oder: Den nicht mehr vorhandenen Weg weitergehen
Der Weg ist weit, der Pfad ist schmal und er ist inzwischen nicht nur einfach brüchig geworden, sondern er endet vor einem tiefen Abgrund. Es gibt keinen gehbaren Weg mehr, vor einem gähnt eine alles verschlingende Leere.
Was macht nun ein Mensch, der am Abgrund steht und nicht mehr weiter kann? Er besinnt sich und kehrt um, so denkt man jedenfalls. Was aber, wenn er alles will, nur nicht sich besinnen und umkehren? Wenn er diese eine Tatsache – wir stehen am Abgrund! – hartnäckig nicht anerkennen will? Er beginnt zu spintisieren, er erträumt sich einen Weg über den Abgrund hinweg, er wird zum Realitätsverweigerer, was freilich seinen Tod bedeuten kann, insofern er einfach weitergeht…
Die Auflösung der hierarchischen Machtstrukturen durch den synodalen Weg
Besonders in Deutschland wird seit Monaten durch den sog. synodalen Weg jedem unmißverständlich vor Augen geführt, wo der Modernismus endet: In der allgemeinen Apostasie und im Chaos. Nachdem sich die Institutionen Jahrzehnte lang selbst ad absurdum geführt und überflüssig gemacht haben, soll nun endlich der mündig gewordene Laie das Ruder zumindest mitübernehmen. Etwas anders, weniger beschönigend, gesagt: Die Diktatur der Meinungsmacher zeigt nun offen ihr Gesicht, denn wer sind die mündigen Laien? Sind das die Leute des ZdK, des Zentralkomitees der deutschen Kommunisten – oh, Verzeihung, es muß natürlich Katholiken heißen. Oder etwa diejenigen Laien aus der „Kirche von unten“? Ist der auf diese Weise institutionalisierte Laie tatsächlich mündig oder einfach wiederum nur irgendwelchen ideologischen Zwängen unterworfen, in denen und aus denen er sich dann mündig fühlen soll? Eines ist jedenfalls sicher: Es geht in der synodalen „Kirche“ drunter und drüber. Somit hat keiner mehr eine Ausrede, so meint man, jeder muß das Chaos sehen. Jeder muß jetzt erkennen und anerkennen, eine Hierarchie braucht es in der Menschenmachwerkskirche nicht, weshalb sich nun endlich auch noch die allerletzten amtskirchlichen Machtstrukturen auflösen, da sie sowieso schon lange ihre Berechtigung verloren haben, dienen sie doch schon lange nicht mehr Gott, sondern nur noch dem Mammon.
Wer so denkt, kennt die Konservativen nicht wirklich. Diese sind nämlich Meister der faulen Ausreden. Und mag ihre Ausrede noch so absurd sein, sie sind dennoch felsenfest davon überzeugt, daß es so ist, wie sie es sich einreden. Denn, was kümmert mich die Wirklichkeit, ich fühle mich immer noch wohl in meinem Tradiland – wir erinnern uns an Reinhard Meys Annabelle:
Annabelle, ach Annabelle,
Du bist so herrlich intellektuell,
Zerstör‘ mir meine rosa Brille
Und meine Gartenzwergidylle!
Annabelle, ach Annabelle,
Du bist so herrlich unkonventionell,
Ich bitte dich, komm sei so gut,
Mach‘ meine heile Welt kaputt!
Nein, wir lassen uns unsere rosa Brille nicht zerstören! Nein, wir lassen uns unsere Gartenzwergidylle nicht kaputt machen, wir verteidigen unser Tradiland mit Klauen und Zähnen bis zum letzten Mann.
Wie wir schon öfter festgestellt haben, ist diese imaginäre Verteidigung für unsere Realitätsverweigerer ziemlich schwierig geworden, denn Jorge Mario Bergoglio zwingt seinen Anhänger eine Entscheidung immer wieder direkt auf. Denn jeder noch einigermaßen aufrecht denkende Zeitgenosse muß sich angesichts der römischen Apostasie die Frage stellen: Kann ein Apostat und Götzendiener, also ein Mann, der jeglichen christlichen Glauben nicht einfach nur leugnet, sondern mit Füßen tritt, der Papst der katholischen Kirche sein? Nein, Bergoglio ist nicht irgendein Irrlehrer, er ist ein neuheidnischer Götzendiener und eine bloße Karikatur eines Christen, was er sogar provokativ zur Schau stellt.
Eine imaginäre Brücke über dem Abgrund
Wie aber soll man mit dieser erschreckenden Tatsache richtig umgehen gehen, solange man sie nicht wahrhaben will? Nun, man baut eine imaginäre Brücke über den Abgrund hinweg. Hierzu ein aktuelles Beispiel – oder besser ein gelehrtes Beispiel, denn es handelt sich um die Gedanken eines deutschen Professors.
Die Vergangenheit erwies es schon öfter, manch konservativ orientierter Professor der Menschenmachwerkskirche wird, sobald er in den wohlverdienten Ruhestand eingetreten ist, plötzlich etwas mutiger und zeigt zumindest ein klein wenig Profil. Genauso ist es bei manchen „Kardinälen“, „Bischöfen“ oder sonstigen „Prälaten“, aus dem gesicherten Ruhestand heraus werden sie auf einmal zum „Bekenner“, d.h. wenigstens bedingt zum Verteidiger ihres Glaubens gegen ganz links außen.
Dementsprechend sah sich auch Prof. Dr. Johannes Stöhr durch den deutschen synodalen Weg gezwungen, sich in der Zeitschrift THEOLOGISCHES mit dem Thema auseinanderzusetzen: Häresie, Amtsmissbrauch und Amtsverlust. Theologiegeschichtliche Notizen zu einem aktuellen Thema.
Es gibt nämlich inzwischen immer mehr Leute, die sich ernsthaft und überaus besorgt die Frage stellen: Wohin geht denn die Reise des synodalen Wegs? Und der eine oder andere beginnt sich sogar weiter zu fragen, ob denn der Synoden-Franzl tatsächlich noch der Papst seiner Kirche sein kann?
Wie zu erwarten, hängt sich Herr Professor Stöhr natürlich nicht so weit aus dem Fenster, diese Frage ernsthaft anzugehen, er zieht einen referierenden Stil vor und macht nur einige theologiegeschichtliche Notizen, denn damit kann wenigstens für ihn nichts anbrennen, wenn auch darunter die Aktualität erheblich leidet. Aber was kümmert schon einem Professor die Wirklichkeit, wenn er hinter seinem Katheder steht und über die Köpfe seiner Studenten hinweg seine Ansichten zum Besten gibt.
Schafft der Papst die Kirche ab?
