Der heilige Vianney - Vorbild für die Weltpriester (7)

Heute sehen wir den heiligen Pfarrer von Ars in einer besonderen Eigenschaft:



Im Kampf mit den Dämonen

Jeder Heilige ist immer auch ein lebendiges, gelebtes Glaubensbekenntnis. Wie wir schon gezeigt haben, ist der hl. Pfarrer von Ars selbstverständlich ein Glaubenszeugnis für das katholische Priestertum und die Wirklichkeit und übernatürliche Wirksamkeit der hl. Sakramente. Das Leben dieses hl. Priesters gibt zudem Zeugnis für eine Glaubenswahrheit, die heutzutage immer mehr geleugnet wird: Die Existenz des Teufels.

„Abschied vom Teufel“

Schon vor Jahren wurde bei Umfragen ermittelt, daß selbst „katholische“ Theologen (also Theologen der Menschenmachwerkskirche) in großer Zahl die Existenz des Teufels leugnen. Hervorgetan hatte sich in dieser Hinsicht vor allem Herbert Haag. Schon 1969 veröffentlichte er sein Buch „Abschied vom Teufel“, 1974 ein Buch unter dem Titel „Teufelsglaube“, an dem außer ihm einige weitere Autoren beteiligt waren. Als glaubensloser Modernist meint dieser Professor der „Theologie“ den Teufel einfach verabschieden zu können, indem er ihn kurzerhand zum Mythos, also zur Märchenfigur erklärt. Nun, inzwischen wird Herbert Haag sicherlich dem Teufel ganz persönlich begegnet sein und nicht nur einem bloßen Mythos, ist er doch 2001 gestorben.

Der hl. Pfarrer von Ars glaubte selbstverständlich wie jeder Katholik an den Teufel, und er hatte zudem ein reiches Erfahrungswissen über dessen Existenz. Übrigens hat Herbert Haag mit seiner Behauptung, daß es den Teufel gar nicht gebe, all diejenigen Heiligen als Lügner oder Psychopathen abgestempelt, die über Teufelserscheinungen und -erlebnisse in ihrem Leben berichten.

Es ist vernünftig, an die Existenz des Teufels zu glauben

Dabei kann schon die Vernunft die Existenz des Teufels erschließen. Sobald man die Abgründigkeit und zeitweilige Übermacht des Bösen auf der ganzen Welt nüchtern betrachtet, stellt sich einem unweigerlich die Frage, ob die Menschen allein Ursache davon sein können. Vor allem wenn man die neuere Geschichte betrachtet, kann man das wachsende und weltweit organisierte Böse allein mit der Freiheit des Menschen nur noch sehr schwer erklären. Das ist auch der Grund dafür, daß in vielen Religionen der Glaube an einen Teufel selbstverständlich ist. Sogar die moderne „Religion“ des New Age glaubt an den Teufel. Der hl. Thomas von Aquin stellt dementsprechend nüchtern fest: „Die Erfahrung zeigt uns, daß vieles durch die Dämonen geschieht“ („…experimento enim scitur multa per daemones fieri“, Summa Theologiae I q. 115 a. 5).

Die Leugnung des Teufels führt letztlich dazu, daß Vieles für den Menschen unerklärlich bliebt, was dem Teufel natürlich wiederum nur zugutekommt. Denn daraus ergibt sich die Möglichkeit einer weitgehenden Verwirrung des menschlichen Geistes, da muß man nur auf den regelrechten Boom der Esoterik schauen. Natürlich ist es grundsätzlich für den Teufel am besten, wenn möglichst wenige an ihn glauben, denn desto einfacher ist seine Arbeit. Einen nicht existierenden Feind nimmt natürlich keiner ernst.

Es ist zudem zu beachten, die Leugnung des Teufels ist immer auch ein Vorspiel der Leugnung Gottes, zieht sie doch gewöhnlich Letztere nach sich. In dem Bühnenstück von Carl Zuckmayer „Des Teufels General“ fragt ein junger Hauptmann den General: „Glauben Sie an Gott?“ Dieser antwortet: „Ich weiß es nicht. Ich bin ihm nie begegnet. Aber das lag wohl an mir. Den Teufel aber, den kenne ich!“ Es ist in der Tat zuweilen leichter, den Teufel in der Welt zu entdecken als Gott, denn der Teufel läßt sich wenigstens unter bestimmten Umständen und Voraussetzungen leichter finden als Gott. Das Sprichwort sagt doch: Wenn man dem Teufel den kleinen Finger gibt, nimmt er gleich die ganze Hand. Deswegen ist das Spiel mit dem Teufel in höchstem Maße gefährlich – es ist leicht, sich auf dieses Spiel einzulassen, aber sehr schwer, wieder herauszukommen.

„Die Kämpfe Vianneys mit dem Dämon“

Bei dem außergewöhnlichen Leben und der großen Heiligkeit des Pfarrers von Ars war es nicht überraschend, daß sich auch der Teufel bemerkbar machte. Durch das segensreiche Wirken des Heiligen sah er sein finsteres Reich in großer Gefahr, denn wie viele Seelen konnte ihm dieser eine Priester entreißen. Unser Biograph, Dr. Francis Trochu, bemerkt in seinem Buch über den Heiligen einleitend:

„Daß es eine Hölle und verworfene Engel gibt, ist katholische Glaubenslehre. Für unser Dogma ist der Dämon ein lebendiges, persönliches Wesen und nicht eine Angstvorstellung. In der Welt bleibt sein Einwirken meistens verborgen. Nur gelegentlich tritt mit des Schöpfers Zulassung der dunkle Bösewicht hervor, besonders dort, wo er seinen Einfluß gefährdet sieht, und sucht, weil er sich am Meister selber nicht vergreifen kann, das Wirken der Gottesstreiter lahmzulegen.“ (Dr. Francis Trochu, Der heilige Pfarrer von Ars, Otto Schloz Verlag, Stuttgart Degerloch, S. 197 – im Folgenden mit „Trochu“ abgekürzt.)

Der Teufel ist ein gerissener Stratege, er weiß sehr genau, wer ihm am meisten schaden kann und wen er nicht zu fürchten braucht. Jeder Heilige ist ihm gefährlicher als Tausende von lauen Katholiken. Darum greift er dort mit geballter Kraft an, wo er sein Reich am meisten gefährdet sieht. Das war beim hl. Pfarrer von Ars sicherlich der Fall. Dr. Francis Trochu faßt zusammen:

„Fünfunddreißig lange Jahre — von 1824 bis 1858 — war der Pfarrer von Ars den äußeren Teufelseinwirkungen ausgeliefert. Hätte es Satan durch die völlige Beraubung von Schlaf und Ruhe zustande gebracht, ihm das Gebet zu verleiden und die Kasteiungen und das apostolische Arbeiten, und hätte er ihn so schließlich von der Seelsorge losgerissen, er hätte triumphieren dürfen! Aber der Feind alles Heils sollte zuschanden und besiegt werden! ‚Die Kämpfe Vianneys mit dem Dämon’, sagt Katharina Lassagne, ‚halfen nur seine Liebe lebendiger und selbstloser steigern.’ Der Böse hatte mit solchem Ausgang nicht gerechnet.“ (Ebd.)

