Die Heiligkeit des Apostelfürsten Petrus

Das Fest der hll. Apostelfürsten Petrus und Paulus ist ein ganz besonders katholisch profiliertes Fest, wie etwa auch das Fronleichnamsfest. Das Fest ist sozusagen ausdrücklich antiprotestantisch, denn nur wir Katholiken glauben und wissen darum: Unser Herr Jesus Christus hat Seine Kirche auf die Apostel gegründet und darunter wiederum ganz besonders auf den Felsen Petri. Dem hl. Petrus hat unser Herr die oberste Leitungsgewalt über Seine Kirche anvertraut. Seine Kirche sollte ein bleibendes Fundament haben, das die Stürme der Zeit überdauert: Das Papstamt. Der Papst der katholischen Kirche ist der oberste Hirte und unfehlbare Lehrer aller Katholiken. Dies ist eine ganz zentrale katholische Glaubenswahrheit, weshalb sie auch nur der Katholik anerkennen kann. Ein Ungläubiger sieht darin eine unverständliche, unglaubliche Überbewertung, ja Vergöttlichung eines Menschen.



Da die Protestanten ihren Protest gegen den hl. Petrus und seine Nachfolger begründen mußten, suchten sie alle Lügen aus der Kirchengeschichte zusammen, die neuerdings gegen das Papsttum zeugen sollten. Zunächst traf ihre aus dem Unglauben stammende Umtriebigkeit den hl. Petrus, den ersten Papst. Übrigens geben damit die Protestanten ungewollt und indirekt zu, daß der Anspruch des hl. Petrus bezüglich des Papstamtes durchaus von Anfang an vorhanden war. Und man meint wirklich, für jeden unvoreingenommenen Historiker sei er ganz einfach unübersehbar. Der nahtlose Übergang des Vorranges Petri auf seine Nachfolger – mit dem ausdrücklichen Anspruch, oberster Leiter und Lehrer der ganzen Kirche zu sein – ist zu auffällig und gar nicht anders erklärbar als durch eine ausdrückliche Einsetzung durch Jesus Christus selbst.

Die „Magdeburger Centurien“

Die Protestanten mußten sich also ganz schön ins Zeug legen, wollten sie diese Tatsachen außer Kraft setzen. Zuerst und systematisch versuchten das die sog. „Magdeburger Centurien“. Diese bemühten sich, die Kirchengeschichte umzuschreiben, also zu versuchen, die Vergangenheit der Kirche protestantisch zu interpretieren. Dabei hatten sie immerhin 1500 Jahre katholische Kirchengeschichte zu bewältigen, also eine Heidenarbeit. Da ist es leicht ersichtlich, wie schwierig dieses Unternehmen war und zu welchen Verdrehungen, ja Fälschungen man greifen mußte, um nur ein einigermaßen glaubwürdig erscheinendes Ergebnis zu erzielen.

Es ist leicht begreiflich, daß diese protestantischen Herren natürlich vor allem in denjenigen Quellen fündig wurden, die von noch älteren Irrlehrern stammten. Die Geschichte der katholischen Kirche ist ja leider auch immer eine Geschichte von Irrlehren und Irrlehrern, mit denen sich die Kirche Jesu Christi von Anfang an, d.h. schon seit der Zeit der Apostel auseinandersetzen mußte. So hofften nun die Magdeburger Centurien, die Irrlehre Luthers als Wiederherstellung des wahren Glaubens der Urkirche darstellen zu können. Dabei war ihnen natürlich vor allem das Papsttum und die daraus folgende hierarchische und sakramentale Kirchenordnung ein Dorn im Auge. In diesem Sinne trugen die protestantischen Herren auch fünfzehn Fehltritte des heiligen Petrus zusammen.

Der hl. Kirchenlehrer Robert Bellarmin geht in seinem dritten Band seiner „Disputationes“, wo er über „De Romano Pontifice“ handelt – also „Über den Papst, das Haupt der streitenden Kirche“ – auf die Vorwürfe der Magdeburger Centurien ein, um sie einzeln zu widerlegen. Wir haben diese Widerlegung schon in unserem Beitrag „Die ‚Fehltritte‘ des heiligen Petrus“ wiedergegeben, brauchen also hier nicht noch einmal näher darauf eingehen.

Es ist immer wieder verwunderlich, daß viele sog. „Traditionalisten“, darunter ganz besonders die Lefebvristen, mit einer gewissen Schadenfreude, so ist man geneigt zu sagen, die alten Vorwürfe der „Centurien“ wieder aufwärmen. Sie beweisen damit übrigens ungewollt ihre protestantische Schlagseite, ist doch ihr Widerstand gegen ihren Papst und die Einforderung des freien Urteils gegenüber dem Lehramt der Kirche typisch protestantisch. Liest man manch „traditionalistische“ Beiträge über die vermeintlichen Fehler des hl. Petrus, so wird man den Eindruck nicht los, daß bei diesem im Grunde protestantischen Unternehmen die Heiligkeit des hl. Petrus ganz auf der Strecke bleibt. Denn wie kann ein Mann mit so vielen Fehlern, die zudem oft noch sein Amt, also das höchste Amt in der Kirche betreffen, noch ein Heiliger sein? Ist dieser Petrus nicht ein Sünder wie alle anderen auch und zudem ein recht großer Versager? Kann das aber sein?

