Das, was man heutzutage „Bewegung der Tradition“ nennt, ist letztlich ein kunterbunter Haufen geworden, der die vielen Schattierungsmöglichkeiten eines konservativen Modernismus abdeckt. Allen diesen Traditionalisten ist eine grundlegende Wahrnehmungsstörung gemeinsam, sie fühlen sich nicht als Modernisten, obwohl sie es zweifelsohne sind. Erst kürzlich hat ein noch recht junger Traditionalistenpriester, der sicherlich, würde man ihn danach fragen, vehement bestreiten würde, ein Modernist zu sein, einem Laien gegenüber gesagt, der Syllabus und die Enzyklika Pascendi seien nur aus der Zeit heraus zu verstehen und heute nicht mehr wichtig.
Wie könnte man den eigenen Modernismus plakativer zeigen als durch eine solch unsinnige Bemerkung, die doch zumindest die Geschichtlichkeit der Wahrheit – also eine wesentliche lehrmäßig Grundlage des Modernismus – zur Voraussetzung hat? Ein Katholik wird doch ganz selbstverständlich gerade diese beiden lehramtlichen Dokumente heranziehen und studieren, um sich gegen den allgegenwärtigen Modernismus zu wappnen und den katholischen Glauben inmitten dieser geistigen Verwirrung bewahren zu können.
In einem anderen unter Traditionalisten weit verbreiteten Urteil wird der Modernismus ebenfalls greifbar, das Urteil über die Priester der Menschenmachwerkskirche. Hierbei begegnet man einem besonderen Kuriosum, nämlich der felsenfesten Einbildung der Konservativen und Traditionalisten, daran hätte sich gar nicht so viel verändert. Wir wollen dieses erschreckende Fehlurteil anhand des von Joseph Ratzinger einberufenen Priesterjahres zum 150. Todestag des hl. Pfarrers von Ars und den damit verbundenen Ereignissen möglichst leicht durchschaubar machen.
Der hl. Pfarrer von Ars und sein „magisches Verständnis der Sakramente“
Am 16. Juni 2009 gab Joseph Ratzinger alias „Benedikt XVI.“ bekannt, daß mit dem Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu, Freitag, dem 19. Juni 2009, anläßlich des 150. Todestages von Johannes Maria Vianney, dem Schutzheiligen aller Pfarrer der Welt, ein „Jahr der Priester“ beginnen sollte. Dieses sollte „das Engagement einer inneren Erneuerung aller Priester für ein noch stärkeres und wirksameres Zeugnis für das Evangelium in der Welt von heute“ fördern und „uns innerlich angerührt und dankbar bewußt“ werden lassen, „welch unermeßliches Geschenk die Priester nicht nur für die Kirche, sondern auch für die Menschheit überhaupt sind“.
Große Worte angesichts einer katastrophalen Wirklichkeit, so muß man wohl kommentieren. Wie bei Ratzinger üblich, wird sodann auf eine ganz und gar irreale Art an dieser katastrophalen Wirklichkeit vorbei vom Priestertum gesprochen und der hl. Pfarrer von Ars als immer noch gültiges Vorbild für alle Priester hingestellt. In seinem Schreiben vom 19. Juni 2009 heißt es u.a.:
«Er sprach vom Priestertum, als könne er die Größe der dem Geschöpf Mensch anvertrauten Gabe und Aufgabe einfach nicht fassen: „Oh, wie groß ist der Priester! … Wenn er sich selbst verstünde, würde er sterben … Gott gehorcht ihm: Er spricht zwei Sätze aus, und auf sein Wort hin steigt der Herr vom Himmel herab und schließt sich in eine kleine Hostie ein…“ Und als er seinen Gläubigen die Bedeutsamkeit der Sakramente erklärte, sagte er: „Ohne das Sakrament der Weihe hätten wir den Herrn nicht. Wer hat ihn da in den Tabernakel gesetzt? Der Priester. Wer hat Eure Seele beim ersten Eintritt in das Leben aufgenommen? Der Priester. Wer nährt sie, um ihr die Kraft zu geben, ihre Pilgerschaft zu vollenden? Der Priester. Wer wird sie darauf vorbereiten, vor Gott zu erscheinen, indem er sie zum letzten Mal im Blut Jesu Christi wäscht? Der Priester, immer der Priester. Und wenn diese Seele [durch die Sünde] stirbt, wer wird sie auferwecken, wer wird ihr die Ruhe und den Frieden geben? Wieder der Priester … Nach Gott ist der Priester alles! … Erst im Himmel wird er sich selbst recht verstehen.“»
