Der „Bischof“ und die Piusbrüder

Der emeritierte „Bischof“ von Chur wird zum vatikanischen V-Mann in der FSSPX

Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Kuriositäten in der Menschenmachwerkskirche und Herr Bergoglio hat diese richtiggehend zu einem Kuriosenkabinett gemacht. Seine Art, „Papst“ zu spielen, ist allein schon eine Kuriosität sondergleichen. Und es ist kaum noch zu fassen, welche Absurditäten die Menschenmachwerkskirchler ihrem „Papst“ zubilligen. Etwa als er 2021 „in einem ungewöhnlichen TV-Interview zu vier Menschen in verschiedenen Krisen gesagt“ hat, wie man auf Vatikan News lesen kann: „Habt keine Angst, wenn ihr auf Gott zornig werdet, ihr müsst die Freiheit eines Kindes vor Gott haben.“ Besteht also die Freiheit der Kinder Gottes darin, daß man zornig auf Gott ist?

Oder als Bergoglio ganz unmißverständlich bekannte: „Und ich glaube an Gott. Nicht an einen katholischen Gott; der existiert nicht. Nur Gott existiert. Und ich glaube an Jesus Christus, seine Inkarnation. Das ist mein Sein.“ Dieses Bekenntnis wirft zwar gleich eine ganze Reihe von Fragen auf, beantwortet aber eine ganz klar: Bergoglio ist nach eigenem Bekenntnis kein Katholik! Und an die Inkarnation glaubt er somit auch nicht im rechten, katholischen Sinne, sondern in der Art irgendeiner häretischen Verirrung – wenn er überhaupt ernsthaft daran glaubt, der Verehrer der Pachamama, d.h. Götzendiener.

Oder auch noch als „Papst Franziskus“ ziemlich am Anfang seiner Laufbahn salopp sagte: „Wer bin ich, daß ich urteile?“ Wozu posthum das Interview-Buch „Der Name Gottes ist Barmherzigkeit“ erschienen ist, in dem Bergoglio seinen etwas verdutzten Anhängern zu erklären versucht, was er eigentlich mit diesen Worten gemeint habe.

Tradition eines geschwätzigen „Konzils“

Übrigens ist es inzwischen Tradition, daß ständig erklärt werden muß, was die „Männer in Weiß“ eigentlich damit meinen, wenn sie etwas sagen – und sie sagen leider recht viel. Wenn das Lehramt nämlich zum Leeramt degeneriert, wird es geschwätzig. Diese ungute Tradition geht bis auf das sog. 2. Vatikanum zurück, ein äußerst geschwätziges „Konzil“, bei dem sich die Theologen bis heute darüber streiten müssen, was es eigentlich hat sagen wollen, ohne zu einem eindeutigen Ergebnis kommen zu können. Die früheren Konzilien haben strittige Lehrfragen geklärt oder sogar definitiv entschieden, dieses „Konzil“ säte mehr Zweifel als alle Irrlehrer der Vergangenheit zusammen. Wie sollte man aber auch inmitten des Modernismus, der doch das Sammelbecken aller Häresien ist, zu einem eindeutigen Ergebnis kommen können? Das wäre ein echtes Wunder.

Uns wundert jedenfalls, daß ein vernünftiger Mensch ein solches Kuriosenkabinett mit dem Lehramt der katholischen Kirche verwechseln kann. Da muß es im eigenen Kopf schon ganz schön drunter und drüber gehen, wenn beides nicht mehr unterschieden werden kann. Leider muß man feststellen: Es geht überall drunter und drüber, nachdem der Felsen Petri durch feindliche Übernahme zu Treibsand geworden ist. Bekanntlich versinkt man unrettbar im Treibsand, außer man zieht sich, wie derweil Baron von Münchhausen in seinen Lügengeschichten, am eigenen Schopf aus dem Sand. Aber wer ist schon ein Baron von Münchhausen, daß ihm so etwas gelingt?! Die Traditionalisten aus unserem Tradiland sicher nicht, diese fühlen sich sogar wohl inmitten dieses Treibsands oder tun wenigstens so, als würden sie selber davon nicht in Mitleidenschaft gezogen – dabei ist ihr Pferd samt Reiter schon bedenklich weit im Sand versunken. Wo ist da noch ihr rettender Schopf?

Ein kurioser Pontifex

Derzeit treibt ein ungewöhnliches Kuriosum nicht wenig Bewohner des Tradilandes um: Der emeritierte Bischof von Chur, Vitus Huonder, ist nach seinem wohlverdienten Ruhestand nicht einfach nur in Ruhestand gegangen, sondern zum Brückenbauer zwischen den Piusbrüdern und dem Vatikan geworden. Huonder erklärt diesen Schritt den interessierten Zeitgenossen in einem Video, das im Internet abrufbar ist: „Mein Weg zur FSSPX.“ In diesem Bericht gibt Vitus Huonder Auskunft darüber, wie es dazu kam, daß er im Institut Sancta Maria in Wangs seine Zelte aufschlug und was er nun, nachdem er die FSSPX von innen kennengelernt hat, über diese denkt.

Eckdaten des Lebens von Vitus Huonder

Sehen wir uns zunächst ganz kurz die Eckdaten des Lebens von Huonder an: Geboren wurde Vitus Huonder am 21. April 1942 in Trun, Kanton Graubünden, Schweiz.

Er studierte bis 1971 Philosophie und Theologie, zunächst in Maria Einsiedeln, sodann am Päpstlichen Athenaeum Sant’Anselmo in Rom und schließlich an der Universität Freiburg im Üechtland.

Seine „Priesterweihe“ erhielt er am 25. September 1971 in der Pfarrkirche Thalwil im neuen Ritus von Johannes Anton Vondernach.

Die „Bischofsweihe“ erhielt er ebenfalls im neuen Ritus am 8. September 2007 im Kloster Einsiedeln. Hauptkonsekrator war Amédée (Antoine-Marie) Grab OSB (emeritierter Bischof von Chur), der seinerseits ebenfalls im neuen Ritus am 12 Apr 1987 zum „Bischof“ geweiht worden war. Mitkonsekratoren waren Erzbischof Francesco Canalini, Apostolischer Nuntius in der Schweiz, und Kurt Koch, Bischof von Basel. „Bischof“ Huonder wählte als Wahlspruch: Instaurare omnia in Christo (Alles in Christus erneuern).

Aufgrund seiner „Weihen“ in den ungültigen neuen Riten ist Vitus Huonder also weder Priester noch Bischof.

Das Churer Domkapitel hatte ihn am 6. Juli 2007 zum „Bischof“ gewählt. Benedikt XVI. bestätigte die Wahl am 8. Juli 2007.

Querelen im Bistum Chur

Als „Bischof“ von Chur hatte es Huonder nicht gerade leicht. Bei katholisch.de ist dazu unter dem Titel Reizfigur im Ruhestand: Churer Altbischof Huonder wird 80 zu lesen:

So wünscht man sich Kirche nicht wirklich: Über Jahre die Turmuhr herunterzuzählen, bis endlich der Bischof den Altersruhestand erreicht hat. Doch genau so fühlten sich allzu lange allzu viele im Schweizer Bistum Chur. Nicht nur, dass sie auf die kanonische Altersgrenze von 75 Jahren hinleben mussten; Papst Franziskus ließ den Churer Bischof Vitus Huonder noch zwei weitere Jahre im Amt, statt die Querelen pünktlich zu beenden. Nun wird Huonder am 21. April 80 Jahre alt. Unter seinem Nachfolger Joseph Bonnemain (73) ist zuletzt weitgehend Ruhe eingekehrt; die Wunden im Bistum beginnen zu vernarben.