Bevor wir uns diese professoralen theologischen Notizen genauer anschauen, werfen wir zum Kontrast einen Blick auf einen besorgten Laien. Walter Tributsch hat ein ganzes Buch mit dem Titel verfaßt: „Schafft der Papst die Kirche ab?“ Anders als der Herr Professor aus Köln führt Walter Tributsch einige Tatsachen an, die seine Befürchtung untermauern, wobei er aber dennoch, wie wir gleich noch sehen werden, schließlich doch wieder bei einer bloßen Phänomenologie stehenbleibt – der Blick in den Abgrund ist einfach zu schrecklich!
Bergoglios Amtsverständnis
Unter der Überschrift Zeitgemäße „Modernisierung“ oder rückschrittliche „Abwrackung“ stellt der Autor einige Seltsamkeiten zusammen, die bei der Amtsführung Bergoglios auffallen. Zunächst geht es um das Grundverständnis des Amtes:
Über die Entmystifizierung des Papsttums und die damit verbundene „Herabstufung“ auf eine beinahe „alltägliche“ Position wurde einiges gesagt. War der Papst als Stellvertreter Gottes auf Erden zumindest virtuell ein erhebliches Stück höher auf der Himmelsleiter hinauf zu dem Allerhöchsten angesiedelt, so hat es Bergoglio binnen kurzer Zeit geschafft, ihm die Normalität des Menschlichen zu verleihen. Die bewusste Zurschaustellung von Demut und nicht enden wollender Barmherzigkeit sowie der Verzicht auf institutionalisierte Symbole des Heiligen Vaters haben dazu beigetragen, den Medien und auch direkt den Gläubigen zu zeigen: „Ich bin genau wie ihr, der Papst hat eigentlich keine Sonderstellung mehr, auch nicht als Führer der größten Glaubensgemeinschaft der Welt und als Stellvertreter Gottes auf Erden.“
Die katholische Kirche hat damit einen großen Schritt zurück gemacht. Nicht zuletzt stieg sie durch den Verzicht auf vieles, was andere Päpste vor Bergoglio jahrhundertelang aufgebaut hatten, auf die nüchterne Ebene des Protestantismus herab. Der Werdegang desselben ist bekannt, und nicht zuletzt hat dieser seine Abspaltung von der katholischen Kirche unter Verzicht auf eine weltweite Führungspersönlichkeit wie den Papst vollzogen. Bergoglio agiert in diesem Zusammenhang aber nicht nur mit Zeichen, Symbolik und Verzicht, sondern vor allem durch seine sehr oft chaotisch wirkende Kommunikation.
(Walter Tributsch, Schafft der Papst die Kirche ab?, Arles Verlag, Graz 2022, S. 178)
Von der Entmystifizierung des Papsttums…
Es ist zwar seltsam, aber leider immer wieder feststellbar, die Konservativen leiden an erheblichen Gedächtnisstörungen. Denn es war durchaus nicht erst Jorge Mario Bergoglio, der das Papsttum entmystifiziert hat, dies geschah während mehr als zwei Jahrzehnte überaus erfolgreich durch Karol Wojtyla, der als Johannes Paul II. einen Starkult um sich herum aufbaute und pflegte, der mit jedem anderen Star aus der Film-, Musik oder Sportwelt mithalten konnte. Damit war er zwar noch nicht ein Mensch wie jeder andere, aber als Star war er durchaus ein Star wie jeder andere auch. Die Anerkennung seines Amtes beruhte nicht mehr auf einer Glaubensentscheidung, sondern auf einer bloßen Sympathie seiner charismatischen Persönlichkeit gegenüber. Somit war er sicherlich nicht mehr in den Augen seiner Zeitgenossen der Stellvertreter Gottes auf Erden, sondern ein bloßer Showman, der übrigens nicht für den katholischen, sondern für den Glauben warb, von dem er gegenüber André Frossard ganz offen bekannte: „Das Konzil hat mir geholfen, eine Synthese meines persönlichen Glaubens vorzunehmen. … Der Glaube unterwirft die Intelligenz keinerlei Zwängen, er zwingt sie nicht in ein System festgelegter Wahrheiten. … Ich denke nicht, daß mein Glaube als traditionell bezeichnet werden kann… mein Glaube, oder, wenn Sie so wollen, mein Theismus ist… von A bis Z die Frucht meines eigenen Denkens und meiner persönlichen Wahl. … Er wurde in der Tiefe meines Ichs geboren, er war auch die Frucht meiner Anstrengungen, meines Geistes, der eine Antwort auf das Mysterium des Menschen und der Welt suchte.“ (N’ayez pas peur [Habt keine Angst], Laffont 1982).
… zur existenziellen Apostasie
Von hieraus ist der Sprung zu Bergoglios „Glauben“ durchaus nicht mehr weit. Jorge Mario Bergoglio radikalisierte nur noch ein wenig mehr die Formensprache dieser existentiellen Apostasie, mehr nicht. All seine vorgeblichen Exzesse gab es schon vor ihm und sie waren unzählig geworden. Wohl eher ungewollt spricht Walter Tributsch diese Tatsache auch an, wenn er feststellt, daß früher der Papst als Stellvertreter Gottes auf Erden zumindest virtuell ein erhebliches Stück höher auf der Himmelsleiter hinauf zu dem Allerhöchsten angesiedelt war. Die entscheidenden zwei Wörter sind: zumindest virtuell. Das war nämlich seit Roncalli, alias Johannes XXIII., tatsächlich der Fall. Der Papst war nur noch virtuell, also nicht wirklich, sondern allein in der Phantasie der Leute, auf der Himmelsleiter höher angesiedelt als andere Menschen, denn niemand gehorchte dem Papst im übernatürlichen, theologischen Sinne, niemand erkannte ihn noch als letzte, lebendige Norm des Glaubens an. Alle waren Modernisten geworden, egal ob progressiv oder konservativ.
Die modernistische Uminterpretierung des Papstamtes
Letztlich hat der „Papst“ aus Argentinien diese Uminterpretierung des Papstamtes durch den Modernismus nur konsequent zu Ende geführt, er hat die allerletzten alten Zöpfe, die kurzzeitig durch Ratzinger wieder mehr zu Ehren gekommen waren, endgültig abgeschnitten, wie auch Walter Tributsch ganz richtig feststellt:
Es begann schon wenige Stunden nach der erfolgten Papstwahl mit dem bereits angesprochenen ersten Erscheinen auf der Mittelloggia von St. Peter am Abend des 13. März 2013, als Bergoglio die priesterliche Stola und die rote Mozzetta, das Symbol des Martyriums des Petrus und der Jurisdiktion, als „Karnevaliade“ ablehnte.
Sofort bejubelten die Medien diese „Entsakralisierung“ des Papsttums, die am selben Abend noch in weiteren Gesten zum Ausdruck kam, etwa dem „Buona sera“ statt der für Kirchenmänner üblichen Grußformel „Gelobt sei Jesus Christus“. Ein römischer Papst würde natürlich die lateinische Originalversion „Laudetur Jesus Christus“ wählen. Vor allem dann, wenn er zu einem internationalen Publikum auf der ganzen Welt spricht, wie das bei einer Papstwahl der Fall ist.
