Eigentlich weiß jeder Katholik, daß es in der Welt keinen wahren Trost gibt, sondern höchstens ein Ver-trösten. Denn mit was sollte die Welt einen dauernden und damit wahren Trost spenden? Die Welt mit all ihrer Pracht vergeht oder wie es der hl. Apostel Johannes in seinem ersten Brief schreibt: „Doch die Welt vergeht samt ihrer Begierde, wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“ (1 Joh 2, 17).
Diese Hoffnung auf ein ewiges Leben ist nun ebenfalls für einen Katholiken nicht nur ein frommer Wunsch, sondern eine Glaubensgewißheit, also eine von Gott bezeugte und verbürgte Wahrheit. Unser Glaube ist nämlich ein österlicher Glaube, d.h. ein Auferstehungsglaube. In der Osternacht geschieht das österliche Wunder: Unser Herr Jesus Christus erweckt seinen Leichnam zu neuem Leben und ersteht als glorreicher Sieger über den Tod aus dem Grab. Er ist als Sieger am Kreuz gestorben und sodann in die Unterwelt hinabgestiegen, ins Reich der Väter. Diese haben z.T. schon Jahrhunderte gewartet – insofern man in dieser jenseitigen Welt von Zeit sprechen kann – nun verkündet ihnen der Herr die Erlösung. Er erscheint ihnen in Seiner Würde als ihr Erlöser, der dieses Wunderwerk vollbracht hat.
Der Tod hat fürder keine Gewalt mehr, dessen Macht ist zerbrochen durch Seine Sühne am Kreuz. Der Schuldschein war nun ein für allemal zerrissen. Der Teufel hatte seinen Anspruch eingebüßt – was für eine gewaltige Tat des göttlichen Dulders und ewigen Hohepriesters!
Es ist eine der tröstlichsten Wahrheiten für uns sündige Menschen: Er hat all unsere Sünden, die Sünden aller Menschen und aller Zeiten sühnend auf sich genommen und durch Sein gottmenschliches Opferblut ausgelöscht. Durch dieses Sein Opfer war Gottes Gerechtigkeit versöhnt – Seiner Barmherzigkeit stand somit der Weg offen. Wenn die Menschen nur wollen, können alle gerettet werden. Niemand muß Angst haben, daß für ihn die Gnade nicht ausreicht. Aber der Mensch muß an Jesus Christus glauben und sich retten lassen wollen.
Der ewige Hohepriester steigt ins Totenreich hinab, natürlich kann Ihn, der DAS LEBEN ist – ewiges, unendlich reiches, allmächtiges, göttliches Leben! – der Tod nicht festhalten. Er ist auch Herr über Leben und Tod, wie könnte es anders sein, wenn Er wahrer Gott ist.
Um uns aber diese Wahrheit sichtbar vor Augen zu stellen, feiert Er Auferstehung mit uns. Seine hl. Kirche besingt, bejubelt Ihn soweit es nur irgendwie geht.
O wahrhaft selige Nacht…
In der Osternacht geschieht es: Sein zerschundener Leichnam liegt im Grab, den schon der Prophet Isaias beschreibt: „Vom Fuß bis zum Scheitel ist nichts daran heil – nur Beulen, Striemen und frische Wunden. Man hat sie nicht ausgedrückt, nicht verbunden, nicht gelindert mit Öl“ (Is. 1, 6). Es ist nach dem furchtbaren Leiden des Gottesknechtes eine unheimliche Ruhe in diesem Grab. Da kommt plötzlich Leben in den Leichnam, zu einer Zeit, die nur diese Nacht kennt, wie es im Exsultet besungen wird: „O wahrhaft selige Nacht, du allein durftest Zeit und Stunde kennen, da Christus von den Toden erstand!“ Aber nicht nur das, eine wunderbare Verklärung geschieht am Körper Christi, so daß er heller strahlt als tausend Sonnen und einfach das Grab verläßt, ohne den Stein wegwälzen zu müssen.
So sieht ewiges Leben aus! Schauen wir uns den Auferstandenen genau an, damit wir sehen, wie ewiges Leben aussieht. Er verläßt einfach das Grab, um zu den Seinen zu gehen – ganz sicher zunächst zu Seiner heiligsten Mutter.
Auch zu uns will Er kommen, um uns die Osterfreude zu schenken.
