets ist für uns höchst interessant und zeigt wieder einmal, daß es durchaus nichts Neues unter der Sonne gibt. Heinrich erklärt folgendes:

4. Bossuet, der wohl einsah, daß es ohne den Papst weder eine katholische Kirche, noch ein ökumenisches Konzil gebe, stellte bekanntlich die Theorie von der Indefectebilität des Apostolischen Stuhles im Glauben im Unterschiede von der Indefectibilität des jeweiligen Papstes in seinen Kathedralentscheiden auf. Er meinte, wohl könne ein Papst in einer einzelnen Kathedralentscheidung irren, aber nimmermehr könne, kraft der Verheißung Christi und nach dem Zeugnisse der gesamten Überlieferung, das Papsttum oder der Apostolische Stuhl der Häresie anheimfallen. Wenn daher ein Papst auch einmal wanke oder eine falsche Entscheidung gebe – bald werde der Herr, wie auf den verleugnenden Petrus, seine Augen auf ihn oder auch auf seinen Nachfolger richten; derselbe werde wieder zu besseren Einsicht kommen und den Fehler verbessern.

In dieser willkürlichen, mit Schrift und Tradition im Widerspruche stehenden Theorie geht Bossuet einesteils weiter, als selbst viele Verteidiger der päpstlichen Infallibilität, indem er annimmt, daß der Papst persönlich kein Häretiker werden könne; andernteils aber meint er, der Papst könne häretische Glaubensdefinitionen erlassen, und tritt dadurch mit der Fürsorge Christi und der göttlichen Providenz für die Kirche und ihr Oberhaupt, so wie mit den betreffenden Verheißungen, worauf er seine eigene Theorie von der Indefectibilität des Apostolischen Stuhles jetzt, in offenbaren Widerspruch.“ (Dr. J.B. Heinrich, Dogmatische Theologie, Zweiter Band, Verlang von Franz Kirchheim, Mainz 1882, S. 452 f.)

Auch wenn nicht jedes Detail auf die Piusbrüder übertragbar ist, so hat man doch den Eindruck, hier wird die Ideologie der FSSPX ganz gut beschrieben. Selbst wenn die Piusbrüder nicht fähig sind, ihre eigenen Ungereimtheiten in ein einheitliches System zu fassen, so kann man sagen, ihre Grundidee ist die von Bossuet: „die Theorie von der Indefectebilität des Apostolischen Stuhles im Glauben im Unterschiede von der Indefectibilität des jeweiligen Papstes in seinen Kathedralentscheiden“.

Wenn ein Papst, wie die Piusbrüder eifrig, beharrlich und unbelehrbar behaupten, so knapp mal alle 100 Jahre einmal unfehlbar ist – der Erstautor schrieb: „Kein Wunder, dass dieses Dogma seitdem nur ein einziges Mal in feierlicher Form angewandt wurde, nämlich am 1. November 1950 bei der Verkündigung des Dogmas durch Papst Pius XII., dass Maria mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden ist“, dann stellt sich unmittelbar die Frage: Was folgt denn eigentlich daraus? Dann waren die meisten Päpste in diesen 80 Jahren seit dem Vatikanum niemals unfehlbar, denn welcher Papst ist schon 80 Jahre im Amt?! Konkret in diesem Fall heißt das: Leo XIII., Pius X., Benedikt XV. und Pius XI. waren niemals unfehlbar!!! So schaut 80 Jahre lehramtliche tabula rasa aus.

Welche Schlußfolgerung drängt sich dadurch auf? Nun, nicht die Päpste sind unfehlbar, sondern nur der Apostolische Stuhl! Außerdem können die Päpste außerhalb ihrer Unfehlbarkeit sowieso jederzeit irren, weshalb wir uns jederzeit vor ihrer Willkür schützen müssen – denn häretische Päpste hat es nach den Piusideologen immer schon gegeben. Es bleibt also nichts anderes übrig, als bei Unklarheiten oder auftretenden Irrlehren darauf zu warten, daß ein zukünftiger Papst „unfehlbar“ – irgendwann unfehlbar, denn es ist bei den Piusbrüdern für den Papst gar nicht so einfach, eine unfehlbare Entscheidung zusammenzubekommen, die diese als solche auch anerkennen – klärt, was denn nun eigentlich Sache ist. Das ist freilich ganz schön viel Unfehlbarkeitsvakanz, was freilich die Piusbrüder nicht stört, denn der Apostolische Stuhl bleibt davon unberührt, irrende Päpste hin oder her.

Das „Lehramt aller Zeiten“?

Unser Korrekturpater zitiert hierzu eine wenn auch recht unsinnige, so doch den Unsinn auch wieder erhellende Stelle:

„Die Doktrin der Kirche ändert sich nicht, und unsere Stärke ist die Treue zum ,Lehramt aller Zeiten‘, wie der Bischof gerne sagte. …

Wenn wir vom Papst als Nachfolger Petri sprechen, bedeutet dies, dass er das gesamte Lehramt Petri und seiner Nachfolger vertritt und weitergeben muss, ein Lehramt, in dem es Kontinuität gibt und in dem es keinen Widerspruch geben kann. Es handelt sich um ein ihm anvertrautes Depositum, das er übermitteln muss.“ (Du Chalard de Taveau, Pater Emmanuel: „Der Erzbischof blieb ein Römer bis zu seinem letzten Atemzug“)

Da haben wir es: Die Doktrin der Kirche ändert sich nicht – der Apostolische Stuhl bleibt von all dem lehrmäßigen Wahnsinn der letzten Jahrzehnte vollkommen unberührt.

Was ist aber eigentlich das „Lehramt aller Zeiten“ theologisch genau? Es ist ein reines Gedankending, keine Realität. Es ist das Lehramt nicht der Päpste als lebendige, konkrete Personen, sondern des Apostolischen Stuhls, auf dem ein Papst sitzt, der sich jeder Zeit irren kann. Dieser steht zwar immer noch im Vatikan, aber Bergoglio hat ihn bis heute nicht bestiegen.

Was soll weiter heißen: „das gesamte Lehramt Petri und seiner Nachfolger“? Das ist ebenfalls ein Gedankenkonstrukt und keine Realität. Es gibt kein gesamtes Lehramt Petri und seiner Nachfolger, sondern es gibt nur deren Dogmen, Enzykliken, Verlautbarungen, die in niedergeschriebener Form auf uns gekommen sind. Ein verstorbener Papst hat das Lehramt nicht mehr inne, das sollte selbst ein Piusideologe wissen.