(Ebd. S. 179)
Während Bergoglio solch althergebrachte „Karnevaliade“ rigoros ablehnt, wählt er als Ersatz die Karikatur! Er wird fortan alles ganz gezielt lächerlich machen, was irgendwie noch nach altem Stil riecht. Aber kann er das alles als Papst tun? Kann ein Papst sein eigenes Amt lächerlich machen? Kann er alles tun, um sich selber zu zerstören, ohne aufzuhören Papst zu sein?
Leider macht auch Walter Tributsch trotz aller guten Ansätze den Fehler aller Konservativen und Traditionalisten, er interpretiert die Handlungen und Worte Bergoglios von einer unhinterfragten Wirklichkeit seines Papstseins aus, wobei doch diese Wirklichkeit es ist, die in Frage steht. Ohne daß der Autor es merkt, sind all seine Einwände immer schon vorentschieden, sie können vorneweg immer nur rhetorische Fragen sein. Das hört sich dann etwa so an:
Dieser ganz offenbar erfolgte Abbau mystischer Symbole des Papsttums durch Bergoglio führte gleichzeitig zu einer Überhöhung seiner selbst in den Augen der Weltöffentlichkeit. Wenn das der Zweck der Übung gewesen sein sollte, so ist Franziskus ein großer Erfolg gelungen, zulasten der Kirche allerdings, welcher er ja selbst vorsteht. Durchaus möglich ist aber auch eine Überkompensation seines im Vergleich zu anderen Päpsten verhältnismäßig geringen Bildungsniveaus. Durch eine Herabstufung des Amtes fiel es ihm gewiss leichter, mit der auferlegten Bürde, die ja formell noch schwieriger ist als jene so mancher Herrscherhäuser, umzugehen. Im Falle eines Fehltrittes konnte er sich immer noch auf die abgelehnte Konvention und auf seine zur Schau gestellte Jovialität berufen.
(Ebd.)
Irgendwie hört sich das Ganze komisch an, oder etwa nicht? Führt der Abbau mystischer Symbole des Papsttums tatsächlich zu einer Überhöhung der Person des Herrn Bergoglio? Das gilt doch nur für denjenigen, der sich mit einer Karikatur eines Papstes zufriedengibt, also für denjenigen, der nicht mehr weiß, was ein Papst der katholischen Kirche wesentlich ist und sein muß!
Ziel: Welteinheitsreligion
Das mit dem Bildungsniveau trifft sicher nicht die wahre Intention des Argentiniers. Dazu spielt er seine Rolle zu gekonnt, ja im Grunde perfekt. Bergoglio spürt sicher nichts von der wahren Bürde des Papsttums, weil er niemals im eigentlichen, katholischen Sinne Papst sein wollte. Er glaubt ganz einfach nicht an die katholische Kirche als übernatürliche göttliche Einrichtung. Seine Aufgabe ist es, die Institution auf Kurs zu halten – auf Kurs Welteinheitsreligion. Und das macht er mindestens genauso gekonnt wie Woityla und Ratzinger vor ihm – ja, sogar noch etwas nuancenreicher.
Die von Socci angesprochene „Entsakralisierung“ des Papstamtes und der katholischen Kirche durch Bergoglio zieht sich durch viele Bereiche. War die Familiensynode nicht der offenkundige Versuch einer Verweltlichung auch der christlich ausgerichteten Familien? Was hat es damit auf sich, vor dem Tabernakel und bei der Wandlung nicht das Knie beugen zu wollen, wie es Bergoglio unterstellt wird? Wie steht es um die Zulassung aller, auch derjenigen, die nach der katholischen Glaubenslehre in Sünde leben, zur Kommunion, einen Vorgang, den Bergoglio bereits in Buenos Aires praktiziert haben soll? Die Kirche hat diesbezüglich jedenfalls eine klare Position. …
Zur Entsakralisierung zählen muss man auch die wohl scherzhaft gemeinte Unterstellung in seiner Predigt vom 20. Dezember 2013, die Gottesmutter habe unter dem Kreuz „vielleicht Lust gehabt, sich zu fragen: Wurde ich reingelegt“, weil die messianischen Verheißungen ihr wie „Lügen“ erschienen seien? Ist das nicht trotz allem eine regelrechte Entweihung der stets als erhaben behandelten Gestalt der Gottesmutter? Die katholische Lehre hat immer erklärt, was man im Katechismus nachlesen kann: „Während ihres ganzen Lebens, auch in ihrer letzten Prüfung, als Jesus, ihr Sohn, am Kreuz starb, wankte ihr Glaube nicht.“ Maria gab ihren Glauben daran, dass das Wort Gottes in Erfüllung gehen werde, nie auf. Darum verehrt die Kirche in Maria die lauterste menschliche Glaubensgestalt.
(Ebd. S. 181)
Nein, derartige Bemerkungen Bergoglios – sie ließen sich beliebig vermehren! – sind sicher nicht scherzhaft gemeint, sie sind System und dienen dazu, alle Ehrfurcht vor dem Übernatürlichen, dem Heiligen auszulöschen. Durch solche „Scherze“ werden auch noch die letzten Reste, die sowieso nur noch leise Anklänge an den wahren katholischen Glauben sind, mit der Wurzel ausgerissen. Denn im Modernismus gibt es weder eine feststehende Moral, noch einen unverrückbaren Glauben. Warum wollen die Konservativen das selbst heute nicht einsehen? Warum erweisen sie sich wieder und wieder als Realitätsverweigerer und das angesichts der ununterbrochenen Skandale ihres „Papstes“? Es ist schwer zu verstehen, warum Walter Tributsch aus den folgenden Tatsachen nicht auch die notwendigen Konsequenzen zieht:
Neue Kommunion
Das Sakrament der göttlichen Liebe, also die Eucharistie, hat Franziskus schon am 14. Januar 2014 auf seinen liturgischen Amboss gelegt und für die neue Welteinheitsreligion zurechtgeschlagen. An diesem Tag gab es ein Treffen zwischen ihm und Tony Palmer, einem Bischof der evangelikalen Kirche in Rom. Palmer veröffentlichte am 28. Februar 2014, genau am Jahrestag der definitiven Amtsniederlegung von Papst Benedikt XVI., ein Video, welches das Ergebnis dieser Begegnung war. Palmer bekräftigt darin, dass dieses Video mit der persönlichen Erlaubnis von Franziskus zustande gekommen sei und er ausdrücklich die Erlaubnis zur weltweiten Verbreitung gegeben habe. Im Folgenden wird ein Transkript dieses Videos zitiert:
„Papst Franziskus ist das Haupt von 1,2 Milliarden Christen und hat uns als Brüder und Schwestern in seine Familie eingeladen und zur Beendigung der Trennung aufgerufen. […] Er selbst ist es, der uns zur vollständigen Einheit und vollständigen Kommunion aufruft. Uns hat überrascht, dass er selbst uns aufmerksam machte, dass es eine Tatsache ist, dass die wirkliche Kommunion nicht das Brot ist, sondern der Bruder. […] Wir, die wir nicht römisch-katholisch sind, hungern nach dem Brot der Kommunion. Aber Papst Franziskus sagt, dass das Brot gegenüber der Brüderlichkeit zweitrangig ist. Das wirkliche Geschenk der Kommunion ist, den Bruder zu finden. Alle von uns, die Ohren haben zu hören, sollen zuhören, denn das ist grundlegend und revolutionär. Papst Franziskus ruft uns in eine wahrhaftige Kommunion, basierend auf der Tatsache, dass wir Brüder und Schwestern in Christus sind, und nicht so, wie es der traditionellen Kommunion entspricht.“
(Ebd. S. 183 f.)