Wie ist das: Haben wir Sehnsucht nach der Auferstehung, nach ewigem Leben? Brennt es in uns, aufgelöst zu werden, um ewig bei Jesus zu sein? Eigentlich sollte diese Freude uns immer mehr erfüllen. Sie sollte übersprudeln und zu einem rechten Osterjubel werden.
Die österlichen Freudengesänge des hl. Johannes von Damaskus
In der Liturgie der Osterkirche ist dieser Osterjubel sozusagen in den Texten eingefangen: „Christus erstand von den Toten, nachdem er durch den Tod vernichtet den Tod, den in den Grüften Ruhenden geschenket das Leben“, so singt der Priester am Ostersonntag.(Alle folgenden Texte sind genommen aus: Osterjubel der Ostkirche, Erster Teil des Pentekostarion, Regensbergsche Verlagsbuchhandlung, Münster (Westf.)) Im Osterkanon des Johannes von Damaskus wird der Osterjubel in mehreren Oden, also Freudengesängen laut.In der ersten Ode singt der Priester:
Der Auferstehung Tag, Licht werden lasset uns, Völker. Das Pascha des Herrn, das Pascha. Denn vom Tode zum Leben und von der Erde zum Himmel führte uns Christus, der Gott, und wir singen ein Siegeslied. Reinigen laßt uns die Sinne und schauen werden wir Christus, wie er hervorblitzt in der Auferstehung unzugänglichem Lichte. Und ihn, der „Freuet euch“ sagt, werden deutlich wir hören, und wir singen ein Siegeslied. Geziemend sollen jubeln die Himmel, soll jauchzen die Erde, soll Feste feiern die Welt, jede sichtbare, unsichtbare. Denn auferstanden ist Christus, die ewige Freude.
Wir sollen schauen, sollen betrachten, sollen bewundern und bestaunen den Auferstandenen und uns in einer echten Osterfreude freuen: Geziemend sollen jubeln die Himmel, soll jauchzen die Erde, soll Feste feiern die Welt, jede sichtbare, unsichtbare. Denn auferstanden ist Christus, die ewige Freude.
Je trostloser es in unserer Welt wird, desto mehr müssen wir auf Ihn schauen, der uns die ewige Freude schenken möchte. Er ist für uns in den Tod gegangen und für uns von den Toden auferstanden, damit wir das ewige Leben erben und an Seine Erlösung glauben können.
Aber ist uns dieses ewige Leben, das wir doch insgeheim erwarten und erhoffen, anderseits nicht recht fremd? In seiner dritten Ode jubelt Johannes von Damaskus:
Wohlan, neuen Trank lasset uns trinken, nicht Wundertrank aus dürrem Felsen [wie Moses den Israeliten aus dem Felsen, der Christus ist, zu trinken gab], nein, der aus dem Grabe Christi strömenden Unvergänglichkeit Born, in welchem Kraft wir erlangen. Alles ist jetzt mit Lichte erfüllt, Himmel und Erde und Unterwelt. So soll denn alle Schöpfung feiern Christi Erweckung, in der sie Bestand hat gefunden. Gestern wurde ich, Christus, begraben mit dir. Heute werde erweckt ich mit dir, der erstand. Gestern ward ich gekreuzigt mit dir. Du selbst laß deiner Herrlichkeit in deinem Reiche, Erretter, teilhaft mich sein.
Es geht um mein ewiges Leben, es geht um meine Erlösung von der Macht der Sünde und des Teufels, es geht darum, den neuen Trank zu trinken, der aus dem Born der Unvergänglichkeit stammt und den uns Jesus Christus in jeder hl. Messe darreicht. Jeder muß in tiefer Reue über seine Sünden mit Christus begraben werden, damit er auch mit Ihm auferstehen kann zu einem neuen Leben, einem Leben ganz aus der göttlichen Gnade, die Er uns durch Sein Sühneleiden so bitter verdient hat. Aber nunmehr dürfen wir vertrauensvoll Ihn bitten: Du selbst laß deiner Herrlichkeit in deinem Reiche, Erretter, teilhaft mich sein.