Was ist schließlich und endlich ein „Lehramt, in dem es Kontinuität gibt und in dem es keinen Widerspruch geben kann“ – heute, angesichts der römischen Apostasie? Das ist das konziliare Leeramt des Joseph Ratzinger: Hermeneutik der Kontinuität.

Es ist zwar verständlich, aber dennoch frappant: Die Piusbrüder lieben mehr die Päpste der Vergangenheit „auf gleicher Augenhöhe“ als die zukünftigen Päpste. Vielleicht hat deswegen der Korrekturpater den Erstautor zensiert, weil ihm ein Papst auf gleicher Augenhöhe allzu unheimlich erschien. Die Päpste der Vergangenheit haben jedenfalls den Vorteil, daß sie sich nicht mehr wehren können, wenn man sie falsch zitiert oder ihre Text falsch interpretiert, wohingegen man auf die Päpste der Zukunft erst noch warten müßte und nicht weiß, was sie sagen werden. Die zukünftigen Päpste kann man nicht für seine eigene Meinung einspannen, die verstorbenen schon. Aber ehrlicher ist dennoch der Erstautor, der meint: Nur ein späterer Papst auf ‚Augenhöhe‘ kann richten.

Was meint nun eigentlich der von den Piusbrüdern bis zur Unkenntlichkeit verunstaltete Heinrich dazu?

„Denn wenn er annimmt, es habe eine Erlassung einer Häretischen Glaubensdefinition durch einen Papst keine so große Bedeutung, da ja derselbe Papst oder sein Nachfolger den begangenen Fehler bald wieder verbessern werde, so beruht das auf einer unbegreiflichen Täuschung.“ (Ebd. S. 453)

Wenn das nicht spannend ist – eine unbegreifliche Täuschung ist das mit dem zukünftigen Papst auf gleicher Augenhöhe! Worin besteht nun diese Täuschung genau?

Eine tiefere Beschädigung könnte die Kirche nicht treffen, als wenn ein Papst eine häretische Glaubensentscheidung erließe. Eine spätere Bekehrung würde den Schaden keineswegs gut machen. Noch weniger würde ein Nachfolger durch eine von ihm ausgehende Korrektur den angerichteten unermeßlichen Schaden heilen. Die Häretiker würden sich an die Definition des Vorgängers halten und behaupten, nicht dieser habe geirrt, sondern der Nachfolger habe eine häretische Definition erlassen. (Ebd.)

Das hört sich freilich ganz anders an als das Piusgeschwätz. Auch wenn die Piusbrüder selbstverständlich vehement leugnen werden, daß all diese falschen Päpste jemals eine unfehlbare Lehre verkündet haben – wir sind sozusagen wieder einmal in der dogmenlosen Zwischenzeit zwischen zwei Dogmen, von 1950 an würde es also noch bis 2030 dauern bis die 80 Jahre endlich wieder voll wären – so haben sie dennoch eine ganze Reihe von Lehren, haben ein Konzil, haben eine Vielzahl an Enzykliken, haben eine Neue Messe und neue Sakramentsriten usw., die ein späterer Papst alle einmal mit seinem Lehramt der Kontinuität wird glattbügeln müssen. Und was ist, wenn dieser zukünftige Versuch des Glattbügelns wiederum von vielen Tradis als mißlungen beurteilt wird? Nun, dann muß man wieder mindestens 80 Jahre warten, bis ein nächster Papst es vielleicht besser macht. Aber bitte, was kümmert uns das schon, wir haben ja die Tradition!!!

Schauen wir nochmals in das Broschürchen der Piusideologen, wir ziehen inzwischen die Erstfassung der geglätteten vor, denn sie ist kerniger und weniger geschwätzig.

Päpstlicher Absolutismus?

„Ungeahnt hat sich das Papsttum seit dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit durch Unklarheit der Grenzen des Papstes in seiner Abhängigkeit von Lehramt und Tradition hin entwickelt zu einem päpstlichen Absolutismus, der in Paul VI. diktatorische Züge angenommen hat, als letztes Entwicklungsstadium einer Monade.“

Da spürt man direkt die moralische Entrüstung des Piusbruders heraus, die ihm offenbar den Verstand raubt. Wir haben gar nicht gewußt, daß das Papsttum vom Lehramt abhängig ist? Wir meinten immer, der Papst sei das Lehramt, entweder allein oder in Einmütigkeit mit den Bischöfen? Um von einem päpstlichen Absolutismus sprechen zu können, der in Paul VI. diktatorische Züge angenommen hat, muß man schon bedenkliche Wahrnehmungsstörungen haben. Würde der Herr Pater dieses Urteilsschema auf seine geliebten Kaiser anwenden, würden ganz sicher lauter Tyrannen übrigbleiben. Auf jeden Fall war dann auch der hl. Pius X., der schon arm zu nennende Patron unserer Piusbrüder, vom päpstlichen Absolutismus geradezu besessen als er am 18. Dezember 1912 an die Mitglieder der Apostolischen Union wagte zu sagen:

„Der Papst ist der Hüter des Dogmas und der Moral; er ist der Wächter der Prinzipien, welche die Familien tugendhaft, die Nationen groß, die Seelen heilig machen; er ist der Ratgeber der Fürsten und der Völker; er ist das Oberhaupt, unter dem sich niemand unterdrückt fühlt, weil es Gott selbst vertritt; er ist der Vater schlechthin, der in sich alles vereint, was es an Liebendem, an Zärtlichem und an Göttlichem gibt.

Es mutet unglaublich an und ist doch traurige Wirklichkeit, daß es Priester gibt, denen man dies ausdrücklich empfehlen muß, aber wir sehen uns heute leider in dieser harten und unglücklichen Lage, manchen Priestern zurufen zu müssen: Liebt den Papst!

Und wie soll man den Papst lieben? Nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten, mit Aufrichtigkeit. ‚Non verbo neque lingua, sed opera et vertate‘ [Laßt uns nicht lieben mit Wort und Zunge, sondern in Tat und Wahrheit] (1. Joh. 3, 18). Wenn man jemanden liebt, versucht man sich all seine Gedanken zu eigen zu machen, seinen Willen zu vollziehen und seine Wünsche zu erraten. Und wenn unser Herr Jesus Christus von sich selbst sagte: ‚Si quis diligit me, sermonem meum servabit‘ [Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten] (Joh. 14, 23), muß man, um seine Liebe zum Papst unter Beweis zu stellen, ihm gehorchen.