Verzweifelter Widerstand gegen den eigenen „Papst“
Wie man sieht, gibt sich der arme Mann zwar viel Mühe, wenigstens einigermaßen die verstörende Wirklichkeit zu dokumentieren – dennoch findet er nicht den Weg zurück, er geht weiter und fällt in den Abgrund! Am Ende seines Buches liest sich das so:
„Bei der Verabschiedung am Kirchenausgang stelle ich den Pfarrer wegen der Hostie in der Damenhandtasche zur Rede. Auch wenn ich nicht Paulus bin, alles will ich mir auch nicht gefallen lassen. Der Priester, der strahlenden Gesichtes offensichtlich froh ist, seine sonntägliche Pflicht erledigt zu haben, stockt plötzlich. Er ist ein bisschen überrascht, dass man seine „fortschrittliche Weltoffenheit“ frecherweise zu hinterfragen wagt. Schon bald aber hat er sich gefangen. Ich werde schließlich mit einem routinefreundlichen „Das war so ausgemacht“ abgefertigt. Und schon hat er mich zur Seite geschoben und sich dem Nächsten zugewandt. Er muss sich ja um all seine Schäflein kümmern.
Völlig benebelt verlasse ich diesen Ort der „Glaubensabtreibung“ und denke daran, was man von Achille Kardinal Lienart, einem der Architekten des Zweiten Vatikanischen Konzils, berichtet. „Menschlich gesehen ist die Kirche verloren!“, soll er auf dem Totenbett gerufen haben. Ich glaube, er hatte ziemlich recht. Aber ich drehe den Spieß um. Die schreckliche Aussage gilt wohl nur für die gegenwärtige Art der Liturgie und Kirche, eine Art allerdings, die leider auch der jetzt regierende Papst verfolgt. Es ist an dieser Stelle gewiss nicht fehl am Platze, Papst Leo den Großen zu zitieren, der gemeint hatte: „Die Würde des heiligen Petrus geht auch in einem unwürdigen Erben nicht verloren!“
Ich persönlich halte mich ganz unpäpstlich an die Worte der Muttergottes von Fatima: „Am Ende wird mein unbeflecktes Herz triumphieren“.
Lieber Gott, wegen dir bin ich ja gekommen. Ich wenigstens lasse mir meinen katholischen Glauben von niemandem nehmen. Und ich weiß auch – ich bin nicht allein mit meinem Glauben!
(Ebd. S. 195 f.)
Diese Art des Widerstandes gegen den eigenen Papst könnte man wohl am besten als eine nicht eingestandene Verzweiflung benennen. Wir fragen uns freilich, woher denn Walter Tributsch eigentlich mit Gewißheit weiß, daß er sich seinen katholischen Glauben in dem allgemeinen Durcheinander noch nicht hat nehmen lassen? Immerhin hat er bezüglich seines Glaubens seinen Papst gegen sich und sicherlich auch viele andere, die die Sache ganz anders sehen als er. Müßte er nicht, wie damals Pilatus, resignierend sich fragen: Was ist Wahrheit? Was heißt heute katholisch glauben?
Kehren wir nunmehr zurück zu Prof. Dr. Johannes Stöhr. Unser gelehrter Autor begibt sich nicht so sehr in die Tiefen der von den Kirchgängern unzählige Mal leidvoll erfahrenen gegenwärtigen Art der Liturgie und Kirche, eine Art allerdings, die leider auch der jetzt regierende Papst verfolgt, sondern meint, vom Lehrkatheder aus allein Theologiegeschichtliche Notizen zu einem aktuellen Thema machen zu müssen. Wir fragen uns zwar, für wen eigentlich? – verblüffenderweise hört sich der professorale Schluß ziemlich ähnlich an wie derjenige von Walter Tributsch:
Der vorgesehene „synodale Prozess“, verstanden als Aufforderung zum Infragestellen, Bezweifeln und zur Disposition stellen von gesicherten Grunderkenntnissen der Glaubens- und Sittenlehre oder als Alibi für erforderliche klare Lehramtsaussagen und oberhirtliche Anordnungen wäre unkirchlich (vgl. die Kritik von Weihbischof Florian Wörner). Dann würde die schon von Anselm von Canterbury eindringlich betonte Mahnung außen vor bleiben: „Kein Christ soll so diskutieren, als ob der Glaube selbst fraglich sei; vielmehr muss er unverrückbar an ihm festhalten, entsprechend leben und demütig zu verstehen suchen“.
Schon Kohelet 6,11 warnt: „Es gibt viele Worte, die nur den Windhauch vermehren; was nützt das dem Menschen?“
Die zunehmenden Sorgen um unsere heimatliche Kirche werden wir vor allem der Gottesmutter, der „Überwinderin aller Häresien“ anvertrauen müssen.
Wenn auch etwas hochgestochener und unverständlicher formuliert, ist auch das nichts anderes als eine angesichts des tatsächlichen Chos nicht eingestandene Verzweiflung. Warum aber immer die Gottesmutter als Entschuldigung dafür herhalten muß, daß man in den allen vor Augen stehenden Abgrund springt, ist zwar bezeichnend für die moderne Spiritualität, aber dennoch überaus bedrückend.
Nach diesen Vorüberlegungen vom Schluß her, kommen wir nun zurück zum Anfang. Was treibt Herrn Prof. Stöhr tatsächlich um, seine Überlegungen dem Leser vorzulegen? Ängstigten ihn etwa gar die den reißenden Wölfen preisgegebenen Schafe? Wohl kaum, denn er sitzt im selben Boot wie …
Die übernatürliche Tugend des Glaubens …
Johannes Stöhr beginnt seine Überlegungen mit einem Wort aus dem Hebräerbrief: „Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen (Hebr 2, 6)“.
