Tu es Deus, qui facis mirabilia solus…
Wir Katholiken glauben selbstverständlich an die Wunder unseres Herrn Jesus Christus. Wir wissen noch: Ein Gott, der keine Wunder wirkt, ist kein Gott. Es ist sozusagen das Gott allein vorbehaltene Terrain, nur Er allein kann Wunder wirken, Wunder im eigentlichen, strengen Sinne des Wortes, weil Er allein allmächtig ist. Im Wunder erweist sich die Allmacht Gottes, Er macht sie uns Menschen dadurch kund. Darum betet der königliche Psalmensänger:
Tu es Deus, qui facis mirabilia solus,
notam fecisti in populis virtutem tuam.
Du bist der Gott, der allein Wunder tut,
du tatest deine Macht bei den Völkern kund.
(Ps. 77,15)
Man sollte es sich ab zu vergegenwärtigen, daß die Modernisten das ganz anders sehen, zweifeln sie doch grundsätzlich an der Möglichkeit der Wunder. Sie haben nämlich mit den ungläubigen modernen Wissenschaftlern beschlossen, daß die Naturgesetze unverrückbar sind, weshalb auch ein Gott, falls es einen solchen geben sollte, was aber niemand mit Gewißheit wissen kann, keine Wunder wirken kann. Der Gott der Modernisten ist sozusagen in die Gesetze, die er der Natur gab, eingesperrt. Er darf diese Gesetze nicht übertreten, er darf keine Wunder wirken, weil diese die Naturgesetze außer Kraft setzen. Und dieses Göttlein, das letztlich ein „Gott“ der Ungläubigen ist – wobei die richtigen Ungläubigen wenigstens so ehrlich sind, daß sie schließen: dann gibt es tatsächlich gar keinen Gott, denn ein Gott, der keine Wunder wirkt, ist kein Gott, dieser existiert gar nicht –, dieses Göttlein soll der Gott der Christen sein?
Was sind das doch für arme Menschen, die solch unsinniges Zeug glauben – und sodann noch meinen, sie seien Katholiken! Das ist ein ganz eigenes Kuriosum bei den Modernisten, sie bilden sich tatsächlich ein, sie seinen trotzdem Katholiken, ja sogar die besseren, die vernünftigeren Katholiken. Es gibt nun einmal nichts, was es nicht gibt. Oder wie das Sprichwort sagt: Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz.
Ein genuin göttliches Zeugnis
Nun, wir echten Katholiken wissen, daß Gott tatsächlich entweder direkt oder indirekt durch Seine Heiligen unzählige Wunder gewirkt hat, sodaß man schon verrückt sein muß, wollte man das bezweifeln. In jedem Heiligenleben begegnet man dem Wunder, auch an vielen Wallfahrtsorten kann man sie etwa in den Votivtafeln direkt mit Händen greifen. Weil dieses Zeugnis gar so deprimierend ist, haben die Modernisten an gar manchen Wallfahrtsstätten die Votivtafeln in Zuge der bilderstürmerischen „Renovierungen“ nach dem sog. Konzil entweder ganz verschwinden lassen oder wenigstens erheblich reduziert. Was für arme Menschen müssen das sein, die so etwas tun!
Dabei wirkt doch Gott diese Wunder extra für uns Menschen, um sich vor uns als DER WUNDERBARE zu erweisen und gerade darin immer auch als unser allergrößter Wohltäter. Die Liebe Gottes zu uns Menschen ist nun einmal unbeschreiblich. Selbstverständlich ist der Sohn Gottes segenspendend und wunderwirkend durchs Land gezogen, um den Menschen Sein göttliches Wesen und Seinen Erlöserberuf zu offenbaren, wie hätte Er sonst Glauben fordern können? Darum mahnt der Herr: „Glaubt mir, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist. Sonst glaubt doch wenigstens um der Werke willen“ (Joh 14, 11). Damit ist gesagt: Große Worte kann jeder machen – auch wenn Meine Worte unnachahmlich groß und unauslotbar tief sind – aber Wunder wirken kann nur Gott. Darum glaubt doch wenigstens, wenn ihr schon kein Gespür und Wissen über die Größe Meiner Worte habt, wenigstens den Werken, die ihr sehen könnt.