Hypakoë
In einer sog. Hypakoë wird in der östlichen Liturgie die Osterbotschaft des hl. Evangeliums zusammengefaßt:
Dem Morgengrauen eilten die Frauen um Maria voraus, durften schauen den Stein, der weggewälzt war vom Grab. Aus Engelsmunde durften die Kunde sie hören: ihn, der wohnet in ewigem Lichte, was suchet als Menschen ihr ihn unter Toten? Die Grabtücher schauet. Laufet und kündet der Welt, daß erstanden der Herr, nachdem er getötet den Tod. Denn der Sohn Gottes ist er, der errettet der Menschen Geschlecht.
Das ist der Kern unseres Osterevangeliums: Nachdem Er den Tod getötet hat, ist unser Herr Jesus Christus aus dem Grabe erstanden, denn der Sohn Gottes ist er, der errettet der Menschen Geschlecht.
Nur weil Er Gottes Sohn ist, konnte Er dieses Wunder wirken. Nur weil Er der HERR über DAS LEBEN ist, konnte Er uns Todgeweihten das Leben zurückgeben, so daß wir den zweiten Tod nicht mehr zu fürchten brauchen. Nunmehr sind wir wieder in unser ewiges Erbteil eingesetzt, wie der hl. Paulus bezeugt: „Sind wir aber Kinder, so auch Erben: Erben Gottes und Miterben Christi. Nur müssen wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden.“
Wir sollten es wahrlich nicht vergessen – und das Osterfest ruft es uns laut in Erinnerung – unser katholischer Glaube ist ein Osterglaube. Es ist ein Glaube voller ernster Zuversicht, so könnte man treffend gemäß dem hl. Paulus unseren Osterglauben beschreiben, denn wir müssen mit Ihm leiden, um mit Ihm auch verherrlicht zu werden. Was für eine gewaltige Botschaft in unserer Menschenwelt, in unserer vom Tode gezeichneten Menschenwelt: Jesus lebt – und mit Ihm auch ich!
Das ist die Osterbotschaft. Das Leben hat über den Tod gesiegt, Jesus hat über den Tod gesiegt, weil Er das göttliche Leben ist. Er ist für uns in die Arena des Leidens getreten und hat Sein gottmenschliches Leben für uns eingesetzt: „Eine größere Liebe hat niemand, als wer sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Joh 15, 13). Unser göttlicher Lehrmeister hat diese Worte nicht nur gesprochen, Er hat sie gelebt.
Versuchen wir dieses Wunder etwas zu erahnen. Hierzu sollen uns ebenfalls einige Texte aus der östlichen Liturgie helfen.
Das Auferstehungssticheron
Am Donnerstag in der Osterwoche heißt es in dem sog. Auferstehungssticheron [Hymne] zu Psalm 148 ff:
Herr, als das Grab von den Gesetzesverächtern versiegelt, tratst du hervor aus der Gruft, wie du als Kind aus der Gottesmutter hervorgingst. Nicht wußten, wie du annahmst das Fleisch, die leiblosen Engel. Nicht wußten, wann du erstandest, die dich bewachenden Krieger. Denn beides ist versiegelt den Forschenden. Erschlossen sind denen die Wunder, die das Geheimnis gläubig verehren. Uns, die es besingen in Hymnen, vergilt mit Frohlocken und mit dem großen Erbarmen.
Nicht dem neugierig forschenden Blick des auf sein Wissen so sehr eingebildeten Menschen offenbart sich das österliche Geheimnis, sondern: Erschlossen sind denen die Wunder, die das Geheimnis gläubig verehren. Zu diesen wollen auch wir gehören. Gläubig wollen wir das Geheimnis dieser Nacht verehren – von der es in unserem Exsultet heißt: O wunderbare Herablassung Deiner Güte zu uns! O unschätzbarer Erweis der Liebe: den Knecht zu erlösen, gabst Du hin den Sohn! – damit sich uns dieses Wunder mehr und mehr erschließt. Der Priester der Ostkirche singt weiter:
Herr, die ewigen Riegel zermalmtest du. Die Fesseln zerrissest du und standest auf aus dem Grab, deine Grabtücher lassend, zum Zeugnis, daß du in Wahrheit drei Tage lägest im Grab. Nach Galiläa gingst du voraus, der in der Gruft du wurdest bewacht. Groß ist dein Erbarmen, unbegreiflicher Retter, erbarme dich unser.