Man müßte doch denken, für einen Katholiken sei der hl. Petrus als einer der beiden Apostelfürsten ein ganz großer Heiliger! Seine Liebe zu unserem Herrn war doch echt und groß. Sogar seine Schwäche bei der dreimaligen Verleugnung Christi wurde ihm zu einer ständigen Quelle tiefster Reue, Demut und Dankbarkeit. Als unser Herr Jesus Christus im Hof des Hohenpriesters Petrus angeschaut hat, durchzuckt ihn die Erinnerung an das Wort Christi: „Wahrlich, ich sage dir: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen“ (Mt 26, 34). – Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich. Selten sind wohl solche Reuetränen geflossen, Tränen tiefster Liebesreue! Nach der Auferstehung tritt Petrus ganz selbstverständlich an die Spitze der Apostel und ab dem Pfingstfest leitet er die Kirche Jesu Christi. Schließlich kommt er nach Rom, die Hauptstadt dieses riesigen Weltreiches, um von Rom aus die Weltkirche zu leiten.

Um die Heiligkeit des Petrus wieder etwas mehr ins Blickfeld der Katholiken zu rücken, möchten wir hier auszugsweise zwei Lebensbeschreibungen aus dem 19. Jahrhundert anführen, die sich ergänzend zu einem Leben des hl. Petrus zusammenfügen. Wir beginnen mit der kurzen Lebensbeschreibung aus „Leben der Heiligen Gottes nach den Tagen des Jahrs zur Erweckung und Stärkung des christlichen Sinnes und Wandels“ von Simon Buchfelner, Stadtpfarrkooperator in Mühldorf (Erster Band, München 1823, bei Jakob Giel.). Der Text wurden sprachlich angepaßt und mit Überschriften versehen.

Der heilige Petrus, Apostel und erstes Haupt der Kirche Jesu in Rom

Simon, hernach Petrus genannt, war ein Fischer aus Bethsaida und Bruder des Andreas. Sein kindliches Gemüt, das glauben konnte, zeigte sich schon, als ihm dieser sagte: „Komm, wir haben Jesus gefunden.“ Er folgte sogleich, und Jesus sagte zu ihm, als Er ihn sah, diese durch die Folge der Geschichte weissagenden Worte: „Du bist Simon, Jonas Sohn, du sollst Kephas heißen“, welches so viel ist, als Petrus oder ein Fels. Nach einigen Gesprächen kehrte Petrus wieder nach Hause zurück, und verkündete andern die Ankunft des wahren Messias. Noch in diesem Jahre suchte Jesus diese beiden Brüder am See Tiberias auf, als sie eben das Netz ins Meer warfen. Da sprach Jesus zu ihnen: „Folget mir nach, ich will euch zu Menschen Fischern machen.“ Beide verließen ihr Netz, und folgten ihm nach. Von dieser Zeit an blieb Petrus immer bei Jesus, und begleitete Ihn in allen Orten treuer als alle übrigen Apostel.

Die Vorzugsstellung des hl. Petrus

Das Evangelium zeigt uns deutlich an, daß Jesus dem heiligen Petrus immer einen Vorzug vor allen andern gab. Aus dem Schiffe des Petrus lehrte Er das andringende Volk. Er versprach, auf ihn seine Kirche zu bauen, so daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen sollten. Er hatte ihn bei sich, als Er die Tochter des Jairus von den Toten erweckte, so wie auf Tabor und im Garten Gethsemane. Er hat ihm versprochen, ihm die Schlüssel des Himmelreiches zu geben, mit dem Zusatze, daß alles, was Petrus auf Erden binden oder lösen würde, auch im Himmel sollte gebunden oder gelöst sein. Er hat für Petrus besonders gebetet, daß sein Glaube nicht aufhöre, und ihm dabei anbefohlen, dann seine Brüder zu stärken. Er hat ihn nach geschehener Verleugnung mit barmherzigen Augen angesehen, und zur Buße bewogen. Nach seiner Auferstehung ist ihm Christus besonders erschienen. Er fragte ihn dreimal vor seiner Himmelfahrt, ob er Ihn liebe, und befahl ihm dreimal seine Herde zu weiden. Er hat ihn also zu einem allgemeinen Hirten über alle seine Schafe, zu seinem Stellvertreter auf Erden, zum sichtbaren Haupte seiner Kirche geordnet und gesetzt. Dieses Vorzugs war Petrus aber auch vor allen Aposteln würdig durch seine Demut, seinen Glauben, seine Liebe, und seinen Eifer für die Ehre des Herrn, wie wir gleichfalls in den Evangelien ausgezeichnete Belege finden.

Seine Demut

Als Petrus einmal auf das Wort des Herrn das Netz auswarf und einen reichen Fischzug machte, hielt er sich dieses Segens und der Gegenwart Jesu unwürdig. Er warf sich ihm zu Füßen, und sprach: „Herr! gehe hinweg von mir, ich bin ein sündiger Mensch!“ Als ihm Christus die Füße waschen wollte, rief er voll Verwunderung: „Herr! du willst mir die Füße waschen? Dies geschehe in Ewigkeit nicht.“ Als aber Jesus sagte: „Wenn ich deine Füße nicht waschen werde, so wirst du keinen Teil an mir haben“; da unterwarf er sich in Demut, und sprach: „O Herr! nicht nur die Füße, sondern auch die Hände und das Haupt.“

Sein Glaube und sein Bekenntnis

Seinen Glauben an Christus legte Petrus deutlich an den Tag, als er das schöne Bekenntnis ablegte: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Die Liebe, die Frucht seines lebendigen Glaubens, der sich, nach dem Zeugnisse Jesu, auf die Offenbarung des himmlischen Vaters in seinem Herzen gründete, zeigte er bei jeder sich darbietenden Gelegenheit. Als sich einmal einige Jünger von Jesus absonderten, und Christus die Apostel fragte, wollt ihr auch gehen? antwortete Petrus sogleich: „Herr! zu wem wollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ Die Liebe, die sich von Jesus nicht trennen konnte, drang ihn vor allen zu diesem schönen Geständnis.