Zwei wunderbare Heilungen
Erst wenn man all das einigermaßen bedacht und durchdacht hat, kann man sich den Wunderberichten in den hl. Evangelien zuwenden. Am 3. Sonntag nach Erscheinung wird das Evangelium vom Aussätzigen und vom Hauptmann von Kapharnaum gelesen. Wir hören darin von zwei Heilungswundern.
Als der Aussätzige zu unserem Herrn Jesus Christus kommt, sagt er ganz treuherzig: „Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen.“ Was für ein kindlich tiefer Glaube! Der Aussätzige war also kein Modernist, denn dann hätte er in seinem Aussatz verzweifeln müssen, niemand hätte ihm helfen können, auch nicht sein selbsterfundenes Göttlein, das keine Wunder wirkt. Nein, der Aussätzige wußte aus dem Alten Testament: Du bist der Gott, der allein Wunder tut.Darum: „Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen.“ Letztlich ist es das Vernünftigste, was dieser Aussätzige sagen kann, weil Jesus der Sohn Gottes ist. Du brauchst es nur wollen, dann wird es ganz sicher auch geschehen. Der hl. Hieronymus erklärt dazu so ergreifend schön:
„Wer so um das Wollen bittet, zweifelt nicht am Können. Und Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will, sei rein. Sobald der Herr die Hand austreckte, wich der Aussatz. Achte auch darauf, wie einfach und schmucklos die Antwort ist. Jener hatte gesagt: Du kannst mich reinigen. Der Herr knüpft daran an und spricht: Sei rein! Man darf also nicht, wie viele Lateiner meinen, die Worte verbinden und lesen: Ich will dich reinigen, sondern man muß die Wörter auseinanderhalten; zunächst sagte er: Ich will; und dann befahl er: Sei rein.“
Unser göttlicher Heiland antwortet also direkt auf die Bitte des Aussätzigen, als Er zu ihm sagt: Ich will, sei rein. Er zeigt damit, wie recht der Aussätzige hatte, als er sich vertrauensvoll an Ihn wandte, denn Er hatte tatsächlich die Macht, ihn rein zu machen, wenn Er nur wollte. Und in Seinem unermeßlichen Erbarmen ließ Er sich zu Seinem Geschöpf herab und heilte es – sicherlich nicht nur am Leib, sondern auch an der Seele.
Der Hauptmann von Kapharnaum bittet auch um Heilung, aber nicht für sich, sondern für seinen Knecht. Auch dieser römische Soldat ist voller Glauben an die Wundermacht des Herrn. Als Soldat weiß er, was Befehlen und Gehorchen bedeutet. Darum ist er felsenfest davon überzeugt, daß unser Herr Jesus Christus nur befehlen, also nur wollen muß, dann wird der Knecht gesund. Dabei erwartet der Hauptmann nicht einmal, daß der jüdische Wundertäter zu ihm kommt:„Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach: aber sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“Was für ein großes Lob erhält er dafür von unserem Herrn und Heiland: „Wahrlich, ich sage euch, einen so großen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden.“ Es ist wahr, es sind viele gekommen aus allen Völkern und Nationen und haben sich mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische gesessen, weil auch sie an unseren Herrn Jesus Christus geglaubt haben. Und viele durften auch die Trostworte des göttlichen Heilandes hören: „Geh hin! Dir geschehe, wie du geglaubt hast.“ Und der Knecht ward gesund in der nämlichen Stunde.
Ein belgischer Wundertäter
Ist es nicht gerade heutzutage notwendig, an die Wundermacht Gottes zu glauben! Wie mühsam ist Vieles geworden – vor allem für diejenigen, die zur Zeit nicht den Trost haben, am hl. Meßopfer teilzunehmen. Lassen wir uns dennoch nicht niederdrücken durch die vielen Prüfungen, denen wir ausgesetzt sind. Gott weiß, wie schwer uns deswegen zuweilen ums Herz ist. Und Er ist unser himmlischer Vater, der Gott, der für uns Wunder tut!