In der Menschenmachwerkskirche finden sich nur stromlinienförmige „Bischöfe“ zurecht, denn die modernistische Meinungsvielfalt bedeutet durchaus keine Meinungsoffenheit, vor allem gegenüber den Konservativen. Vitus Huonder hatte deswegen viele gegen sich:

Der konservative Huonder war einer, der liberale Ansinnen seiner Herde gern mit der Haltung abkanzelte: Hier stehe ich – ich kann nicht anders. In den Kantonen Graubünden, Schwyz und Zürich herrscht schon lange ein kirchliches Reizklima. Auf engem Raum prallen große Meinungs- und Mentalitätsunterschiede aufeinander. Wie schon sein Vor-Vorgänger Bischof Wolfgang Haas (1988/90-1997) hat Huonder seine Herde polarisiert, zu der neben frommeren ländlichen Kantonen auch die finanzstarken Katholiken der Metropole Zürich gehören.

In der Menschenmachwerkskirche gibt es große Meinungs- und Mentalitätsunterschiede, weil der verbindende übernatürliche Glaube fehlt. Man muß schon Wahrnehmungsstörungen haben, wenn man das nicht sehen will. Einen festen, einen verbindlichen Glauben gibt es nicht mehr, dafür aber sehr viele liberale Ansinnen. Daraus entsteht auch der Zwang, sich ständigen Neuerungen zu unterwerfen. Wer da einen festen Standpunkt zu halten sucht – Hier stehe ich - ich kann nicht anders –, der kommt unweigerlich unter die Räder. Vitus Huonder kämpfte schon lange auf verlorenem Posten, denn wie sollte er inmitten dieser Feinseligkeiten Glaubenswahrheiten verkünden können und geschweige denn „Alles in Christus erneuern“?

Im Bistum hinterließ er viel verbrannte Erde. Dort hofft man, dass nach dem anstrengenden Auf und Ab der vergangenen Jahrzehnte nun entspanntere Zeiten kommen mögen. Auf den äußerst konservativen heutigen Erzbischof von Vaduz/Liechtenstein Wolfgang Haas (1988/90-1997), gegen den viele Churer Katholiken Sturm liefen, folgte der beliebte Amédée Grab auf dem Churer Bischofsstuhl (1998-2007). Der Benediktiner konnte als Schlichter viele Gräben zuschütten – die aber danach in der Ära Huonder bald wieder ausgehoben wurden.

Man sollte es auf keinen Fall vergessen: Trotz seines konservativen Kurses mußte Vitus Huonder natürlich während all dieser Jahre in Chur alle Exzesse bei der sog. Neuen Messe nicht nur dulden, er mußte sie selber mitmachen, mußte gute Miene zum bösen Spiel machen. Selbstverständlich war auch die Handkommunion für ihn all die Jahre Alltag. Das ist schließlich das Minimum, das von jedem „Bischof“ gefordert wird, der im Modernistenspiel der Menschenmachwerkskirche mitspielen will. Da wird womöglich Huonder genauso wie seine „Schäfchen“ begonnen haben, die Turmuhr herunterzuzählen – und Bergoglio ließ ihn extra noch zwei Jahre warten, ehe er am 20. Mai 2019 sein pflichtgemäßes Rücktrittsgesuch annahm und den emeritierten Bischof von Reykjavík, Pierre Bürcher, als Apostolischen Administrator des vakanten Bistums Chur einsetzte.

Nach seiner Emeritierung im Mai 2019 – sein Vorgänger Grab starb just an dem Tag, als der Papst Huonders Amtsverzicht annahm – zog Huonder in ein Haus der traditionalistischen Piusbruderschaft in Wangs im Kanton Sankt Gallen. In einer Erklärung der Piusbrüder hieß es damals, Huonder wolle ‚sich dem Gebet und dem Schweigen widmen, ausschließlich die traditionelle Messe feiern und für die Tradition wirken, worin er das einzige Mittel zur Erneuerung der Kirche erkennt‘. Der Altbischof selbst ließ verlauten, er sei von der Glaubenskongregation beauftragt worden, den Kontakt mit der kirchlich nicht anerkannten Bruderschaft zu pflegen… In dem Video behauptet Vitus Huonder ebenfalls, er sei am 9. April 2015 von „Kardinal“ Gerhard Müller beauftragt worden, den Kontakt mit der FSSPX zu pflegen. Dazu findet sich auf „srf.ch“ (Schweizer Radio und Fernsehen) ein weiterführender Beitrag:

Vatikan widerspricht Bistum Chur

Der Churer Bischof Vitus Huonder will sich in ein Internat der Piusbrüder zurückziehen. Er habe einen Auftrag, den Kontakt mit der Piusbruderschaft zu pflegen. Der Vatikan widerspricht.

Ein katholischer Bischof bei den abtrünnigen Piusbrüdern? Vitus Huonders Ankündigung, als Pensionär ins Knaben-Internat «Sancta Maria» der Piusbrüder nach Wangs (SG) zu ziehen, sorgt für Diskussionen.

Sein Sprecher Giuseppe Gracia erklärte im Januar, dieser Schritt stehe im Zusammenhang mit einem Auftrag der Glaubenskongregation in Rom. Bischof Huonder solle den Kontakt mit der Piusbruderschaft aufrechterhalten.

Generalvikar Martin Grichting hatte ebenfalls im Januar per Rundschreiben mitgeteilt: Die Glaubenskongregation habe Huonders Auftrag 2016 bestätigt. Der Auftrag sei «nicht an das Amt des Diözesanbischofs gebunden» und sei «zeitlich nicht beschränkt».

Vatikan: «Kein offizieller Auftrag»

Nun widerspricht der Vatikan. Auf Anfrage der «Rundschau» teilt Rom mit: «Der Pressestelle des Heiligen Stuhls ist kein offizieller Auftrag der Glaubenskongregation an Bischof Vitus Huonder bekannt, um den Kontakt mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu halten.» Die Stellungnahme des Vatikans will das Bistum Chur nicht kommentieren.

«Jetzt steht Aussage gegen Aussage», sagt der Schweizer Jesuit Christian Rutishauser. «Die Quelle, der ich letztlich vertraue, ist der Vatikan.» Der Leiter der Schweizer Jesuiten vermutet: Huonder habe wohl versucht, mit Verweis auf Rom seinen Umzug zu den Piusbrüdern zu legitimieren.

Soweit wie der Jesuit muß man nicht unbedingt gehen, um den Widerspruch aufzulösen. Der Vatikan spricht davon, es sei kein offizieller Auftrag bekannt, was nicht ausschließt, daß Müller die Sache zwar „privat“ gesagt, aber nicht „offiziell“ gemeint hat. Das würde heißen, Huonder hat Müllers Aussagen zu seinen Gunsten überinterpretiert. Wie schon gesagt, es muß immer erst geklärt werden, was sie genau meinen, die Herren in Rom. Es ist nur etwas irritierend, daß Huonder in dem Video mit keinem Wort auf dieses Dementi des Vatikans eingeht, sondern einfach seine Behauptung wiederholt. Dabei muß man doch annehmen, daß ein offizieller Auftrag, nicht nur mit der schismatischen FSSPX Kontakte zu pflegen, sondern sogar dort zu wohnen und als „Bischof“ zu wirken, für die Römer dann doch – trotz aller Diplomatie – zu viel des Guten war.

„vertrauliche Note“

Übrigens wurde schon am 1. Mai 2019 durch die Veröffentlichung eines Geheimdokuments über die Annäherungsversuche des Churer Bischofs an die schismatische Bruderschaft durch den Widerstands-Bischof Williamson in seinem „Kyrie eleison Kommentar“ der Plan Huonders bekannt gemacht. Dabei handelte es sich um eine „vertrauliche Note“ über ein „diskretes Treffen“ zwischen Bischof Vitus Huonder und zwei Bischöfen sowie fünf Priestern der Piusbruderschaft, das am 17. April 2015 in der Ostschweiz stattgefunden haben soll.