Alles Tun Jesu Christi ist Heilstat. Am tiefsten offenbart sich dies freilich in Seinem hl. Leiden und Sterben am Kreuz. In diesem Opfer nimmt Er sühnend all unsere Sünden auf sich. In Seiner Liebe aber zermalmt Er die ewigen Riegel und zerreißt die Sündenfesseln, durch die wir vom Teufel gebunden waren und leider immer noch sind. Dennoch brauchen wir nicht zu verzagen, denn: Groß ist dein Erbarmen, unbegreiflicher Retter, erbarme dich unser.
Wie tröstlich ist dieses Wissen, Er, der Auferstandene ist unser unbegreiflicher Retter und der Allerbarmer. Wenn doch die Menschen nur zu Ihm fliehen würden anstatt von Ihm und vor Ihm zu fliehen! In der östlichen Liturgie folgt der Priester in seinen Gesängen dem Bericht des hl. Evangelium:
Herr, die Frauen liefen zum Grabmal, um dich zu schauen, den Christus, der gelitten für uns. Da sie hintraten, fanden den Engel sie, auf dem Steine sitzend, der zu ihrem Schrecken weggewälzt war. Und er sprach zu ihnen die Worte: Der Herr ist erstanden. Sagt es den Jüngern. Erstanden ist von den Toten unserer Seelen Erretter. Herr, wie du hervortratst aus dem versiegelten Grab, so gingst du auch bei verschlossenen Türen zu deinen Jüngern, zeigend ihnen die Leiden des Leibes, die in deiner Langmut du auf dich nahmst, Retter. Da du aus David entsprossen, hast du Wunden getragen. Doch als Gottes Sohn hast die Welt du befreit. Groß ist dein Erbarmen, unbegreiflicher Retter, Erbarmer und Erretter sei uns.
Er ist unserer Auferstehung Quelle
Muß man da nicht Vertrauen fassen zu unserem Seelen-Erretter?! Darum bist Du, o Herr, in unsere Menschenwelt als Mensch gekommen, daß Du, aus David entsprossen, unsere Wunden tragen konntest, um uns zugleich als Sohn Gottes zu befreien aus den Skalvenjoch der Sünde und des Teufels.
Stiegst du auch hernieder zum Grabe, Unsterblicher, so vernichtetest du doch des Hades [der Unterwelt] Gewalt. Und als Sieger erstandest du wieder, Christus, o Gott, sagend den salbentragenden Frauen „Freuet euch“ und deinen Aposteln gebend den Frieden, Auferstehung den Gefallenen reichend. Mit dem Leibe warst du im Grab, mit der Seele im Hades als Gott, warst im Paradies mit dem Räuber, auf dem Throne, Christus, mit Vater und Geist, alles erfüllend, selbst unumgrenzt. Als lebenbringend, über das Paradies erhaben an Schönheit, als in Wahrheit glänzender als jedes Königsgemach erwies sich, Christus, dein Grab, das unserer Auferstehung Quelle ist.
Was für wunderschöne Gedanken, was für abgrundtiefe Wahrheiten, was für tröstliche Worte! Wenn wir sie erwägen, steht der Sieger vor uns, voll strahlender Schönheit und überirdischem Glanz. Es ist wahr: Er ist unserer Auferstehung Quelle. Am Jakobsbrunnen sagte Jesus zu Samariterin: „Wenn du die Gabe Gottes kenntest und den, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, so hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.“
Und als die Frau Ihm entgegnet: „Herr, du hast keinen Eimer, und der Brunnen ist tief. Woher nimmst du denn das lebendige Wasser? Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, er, seine Söhne und seine Herden?“ entgegnet ihr Jesus: „Jeden, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht mehr dürsten. Vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle Wassers, das fortströmt ins ewige Leben“ (Joh. 4, 10-14).
Ist das nicht ein wunderschönes Bild: Jeder, der glaubt, Jesus Christus ist auferstanden, Er ist also wahrhaft der Sohn Gottes und unser Erlöser, wird zu einer Quelle Wassers, das fortströmt ins ewige Leben. Man muß es sich mehrmals langsam und leise vorsagen, damit es im Herzen zu leuchten beginnt: „…fortströmt ins ewige Leben.“
Jubel auf die Gottesmutter
Natürlich gedenkt die östliche Liturgie auch der Gottesmutter bei ihrem Osterjubel, in sog. Theotokion, also Jubel auf die Gottesgebärerin, wendet sie sich an Maria:
Des Höchsten geweihtes und heiliges Zelt, Freude dir. Denn durch dich ist verliehen die Freude, Gottesmutter, denen, die rufen: Du bist gebenedeit unter den Weibern, untadlige Herrin.