Darum gilt folgendes: Wenn man den Papst liebt, diskutiert man nicht lange über das, was er gebietet oder verlangt; man zerbricht sich nicht den Kopf darüber, wie weit die strikte Pflicht des Gehorsams geht, und man legt keine Grenzen dieses Gehorsams fest. Wenn man den Papst liebt, wendet man nicht ein, er habe sich nicht hinreichend deutlich ausgedrückt, als ob er verpflichtet wäre, einem jeden seinen Willen direkt ins Ohr zu wiederholen und nicht bloß in Worten, sondern stets auch in Briefen und anderen öffentlichen Dokumenten zu bekunden; man zieht seine Befehle nicht unter dem bei zum Gehorsam Unwilligen beliebten Vorwand in Zweifel, sie stammten ja nicht direkt von ihm, sondern von seiner Umgebung; man begrenzt das Gebiet nicht, auf dem er seinen Willen ausüben kann und darf; man stellt der Autorität des Papstes nicht diejenige anderer Personen entgegen, deren Meinung jener des Papstes widerspricht, mögen sie auch noch so gelehrt sein. Übrigens: Wie groß ihre Gelehrtheit auch sei, die Heiligkeit geht ihnen ab, denn wo man mit dem Papst nicht einig geht, kann es keine Heiligkeit geben.“

Da müßte doch unser Erstautor konzertiert von seinem Mitbruder voller Entsetzen ausrufen: Was für ein „übersteigertes Papstverständnis“, was für eine „Verabsolutierung des Papstes“, was für eine maßlose „Absolutsetzung des Papstes als freischwebender Monade und Orakel Gottes“!!! – all das sagt er wörtlich in seinem Broschürchen – und er müßte, wenn er konsequent wäre, seinen Glauben an die Heiligkeit des an Absolutheitswahn leidenden Papstes Pius X. verlieren, womit er in guter Gesellschaft mit den anderen Modernisten wäre, die seine modernistische Meinung teilen. Aber mit der Konsequenz haben sie es nicht so, unsere Tradis.

Die nächste und unmittelbare Glaubensregel

Nach all dem Geschwätz vom „Lehramt aller Zeiten“, dem gesamten „Lehramt Petri und seiner Nachfolger“, und der „Absolutsetzung des Papstes als freischwebender Monade und Orakel Gottes“ sehnt sich der Leser sicherlich nach einer gesunden Lehre. In Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon kann man für den Geist und das Gemüt ungemein beruhigend lesen:

Bücher und Denkmäler mögen eine noch so eindringliche Sprache zu uns reden: ihr Zeugnis allein ist tot, höchstens dazu fähig, in uns eine rein menschliche, historische oder philosophische Gewißheit zu erzeugen. Die menschliche Gewißheit ist aber noch keine Glaubensgewißheit. Wo gar übernatürliche Geheimnisse zum Vortrag kommen (z.B. Trinität, hypostatische Union und Eucharistie), welche das natürliche Verständnis absolut übersteigen, da tut erst recht eine höhere, gottgesetzte Autorität not, die im Namen Gottes selber viva voce [mit lebendiger Stimme] zu uns spricht und erst so den übernatürlichen Glaubensakt in uns ermöglicht. ‚Folglich bilden auch Schrift und Tradition zusammen noch nicht eine ausreichende Glaubensregel; sie sind überhaupt nicht geeignet, durch sich alle Funktionen und Dienste zu verrichten, die zur wirksamen, allgemeinen und einheitlichen Normierung des Glaubens erforderlich sind, und können daher nicht als regula fidei proxima et immediata [nächste und unmittelbare Glaubensregel] gelten, sondern nur als remota et mediata [entfernte und vermittelte], die noch der Vermittlung bedarf’ (P. Hake)“ (Sp. 1951).

Haben Sie es gelesen? Es tut eine höhere, gottgesetzte Autorität not, die im Namen Gottes selber viva voce [mit lebendiger Stimme] zu uns spricht – um Himmels willen! muß unser Erstautor schon wieder in seiner Papstphobie ausrufen, was für eine maßlose Übertreibung, ja was für eine unerträgliche Vergöttlichung des Papstes! Nein! „Die Doktrin der Kirche ändert sich nicht, und die Stärke der Piusbruderschaft St. Pius X. ist die Treue zum ‚Lehramt aller Zeiten‘ …“ Das liest man unter der Zwischenüberschrift: Die Abhängigkeit des Lehramtes von der Tradition.

Wir haben gerade das Gegenteil gelesen – das ‚Lehramt aller Zeiten‘ kann nichts anderes sein als Schrift und Tradition zusammen:

„Folglich bilden auch Schrift und Tradition zusammen noch nicht eine ausreichende Glaubensregel; sie sind überhaupt nicht geeignet, durch sich alle Funktionen und Dienste zu verrichten, die zur wirksamen, allgemeinen und einheitlichen Normierung des Glaubens erforderlich sind, und können daher nicht als regula fidei proxima et immediata [nächste und unmittelbare Glaubensregel] gelten, sondern nur als remota et mediata [entfernte und vermittelte], die noch der Vermittlung bedarf“ (P. Hake)

Die Piusbrüder, „umgekehrte Protestanten“?

Hierauf weiß das Kirchenlexikon in Richtung unserer Piusideologen weiter auszuführen:

„Wie die Reformatoren die heilige Schrift, so hatten die Anhänger des Valentinus [ein gnostischer Irrlehrer, der im 2. Jahrhundert sein Unwesen trieb] ihre geheimen Traditionen zur einzigen und höchsten Glaubensnorm erhoben. Auch die Jansenisten waren insofern ‘umgekehrte Protestanten’, als sie nur die geschriebene Tradition als Tradition und Glaubensregel gelten ließen und so ‘den alten und neuen Protestantismus von der Bibel auf die Tradition übertrugen’ (Scheeben)“ (a.a.O. Sp. 1950). In Wahrheit jedoch „läßt sich auf die bloße (objektive) Überlieferung ebenso wenig wie auf die bloße Bibel ein übernatürlicher Glaubensakt gründen, ja eigentlich noch weniger, da keines der uns erhaltenen Dokumente göttlicher Inspiration sein Dasein verdankt“ (Sp. 1951).

Ja, das ist wahr: Die Piusbrüder sind ‘umgekehrte Protestanten’, als sie nur die geschriebene Tradition als Tradition und Glaubensregel gelten ließen und so ‘den alten und neuen Protestantismus von der Bibel auf die Tradition übertrugen’. Sie versuchen nur die Leute, wie es die Modernisten nun einmal gerne tun, durch neue Sprachschöpfungen hinters Licht zu führen: Lehramt aller Zeiten – Nein! Schrift und Tradition zusammen, die als remota et mediata [entfernte und vermittelte] Norm des Glaubens noch der Vermittlung bedürfen.