Seine Liebe

Als Jesus einmal von seinem bevorstehenden Leiden und Tode sprach, suchte ihn Petrus – denn damals fehlte es seiner Liebe noch am Licht über das Geheimnis der Erlösung – von seinem Vornehmen zurückzuhalten, indem er sprach: „Herr! das soll dir nicht widerfahren!“ Die Liebe drang ihn, daß er zweimal ins Meer sprang, um früher zum Geliebten zu kommen. Die Liebe machte ihn so herzhaft, zu sagen: er wäre bereit mit Jesus in Kerker und Tod zu gehen; ja wenn ihn alle verlassen sollten, so wolle doch er es nicht tun. Die Liebe zu Jesus, und deren Unruhe, sein Schicksal zu erfahren, war es, die ihn, als er Jesus zwar verlassen hatte, in den Vorhof hineintrieb. Und diese Liebe drängte ihm dann bittere Tränen aus seinen Augen, als ihn Jesus, nachdem er ihn dreimal verleugnet hatte, mit verzeihender Liebe ansah. Diese Liebe, die jetzt viel inniger war, versicherte er, nach der Auferstehung Jesu, Ihm dreimal, auf dessen wiederholte Frage: „Petrus liebst du mich?“ „Herr, Du weißt, daß ich dich lieb habe!“

Seine Predigt

Nach der Ausgießung des Heiligen Geistes bekannte Petrus seinen Glauben und seine Liebe, um dem Befehle Jesu zu folgen, vor allen Aposteln zuerst in Jerusalem vor dem zahlreich versammelten Judenvolke. „Es gibt kein Heil“, sprach er öffentlich, „außer in Jesu, den ihr gekreuzigt habet. Tut Buße, und ein jeder von euch lasse sich taufen im Namen Jesu zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Denn diese Verheißung ist ja euer und eurer Kinder, und all derjenigen, die jetzt zwar noch ferne von Gott sind, die Er aber noch herbeirufen wird.“ Als ihm die Vorsteher der Juden verboten, nichts mehr von Jesus zu predigen, antwortete er: „Urteilt selbst, ob es billig sei im Angesichte Gottes, daß man euch mehr gehorche als Gott.“ – Wie in Judäa, so war er auch der erste vor allen Aposteln, der, auf göttliche Ermahnung, den Heiden das Evangelium predigte. (Apostelgeschichte 10. 11.) Er durchreiste das ganze Judenland, um den Namen Jesu zu predigen, und dann verschiedene andere Länder. An den meisten Orten legte er den ersten Grundstein zum Christentum; er weihte Priester und Bischöfe, die den neu errichteten Kirchen vorstehen sollten. Seinen ersten Sitz richtete er zu Antiochia auf, zwischen den Jahren 45 und 54. Er blieb aber in dieser Zwischenzeit nicht immer in Antiochien, sondern zog umher in Pontus, Galatien, Kappadocien, Jonien und Bythinien, wo er die zerstreuten Juden bekehrte. Auch zu Korinth und an vielen andern Orten hat er gepredigt und Kirchen gestiftet. Nach einer langen Abwesenheit kam er wieder nach Jerusalem, wo er ins Gefängnis geworfen wurde, um nach Ostern getötet zu werden. Allein noch hatte er seinen großen Beruf nicht vollendet, wozu ihn Jesus vor allen anderen Aposteln bestimmt hatte. Ein Engel führte ihn daher aus dem Kerker, und nachdem er einige gestiftete Gemeinden besucht hatte, begab er sich nun, im Jahre 54 nach Rom, der damaligen Hauptstadt der Welt. Hier gründete er, ehe Paulus noch Rom gesehen hatte, eine heilige Gemeinde, die noch besteht, nachdem schon alle von den Aposteln gegründeten lange nicht mehr sind. Rom wählte er als Haupt der Kirche Jesu Christi, zu seinem und seiner Nachfolger Sitz, und sandte von hier aus seine Jünger nach Spanien, Frankreich, Sicilien, Deutschland und anderen Ländern, um das Evangelium zu predigen. Seinen Vorzug vor allen übrigen Aposteln erkannten diese auch an bei der Wahl des Apostels Matthias, und bei der ersten Kirchenversammlung zu Jerusalem im Jahre 51: denn Petrus sprach immer zuerst und leitete sie. Im neunten Jahre seines Aufenthaltes in Rom wurde Petrus mit vielen andern Christen vertrieben. Er kehrte aber bald wieder, nachdem er verschiedene Gemeinden getröstet hatte, in diese Stadt zurück. Bald danach zog er sich den Haß des Nero zu, weil der Zauberer Simon, der zum Himmel fahren wollte, auf sein Gebet herabstürzte.

Sein Martyrium

Als er nun, auf Ermahnung der Gläubigen, vor der Wut des Kaisers fliehen wollte, begegnete ihm Jesus vor der Stadt, und antwortete auf seine Frage: „Ich gehe nach Rom, um mich abermals kreuzigen zu lassen.“ Petrus verstand diese Worte, und wurde, nachdem er den Gläubigen dies Gesicht erzählt hatte, in dem mamertinischen Kerker neun Monate verhaftet. Den 29. Juni im Jahre 67 nach Christo wurde er endlich als Jude nach jenem Teil der Stadt geschleppt, wo die Juden wohnten, und hier, wie sein Herr und Meister, zuerst gegeißelt, und dann, auf seine Bitte, mit dem Haupte unterwärts gekreuzigt. Er hielt sich unwürdig, wie Jesus zu sterben. Über seiner Leiche wurde die schöne Peterskirche erbaut. Beherzigen wir noch die Verheißung und den Befehl Jesu, seine Kirche betreffend: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“ Matth. 16, 18. „Wer die Kirche nicht hört, sei dir ein Heide und Zöllner.“ Matth. 18, 17.