Den Teufel aus der Reserve gelockt

Man kann sagen, die Heiligen locken den Teufel aus der Reserve. Obschon er es allgemein vorzieht, im Verborgenen zu wirken und seine Angriffe zu tarnen, wird er durch die hohe Tugend der Heiligen gezwungen, direkter und damit sichtbarer anzugreifen. Nach unserem Biographen begann das teuflische Spiel so:

„Die satanischen Verfolgungen ‚setzten ein zur Zeit, da der Pfarrer von Ars die Gründung der Vorsehung plante und zu diesem Zwecke ein Haus käuflich erwarb’. Das war im Winter 1824 bis 1825. Sie bildeten eigentlich nur die Folge von heftigen inneren Versuchungen. Im Laufe einer schweren Krankheit, die nach seiner Benennung auf ‚Jugendtorheiten’, d. h. übertriebene Bußübungen, zurückzuführen war, hatte er sich in einem Anfall von verzweifelten Gedanken dem Tode nahe geglaubt. Wie im eigenen Innern vermeinte er eine Stimme zu vernehmen, die wiederholt die Worte aussprach: ‚Das ist die Stunde der Verdammung.’ Aber der Heilige bestärkte sich in seinem inneren Frieden durch vertrauensvolles Rufen zu Gott.
Um seinen äußeren Frieden zu stören, setzte nun Satan mit ziemlich harmlosen Quälereien ein. Nacht für Nacht hörte der arme Pfarrer von Ars seine Bettvorhänge reißen. Er glaubte es einfach mit Nagetieren zu tun zu haben und stellte eine Gabel an sein Bett. Vergebliche Mühe! Je heftiger er die Vorhänge schüttelte, um die Ratten zu vertreiben, desto lauter zerrte das Reißen. Und wenn er am Morgen nur noch Stücke zu finden gedachte, sah er die Vorhänge nicht im mindesten beschädigt. Diese Umtriebe dauerten eine Zeitlang.“ (Ebd. S. 197f.)

Nachdem der Feind des Menschengeschlechtes eingesehen hatte, daß er den hl. Pfarrer innerlich nicht beunruhigen und zu Kleinmut oder gar Verzweiflung treiben konnte, versuchte er sein Glück mit äußeren Störungen, die dem Heiligen vor allem den Schlaf rauben sollten. Hier ist nun eine ganz wichtige Einsicht festzuhalten: Der hl. Pfarrer von Ars war ein ganz nüchterner Mann, der zunächst an Ratten dachte, die sich an seinen Bettvorhängen zu schaffen machten. Als man ihm später eine Reihe von Besessenheitsfällen vorlegte, zeigte sich ebenfalls dieser nüchterne Sinn.

„Ich habe ihm einmal die Frage gestellt“, erzählt Dufour, ein Missionar von Belley, „was er von einer Person halte, die angesichts eines Priesters oder Kruzifixes jedesmal einen Wutanfall erleide. Er gab zur Antwort: ,Das ist ein bißchen Nervengeschichte, ein bißchen Verrücktheit und ein bißchen Grappin.‘“ — Grappin war sein Spitzname für den Teufel. (Ebd. S. 198)

Ist es der Teufel oder ist er es nicht?

Es fällt direkt auf, wie lange der Heilige die teuflischen Umtriebe prüfte, ehe er sie zweifelsfrei als solche anerkannte. Zunächst ging er immer von einer natürlichen Ursache aus, um die Phänomene zu erklären und suchte den Grund zu entdecken. Erst wenn überhaupt keine andere Erklärung mehr möglich war, sprach er vom Teufel als Ursache des ganzen Spukes. Aber hören wie nochmals unseren Biographen. Als wieder einmal ein solche Höllenspektakel los ging, fragte sich der Heilige:

„Woher kamen nun eigentlich diese geheimnisvollen Geräusche? Klug wie Vianney war, wagte er trotz seiner Unruhe nicht, sich darüber auszusprechen. In einer schneeverwehten Winternacht hörte er wieder Schreie im Hofe widerhallen. ‚Es war wie ein Heer von Österreichern oder Kosaken, die wild durcheinander eine ihm unverständliche Sprache redeten.‘ Der Pfarrer von Ars öffnete die Türe. Über der Schneefläche, die auch in mondlosen Nächten weiß aufschimmert, konnte er keine Spur entdecken. Seine Überzeugung war fertig. Hier handelte es sich nicht um Menschenstimmen, auch nicht um ein Eingreifen Gottes oder seiner Engel, hier lag Schrecklicheres vor, Teuflisches! Verriet nicht schon dieses innere Erschaudern zur Genüge die geheimnisvolle Persönlichkeit? ‚Ich kam zur Überzeugung, es ist der Teufel, weil ich Furcht empfand‘, gestand er später seinem Bischof Devie: ‚der liebe Gott flößt keine Angst ein.‘ Er begriff, daß in diesem Kampf nicht Gabel und Gewehre helfen, ‚sandte seine Hüter fort und blieb allein zur Abwehr zurück‘.“ (Ebd. S. 200)

Damit hat der hl. Pfarrer von Ars eine ganz grundlegende Regel zur Unterscheidung der Geistes benannt: „Ich kam zur Überzeugung, es ist der Teufel, weil ich Furcht empfand, der liebe Gott flößt keine Angst ein.“ Während der Teufel versucht, die Seele möglichst zu beunruhigen, weil er am besten im Trüben fischen kann, beruhigt Gott die Seele und führt sie allzeit auf ruhigen, sanften Wegen, auch wenn diese zuweilen hart sein können. Es ist also wichtig, sich von den Angriffen des Teufels, den Versuchungen nicht allzu sehr beunruhigen zu lassen, wofür der Heilige ein wahrhaft heroisches Vorbild ist.