Sie, verehrter Leser, können das immer noch nicht glauben – die Piusbrüder, die umgekehrten Protestanten? Lesen wir weiter:

Wenn sich mit der objektiven Tradition also nicht die aktive Tradition, oder, was dasselbe ist, das kirchliche unfehlbare Lehramt als höheres Element verbindet, so ist ein festes Fürwahrhalten der überlieferten Offenbarungswahrheiten auf göttlichem Glaubensgrund nicht möglich. ‘So bilden die beiden Momente, der überlieferte Glaubensinhalt und die Art und Weise seiner Überlieferung durch das kirchliche Lehramt unter dem Beistande des heiligen Geistes den vollen Begriff der Tradition’ (Hettinger) (Sp. 1950 f).

„Abrundung“

Verehrte Leser, nun sind wir gerüstet zum Endspurt. Unsere Piusbrüder bringen ihre Gedanken mit zwei Fremdtexten „Zur Abrundung“. Man muß schon ziemlich verzweifelt sein, wenn man sich vom „Weihbischof“ Athanasius Schneider und von irgendeinem drittklassigen, lefebvristisch angehauchten Journalisten abrunden läßt.

In der Erstfassung zieht der Autor mit einer kurzen Bemerkung auch noch La Salette mit in seine Verballhornung des unfehlbaren Lehramtes und der Stellvertreter Christi auf Erden hinein, indem er bemerkt: Melanie, sie Seherin von La Salette spricht von „wurmstichigen Päpsten“. Der Korrekturpater hat diese Bemerkung gestrichen. Womöglich rochen ihm die wurmstichigen Päpste schon zu viel nach „Sedisvakantismus“, denn es ist kaum anzunehmen, daß ihm aufgefallen ist, daß der Pater unsauber zitiert. Melanie spricht nämlich nur von „zwei“ wurmstichigen Päpsten. Nun, Roncalli, Montini, Wojtyla, Ratzinger und Bergoglio sind schon fünf – und selbst wenn die Piusbrüder „ihren“ Ratzinger rausnehmen werden aus der Liste, bleiben immer noch vier wurmstichige Päpste und nicht nur zwei. Es könnte dem Korrekturpater aber auch die Aussage Unserer Lieben Frau von La Salette etwas zu schwer im Magen gelegen haben: „Rom wird den Glauben verlieren und Sitz des Antichristen werden.“ Also lieber gar nicht von La Salette reden, dafür aber von Fatima.

Schon in der Erstfassung war erwähnt, daß in Fatima „keine Rede davon“ gewesen sei, „dass der aktuelle Papst kein Papst mehr sei“, vielmehr sei „die Rede“ (ein bißchen viel Ge-Rede, weshalb der Korrekturpater stilistisch verbessert: Im Gegenteil wird dazu aufgefordert…), „für den Papst zu beten, ganz besonders in den Äußerungen der hl. Jacinta“. Der Korrekturpater hat auch das „hl.“ gestrichen, denn für die Piusbrüder sind Heiligsprechungen nicht mehr unfehlbar. Ihre Heiligen müssen sie seitdem selber heiligsprechen, was sie auch eifrig machen, wenn es sich etwa um den „heiligen“ P. Pio oder den „heiligen“ Pater Maximilian Kolbe handelt. Da feiern manche Mitbrüder die „heilige“ (?) Messe für diese vielleicht doch unheiligen „Heiligen“. Aber auch von allen anderen Heiligen weiß kein Piusbruder mehr, ob er wirklich im Himmel oder vielleicht nicht doch in der Hölle ist, weil ja die Heiligsprechungen kein unfehlbarer Akt ihres Papstes ist, also sich der Papst darin irren kann und sich schon so viel Päpste geirrt haben, wie etwa bei der Heiligsprechung von Pius X., wovon, wie schon angemerkt, viele Modernisten überzeugt sind.

Unsere Ideologen verschweigen ihren Lesern selbstverständlich die Botschaft, die Schwester Lucia, die Seherin von Fatima, im August 1931 in Rianjo, einer kleinen portugiesischen Küstenstadt nahe Pontevedra, erhielt. „Laß meine Diener wissen: da sie das Beispiel der französischen Könige befolgen und die Ausführung meiner Bitte verschieben, werden sie ihnen auch in ihrem Unglück folgen“, so sprach Christus in dieser Vision zu Schwester Lucia. Die Bourbonen (die französische Königsfamilie) sind untergegangen, weil sie sich weigerten, Frankreich dem Heiligsten Herzen Jesu zu weihen.

In der Erstfassung folgte eine „Geschichtliche Einbettung“, die der Korrekturpater zum „Schlussakkord“ seiner Kakophonie umbenannte.

Eigentlich ist man angesichts einer solchermaßen verdichteten Unvernunft sprachlos. Allen Ernstes liest man hierin den Vorwurf an die Sedisvakantisten: „Der Papst ist die Kirche und praktisch werden alle Aussagen, selbst Enzykliken [!], für unfehlbares, ordentliches Lehramt gehalten.“ Man faßt es nicht! „praktisch … alle Aussagen“ und „selbst Enzykliken“ steht da. Niemals hat ein Sedisvakantist behauptet, daß ein Papst in allen Aussagen unfehlbar ist, aber die Sedisvakantisten sagen natürlich mit allen Theologen, daß ein Katholik auch nicht unfehlbare Aussagen des Papstes nicht einfach kritisieren darf.