Damit unser Vertrauen auf die Wundermacht Gottes gestärkt wird, wollen wir uns von dem Beispiel eines großen Wundertäters aneifern lassen, von dem Benediktinermönch Paul von Moll. P. Paul von Moll wurde am 15. Januar 1828 in Antwerpen geboren und starb am 24. Februar 1896 in der Abtei von Termonde. Dieser Priester wurde von Gott dazu auserwählt, ein Wundertäter, volkstümlicher Apostel und Gnadenspender für viele zu sein. Lassen wir ihm selbst die Umstände seiner erhabenen Sendung erzählen:
„Zu Beginn meines Ordenslebens erkrankte ich derart, dass mich die menschliche Wissenschaft aufgab. Da erschien mir Jesus in Begleitung der allerseligsten Jungfrau, des hl. Joseph und des hl. Benediktus. Während Maria mich bei der Hand hielt, legte der Heiland seine Rechte auf mein Haupt und sagte zu mir: ‚Sei geheilt! Von nun an sollst du zur Tröstung einer großen Zahl von Personen leben. Ich bewillige dir alles, was du von mir für andere begehren wirst.‘ — Und augenblicklich wurde ich gesund.“
Fortan wirkte P. Moll unter dem Volk als großer Wohltäter an Leib und Seele. Es ist richtig ergreifend zu sehen, mit welcher Einfachheit er Wunderbares vollbrachte. Dabei zeigte sich das gänzliche Zurücktreten seiner Person in der Erfüllung seines göttlichen Auftrages, als ob er nur der Zeuge, nur das gehorsame Werkzeug wäre, das sich der Wunder kaum bewußt war, die er wirkte. Daher kommt es auch, daß er zuweilen Ungläubigen gegenüber in Ausdrücken antwortete, die anscheinend mit seiner tiefen Demut unvereinbar waren, wenn er z. B. sagte: „Dies war so geschehen, weil ich es bin, der es Ihnen sagt.“ Mit diesem „ich“ war letztlich immer „Gott durch mich“ gemeint.
Öfters auch schrieb er seine Wundertätigkeit aus Demut dem hl. Benediktus zu, wie es etwa der hl. Pfarrer von Ars der hl. Philomena gegenüber tat. Für uns ist es fast unfaßlich, diese lieben, wunderwirkenden Heiligen finden sich im Meer der Gottesgnaden zurecht, wie der Fisch im Wasser. Wie klein, wie kleingläubig kommt man sich dagegen vor.
Ein Leben voller Wunder
Folgen wir P. Paul von Moll ein wenig auf seinen wunderbaren Wegen, wie sie uns in dem Buch „Ein Wundertäter des XIX. Jahrhunderts, Pater Paul von Moll“ beschrieben werden (Ein Wundertäter des XIX. Jahrhunderts, Charakterzüge, Aussprüche und wunderbare Begebenheiten aus dem Leben des Benediktinermönches Pater Paul von Moll 1824 – 1896, Edouard van Speybrouck, Rev. Camilie Delaux, Druck und Verlag von Léon Louis & Cie, Boulay-Moselle, France, 1952). Der Mittelpunkt seiner Wirksamkeit für Belgien und namentlich für Flandern wurde für Pater Paul von Moll die Abtei von Termonde. Das Volk dieser katholischen Gegend hielt den Benediktinerpater schon zu Lebzeiten für einen Heiligen. Die Zahl der Hilfesuchenden, die wunderbare Aufklärung in Gewissensnöten und unzählige Wohltaten geistiger sowohl als körperlicher Natur, natürlicher sowohl als übernatürlicher Art bei ihm gefunden hat, wird auf über eine Million geschätzt. Es heißt deswegen in dem Buch: „In der Tat ist seine Lebensbeschreibung weiter nichts als eine Erzählung seiner Wunderwerke.“
Wie aber kann jemand, der so viele Wunder wirkt, im eigenen Kloster verborgen bleiben? Das war wiederum ein eigenes Wunder und sicherlich nicht das geringste. Das Benehmen P. Pauls innerhalb der Abtei war so demütig, so zurückhaltend und so still, daß seine Klosterbrüder in der Abtei keine Ahnung von seinem wundervollen Wirken hatten.
„Sie wußten ihn vom Volke geliebt, sahen, wie Scharen von gemeinen Leuten seine Zelle bedrängten, wie vornehme Personen aus fremden Landen, sogar aus Amerika, zu ihm strömten; die Ursache jedoch eines solchen Zulaufes von Menschen kannten sie nicht.