Sodann zeigt er den Lesern, was das für all jene bedeutet, die den Glauben in irgendeiner Weise verweigern. Insofern jemand wissentlich, willentlich und hartnäckig eine von der Kirche als Dogma vorgelegte Glaubenslehre leugnet, zieht er sich die Exkommunikation zu, stellt er sich doch selbst außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft, die wesentlich eine Glaubensgemeinschaft ist:
Die „Exkommunikation kraft Wesens“ gilt unabhängig vom Spruch der Kirche. Der Verlust der kirchlichen Ämter von Rechtswegen bei öffentlich bekannten schuldhaften Vergehen bedeutet also: Zur Feststellung ist kein formelles Dekret erforderlich, wenn das Faktum öffentlich ist, d. h. nach außen beweisbar in Erscheinung getreten – unabhängig von der strafrechtlichen Zurechenbarkeit. Für die weitere Strafe des Ausschlusses aus dem Klerikerstand ist dagegen ein amtliches Dekret erforderlich – wobei natürlich die allgemeinen Grundsätze der Wahrung der Billigkeit und Vermeiden von Willkür beachtet werden sollen.
Auch wenn jemand eine Lehre, die vom Hl. Stuhl oder einem allgemeinen Konzil zwar nicht formell als häretisch, aber in anderer Weise als unchristlich und unkirchlich verurteilt worden ist, öffentlich oder privat beharrlich verteidigt, ist er von jeglichem Lehramt zu entheben und verliert wegen seines Ungehorsams seine Jurisdiktion, wenn er nicht widerruft.
Da die katholische Religion eine Offenbarungsreligion ist, fordert ihr Glaube vollkommene Zustimmung. Das Vatikanische Konzil lehrt: „Dieser Glaube aber, der der Anfang des menschlichen Heiles ist, ist nach dem Bekenntnis der katholischen Kirche eine übernatürliche Tugend, durch die wir mit Unterstützung und Hilfe der Gnade Gottes glauben, daß das von Ihm Geoffenbarte wahr ist, nicht (etwa) wegen der vom natürlichen Licht der Vernunft durchschauten inneren Wahrheit der Dinge, sondern wegen der Autorität des offenbarenden Gottes selbst, der weder sich täuschen noch (andere) täuschen kann.“ (DH 3008)
Darum ist auch die Verweigerung dieser Glaubenszustimmung, die Häresie, ein schweres Vergehen gegen Gottes Autorität.
Häresie ist eine eigene Art des Unglaubens: Voraussetzungen zu ihrem Zustandekommen sind: Taufe, Leugnung einer formell geoffenbarten Glaubenswahrheit, die von der Kirche als solche durch das feierliche oder das ordentliche Lehramt gelehrt wird, obwohl ein allgemeines Ja zu Christus als Offenbarer noch irgendwie beibehalten ist (was bei der Apostasie völlig fehlt). Zur Häresie im eigentlichen Sinne, einem Delikt, gehört wesentlich die schuldhafte Hartnäckigkeit (pertinacia), mit der bewusst ein Dogma geleugnet wird im Bewusstsein seines göttlichen Ursprunges (Augustinus).
Die Voraussetzung der „Hartnäckigkeit“ bedeutet nicht, dass notwendig auch eine längere Dauer und Vorwarnungen der kirchlichen Autorität vorausgehen müssten; denn man muss die sündige Tat selbst (eine wahre freie Zustimmung mit Kenntnis der Glaubenswidrigkeit) und ihre kanonische Strafwürdigkeit unterscheiden (A. Michel).
Eine besonders schwierige Situation entsteht für den Katholiken dann, wenn ein Amtsträger der kirchlichen Hierarchie in eine Häresie fällt. Grundsätzlich gilt:
Was dem Dogma widerspricht, kann nicht kirchenrechtlich verbindlich sein. Das bedeutet: wenn jemand beansprucht, Rechtsgewalt der Kirche zu haben und mit diesem Anspruch Vorschriften erlässt oder Entscheidungen fällt, die dem Dogma widersprechen, dann hat er in Wahrheit gar keine Rechtsgewalt.
… ist keine Theorie
Das ist zwar theoretisch leicht gesagt, aber in der Praxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, denn es steht dem jeweiligen Amtsinhaber nicht auf die Stirn geschrieben, daß er ein Häretiker ist und nicht den Glauben aufbaut, sondern zerstört. Und je mehr Häretiker es werden, desto mehr schwindet der Kontrast. Deswegen ist es heutzutage, nachdem der Modernismus flächendeckend alle Amtsträger infiziert hat, für den Katholiken noch viel schwieriger geworden, seinen Glauben unversehrt zu bewahren. Unser Herr Professor beschreibt diese katastrophale Situation rein theoretisch so:
Manche Dozenten verlangen heute, unterschiedslos alle kirchlichen Wahrheiten nach dem diskursiven Prinzip neu zu fassen und zu beurteilen. Sie behaupten, für die Entfaltung der Wahrheit sei Irrtum geradezu ursächlich notwendig. Bedeutet das nicht ein Echo der unchristlichen Ideologie hegelscher Dialektik und des Semirationalismus? Längst geklärte Begriffe der Tradition und des Katechismus sind hier wieder in Verwirrung gebracht und als fraglich hingestellt. So heißt es in der letzten Auflage des LThK [Lexikon für Theologie und Kirche]: „Die Entfaltung einer Wahrheit, auch jener des Glaubens kann nicht anders als durch Versuch und Irrtum (trial and error) erfolgen. Was also im ersten Augenblick als Häresie erscheint, könnte auch ein Schritt zur volleren Erkenntnis der Wahrheit sein, der nicht ausgelassen werden kann“.
Ist das alles, Herr Professor, was sie dem ratlosen Leser angesichts der völligen Auflösung von Sitte, Moral und Glaube zu sagen wissen?! Einfach nur: Bedeutet das nicht ein Echo der unchristlichen Ideologie hegelscher Dialektik und des Semirationalismus? Längst geklärte Begriffe der Tradition und des Katechismus sind hier wieder in Verwirrung gebracht und als fraglich hingestellt.
Es bleibt bei dieser rein theoretischen Feststellung, der eine weitere folgt: Auch mit heutigen Aufrufen zum Ungehorsam verbinden sich glaubenswidrige und schismatische Grundeinstellungen.
Der Abfall von oben
Ist das wirklich so einfach angesichts der Überzahl an apostatischen Bischöfen und eines Herrn Bergoglio in Rom, Herr Professor? Sind diese Aufrufe zum Ungehorsam gegenüber dem Wolf in der Tat Zeichen glaubenswidriger und schismatischer Grundeinstellungen? Sind sie nicht vielmehr Ausdruck vollkommener Ratlosigkeit? Aber was kümmert einem vom hohen Katheder herab die Wirklichkeit. Wir sind Realitätsverweigerer! Das hört sich in gelehrter Professorensprache so an:
Da sind gerade heute wirksame Maßnahmen der Bischöfe, die ihrem Lehr- und Hirtenamt entsprechen, dringend erforderlich. Unvereinbar mit kirchlicher Glaubensüberzeugung sind etwa wiederholte Behauptungen wie z. B.: die eucharistische Gegenwart Christi bedeute keine Verwandlung, oder: Mariens Jungfräulichkeit habe einen rein symbolisch-spirituellen Sinn, oder: Erbsünde bedeute nur die sündige Umwelt, oder: die regionalen oder lokalen Kirchengemeinschaften seien der Gesamtkirche vorgeordnet, oder: die kirchliche Jurisdiktion sei nicht den Nachfolgern der Apostel übergeben worden, sondern müsse von Gremien ausgeübt werden, oder: die hl. Messe sei nur eine Mahlgemeinschaft und kein Opfer, oder: die Kirche habe das Recht, Frauen zu Priestern zu weihen; das Verbot könne geändert werden, oder: homosexuelle Praktiken seien keine Sünde, oder: die Krankensalbung könne auch von Laien und auch ohne bedrohliche Gesundheitssituation gültig gespendet werden.
