1. Dom Prosper Guéranger (1805-1875) „war der Begründer einer neuen liturgischen Bewegung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts und erster Abt des wiederbegründeten Benediktinerklosters Solesmes“, wie uns „Wikipedia“ informiert. Von Solesmes ging eine ungeheure nicht nur liturgische, sondern gesamtkirchliche Reformbewegung aus.
„Der hochqualifizierte, einflussreiche und reformeifrige Liturgiker Guéranger bemühte sich erfolgreich, die liturgischen Sonderformen und Einzelriten aller französischen Bistümer durch die verbindliche Einführung des bereits mit dem Apostolischen Siegelschreiben Papst Pius V. Quo primum am 14. Juli 1570 in Kraft getretenen römischen Ritus zu ersetzen“, weiß „Wikipedia“ weiter. „Quo primum verbot alle Riten, die nicht seit mindestens 200 Jahren bestanden.“ Guéranger war also ein Reformer im wahren kirchlichen Sinn. Er versuchte nicht, irgendwelche neuen Formen oder Gebräuche in die Liturgie einzuführen. Im Gegenteil war er bestrebt, die römische Messe, so wie sie vom heiligen Papst Pius V. im Gefolge des Konzils von Trient kodifiziert worden war, überall durchzusetzen. Gerade in Frankreich nämlich hatten sich, den Anordnungen des heiligen Papstes zum Trotz, zahlreiche „liturgische Sonderformen und Einzelriten“ gehalten oder gar erst gebildet. Vermutlich dachte man, wenn man diese erst einmal 200 Jahre durchgehalten hätte, würden sie nicht mehr unter das Verbot von „Quo primum“ fallen.
Das liturgische Jahr
2. Doch nicht nur auf liturgischem Gebiet war Dom Guéranger von einem wahrhaft kirchlichen Reformgeist beseelt. „In der Frage der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis Mariens (die 1854 durch Papst Pius IX. erfolgte) wurde Guéranger in den Beratungsprozess des französischen Episkopats miteinbezogen. Er förderte die Dogmatisierung in Frankreich sehr und verteidigte sie dann später auch in zahlreichen Kleinschriften. Prosper Guéranger galt als Ultramontanist. Dies kommt besonders in seiner äußerst vehementen – teilweise polemischen – Verteidigung der 1870 auf dem Ersten Vatikanischen Konzil beschlossenen und ebenfalls dogmatisierten Unfehlbarkeit des Papstes zum Ausdruck“ (ebd.). Dom Guéranger war überzeugt, daß die Reform der Kirche nur auf ihrem Felsenfundament, dem Papst, gelingen könnte. Er war das, was man heute einen „Sedisvakantisten“ nennen würde, einer jener, die es mit dem Papst völlig „übertrieben“.
Guéranger verfaßte auch viele Schriften. Als sein Hauptwerk gilt „L‘Anné liturgique“, „Das liturgische Jahr“, das er 1841 zu schreiben anfing und dessen fünfzehn Bände er nicht mehr ganz vollenden konnte. „Das Werk enthält eine vollständige fünfzehnbändige Kommentierung der liturgischen Texte des Kirchenjahres sowie Übersetzungen der Texte des Breviarium Romanum und des Missale Romanum ins Französische“, berichtet wiederum „Wikipedia“. „Seine Kommentierung nimmt oftmals Rekurs auf andere Liturgiefamilien der Ost- und Westkirche. Für das liturgische Jahr ab Pfingsten führte Lucien Fromage das Werk fort.“ In diesem Werk bemüht sich Guéranger anhand des Verlaufs der verschiedenen Zeiten des liturgischen Jahres die Gläubigen mit dem liturgischen Gebet der Kirche vertraut zu machen.
Der Bruch der Abstinenz als Ursache allen Übels
3. Dom Prospers Abhandlung zur Fastenzeit beginnt mit einem geschichtlichen Abriß. Nachdem er gezeigt hat, daß die Einsetzung der Fastenzeit als Vorbereitung auf Ostern bereits auf die Apostel zurückgeht, holt er weiter aus bis zu den Anfängen der Menschheit. Einige Kirchenväter wie die heiligen Basilius, Johannes Chrysostomos, Hieronymus und Gregor der Große erinnern daran, daß das erste Gebot Gottes an unsere Stammeltern ein Abstinenzgebot (von lat. abstinere = sich enthalten, fernhalten) war. „Von allen Bäumen des Gartens magst du essen; aber von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn welchen Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben“ (Gen 2, 16-17), so lautete das Gebot Gottes an den ersten Menschen. Wie wir wissen, haben sich Adam und Eva an dieses Gebot nicht gehalten. Sie haben es übertreten und damit alles Unheil über die ganze Welt gebracht, Krankheit und Tod, Kriege, Seuchen, Katastrophen usw. Alles, was seither an Üblem geschehen ist, bis hin zur gegenwärtigen „Pandemie“, war Folge der Übertretung eines Abstinenzgebotes. Das sollte uns zu denken geben. Fortan hatten die Menschen ein Leben der Buße zu führen, da der Erdboden Dornen und Disteln hervorbrachte. Aber die Menschen waren großteils zur Buße nicht bereit, und namentlich die Kainiten versuchten, sich auf Erden ein schönes Leben zu machen. Die Gottlosigkeit nahm überhand, und Gott der Herr sandte zur Strafe eine Flut auf die Erde.