In dem Dokument steht zu lesen (die Gliederung stammt von Mgs. Williamson):

1 Mir (Bischof Huonder) ist sehr daran gelegen, dass die Priesterbruderschaft St. Pius X. kanonisch in die offizielle Kirche reintegriert wird.

2 Ohne diesen kanonischen Status hat die Bruderschaft nur sehr geringen Einfluss, weil sie dann marginalisiert wird. Konservative Bischöfe wollen diesen Status für die Bruderschaft, sonst ist jeder gegen sie.

3 Ich glaube nicht, dass ihr Schismatiker sein wollt. Ihr wollt euren unfehlbaren Respekt für die Autorität der Kirche beweisen.

4 Das Lehramt der Kirche muss dem, was Theologen – darunter jene der Bruderschaft – sagen, in einem Geist des gegenseitigen Respekts Gehör schenken. Das Lehramt muss auch überwachen, dass jede Evolution innerhalb der Kirche seit dem Konzil mit der katholischen Tradition in Übereinstimmung steht.

5 Benedikt XVI. hat die Exkommunikationen von 1988 rückgängig gemacht und die Tridentinische Messe erlaubt. Das sind Zeichen guten Willens vonseiten Roms.

6 Eine Übereinkunft mit Rom würde dem Generaloberen der Bruderschaft und ihrem Apostolat den Rücken stärken. Sie verliehe der Bruderschaft auch das Recht, das Lehramt um Erklärungen zu bitten.

7 Die Kirche braucht die Bruderschaft für ihre neue Evangelisierung.

8 Einer eventuellen kanonischen Anerkennung müsste eine Diskussion über die theologischen Fragen folgen, um Lösungen zu finden.

Also zunächst Einheit ohne Wahrheit, um sodann zur Einheit mit der Wahrheit zu kommen: das war der Marschplan Huonders – gemäß seinem Auftraggeber Müller? Für einen Katholiken ein recht absurder Gedanke, nicht aber für einen Modernisten. Für jeden konservativen Menschenmachwerkskirchler hat sich ja – dank Bergoglio unausweichlich! – der ruhige Besitz der göttlichen Wahrheit in der unfehlbaren Kirche in einen Kampf um die Wahrheit gegen den eigenen Papst gewandelt. Das eröffnet diplomatische Spielräume, die es früher, in katholischen Zeiten, nicht gab und auch heute für einen echten Katholiken nicht geben kann.

Übrigens findet sich das Wort „unfehlbar“ auch in der vertraulichen Note. Huonder meint tatsächlich und allen Ernstes: Ihr wollt euren unfehlbaren Respekt für die Autorität der Kirche beweisen.

Was soll das bitte genau und auf den Punkt gebracht sein: „Unfehlbarer Respekt“ für die Autorität der Kirche? Das soll Vitus Huonder einmal theologisch sauber erklären. Wir werden später darauf zurückkommen, was für eine weitere Kuriosität dabei herauskommt.

Recht interessant ist hierzu die Sichtweise der Basis. Auf zhkath.ch (Katholische Kirche im Kanton Zürich – Wir sind die Katholische Kirche im Kanton Zürich) machte man sich ebenfalls Gedanken über dieses Dokument. „Schismatikerbischof entlarvt Bischof Vitus Huonder“ heißt es da. Wir haben schon gehört, die Basis”katholiken‟ der Schweiz mögen Huonder nicht besonders.

Strategie gegen Papst Franziskus

Höchst aufschlussreich, was Williamson am 1. Mai in seinem Newsletter verriet: Eine «vertrauliche Note» über ein «diskretes Treffen» zwischen Bischof Vitus Huonder und zwei Bischöfen sowie fünf Priestern der Piusbruderschaft, das am 17. April 2015 in der Ostschweiz stattgefunden hat. Dieses nur für interne Kreise der Bruderschaft gedachte Dokument gibt unverschleiert Auskunft über die wahren Beweggründe bestimmter Kreise der römischen Kurie für eine Re-Integration der erzkonservativen Bruderschaft in den Schoss von Mutter Kirche. Es geht schlicht und einfach darum, Verstärkung zu finden im Kampf gegen jede Lockerung der Kirchendisziplin, gegen jeden Versuch einer Erneuerung der Kirche – im Kern also gegen den Kurs von Papst Franziskus mit seinen vorsichtigen Schritten der Öffnung. Das, was Kircheninsider schon lange vermuteten, wird hier nun schwarz auf weiss dokumentiert.

Für diese Basis”katholiken‟, die keinerlei klaren, festen, übernatürlichen Glauben mehr haben, sieht die Erneuerung der Kirche selbstverständlich anders aus als für die Konservativen oder gar Traditionalisten – die zwar ebenfalls keinen übernatürlichen Glauben mehr haben, aber etwas konservativer Kirche spielen wollen als die Basis. Dabei sind diese Basis”katholiken‟ derzeit klar im Vorteil, denn sie können sich momentan auf ihren „Papst“ berufen, denn der denkt genauso wie sie. Wenn es anders wäre, würde sie das freilich auch in keiner Weise stören, was wiederum genauso für die Traditionalisten gilt. Bergoglios „Synodale Kirche“ ist jedenfalls genau jene „Kirche von unten“, die jene „Wir-sind-Kirche-Leute“ sich wünschen. Wobei uns noch gar nicht aufgefallen ist, daß die Schritte der Öffnung von Herrn Bergoglio vorsichtig sind. Die Leute aus der Schweiz verwechseln wohl ihr Kantons-Kirchlein mit der Weltkirche.

Unsere Basis”katholiken‟ weiter:

Öffnung der Kirche verhindern

Als Teil der römischen Kirche hätten die heutigen Schismatiker dann das Recht, das Lehramt «um Erklärungen zu bitten» – sprich den ungeliebten Kurs von Papst Franziskus zu hinterfragen. Der Churer Bischof sucht also Verbündete für seine Mission, die reine Lehre, so wie er selbst sie versteht, gegen jede Weiterentwicklung zu bewahren. In der Note heisst es dazu: «Das Lehramt der Kirche muss dem, was Theologen – darunter jene der Bruderschaft – sagen, in einem Geist des gegenseitigen Respekts Gehör schenken. Das Lehramt muss auch überwachen, dass jede Evolution innerhalb der Kirche seit dem Konzil mit der katholischen Tradition in Übereinstimmung steht.»

Schönfärberisch heisst es weiter: «Die Kirche braucht die Bruderschaft für ihre neue Evangelisierung.» Gemeint ist natürlich, gewisse Kreise der Kirche bräuchten die Bruderschaft.

Wenn man die FSSPX als Verstärkung ins Boot holen will, muß man schon ganz schön verzweifelt sein. Nun, Vitus Huonder war sicher ganz schön verzweifelt, als er Chur verließ. Wie wir schon gehört haben, war die Mehrheit seiner „Schafe“ froh, daß er endlich ging. Er hat erleben müssen, daß es in der Menschenmachwerkskirche keinen Glaubensgehorsam mehr gibt, was selbstverständlich dem Bischof das Leben schwer macht, insofern er nicht die Wesensart eines Chamäleons angenommen hat. Das aber vermochte Huonder dann doch nicht, die Wesensart eines Chamäleons annehmen – oder etwa doch?

In dem Geheimdokument vom 17. April 2015 wird vom Lehramt gesprochen, das den Theologen in einem Geist des gegenseitigen Respekts Gehör schenken muß und davon, daß es auch überwachen muß, daß jede Evolution innerhalb der Kirche seit dem Konzil mit der katholischen Tradition in Übereinstimmung steht. Angesichts der Tatsache, daß 2015 schon Bergoglio Chef in Rom war, hört sich dies ziemlich absurd an. Es kann sich also nur um das imaginäre Leeramt der Traditionalisten handeln, von dem hier die Rede ist, das immer nur das sagen darf, was sie sagen, weil sie nämlich die Tradition sind.