Tatsächlich sagt ein Zeuge seines Lebens, es scheint, als ob er Wunder aus Gewohnheit und zum Zeitvertreib wirke. Niemand konnte mit ihm in Berührung kommen, ohne dadurch besser zu werden und sich freundlicher gegen seinen Nächsten zu zeigen. Die Stadt Antwerpen, in der er hie und da Freunde besuchte, hat den lebhaftesten Eindruck von seinem wunderbar wohltuenden und friedvollen Wirken bewahrt.
Hunderte von Besuchern, auf deren Gesichtern man Gram, Besorgnis, Entmutigung lesen konnte, standen vor dem Hause, wo er sich aufhielt, in einer Reihe, die sich bis auf die Straße erstreckte. Doch welche Veränderung nach einer bloß kurzen Unterhaltung mit Pater Paul! Die Augen glänzten wieder, die Herzen waren wieder voller Freude. Der Besucher hatte das niemals fehlgehende Versprechen einer Gnade erhalten, die genau auf Tag und Stunde eintraf. Niemals fehlte dem Manne Gottes die Einsicht, und er war besser mit der Lage des Bittenden vertraut, als der Besucher selbst.“
Ein Wohltäter für Mensch und Tier
Je mehr man über diesen Wundertäter liest, umso mehr wünscht man sich, man hätte auch einmal mit ihm gehen dürfen. Wie groß war seine Güte und seine Barmherzigkeit. Wie beeindruckend war sein menschlich zartes Gefühl, verbunden mit seinem übernatürlichen Scharfblick und seiner Wundermacht. „Er konnte während der Ausübung seiner Wunder weinen, scherzen, lachen. Die Macht Gottes, dessen Werkzeug er war, wurde sozusagen zugunsten des geringsten Vorteils dieser Welt erniedrigt und angepasst.“ Manche Erzählungen atmen eine so zarte Einfalt des Herzens, daß sie einem an die Fioretti des hl. Franziskus erinnern. Es heißt:
„Wie der hl. Ignatius von Loyola, der, um ein kleines Bauernmädchen zu trösten, ein totes Huhn wiederbelebte, so heilt er sowohl Tiere als Menschen. Hier war ein krankes Pferd, einziges Vermögen und Ernährungsmittel eines Bauern, dort ein verendetes Kalb, welches durch seinen Segen oder bei Berührung der Medaille des hl. Benediktus, plötzlich unter dem Freudengeschrei der Bauernkinder wieder aufsprang.“
Jedem Menschen wußte sich P. Paul von Moll anzupassen. Er konnte sanft sein oder sehr streng: „Wenn es notwendig war, wusste Pater Paul auch eine ernste, ja sogar strenge Warnung mit der Wohltat zu verknüpfen. Es geschah auch, dass er unwürdigen Leuten, verstockten Sündern seinen Beistand versagte und sie mit sicheren und oft schrecklichen Strafen bedrohte, wofern sie sich nicht bekehrten.“ Zuweilen zeigte sich der Pater auch etwas schalkhaft. „Als ziemlich originelles Beispiel davon mag folgendes gelten. Ein Jesuitenpater, dessen Reiseplan durch Termonde führte, war, um keine Zeit zu verlieren, zwischen zwei Zügen schnell und direkt nach der Klosterkirche geeilt. Er wollte diesen berühmten Benediktinermönch kurzerhand in Augenschein nehmen. In der Sakristei wird ihm gesagt, Pater Paul sei auf der Chorbühne. Der Jesuitenpater, im Zivilanzug (also als Jesuitenpater am Kleide nicht erkenntlich), begibt sich bis an den Fuß der Bühnentreppe. Als Pater Paul jemand kommen hörte, stieg er einige Stufen herab, hörte aber plötzlich den Besucher von unten heraufrufen: ‚Sind Sie der Pater Paul?‘ — ‚Sie sind ein Jesuitenpater‘, erwiderte in gleichem Ton der Sohn des hl. Benediktus, stieg wieder auf die Chorbühne und ließ den Sohn des hl. Ignatius verblüfft, gründlich erbaut, wenn auch ein bisschen beleidigt, dastehen.“
Ein Arzt für Leib und Seele
Der folgende Bericht zeigt uns, mit welcher Leichtigkeit und Sicherheit P. Paul seine Wunder zu wirken pflegte:
„Ein Besuch, mit welchem Pater Paul eine Gemeinde von Ordensschwestern in Antwerpen erfreute, macht den Eindruck eines wahren ärztlichen Besuches, mit dem Unterschied jedoch, dass dieser Arzt in der Seele der Kranken lesen und ihre Körper unfehlbar heilen konnte. Der Schwester, welche ihn empfing und nach seinem Namen fragte, sagte er: ‚Ich bin die Liebe Gottes!‘
Sobald zwei Schwestern, denen Pater Paul ein Jahr vorher ihren Beruf offenbart hatte, diese Worte hörten, riefen sie aus: ‚Er ist es, es ist Pater Paul!‘ Man zeigte ihm das Kloster und führte ihn in den Krankensaal, der von vier Patientinnen besetzt war.