Für die allermeisten Religionsdiener (sind doch die meisten gar keine gültig geweihten Priester mehr) der Menschenmachwerkskirche sind diese Worte allerhöchstens noch Nostalgie und ganz sicher von der pastoralen Wirklichkeit sehr weit überholt. Auch Joseph Ratzinger weiß das, weshalb er anfügt: „Diese Aussagen, die aus dem priesterlichen Herzen eines heiligen Priesters hervorgegangen sind, mögen übertrieben erscheinen.“ Das „mögen übertrieben scheinen“ ist noch recht moderat ausgedrückt, denn den allermeisten Menschenmachwerkskirchlern erscheinen sie wohl nicht nur wie aus dem 19. Jahrhundert stammend, sondern aus dem finsteren Mittelalter – mit seinem noch magischen Verständnis der Sakramente, wie die Modernisten sagen. Dieser Einwand kann jedoch einen Joseph Ratzinger nicht aus dem Konzept bringen, er illusioniert weiter:
«Der Pfarrer von Ars begann sofort mit dieser demütigen und geduldigen Arbeit, sein Leben als Priester mit der Heiligkeit des ihm anvertrauten Dienstes in Einklang zu bringen und sagte, daß er sogar materiell in seiner Pfarrkirche „wohne“: „Kaum war er angekommen, wählte er die Kirche zu seinem Wohnsitz … Vor dem Morgenrot betrat er die Kirche und kam erst nach dem abendlichen Angelus wieder heraus. Dort mußte man ihn suchen, wenn man ihn brauchte“, heißt es in seiner ersten Biographie.»
Von der Zusammenarbeit der Priester mit den Laien…
Wir wollen all diejenigen nostalgischen Passagen des Schreibens übergehen, in denen der hl. Pfarrer von Ars ausgiebig als Vorbild für die modernistischen Religionsdiener mißbraucht wird, und zu jenen Nahtstellen kommen, in denen das moderne Priesterbild – also die Wirklichkeit der Menschenmachwerkskirche – in den Worten Ratzingers greifbar wird. Im Zusammenhang mit der seelsorglichen Arbeit des hl. Pfarrers von Ars mit seinen Pfarrangehörigen meint Joseph Ratzinger anfügen zu können:
«Sein Beispiel veranlaßt mich, das Feld der Zusammenarbeit zu betonen, das immer mehr auf die gläubigen Laien auszudehnen ist, mit denen die Priester das eine priesterliche Volk bilden und in deren Mitte sie leben, um kraft des Weihepriestertums „alle zur Einheit in der Liebe zu führen, ‚indem sie in Bruderliebe einander herzlich zugetan sind, in Ehrerbietung einander übertreffen‘ (Röm 12, 10)“. In diesem Zusammenhang ist an die lebhafte Aufforderung zu erinnern, mit der das Zweite Vatikanische Konzil die Priester ermutigt, „die Würde der Laien und die bestimmte Funktion, die den Laien für die Sendung der Kirche zukommt, wahrhaft [zu] erkennen und [zu] fördern … Sie sollen gern auf die Laien hören, ihre Wünsche brüderlich erwägen und ihre Erfahrung und Zuständigkeit in den verschiedenen Bereichen des menschlichen Wirkens anerkennen, damit sie gemeinsam mit ihnen die Zeichen der Zeit erkennen können.“»
…zur „synodalen Kirche“
So hat der hl. Pfarrer von Ars seine Zusammenarbeit mit seinen Pfarrkindern sicherlich nicht gesehen, denn hinter diesen Ausführungen des sog. 2. Vatikanums steht schon das häretische Kirchenbild von der synodalen Kirche, wie sie von Herrn Bergoglio zur Zeit fleißig in die Tat umgesetzt wird. Herr Bergoglio bemüht sich sehr, die Laien zu hören, um die antichristliche Afterkirche in ihrer demokratischen Struktur zu festigen.