Die Basis liest noch etwas Interessantes aus dem Dokument heraus:

Front gegen eine Erneuerung in der Kirche

Verräterisch ist auch der letzte Punkt des internen Dokuments. Hier verspricht der Churer Bischof, dogmatische Probleme Roms mit der Bruderschaft – sie lehnt zentrale Punkte des Zweiten Vatikanischen Konzils ab, jede Form von Ökumene, verunglimpft Juden als Christusmörder, interreligiöser Dialog ist ihr des Teufels wie auch die moderne Welt insgesamt – hintanzustellen. Erst mal sollen die Abtrünnigen zurückkommen, um gemeinsam mit den konservativen Bischöfen Front gegen die Erneuerung zu machen. Der Rest ergebe sich dann später. Im Original liest sich das dann so: «Einer eventuellen kanonischen Anerkennung müsste eine Diskussion über die theologischen Fragen folgen, um Lösungen zu finden.» Also zuerst Anerkennung, dann gemeinsamer Kampf gegen Erneuerer und erst an dritter Stelle schliesslich Einigung über die trennenden Glaubensfragen.

Treffend beobachtet! – Aber, so fragen wir: Auf der Grundlage wessen Leeramts und wann wird die Einigung in den trennenden Glaubensfragen stattfinden?

Der Widerstands-Bischof Williamson meinte 2019 in seinem Kommentar dazu:

8 In anderen Worten: „Zuerst eine Übereinkunft, und dann die Doktrin.“ Dies ist ein schwerwiegender Irrtum, in dem alle Konzilsanhänger gefangen sind, denn wenn man lange genug mit einer Lüge lebt, wird man am Ende an sie glauben. Vatikan[um] II ist eine große Lüge.

Kurzum, Bischof Huonders acht Argumente sind allesamt menschliche Erwägungen und ihrem Wesen nach losgelöst von der objektiven Wahrheit der wirklichen katholischen Kirche. Möge Gott ihm die Augen darüber öffnen, wie weit die Konzilskirche vom rechten Pfad abgekommen ist!

Unsere Anmerkung dazu: Und diese Konzilskirche des Vatikan[um] II, das eine große Lüge ist, ist für Williamson dennoch die katholische Kirche mit Bergoglio als Papst an der Spitze! Exzellenz, es sei uns die Frage erlaubt, ob es sich bei Ihren Fabeleien nicht ebenfalls um menschliche Erwägungen [,] ihrem Wesen nach losgelöst von der objektiven Wahrheit der wirklichen katholischen Kirche handelt?

Die Leute von Wir sind die Katholische Kirche im Kanton Zürich schließen ihre Erwägungen mit einem Verdacht:

Neues Schlaglicht auf abgesetzten Kardinal Müller

Im Wissen um diesen unverblümten Positionsbezug, der natürlich nie hätte öffentlich werden sollen, erscheint die Absetzung von Kardinal Gerhard Müller als oberstem Chef der Glaubenskongregation durch Papst Franziskus in ganz neuem Licht. Denn Müller war Auftraggeber von Bischof Vitus Huonder. Wie auch die römische Kommission Ecclesia Dei, die Papst Franziskus Anfang 2019 ebenfalls ersatzlos aufgelöst hat.

Uns scheint dadurch die Sache wiederum etwas überinterpretiert. Aber wer weiß, vielleicht hat bei Bergoglio seine Arbeit als junger Mann tiefere Spuren in seiner Seele hinterlassen, als man meint. Bergoglio arbeitete nämlich als junger Mann in einem Nachtclub als Rausschmeißer. Kann ja sein, daß er seine Aufgabe immer noch darin sieht, die Leute rauszuschmeißen. Anderseits hat er Vitus Huonder noch zwei weitere Jahre im Amt belassen – ahnte er etwa schon dessen Seitensprung und wollte ihn damit noch etwas hinauszögern? Das sind freilich reine Spekulationen – sine fundamento in re, wie der Lateiner sagt, ohne Realitätsgrundlage, aber passend zu den anderen Kuriositäten.

Huonder als V-Mann in der FSSPX

Kommen wir jedoch zurück zu Huonder. Selbstverständlich war der Schritt Huonders, in einem Haus der FSSPX seinen Altersruhesitz aufzuschlagen, gewagt. Die FSSPX galt als schismatische, ultrakonservative Gruppe, die verzweifelt Anschluß an Rom suchte und nicht fand.

Wie wir inzwischen wissen, hat Huonder schon seit 2015 – mit öffentlichem Auftrag Roms oder auch nicht – mit der FSSPX zu tun gehabt. Wie schon gezeigt, erklärt er in dem Video, ohne das vatikanische Dementi zu erwähnen, er habe im Januar 2015 einen Brief vom damaligen Präfekten der römischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Müller, erhalten, worin dieser ihn bat, „einen Dialog mit Vertretern der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu beginnen“, und zwar mit dem Ziel, eine „freundschaftlich zwischenmenschliche“ Beziehung zu dieser Priesterbruderschaft aufzubauen und lehrmäßige Diskussionen zu führen.

Der Makel des kanonischen Mangels

Außerdem sollten „Fragen der Lehre auf die Tagesordnung gesetzt werden. Es waren Fragen in Zusammenhang mit den Dokumenten des 2. Vatikanischen Konzils … Besonders zu erwähnen sind die Fragen der Liturgie, eigens der authentischen römischen heiligen Messe. Weitere Themen sind das Selbstverständnis der Kirche, der Ökumene, des Verhältnis von Kirche und Staat, des zwischenreligiösen Dialogs und der Religionsfreiheit.“

Also das übliche Repertoire der vergangenen Jahrzehnte der nicht enden wollenden Gespräche mit Rom ohne konkreten Ausgang. Aber diese „Beziehungen und Gespräche sollten insbesondere den Weg zur kanonischen Anerkennung der Priesterbruderschaft ebnen.“ Wie brennt doch den Piusbrüdern der kanonische Mangel auf der Stirn!

Dadurch, daß er in Wangs Wohnung nahm, erhielt Huonder die Gelegenheit, „das Innenleben der Gemeinschaft und ihre Arbeit besser kennenzulernen“. Er vertiefte sich also in das Werk und das Leben des Gründers, wobei er hoffte, „Papst Franziskus entsprechende Berichte zukommen zu lassen“.

Es sollte also in freundschaftlicher Weise ein Weg gefunden werden, wie die schismatische FSSPX einen Weg aus ihrem in ihren eigenen Augen unauffindbaren Schisma finden konnte. Wobei sozusagen vorneweg ein „Bischof“ über den trennenden Graben gesprungen ist, um schon einmal anzufangen, von der anderen Seite her den Graben aufzuschütten. Stellen sie sich vor, ein katholischer Bischof wäre zur Zeit der Reformation schon einmal Protestant geworden, um von der anderen Seite her die Glaubensspaltung zu überwinden. Was hätte man damals wohl zu so einer Aktion gesagt?

Ob so etwas gut gehen kann – unter dem derzeitigen Protektorat des Schlitzohrs Bergoglio?

Nun, wir erwarteten durchaus nicht, daß uns das Video mit der Wirklichkeit konfrontiert, sondern wir werden, wie zu erwarten war, darin erfahren, wie sich dieser Teil des Tradilandes eine Einigung mit der restlichen Weltkirche zusammenreimt.