Die Größe und Heiligkeit des Apostelfürsten

Es ist schon recht erstaunlich, wenn man liest: „Dieses Vorzugs war Petrus aber auch vor allen Aposteln würdig durch seine Demut, seinen Glauben, seine Liebe, und seinen Eifer für die Ehre des Herrn, wie wir gleichfalls in den Evangelien ausgezeichnete Belege finden.“ Sowohl die Protestanten als auch viele Traditionalisten können offenbar die Evangelien nicht mehr vorurteilsfrei lesen und diese Tatsache anerkennen. Ihre ideologische Brille verhindert es, die Größe und Heiligkeit des Apostelfürsten zu sehen. Und doch springt es in den Evangelien direkt ins Auge, mit welcher Liebe der hl. Petrus dem Herrn anhängt.

Es ist ganz besonders schön, wie der Autor die Untreue Petri beschreibt: „Die Liebe zu Jesus, und deren Unruhe, sein Schicksal zu erfahren, war es, die ihn, als er Jesus zwar verlassen hatte, in den Vorhof hineintrieb. Und diese Liebe drängte ihm dann bittere Tränen aus seinen Augen, als ihn Jesus, nachdem er ihn dreimal verleugnet hatte, mit verzeihender Liebe ansah.“ Wohl selten wurde eine Sünde so beweint und so tief bereut wie die Verleugnung des Herrn vom hl. Petrus. Die Liebe im Herzen Petri konnte zwar versagen, aber sie konnte nicht ausgelöscht werden. Immerhin trieb sie den hl. Petrus in den Vorhof hinein, während alle anderen Apostel bis auf Johannes davongelaufen waren.

Kommen wir nun zur zweiten Lebensbeschreibung, die uns hilft, manche Züge aus dem Leben des hl. Petrus noch besser verstehen und seine Heiligkeit hochschätzen zu lernen. Der Text stammt aus: „Leben und Taten der Heiligen. Eine Legenden-Sammlung für das christkatholische Volk.“ Zuerst von einigen katholischen Geistlichen in der Schweiz, jetzt neubearbeitet und vermehrt herausgegeben von Michael Sintzel, Beichtvater des Mutterhauses der barmherzigen Schwestern zu München (Zweiter Band, April, Mai und Juni, Augsburg 1839, Verlag der Karl Kollmann'schen Buchhandlung. S. 751-761). Die Texte wurden wiederum sprachlich angepaßt und mit Überschriften versehen.

Die Berufung des Apostels Petrus

Zur Berufung des hl. Petrus bemerkt Michael Sintzel sehr schön:

Als der Erstere [der hl. Andreas] hörte, daß Johannes den am Jordan erscheinenden Jesus das Lamm Gottes nannte, schloß er sich diesem an, und brachte, nach dem heil. Augustin, den übrigen Teil des Tages und sogar die ganze Nacht in dessen Gesellschaft zu. Die da mit Jesus gepflogene Unterredung überzeugte ihn bald, daß er der Christus, der Erlöser der Welt sei. Er suchte daher unverzüglich seinen Bruder auf, ihm verkündigend, er habe den Messias gefunden. Simon glaubte ebenfalls sogleich an Jesus, und in heiliger Ungeduld, ihn zu sehen und die Worte seines göttlichen Mundes zu hören, eilte er ohne Verzug mit seinem Bruder zu Jesus hin. Jesus nannte ihn, als er vor ihn trat, seine Allwissenheit zu erkennen gebend, mit seinem Namen Simon, den er dann in den syrisch-chaldäischen Namen Kephas, griechisch Petrus (Fels) umwandelte. Die beiden Brüder brachten einige Zeit bei dem Erlöser zu, worauf sie wieder zu ihren Fischernetzen zurückkehrten, fest entschlossen, oft zu ihm zu kommen, um seine Unterweisungen zu hören. … Als Jesus hierauf zu Petrus und Andreas sagte, sie sollten ihm folgen, gehorchten sie ungesäumt, und zwar mit einer so vollkommenen Herzensstimmung, daß Ersterer nachher vertrauensvoll sagen konnte: Sieh, Herr! wir haben Alles verlassen, und sind dir gefolgt. Sie besaßen zwar Nichts, als einen Nachen und Fischernetze; allein die Hingabe dieses kleinen Besitzes war die Hingabe ihres ganzen Reichtums, und mit einer so unbedingten Lostrennung des Herzens verbunden, daß man sagen kann, sie haben damals der Welt aus ganzer Seele entsagt. Dies ist jedoch nicht genug, sie entsagten zugleich sich selbst und ihrem eigenen Willen. Zur Belohnung versprach ihnen aber auch der Erlöser nicht nur eine ewige Seligkeit in dem andern Leben, sondern auch das Hundertfache in diesem, nämlich Schätze der Gnade und geistiger Segnungen, mit einem unzerstörbaren Seelenfrieden, der allen Begriff übersteigend, in den Tröstungen des Heiligen Geistes gefunden wird. Von jener Zeit an verließen Petrus und Andreas nie mehr ihren göttlichen Meister, und wurden seine unzertrennbaren Gefährten. Damals geschah es auch, daß Jesus in Kapharnaum die Schwiegermutter des heil. Petrus gesund machte.

Was für eine Tugend des Gehorsams, was für eine Ganzhingabe und Losschälung von allen irdischen Gütern, was für eine Liebe und Treue! Der hl. Petrus hängt wirklich von Anfang an mit ganzem Herzen an Jesus Christus. Er darf ihn wohl auch darum vor den anderen mehrmals als Sohn Gottes bekennen, darf auf dem Tabor Seine Herrlichkeit sehen, soweit es in diesem Leben möglich ist und im Ölberg sein Leiden miterleben.