Nach der Sintflut hat Gott aus Barmherzigkeit die Lebenszeit des Menschen verkürzt, um diesem weniger Gelegenheit zum Sündigen zu geben und ihm auch einiges an Mühen und Plagen zu ersparen. Die Patriarchen der alten Zeit wurden teilweise über 900 Jahre alt: Adam lebte 930 Jahre, sein Sohn Seth wurde 912 Jahre alt, der Patriarch Kainan 910 Jahre, Jared 962 Jahre, Mathusala (Methusalem) erreichte das stolze Alter von 969 Jahren, und Noe wurde 950 Jahre alt. Noch bevor Gott die Flut schickte, heißt es: „Und Gott sprach: Mein Geist soll nicht ewig im Menschen bleiben; denn er ist Fleisch, und seine Tage sollen hundertundzwanzig Jahre sein“ (Gen 6, 3). Tatsächlich sinkt das Lebensalter der Menschen nach der Sintflut rapide. Noes Sohn Sem wird immerhin noch 600 Jahre alt, seine Nachkommen der nächsten drei Generationen noch über 400 Jahre, nämlich Arphaxad 438 Jahre, Sale 433 Jahre und Heber 404; die nächsten drei Generationen erreichen nur noch ein Alter von über 200 Jahren, Phaleg und Reu 239 Jahre und Sarug 230 Jahre, dann sinkt das Alter weiter auf 148 Jahre bei Nachor und 145 Jahre bei Thare, dem Vater des Abraham. Abraham selber wird tatsächlich nur noch 125 Jahre alt. Älter dürfte seither kein Mensch mehr geworden sein, und auch der medizinische Fortschritt wird die Lebenszeit der Menschen nicht über diese Grenze hinaus ausdehnen können.
Vegetarier oder Fleischesser?
4. Es wird uns berichtet, daß Noe nach Beendigung der Flut einen Altar errichtete und Gott ein Opfer darbrachte. Daraufhin segnet Gott Noe und seine Söhne „und sprach zu ihnen: Wachset und mehret euch und erfüllet die Erde. Furcht und Schrecken vor euch komme über alle Tiere der Erde und über alle Vögel des Himmels, über alles, was sich auf Erden regt; alle Fische des Meeres sind in eure Hand gegeben. Und alles, was sich regt und lebt, soll euch zur Speise dienen, wie das grüne Kraut übergebe ich euch alles. Nur Fleisch, das noch sein Blut in sich hat, sollt ihr nicht essen“ (Gen 9, 1-4). Der Kommentar bemerkt dazu: „Die Herrschaft über die Tiere war dem Menschen schon bei der Schöpfung übertragen. Durch die Sünde ist Gottes Ebenbild im Menschen entstellt, daher Gewalt einerseits, Furcht andererseits.“ Es werden allerdings „der Menschheit bei ihrem neuen Anfange einige Schranken gezogen, sie vor dem … Zurückfallen in die Verrohung und Gottlosigkeit zu bewahren. Das erste Verbot ist, Blut nach Art der wilden Tiere zu genießen…“, also abermals ein Abstinenzgebot.
Einige Ausleger, denen sich Guéranger anschließt, interpretieren diese Stelle der Genesis so, daß Gott erst jetzt, nach der Flut, den Menschen das Fleischessen erlaubte, um sich zu ihrer Schwäche herabzulassen. Andere wie der heilige Thomas von Aquin sind da anderer Meinung. In seiner „Summa theologiae“ (I q. 96 a. 1) schreibt der Aquinate, daß das Unvollkommenere stets zum Nutzen des Vollkommeneren da ist. So nutzen die Pflanzen die Erde, um sich zu ernähren, die Tiere nutzen die Pflanzen und die Menschen Pflanzen und Tiere. „Daher herrscht der Mensch von Natur aus über die Tiere. Deshalb sagt der Philosoph [Aristoteles], daß die Jagd der Waldtiere gerecht und natürlich ist, weil durch sie der Mensch nur das in Anspruch nimmt, was von Natur aus ihm gehört.“
5. An einer anderen Stelle, da er über das fünfte Gebot handelt (IIa IIae q. 64 a. 1), stellt er fest: „Unter anderem scheint es höchst notwendig zu sein, daß Tiere Pflanzen als Nahrung gebrauchen und Menschen Tiere. Das aber ist ohne Tötung derselben nicht möglich. Und darum ist es erlaubt, Pflanzen zu töten zum Nutzen der Tiere und Tiere zum Nutzen der Menschen, und das geschieht auf göttliche Anordnung. Denn es heißt in Genesis 1, 29-30: ‚Seht, ich habe euch alle samentragenden Pflanzen auf Erden und alle Bäume, die in sich selbst den Samen ihrer Art tragen, gegeben, daß sie eure Nahrung seien, und allen Tieren der Erde…‘ Und in Genesis 9, 3 heißt es: 'Und alles, was sich regt und lebt, soll euch zur Speise dienen…‘“ Der Doctor univeralis sieht also beide Stellen der Heiligen Schrift, die eine im Paradies und die andere nach der Sintflut, im selben Kontext, nicht so, als ob später etwas erlaubt wurde, was anfangs verboten war. Sondern beides gibt jene eine göttliche Anordnung und jenes eine Naturgesetz wieder, wonach Pflanzen und Tiere dem Menschen zum Nutzen gegeben sind und von ihm auch zur Nahrung verwendet werden dürfen.