In unserem Beitrag „Modernismus in der Tradition“ vom 7. Jan. 2014 hatten wir geschrieben:

In der zweiten Auflage des „Wetzer und Welte‘s Kirchenlexikon“ von 1899 liest man im Artikel „Syllabus“ aus der Feder des Jesuiten V. Frins: „Betreffs der erwähnten 16 in der Enzyklika selbst angeführten Sätze kann kein Zweifel bestehen, daß es sich bei ihnen um eine Verwerfung kraft der unfehlbaren höchsten päpstlichen Lehrgewalt handelt; dies geht klar aus der Verwerfungsformel hervor.“ Der Schweizer Theologe Anton Gisler schrieb 1912 im „Kirchlichen Handlexikon“ zum Stichwort „Quanta cura“ hinsichtlich der 16 dort beim Namen genannten und zurückgewiesenen Irrtümer: „Diese Sätze sind mit Unfehlbarkeit verworfen.“ In der von zwei auf zehn Bände erweiterten und neu betitelten Neuauflage des „Kirchlichen Handlexikons“, dem in den dreißiger Jahren erschienenen „Lexikon für Theologie und Kirche“, erhielt der Prager Theologe Karl Hilgenreiner diese These, diesmal im Artikel „Enzyklika“, aufrecht: „Für unfehlbare Lehrentscheidungen wird die Form der Enzyklika nur ausnahmsweise gewählt (so in der Enzyklika Pius‘ IX. Quanta cura v. 8. 12. 1864).“ Noch 1956 wurde im französischen theologischen Wörterbuch „Catholicisme“ unter dem Stichwort „Encyclique“ seitens des Dominikanertheologen P.A. Liege referiert: „Theologen haben stets angenommen, daß gewisse große Enzykliken (Quanta cura; Pascendi; Casti connubii) unfehlbare Äußerungen enthielten.“

Eidbrüchige Patres?

Unsere Herren Patres beweisen also wieder einmal ihre vollkommene Ignoranz, wenn es um echte Theologie geht. Wir hatten damals weitergeschrieben:

Neben diesen klaren Zeugnissen vieler großer Theologen für die Unfehlbarkeit der Enzyklika Quanta cura gab es ab 1910 allmählich immer mehr gegenteilige, welche die Unfehlbarkeit geleugnet haben. Schon 1930 ist ein Werk in englischer Originalausgabe publiziert worden, das allerdings erst 1961 als Übersetzung in München veröffentlicht wurde und noch im selben Jahr eine zweite Auflage erlebte: Es ist Cuthbert Butlers bekannte Hintergrund-Darstellung des (I.) Vatikanums, übertragen und kommentiert von Hugo Lang. Darin sagt der englische Benediktinertheologe: „Dublanchy bringt im Dictionnaire eine Liste von päpstlichen Äußerungen, wohl unterschieden von Konzilsäußerungen, die eine allgemeine einhellige Überzeugung als sicher unfehlbare ex cathedra-Definitionen, entsprechend dem Vatikanischen Dekret, ansieht. Im ganzen Bereich der Kirchengeschichte gibt es nur zwölf dieser Art: sechs davon sind positive Aufstellungen einer katholischen Lehre, beginnend mit dem Lehrwort des hl. Leo, endend mit der Definition der Unbefleckten Empfängnis durch Pius IX., die sechs anderen sind Verwerfungsurteile über irrige Lehrsätze von Luther, Jansenius, Molinos, Fenelon, Quesnel und vom Konzil von Pistoja. (Ich habe nicht versucht, in die Gründe einzudringen, warum die Verurteilung des Bajus nicht inbegriffen sein sollte.) Die „Quanta cura“ von Pius IX., 1864, bleibt zweifelhaft; die „Mirari vos“ von Gregor XVI., welche Lamennais und den Avenir verurteilt, steht nicht auf der Liste … Was den Syllabus von 1864 angeht, dessen ex cathedra-Charakter durch die Theologen der sechziger und siebziger Jahre ganz allgemein befürwortet, von Feßler jedoch angezweifelt wurde, so entfällt seine Unfehlbarkeit, da sie jetzt zumeist aufgegeben ist, „à peu près abandonnée“.“

Sie schwimmen also ganz bedenkenlos im Fahrwasser der Modernisten, unsere Piuspatres, wenn es ihrer Sache nützt: selbst Enzykliken, für unfehlbares, ordentliches Lehramt gehalten!!!

Übrigens haben diese Patres in ihrem Priesterleben schon mehrmals den Antimodernisteneid geleistet. Der zweite Teil des Eides beginnt mit den Worten: „Ich unterwerfe mich auch mit der ganzen Ehrfurcht und pflichte von ganzem Herzen bei allen Verurteilungen, Erklärungen und Vorschriften, welche im Rundschreiben Pascendi und im Dekret Lamentabili enthalten sind, besonders in Bezug auf die sog. Dogmengeschichte.“ Nun, „Rundschreiben Pascendi“ ist „Enzyklika Pascendi“!!! Die beiden Patres werden doch nicht eidbrüchig geworden sein? Denn wie kann sie denn der hl. Pius X. dazu verpflichten, unter Eid zu schwören: Ich unterwerfe mich auch mit der ganzen Ehrfurcht und pflichte von ganzem Herzen bei, wenn für sie Enzykliken niemals unfehlbar sein können, was für die Piusbrüder doch so viel heißt, als daß sie bloßer Wortschall sind, weil man ja niemals weiß, ob diese Worte nicht zahlreiche Irrtümer enthalten.

Julius Beßmer schreibt in seinem Buch „Philosophie und Theologie des Modernismus“:

„Jeder Katholik weiß, daß er den Lehrentscheidungen des Apostolischen Stuhles, auch wenn sie nur von den Kongregationen des Heiligen Offiziums oder von der Indexkongregation und der heiligen Kongregation für die Sakramente ausgehen, sich mit innerer Zustimmung zu unterwerfen hat.“ (Julius Beßmer S.J., Philosophie und Theologie des Modernismus, Herdersche Verlagsbuchhandlung, Freiburg im Breisgau 1912, S. 530)

Jeder Katholik weiß das, unsere Piuspriester wissen es nicht nur nicht, sie behaupten hartnäckig und unbelehrbar das Gegenteil – woraus folgt, daß sie keine Katholiken mehr sind.

Kirchengeschichte – ein griechisches Drama?

In ihrem „Schlussakkord“ greifen die zwei geistlichen Herren nochmals ihr Lieblingsthema vom Papstzentrismus auf. Sie entblöden sich nicht zu schreiben:

Der Papstzentrismus endete in einer Katastrophe wie im griechischen Drama. Katastrophe ist in einem Drama aber ein Sturz, der zu einer Umkehr hinführt. Die Katastrophe ist wie in der Tragödie - in der Überspannung der Verhältnisse - so auch in der Geschichte und in der Kirche gerade der Wendepunkt der Handlung und der Verhältnisse, und somit in der göttlichen Leitung der Kirche durch den Hl. Geist ein Ausweg und eine Reinigung. Das Papsttum ist eine relative Größe, d.h. hinbezogen (Relation) und wesentlich abhängig vom geoffenbarten Wort Gottes, und keine absolute, denn die Kirche ist mehr als der Papst. Er ist auch ein Glied der Kirche, deren Haupt Christus ist.