Das Wirken der Gnade

Hören wir nun noch einmal von der dreimaligen Verleugnung Petri. Michael Sintzel gibt eine etwas anders geartete Deutung des Geschehens als Simon Buchfelner im obigen Text, nämlich:

„Bald wurde indes der mutvolle Jünger [Petrus], wegen seines großen Selbstvertrauens [als er dem Diener des Hohenpriester im Ölgarten mit dem Schwert das Ohr abschlug], und weil er das Gebet und die anempfohlene Wachsamkeit vernachläßigt hatte, bestraft; denn er fiel in Lauigkeit, und wenn er noch Jesus, mit dem er in den Tod zu gehen verlangt hatte, nachfolgte, so geschah es nur von Ferne, wie der heil. Lukas bemerkt.“

Was für eine Mahnung zu Vorsicht und Wachsamkeit gibt uns das Beispiel des hl. Petrus! Obwohl er es doch so gut meint und so voller Eifer ist, fällt er in Lauigkeit, weil er zu viel auf sich selbst vertraut. In dem Text heißt es dann etwas weiter:

„Er beteuerte nun zum dritten Male, und zwar mit einem Eid, daß er den Menschen, von dem geredet werde, nicht kenne. Nach dieser dritten Verleugnung krähte der Hahn zum zweiten Male. Allein dieses Zeichen, obgleich vorausgesagt, vermochte den Schuldigen noch nicht in sich zurückzuführen. Jesus blickte ihn an, nicht sowohl zwar, wie der heil. Augustin bemerkt, mit den leiblichen Augen, als durch die ihm heimsuchende Gnade. Und dieser Blick änderte sein Herz in einem Augenblick um, und bewirkte die vollendetste Bekehrung. Petrus von dem lebhaftesten Schmerze durchdrungen, verließ unverzüglich die ihm so unheilbringende Gesellschaft, ging hinaus in's Freie, und ließ seinen Tränen mit zerknirschtem und zerbrochenem Herzen ungehemmten Lauf. Sein Fall diente dazu, ihn für alle Zukunft fest in der Demut zu begründen, die gleichsam seine Lieblingstugend wurde. Der zum Muster der Hirten bestimmte Apostelfürst lernte ferner aus dem begangenen Fehler, mit den Schwächen des Nebenmenschen Mitleid tragen und die Sünder mit Güte behandeln.“

Wie wunderbar wirkt die göttliche Vorsehung! Gott läßt die Schwäche des hl. Petrus zu, aber durch die Gnade wird daraus ein ganz großer Segen. Petrus wird durch sein Versagen, seine Reue und Tränen fortan in einer ganz außergewöhnlichen Demut begründet. Und gerade diese Tugend wird Petrus besonders brauchen: „Der zum Muster der Hirten bestimmte Apostelfürst lernte ferner aus dem begangenen Fehler, mit den Schwächen des Nebenmenschen Mitleid tragen und die Sünder mit Güte behandeln.“ In dieser Demut allein konnte Petrus der Diener der Diener Gottes sein, also der Papst der Kirche Jesu Christi. Lassen wir nun den weiteren Text der Lebensbeschreibung geschlossen folgen, um noch etwas ausführlicher das segensreiche Wirken des hl. Petrus nach der Himmelfahrt Jesu betrachten zu können.

Petri Wirken nach der Himmelfahrt des Herrn

Die Zahl der Gläubigen vermehrte sich, der Bedrückung ungeachtet, mit jedem Tage; auch nahmen mehrere Priester die Lehre Jesu an. Allein diese glänzenden Siege der Wahrheit veranlaßten eine allgemeine Verfolgung zu Jerusalem. Der heilige Stephan empfing die Märtyrerkrone, und die anderen Gläubigen ergriffen die Flucht, um ihr Leben zu retten. Nur die Apostel blieben zu Jerusalem, um die daselbst verborgenen Brüder zu ermutigen. Die flüchtigen Jünger verkündigten an den verschiedenen Orten ihrer Zerstreuung die Lehre Jesu, wodurch zu ihrer Verbreitung beitrug, was sie hätte vernichten sollen. Bei dieser Veranlassung geschah es auch, daß der heilige Diakon Philippus mehrere Samariter bekehrte. Der heil. Petrus und Johannes gingen hierauf nach Samarien, um die neuen Jünger im Glauben zu kräftigen und ihnen den Heiligen Geist mitzuteilen. In dieser Stadt war es auch, wo der heil. Petrus zum ersten Male gegen Simon den Zauberer redete. Als der Friede in der Kirche wiederhergestellt war, verließ der heil. Petrus, der während der Verfolgung in Jerusalem geblieben war, die Stadt, um die Gläubigen der Umgegend zu besuchen. Zu Lydda, einer Stadt des Stammes Ephraim, heilte er einen Gichtbrüchigen, Namens Aeneas, welcher schon acht Jahre krank lag. Zu Joppe erweckte er die Tabitha von den Toten, welche eine durch Gottseligkeit und tätige Nächstenliebe ausgezeichnete Witwe war. Während seines Aufenthaltes in dieser Stadt wohnte er bei Simon, einem Gerber, wo ihm ein Engel vom Himmel den Befehl brachte, zu dem Hauptmanne Cornelius hinzureisen, um ihn zu taufen. Er hatte auch ein Gesicht, worin ihm Gott auf eine sehr deutliche Weise den Beruf der Heiden zum Glauben zu erkennen gab.