Auf die Frage, warum die Menschen im Urzustand des Paradieses offensichtlich keine Tiere benutzt haben, antwortet der heilige Thomas: „Im ursprünglichen Zustand der Unschuld brauchten die Menschen die Tiere nicht für ihre leiblichen Bedürfnisse; weder als Kleidung, da sie nackt waren, ohne sich zu schämen, da es keine ungeordnete Regung der Begierlichkeit gab, noch als Speise, weil sie von den Bäumen des Paradieses ernährt wurden, noch als Mittel zur Fortbewegung, da sie über genügend körperliche Kraft verfügten. Sie brauchten sie jedoch, um aus der Erfahrung Kenntnisse über deren Natur zu erlangen. Das wird dadurch angedeutet, daß Gott die Tiere vor den Menschen führte, damit er sie benenne (Gen 2, 19), wodurch er ihre Natur bezeichnete“ (I 1. 96 a. 1 ad 3).
Daraus ergibt sich, daß das Essen von Tieren dem Menschen natürlich und erlaubt ist – anders als manch militanter Vegetarier es will –, daß es andererseits aber für ihn nicht notwendig ist, Tiere zu essen – anders als manch militanter Fleischesser es will. Im Urzustand haben die Menschen keine Tiere gegessen. Das kam erst mit der Zeit in Übung, zum einen weil sie die kräftige Nahrung des Paradieses nicht mehr hatten, zum anderen wegen ihrer zunehmenden Schwäche, aber auch ihrer zunehmenden Begierlichkeit infolge der Erbsünde. Deshalb wird diese Erlaubnis nach der Sintflut ausdrücklich von Gott wiederholt, um der Natur des Menschen zu entsprechen, andererseits mit Einschränkungen versehen, um der Begierlichkeit gegenzusteuern.
Der Weinbau
6. Es heißt in der Heiligen Schrift weiter, daß Noe nach der Sintflut einen Weinberg anlegte. „Und Noe fing an, als Ackersmann die Erde zu bebauen, und pflanzte einen Weinberg“ (Gen 9, 20). Der Kommentar bemerkt dazu: „Er kannte den Weinstock also.“ Es ist anzunehmen, daß er nicht nur die Tiere, sondern auch die nötigen Pflanzen auf seiner Arche mitführte. Darunter wird sich sicherlich auch ein Weinstock befunden haben. Dom Guéranger scheint anzunehmen, daß der Weinbau erst nach der Sintflut durch Noe aufgrund „göttlicher Inspiration“ eingeführt wurde. Dies sei das zweite Zugeständnis Gottes an die menschliche Schwäche gewesen nach der Erlaubnis des Fleischessens.
Uns scheint hingegen, daß der Weinbau den Menschen von Anfang an bekannt war und von ihnen geübt wurde, und daß Noe keine eigene Inspiration brauchte, sondern das tat, was er vor der Flut bereits gekannt und getan hatte. Schließlich hatte Gott den Wein zusammen mit dem Brot von Anfang an ausersehen als jene Gestalten, unter welchen im heiligsten Altarsakrament Leib und Blut des Erlösers gegenwärtig werden sollten. Sie werden deshalb sehr häufig in der Heiligen Schrift erwähnt. Im Psalm heißt es: „Du lässest Gras wachsen für das Vieh und Pflanzen zum Dienste der Menschen, daß du aus der Erde Brot hervorbringest und daß der Wein des Menschen Herz erfreue“ (Ps 103, 14-15). Es wäre sonderbar, wenn das Brot bereits den ersten Menschen bekannt gewesen wäre, da doch Gott zu Adam spricht: „Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen“ (Gen 3, 19), der Wein aber bis nach der Sintflut unbekannt geblieben sein soll.
Fasten als Enthaltung von Fleisch
7. Wie auch immer, es steht fest, daß Fleisch und Wein immer auch als Genußmittel angesehen und daher häufiger mißbraucht wurden als das Brot. Deshalb sind wir mit Dom Guéranger ganz einig, der darauf hinweist, daß Fasten in erster Linie bedeute, sich von jenen Nahrungsmitteln zu enthalten, die – wie er meint – unserer Schwäche wegen uns zugestanden wurden, die – wie wir meinen – zwar von Anfang an dem Menschen zustanden, aber seine Begierlichkeit besonders wecken. Das Fastengebot bezieht sich daher zuerst auf die Enthaltung von Fleisch. Denn dieses ist nicht absolut notwendig zur Erhaltung unseres Lebens (es sei denn, es stünde uns sonst nichts als Nahrung zur Verfügung). Darum stellt man auch fest, daß die Fleisch-Abstinenz überall eingehalten wird, selbst dort, wo sonstige tierische Nahrung beim Fasten erlaubt ist.