Wer könnte den auferstandenen Herrn preisen, ohne zugleich der Gottesmutter zu gedenken und ihr zuzurufen: Du bist gebenedeit unter den Weibern, untadlige Herrin? Letztlich kommt uns die Osterfreude durch Maria zu, denn sie, die untadelige, reinste, ohne Makel der Erbsünde Empfangene hat uns den Herrn geboren und uns den Erlöser geschenkt.
Die weltverändernde Wundernacht
Unzweifelhaft ist der Herr nach Seiner Auferstehung zunächst Seiner Mutter erschienen, um ihr die Osterfreude zu bringen. Weil diese Freude wohl unfaßbar und deswegen mit Worten nicht zu beschreiben ist, schweigen die Evangelien darüber.
Wie in unserer westlichen Liturgie erinnert auch die östliche Liturgie an die großen Vorbilder aus dem Alten Testament. In der Siebenten Ode heißt es etwa:
Der die Jünglinge aus dem Feuer befreite, wurde ein Mensch und leidet als Sterblicher. Und durch sein Leiden umkleidet das Sterbliche er mit der Unverweslichkeit Würde, er, der Gott der Väter, gepriesen und über alles verherrlicht allein. Mit den Salben liefen dir nach die gottbegeisterten Frauen. Vor dem lebendigen Gott, den sie als Sterblichen suchten mit Tränen, fielen freudig sie nieder und das mystische Pascha taten, Christus, deinen Jüngern sie kund.
Die Osternacht ist die Wundernacht, die unsere Welt verwandelt. Wie die drei Jünglinge, die in den Feuerofen geworfen wurden, durch die Allmacht Gottes vor dessen Flammen und vom Tod errettet wurden, wurde auch Christus in Leiden geworfen, aber in der Auferstehung errettet vom Tod. Den gottbegeisterten Frauen erschien zum Trost unser Herr. Sie aber fielen freudig nieder vor IHM und bezeugten das mystische Pascha – das Geheimnis des Auferstandenen – sie taten Christus den Jüngern kund. Alle Welt sollte es erfahren: Jesus lebt – und mit IHM auch ich!
Des Todes Tötung, des Hades Vernichtung begehen wir festlich, eines neuen, des ewigen Lebens Beginn, und tanzend besingen in Hymnen wir den, dem es zu danken, ihn, den Gott der Väter, gepriesen und über alles verherrlicht allein. Wie heilig fürwahr, wie allgefeiert ist diese rettende Nacht. Und lichtglänzend ist der Auferweckung leuchtenden Tages Vorbote sie, an dem aus dem Grabe allen leiblich erstrahlte das zeitlose Licht.
Das Licht der Ewigkeit
Man muß aus all diesen Worten den österlichen Menschen erspüren – denn wir sollen österliche Menschen werden, Menschen voll des Glaubens an die Auferstehung zum ewigen Leben. Auch uns erstrahlte am Ostermorgen aus dem Grabe leiblich das zeitlose Licht. Unser auferstandener Herr offenbarte es uns, dieses Licht der Ewigkeit, in Seinem verklärten Leib. Wie übersprudelnd muß darum unsere Freude sein. Der hl. Johannes von Damaskus besingt in seiner Achten Ode den Ostertag:
Dies ist der ersehnte und heilige Tag, der Sabbate erster, der Sabbate König und Herr, der Feiern Feier, der Volksfeste Volksfest, an dem wir Christus rühmen in die Aeonen [der Ewigkeit „Zeit“].Kommt, an der neuen Frucht des Weinstocks, an der heiligen Freude laßt an der Auferweckung glückverheißendem Tage teilnehmen uns, an Christi Reich, in Hymnen besingend als Gott ihn in die Aeonen. … Vater, Allgewaltiger, und Wort, und Geist, Wesen, in drei Personen vereint, überwesentlich, übergöttlich. Auf dich sind getauft wir und dich rühmen wir Gläubigen in die Aeonen.