Da kann man nur noch ausrufen: „Sunt pueri pueri, pueri puerilia tractant.“ – Kinder sind halt Kinder und Kinder treiben halt mal Kindereien!

Also Kirchengeschichte, Papstgeschichte, Apokalypse „wie im griechischen Drama“. Und nach der apokalyptischen Katastrophe kommt die große Reinigung – aber durch wen bitte schön kommt diese große Reinigung?! Wie stellen sich die Herren diese vor?

Der „Papst der Zukunft“ – Deus ex machina

Nun, wie wir schon gehört haben, kommt die große Reinigung durch den Papst der Zukunft! Wenn aber nun auch dieser zukünftige Papst der großen Reinigung wiederum nur „eine relative Größe, d.h. hinbezogen (Relation) und wesentlich abhängig vom geoffenbarten Wort Gottes, und keine absolute“ ist, wie der jetzige, wenn er nur ein Glied der Kirche ist, deren Haupt Christus ist, was bringt das bitte für einen Vorteil gegenüber Bergoglio?

Übrigens ist dieser Satz – Er ist auch ein Glied der Kirche, deren Haupt Christus ist – geradezu ein Schulbeispiel für einen Sophismus. Der Satz ist eine Halbwahrheit, denn der Papst ist durchaus kein Glied der Kirche wie irgendein anderer Katholik. Diesen Gedanken aber will der Satz dem Leser unterjubeln: Der Papst ist genauso Glied der Kirche wie jeder andere auch, wohingegen Christus das Haupt der Kirche ist. Der Satz leugnet also indirekt das Hauptsein des Papstes, weil doch Christus – allein! – das Haupt ist, Petrus jedoch auch nur Glied der Kirche.

Vorher hatten die Piusbrüder den unvermeidlichen „Weihbischof“ Schneider mit dem Satz zitiert: „Der Papst ist nur der Stellvertreter Christi, nicht sein Nachfolger“. Was will der Satz sagen? Welche Aussageabsicht steht dahinter? Kein Theologe würde den Sachverhalt so formulieren. Ist denn ein Stellvertreter so viel weniger als ein Nachfolger? Das Wörtchen „nur“ suggeriert das letztlich. Aber hat denn der Stellvertreter, wenigstens solange der Chef abwesend ist, gewöhnlich nicht sogar dieselben Vollmachten wie dieser? Was will also Athanasius Schneider genau sagen, wenn er weiter feststellt: „Die Kirche gehört nicht uns, sie gehört auch nicht dem Papst. Die Kirche gehört Christus“? Diese Sätze wollen ebenfalls den Leser auf eine falsche Fährte locken, denn auch hier wird suggeriert: Der Papst ist nicht anders als jeder andere Katholik auch. Er ist ein bloßes Glied der Kirche, ist nur der Stellvertreter Christi, aber durchaus nicht sein Nachfolger, wohingegen Christus allein das Haupt ist.

Was ist jedoch genau, auf den Punkt gebracht, die katholische Lehre darüber? Die ganze Wahrheit und nicht nur eine halbe?!

In seinem Buch „Das Mysterium der heiligen Kirche / Ihr Sein und Wirken im Organismus der Übernatur“ beantwortet Carl Feckes im Zweiten Kapitel des Dritten Teiles „Die Kirche als Glaubensgeheimnis“ unter 3. über die Hierarchische Gemeinschaft unsere Frage:

Mit jedem Apostel hat Christus sich identifiziert. Er hat ihn zum beherrschenden Prinzip einer hierarchischen Gemeinschaft gemacht. Dieses Weiterbauen war vonnöten, wenn Christus entsprechend seiner Fleischwerdung durch menschliche Mittler alle Menschen in seine umfassende Christus- und Gottesgemeinschaft einbeziehen wollte. Viele Apostelgemeinschaften bildeten sich, da der Apostel mehrere waren und ihrer Nachfolger viele sind. Aber sie sollen sein und bleiben Zellen der einen Christusgemeinschaft. Darum sorgte der Herr auch für die Einheit der vielen Apostelgemeinschaften, indem er dem Apostelkollegium ein Haupt gab, das ihn ganz vertreten sollte. In seiner Obhut ist die Einheit der Apostelgemeinschaften, die Einheit der Christusgemeinschaft, die Einheit der Kirche gewahrt. Im sichtbaren Stellvertreter Christi, in Petrus und seinen Nachfolgern, wird die apostolische Hierarchie volle Wirklichkeit. Den Petrus hat Christus zum Felsenfundamente seiner Kirche gemacht; ihm hat er die Schlüssel des Himmelreiches übergeben. Er hat die Aufgabe erhalten, seine Brüder zu stärken; denn sein Glaube kann um des Gebetes Christi willen nicht wanken. Er soll alle Schafe, alle Lämmer weiden. Christus bleibt selbstverständlich Haupt, Lehrer, Priester, Hirte seiner Kirche, aber Petrus soll der sichtbare Leiter seiner Kirche an seiner Statt sein.

Mit Recht bestimmt daher das Konzil von Florenz: „Der apostolische Stuhl und der römische Hohepriester hat im ganzen Erdkreise den Primat inne. Er ist der Stellvertreter Christi, das Haupt der ganzen Kirche, aller Christen Vater und Lehrer.“ Diese Worte wiederholt das Vatikanische Konzil und bestimmt die Gewalt des Papstes als eine wahre und unmittelbare Bischofsgewalt über die ganze Kirche und jeden Gläubigen.

Der Papst ist in Wahrheit der sichtbare Stellvertreter Christi und darum Haupt der Kirche, wie Christus Haupt ist, wenn auch jenes Hauptsein nicht das umgreift, was dieses Bild bei Christus ausdrückt; denn er ist bloß Stellvertreter Christi, nicht Christus selbst. Wie es ohne Christus keine Kirche gibt, so gibt es ohne den Papst keine Kirche Christi. Als ihr Haupt kann er soviel wie die ganze Kirche zusammen, da ihm alle Macht und Gewalt gegeben ist. Sein Hauptsein darf aber nicht so aufgefaßt werden, als ob der Papst ein zwischen Christus und Kirche eingeschobenes sekundäres Haupt wäre. „Man kann nicht behaupten“, sagt Pius XII., „durch den in der Kirche aufgestellten Rechtsprimat sei dieser mystische Leib mit einem doppelten Haupte versehen. Denn Petrus ist kraft des Primates nur der Stellvertreter Christi, und daher gibt es nur ein einziges Haupt dieses Leibes, nämlich Christus. Daß Christus und sein Stellvertreter auf Erden nur ein einziges Haupt ausmachen, hat Bonifaz VIII. feierlich erklärt und seine Nachfolger haben diese Lehre immerfort wiederholt.“ So lauten die Worte Bonifaz’ VIII.: „Der einen und einzigen Kirche geziemt ein Leib, ein Haupt, nicht zwei Häupter, als wenn sie ein Ungeheuer wäre; also ein Haupt, d. h. Christus und Christi Stellvertreter Petrus und des Petrus Nachfolger.“ Ein Haupt mit Christus, ein Lehrer mit Christus, ein oberster Priester mit Christus, ein Gesetzgeber mit Christus, gleichsam der sichtbar weiterlebende Christus. „Wahrlich, ein Schafstall Christi ist die Kirche, dessen oberster eine Hirte Christus, selbst im Himmel herrschend, auch nur einen, ihn stellvertretenden obersten Hirten auf Erden zurückließ, in dessen Stimme die Schafe Christi Stimme hören.“