Allerdings waren beim christlichen Fasten jahrhundertelang nicht nur Fleisch, sondern auch Eier und Milchprodukte untersagt, da diese ebenfalls unter tierische Nahrung fallen und unsere Begierlichkeit mehr ansprechen als rein pflanzliche Nahrung. Das dürfte daran liegen, daß sie unserer animalischen Natur näher sind. Bis heute wird diese Enthaltung von aller tierischen Nahrung in den Ostkirchen eingehalten – wenigstens bei jenen, die sich überhaupt noch an das Fasten halten –, und in der lateinischen Kirche handelt es sich bei der Erlaubnis, andere tierische Nahrung zu sich zu nehmen, eigentlich um eine jährlich erneuerte Dispens. So jedenfalls zur Zeit Dom Guérangers. Die Enthaltung von Fleisch und Fleischspeisen war für das Fasten so wesentlich, daß sie sogar an den Sonntagen der Fastenzeit galt, die ansonsten vom Fasten ausgenommen sind. Und diese Astinenzverpflichtung band auch jene, die aus irgendwelchen Gründen (z.B. weil sie schwer arbeiten mußten) vom Fasten unter der Woche befreit waren, wenn es nicht eine besondere Dispens für das Fleischessen am Sonntag gab. In den frühen christlichen Jahrhunderten gehörte auch die Wein-Abstinenz zum Fasten, wovon mehrere Kirchenlehrer Zeugnis geben, so der hl. Cyrill von Jerusalem, der hl. Basilus, der hl. Johannes Chrysostomus und andere.
Die Zeit des Fastens und ihr Platz in der Liturgie
8. Außerdem gehörte zum Fasten, sich auch bei den übrigen Speisen einigen Abbruch zu tun, d.h. nur einmal am Tag eine Mahlzeit einzunehmen. Bei den Juden im AT war es üblich, das Fasten bis zum Sonnenuntergang zu halten, d.h. erst nach Sonnenuntergang die Mahlzeit zu sich zu nehmen. So wurde es ursprünglich auch bei den Christen gehalten und vor allem im Westen während Jahrhunderten peinlich beobachtet. Erst im 9. Jahrhundert gab es in der lateinischen Kirche ein Nachlassen dieser Strenge. Gehalten hat sich diese Observanz bis heute bei den Muslimen, die während des Ramadan bis zum Sonnenuntergang fasten. Bei den Christen hingegen kam der Brauch auf, das Fasten nur noch bis zur Stunde der Non, d.h. bis zum Nachmittag gegen 15 Uhr, auszudehnen. Dieser Brauch wurde von den Bischöfen beklagt und bekämpft, so von einem Konzil von Rouen im 11. Jahrhundert.
Es war in der Kirche früher üblich, die Heilige Messe an Fasttagen erst nach dem Singen der Non zu feiern, danach folgte bei Sonnenuntergang das Gebet der Vesper. Man muß dazu wissen, daß das Stundengebet der Mönche und Priester nach dem Gebet der Nachtwachen (Matutin) und der Laudes bei Sonnenaufgang den Tag in dreistündige Abschnitte aufteilt. Am Morgen zur ersten Stunde (6 Uhr) betet oder singt man die Prim, zur dritten Stunde (9 Uhr) die Terz, zur sechsten Stunde (12 Uhr) die Sext und zur neunten Stunde (15 Uhr) die Non. Beim Einbruch der Abenddämmerung wird die Vesper gesungen, als Nachtgebet die Komplet. An Fasttagen also wurde zwischen Non und Vesper die Messe gefeiert, nach der Vesper wurde die Mahlzeit eingenommen. Diese Einteilung hat die Kirche seit den ältesten Zeiten beibehalten, hat aber in späterer Zeit die Vesper nach vorne gezogen (antizipiert), wodurch auch die übrigen Horen (Gebetsstunden) nach vorne wanderten, und zwar so, daß schließlich zu Mittag bereits gegessen werden konnte. In der gültigen römischen Liturgie, wie sie sich in den Büchern von vor 1955 findet, ist es heute noch so, daß in der Fastenzeit die Vesper vor dem Mittag zu beten ist, und die Liturgien der Karwoche (Gründonnerstag, Kafreitag, Karsamstag) sind jeweils zwischen Non und Vesper angesetzt. In der Praxis bedeutet das, daß die kleinen Horen, Prim, Terz, Sext und Non, bereits in der Frühe gebetet werden, danach die jeweilige Liturgie gefeiert wird und danach, noch vor Mittag, die Vesper. Das hat zur Folge, daß am Karsamstag mittag um 12 Uhr die Fastenzeit endet, weil dann bereits die erste Vesper von Ostern gesungen ist, die den Abschluß der Vigilfeier darstellt.