Die erste Schwester litt an einem bösartigen Geschwür am Arm. ‚Eine Kleinigkeit!‘ sagte der Pater, indem er seine Hand auf die Eiterbeule legte. Im Augenblicke hörte die Pein auf.
Die zweite, die Oberin, litt an einer schmerzlichen Halskrankheit. Wiederum sagte Pater Paul mit dem ihm so eigenen, gewöhnlichen Lächeln: ‚Eine Kleinigkeit!‘ und berührte den geschwollenen Hals. Das Übel verschwand sogleich, und die Stimme wurde wieder klar und stark.
Die dritte Kranke litt am Fuß und war seit drei Wochen nicht imstande zu gehen; die vierte hatte ein Nagelgeschwür. ‚Nur Kleinigkeiten!‘ wiederholte dieser Gottesarzt, und durch das Auflegen seiner Hand verschwand das Nagelgeschwür und der kranke Fuß war geheilt. Die Kranke, von ihren Schmerzen erlöst, ging festen Schrittes und vor Freude jubelnd im Zimmer umher.
‚Nun können Sie wohl sehen, dass es nichts war‘, sagte der gute Mönch, indem er sich unter den herzlichsten Dankesworten der Schwestern entfernte.“
Erahnt man bei solchen Erzählungen nicht auch etwas von dem wunderbaren Wandel unseres göttlichen Heilandes? Wie Er langsam durch die Menschenmenge ging und diesen und jenen von seinem Übel befreite. Dabei sah auch P. Moll genauso wie unser göttlicher Heiland der Seele auf den Grund. Sein Blick entdeckte tiefere Wunden, tiefere Ursachen für die Schmerzen des Leibes, wie etwa folgende Begebenheit zeigt:
„Ein junger Mann von zwanzig Jahren, der schrecklich von Rheumatismus am Arm geplagt wurde, ging mit einem Kameraden zum Diener Gottes.
‚Darf ich mit Ihnen in Gegenwart Ihres Gefährten sprechen?‘ fragte Pater Paul. — ‚Ja, gewiss! es ist mein Freund, er darf alles hören.‘ — ‚Dann gut! Mit diesem Arm haben Sie an dem und dem Tage Ihren Vater geschlagen; dies allein ist die Ursache Ihres Leidens. Bereuen Sie es?‘ — ‚Jawohl!‘ — ‚Gehen Sie sogleich zur Beichte und kommen Sie nachher zurück!‘ — Nach der Beichte rührte Pater Paul den Arm bloß an, und der Rheumatismus verließ ihn.“
Darüber hinaus sah der Benediktinermönch oft auch geheime Zusammenhänge, an die sich die Beichtenden selbst gar nicht mehr erinnern konnten:
„Ein anderer junger Mensch, der vom Militär zurückkam, hatte seine Beichte abgelegt. Pater Paul fragte ihn: ‚Haben Sie sonst nichts zu sagen?‘ — ‚Nichts!‘ — ‚Gewiss nicht?‘ — ‚Ich kann mich an nichts weiteres erinnern.‘ — ‚Haben Sie nicht in Brüssel die Bekanntschaft eines Mädchens gemacht, dem Sie die Heirat versprochen haben?‘ — ‚Das ist allerdings wahr.‘ — ‚Und haben Sie es nicht belogen, indem Sie angaben, Sie wären aus der Wallonie gebürtig?‘ — ‚Ich kann es nicht leugnen.‘ — ‚Nun, dieses Mädchen irrt gegenwärtig umher und bettelt mit seinem Kinde auf dem Arme, und dieses Kind ist Ihr Kind. Sie müssen das Mädchen heiraten!‘ — ‚Ich weiß aber nicht, wo es ist.‘ — ‚Ich weiß, dass Sie Geld in der Tasche haben. Gehen Sie nach Brüssel in das Haus, wo Sie es kennen gelernt haben; dort werden Sie es finden!‘
Der junge Bursche nahm den ersten Zug nach Brüssel und begab sich in das angezeigte Haus. Fünf Minuten später erschien auch das Mädchen, von Lüttich kommend. Die Heirat fand statt, und beide sind glücklich verheiratet.“