In dieser innigen Einheit mit Christus ist der Papst Quelle und Prinzip aller kirchlichen Gewalt. Alle anderen empfangen von ihm; er selbst empfängt von niemandem. „Obwohl Petrus vieles allein erhielt, so fiel doch niemandem etwas zu, woran er nicht auch seinen Anteil hätte. Auf der ganzen Erde wird nur Petrus dazu erkoren, das Haupt aller berufenen Völker, sämtlicher Apostel und aller Väter der Kirche zu sein. Darum ist auch Petrus trotz der vielen Priester und trotz der vielen Hirten unter dem Volke Gottes doch im eigentlichen Sinne der Leiter aller derer, über die in erster Linie auch Christus herrscht. Bedeutenden und bewundernswerten Anteil an ihrer Macht hat also die göttliche Gnade diesem Manne gegeben. Und wenn auch nach ihrem Willen die übrigen Häupter der Kirche manches mit ihm teilen sollen, so hat sie doch alles, was sie anderen gewährte, stets nur durch ihn verliehen.“

In der päpstlichen Hierarchie, welche mit betontem Nachdruck stets den Titel „apostolisch“ trug, spiegelt sich in vollendeter Form die Christushierarchie, die Gemeinschaft der Kirche mit ihrem Haupte Christus. Im Papste offenbart sich die Kirche als eine wahrhaft hierarchische Gemeinschaft. Das göttliche Urbild und das Christus-Vorbild ergießt sich in das Bild der Papstkirche.

(Carl Feckes, Das Mysterium der heiligen Kirche / Ihr Sein und Wirken im Organismus der Übernatur, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 1951, S. 213 – 216)

Jeder Leser wird doch zugeben müssen: Das hört sich ganz anders an, als bei den beiden Piusbrüdern und bei Athanasius Schneider. Letzterer behauptet tatsächlich vollkommen naiv und theologisch unreflektiert: „Wenn der Papst der ganzen Kirche sagen würde, sie solle etwas tun, was einer unabänderlichen göttlichen Wahrheit oder einem göttlichen Gebot direkt Abbruch tun würde, hätte jeder Katholik das Recht, ihn in angemessener und respektvoller Form zu korrigieren, aus einer Haltung der Verehrung und Liebe für das heilige Amt und die Person des Papstes heraus.“

Was sagte nochmal der Kölner Dogmatiker J. B. Heinrich über Bossuet? „Denn wenn er annimmt, es habe eine Erlassung einer Häretischen Glaubensdefinition durch einen Papst keine so große Bedeutung, da ja derselbe Papst oder sein Nachfolger den begangenen Fehler bald wieder verbessern werde, so beruht das auf einer unbegreiflichen Täuschung.“

Die Piusbrüder haben sich unbelehrbar und unbekehrbar in dieser unbegreiflichen Täuschung verfangen. Sie träumen von einem imaginären Papst, der eigentlich nichts zu sagen hat, weil er nur alle 80 – 150 Jahre einmal unfehlbar ist – und der reißt dann alles heraus, der bringt den Wendepunkt der Handlung und der Verhältnisse!

Wenn aber dann der zukünftige Papst gekommen ist, der dann auch nur wieder ein Glied der Kirche ist, deren Haupt Christus ist, und dem deshalb unsere Tradis niemals zutrauen können, wenn sie denn konsequent wären, die Katastrophe tatsächlich zu wenden, was dann? Unser großer Dogmatiker hat es schon aufgezeigt:

„Eine tiefere Beschädigung könnte die Kirche nicht treffen, als wenn ein Papst eine häretische Glaubensentscheidung erließe. Eine spätere Bekehrung würde den Schaden keineswegs gut machen. Noch weniger würde ein Nachfolger durch eine von ihm ausgehende Korrektur den angerichteten unermeßlichen Schaden heilen. Die Häretiker würden sich an die Definition des Vorgängers halten und behaupten, nicht dieser habe geirrt, sondern der Nachfolger habe eine häretische Definition erlassen.“

Bei solch aussichtsloser Lage müssen sich die hochw. Herren dann wohl doch zu denjenigen Protestanten bekehren, die glauben, Jesus Christus komme noch vor Ende der Welt wieder auf unsere Erde, um selber das Tausendjährige Reich zu errichten – denn ER allein ist ja das Haupt seiner Kirche!

Dogmatische Erklärung über die Nachfolger Petri

Wir sehen uns aufgrund solch geballter Unvernunft genötigt, wieder einmal daran zu erinnern, was das Vatikanum über die Nachfolger Petri dogmatisch (!) gelehrt hat: „Ihre apostolische Lehre haben ja alle ehrwürdigen Väter angenommen und die heiligen rechtgläubigen Lehrer verehrt und befolgt; denn sie wußten voll und ganz, daß dieser Stuhl des heiligen Petrus von jedem Irrtum immer unberührt bleibt, gemäß dem an den Fürsten seiner Jünger ergangenen Versprechen unseres Herrn und Erlösers: ‚Ich habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht versage: und du, wenn du einmal bekehrt bist, stärke deine Brüder‘ (Lk 22,32)“ (DH 3070; Hervorhebung von uns).

Das Pamphlet unserer Piusbrüder gegen Unseren Herrn Jesus Christus und Seinen Stellvertreter auf Erden endet in der alten und neuen Fassung mit dem Wahlspruch der Jesuiten: „Omnia ad majorem Dei gloriam!“ Der hl. Ignatius von Loyola wird sich sicherlich im Grabe umdrehen, mit solch häretischen Geschwafel in Verbindung gebracht zu werden. Er, der in der Reformationszeit die Liebe zur hl. Kirche gepredigt und alle zum Vertrauen auf „die Hierarchische Kirche“ ermutig hat.