Von der Frömmigkeit zur spirituellen Erfahrung
Es gibt noch ein Thema, bei dem der Modernismus in den Ausführungen Ratzingers zum Durchbruch kommt, das Thema Spiritualität. Früher waren die Katholiken fromm, heute sind die Pseudokatholiken spirituell. Aber hören wir, was Ratzinger darüber zu sagen weiß:
«Im Zusammenhang mit der Spiritualität, die durch die Übung der evangelischen Räte gefördert wird, möchte ich die Priester in diesem ihnen gewidmeten Jahr gern ganz besonders dazu aufrufen, den neuen Frühling zu nutzen, den der Geist in unseren Tagen in der Kirche hervorbringt, nicht zuletzt durch die kirchlichen Bewegungen und die neuen Gemeinschaften. „Der Geist ist vielfältig in seinen Gaben … Er weht, wo er will. Er tut es auf unerwartete Weise, an unerwarteten Orten und in vorher nicht ausgedachten Formen … aber er zeigt uns auch, daß er auf den einen Leib hin und in der Einheit des einen Leibes wirkt.“ In diesem Zusammenhang gilt die Anweisung des Dekretes Presbyterorum ordinis: „Sie [die Priester] sollen die Geister prüfen, ob sie aus Gott sind, und die vielfältigen Charismen der Laien, schlichte und bedeutendere, mit Glaubenssinn aufspüren, freudig anerkennen und mit Sorgfalt hegen.“ Diese Gaben, die viele zu einem höheren geistlichen Leben drängen, können nicht nur den gläubigen Laien, sondern den Priestern selbst hilfreich sein. Aus dem Miteinander von geweihten Amtsträgern und Charismen kann nämlich „ein gesunder Impuls für ein neues Engagement der Kirche in der Verkündigung und im Zeugnis des Evangeliums der Hoffnung und der Liebe in allen Teilen der Welt“ entspringen.»
Ein neuer Frühling durch die Fokolar-Bewegung
Es ist sicherlich jedem einigermaßen noch nüchtern denkenden Menschen vollkommen schleierhaft, wo es in dem skandalgebeutelten Haufen der Menschenmachwerkskirche irgendeinen „neuen Frühling“ geben sollte, „den der Geist in unseren Tagen in der Kirche hervorbringt“?! Wie verblendet Joseph Ratzinger ist, erkennt man an dem letzten Zitat, das aus seiner Ansprache an die Bischöfe, die der Fokolar-Bewegung (eine 1943 von der damals 23-jährigen Chiara Lubich in Trient (Italien) gegründete charismatische Gemeinschaft) und der Gemeinschaft „Sant’Egidio“ nahestehen, vom 8.2.2007 stammt. Mit anderen Worten: Ratzinger erwartet sich vom antichristlichen Charismatikertum, wozu die Fokolar-Bewegung zweifelsohne zählt, einen neuen Frühling und die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden! Für ihn ist dieses Charismatikertum sogar „ein gesunder Impuls für ein neues Engagement der Kirche in der Verkündigung und im Zeugnis des Evangeliums der Hoffnung und der Liebe in allen Teilen der Welt“.
Verkehrter, ja absurder, kann man gar nicht mehr urteilen. Und man muß hinzufügen: Krasser könnte der Widerspruch zur Frömmigkeit des hl. Pfarrers von Ars gar nicht sein! Während dieser die verirrten Seelen wieder zu ihrem göttlichen Erlöser und zum katholischen Glauben zurückführte, bestärkt das antichristliche Charismatikertum die Irrenden in ihrem Irrglauben und reduziert den Glauben an Gott auf spirituelle Erfahrungen, die jede Religion bieten kann. Darum ist auch das moderne Charismatikertum seinem Wesen nach selbstverständlich ökumenisch und interreligiös. Während die Frömmigkeit des hl. Pfarrers von Ars nur aus dem katholischen Glauben und aus seiner allseitigen Abtötung den ungeordneten Neigungen der erbsündlich belasteten Seele gegenüber zu verstehen ist, ist das Charismatikertum reine Gefühlsreligion und ein Eindringen in die Mystik auf verbotenen Pfaden – weshalb diese Pseudomystik auch in den Fängen des Teufels endet.
Kommen wir noch auf das zentrale Wirken des hl. Pfarrers von Ars zu sprechen. In der Generalaudienz vom 5.8.2009 beschrieb es Joseph Ratzinger so:
«Sein Dasein war lebendige Katechese, die eine ganz besondere Wirkung erreichte, wenn die Menschen ihn die Messe zelebrieren, ihn in Anbetung vor dem Tabernakel verweilen oder viele Stunden im Beichtstuhl verbringen sahen. Den Mittelpunkt seines ganzen Lebens bildete also die Eucharistie, die er andächtig und respektvoll feierte und anbetete. Eine weitere fundamentale Eigenschaft dieser außergewöhnlichen Priestergestalt war die fleißige Abnahme der Beichte. In der Praxis des Bußsakraments erkannte er die logische und natürliche Erfüllung des priesterlichen Apostolats, gehorsam gegenüber dem Auftrag Christi: „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert“ (Joh 20, 23). Der heilige Jean-Marie Vianney zeichnete sich daher als ausgezeichneter und unermüdlicher Beichtvater und geistlicher Lehrmeister aus.»
Beichte?!