Vorverlegung der Mahlzeit und Einführung einer Stärkung
9. Zunächst jedoch war die Mahlzeit von der Zeit des Sonnenuntergangs auf die Zeit der Non am Nachmittag vorverlegt worden. Im 12. Jahrhundert war dieser Brauch, allen entgegengesetzen Bestrebungen zum Trotz, bereits überall verbreitet und wurde im 13. Jahrhundert von den Scholastikern bestätigt, so z.B. vom heiligen Thomas von Aquin (Vom rechten Fasten). Doch schien dieser Usus immer noch zu streng, weshalb die Mahlzeit von der Zeit der Non weiter vorrückte auf die Mittagsstunde, d.h. die Zeit der Sext. Bereits Ende des 13. Jahrhunderts lehrte der Franziskaner Richard v. Middleton, daß es nicht als Übertretung des Kirchengesetzes anzusehen sei, wenn man schon mittags seine Mahlzeit zu sich nimmt. Als Grund gab er an, es sei eine verbreitete Gewohnheit, und der Sinn des Fastengebotes sei schließlich die nur einmalige Sättigung, nicht der Zeitpunkt, wann diese stattfindet. Im 14. Jahrhundert war diese Praxis und Sichtweise allgemein übernommen, auch vom Papst, den Kardinälen und religiösen Orden. Der heilige Antoninus, Kardinal Cajetan und viele andere Theologen unterstützen das. Alexander von Hales und der heilige Thomas von Aquin stemmten sich vergeblich dagegen. Gleichsam noch zu ihren Lebzeiten wurde die neue Disziplin etabliert. Die Horen des Breviers wurden entsprechend antizipiert, wie oben gesehen.
Die Vorverlegung des Essens auf die Mittagsstunde machte das Fasten für den Rest des Tages und bis zum Mittag des folgenden Tages beschwerlich. Darum erwies sich eine Erfrischung am Abend notwendig, die sog. Collation. Der Name stammt aus der Regel des heiligen Benedikt, die schon lange vor dieser Änderung in der Fastenobservanz eine Collation (Stärkung) für die Mönche vorgesehen hatte. Bei den Benediktinern gab es viele Fasten außerhalb der kirchlichen Fastenzeit, so z.B. das große mönchische Fasten ab dem 14. September, dem Fest der Kreuzerhöhung. In diesen Zeiten durften die Mönche bereits ab der Non etwas zu sich nehmen, und da sie nachher noch viel zu arbeiten hatten, besonders im Sommer, erlaubte die Regel ein wenig Wein vor der Komplet zur Erfrischung. Dieser wurde während der abendlichen Lesung eingenommen, die Collatio genannt wurde. Daher der Name. Später wurde der Brauch eingeführt, bei der Collation ein wenig Brot zum Getränk zu nehmen, damit der Trunk der Gesundheit nicht schade. Bald fand die Collation oder Stärkung ihren Weg aus den Klöstern zu den Gläubigen. Der heilige Thomas erklärt, daß das Trinken außerhalb der Fastenmahlzeit das Fasten nicht bricht, und daß man ein klein wenig Nahrung dazu nehmen kann. So kam es Ende des 13., Anfang des 14. Jahrhunderts in Gebrauch, zum Getränk als Stärkung etwas Brot, Kräuter, Früchte etc. zu sich zu nehmen. Es war aber sowohl im Kloster wie auch bei den Gläubigen klar, daß diese Stärkung nicht den Umfang eines zweiten Mahles annehmen durfte.
Weitere Abschwächung des Fastens
10. Eine weitere Abschwächung des Fastens geschah so: Jahrhundertelang schloß das Abstinenzgebot den Verzicht auf alle tierische Nahrung mit ein, mit Fisch als einziger Ausnahme (der aufgrund seiner kalten Natur und aus verschiedenen mystischen Gründen, die man in der Hl. Schrift fand, immer erlaubt war). Alle Milchprodukte waren verboten, und in Rom waren noch z.Zt. des Dom Guéranger Butter und Käse während der Fastenzeit nicht erlaubt, außer an den Tagen, an denen man auch Fleisch essen durfte. Bei den Ostkirchen ist es heute noch so. Ab dem 9. Jahrhundert wurde der Verzehr von Milchprodukten während der Fastenzeit im Westen der Brauch, besonders in Deutschland und den nördlichen Ländern. Anfangs versuchte die Kirche noch gegenzusteuern, ließ diese Länder aber schließlich in Frieden.
In Frankreich wurde noch bis ins 16. Jahrhundert dem Brauch widerstanden, im 17. Jahrhundert aber nachgegeben. Allerdings wurde daraufhin als gewisse Wiedergutmachung in Paris ein feierlicher Ritus eingeführt: eine Prozession aller Pfarreien und Ordensleute am Sonntag Quinquagesima nach Notre Dame. Die Erlaubnis von Milchprodukten schloß jedoch Eier nicht ein. Hier wurde die alte Disziplin beibehalten. Eier durften nur mit Dispens genossen werden, in Rom nur an den Tagen, an denen auch Fleisch erlaubt war. Andernorts waren sie an einigen Tagen erlaubt, an anderen – v.a. in der Karwoche – verboten.
Bemühungen der Päpste
11. Die Kirche war immer bemüht, das Fasten und seine Strenge aufrecht zu erhalten. Papst Benedikt XIV. schrieb am 30. Mai 1741: „In der Beobachtung der Fasten liegt die Zucht unserer Heerschar. Durch sie unterscheiden wir uns von den Feinden des Kreuzes Christi; durch sie wenden wir die Geißel des göttlichen Zornes von uns ab; durch sie, während des Tages von himmlischer Hilfe geschützt, stärken wir uns gegen den Fürsten der Finsternis. Wenn diese hl. Übung nachläßt, so geschieht dies zum Nachteil der Verherrlichung Gottes, zur Schmach der katholischen Religion, zur Gefährdung der christlichen Seelen. Uns kann kein Zweifel darüber obwalten, daß diese Nachlässigkeit eine Quelle von Leiden und Unheil in den öffentlichen Angelegenheiten der Völker und aller Art von Mißgeschick für den einzelnen bedeutet.“ Wer weiß, ob die gegenwärtige „Pandemie“ nicht vermieden worden wäre, wenn die Christen diese päpstlichen Worte stets beherzigt hätten.