„Der Grappin ist entsetzlich dumm“

Francis Trochu bemerkt:

„Es bedeutete wirklich Kampf. Und das einzige Hilfsmittel, ihn zu bestehen, war für den heiligmäßigen Priester Geduld und Gebet. ‚Ich habe ihn verschiedentlich gefragt‘, erzählt sein Beichtvater, ‚wie er die Anstürme abgeschlagen hat. Er antwortete mir: ,Ich kehre mich zu Gott. Ich mache das Zeichen des Kreuzes. Ich schleudere Satan einige Worte der Verachtung hin; — ich habe zudem festgestellt, daß sich die Geräusche verstärken und die Angriffe vervielfältigen, wenn für den nächsten Tag ein großer Sünder kommen soll.’
Diese Erfahrung tröstete ihn in seinen schlaflosen Nächten. ‚In der ersten Zeit fürchtete ich mich‘, vertraute er Mermod, einem seiner besten Freunde und treuesten Beichtkinder, an; ‚aber jetzt bin ich dessen sogar froh. Es ist ein gutes Vorzeichen. Am nächsten Tag gibt es immer einen ausgezeichneten Fischfang.‘ ‚Der Teufel hat mir heute nacht stark zugesetzt‘, sagte er ein andermal, ‚es werden heute viele Menschen kommen.... Der Grappin ist entsetzlich dumm. Er meldet mir selber die Ankunft der großen Sünder an.... Er ist wütend. Um so besser!‘“ (Ebd. S. 200 f.)

Johannes Maria hatte also gelernt, mit den teuflischen Erscheinungen umzugehen, dennoch ist man erstaunt darüber, daß Gott diesem einen so großen Spielraum einräumte. Der Heilige war aufgrund des anwachsenden Pilgerstromes vollkommen mit Arbeit überlastet. Nur eine übermenschliche, heroische Tugend konnte solches leisten. Johannes Maria wurde zum Gefangenen des Beichtstuhls, der ihn jeden Tag stundenlang in Anspruch nahm. Dazu kam noch die ganze Seelsorgsarbeit der Pfarrei. Man kann sich vorstellen, wie erschöpft er abends jeweils in sein Zimmer zurückkehrte. Trotzdem legte er sich nicht sogleich schlafen, sondern vertiefte sich noch ein wenig in das Leben der Heiligen. Zudem geißelte er sich oft bis aufs Blut, ehe er seinen dünnen Strohsack aufsuchte, um darauf zu schlafen.

Vianney, Vianney! ... Du Trüffelfresser!

Hören wir den weiteren Bericht unseren Biographen

„Langsam schlummerte er ein. Aber plötzlich fuhr er auf. Schreien, wildes, unheimliches Rufen, fürchterliches Klopfen riß ihn aus der Ruhe. Es klang, wie wenn ein Schmiedehammer die Türen zum Pfarrhaus einschlagen wolle. Und plötzlich, ohne daß auch nur ein Riegel gegangen war, hatte der Pfarrer von Ars das schauderbare Gefühl, daß der Teufel ganz in seine Nähe getreten sei. ‚Ich ersuche ihn wahrhaftig nicht einzutreten‘, erzählte Vianney halb scherzend, halb angeekelt, ‚aber er kommt doch!‘
Nun konnte der Hexensabbat losgehen. Der Geist des Bösen blieb unsichtbar, aber seine Anwesenheit war deutlich fühlbar. Er warf die Stühle um, rückte die großen Zimmermöbel hin und her. Er schrie mit entsetzlicher Stimme: ‚Vianney, Vianney! ... Du Trüffelfresser! ... Ah, du bist noch nicht tot! ... Ich werde dich schon kriegen!‘ Oder er heulte wie ein Tier, brummte wie ein Bär, bellte wie ein Hund, warf sich auf die Bettvorhänge und zerrte sie wutschnaubend.“ (Ebd. S. 201)

Die wenigen Stunden des Schlafes werden ihm so auch noch geraubt. Wie kann ein Mensch so etwas auf die Dauer ertragen? Nun, eigentlich nicht, d.h. mit natürlichen Kräften nicht. Normalerweise ist man bei einer solch andauernden Tortur nach kurzer Zeit erschöpft und mit den Nerven am Ende. Nicht so Johannes Maria Vianney, die Gnade ist schon so mächtig in ihm, daß er Übermenschliches leisten kann – und das über Jahrzehnte, was man deshalb heroische, heldenhafte Tugend nennt. Man wird erinnert an den hl. Paulus, der bekennt, daß ihm wegen des Übermaßes der Offenbarungen ein Stachel für sein Fleisch gegeben wurde,

„ein Engel Satans, der mich mit Fäusten schlägt. Wegen ihm habe ich den Herrn dreimal gebeten, jener möchte von mir ablassen. Doch er sprach zu mir: ‚Es genügt dir meine Gnade, denn die Kraft wird in Schwachheit vollendet.‘ So will ich mich also gern meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi in mir wohne. Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, Mißhandlungen, Nöten, Verfolgungen und Bedrängnissen um Christi willen. Denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ (2 Kor. 12, 7-10)

Mit Geduld und Vertrauen

Es ist schon beeindruckend, mit welcher Gefaßtheit der hl. Pfarrer von Ars die zahlreichen und immer wieder neuen Belästigungen des Teufels ertrug. Dazu nochmals Trochu:

„Eines Nachts hörte er das Gesumme eines Bienenschwarms, stand auf und zündete die Kerze an; er öffnete sein Fenster, um sie zu verjagen, sah aber nichts.
Ein andermal zerrte der Teufel an seiner Matratze und suchte ihn so aus dem Bett zu werfen. Dadurch geriet Vianney in größere Angst, er bekreuzigte sich, worauf ihm Satan Ruhe ließ.
Eines Abends hatte er sich kaum einen Augenblick schlafen gelegt, da schien ihm plötzlich sein sonst so hartes Bett federweich zu werden und er darin wie in Daunen zu versinken. Im gleichen Augenblick wiederholte eine spöttische Stimme: ,Haha! ... Dran, dran!‘ — und andere höhnische Worte, die ihn zur Sinnlichkeit reizen sollten. — Entsetzt machte Vianney das Kreuzzeichen und vorüber war’s.“ (Ebd. S. 202)

Dem hl. Pfarrer wurden all diese teuflischen Angriffe und Belästigungen ein Anlaß dazu, Akte des Vertrauens auf Gott und Seine gütige Vorsehung zu erwecken. Ahmen wir ihn hierin nach! Aber auch noch etwas anderes zeigen die Angriffe des Teufels. Erwägt man diese vielfältigen Quälereien, so wird einem bewußt, welche Möglichkeiten der Teufel hat, in unsere materielle Welt einzugreifen. Offenbar hat er als Geistwesen Kräfte, die wir gar nicht kennen und verstehen können. Bedenken wir nur, er kann schwerste Gegenstände umherwerfen, verschiedene unheimliche Geräusche machen, das Bett anzünden oder sogar sinnliche Gefühle hervorrufen. Wie wichtig ist es zu wissen, was dem Teufel möglich ist und was nicht, um sich in der Versuchung richtig verhalten zu können.