Man kann es kaum fassen: All das wird gesagt angesichts der leeren Beichtstühle und dem Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte! Der von Rom verbreitete und allgemein verordnete Modernismus hat doch die Beichtstühle überflüssig gemacht, weil sowieso alle Menschen in den Himmel kommen, falls es einen Himmel geben sollte. Das weiß auch Joseph Ratzinger, hat es doch sein von ihm so hoch geschätzter Vorgänger wieder und wieder gelehrt!
Und noch etwas müßte Ratzinger auch gewußt haben, als er diese Zeilen schrieb: Wenn ein modernistischer Priester überhaupt noch Beichte hört, was macht er denn dann eigentlich im Beichtstuhl? Was kann ein Beichtkind bei ihm alles erleben! „Kardinal“ Mauro Piacenza sah sich etwa extra genötigt, die Priester zu ermahnen, im Beichtstuhl nicht zu „chatten“. Er spricht von „Beichtväter[n], die gesehen wurden, wie sie im Beichtstuhl auf Sozialen Netzwerken gechattet haben, während Büßer ihnen ihre Sünden beichteten“, weshalb er den Gebrauch des Mobiltelefons durch einen Beichtvater während der Beichte „angewandten Atheismus“ nannte. Darum mahnt er die „Priester“: „Die Beichte ist ein Hören Gottes und eine Begegnung mit Gott, deshalb geht man nicht mit einem eingeschalteten Handy in den Beichtstuhl.“ Das ist die Beichtwirklichkeit in der Menschenmachwerkskirche, wenn es überhaupt noch eine Beichte gibt!
„Die pastoralen Methoden des hl. Pfarrers von Ars…“
Sodann hat der hl. Pfarrer von Ars nicht „Eucharistie“ gefeiert, sondern das hl. Meßopfer dargebracht. Das hl. Meßopfer, das der hl. Pfarrer von Ars am Altar und nicht an einem Luthertisch dargebracht hat, hat gar nichts gemein mit dem bugninischen Afterritus der sog. Neuen Messe. Während das hl. Meßopfer die unblutige, sakramentale Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Jesu Christi ist, ist der bugninische Afterritus eine Erinnerungsfeier an das von Gott verworfene Kainsopfer. Im bugninischen Afterritus wird eine immer mehr heidnisch anmutende Mahlfeier begangen, die den übernatürlichen Glauben zerstört und die Teilnehmer allmählich ans Heidentum gewöhnt, wie man die letzten Wochen während der „Amazonas-Synode“ in den Vatikanischen Gärten und selbst im Petersdom erleben konnte. Selbst der Phantast Ratzinger ahnt das Absurdum, wenn er bemerkt:
«Die pastoralen Methoden des heiligen Jean-Marie Vianney könnten für die derzeitigen gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen als wenig geeignet erscheinen. Wie könnte schließlich ein Priester es ihm heute, in einer so sehr veränderten Welt nachtun?»
Es ist wahr, wie könnte schließlich ein modernistischer Religionsdiener es ihm heute, in einer so sehr veränderten Welt und einer durch eine Unzahl von Irrlehren pervertierten „Kirche“ nachtun? In der Menschenmachwerkskirche ist es vollkommen unmöglich, das Priesterideal der hl. Pfarrers von Ars nachzuahmen, weil dieses dem modernistischen „Priester“-Bild vollkommen widerspricht. Zu dieser Einsicht ist Joseph Ratzinger jedoch unfähig. Als geübter Dialektiker findet er jederzeit eine Ausrede:
«Wenn sich auch die Zeiten ändern und viele Charismen charakteristisch für eine Person und somit einmalig sind, gibt es doch eine Lebensform und ein grundsätzliches Streben, die zu pflegen wir alle aufgerufen sind.»
Wie sieht diese Lebensform aus?
«Er war in Christus „verliebt“, und das wahre Geheimnis seines pastoralen Erfolgs war die Liebe, die er für das verkündete, zelebrierte und gelebte eucharistische Geheimnis hegte, das Liebe für die Herde Christi geworden ist, für die Christen und für alle Menschen die Gott suchen. Sein Zeugnis ruft uns in Erinnerung, liebe Brüder und Schwestern, dass die Eucharistie für jeden Getauften und umso mehr noch für jeden Priester „nicht einfach ein Geschehen mit zwei Protagonisten ist, ein Dialog zwischen Gott und mir. Die eucharistische Gemeinschaft zielt auf eine völlige Verwandlung des eigenen Lebens ab. Mit Macht öffnet sie das ganze Ich des Menschen und schafft ein neues Uns“ (Joseph Ratzinger, La Communione nella Chiesa, S. 80).»