Ein Rückblick Huonders

Wie das Ganze ausgehen wird, kann man jedoch schon beim anfänglichen Rückblick Huonders auf sein Leben und die „Päpste“, die währenddessen in Rom residierten, erahnen. Über Karol Wojtyla, alias Johannes Paul II. sagt er abschließend:

„Hervorheben müssen wir in diesem Zusammenhang die Initiative des Papstes zum sog. Treffen von Assisi, 27. Oktober 1986. Es war ein Gebetstreffen mit Vertretern der Weltreligionen. Für viele Gläubige wurde dieser Anlaß zu einem gewaltigen Schock. Damit verbunden war ein allgemein erheblicher Verlust an Vertrauen in die Kirchenführung und ihre Rechtgläubigkeit.“

Während Huonder sodann Joseph Ratzinger, alias Benedikt XVI., selbstverständlich als „Papst“ der „Kontinuität, jedenfalls der gewünschten Kontinuität“ sieht, – der Mythos Ratzinger steht bei ihm hoch im Kurs! – ist für ihn die Amtszeit von „Papst“ Franziskus ein „Pontifikat des Bruchs“:

Es ist ein Bruch mit der Tradition. Dies lässt sich damit begründen, dass er selber immer wieder die Tradition und die Gläubigen, welche der Tradition anhangen, maßregelt. Er nimmt andererseits Handlungen vor, die deutlich im Gegensatz zur Tradition stehen, zum Beispiel synkretistische Kulthandlungen, so etwa in Kanada.

Wie die meisten Traditionalisten hat auch Huonder erhebliche Gedächtnislücken, wenn es um die synkretistischen Kulthandlungen der Vorgänger Bergoglios geht. Er suggeriert damit, daß sein „Papst“ Franziskus es besonders schlimm treibe. Wie wir dagegen wissen und auch Huonder wissen müßte, konnte natürlich auch Joseph Ratzinger dem Geist von Assisi nicht entkommen und Wojtyla hat Huonder immerhin kurz vorher beschuldigt, daß mit dem Assisitreffen ein allgemein erheblicher Verlust an Vertrauen in die Kirchenführung und ihre Rechtgläubigkeit einherging. Was für ein Unsinn zu behaupten, Ratzinger wollte durch seine Bauernfängerei den Bruch kitten, wohingegen Bergoglio diesen erneut verschärft habe. Wir erinnern hierzu an unsere beiden Beiträge „Der getunte Ratzinger“ aus dem Jahr 2021.

Über seinen „Papst“ Franziskus beklagt sich Huonder weiter:

Mit den beiden Schreiben Traditionis custodes und Desiderio desideravi will der Papst die überlieferte römische Liturgie ausmerzen. Andererseits ist er ein ausgesprochener Förderer der sogenannten Weltreligion. Für viele Gläubige ist dies ein Stein des Anstoßes.

Schon wieder die Wahrnehmungsstörung: Waren denn Karol Wojtyla und Joseph Ratzinger keine Förderer der sogenannten Weltreligion? Führt Bergoglio nicht einfach deren Erbe fort?

Es zeigt sich unübersehbar, Huonder hat in den letzten paar Jahren in Wangs sich die Traditionalistenbrille der Piusbrüder aufsetzen lassen. Die ideologischen Scheuklappen werden schon peinlich, sobald er über Erzbischof Lefebvre zu sprechen beginnt. Er behauptet doch allen Ernstes:

Die Aufhebung der Exkommunikation der vier Weihbischöfe der FSSPX

Ebenso hat er [Papst Benedikt XVI.] die ungerechte Exkommunikation von Erzbischof Lefebvre 2009 aufgehoben. So hat er ein auf der Kirche lastendes Unrecht teilweise gutgemacht.

Das ist vollkommener Unsinn oder Piuswunschdenken! Da Erzbischof Marcel Lefebvre 1991 starb, sprach der Vatikan selbstverständlich nicht mehr über ihn und hat somit auch nicht ein auf der Kirche lastendes Unrecht teilweise gutgemacht.

Ganz im Gegenteil hat damals Joseph Ratzinger in seiner Botschaft an die Bischöfe der katholischen Kirche bezüglich der Aufhebung der Exkommunikation der vier von Erzbischof Lefebvre geweihten Bischöfe vom 10. März 2009, die wegen dem „Fall Williamson“ notwendig wurde, bekräftigt:

Die Rücknahme der Exkommunikation dient dem gleichen Ziel wie die Strafe selbst: noch einmal die vier Bischöfe zur Rückkehr einzuladen. Diese Geste war möglich, nachdem die Betroffenen ihre grundsätzliche Anerkennung des Papstes und seiner Hirtengewalt ausgesprochen hatten, wenn auch mit Vorbehalten, was den Gehorsam gegen seine Lehrautorität und gegen die des Konzils betrifft. Damit komme ich zur Unterscheidung von Person und Institution zurück. Die Lösung der Exkommunikation war eine Maßnahme im Bereich der kirchlichen Disziplin: Die Personen wurden von der Gewissenslast der schwersten Kirchenstrafe befreit. Von dieser disziplinären Ebene ist der doktrinelle Bereich zu unterscheiden. Daß die Bruderschaft Pius’ X. keine kanonische Stellung in der Kirche hat, beruht nicht eigentlich auf disziplinären, sondern auf doktrinellen Gründen. Solange die Bruderschaft keine kanonische Stellung in der Kirche hat, solange üben auch ihre Amtsträger keine rechtmäßigen Ämter in der Kirche aus.

Joseph Ratzinger hatte also ausdrücklich die Exkommunikation der vier Weihbischöfe aufgehoben, obwohl die doktrinellen Differenzen weiterbestanden, was doch ziemlich kurios und in der katholischen Kirche schlichtweg unmöglich ist. Er erklärte das folgendermaßen:

Kann es ganz falsch sein, sich um die Lösung von Verkrampfungen und Verengungen zu bemühen und dem Raum zu geben, was sich an Positivem findet und sich ins Ganze einfügen lässt? Ich habe selbst in den Jahren nach 1988 erlebt, wie sich durch die Heimkehr von vorher von Rom sich abtrennenden Gemeinschaften dort das innere Klima verändert hat; wie die Heimkehr in die große, weite und gemeinsame Kirche Einseitigkeiten überwand und Verkrampfungen löste, so dass nun daraus positive Kräfte für das Ganze wurden.

Die Erfahrung mit traditionellen Gemeinschaften, wie etwa die Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux, hatten also Ratzinger motiviert, das Wagnis einzugehen und die vier Bischöfe von der Gewissenslast der schwersten Kirchenstrafe zu befreien. Sozusagen als disziplinäres oder auch psychologisches Entgegenkommen, um die Front aufzuweichen! Dabei war sich Ratzinger durchaus bewußt, worauf er sich einließ:

Ich denke zum Beispiel an die 491 Priester. Das Geflecht ihrer Motivationen können wir nicht kennen. Aber ich denke, dass sie sich nicht für das Priestertum entschieden hätten, wenn nicht neben manchem Schiefen oder Kranken die Liebe zu Christus da gewesen wäre und der Wille, ihn und mit ihm den lebendigen Gott zu verkünden.

Gewiss, wir haben seit langem und wieder beim gegebenen Anlass viele Misstöne von Vertretern dieser Gemeinschaft gehört – Hochmut und Besserwisserei, Fixierung in Einseitigkeiten hinein usw. Dabei muss ich der Wahrheit wegen anfügen, dass ich auch eine Reihe bewegender Zeugnisse der Dankbarkeit empfangen habe, in denen eine Öffnung der Herzen spürbar wurde.

Von wegen So hat er ein auf der Kirche lastendes Unrecht teilweise gutgemacht – Ratzinger sah durchaus das Schiefe und Kranke der Gemeinschaft – Hochmut und Besserwisserei, Fixierung in Einseitigkeiten hinein usw.