Die Päpste nahmen es mit den Fastenvorschriften immer sehr genau. Als der heilige König Wenzeslaus von Böhmen einmal erkrankt war und seine Ärzte befürchteten, das Einhalten der Fastenzeit wäre gefährlich für ihn, wandte er sich an Papst Bonifaz VIII. mit der Bitte um Dispens. Der Papst gewährte die Dispens, allerdings ausgenommen die Freitage, Samstage und die Vigil des heiligen Apostels Matthias, und unter der Bedingung, daß der König seine Mahlzeit nicht in Gegenwart anderer einnimmt und sich in dem, was er zu sich nimmt, Mäßigung auferlegt. Er erließ also dem König nicht einfachhin das Fasten, sondern achtete darauf, daß gewisse Vorschriften eingehalten wurden. Ebenso Papst Klemens VI., der dem Beichtvater des Königs Johann von Frankreich, als dieser gerade Krieg führte und daher in einer Ausnahmesituation war, die Erlaubnis gab, den König während des Krieges vom Fasten zu dispensieren – außer in der Fastenzeit, an allen Freitagen des Jahres und gewissen Vigilien. Für heutige Katholiken wäre das keine Dispens, sondern eine Verschärfung der Fasten.
Doch bedenken wir, was zu jener Zeit, als man das Fasten noch streng und genau hielt, an Ostern für eine Freude herrschen mußte, wenn man nach all diesen Entbehrungen wieder zur Tagesordnung übergehen konnte. Welchen Frieden hatte die lange und harte Abtötung dem Gewissen gebracht, wenn man sich nun mit allem Recht wieder die Annehmlichkeiten des Lebens gönnen konnte!
Der Ernst des Fastens
12. In der Fastenzeit waren auch Vergnügungen und Theateraufführungen verboten, sogar die Gerichtshöfe waren geschlossen, um die Seelen nicht aus ihrer inneren Einkehr zu reißen, die so notwendig ist für das Seelenheil. Diese Disziplin ist in unseren europäischen Ländern längst außer Brauch gekommen, wie schon Dom Guéranger zu seiner Zeit (!) beklagt, wird aber von den Muslimen für den Ramadan immer noch eingehalten. Wie man sieht, haben die Muslime noch mehr vom Geist des christlichen Fastens bewahrt als die Christen. Hat es eine „Pandemie“ gebraucht, um in die Fastenzeit wieder Stille und Einkehr zu bringen? Auch das Jagen war während der Fastenzeit untersagt. Außerdem war der „Gottesfriede“ zu halten, d.h. alle Streitigkeiten hatten zu ruhen.
Auch ein Blick zu den „orthodoxen“ Gemeinschaften ist geeignet, uns zu beschämen. Bei den Griechen sind in der ganzen Fastenzeit Milchprodukte, Eier und sogar Fisch verboten. Nur Gemüse, Brot, Honig und bei Küstenbewohnern Meeresfrüchte sind erlaubt. Jahrhundertelang wurde auch kein Wein getrunken. Nur an Mariä Verkündigung und am Palmsonntag gab es eine Dispens, Fisch zu essen. Außer der Fastenzeit vor Ostern begehen die Griechen drei weitere Fastenzeiten im Jahr, eine „von den Aposteln“, die von der Oktav von Pfingsten bis zum Fest Peter und Paul reicht, eine „von der Jungfrau Maria“ vom 1. August bis zur Vigil von Maria Himmelfahrt und eine zur Vorbereitung von Weihnachten, die 40 Tage dauert. Wie weit sind wir in der lateinischen Kirche von solchem Fastenernst entfernt!
Das Fasten im 19. und 20. Jahrhundert
13. Im 19. Jh. existierten bereits viele Erleichterungen und Dispensen durch die verschiedenen Bischöfe. Vor allem die Abstinenz war weiter zurückgegangen. "In den Ländern, die schon seit 1871 zum Deutschen Reich gehörten, sind Fast- und Abstinenztage zugleich nur der Aschermittwoch, die Freitage der vierzigtätigen Fastenzeit, der Karsamstag (bis 12 Uhr mittags), die Freitage der Quatemberwochen. Die Samstage der Fastenzeit, ebenso die Mittwoche und Samstage der Quatemberwochen und die Vigilien von Weihnachten, Pfingsten, Mariä Himmelfahrt und Allerheiligen sind neben den gewöhnlichen Tagen der Fastenzeit bloße Fasttage.“
Das kirchliche Gesetzbuch (CIC) von 1917 hingegen zieht die Zügel wieder an und legt in can. 1252 und can. 1254 fest: „Bloße Abstinenz ist zu halten an allen Freitagen. Abstinenz und Fasten sind zu halten am Aschermittwoch, an den Freitagen und Samstagen der Fastenzeit, an den Quatembertagen und an den Vigiltagen von Pfingsten, Maria Himmelfahrt, Allerheiligen und Weihnachten. Am Karsamstag endigt das Abstinenz- und Fastengebot nach Mittag (12 Uhr). An den Sonntagen und den gebotenen Festtagen besteht weder ein Abstinenz- noch ein Fastengebot, allein ausgenommen an einem gebotenen Festtag, der auf einen Wochentag der Fastenzeit fällt (Fest des hl. Joseph); in diesem Falle besteht das Fastengebot und, wenn es ein Freitag oder Samstag ist, auch das Abstinenzgebot“ (Eichmann-Mörsdorf, Bd. 2, S. 346). Das Fasten verpflichtet vom vollendeten 21. bis beginnenden 60. Lebensjahr, die Abstinenz vom vollendeten 7. Lebensjahr bis zum Lebensende.