Hätte der hl. Pfarrer von Ars solche Zeilen über sein Priesterwirken gelesen, wäre er sicherlich höchst verwundert gewesen. Auch wäre er zutiefst erschrocken, so über das hl. Meßopfer reden zu hören. Und hätte es damals schon eine „Neue Messe“ gegeben, so wäre der hl. Pfarrer ganz sicher nicht im Geringsten auf die Idee gekommen, daß dies ein Ritus der katholischen Kirche sein sollte. Er wäre vielmehr über ein so gottloses Treiben bis ins Innerste erschüttert worden und hätte sich gefragt, was für eine neue Sekte sich da überall auf der Welt verbreitet hat.
Auch unter den Menschenmachwerkskirchlern gab es einige gewichtige Personen, die den unüberbrückbaren Unterschied zwischen dem Priester-Ideal des hl. Pfarrers von Ars – also dem katholischen Priester – und dem modernistischen „Priester“-Bild noch wahrnahmen und deswegen das Vorhaben Joseph Ratzingers, den hl. Pfarrer von Ars zum Patron und Vorbild aller Priester zu erheben, erfolgreich boykottierten. Das Vorhaben wurde zwar angekündigt, aber niemals ausgeführt.
Der hl. Pfarrer von Ars als Vorbild und die daraus resultierenden „Mißverständnisse“
Ganz dem entsprechend fragt Gisbert Greshake, emeritierter Professor für modernistische und ökumenische Theologie in Freiburg, in seinem Beitrag auf der Internetseite „wir-sind-kirche.at“:
„Ein kritischer Rückblick zum Priesterjahr: Was hat es gebracht?“:
„Kann man aber solche Aussagen ohne Vorbehalte und Einschränkungen und ohne Hinweis auf den tiefgreifenden Wandel des geschichtlichen und theologischen Kontextes von der Welt des Pfarrers von Ars bis zu uns heute anführen, ohne zwangsläufig Missverständnisse in Richtung auf ein elitäres, abgehobenes Priesterbild zu erzeugen? Auch wenn der Papst in seinem Eröffnungsschreiben noch auf andere Elemente des priesterlichen Dienstes verwies, die evangeliumsgemäß sind und den vom Zweiten Vatikanum genannten Schwerpunkten entsprechen (Einheit des priesterlichen Gottesvolkes, Zusammenarbeit mit den Laien, Gemeinschaftscharakter des kirchlichen Amtes) wurden doch gleich zu Beginn Akzente gesetzt, die mindestens hochproblematisch sind und deren eigentliche Fragwürdigkeit sich erst im Laufe des Jahres in einer Reihe von Aktivitäten besonders der römischen Kleruskongregation zeigte."
Auch der emeritierte Freiburger Professor sieht also beide Seiten des Schreibens von Joseph Ratzinger, betont aber auch zugleich, wie hochproblematisch es ist, beide Priesterbilder – also das katholische und das modernistische! – einfach nebeneinander zu stellen, wo sie sich doch vollkommen widersprechen. Aufgrund des tiefgreifenden Wandels des geschichtlichen und theologischen Kontextes von der Welt des hl. Pfarrers von Ars hin zu unserer Welt ist jeder Vergleich problematisch und letztlich verwirrend. Ganz richtig faßt darum Gisbert Greshake zusammen:
„Es ist das vorkonziliare hierarchische Priesterbild vom ,Mönch im Pfarrhaus‘, was hier ‚fröhliche Urständ‘ feiert. Die im konziliaren Priesterdekret ,Presbyterorum ordinis‘ sowie in ,Pastores dabo vobis‘ gegebenen neuen Akzente, wonach der Priester vor allem das Wort Gottes zu verkünden und den Hirtendienst der Einheit auszuüben hat und wonach seine Spiritualität nichts Abgehobenes und Separiertes sein darf, sondern gerade in der Einheit von pastoralem Dienst und Christusbeziehung bestehen soll (vgl. PO 14), sind offenbar total vergessen.“
Der modernistische Religionsdiener
Wie wir gezeigt haben, stimmt Letzteres nicht ganz. Aber der Grundaussage muß man zustimmen: Das Priesterbild, das den hl. Pfarrer von Ars noch prägte und das nichts anderes als das katholische Priesterbild ist, paßt mit den konziliaren Neuerungen nicht zusammen. Greshake umschreibt das konziliare Priesterbild ganz im protestantischen Sinne: Der Priester ist zunächst Verkünder des Wortes (Gottes?) und seine Spiritualität darf nichts Abgehobenes und Separiertes sein. Der modernistische Religionsdiener soll genauso primitiv, verweltlicht, banal sein wie die modernen Weltleute, wie es inzwischen auch der Großteil der modernistischen Gemeindemitglieder ist. Daß sich sodann jeder junge Mann fragen wird und fragen muß, warum er unter solchen Umständen überhaupt noch Priester werden soll, das wird von dem emeritierten Professor nicht thematisiert.