Aber sollte die Großkirche nicht auch großmütig sein können im Wissen um den langen Atem, den sie hat; im Wissen um die Verheißung, die ihr gegeben ist? Sollten wir nicht wie rechte Erzieher manches Ungute auch überhören können und ruhig aus der Enge herauszuführen uns mühen?

Huonder – zur FSSPX konvertiert?

Der Traditionalismus ist somit für Joseph Ratzinger eine Verengung des Denkens – wobei er damit nicht ganz unrecht hat, betrachtet man manche Traditionalisten – aus der man sie als rechter Erzieher befreien muß.

Nimmt man all das zur Kenntnis, zeigt sich, daß sich Huonder in dem Video offensichtlich ganz die Piusscheuklappen hat anlegen lassen, ohne noch selber nachzudenken. Er selber gesteht auch offen ein, daß er durch die Kontakte mit der Piusbruderschaft, die Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte und die Vertiefung in die theologischen Fragestellungen „einen neuen Blick auf die vergangenen 70, 80 Jahre kirchlichen Lebens“ erhalten hat. Er gelangte schließlich „zu einer neuen Beurteilung der Lage des Glaubens zur Zeit des Konzils und der Zeit danach“. Dadurch sei ihm „klarer“ geworden, warum die Kirche „dort angelangt ist, wo sie zur Zeit steht“, nämlich: „Die Kirche befindet sich heute, im Jahr 2023, in einer der größten Krisen ihrer Geschichte.“

Diese „innerkirchliche Krise“ habe alle Lebensbereiche der Kirche erfaßt: „Es ist eine tiefe Glaubenskrise“. Wobei man vor die Zeit des Konzils zurückgehen müsse, will man die eigentliche Ursache erfassen.

Das Konzil hingegen und die Zeit danach wurden Ausgangspunkt für offizielle, oft stille, aber erfolgreiche Angriffe auf das vorausgehende Lehramt und auf die frühere Glaubensbasis der Kirche. Es waren Angriffe auf den überlieferten Glauben. Angestoßen wurden diese Angriffe von jenen Bischöfen und Theologen, die sich mit der Rückweisung des Modernismus nicht abfinden wollten. Ebenso wollten sie sich nicht abfinden mit der Abgrenzung der Kirche gegen bestimmte Richtungen des gesellschaftlichen Lebens. Das Ergebnis war ein oft unbemerktes, verdecktes, verschlüsseltes Abrücken von der Tradition, von der authentischen Lehre der Kirche, sowohl in den Dokumenten des Konzils wie auch in den nachfolgenden lehramtlichen Schreiben und Entscheidungen. Hier liegt die tiefere Ursache der Krise der Kirche.

Eine Retractatio

Es sei noch ein besonderes Kuriosum erwähnt. In dem Video wird dieser Abschnitt überschrieben mit: Eine Retractatio. Dabei scheint Huonder nicht wirklich zu wissen, was eine Retractatio ist, denn er spricht sodann nur über seinen neugewonnenen Blick auf die Kirche und mit keiner Silbe über sein persönliches Versagen während seiner Laufbahn in der Menschenmachwerkskirche.

Damit der Unterschied jedem Leser ins Auge springt, sei hier die Einleitung zur öffentlichen Retraktation und Wiedergutmachung von Herrn Anton M. Holzer aus dem Jahr 2003 angefügt:

Öffentliche Retraktation und Wiedergutmachung

Der Unterzeichnende erklärt in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der katholischen Moral, welche um der Gerechtigkeit und christlichen Liebe willen die öffentliche Retraktation und Wiedergutmachung im Falle öffentlicher Mitwirkung zur Verbreitung irriger Lehren bezüglich Glauben und Sitten fordert, hiermit öffentlich sein Bedauern, daß er durch langjährige aktive Teilnahme an Gottesdiensten der Priesterbruderschaft St. Pius X. (= FSSPX) und zeitweilige Übernahme gewisser Aufgaben (wie Schola, Sakristan, Bücherstand, Kassenbuchführung u.a.) jahrelang katholischen Gläubigen - zwar ohne es zu wollen, aber es infolge seines Stillhaltens auch nicht verhindernd - wider besseres Wissen und Gewissen - objektiv Anlaß dazu gegeben hat zu glauben, die offizielle Position (Lehre und Praxis) der FSSPX sei dem wahren katholischen Glauben gemäß, und daß er dadurch einer mit dem katholischen Glauben nicht vereinbaren, verderblichen Mentalität Vorschub geleistet hat, namentlich in folgenden Punkten…

Wir übersetzen dies einmal passend für die Person Huonders:

„Der Unterzeichnende erklärt in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der katholischen Moral, welche um der Gerechtigkeit und christlichen Liebe willen die öffentliche Retraktation und Wiedergutmachung im Falle öffentlicher Mitwirkung zur Verbreitung irriger Lehren bezüglich Glauben und Sitten fordert, hiermit öffentlich sein Bedauern, daß er durch langjährige Abhaltung von glaubenswidrigen und ungültigen Gottesdiensten in der Menschenmachwerkskirche und die Übernahme von führenden Aufgaben, bis hin zum „Bischofs“amt, jahrelang katholischen Gläubigen – zwar ohne es zu wollen, aber es infolge seines Stillhaltens auch nicht verhindernd – wider besseres Wissen und Gewissen – objektiv Anlaß dazu gegeben hat zu glauben, die offizielle Position (Lehre und Praxis) der Menschenmachwerkskirche sei dem wahren katholischen Glauben gemäß, und daß er dadurch einer mit dem katholischen Glauben nicht vereinbaren, verderblichen Mentalität Vorschub geleistet hat. Besonders bedauert der Unterzeichnende seine jahrzehntelange Weigerung, sich über die Frage der Gültigkeit der neuen Weiheriten hinreichend zu informieren, so daß er deren Ungültigkeit hätte leicht erkennen können, woraus ein unermeßlicher Schaden für die Seelen entstanden ist.“

Mit solchen Worten hätte eine Retraktation beginnen müssen. Huonder macht genau besehen gar keine Retraktation für seine Person, sondern für die Kirche! Was für ein Kuriosum!!!

Von Chur nach Wangs

Auch wenn wir es in unseren letzten Artikeln schon mehrmals hervorgehoben haben, so ist es nicht unangebracht, es hier wiederum zu wiederholen: Das sagt Vitus Huonder im Jahr 2013: „…ein oft unbemerktes, verdecktes, verschlüsseltes Abrücken von der Tradition…“ Um die Revolution der letzten Jahrzehnte als ein oft unbemerktes, verdecktes, verschlüsseltes Abrücken von der Tradition zu empfinden, muß man schon ein unverbesserlicher Modernist sein. Denn vernünftig ist das Urteil nicht mehr, außer man schaut nicht mehr über den Tellerrand der Piusbrüder hinaus. Huonder hat offensichtlich den Kanton Chur gegen das Haus Sancta Maria in Wangs eingetauscht, die Piusbrille hat seinen Kantönchen-Horizont noch erheblich schrumpfen lassen.