Regeln des heiligen Ignatius über „Die kirchliche Gesinnung“

In seinen Regeln „UM DAS WAHRE FÜHLEN ZU ERLANGEN, DAS WIR IN DER DIENSTTUENDEM KIRCHE HABEN SOLLEN“ ist zu lesen:

DIE ERSTE. In Absehung jeglichen [privaten] Urteils müssen wir den Geist gerüstet und bereit halten, dazu hin, in allem zu gehorchen der wahren Braut Christi Unseres Herrn, die da ist Unsere Heilige Mutter, die Hierarchische Kirche.

Und:

DIE DREIZEHNTE. Wir müssen, um in allem das Rechte zu treffen, immer festhalten: ich glaube, daß das Weiße, das ich sehe, schwarz ist, wenn die Hierarchische Kirche es so definiert. Denn wir glauben, daß zwischen Christus Unserem Herrn, dem Bräutigam, und der Braut, der Kirche, der gleiche Geist waltet, der uns zum Heil unserer Seelen leitet und lenkt, weil durch denselben Geist Unsern Herrn, der die Zehn Gebote erließ, auch Unsere Heilige Mutter die Kirche gelenkt und regiert wird.

Bei solchen Worten muß doch unseren Herrn Patres die Zornesröte ins Gesicht steigen, wobei sie laut und voller Entsetzen ausrufen: Was für ein „übersteigertes Papstverständnis“, was für eine „Verabsolutierung des Papstes“, was für eine maßlose „Absolutsetzung des Papstes als freischwebender Monade und Orakel Gottes“, was für ein blinder Gehorsam – ich glaube, daß das Weiße, das ich sehe, schwarz ist, wenn die Hierarchische Kirche es so definiert!!!

Wir hingegen empfinden diese Worte als einen großen Trost, auch wenn es in dieser papstlosen Zeit ein wehmütiger Trost ist. Und angesichts dieser Worte des hl. Ignatius von Loyola erscheint es uns als die gerechte und überaus angemessene Strafe Gottes zu sein, daß diese hoffnungslos verblendeten Piuspriester aufgrund ihrer vielfältigen Glaubensirrtümer Bergoglio für ihren „Papst“ halten müssen. Bergoglio ist der richtige „Papst“ für ihre Papstphobie. Anders als Ratzinger zwingt Bergoglio sie immer wieder dazu, einsehen zu müssen, daß ihr imaginärer Papst eine wirkliche Person ist. Und diese wirkliche Person treibt sie immer noch weiter in ihrem Wahnsinn.

Das Verhalten des Katholiken gegenüber dem Papst

Kommen wir abschließend nochmals zum Anfang unserer Gedanken zurück. Im Kanon „Si papa“ wird die Grundlage für das Verhalten des Katholiken gegenüber seinem Papst formuliert. Der Papst ist der Stellvertreter Christi, der die Schlüsselgewalt inne hat. Darum steht er über allen: „Prima Sedes a nemine judicatur.“ In seinem Nachruf auf den heiligen Papst Pius X. legt Dr. Ernst Commer den Sachverhalt so dar: „Darnach ist das Papsttum die irdische lebendige und beständige Stellvertretung des gottmenschlichen Erlösers in der streitenden Kirche. Und der von Christus selbst zuerst in Petrus eingesetzte Stellvertreter Gottes auf Erden ist als Haupt der theomonarchisch konstituierten Kirche ihr oberster König: gleichsam der in der Geschichte immer wiederkehrende ‚alter Christus‘ oder wie man im Mittelalter auch sagte ‚quasi deus in terris‘ [gleichsam Gott auf Erden].“

Das kann aber nur solange gelten, als der Papst selber den göttlichen Glauben besitzt. Denn nur solange er selber im Glauben gefestigt ist, kann er auch Fels für die anderen sein. Darum der Nachsatz: nisi deprehendatur a fide deviusaußer wenn er vom Glauben abweicht. Nur dadurch wird der göttliche Ernst der Stiftung Jesu Christi bewahrt, denn jeder einzelne Glaubensirrtum zerstört den ganzen übernatürlichen, göttlichen Glauben. Dieser göttliche Ernst ist bei den Traditionalisten an ihrer Papstphobie zerschellt. Für sie ist ihr „Papst“ gar nicht der Felsen Petri, vielmehr stellt er eine ständige Gefahr für ihre „Tradition“ dar.

Julius Beßmer schließt seine Gedanken über den Modernismus mit den eindringlichen Worten:

Es gibt nur eine unfehlbare religiöse Wahrheit; es ist die christliche Lehre. Der Heiland hat sie seiner Kirche anvertraut, der „Säule und Grundfeste der Wahrheit“. Die Lehre der Kirche ist der Felsengrund, auf dem sich unser Leben aufbauen muß, um den Versuchungen und Stürmen Trotz zu bieten; der katholische Glaube ist die Leuchte auf der irdischen Pilgerfahrt, Urgrund und Anfang des ewigen Heiles. Wer sie verläßt, dessen Führung übernehmen täuschende Irrlichter und er versinkt im religiösen Nihilismus, bei dem auch die Modernisten enden. Es gibt auf der schiefen Bahn keinen Halt. …

Die Kirche ist dem Katholiken mehr als eine bloße religiöse Gesellschaft Gleichgesinnter, die ihm Halt und Stärke bietet. Er anerkennt in ihr Christi Braut und seine Mutter. Aus dem eigenen Herzblut hat der Heiland sie geschaffen und sich anvertraut. Mehr als der irdischen Mutter verdanken wir der Kirche. Ihr schulden wir das übernatürliche Leben, Schutz, Hilfe, Pflege und Erziehung. Nur durch sie haben wir die Sakramente, nur durch sie kommen wir zu Christus, nur sie bewahrt uns Christi Lehre und Gottes Wort. Man mag sie schmähen, lästern, verfolgen, nur desto treuer werden wir zu ihr halten, desto inniger sie lieben, desto mehr sie zu erfreuen suchen. „Der kann Gott nicht zum Vater haben, der die Kirche nicht zur Mutter hat“, sagt der hl. Cyprian. Und daher: Treu zu Rom! Wo Petrus ist, da ist die Kirche.

(Julius Beßmer S.J., Philosophie und Theologie des Modernismus, Herdersche Verlagsbuchhandlung, Freiburg im Breisgau 1912, S. 515 f.)