Die nüchternen Zahlen beweisen es: 2016 wurden in den 27 deutschen Bistümern nur 80 neue Priester geweiht. Im Jahr davor waren es sogar nur 58 – so wenige wie nie zuvor. Von 1995 bis 2015 sank die Zahl der katholischen Geistlichen von gut 18 600 auf knapp 14 000. Die Zahl der Pfarreien ging im gleichen Zeitraum von 13 300 auf rund 10 800 zurück. Mehr als 60 Prozent der katholischen Priester sind älter als 60. Unmittelbare Folge dieser Entwicklung sind die immer größer werdenden Pfarrverbände. In Deutschland sind es meist schon 5 Pfarrgemeinden, die von einem Priester versorgt werden müssen, in Frankreich schon bis zu 15!
„Kirche“ als Kultverwaltungsinstitut
Wie sehen die Laien diese Entwicklung? Die Sprecherin der Laienbewegung „Wir sind Kirche“ Sigrid Grabmeier meint: „Die Amtskirche hat es nicht geschafft, ein positives Kirchenbild weiterzugeben. Ihr Kirchenbild ist von vorgestern. Sie präsentiert sich vielfach wie ein Kultverwaltungsinstitut, aber damit hat Kirche vielen Gläubigen nichts mehr zu sagen.“ Damit trifft Grabmeier wohl den Kern der Sache. Die Menschenmachwerkskirche arbeitet wie ein bloßes Kultverwaltungsinstitut, weil der Glaube darin keinerlei entscheidende Rolle mehr spielt. Wenn Grabmeier aber behauptet, die Kirche pflege immer noch „ein abgehobenes Priesterbild: hier oben der Priester, da unten die Gläubigen“, so entspricht das sicherlich schon lange nicht mehr den Tatsachen. Denn wo gibt es denn noch „Priester“ der Menschenmachwerkskirche, die diese Auffassung teilen? Diese sind doch inzwischen die Minderheit. Sigrid Grabmeier jedenfalls ist überzeugt, es würden „konfliktfähige und kommunikationsfähige Priester“ gebraucht, „die auch in flachen Hierarchien denken“.
Was in den „flachen Hierarchien“ so gedacht wird, faßt Norbert Scholl auf der Internetseite der Zeitschrift „imprimatur“ im Oktober 2010 zusammen. Nachdem er Joseph Ratzinger ebenfalls aufgrund seines verstaubten Priesterbildes und seiner ihm zu zögerlich erscheinenden Vergebungsbitte den Mißbrauchsopfern gegenüber scharf kritisiert hat, schließt er seine Überlegungen folgendermaßen ab:
„‚Reinigung‘ ist eines der Lieblingsworte Benedikts, mit dem er seine Aufgabe als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche umschreibt. Er lässt aber offen, was er genau damit meint. Er sagt nicht, wovon die (römisch-katholische) Kirche ‚gereinigt‘ werden soll. Vielleicht von den Altlasten eines längst überholten, in keiner Weise mehr zeitgemäßen Priesterbildes à la Pfarrer von Ars? Von der im 13. Jahrhundert nicht nur aus religiösen und stichhaltigen theologischen Gründen eingeführten Zölibatsverpflichtung? Von einer autoritären, monokratischen und hierarchischen Organisationsstruktur der römischen Kirche? Von einer bewusst und billigend in Kauf genommenen Versteppung der Pfarreien um eines faktisch längst unterhöhlten Priesterbildes willen? Von (s)einer permanenten Weigerung, dem weltweiten, auch von immer mehr Bischöfen vorgetragenen Wunsch nach grundlegenden Reformen in der Kirche zu entsprechen?“
Wie sich zeigt, ist der Autor dieser Zeilen schon längst vom katholischen Glauben abgefallen und möchte nun seinen modernistischen Unglauben zur Richtschnur seiner „Kirche“ erhoben wissen. Wie alle abgefallenen Modernisten wünscht er sich eine demokratische, der gottlosen Welt angepaßte Religionsgemeinschaft, die dem gottlosen Menschen nach dem Munde redet. Dabei sind die vom Autor geforderten „grundlegenden Reformen in der Kirche“ natürlich nicht zeitbedingt, sondern ideologiebedingt, gehen doch den Progressisten die „Reformen“ niemals weit genug. Auch die allerletzten Überbleibsel aus der alten Kirche müssen noch ausgemerzt werden.