Obiger Satz geht noch weiter: „… sowohl in den Dokumenten des Konzils wie auch in den nachfolgenden lehramtlichen Schreiben und Entscheidungen. Hier liegt die tiefere Ursache der Krise der Kirche.“ Und was folgt dann? Etwa eine theologische Aufarbeitung darüber, ob so etwas überhaupt möglich ist? Kann die Kirche so einfach sowohl in den Dokumenten des Konzils wie auch in den nachfolgenden lehramtlichen Schreiben und Entscheidungen den katholischen Glauben verraten, wo sie doch unfehlbar ist, weshalb der hl. Pius X., den Huonder hätte besser studieren sollen anstatt Lefebvre, erklärt:

„Das erste und bedeutsamste Kriterium des Glaubens, die oberste und unerschütterliche Richtschnur der Rechtgläubigkeit ist der Gehorsam gegenüber dem immerzu lebendigen und unfehlbaren Lehramt der Kirche, die von Christus als ‚columna et firmamentum veritatis‘, als ‚Säule und Grundfeste der Wahrheit‘ eingerichtet wurde.“

(Ansprache „Con vera soddisfazione“ an Studenten, am 10. Mai 1909, EPS/E n.716)

Eine Laudatio auf Lefebvre

Bei Huonder hört sich das ganz ganz anders an. Als er den Beweggrund für den Widerstand von Bischof Lefebvre gegen Rom darlegt, gipfeln seine Aussagen in der Feststellung:

Denn die Bruderschaft ist im gewissen Sinn ein Kind dieser Krise. Sie ist es insofern, als ihr Gründer mit der Einrichtung dieser Institution der Krise begegnen und der Kirche damit beistehen wollte. Ihm war es vor allem am Glauben der Kirche gelegen. Ihm war es an den verunsicherten und verlassenen Gläubigen gelegen. Im Anschluss an die Entwicklung nach dem 2. Vatikanischen Konzil wurden viele Menschen Schafe ohne Hirten. Der Grund zum Handeln war für den Erzbischof in erster Linie das Heil der Seelen. Ebenso der Erhaltung der Reinheit des Glaubens. Denn der Glaube ist der Weg zum Heil. Er darf darum nicht verfälscht werden.

Das ist freilich nicht die Wahrheit, sondern der Piusmythos über ihren Gründer Marcel Lefebvre, ihren Athanasius des 20. Jahrhunderts. Was heißt übrigens nach dem 2. Vatikanischen Konzil wurden viele Menschen Schafe ohne Hirten? Ist denn nach dem sog. 2. Vatikanum doch auf einmal die hirtenlose Zeit, die Zeit ohne Papst und Bischöfe angebrochen? Denn die Pfarrer allein konnten doch ganz gewiß nicht für diesen massenhaften Glaubensabfall verantwortlich gemacht werden.

War der Grund für das Handeln Lefebvres tatsächlich in erster Linie das Heil der Seelen? Oder galt für ihn nicht vielmehr der Grundsatz: Alles ist gut, was der Bruderschaft nützt?

Huonder fährt weiter: „Von diesem Grundsatz aus – Denn der Glaube ist der Weg zum Heil. Er darf darum nicht verfälscht werden. – muß die Bruderschaft und ihr Gründer betrachtet und beurteilt werden.“

Hätte er das nur getan! Aber nein, Vitus Huonder beurteilt nicht die FSSPX von der katholischen Glaubenslehre aus, sondern er selber „bekehrt“ sich zum fundamentalen Irrtum der Piusbrüder, dem „Lefebvrismus“!

Um die Bekehrung des Papstes beten!?!

Das Video abschließend werden zwei Texte von Erzbischof Lefebvre gezeigt, die eindeutig das Grundprinzip des Lefebvrismus formulieren, das „recognize and resist“, das erkenne und widerstehe, wie es die Amerikaner so prägnant und treffend benennen. Huonder verkehrt damit das kirchliche Lehramt zum Leeramt, d.h. er macht seinen „Papst“ zum Schulbuben indem er Petrus die Schlüssel wegnimmt und ihm dafür die Schultasche umhängt.

Zunächst wird der Standardsatz der Lefebvristen bezüglich des „Konzils“ – nicht nur von ihm gesprochen, sondern geschrieben: „Ich akzeptiere die Dokumente des Konzils, die im Sinne der Tradition interpretiert werden.“

Huonder geht selbstverständlich mit keinem Wort auf die daraus unmittelbar folgende und entscheidende Frage ein: Wer denn fortan die Interpretationshoheit hat, wenn es Differenzen gibt, und die gibt es zu genüge! Er ist ja nicht mehr einfach ein konservativer Modernist, sondern überzeugter Lefebvrist geworden. Diese sind felsenfest davon überzeugt, daß nunmehr sie die Schlüssel des Petrus innehaben. Wie es die Piusoberen ihren Leuten die letzten Jahrzehnte wieder und wieder eingeschärft haben: Wir haben die Tradition!

Sodann behauptet Vitus Huonder tatsächlich:

Auch die Haltung des Erzbischofs dem Stuhl Petri und dem Stellvertreter Christi gegenüber ist korrekt. So sagt er z.B.:

„Es steht fest, dass der Papst von liberalen Ideen durchdrungen ist […] Wenn es auch aufgrund dieses sicheren Tatbestandes untersagt ist, ihm zu folgen, wenn er in Einklang mit diesen Irrtümern handelt und spricht, so darf uns das jedoch nicht zu Ehrfurchtslosigkeit oder Geringschätzung verleiten. Dies aus Achtung vor dem Stuhl Petri, den er innehat. Wir müssen für ihn beten, damit er einzig und allein die Wahrheit bekräftigt und ausschließlich an der Errichtung der Herrschaft unseres Herrn Jesus Christus arbeitet.“

Man ist jedesmal erneut verblüfft, so etwas zu hören – ohne mit der Wimper zu zucken sagt er das. Kann denn ein echter Katholik allen Ernstes so etwas sagen? Nein, er kann es nicht! Warum nicht? Weil er damit kundgibt, daß er kein Katholik mehr ist. Warum dies? Weil er damit zugleich sagt, es reicht, um den Papst als Papst anzuerkennen, wenn man nett zu ihm ist! Man muß sich das in aller Ruhe vor Augen stellen, es heißt in dem Text: Es ist uns untersagt (!!!), ihm zu folgen, also ihm Glaubensgehorsam zu schenken – aber das darf uns nicht zu Ehrfurchtslosigkeit oder Geringschätzung verleiten. Es hilft alles nichts, wir müssen halt für seine Bekehrung beten. Was für ein bodenloser Unsinn!

Liturgiewechsel

Kommen wir abschließend noch kurz auf die Liturgie zu sprechen. Der ehemalige „Bischof“ von Chur, der bis zum im Mai 2019 selbstverständlich im Neuen Ritus Montinis zelebriert und dabei sicherlich eine ganz Reihe von Ehrfurchtslosigkeiten hat über sich ergehen lassen, erwähnt all das mit keinem Wort. Genauso selbstverständlich hat er auch die Sakramente der Firmung und Priesterweihe im neuen Ritus und ungültig gespendet, weil er selber kein gültig geweihter Priester und Bischof ist. Aber kein Wort von Sühne und Wiedergutmachung! Keinerlei Zeichen von Reue und Zerknirschung! Sondern nur, wie es damals in einer gemeinsamen Mitteilung mit dem Generaloberen der Piusbrüder hieß: „Absicht und Zweck dieses Schrittes bestehen allein darin, sich dem Gebet und dem Schweigen zu widmen, ausschließlich die traditionelle Messe zu feiern und für die Tradition zu wirken, worin er das einzige Mittel zur Erneuerung der Kirche erkennt.“

Das mit dem Gebet und dem Schweigen scheint recht schnell in den Hintergrund gedrängt worden zu sein, Huonder will auch für die „Tradition“ wirken und zwar, wie wir von ihm erfahren haben, für die Tradition der Piusbrüder nicht der katholischen Kirche.

Uns erscheint es recht merkwürdig, wie ein Mann von heute auf morgen einfach den Ritus wechseln kann wie ein Hemd. Gestern noch Neue Messe, ab heute nur noch „traditionelle“ Messe?! Was ist eigentlich eine „traditionelle“ Messe? Wir kennen nur den römischen Ritus, der seit dem hl. Pius V. ununterbrochen in der westlichen Kirche im Gebrauch ist.