Teuflisches Erlebnis in Saint-Trivier

In seinem Buch „Der heilige Pfarrer von Ars“ beschreibt Louis Christiani folgendes Erlebnis des Heiligen:

„Im Dezember 1826 macht sich Pfarrer Vianney auf den Weg nach Saint-Trivier, um dort zu predigen. Unterwegs betete er den Rosenkranz. In den Sommer- und Herbsttagen gehört es zu den Selbstverständlichkeiten in diesem Gebiet, daß bald hier, bald dort auf den Feldern Feuer brennen; im Winter kommt das aber nie vor. Um so mehr war Pfarrer Vianney überrascht, als sich seinem Auge mindestens ein Dutzend Feuerscheine von allen Seiten boten. Rings um ihn herum schien es an diesem Morgen zu brennen, und es kam ihm vor, als schreite er durch ein Feuermeer. Auf diesem über zweistündigen Weg konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, als verfolge ihn der Teufel und wolle ihn durch den Feuerschein einschüchtern und zum Zurückkehren bewegen.“ (Louis Christiani, Der heilige Pfarrer von Ars, Johannes-Verlag, Leutersdorf 1981, S. 95)

Dieses Auftreten des Teufels ist schon recht unheimlich: Rings um ihn herum schien es an diesem Morgen zu brennen, und es kam ihm vor, als schreite er durch ein Feuermeer. Aber wie immer bleibt der Heilige trotz der unheimlichen Erscheinungen ruhig und läßt sich nicht von seinem Entschluß abbringen, in Saint-Trivier zu predigen. Louis Christiani berichtet weiter:

„Da in Saint-Trivier besondere kirchliche Festlichkeiten stattfanden, waren auch noch andere fremde Geistliche anwesend. Am Abend machte sich aus dem Zimmer, das Pfarrer Vianney für die Nacht zugewiesen worden war, ein eigenartiges Geräusch bemerkbar. Seine geistlichen Mitbrüder beschwerten sich darob bei ihm. Er aber antwortete in aller Ruhe: ‚Das ist der Teufel… Der ist wütend über all das Gute, das in diesen Tagen hier geschieht…‘
Seine Konfratres lachten ihn aus und glaubten, die Gelegenheit sei günstig, ihm einmal ins Gesicht zu sagen, was sie dachten: ‚Sie essen und schlafen zu wenig, und Ihr ganzer Kopf ist infolgedessen durcheinandergeraten ...‘
‚Wenn das mein Kopf sein soll‘, gab er in aller Schlichtheit zur Antwort, ‚wie soll es dann möglich sein, daß Sie Geräusche wahrnehmen?‘ Sonst sagte er kein Wort.“ (Ebd. S. 95 f.)

Wie herrlich geistesgegenwärtig zeigt sich der Heilige in seiner Erwiderung auf die seltsamen Vorwürfe der Mitbrüder. Aber diese sollten noch gänzlich überzeugt werden, daß der Heilige recht hatte:

„In der folgenden Nacht aber erhob sich ein Getöse, als stürze das ganze Haus ein. Alles sprang aus den Betten, und man glaubte, eine Katastrophe zu erleben. Anwesend waren noch der Ortspfarrer Grangier, sein Vikar Benoit und der Diözesanmissionar Chevalon. Auch das Dienstmädchen war aufgestanden und wußte nicht, was vor sich ging. Gerade in diesem Augenblick erhob sich ein Getöse im Zimmer des Pfarrers Vianney, so daß alle wie aus einem Mund ausriefen: ‚Man ermordet ihn! Man ermordet ihn!‘
Mit diesen Worten stürzten sie zur Tür und liefen in sein Zimmer. Dieser aber lag im Bett und schlief friedlich. Es fiel ihnen nur auf, daß das Bett in die Mitte des Zimmers gerückt worden war.
‚Das war der Teufel‘, erklärte er am folgenden Morgen ruhig, ‚der hat das Bett in die Mitte des Zimmers gerückt und den ganzen Lärm verursacht. Das macht aber nichts ... Ich bedaure nur, daß ich Ihnen das alles nicht im voraus gesagt habe. Aber das Ganze ist ein gutes Zeichen: morgen werden wir einen ,großen Fisch‘ einheimsen.‘“ (Ebd.)

Man hat schon den Eindruck, daß der Heilige den Teufel auch noch aus seiner letzten Reserve lockt, sodaß er unüberlegt und unvorsichtig wird. Es wird ihn sicher besonders geärgert haben, daß der hl. Pfarrer trotz des Höllenspektakels friedlich schlief. Das können wohl nur Heilige. Aber was war es nun mit der Ankündigung eines großen Sünders?

„Bis zum folgenden Abend hatte sich jedoch nichts Außergewöhnliches ereignet. Da sah man einen vornehmen Reitersmann auf Pfarrer Vianney zuschreiten, von dem bekannt war, daß er seit langem seinen religiösen Pflichten nicht mehr nachkam. Es gehörte ja zur damaligen Zeit zum guten Ton der vornehmen Leute, daß sie sich nicht um Religion und Kirche kümmerten. Nun kniete dieser Mann im Beichtstuhl des Pfarrers Vianney nieder und bekannte seine Sünden.
Das Beispiel dieses vornehmen Mannes, der den Weg zu Gott und seiner Kirche zurückgefunden hatte, machte weit und breit großen Eindruck. Katharina Lassagne fährt in ihrem Bericht fort: ‚Seit dieser Zeit hänselte man Pfarrer Vianney nicht mehr, sondern bekannte vielmehr von ihm: ,Er ist ein Heiliger!’ Seitdem begegnete man ihm mit der größten Ehrfurcht.‘“ (Ebd. S. 96 f.)

Ein Fall von Besessenheit

Die Heiligen verweisen durch ihr segensreiches Wirken immer auch auf die große leibliche und geistige Not, die vielmals unter dem Volk herrscht, denn wie viele kommen zu ihnen, um um Hilfe zu bitten. Ganz besonders arm sind sicherlich die Besessenen, da sie sich nicht mehr selber helfen können. Es ist verständlich, daß viele dieser armen Menschen nach Ars kamen oder gebracht wurden, um dort Hilfe zu erlangen, hatte doch später der Diözesanbischof dem Heiligen sogar die ausdrückliche Erlaubnis erteilt, jederzeit von den ihm zustehenden Vollmachten Gebrauch zu machen. Katharina Lassagne hat von den vielen Fällen einen schriftlich festgehalten:

„Eines Tages kam eine Besessene, die nur von Zeit zu Zeit ernste Krisen in ihrem Leiden durchzumachen hatte, um bei Pfarrer Vianney zu beichten. Sie stand vor dem Beichtstuhl und wartete, bis sie an die Reihe kam. Als es soweit war, drängte der Pfarrer sie, sofort zu beginnen. Es entwickelte sich folgendes Zwiegespräch:
Der Teufel, der durch den Mund der Besessenen sprach, redete ganz laut, so daß alle Umstehenden Wort für Wort hören konnten:
,Ich habe nur eine einzige Sünde begangen und von jener Frucht genossen, die ich allen darbiete, die davon ebenfalls kosten wollen. Erhebe deine Hand! Erteile mir die Absolution! Du erhebst ja deine Hand sonst zuweilen gegen mich. Oft befinde ich mich mit dir im Beichtstuhl!’
Der Pfarrer in lateinisch: ,Tu quis es? — Wer bist du?’
Der Dämon: ,Magister caput! — der Oberteufel! Du schwarze Kröte, wie peinigst du mich! Immer wieder willst du dich davonmachen. Weshalb gehst du denn nicht deiner Wege! Warum machst du dich nicht schleunigst aus dem Staube?’
Der Pfarrer: ,Ich habe keine Zeit!’
Der Dämon: ,Die andern nehmen sich die Zeit reichlich. Warum predigst du so schlicht und einfach? Du wirst als Dummkopf angesehen! Der violette Rock (Bischof von Belley) hat dir geschrieben. Ich habe dafür gesorgt, daß er eine Sache vergessen hat zu schreiben, wie er es tun wollte ...‘
Der Pfarrer sagte, er habe wohl einen Brief seines Bischofs erhalten, aber nicht davon gesprochen, so daß niemand etwas davon wissen könne.
Der Pfarrer: ,Ich werde dem Bischof schreiben, daß er mich ermächtigt, dich aus dem Körper dieser Person zu vertreiben.‘
Der Dämon: ,Ich werde deine Hand so zittrig machen, daß du gar nicht imstande bist, ihm zu schreiben, du schwarze Kröte! Ich werde auch dich noch bekommen. Ich habe schon ganz andere erledigt als dich ... Noch bist du nicht gestorben. Wenn nicht die ... da oben wäre (hier gebrauchte der Teufel eine Schmähung gegen die Gottesmutter), dann hätten wir dich schon. Aber sie wacht zu gut über dich mit diesem großen Drachen über dem Eingang der Kirche‘ (Kapelle des heiligen Michael und der heiligen Agnes vom Eingang der Kirche).“ (Ebd. S. 97-99)

Uns ist der Teufel unheimlich, wir scheuen ihn und haben Angst vor ihm, weil wir ihm nicht mit jener Souveränität begegnen können wie die Heiligen. In diesem Gespräch zeigt sich die Bosheit des Teufels und sein besonderer Haß gegen den Heiligen. Vor allem die Tugend der Demut ist dem Teufel zuwider, steht sie doch seinem abgrundtiefen Stolz vollkommen entgegen. Zudem zeigt sich der Haß des Teufels gegen die Priester – und die fürbittende Allmacht Mariens! Zusammen mit dem hl. Erzengel Michael wacht sie über ihre Priestersöhne.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs schmähte Satan den Bischof Devie von Belley ebenso wie den Bischof de Bonald von Le Puy, der inzwischen zum Erzbischof von Lyon ernannt worden war. Er schmähte auch die Priester ganz allgemein und den Pfarrer von Ars insbesondere. Aber schließlich konnte er ihm doch nur Gutes vorwerfen: „Weshalb stehst du morgens so früh auf? Auf diese Weise bist du dem violetten Rock gegenüber ungehorsam!“ Der Ausgang dieses Zwiegesprächs wird uns zwar nicht berichtet, aber wir dürfen sicherlich annehmen, daß Johannes Maria Vianney Sieger blieb.

Den Teufel verachten

Man kann es kaum fassen, aber unser Heiliger hatte sich allmählich an das Auftreten Satans gewöhnt. Die ganze Wut des Teufels war vergeblich. Toccanier fragte ihn einmal: „Sie müssen sich doch fürchten?“ Aber Vianney antwortete liebenswürdig: „Man gewöhnt sich an alles, lieber Freund, der Grappin und ich sind sozusagen Kameraden.“ Und so behandelte er Satan als Kameraden, wenn er auch ein etwas ungewöhnlicher und gewöhnungsbedürftiger Kamerad war. Lassen wir unseren Biographen, Dr. Francis Trochu, noch etwas weiter berichten:

„Am 4. Dezember des Jahres 1841 erzählte er den Leiterinnen des Waisenhauses: ‚Der Teufel ist gestern abend in mein Zimmer getreten. Ich betete gerade mein Brevier. Er pustete hart und schien, ich weiß nicht was für Körner auf meine Steinfliesen zu erbrechen. Ich erklärte ihm: ,Ich gehe hinunter (in die Vorsehung) und werde dort melden, wie du es treibst, damit sie dich verachten!' — Und ohne weiteres blieb er still.‘
Während der Pfarrer von Ars eines Nachts einzuschlummern sucht, kündet der teuflische Widerwart seine Anwesenheit durch Schreien an: ‚Vianney, Vianney, ich kriege dich, geh nur, ich kriege dich...!‘ Worauf ihm der arme Heilige aus seiner dunklen Bettdecke zurückwirft: ‚Ich fürchte dich nicht!‘“ (Trochu, S. 208)

Weitere Fälle von Besessenheit

Genauso furchtlos trat der hl. Pfarrer von Ars dem Teufel in den Besessenen entgegen, die man zu ihm brachte. Wir wollen noch einige Zeugnisse anführen, um die große Macht Vianneys über die Dämonen zu zeigen.

„Johannes Picard, der Dorfschmied, hat persönlich seltsame Auftritte mitangesehen. Eine unglückliche Frau war von ihrem Gatten weither nach Ars gebracht worden. Sie schnaubte vor Wut und stieß unartikulierte Schreie aus. Man ließ den Heiligen kommen, der sie beobachtete und dann erklärte, man müsse sie ihrem eigenen Diözesanbischof vorführen. ‚Gut! Gut!‘ antwortete die Frau, die plötzlich die Sprache wiederfand, mit einem Unterton in der Stimme, der alle erschaudern ließ, — ‚das Geschöpf wird schon zurückkommen... Ja, wenn ich die Macht Jesu Christi hätte, würde ich euch alle in die Hölle herunter verschlingen.‘ — ‚Du kennst also Jesus Christus?‘ erwiderte Vianney. ‚Gut, dann möge man sie an die Stufen des Hauptaltares tragen.‘
Vier Männer brachten sie trotz ihres Sträubens dorthin. Vianney legte der Besessenen sein Reliquienkästchen auf den Kopf, worauf sie sich wie tot hinstreckte. Nach einer kurzen Weile richtete sie sich auf und ging eilig auf den Ausgang der Kirche zu. Nach einer Stunde kehrte sie völlig ruhig zurück, nahm Weihwasser und kniete nieder. Sie war vollständig befreit und erbaute noch drei weitere Tage die Pilger in Ars durch ihr Benehmen.“ (Ebd. S. 209)