Die Verkündigung des Evangeliums

Um diese Zeit zerstreuten sich die Apostel, um allenthalben den Völkern der Erde das Evangelium zu verkündigen. Den Anfang machten sie in Syrien und den andern an Judäa grenzenden Ländern. Der heil. Petrus stiftete die Kirche zu Antiochien, der Hauptstadt des ganzen Orients. Es geziemte sich, sagt der heil. Chrysostomus, daß eine Stadt, wo die Gläubigen zuerst den Namen Christen empfangen hatten, den Apostelfürsten zum ersten Hirten erhielt. Längere Zeit hatte er auch in dieser Stadt seinen Sitz. Er unterließ indes nicht, verschiedene Reisen in andere Länder zu machen, um die Kenntnis des Namens Jesu zu verbreiten. Im Jahre 37 war der heil. Petrus zu Jerusalem, wo der heil. Paulus fünfzehn Tage bei ihm sich aufhielt. Bevor er die Reise nach Rom antrat, verkündigte er das Evangelium den in Pontus, Galatien, Bithynien, Kappadocien und Kleinasien zerstreuten Juden, wobei er jedoch nicht unterließ, bei günstiger Gelegenheit auch den Heiden die Heilslehren mitzuteilen. Bei der unter den Jüngern Jesu gemachten Teilung wählte der heil. Petrus die Stadt Rom zum Hauptort seiner apostolischen Arbeiten, um den höllischen Geist, der diese Hauptstadt der Welt zum Mittelpunkt des Aberglaubens und Irrtums gemacht hatte, mit der Kraft des Evangeliums zu bekämpfen. Hierin folgte er ganz den Absichten der göttlichen Vorsehung, welche das römische Reich zu einer so hohen Macht erhoben hatte, um die Verbreitung des neuen Gesetzes zu erleichtern und die Säule des Glaubens in der Hauptstadt der Welt aufzurichten, damit die göttliche Lehre schneller und ungehinderter zu den verschiedenen der Kaiserherrschaft unterworfenen Völkern dringen konnte. Der Apostelfürst sah, daß, wenn er die Macht der Hölle in ihrem Mittelpunkt vernichtet habe, er leicht einen Weg zur Eroberung der ganzen Welt bahne. Will man aber dieses Unternehmen nach menschlicher Vernunft und Einsicht bemessen, so kann nichts törichter gedacht werden; denn wie durfte sich wohl ein unwissender Fischer schmeicheln, der Hauptstadt eines abgöttischen Reiches die Lehre Jesu zuzuwenden? Welchen Erfolg konnte er sich verheißen, wenn er die Verachtung der Ehren, der Reichtümer und der Vergnügungen in einer Stadt predigte, wo nur Ehrsucht, Geiz und Sinnenlust herrschte? Wie sollte sich die Demut des Kalvarienberges mit dem Stolze des Kapitols vereinen? So viele Hindernisse, statt den Eifer des Apostelfürsten zu ersticken, entflammten ihn zu einem verzehrenden Feuer. Er tritt allein in Rom auf, und wagt es, den mit der ganzen Macht des Reiches gewaffneten Aberglauben anzugreifen, und Jesus, den Gekreuzigten, zu predigen. Den Anfang macht er mit den Juden, dann läßt er seine Stimme vor den Heiden erschallen, und bald bildet er eine zahlreiche aus Juden und Heiden gesammelte Kirche.

Die Reisen des hl. Petrus und das erste allgemeine Konzil

Der Apostelfürst stand der Kirche von Rom fünfundzwanzig Jahre vor, was ihn aber nicht hinderte, sich von Zeit zu Zeit zu entfernen, um auch in anderen Ländern den Glauben zu verkündigen. Nach kurzer Zeit kehrte er wieder in den Orient zurück, wo er auf Befehl des Königs Agrippa zu Jerusalem in den Kerker geworfen wurde. Als er aber aus demselben durch einen Engel befreit ward, durchwanderte er mehrere Länder des Orients, und stellte da Bischöfe auf. Als diese Anordnungen getroffen waren, reiste er wieder nach Rom, welche Stadt er jedoch im Jahre 49 verlassen mußte, da der Kaiser Claudius die Christen und Juden daraus vertrieb, wegen Unruhen, welche der Haß der Letzteren gegen die Ersteren erregt hatte. Diese Vertreibung hatte indes keine weiteren Folgen, indem beide Teile bald wieder die Erlaubnis erhielten, nach Rom zurückzukommen. Der Orient sah nicht lange nachher den heil. Petrus noch einmal, als er im Jahre 51 dem allgemeinen Concilium zu Jerusalem beiwohnte, wo nach seinem allgemein angenommenen Ausspruche entschieden wurde, daß die bekehrten Heiden nicht zur Beobachtung der Satzungen des alten Bundes verpflichtet seien.

Die beiden Petrusbriefe

Wir haben von dem heil. Petrus zwei kanonische Briefe. Der Erste ist aus Babylon geschrieben, unter welchem Namen die gelehrtesten Kirchenväter die Stadt Rom, den damaligen Mittelpunkt der Abgötterei und des Lasters, verstehen. Er scheint zwischen den Jahren 54 und 55 geschrieben, und hat zur Absicht, die Neubekehrten unter den Leiden und Verfolgungen in dem Glauben zu stärken, und die Irrtümer des Zauberers Simon, wie auch jene der Nikolaiten, zu widerlegen. Der Zweite, kurz vor des Apostels Tod aus Rom geschrieben, kann als dessen geistliches Testament angesehen werden. Er ermahnt darin die Gläubigen, unermüdlich an ihrer Heiligung zu arbeiten, und verwahrt sie gegen die Schlinge der Irrlehre. In Rom soll das Haus des Senators Pudens von dem heil. Petrus in die Kirche umgewandelt worden sein, welche jetzt noch den Namen zum heil. Petrus in den Banden trägt. Nebst Rom hatte der Glaubensbote nach dem allgemeinen Befehle Jesu Italien und andere Provinzen des Abendlandes zu seinem Wirkungskreis erkoren, um so weit, als möglich, den Namen Jesus zu verbreiten.