Fastenordnung von 1930
14. In der „Fastenordnung für die Bistümer des deutschen Reichs“ von 1930 sind jedoch Fast- und Abstinenztage nur noch der Aschermittwoch, die Freitage der Fastenzeit, Karsamstag bis 12 Uhr mittag, die Quatember-Freitage. Bloße Fasttage sind die übrigen Wochentage der Fastenzeit, Quatember-Mittwoch und -Samstag, einige Vigiltage. Alle übrigen Freitage waren bloße Abstinenztage. „Das Fasten- und Abstinenzgebot entfiel an Tagen, die als Feiertage begangen wurden. Vom Fastengebot waren diejenigen ausgenommen, die jünger als 21 oder älter als 59 Jahre alt waren sowie alle, die schwere Arbeit leisten mussten oder eine schwache Gesundheit hatten. Vom Abstinenzgebot waren diejenigen befreit, die jünger als 7 Jahre oder wegen Krankheit oder Armut entschuldigt waren. Erlassen wurde die Abstinenz (mit Ausnahme des Karfreitags) auch für Wanderer, Reisende, Fahrpersonal von Verkehrsmitteln, Wirte, Gaststättenbesucher, Personen in nichtkatholischen Haushalten, Militärangehörige und deren Familien, Schwerarbeiter und diejenigen, die sich ihre Kost für den ganzen Tag auf ihre Arbeitsstelle mitnehmen mussten. Im Einzelfall konnten die Pfarrer und Beichtväter Dispense (Ausnahmegenehmigungen) vom Fasten- und Abstinenzgebot erteilen. Die Gläubigen wurden angehalten, ‚sich freiwillig kleinere Abtötungen aufzuerlegen‘, eifrig das Gebet zu pflegen, insbesondere in Fastenandachten und Familiengebet, sowie ein Fastenalmosen zu entrichten. Außerdem galten die Fastenzeit sowie die Adventszeit als ‚geschlossene Zeiten‘, in denen feierliche Hochzeiten, ‚geräuschvolles Festgelage‘ und Tanz verboten waren; erlaubt waren nur ‚stille Trauungen‘. Es galt streng: ‚Verboten sind in der geschlossenen Zeit öffentliche Lustbarkeiten und Tanzvergnügungen. Auch von privaten Veranstaltungen dieser Art sich zu enthalten, ist Wunsch und Mahnung der Kirche‘“ (Amtsblatt Diöz. Augsburg 1930, S. 52-54). Letzteres ist heute längst vergessen, erst die „Pandemie“ erinnert uns wieder daran.
Vor allem die Abstinenz ist gegenüber dem CIC von 1917 hier im Jahr 1930 sehr abgeschwächt. Sie gilt eigentlich nur noch am Aschermittwoch und an den Freitagen sowie am Karsamstag bis 12 Uhr. Außerdem gibt es viele Entschuldigungs- und Erleichterungsgründe. Der Krieg machte die Fasten- und Abstinenzbestimmungen noch lockerer: „Mit Rücksicht auf die schwierige Lebensmittellage in der Kriegs- und Nachkriegszeit waren alle Ortsoberhirten durch allg. Indulte v. 19.12. 1941 und 22.1.1946 ermächtigt, von dem Abstinenz- und Fastengebot zu befreien, ausgenommen an Aschermittwoch und Karfreitag“ (Eichmann-Mörsdorf S. 347). Eigentlich sollten Notzeiten eher zu strengerem Fasten anspornen.
Das Fasten in der Menschenmachwerkskirche
15. Im Jahr 1959 sah die Sache dann so aus: „Nach den von dem Apostolischen Stuhle für die deutschen Diözesen gewährten Milderungen sind (nach der Fastenverordnung von Freiburg) vorläufig Fast- und Abstinenztage der Aschermittwoch, der Karfreitag, der Vortag des Festes Mariä Empfängnis (falls dieser Tag kein Sonntag ist), der Fast-und Abstinenztag vor Weihnachten. Bloße Fasttage gibt es nicht“ (Jone, Moraltheologie, Paderborn 1959, Nr. 387). Die Freitage blieben Abstinenztage. In Österreich waren Fast- und Abstinenztage der Aschermittwoch, der Karfreitag und der Karsamstag (aber nur bis 11 Uhr vormittags). „Sehr empfohlen“ war „das Fasten an den Werktagen der 40tägigen Fastenzeit und an den Quatembertagen“. Immerhin! In der Schweiz galt das Fast- und Abstinenzgebot am Aschermittwoch, Karfreitag sowie den Vigilien der Unbefleckten Empfängnis Mariens und von Weihnachten. Abstinenz galt weiterhin an allen Freitagen. „Bloße Fasttage gibt es nicht“ (ebd.). Die Fast- und Abstinenztage waren also insgesamt auf vier bzw. (in Österreich) viereinhalb reduziert, die bloßen Fasttage gänzlich abgeschafft. Die Freitage blieben als Abstinenztage erhalten.