Ist das nicht lächerlich – vom hohen Katheder herab ins Nirwana der menschenmachwerkskirchlichen Wirklichkeit gesprochen?! Wo gibt es hierzu bitte irgendwelche ernst gemeinten wirksame Maßnahmen der Bischöfe, die ihrem Lehr- und Hirtenamt entsprechen? Ist nicht jeder Protest deswegen seit Jahrzehnten zur Unwirksamkeit verurteilt, weil diese Entwicklung letztlich von oben gewollt ist? Ist nicht etwa ein liturgischer Wildwuchs nur dann gemaßregelt worden, wenn er zu öffentlich und medienwirksam in Szene gesetzt wurde? Der Masse der modernistischen Gemeindevorsteher ist doch niemals irgendetwas geschehen, mag ihre Gemeindefeier noch so blasphemisch gewesen sein. Und was wurde nicht alles an den Universitäten gelehrt, was mit katholischem Glauben nichts mehr zu tun hat, ohne daß irgendein Bischof eingeschritten wäre?
Angesichts dieses Chaos meint Herr Professor Stöhr von seinem hohen Katheder aus mahnen zu müssen:
Allerdings wäre es schlimm, wenn alle möglichen Inkompetente voreilige Urteile verbreiten oder sich polemisch nur auf Negatives fixieren (vgl. kreuz.net). Wie auch in anderen Lebensbereichen gibt es auch hier viele, die am „Mistkäfersyndrom“ leiden: Einen Mistkäfer kann man ja hinsetzen, wo man will – am Ende sitzt er bei einem Haufen Mist.
Was aber, Herr Professor, wenn sie tatsächlich auf einem lehrmäßigen Misthaufen sitzen und jegliche gesunde Lehre im Pestgestank des Modernismus erstickt wurde? Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf her. Warum haben sie nicht den Mut, das einzusehen? Nun, wessen Brot ich eß, dessen Lied ich sing! Das zeigt sich ganz deutlich, wenn es um das Gretchenthema geht.
Das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit
Der Papst repräsentiert auch als einzelner die Kirche, wenn er ein verbindliches Glaubensurteil fällt; er wirkt dann aber nicht als private Person, sondern kraft seines Amtes, wenn er als Hirte und Lehrer aller Gläubigen spricht, mit seiner höchsten apostolischen Autorität urteilt und eine Wahrheit des Glaubens oder der Sitte als für die ganze Kirche verpflichtend erklärt. Ein Papst kann nie eine Irrlehre als Dogma verkünden und alle Christen verpflichten, diese Irrlehre anzunehmen. Der verheißene besondere Beistand des Hl. Geistes (vgl. Lk 22, 32), einen Glaubensirrtum zu verhindern, kommt aber nur bei einem Akt zustande, bei dem es um das Ganze des Glaubens und der Sitte der Kirche geht, der dann aber keine Zustimmung der Gläubigen oder der Kirche benötigt.
Es ist nicht überflüssig, wieder einmal darauf hinzuweisen, das alles schreibt Johannes Stöhr im Jahr 2023. Nach dieser Einleitung ahnt der informierte Leser schon, wie es weitergeht.
Aber erwähnen wir zunächst noch das Erfreuliche. Herr Professor Stöhr weiß, anders als die theologischen Bergaufbremser aus dem Tradiland, darunter vor allem diejenigen aus der Piusbruderschaft:
Der theoretische Fall eines papa haereticus ist von der mittelalterlichen Kanonistik gelegentlich, in der Barockscholastik recht häufig behandelt worden; nachkonziliare deutsche Handbücher gehen gar nicht oder nur sehr sporadisch darauf ein. Der Fall ist allerdings historisch gesehen nie vorgekommen. Umstrittene Vorwürfe (in Bezug auf die Päpste Liberius, Vigilius oder Honorius (625–638)) sind von neueren historischen Studien schon vor dem Vaticanum I geklärt worden; es ging dabei um keine ex cathedra oder privat verbreiteten Häresien, sondern um eine unklare Haltung oder ein fahrlässiges Dulden und Zögern, um eine Anklage wegen mangelndem Eifer und Mut der Verkündigung, vor allem um ein Fehlen einer notwendigen Präzisierung der wahren Lehre in schwierigen Zeiten.
Also bei den Fällen Liberius, Vigilius oder Honorius – wir sind direkt erleichtert! – ging es um keine ex cathedra oder privat verbreiteten Häresien, die Päpste Liberius, Vigilius oder Honorius waren keine Häretiker. Darum gab es auch niemals einen Grund, sie ihres Amtes zu entheben. Wobei man dennoch selbst schon diese unklare Haltung oder das fahrlässige Dulden und Zögern, den mangelnden Eifer und den Mut bei der Verkündigung, vor allem aber dieses Fehlen einer notwendigen Präzisierung der wahren Lehre in schwierigen Zeiten als schweres Vergehen dieser Päpste ansah! Was für ein gewaltiger Unterschied zu heute!
Papst Johannes XXII.
Der Herr Professor ist ebenfalls besser unterrichtet als die theologischen Bergaufbremser aus dem Tradiland, wenn es um den Fall des Papstes Johannes XXII. geht. Auch diesen stempeln die traditionalistischen Dilettanten fälschlicherweise als Häretiker ab. Johannes Stöhr weiß hingegen zu berichtigen – wir geben den ganzen Text wieder:
Man hat Papst Johannes XXII. (1316-1334) Häresie vorgeworfen. Er vertrat erst in seinen letzten Lebensjahren die private Lehre, die Seelen der Heiligen würden nach ihrem Tod bis zum Jüngsten Tag noch nicht zur Anschauung Gottes (visio beatifica) gelangen, sondern lediglich zur Anschauung Christi als Mensch, und die Verdammten würden ihr Schicksal erst nach dem Weltende erleiden. Diese private Doktrin vom wartenden Himmel, einem Zwischenzustand der Heiligen bis zum jüngsten Tag „unter dem Altar“, d. h. unter dem Schutz und Trost nur der Menschheit Christi, bis sie nach dem Gericht zur direkten Anschauung gelangen würden, begründete er aus der Patristik und vertrat sie in den Jahren 1331 und 1332 auch in Predigten (aber nicht autoritativ) und bezeichnete sie als Meinung. Albert der Große und Thomas von Aquin halten diese These für eine Irrlehre, Bonaventura für törichten Irrtum. Eine Theologenkommission erklärte sie zwar nicht für häretisch, aber für irrig (6.9.1333). Es gab Befürworter (Walter von Chatton, Annibaldo de Ceccano, Geraldus Odonis) und Gegner (Durandus de s. Porciano, Thomas Waleys, Kardinal Jakob Fournier) mit ausführlichen Argumentationen. Der Papst veranstaltete daher vom 28.12.1333-3.1.1334 ein Konsistorium zur Beratung dieser Frage. Johannes XXII. hat dann kurz vor seinem Tod in einer feierlichen Erklärung in Gegenwart der Kardinäle seine Meinung widerrufen; sein Nachfolger Benedikt XII. gab dies in einer Bulle bekannt (17.3.1335) und hat die Lehre schließlich mit der Konstitution Benedictus Deus (29.1.1336) feierlich definitiv entschieden und einen solchen Zwischenzustand der Seelen vor der Vereinigung mit dem Leib ohne direkte Gottesschau zurückgewiesen. Die Privatlehre von Johannes XXII. wird man unter diesen Umständen wohl allenfalls als theologischen Irrtum oder haeresi proximum bezeichnen können.