Die Entlarvung des Zauberers Simon und der Zorn des Kaisers Nero

Simon der Zauberer wußte sich in Nero's Gunst einzuschleichen, der ein unsinniger Verehrer der Zauberei war. Die Väter versichern, Simon habe dem Kaiser und dem Volke versprochen, sich mittels der Engel in die Luft zu erheben, vorgebend, dadurch die Himmelfahrt Christi nachzuahmen. Er habe sich auch wirklich durch Hilfe der verworfenen Geister emporgeschwungen; sei aber auf das Gebet der Apostel Petrus und Paulus herabgestürzt, habe ein Bein gebrochen, und sei nach wenigen Tagen in Wut und Verzweiflung gestorben. Die Fortschritte, welche das Evangelium mit jedem Tage durch die Wunder und Predigten der Apostel machte, waren nach dem Bericht des Lactantius die Ursache der von Nero erregten Christenverfolgung. Petrus und Paulus wurden verhaftet, und acht Monate im Gefängnis verwahrt. Der Erstere wurde dann zur Kreuzigung verurteilt. Als er an die Todesstätte kam, begehrte er mit dem Haupte erdwärts an's Kreuz geschlagen zu werden, weil er sich unwürdig hielt, wie sein Heiland zu sterben. Die Schergen willfahrten dem Begehren des Apostels. Man setzt den Märtyrertod der heil. Petrus und Paulus in das Jahr 65 nach Christi Geburt. Der heil. Chrysostomus ward immer von Andacht und Bewunderung entzückt, wenn er von den zwei großen Aposteln redete, und besonders, wenn er der Liebe des heil. Petrus zu seinem göttlichen Meister erwähnte. Er nennt ihn „den Anführer des Apostelchores, den Mund aller Apostel, das Haupt und den Leiter jener heiligen Familie, den Vorsteher der ganzen Welt, die Grundfeste der Kirche.“

Nutzanwendung

Wie glücklich wären wir, wenn wir mit dem heiligen Petrus wahrhaft zu Christus sagen könnten: Herr, du weißt, daß ich dich liebe! Diese Liebe war in dem heiligen Petrus vor dem Leiden Christi zwar zart und feurig, aber nicht stark und nicht demütig genug. Deswegen ließ es Gott zu, daß er seinen göttlichen Meister dreimal verleugnete. Allein nach der Auferstehung Jesu Christi, und noch mehr nach der Herabkunft des Heiligen Geistes, war die Liebe des heiligen Apostels demütig, stark, großmütig und standhaft. Er setzte sein Vertrauen nicht auf seine Kräfte, sondern nur auf die Gnade Jesu Christi. Er verkündigte das Evangelium im Angesicht der ganzen Synagoge und der hohen Priester, die alle Feinde des Heilandes waren, und duldete mit Freuden Schmach, Schläge, Gefängnisse und unzählige andere Leiden, sowohl von den Juden, als auch von den Heiden; er litt bis zum Tode und zwar bis zum Tode des Kreuzes, auf welchem er sein Opfer vollbrachte. Bitten wir den heiligen Apostel, daß er uns eine ähnliche Liebe gegen unsern liebenswürdigsten Heiland erlange; trauen wir nicht uns selbst, verlassen wir uns nicht auf einen vorübergehenden Eifer; sondern erkennen wir unser Nichts, und hoffen wir auf die Gnade Gottes und auf die Verdienste Jesu Christi. Seien wir standhaft in der Ausübung des Guten; und wenn wir nicht mit Freuden leiden können, so leiden wir wenigstens mit Geduld die Widerwärtigkeiten dieses Lebens, bis wir zum Ziel unserer Laufbahn und zu jener Herrlichkeit gelangen, welche Gott jenen verheißen hat, die ihn aufrichtig und von ganzem Herzen lieben und ihm bis in den Tod getreu sind. Dies ist der vorzüglichste Nutzen, sagt der heilige Augustin, den wir aus der heutigen Feierlichkeit der Fürsten der Apostel Petrus und Paulus ziehen sollen. Wir sollen diesen Festtag, spricht der heilige Lehrer, mit einer geistigen, nicht aber mit einer weltlichen und unheiligen Freude begehen. Glauben wir ja nicht, daß wir die Wünsche dieser heiligen Apostel nur dadurch erfüllen, daß wir sie loben und ihre heldenmütigen Tugenden bewundern. Solche Lobsprüche suchen sie nicht, und sie bedürfen derselben nicht; denn sie sind in Gott ganz glückselig. Das, was sie von uns verlangen, ist, daß wir ihren Beispielen nachfolgen und mit Mut und Liebe auf dem schmalen Wege wandeln, der zum Himmel führt. Dieser Weg ist zwar rauh und mit Dornen besät; allein man kann doch sagen, daß er weniger beschwerlich geworden ist, seitdem ihn nicht nur diese heiligen Apostel, sondern auch unzählige andere Heilige aus jedem Stande, Geschlecht und Alter, sogar schwache Knaben und Mädchen, betreten haben, welche alle, wie der heilige Augustin am Schluß sagt, die Welt, das Fleisch und den Teufel besiegten, nicht aus eigenen Kräften, sondern durch die Gnade des Heilandes, welcher spricht: Ohne mich könnt ihr nichts tun; seid aber getrost, ich habe die Welt überwunden. Lesen wir den Unterricht, welchen der heilige Apostel Petrus den Gläubigen in seinen Briefen gibt, oft, besonders aber in dieser Oktav. Der erste ist ohnehin ein Inbegriff des christlichen Lebens und der Gottseligkeit. – Jesus gebrauchte zur Verbreitung seiner Religion Mittel, die der menschlichen Klugheit ganz entgegengesetzt waren. Er wählte für sich selbst ein armes, beschwerliches Leben und einen schmählichen Tod. Zur Verkündigung des Evangeliums wählte er einen Mann von niederer Herkunft, ohne Mut und ohne Wissenschaft; und diesem Menschen gab er eine heldenmäßige Unerschrockenheit, die Gabe sich in verschiedenen Sprachen auszudrücken, eine außerordentliche Gewalt über die Natur und eine Beredsamkeit, durch welche viele Tausende der Feinde Christi bekehrt wurden. Er schickte ihn, die schon so lange herrschende Abgötterei anzugreifen. Er ließ es zu, daß derselbe nach unzähligen Bekehrungen am Kreuz starb. Wie herrlich aber krönte er ihn für seine Demütigungen im Himmel! Seine Gebeine verehrt, und seinen Verfolger verabscheut man. Sind dies nicht Wunder, die der Allerhöchste wirkte? Ist die Einführung der christlichen Religion nicht göttlich? Sollen wir nicht alles glauben, was uns die heilige Religion lehrt? Sollen wir das nicht tun, was sie von uns fordert und meiden, was sie uns verbietet? Sollen wir die Nachfolger des heiligen Petrus nicht hoch verehren? Tut Buße und bekehret euch, damit eure Sünden getilgt werden! Wenn der Gerechte kaum selig wird, wo wird der Gottlose und Sünder sich zeigen können? „Sagen wir mit einem Munde zu dem Sohne Gottes: Du bist der Sohn des lebendigen Gottes! In den Höhen und in den Tiefen gibt es für alle keinen anderen Rat. Behalte diesen Ausspruch wie tägliches Brot, und betrachte ihn den ganzen Tag!“ Heil. Ephräm. Möge auch, wie dem heiligen Petrus, der Gedanke an Jesus unser liebster, und Ihm allein zu leben unser wichtigstes Geschäft sein! Trachte nach Herzensfestigkeit!