Damit stehen wir an der Schwelle des „II. Vatikanischen Konzils“, aus welchem die Menschenmachwerkskirche des „II. Vatikanums“ hervorgehen sollte. Im Jahr 1983 veröffentlichte Wojtyla alias „Johannes Paul II.“ deren neues „Kirchenrecht“, den „CIC“ von 1983. Dieser führt als Neuerung sog. Bußtage ein: „Bußtage und Bußzeiten für die ganze Kirche sind alle Freitage des ganzen Jahres und die österliche Bußzeit“ (can. 1150). Bußtage sind Tage, „an welchen die Gläubigen sich in besonderer Weise dem Gebet widmen, Werke der Frömmigkeit und der Caritas verrichten, sich selbst verleugnen, indem sie die ihnen eigenen Pflichten getreuer erfüllen und nach Maßgabe der folgenden Canones besonders Fasten und Abstinenz halten“ (can. 1149). Diese „folgenden Canones“ über „Fasten und Abstinenz“ lauten: can. 1251: „Abstinenz von Fleischspeisen oder von einer anderen Speise entsprechend den Vorschriften der Bischofskonferenz ist zu halten an allen Freitagen des Jahres, wenn nicht auf einen Freitag ein Hochfest fällt. Abstinenz und Fasten ist zu halten an Aschermittwoch und Karfreitag.“ can. 1253: „Die Bischofskonferenz kann die Beobachtung von Fasten und Abstinenz näher bestimmen und andere Bußformen, besonders Werke der Caritas und Frömmigkeitsübungen, ganz oder teilweise an Stelle von Fasten und Abstinenz festlegen.“
Bestimmungen der „deutschen Bischofskonferenz“
16. Die „deutsche Bischofskonferenz“ hat sich denn auch nicht lange bitten lassen und bestimmt, daß die Abstinenz auch durch einen anderen Verzicht, ein Werk der Frömmigkeit oder Nächstenliebe zu ersetzen ist. Am Freitag gilt nun das „Freitagsopfer“: „Das Freitagsopfer kann verschiedene Formen annehmen: Verzicht auf Fleischspeisen, der nach wie vor sinnvoll und angemessen ist, spürbare Einschränkung im Konsum, besonders bei Genußmitteln, Dienste und Hilfeleistungen für den Nächsten. Das durch das Freitagsopfer Ersparte sollte mit Menschen in Not brüderlich geteilt werden. Auch eine andere spürbare Einschränkung im Konsumverhalten ist denkbar“ (k-l-j.de). Hierher gehört dann das „Autofasten“, „Handyfasten“ und dergleichen mehr „Einschränkungen im Konsumverhalten“.
Mit anderen Worten: Die Fast- und Abstinenztage sind auf zwei im ganzen Jahr reduziert, nämlich Aschermittwoch und Karfreitag, die Freitage bleiben Abstinenztage; doch auch von diesen wenigen Fasten- und Abstinenzübungen können die „Bischofskonferenzen“ befreien – und haben das auch getan, zumal schon das „Rechtsbuch“ bestimmt, daß Fasten und Abstinenz durch „andere Bußformen, besonders Werke der Caritas und Frömmigkeitsübungen, ganz oder teilweise“ ersetzt werden können, und dies "entsprechend den Vorschriften der Bischofskonferenz". Das gilt dann wohl auch für Aschermittwoch und Karfreitag, zumal die Abstinenz an Freitagen ohnehin dem „Freitagsopfer“ gewichen ist. Unnötig zu erwähnen, daß auch keine „geschlossenen Zeiten“ mehr gehalten werden. Mitten in der Fastenzeit werden heute von sog. Katholiken feierliche Hochzeiten abgehalten mit Prunk und Pomp, Schmaus und Tanz.
Erneuerung der Bußgesinnung
17. Wenn man sieht, wohin es mit dem Fasten der sogenannten Katholiken gekommen ist, und bedenkt, was Papst Benedikt XIV. oben gesagt hat, so wundert man sich nur, daß es uns noch so vergleichsweise gut geht. „Orthodoxe“ und Muslime stellen uns da zum Teil weit in den Schatten, und vielleicht sind es ihre Bemühungen, die den Zorn Gottes noch einigermaßen besänftigen. Wir haben jedenfalls allen Grund, in dieser Fastenzeit in uns zu gehen und die „Pandemie“ als Gelegenheit zu nutzen zur Selbstbesinnung und Besserung. Lernen wir wieder fasten unter Beten und Flehen: „Parce, Domine, parce populo tuo, ne in aeternum irascaris nobis. - Schone, Herr, schone deines Volkes, und zürne uns nicht auf ewig.“