Was unter Ratzinger noch undenkbar schien, wird nun unter Bergoglio greifbar. Übrigens dokumentieren die Macher der Zeitschrift ihren unkatholischen Geist schon durch den Titel „imprimatur“. Ist doch die zuständige Instanz zur Erteilung eines „Imprimatur“, wie jeder Katholik weiß, allein der Diözesanbischof. Dieser ist selbstverständlich in der Redaktion der Zeitschrift nicht vertreten. Da die Zeitschrift schon seit 52 Jahren herausgegeben wird, ist sie ein beredtes Zeugnis dafür, wie tief der unkirchliche und unkatholische Geist in den Knochen der Menschenmachwerkskirchler steckt und wie sehr der naturalistische Geist das Denken verseucht hat. Denn wenn die „grundlegenden Reformen in der Kirche“ verwirklicht sind, dann hat die Menschenmachwerkskirche endgültig alle verbliebenen katholischen Ressentiments überwunden und hat sich ganz und gar der gottlosen Welt und ihrer Unmoral angeglichen.
Das „Aggiornamento“ in seiner letzten Konsequenz
Eine solche Angleichung geschieht freilich nicht, ohne erheblich Federn lassen zu müssen, wie es die Krise verdeutlicht, welche aufgrund des sexuellen Missbrauchs von Kindern und schutzbefohlenen Erwachsenen durch „Priester“, „Bischöfe“ und Mitarbeiter seit Anfang der 2000er Jahre die Menschenmachwerkskirche erschüttert. Dabei erwies sich als weiterer Skandal die Tatsache, daß offenbar in zahlreichen Ortskirchen und selbst im Vatikan die Fälle sexuellen Missbrauchs von hohen Kirchenführern verharmlost oder sogar vertuscht wurden. Zwar verurteilten Wojtyla, Ratzinger und Bergoglio diese scharf, zugleich wurden jedoch Stimmen laut, die ihnen vorwarfen, sie hätten selbst ähnlich gehandelt. Der Eindruck, erst durch den medialen Druck sei man tätig geworden, war nicht ganz von der Hand zu weisen.
Bei der Aufarbeitung der Skandale fiel vor allem eines auf: Es wurden viele Gründe für ein solch schwerwiegendes Fehlverhalten angeführt, der eigentliche Grund aber wurde mit keinem Wort erwähnt. Die einen machten den Klerikalismus als Ursache aus, die anderen den Zölibat. Keiner sprach von dem moralischen Niedergang des ganzen Klerus. Keiner sprach von der Frömmigkeitswüste, die der Modernismus zurückgelassen hat, keiner sprach von der mangelnden sittlichen Ausbildung, dem mangelnden Opfergeist, der doch wesentlich notwendig ist, wenn ein katholischer Priester sein Ideal leben und bewahren möchte - von den fehlenden sakramentalen Gnaden aufgrund veränderten "Sakramentsriten" ganz zu schweigen. Gerade dies wurde in dem Vorbild des hl. Pfarrers von Ars als zeitbedingte und damit längst überholte Erscheinung abgetan. Schon vor über 30 Jahren bekannte und beklagte ein Priester der Menschenmachwerkskirche einem traditionellen Priester gegenüber, daß er im Priesterseminar keinerlei aszetische und spirituelle Ausbildung erhalten hatte. Wie wird es da erst heutzutage sein!
Eintritt ins modernistische Priesterseminar:
1. Die psychologische Absicherung
Das Konradsblatt 17/2019 ist eine Sonderveröffentlichung zum Welttag geistlicher Berufe. Darin wird ein Interview mit dem „Regens“ des Freiburger Collegium Borromaeum, Christian Heß, wiedergegeben, in dem er auf dem Hintergrund der Mißbrauchsfälle zum Thema „Sexualität in der Priesterausbildung“ befragt wird. Wir wollen hier nur die zentralen Aussagen wiedergeben, die uns einen Einblick über die moderne Art der Priesterausbildung geben können. Der „Regens“ wird u.a. gefragt: „Wann hat sich die Auseinandersetzung mit diesem Thema in der Form verändert?“ Worauf er erklärt:
„Schon in der Zeit nach dem Konzil hat sich da einiges getan. Seit 1968 hat sich die Priesterausbildung stärker verändert. Das hat nicht nur damit zu tun, dass die Priesterkandidaten einen Hausschlüssel bekamen. Seit dieser Zeit wurden auch die Erkenntnisse aus Psychologie und Medizin einbezogen. Da hat sich schon seit den 1970er-Jahren einiges getan. Unser derzeitiges System, wie es sich auch in der Präventionsarbeit darstellt, gerade auch was das Bewerbungsverfahren anbelangt, haben wir seit zwanzig Jahren. Bei der Bewerbung ist auch ein Psychologe dabei, der die Bewerber begutachtet – und zwar ein unabhängiger Psychologe. Das sind in der Regel ein katholischer Priester oder eine Ordensfrau, aber niemand aus der Erzdiözese Freiburg. Wir holen bewusst jemanden von außerhalb, der danach auch wieder geht, niemanden, der zum „System“ gehört. Wir brauchen Fachleute, die Sympathie für die Sache mitbringen, die aber auch genau hinschauen.“
In dieser Antwort wird etwas Grundlegendes der modernen Priesterausbildung angedeutet: Die psychologische Absicherung. Eine solche Absicherung muß nicht grundsätzlich verkehrt sein, aber sie verrät doch etwas, was zum Wesen des Modernismus gehört und auch noch deutlicher werden wird: nämlich der zugrundeliegende Naturalismus.