Wie arm ist der Mensch, wenn er nicht mehr Herr im eigenen Hause ist. Der moderne Mensch hat gar keine Vorstellung mehr von den Möglichkeiten des Teufels, uns zu beeinflussen, heimlich Besitz von unserer Seele zu ergreifen. Bei einem Besessenen übernimmt der Teufel entweder zeitweise oder ständig die äußeren Tätigkeiten des Menschen, er beherrscht dessen Leib. Das wird an den unkontrollierten Handlungen der Besessenen deutlich: Sie schnaubte vor Wut und stieß unartikulierte Schreie aus. Die Anwesenheit des heiligen Pfarrers bringt die „Stumme“ zum Sprechen. Sofort zeigt sich wieder der Haß des Teufels gegen die Menschen, die er am liebsten alle in die Hölle ziehen möchte. Aber es steht ihm eine Macht entgegen, gegen die er nichts vermag: Jesus Christus! Der Heilige läßt die Besessene vor den Altar führen und durch das Auflegen seines Reliquienkästchens und seines Gebetes wird sie befreit.

„Eine arme Greisin aus der Gegend von Clermond-Ferrand weckte das besondere Mitleid von Peter Oriol, einem der ‚Leibwächter‘ unseres Heiligen. Diese Unselige tanzte den ganzen Tag unter Lieder singen auf dem Kirchplatz. In einem Wutanfall biß sie an den Mauern der Kirche herum. Ihr Sohn war mit ihr gekommen, wußte sich aber nicht zu helfen. Da führte sie ein fremder Priester in den Durchgang zwischen Pfarrhaus und Kirche, wo Vianney vorbeikommen mußte. Der Heilige erschien tatsächlich und sprach über die Unglückliche, deren Mund von Blut troff, einige Segensworte. Auf der Stelle wurde sie völlig ruhig. Ihr Sohn berichtete, sie habe seit vierzig Jahren an diesem Zustand gelitten und noch nie so einen wilden und dann so ruhigen Augenblick erlebt. Man hielt sie für besessen. Nach diesem Tage waren die Anfälle für immer verschwunden.“ (Ebd.)

Dem Teufel, der dem Menschen eine falsche Freiheit vorgaukelt, geht es letztlich um Zwangsherrschaft. Ein Besessener steht unter einem unwiderstehlichen Bann: „Diese Unselige tanzte den ganzen Tag unter Lieder singen auf dem Kirchplatz.“ Zudem hat der Teufel Freude an der Demütigung des Menschen etwa durch unsinniges, menschenunwürdiges Verhalten: „In einem Wutanfall biß sie an den Mauern der Kirche herum.“ Wie erbarmenswürdig ist so ein Mensch unter der Herrschaft Satans. Als unser Heiliger vorbeikommt, sieht er das Elend dieser Frau und spricht einige Segensworte über sie. Aber was für eine Macht haben die Segensworte eines Heiligen: „Auf der Stelle wurde sie völlig ruhig“!

„Am Abend des 27. Dezember 1857 brachten ein Vikar der Sankt-Peterskirche von Avignon und die Oberin der Franziskanerinnen von Orange eine junge Lehrerin nach Ars, die alle Anzeichen von satanischer Besessenheit an sich trug. Der Erzbischof von Avignon hatte den Fall persönlich untersucht und den Rat erteilt, man möchte die Person zu Vianney bringen. Am nächsten Morgen führte man sie in die Sakristei, im Augenblick, da Vianney die heiligen Gewänder anlegen wollte. Sofort stürzte die Besessene auf die Türe los. ‚Hier sind zu viele Menschen‘, schrie sie. — ‚Zu viele Menschen?‘ erwiderte der Diener Gottes; ‚dann geht hinaus.‘ Auf ein Zeichen verschwanden die Anwesenden, und er verblieb allein mit diesem armen Opfer Satans.
Vom Kircheninnern her nahm man zuerst nur ein wirres Durcheinander von Worten wahr. Dann wurde die Stimme klarer. Der Vikar aus Avignon erhaschte, an die Tür gelehnt, einen Teil der Zwiesprache.
‚Du willst also um jeden Preis herausfahren?‘ fragte der Pfarrer von Ars.
‚Ja!‘
‚Und warum?‘
‚Weil ich mit einem Menschen zusammen bin, den ich nicht ausstehen kann.‘
Spöttisch gab Vianney zurück: ‚Du hast mich also nicht gern?‘ Ein schneidiges Nein war die einzige Antwort des Geistes, der in diesem unglücklichen Mädchen hauste.
Fast im gleichen Augenblick öffnete sich die Türe. Die Macht des Heiligen hatte triumphiert. Gesammelt und bescheiden, weinend vor Freude und mit einem Ausdruck unendlicher Dankbarkeit erschien die Lehrerin auf der Schwelle. Nur eine Sekunde malte sich noch einmal Furcht auf ihrem Gesicht ab. Sie kehrte sich zu Vianney um. ‚Ich bange, er könnte wieder kommen‘, sagte sie ihm. ‚Nein, gutes Kind, wenigstens nicht so schnell!‘ Tatsächlich kehrte er nicht wieder, und das junge Mädchen konnte ihre Stelle als Lehrerin in Orange wieder aufnehmen.“ (Ebd. S. 209 f.)

Der hl. Augustinus spricht von zwei Staaten, die sich in unserer Menschenwelt befinden, den Gottesstaat und den Weltstaat, der letztlich den Herrschaftsbereich Satans bezeichnet. Für den Gottesstaat steht das himmlische Jerusalem, für den dämonischen Weltstaat die Hure Babylon. Aber diese zwei Staaten sind „ineinander verwoben in dieser gegenwärtigen, vergänglichen Welt und miteinander vermischt“. Diese beiden Staaten werden durch zwei gegensätzliche Arten der Liebe geprägt: „Demnach wurden die zwei Staaten durch zweierlei Liebe begründet, der irdische durch Selbstliebe, die sich bis zur Gottesverachtung steigert, der himmlische durch Gottesliebe, die sich bis zur Selbstverachtung erhebt. Jener rühmt sich seiner selbst, dieser ‚rühmt sich des Herrn‘. Denn jener sucht Ruhm von Menschen, dieser findet seinen höchsten Ruhm in Gott, dem Zeugen des Gewissens. Jener erhebt in Selbstruhm sein Haupt, dieser spricht zu seinem Gott: ‚Du bist mein Ruhm und hebst mein Haupt empor.‘“