Aus der Distanz und seinem gesicherten Ruhestand heraus, gelangt Huonder jedenfalls zu der Einsicht: Mit der Liturgiereform „begann der große Leidensweg der Kirche.“ Und nochmals: „…begann der große, von innen verursachte Leidensweg der Kirche“, der bis heute andauere. Uns war bisher nicht bekannt, daß die hl. Kirche an ihrer Liturgie leiden kann. Denn immerhin wurde diese Liturgie von „Papst“ Paul VI. der ganzen Weltkirche geradezu aufgezwungen. Huonder weiter: „In den vergangenen Jahrzehnten hat nichts so sehr zur Auflösung der Einheit der Kirche geführt wie der neue liturgische Ordo.“

Ebenfalls ein recht merkwürdiger Satz für jemanden, der Paul VI. für einen legitimen Papst seiner Kirche hält. Wie kann ein kirchlicher Ritus die Einheit der Kirche auflösen? Ja, kann die Einheit der Kirche überhaupt aufgelöst werden? Kommt nicht zuerst der Glaube und dann erst die Liturgie, kam nicht zuerst das sog. 2. Vatikanum und dann erst die „Erneuerung“ aller sakramentaler Riten, zielsicher angefangen beim Ritus der Bischofsweihe?

Es ist auffällig: Im Laufe des Videos verfängt sich der Schweizer Eidgenosse in immer mehr theologisch unsaubere Aussagen, die er wohl bei den Piusbrüdern gelernt hat, welche es mit der Lehre der Kirche nicht besonders genau nehmen, sondern sich diese jeweils so zurechtbiegen, wie sie meinen, sie brauchen zu können. Das Video ist letztlich ein Armutszeugnis für „Bischof“ Huonder! Ob das an seiner modernistischen Ausbildung so kurz nach den „Konzil“ liegt? Und bei den Piusbrüdern wird man natürlich nicht katholisch, da wird man Lefebvrist, das ist also wie Pest und Cholera…

Nach so viel theologischem Unsinn, brauchen Sie, verehrte Leser, wohl dringend eine Erholung. Fügen wir zwei Stellen aus der öffentlichen Retraktation und Wiedergutmachung von Anton M. Holzer an, die dieser im August 2003 verfaßte und die Huonder besser gelesen hätte, ehe er sich mit seiner merkwürdigen „Retractation“ an die Öffentlichkeit wagte:

Pius IX.:

„Wie alle Begünstiger der Häresie und des Schismas rühmen sie sich fälschlich, den alten katholischen Glauben bewahrt zu haben, während sie doch gerade das Hauptfundament des Glaubens und der katholischen Lehre umstürzen.

Sie anerkennen sehr wohl in der Schrift und in der Tradition die Quelle der göttlichen Offenbarung; aber sie weigern sich, das allzeit lebendige Lehramt der Kirche zu hören, obwohl es sich doch klar aus der Schrift und Tradition ergibt und von Gott eingesetzt ist als ständiger Hüter der unfehlbaren Darlegung und Erklärung der durch diese Quellen überlieferten Dogmen. Demzufolge erheben sie sich - mit ihrem falschen und beschränkten Wissen, unabhängig und sogar im Gegensatz zur Autorität dieses von Gott eingesetzten Lehramtes,- ihrerseits selbst zu Richtern über die in diesen Quellen der Offenbarung enthaltenen Dogmen.

Tun sie denn etwas anderes, wenn sie in bezug auf ein von uns mit der Approbation des hl. Konzils definierten Glaubensdogma leugnen, daß dies eine von Gott geoffenbarte Wahrheit ist, die eine Zustimmung katholischen Glaubens verlangt, ganz einfach deswegen, weil sich dieses Dogma ihrer Ansicht nach nicht in der Schrift und in der Tradition findet?

Als ob es nicht eine Ordnung im Glauben gäbe, die von unserem Erlöser in seiner Kirche eingerichtet und immer bewahrt worden wäre, wonach die Definition eines Dogmas selbst für sich allein schon als ein hinreichender, sehr sicherer und für alle Gläubigen geeigneter Beweis dafür gehalten werden muß, daß die definierte Lehre in der doppelten, nämlich der schriftlichen und der mündlichen, Glaubenshinterlage enthalten ist.

Das ist im übrigen der Grund dafür, daß solche dogmatischen Definitionen immer eine unveränderliche Regel für den katholischen Glauben und die katholische Theologie gewesen sind und es notwendigerweise sind, der die sehr vornehme Sendung zukommt, zu zeigen, wie die Lehre in eben dem Sinn der Definition in der Offenbarungshinterlage enthalten ist.“ (Brief „Inter gravissimas“ vom 28. Oktober 1870 an die Bischofskonferenz von Fulda. In: Les Enseignements Pontificaux, présentés par les moines de Solesmes. Recueil sur L‘Eglise (= EPS/E) , 2 vols, Desclée & Cie, Tournai 1959, nn. 374 -375) (Anmerkung: was Pius IX. hier direkt nur von den feierlichen Urteilen eines Konzils verurteilt, weil gerade diese damals in Frage gestellt wurden, gilt genau so von den ex-cathedra-Erklärungen der Päpste und den einmütig vorgetragenen Lehren des allgemeinen ordentlichen Lehramtes.)

Pius XII.:

„Obwohl doch dieses heilige Lehramt der Kirche in Dingen des Glaubens und der Sitten für jeden Theologen die nächste und allgemeine Richtschnur sein muß - denn ihm wurde von Christus dem Herrn die Aufgabe anvertraut, die gesamte Glaubenshinterlage, die Hl. Schrift und die göttliche ‚Überlieferung‘, zu bewahren, zu schützen und zu erklären, so wird dennoch die bindende Pflicht der Gläubigen, auch die Irrtümer zu meiden, die der Häresie mehr oder weniger nahekommen, und deshalb „auch die Bestimmungen und Erlasse zu befolgen, in denen solche verkehrten Meinungen vom Hl. Stuhl verworfen und verboten sind (CIC can. 1324; vgl. Vat. I, DS 3045) zuweilen dermaßen ignoriert, als ob sie gar nicht bestünde… (Enzyklika „Humani generis“ vom 12. August 1950; lat. Text in: M.-M. Labourdette, Foi catholique et problèmes modernes, Desclée 1953, S. 30, n. 18)

Der Einleitungstext von Herrn Anton Holzer zu seiner öffentlichen Retraktation und Wiedergutmachung endet so:

Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von diesen Irrtümern; außerdem bedauere ich, daß ich in diesen Punkten durch das schlechte Beispiel meines inkonsequenten, mit meiner besseren Erkenntnis nicht übereinstimmenden, falschen Verhaltens grundsätzlich an der Irreführung meiner Glaubensbrüder, an der Entstehung oder Aufrechterhaltung einer unkatholischen Mentalität objektiv mitschuldig und für sie so ein Stein des Anstoßes bzw. objektiver Sünde geworden sind, und daß an meinem falschen Verhalten mancher auch tatsächlich Ärgernis genommen hat und sich zur Rechtfertigung - sozusagen als Alibi - für eigenes inkonsequentes Verhalten darauf berufen konnte. Alle, denen ich dadurch Ärgernis gegeben habe, bitte ich um Verzeihung. Künftig werde ich - den Grundsätzen der katholischen Sittenlehre gemäß - den Gottesdiensten der FSSPX, welche solche Irrtümer in Predigt und Schrifttum öffentlich vertritt und verbreitet, (außer in unvermeidlichen Fällen) fernbleiben - um der Reinheit des Glaubens willen und um kein Ärgernis mehr zu geben. Für nähere Erklärungen und Begründungen über die unten angeführten Äußerungen des Lehramts hinaus stehe ich gerne zur Verfügung.

Im August 2003
Anton M. Holzer