Der Preis dieser wohltätigen Wundermacht
Was so einfach und so natürlich auf uns wirkt – diese außergewöhnliche Wundermacht des heiligmäßigen Priesters – ist in der Tat schwer erkauft. Im Reich der Gnade besteht ein geheimnisvoller Zusammenhang zwischen Wohltat und Opfer. Dementsprechend heißt es in der Lebensbeschreibung:
„Ich will nur noch ein Wort über die Kasteiungen dieses großen Dieners Gottes äußern. Hat nicht der hl. Vinzenz von Paul gesagt: ‚Wie das Gebet, so der Mensch; wie die Kasteiung, so das Gebet.‘
Einige Zeilen aus der Lebensbeschreibung Pater Pauls genügen, um den Grad seiner Abtötung einzuschätzen. Zu jeder Stunde der Nacht wie des Tages konnte man auf Pater Pauls Hingebung bauen; denn er widmete dem Schlafe nur eine sehr kurze Zeit. Ein elendes Bett mit einem Brette als Kopfkissen war seine Ruhestätte. Sehr oft auch schlief er stehend, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Einst machte er
sich daran, einen guten Freund diese Schlafmethode zu lehren: ‚Sie werden dann finden, wie hübsch man so schläft‘, sagte er lächelnd.
Nicht ohne Schauder kann man seiner Entbehrungen und Kasteiungen, worin er Wonne fand, gedenken. Stellen wir uns einen Mann vor, der Tag und Nacht einen eisernen Gürtel mit hundert Stacheln auf der nackten Haut trägt! Welchen Eindruck macht das nicht auf uns?“
Die rechte, gottgewollte Abtötung führt die Seele zu einer immer tieferen Gottverbundenheit. Diese konnte jeder bei P. Paul von Moll beobachten. Jeder, der mit ihm näher zu tun hatte, wurde von einer Ahnung erfüllt, vor einem wahren Mann Gottes zu stehen, einem Vertrauten des göttlichen Erlöserherzens.
„Diese Wunder der Abtötung belohnte Gott mit Wunderwerken, wie man sie im Leben des hl. Franziskus von Assisi findet. Eines Abends, da er sich wie der hl. Franziskus im Kloster der hl. Klara mit einigen frommen Seelen über sein beliebtes Thema, die Liebe Gottes, unterhielt, erschien Pater Paul auf einmal wie verklärt. Sein Gesicht wurde weiß wie der Schnee, sein Haupt ward von einem Strahlenglanz umgeben, der das Zimmer mit Licht erfüllte. Er aber verfolgte mit einfacher und doch erhabener Beredtsamkeit seine Liebesgedanken immer weiter und teilte den lauschenden Zuhörern die inbrünstige Liebe, wovon sein Herz überfloss, mit. In Furcht, diese große Liebe könnte ihm den Tod bringen, ermahnte man ihn drei verschiedene Male, sich zu erholen. Er aber, als ob er kein Gehör hätte, setzte seinen Vortrag stets fort, gleich einer emsigen Biene, die außer Atem von Blume zu Blume fliegt. Und so ging es in einem fort bis 11 Uhr nachts.“
Die Liebe Gottes war das Lieblingsthema unseres Paters. In all seinen Briefen kommt er auf die Gottesliebe zu sprechen und darauf, daß man Gott nie genug lieben kann.
Auszug eines Briefes an eine Ordensschwester
O Liebe! O unendliche Liebe! wie schön bist du, wie süß bist du, wie angenehm bist du! Die Liebe Gottes ist so schön, dass sie als die größte Zierde des Himmels betrachtet werden muss, denn der Himmel erhält seine Herrlichkeit von Gott, der unendlichen Liebe.