Gebet

Jesus, Stifter deiner heiligen Kirche, bewahre das Haupt und die Glieder dieser über die ganze Erde verbreiteten Gottesgemeinde vor jeglichem Verderben. Sie als die Bewahrerin deines Heiligtums hat mancherlei Kämpfe zu bestehen, sei du ihr Retter und Schützer. Auf dein heiliges Versprechen gestützt, leben wir getrost in der Gegenwart und sehen vertrauend in die Zukunft. Laß nie zu, daß wir diese heilige Kirche entehren, durch Lehre oder Tat; sondern erhalte uns stets als würdige Glieder der Gemeinschaft der Heiligen, für die Zeit und für die Ewigkeit. Amen.

Kirchengebet

O Gott, der du den heutigen Tag durch den Martertod deiner Apostel Petrus und Paulus geheiligt hast, verleihe uns, daß wir ihrer Lehre in allem getreu nachkommen; durch Jesus Christus, unsern Herrn. Amen.

Schluß

Wir hoffen, jeder Leser hat durch diese Betrachtungen des Lebens Petri einen tieferen Eindruck von seiner Heiligkeit gewonnen. Der hl. Petrus war ein ganz großer Heiliger – wie könnte es auch anders sein, hat ihn doch unser Herr Jesus Christus zum ersten Papst Seiner Kirche auserwählt. Aber genauso wie alle anderen Apostel hat ihn unser Herr auf sein Amt vorbereitet. Er hat ihn ganz besonders belehrt, gemahnt und zurechtgewiesen. Ebenfalls wie den anderen Aposteln wurde auch dem Petrus erst am Pfingstfest der Heilige Geist in Seiner Fülle geschenkt. Erfüllt vom Heiligen Geist tritt er sodann auch als Missionar durchaus an die Seite des hl. Paulus, wenn auch seine Aufgabe zunächst darin besteht, zu den verlorenen Schafen des Volkes Israel zu gehen. Später wird er nach Rom pilgern, um auch die Heiden zu Gott zu führen, denn die Kirche, der er vorsteht, ist die einzig wahre Kirche und darum für alle Völker und Stämme der ganzen Welt.

Sobald man den echten Petrus mit seiner beeindruckenden echten Heiligkeit vor Augen hat, kann man sich auch nicht mehr vorstellen, daß ein wahrer Katholik einen Angelo Giuseppe Roncalli, alias Johannes XXIII., oder einen Karol Józef Wojty?a, alias Johannes Paul II., für einen Heiligen hält. Wer dieses Kunststück fertigbringen will, der muß zuvor den hl. Petrus seiner echten Heiligkeit entkleiden und ihn zu einem Menschen wie alle anderen machen, zu einen großen Sünder und jämmerlichen Versager. Wir jedenfalls ziehen den echten heiligen Petrus vor und weisen darum die Pseudopäpste als Pseudoheilige der Menschenmachwerkskirche zurück. Zu diesem großen heiligen Papst, der den Anfang einer langen Reihe von heiligen Päpsten bildet, beten wir in unserer großen Glaubensnot zuversichtlich:

„Simon Petrus, du Hirt der Herde Christi, Apostelfürst; dich kannte der Herr, bevor er dich vom Fischerkahn berief, und setze dich zum Herrscher über sein Volk; dir übergab er die Schlüssel des Himmelreiches, dich nannte er den Fels und baute auf dir seine Kirche; für dich hat er gebetet, daß dein Glaube nicht wanke; komm und stärke auch uns, deine Brüder! Du verstehst unsere Schwäche, denn du warst selber einmal kleingläubig, er aber gab dir seine gute und rettende Hand. Bitte für uns, daß auch wir die Hilfe des Herrn erfahren, wenn wir auf schwankenden Wogen in den Stürmen des Lebens den Mut verlieren. Und wenn wir das Unglück gehabt haben und den Herrn durch unsere Sünde verleugnet haben, dann bitte den Herrn, daß er auch uns einen Blick aus seinen erbarmenden Augen schenke, auf daß wir hingehen und unsere Schuld bitterlich beweinen. Du Schlüsselwart des Himmlischen Reiches, öffne auch uns die Türe zur ewigen Heimat! Amen.“

(Aus: Gottesdienst - Gebet- und Gesangbuch für die Erzdiözese München und Freising, 1950)