Alle österliche Freude, alles Gotteslob klingt hinein ins Bekenntnis des dreifaltigen Gottes. Denn das ist das Geheimnis göttlicher Liebe, daß Gott ist ein Gott und zugleich Vater, Sohn und Heiliger Geist. Dieses Geheimnis ist überwesentlich, übergöttlich zu nennen, denn eine Ewigkeit lang werden wir es bestaunen und anbeten. Unser hl. Glaube aber nimmt uns hinein in diese geheimnisvolle göttliche Wirklichkeit, die uns der Auferstandene laut und sichtbar verkündet. Wie sehr müssen wir darum bitten, daß das Licht dieses Glaubens unsere Herzen erleuchte, damit wir Christus vor der Welt bekennen können. Darum bittet auch Johannes von Damaskus in seiner Neunten Ode:
Übernatürliche Hoffnung
Werde Licht, werde Licht, neues Jerusalem. Denn des Herren Herrlichkeit ging auf über dir. Tanze im Reigen jetzt, Sion, und jauchze. Du aber, Gottesmutter, freue dich, Reine, ob deines Kindes Erweckung. O deines göttlichen, lieben, süßesten Wortes. Denn untrüglich hast du verheißen, o Christus, bis an des Aeons Grenzen mit uns zu sein. In deinem Worte besitzen wir Gläubigen der Hoffnung Anker, frohlocken wir. Großes und heiligstes Pascha, o Christus. O Weisheit und Wort und Macht Gottes, gib uns, als getreueres Abbild teilzuhaben an dir an dem abendlosen Tag deines Reiches.
Wie notwendig ist uns in dieser schweren Zeit der Hoffnung Anker! Dieser Hoffnung Anker ist das Wort des Auferstandenen, Er werde immer bei uns bleiben bis ans Ende der Zeit. Wir brauchen darum keine Angst zu haben, denn Er hat die Welt überwunden. Aber wir müssen uns ganz fest an Ihn binden. Wir dürfen nicht nachlassen in unserm Vertrauen auf Seinen göttlichen, allmächtigen Beistand. Denn die Prüfungen erspart Er uns nicht. Vielmehr sollen wir Ihm durch vielerlei Leid ähnlich werden, um als getreueres Abbild teilzuhaben an dir an dem abendlosen Tag deines Reiches.
Schließen wir unsere österlichen Trostgedanken mit dem Auferstehungssticheron zu Psalm 140 ff., das am Abend gebetet wird:
Den Sieg über den Hades erfassend, Christus, bestiegst du das Kreuz, um die, welche in Todesnacht saßen, aufzuwecken mit dir, du unter Toten ein Freier. Der du quellen lässest aus eigenem Lichte das Leben, allgewaltiger Retter, erbarme dich unser. Heute hat Christus zertreten den Tod, wie er verheißen, auferstanden ist er und er schenkte Frohlocken der Welt. Damit wir alle, singend die Hymne, so sprechen: Quelle des Lebens, unzugängliches Licht, allgewaltiger Retter, erbarme dich unser. Herr, der in der ganzen Schöpfung du bist, wohin sollen wir Sünder fliehen vor dir? In den Himmel? Dort wohnest du. In den Hades? Zertreten hast du den Tod. In die Tiefen des Meeres? Auch dort ist, Herr, deine Hand. Zu dir fliehen wir, fallen nieder vor dir, zu dir flehen wir: Der du von den Toten erstanden, erbarme dich unser.
Wird man bei diesen Worten nicht mit tiefem und unerschütterlichem Vertrauen erfüllt! Ja, flehen wir aus ganzem Herzen wieder und wieder: Der du von den Toten erstanden, erbarme dich unser. …allgewaltiger Retter, erbarme dich unser!
In unserem Exsultet der Osternacht betet die hl. Kirche: „So bitten wir Dich, denn o Herr: diese Kerze, zur Ehre Deines Namens geweiht, leuchte in ungeschwächtem Glanze fort, das Dunkel der Nacht zu vertreiben. Als lieblicher Wohlgeruch werde sie von Dir angenommen; ihr Schein mische sich in den der Lichter am Himmel. Der aufgehende Morgenstern schau noch ihre Flamme, jener Morgenstern, der keinen Untergang kennt, jener, der, aus dem Totenreich wiedergekehrt, dem Menschengeschlecht aufleuchtet in mildem Glanze…“