Was ist zu tun, wenn ein Papst in Häresie fällt?
Was ist aber zu tun, falls ein Papst tatsächlich in Häresie fallen sollte? Darüber haben die Theologen Jahrhunderte lang ausgiebig disputiert, was unseren Tradis allein schon absurd vorkommen muß, weil sie den eigentlichen Grund dafür gar nicht mehr einsehen wollen, ist doch ihr Glaubenswissen darüber, was der Papst in der katholischen Kirche wesentlich ist und sein muß, vollkommen atomisiert. Sie faseln irgendetwas von „die Pforten der Hölle werden sie nicht überwinden“ und interpretieren das so, daß immer ein Papst da sein muß und wird.
Professor Stöhr weiß noch etwas mehr, als nur das zu sagen. Er geht kurz auf den hl. Robert Bellarmin ein, wohl die bedeutendste theologische Autorität bezüglich dieser Frage:
Ein offenkundig häretischer Papst höre von selbst auf, Papst zu sein; er habe sich sowohl innerlich wie äußerlich von der Kirche getrennt und würde von Gott selbst abgesetzt. Doch gebe es kein geschichtliches Beispiel dafür, und die Vorsehung würde dies auch verhindern.
Bellarmins Lehre ist im Laufe der Zeit allgemeiner verbreitet und noch etwas vervollständigt worden: die automatische Cessation eines (legitim gewählten) Papstes bei formeller und öffentlicher Häresie (bzw. Schisma) gilt in der Neuzeit als die communior sententia.
Also die meisten Theologen sind der Meinung daß ein Papst bei formeller und öffentlicher Häresie (bzw. Schisma) automatisch seines Amtes verlustig geht.
Leider führt Prof. Stöhr nicht näherhin aus, warum der hl. Robert Bellarmin diese Meinung vertritt. Er leidet zwar nicht am Mistkäfersyndrom, so bildet er sich wenigstens ein, dafür aber an Wahrnehmungsstörungen, unser Realitätsverweigerer.
Das geht bei einem deutschen Professor so…
Eine weitere Möglichkeit wäre die Absetzung. Dies ist jedoch durch eine Verfügung einer übergeordneten Jurisdiktionsvollmacht gar nicht möglich, da der Papst auf Erden die höchste geistliche Vollmacht hat; er könnte also niemals im eigentlichen Sinne abgesetzt werden. Als kirchliche Rechtsnorm, die auch in die Rechtssammlungen seit dem 6. Jahrhundert aufgenommen worden ist, galt der Grundsatz: „Prima sedes a nemine iudicatur“; es gibt keine über dem Papst stehende Instanz. Papst Bonifaz VIII. erklärte, wenn die höchste geistliche Gewalt irrte, dann könnte sie nur von Gott gerichtet werden (1302).
Das Decretum Gratiani
Hier beginnt unser Herr Professor zu schwächeln – begreiflicher Weise zu schwächeln, denn die Wahrheit würde für ihn äußerst unangenehm. Schauen wir etwas genauer hin.
Das Decretum Gratiani erwähnt fünf Fälle von Papstabsetzungen. Dabei stellt Gratian fest, daß diese Abdankungen freiwillig gewesen seien und daß kein Mensch und auch keine Gruppe von Menschen das Recht habe, einen Papst zu verurteilen, denn Prima sedes a nemine iudicatur.
Dieser Satz ist jedoch nicht vollständig, denn man hatte ihm immer auch die Häresieklausel angefügt, die Gratian ebenfalls in sein Decretum aufgenommen hat: „(Papa) a nemine est iudicandus, nisi deprehendatur a fide devius.“ [Der Papst wird von niemand gerichtet, außer er weicht vom rechten Glauben ab].
Wie Prof. Dr. Rolf Decot in seinem Werk, „Die Kirche im Spätmittelalter (Konziliarismus und Reformkonzilien)“ in §6 „Das Problem des Konziliarismus im Spätmittelalter“ hierzu erklärt, wurde in dieser Form der „Satz bereits von Papst Hadrian II. (867-872) anerkannt und endgültig von Kardinal Humbert (+1061) promulgiert. Durch Kardinal Deusdedit, Ivo von Chartres und Gratian fand dieser Rechtsgrundsatz Eingang in die kirchliche Kanonistik und wurde von den Dekretisten immer wieder eifrig kommentiert. Die Vorstellung findet sich in dem berühmten Kanon Si papa.“
Der einzige Grund, der es möglich macht, den Papst zu richten, ist sein Abfall vom katholischen Glauben. Denn sobald er vom Glauben abgefallen ist, verliert er sein Amt und hat damit nicht mehr die oberste Gerichtsbarkeit in der Kirche inne. Schon bei Gratian taucht der Gedanke auf, daß ein Häretiker niederer als der schlechteste Katholik sei und deshalb der betreffende Satz nicht zutreffe. Auch Huguccio ist ihm darin gefolgt, indem er sagt: „Cum papa cadit in heresim non iam maior sed minor quolibet catholico intelligitur.“ („Sobald der Papst in Häresie fällt, wird er nicht mehr als der Größere, sondern als geringer als jeglicher Katholik angesehen.“)
Rufinus dehnte die Absetzbarkeit in seiner Summa zum Decretum auf das Schisma aus, da ein anhaltendes Schisma immer mit Häresie gepaart sei.
Unter den Tatbestand der Häresie fällt bei Huguccio auch ein notorisches Verbrechen, da hier die Wohlfahrt der gesamten Kirche gefährdet sei. Jedoch gilt auch für die Verbrechen, daß sie notorisch und außerdem öffentlich sein müssen.