In unserer Erzählung treffen diese beiden Arten der Liebe aufeinander. Als der hl. Pfarrer von Ars den Dämon fragt: „Du willst also um jeden Preis herausfahren?" erklärt dieser: „Weil ich mit einem Menschen zusammen bin, den ich nicht ausstehen kann.“ Worauf der Heilige spöttisch erwidert: „Du hast mich also nicht gern?“ Der Dämon kann nur ein scharfes „Nein!“ als Antwort geben. Nein, beides geht nicht zusammen! Der Teufel verträgt sich nicht mit Heiligkeit und Gottesliebe. Die Macht der Gottesliebe im Diener Gottes schlägt deswegen auch den Teufel in die Flucht: „Gesammelt und bescheiden, weinend vor Freude und mit einem Ausdruck unendlicher Dankbarkeit erschien die Lehrerin auf der Schwelle. Was für eine Freude, wieder frei für Gott zu sein!“

Der Haß des Teufels gegen Maria

Der Teufel ist voller Haß, dieser richtet sich gegen alles Heilige. Einen besonderen Haß hat der Teufel gegen die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria. Auch das zeigte sich in eindringlicher Weise in Ars:

„Um 1820 herum hatte der Pfarrer von Ars ein altes Gemälde, das die Verkündigung darstellte, aus der Kirche in seine Wohnung gebracht und über dem Treppenabsatz auf gehängt. Der Teufel verbiß sich nun wutentbrannt in dieses reine Bild und beschmutzte es mit Kot. Man mußte es von der Stelle fortschaffen. ‚Viele Leute‘, schreibt Monnin, ‚waren Zeuge dieser widerlichen Entehrungen oder konnten wenigstens die Spuren davon wahrnehmen. Renard hat, nach seinem Geständnis, dieses Gemälde ekelhaft beschmutzt gesehen. Die Gestalt der reinsten Jungfrau war einfach unkenntlich.‘“ (Ebd. S. 203)

Die Immaculata ist die Feindin Satans, weil sie die Freundin Gottes ist. Niemand hat Gott so geliebt wie Maria, wie auch der hl. Pfarrer von Ars betont: „Nur die heilige Jungfrau hat das erste Gebot ganz erfüllt: ‚Du sollst den einen Gott anbeten und ihn aus ganzem Herzen lieben.‘ Sie hat dieses Gebot aus ganzem Herzen erfüllt… Alles, worum der Sohn den Vater bittet, wird ihm gewährt. Alles, worum die Mutter ihren Sohn bittet, wird ihr gleichermaßen gewährt.“

Die Immaculata hat uns den göttlichen Erlöser geboren, sie hat Ihn erzogen und Ihm vollkommen gedient. Darum heißt sie von Amts wegen Schlangenzertreterin. Ihr Bild steht am Anfang und Ende der Heilsgeschichte: „Feindschaft setze ich zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er wird dir den Kopf zertreten, und du wirst nach seiner Ferse schnappen“ (Gen 3, 15). Maria hat diese Aufgabe, der Schlange den Kopf zu zertreten, nicht etwa durch einen persönlichen Willensentschluß oder durch einen persönlichen Vorsatz erhalten, sondern kraft ihres Amtes als Immaculata, an der der Teufel niemals irgendeinen Anteil hatte. Die Immaculata ist ihrem Wesen nach die Widersacherin Satans, die stets im vollkommenen Gegensatz, in Feindschaft zu ihm steht.

In der Leichenrede auf den Kaiser Theodosius läßt der hl. Ambrosius Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin, also zum Teufel sprechen: „Besiegt hat dich Maria, die den Sieger geboren, die ohne Versehrung ihrer Jungfräulichkeit dem das Leben schenkte, der durch sein Kreuz dich besiegen sollte, Maria wurde heimgesucht, damit sie Eva befreite“ (De ob. Theod. 44—47). Die Immaculata ist die Gehilfin ihres Sohns bei der Vernichtung des Werkes des Teufels. Sie begleitet diesen bis hinaus nach Golgotha, wie der hl. Ambrosius weiter ausführt: „Die Jungfrau hat das Heil der Welt gezeugt und das Leben aller geboren. Durch einen Mann und ein Weib wurde der Mensch aus dem Paradiese vertrieben, durch eine Jungfrau wurde er wieder mit Gott verbunden“ (Ep 63, 33). Auch in den folgenden Worten des Kirchenvaters ist ihre Mithilfe beim Erlösungswerk ausgesprochen: „Durch sie wurde allen das Heil bereitet“ (Luc II, 17). Darum haßt Satan die Gottesmutter, weshalb er sich wutentbrannt in ihr reines Bild verbiß und es mit Kot beschmutzte! Der Teufel kann also nicht einmal den Anblick Marias auf einem ihrer Bilder ertragen: „Die Gestalt der reinsten Jungfrau war einfach unkenntlich.“

Wir aber müssen die Gottesmutter aus ganzem Herzen lieben, denn so pflegte der hl. Pfarrer von Ars zu sagen: „Die heilige Jungfrau ist ohne Makel, geschmückt mit allen Tugenden, die sie der Heiligsten Dreifaltigkeit so schön und wohlgefällig machen.“ Und: „Das Herz dieser guten Mutter ist nichts anderes als Liebe und Barmherzigkeit. Es will nichts anderes, als uns glücklich sehen. Es genügt, sich an sie zu wenden, um erhört zu werden.“

Der Feuerteufel

Die Auftritte des Teufels, so kann man durchaus sein Treiben in Ars nennen, waren in gewisser Weise schon grotesk. In unserer Sprache ist der „Feuerteufel“ ein feststehender Begriff. Das kommt wohl daher, daß der Teufel selbstverständlich mit Feuer in Verbindung gebracht wird, lebt er doch im Höllenfeuer, aber auch weil der Teufel gerne mit Feuer spielt, wie sich in Ars ebenfalls gezeigt hat. Dr. Francis Trochu weiß folgendes zu berichten:

„Ein Ereignis, das man allenfalls auf natürliche Ursachen zurückführen könnte, in dem aber Vianney mit dem Volke einen besonders frechen Angriff Satans erblickte, brachte die Pilger in Aufregung und bestärkte sie in der Überzeugung, daß der Böse den Pfarrer von Ars auch äußerlich angriff. Es war am Montag oder Dienstag des Vierzigstündigen Gebets, am 23. oder 24. Februar des Jahres 1857. Der Heilige hatte sich an diesem Morgen früher als gewöhnlich in den Beichtstuhl begeben, weil sich die Massen in der Kirche vor ausgesetztem Allerheiligsten drängten. Kurz vor sieben Uhr sahen Vorübergehende in Vianneys Zimmer Flammen aufschlagen. Man lief zu ihm, der gerade den Beichtstuhl verließ, um seine hl. Messe zu lesen: ‚In Ihrem Zimmer ist, wie es scheint, Feuer ausgebrochen!‘ Ohne jede weitere Erregung reicht er den Schlüssel hin mit der Bemerkung: ‚Dieser gemeine Grappin, hat er den Vogel nicht erwischen können, so verbrennt er jetzt den Käfig!‘
Dann verließ er die Kirche, ging ins Pfarrhaus, wo er gerade auf die Leute stieß, die die rauchenden Trümmer seines Bettes herausschafften. Er stellte keine Frage an sie, sondern kehrte in die Kirche zurück und trat in die Sakristei. Die Pilger im Schiff waren unruhig geworden. Bruder Hieronymus glaubte, der Pfarrer wisse noch nicht, um was es sich handle, und bemerkte ihm: ‚Herr Pfarrer, Euer Bett hat gebrannt.‘ — ‚Ah!‘ warf er in gleichgültigem Tone hin, und schritt ruhig wie gewöhnlich an den Altar.
Alfred Monnin, der junge Missionar von Pont-d’Ain, war sofort ins Zimmer geeilt. Ihm fielen gleich die geheimnisvollen Umstände des Brandes auf. ‚Das Bett‘, hat er erzählt, ‚der Betthimmel, die Vorhänge und alles ringsum war verbrannt. Erst vor dem Reliquienschrein der hl. Philomena, der auf einer Kommode stand, hatte das Feuer haltgemacht. Und genau an diesem Punkt hatte die Flamme eine geometrisch gerade Linie gezogen, hatte diesseits der hl. Reliquie alles vernichtet und jenseits alles unversehrt gelassen. Wie es ohne ersichtliche Ursache angegangen, war es auch wieder von selbst erloschen; und was besonders auffiel und geradezu wunderbar scheint, ist die Tatsache, daß es von den dicken Sergevorhängen nicht auf die Zimmerdecke, die sehr niedrig, alt und trocken war, übergegriffen und sie wie Stroh verflackert hat.‘“ (Ebd. S. 205 f.)

Unser hl. Pfarrer war mit der Zeit richtig abgebrüht im Umgang mit den teuflischen Umtrieben geworden. Für die Pilger war es jedoch ein recht aufregendes Erlebnis mitzuerleben, wie der Teufel das Bett des Pfarrers in Brand setzte. Er hatte sozusagen die höllische Wut nicht mehr unter Kontrolle: „Dieser gemeine Grappin! Hat er den Vogel nicht erwischen können, so verbrennt er jetzt den Käfig!!" Aber in seiner Wut hinterläßt der Teufel ganz besondere Brandspuren, die ihn verraten. Auch hier zeigt sich wieder, der Teufel mag die Heiligen nicht, vor ihnen muß er weichen und wenn es nur ihre Reliquien sind. Vor den Reliquien der hl. Philomena versagte das höllische Feuer: „Und genau an diesem Punkt hatte die Flamme eine geometrisch gerade Linie gezogen, hatte diesseits der hl. Reliquie alles vernichtet und jenseits alles unversehrt gelassen.“ So als hätte die hl. Philomena ihm kurzerhand befohlen: Bis hier her und keinen Zentimeter weiter! Der höllische Spuk kommt und geht ohne ersichtliche Ursache und der Schaden ist nur so groß, wie es Gott zugelassen hat. Das Pfarrhaus blieb vollkommen unversehrt, aber am Bett zeigt man heute noch die Brandspuren, die der Feuerteufel hinterlassen hat. Der junge Missionar von Pont-d’Ain, Alfred Monnin kam mittags in der „Vorsehung“ vorbei und nutzte die Gelegenheit, mit dem Heiligen zu sprechen:

„Ich erklärte ihm, man sehe allgemein einen schlechten Scherz des Teufels darin, und fragte, ob er wirklich glaube, der Böse habe seine Hand im Spiel. Er antwortete mir sehr entschieden und mit der größten Kaltblütigkeit: ,Oh, mein lieber Freund, das ist doch offenkundig. Er ist in Wut; das ist ein gutes Vorzeichen; es werden uns neue Sünder zuströmen.‘ — Und tatsächlich erlebte Ars für einige Tage einen ganz außerordentlichen Andrang.“ (Ebd. S. 206 f.)

Der Teufel kommt nicht mehr

Das Leben des hl. Pfarrers war ein hartes Bußleben. Aber Gott sorgt für Seinen treuen Diener immer aufs Beste:

„Mit dem Älterwerden des Pfarrers von Ars gingen die Einwirkungen an Zahl und Heftigkeit zurück. Da Satan diese heroische Seele nicht entmutigen konnte, ließ der Geist des Bösen zuerst den Mut sinken und gab langsam den Kampf auf. Oder es war vielmehr Wille Gottes, daß sich dieses schöne, reine, anscheinend so ruhige, aber zutiefst durchstürmte Leben in abgeklärtem Frieden beschließe.“ (Ebd. S. 214)

Wie wissen es nicht genau, ob der Teufel wirklich den Mut sinken ließ, er hätte jedenfalls Grund genug dazu gehabt, oder ob es einfach der Wille Gottes war, dieses außerordentliche Priesterleben nach so viel Stürmen der Versuchung im Frieden zu beenden. Jedenfalls:

„Vom Jahre 1855 ab bis zu seinem Tode wurde Vianney während der Nacht nicht mehr vom Teufel belästigt. Der Schlaf war ihm ohnehin benommen. Anstatt des Grappin hielt ihn ein hartnäckiger Husten wach. Nichtsdestoweniger verweilte er die endlosen Stunden im Beichtstuhl. ‚Wenn ich‘, sagte er, ‚tagsüber wenigstens eine oder nur eine halbe Stunde schlafen kann, dann kann ich meine Arbeit wieder aufnehmen.‘ Diese eine, diese halbe Stunde verbrachte er unmittelbar nach dem Mittagessen auf seinem Zimmer. Er streckte sich auf dem Strohsack aus und suchte zu schlummern. Aber selbst diesen Augenblick nützte der Teufel von Zeit zu Zeit, um ihm aufsässig zu sein.
Frau Maria Lamartine aus Grau-de-Roi wartete eines Tages in Begleitung von Pages auf Vianney. Es war eine Stunde seit dem Mittagessen verstrichen. ‚Plötzlich‘, erzählt sie, ‚hörten wir Schreie und Gestöhn.‘
Schließlich kam der Böse überhaupt nicht mehr. Vianney sah diesen Kameraden eigener Art ohne Bedauern verschwinden. Auch seine Todesstunde hat Satan nicht mehr, wie er es bei andern Heiligen getan, getrübt. Noch vor dem Abschluß seiner irdischen Prüfungszeit hatte der Pfarrer von Ars den Teufel entscheidend niedergerungen.“ (Ebd.)