Sie ist so angenehm, dass sie vor allen Gegenständen der Befriedigung gewünscht und gesucht werden soll.
Sie ist süß wie der Honig, die süßeste aller Süßigkeiten. So überragt die Liebe, die brennende Liebe, an Süßigkeit alle Wonne des Himmels.
Was können, was dürfen oder was wollen wir lieben, wenn nicht die Liebe, die flammende Liebe Gottes, auf dass wir durch feurige Liebe mit Gott vereinigt werden?
Je mehr man die Wunderwerke Gottes betrachtet, desto mehr findet man, dass Gott in allen seinen Werken wunderbar ist.
Ich habe so oft gesagt: O Liebe! O unendliche Liebe Gottes für den Menschen! Ich möchte es tausendmal wiederholen und dabei wünschen, dass alle Menschen auf der Erde, alle Engel und alle Heiligen im Himmel, alle Seelen im Fegfeuer unaufhörlich ausriefen: O Liebe! O unendliche Liebe Gottes für den Menschen!
Ja, Gott ist in seiner maß- und grenzenlosen Liebe wunderbar, er ist immer Liebe. Wenn Sie von der Liebe sprechen wollen, so sagen Sie deshalb immer: O Liebe! O unendliche Liebe Gottes!
Das Wunder aller Wunder ist die Liebe Gottes, denn Gott ist DIE LIEBE. Ja, Gott ist in seiner maß- und grenzenlosen Liebe wunderbar, er ist immer Liebe. Je mehr wir das verstehen, desto fester wissen wir uns im Vertrauen auf Seine Vorsehung geborgen, was heute sicherlich notwendiger ist, denn je. Immer wieder während des ganzen Tages sollen wir voller Freude beten: O Liebe! O unendliche Liebe Gottes!
Brief an eine Arbeiterin in Thielt
O Liebe! O unendliche Liebe Gottes! Wie wunderbar und schön und liebenswürdig ist doch Gott in seiner Liebe! O Gott der unendlichen Liebe! Ich bitte dich um die Gnade, an Mathilde über deine Liebe schreiben zu können.
Rufen Sie abermals mit mir und mit allen Kindern der Liebe, sowie auch mit Schwester Ludgarde aus: O Liebe! O unendliche Liebe Gottes! Gib mir, o mein Gott, ein Herz der Liebe, um dich zu lieben, dich mit unermesslicher Liebe zu lieben.
Ein Stoßseufzer der Liebe mit Andacht gesagt ist mehr wert als die ganze Welt. Die Welt wird vollständig untergehen, der Liebesseufzer zu Gott aber wird durch alle Ewigkeit bestehen. Wenn Sie das Glück hätten, nur einen Sehnsuchtsseufzer der Liebe mit Andacht zu Gott in Ihrem ganzen Leben einmal auszustoßen, so würden Sie sicher sagen müssen: Selbst eine Ewigkeit ist zu kurz, um Gott würdig für eine solche Gnade zu danken!
Opfern Sie Ihre Leiden aus Liebe zu Jesus Gott auf, da auch Jesus so viel aus Liebe für Sie gelitten hat.
Ich hoffe, dass Sie noch nicht sterben werden; wenn es aber Gott fordern sollte, so sterben Sie aus Liebe zu Jesus, wie auch Jesus aus Liebe für Sie gestorben ist. Seien Sie dann ohne Furcht.
Sie können noch sagen: Ich will alles aus Liebe zu Jesus leiden, wie Jesus alles aus Liebe zu mir gelitten hat, um dadurch die Verzeihung und Abbüßung meiner Sünden zu erhalten, so dass ich mich sofort nach meinem Tode mit Jesus durch die Liebe für alle Ewigkeit vereinigen kann.
Schwester Ludgarde darf diesen Brief lesen. Auch Sie werde ich in die Zahl der Kinder der Liebe aufnehmen lassen.
Möge uns die himmlische Mutter die Gnade erlangen, daß auch wir in die Zahl der Kinder der Liebe aufgenommen werden. Was könnte uns mehr erfreuen und größeren Trost schenken als diese Gewißheit. Sind wir denn nicht durch die heiligmachende Gnade Kinder Gottes?!
Einmal unterschreibt P. Paul einen Brief folgendermaßen: „O Liebe, O unendliche Liebe Jesu! So schreibt sich mein Name.“