Blinde Realitätsverweigerung
Warum spricht Prof. Stöhr mit keiner Silbe über diesen zweiten Teil des Satzes, obwohl er in der Fußnote 89 darauf verweist: DECRETUM GRATIANI, p.1 dist. XV c. 6: „Summa sedes a nemine iudicetur, nisi a fide devius inveniatur“. Cf. E. FRIEDBERG (Hrsg.), Corpus iuris canonici, I, Graz 1959 [=Leipzig 1879], 146.? Warum klärt er seine Leser nicht darüber auf, daß ein Papst, der in Häresie fällt, geringer anzusehen ist, als jeder Katholik? Weil er diese eine Konsequenz unter keinen Umständen ziehen möchte. Deswegen meint Prof. Stöhr allen Ernstes:
Auch heute scheinen trotz der Polemik und haltlosen Vorverurteilungen von Sedisvakantisten die meisten der in Rom vorgebrachten Bitten um Klarstellung gut begründet; daher wird man eine ernste Verpflichtung zu einer angemessenen Antwort kaum leugnen können. Amtsverlust wegen privater Häresie hätte schreckliche Folgen für die Kirche. Wenn man dies mit guten Gründen nicht annehmen möchte, dann bleibt doch die dringliche Frage, ob nicht – wenn keinerlei Antwort von Rom erfolgt, – immerhin ein geringerer Grad der theologischen Qualifikation zutrifft (wie vielleicht in den Fällen der Päpste Honorius und Johannes XXII.).
Kaum unglaublich!
Man faßt es kaum, aber so steht das tatsächlich da: Die Sorgen beziehen sich ja nicht nur auf den vermuteten Extremfall der häretischen Leugnung eines Dogmas, sondern auf eine große Zahl vieldeutiger und missverstandener Aussagen.
Während evangelische Christen klar erkennen und bekennen, daß Bergoglio gar kein Christ mehr ist, weil er nicht mehr an die Gottheit Christi glaubt, meint Prof. Stöhr tatsächlich, daß es dennoch möglich sei, mit guten Gründen dies nicht anzunehmen und den Fall Bergoglio in Parallele zu den Fällen der Päpste Honorius und Johannes XXII. zu bagatellisieren! Ist so ein Fehlurteil angesichts der bergoglioschen Wirklichkeit überhaupt möglich? Ja, es ist möglich, wenn man ein Realitätsverweigerer ist, weil man der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen möchte.
Dabei hat Prof. Stöhr immerhin vorausgehend die Vorwürfe durch „Bischof“ Athanasius Schneider, die „Correctio filialis de haeresibus propagatis“ („Kindliche Zurechtweisung über die Verbreitung von Häresien“), des Philosophen J. Seifert und den Offenen Brief einer internationalen Gruppe katholischer Intellektueller dem Leser zur Kenntnis gebracht. Und dennoch soll alles nur eine große Zahl vieldeutiger und missverstandener Aussagen sein?
Zudem hatte Prof. Stöhr in Bezug auf die Fälle der Päpste Liberius, Vigilius und Honorius bemerkt, wie wir bereits gelesen haben, daß es sich immerhin um ein fahrlässiges Dulden und Zögern, um eine Anklage wegen mangelndem Eifer und Mut der Verkündigung, vor allem um ein Fehlen einer notwendigen Präzisierung der wahren Lehre in schwierigen Zeiten handelte, daß also selbst dieses, mit Bergoglios in keiner Weise vergleichbaren Fehlverhalten den Zeitgenossen erhebliches Bauchweh verursachte. Von diesem Bauchweh spürt man bei Prof. Stöhr nichts. Er hat ein ganz anderes Bauchweh: Amtsverlust wegen privater Häresie hätte schreckliche Folgen für die Kirche.
Wir fragen dem entgegenstehend: Und ein öffentlicher – von wegen bloß privater! – Häretiker, Apostat oder gar Götzendiener als Papst hat keine schrecklichen Folgen für die Kirche?!
Hier zeigt sich des Pudels Kern der Motivation für die Realitätsverweigerung: Es fehlt der übernatürliche Glaubensernst – den es im Modernismus nun einmal nicht mehr gibt. Der im modernistischen Sinne bagatellisierte Jorge Mario Bergoglio, alias Papst Franziskus, ist immer noch besser, als der Amtsverlust wegen privater Häresie. Bei solchen Wahrnehmungsstörungen ist man einfach fassungslos!
Werfen wir, um unsere Fassung wiederzufinden, einen kurzen Blick auf den hl. Robert Bellarmin, den Prof. Stöhr schon hat kurz zu Wort kommen lassen. Bei dem hl. Kirchenlehrer zeigt sich selbstverständlich dieser übernatürliche Glaubensernst in der Darlegung unserer Frage: „Eine dritte Ansicht besteht in einem anderen Extrem, nämlich, der Papst sei weder wegen heimlicher noch wegen öffentlicher Ketzerei abgesetzt oder absetzbar.“
Der Heilige urteilt darüber so: „Diese Ansicht erwähnt und widerlegt Turrecremata und sie ist in der Tat unhaltbar.“ Was er folgendermaßen erklärt:
„Erstlich, weil des Can. Si papa, distinct. 40. und bei Innocentius III. (Serm. 2. de consecratione Pontificis) deutlich steht, dass ein ketzerischer Papst gerichtet werden könne. Und was noch mehr ist, in der 8. Synode (act. 7.) werden die Verhandlungen des römischen Conciliums unter Hadrianus vorgebracht und in denselben stand, der Papst Honorius scheine mit Recht verdammt worden zu sein, weil er der Ketzerei überwiesen worden, wegen welcher allein den Niedrigerstehenden erlaubt ist, das Urteil über die Höheren zu fällen. Hier ist zu bemerken, daß zwar wahrscheinlich Honorius kein Ketzer gewesen und der Papst Hadrianus II., getäuscht durch verfälschte Abschriften der 6. Synode, fälschlich den Honorius für einen Ketzer gehalten. Gleichwohl können wir nicht leugnen, dass Hadrianus mit dem römischen Concilium, ja die ganze achte allgemeine Synode, der Meinung gewesen, der römische Papst könne im Falle der Ketzerei gerichtet werden. Zudem wäre das eine sehr elende Lage der Kirche, wenn sie gezwungen würde, einen offenbar reißenden Wolf als Hirten anzuerkennen.“
Von wegen: Amtsverlust wegen privater Häresie hätte schreckliche Folgen für die Kirche! Nein! Zudem wäre das eine sehr elende Lage der Kirche, wenn sie gezwungen würde, einen offenbar reißenden Wolf als Hirten anzuerkennen. – Und Bergoglio ist sicherlich ein reißender Wolf und kein Schoßhündchen.
Nein, man kann es einfach nicht fassen! Der Herr Professor steht vor dem vollkommen niedergebrannten Haus und überlegt sich überaus zögernd, ob er die Feuerwehr rufen soll. Das nennt man Realitätsverweigerer. Trotz aller Warnschilder, Herr Prof. Stöhr bleibt nicht stehen, er geht einfach weiter, als wäre nichts geschehen. Vielleicht ein paar unebene Stellen auf dem Weg, aber von wegen Abgrund…