2. Ein „Entscheidungsworkshop“
Die nächste Frage versucht zu präzisieren: „Worauf achtet man in diesem Zusammenhang? Was sind die Kriterien?“
„Das eine sind die Aufnahmegespräche, auch mit einer psychologisch besonders geschulten Person. Die Bewerber müssen ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis einreichen, wie bei den anderen pastoralen Berufen auch. Ärztliche Untersuchung, Zeugnisse vom Heimatpfarrer, von Religionslehrer oder -lehrerin, von anderen Personen, die dem Bewerber nahestehen, und natürlich entsprechende Vorstellungsgespräche mit der Ausbildungsleitung. Vor einigen Jahren haben wir einen Entscheidungsworkshop eingeführt, den man in der Wirtschaft als Assessment Center bezeichnen würde: in verschiedenen Situationen Fragen stellen, Aufgaben lösen, etwas präsentieren, an Gruppendiskussionen teilnehmen. Die Bewerber werden dabei von verschiedenen Frauen und Männern beobachtet, die wir dazu einladen – Menschen, die im kirchlichen Bereich tätig sind. Also Personen, die später mit diesen Priestern zusammenarbeiten könnten. Es hängt also nicht nur davon ab, was ich als Regens meine, sondern da sprechen viele Menschen mit.“
Es ist leicht vorstellbar, wie es einem „verhaltensauffälligen“ Seminaristen in einem solchen „Entscheidungsworkshop“ geht. Da werden sicherlich nicht nur diejenigen aussortiert, die einen Mangel in ihrem Sexualverhalten verraten, sondern auch all diejenigen, die zu konservativ erscheinen und nicht weltoffen genug sind. In der Tat bleiben sehr wenige übrig, die ihre Ausbildung beenden – und man muß sich dann wohl fragen, wenn man das sparsame Ergebnis ansieht, was für eine Auffassung von Priestertum haben diese psychisch ausgetesteten und weltoffenen Männer dann? Sicherlich keine katholische! Gehen wir noch auf eine weitere Frage und Antwort des Interviews ein, um dazu weitere Indizien zu sammeln.
3. Eine ganz besondere „Integration“
Die Frage: „Im Zusammenhang mit diesem Thema ist immer wieder davon zu lesen, die Sexualität müsse in die Persönlichkeit eines Kandidaten integriert werden. Was heißt das konkret: integrieren?“ Dazu die Antwort:
„Integrieren ist das Gegenteil von verdrängen. Ich lerne, mit meiner Sexualität, mit meinen Gefühlen zu leben. Ich lerne, was auch jeder Ehemann lernen muss. Ich kann meine Sexualität nicht jederzeit und mit allen ausleben, wenn ich eine verbindliche Entscheidung getroffen habe. Die Sexualität ist eine starke Kraft in unserem Leben, die ich auf verschiedene Art und Weise ausdrücken kann. In der Hingabe für andere Menschen. In meiner persönlichen Kreativität. Integrieren heißt in diesem Fall konstruktiv mit der eigenen Sexualität umgehen, ohne sie in genitaler Weise auszuleben. Als Priester realisiere ich, dass eine Frau schön ist, aber ich weiß eben auch, was ich versprochen habe. Um dem gerecht zu werden, braucht es eine lebendige Christusbeziehung, die sich auch im Gebet ausdrückt.“
Auf den ersten Blick erscheinen diese Ausführungen womöglich sogar teilweise vernünftig, aber sind sie es wirklich? Um dies entscheiden zu können, sei auf den zentralen Satz aufmerksam gemacht: „Als Priester realisiere ich, dass eine Frau schön ist, aber ich weiß eben auch, was ich versprochen habe. Um dem gerecht zu werden, braucht es eine lebendige Christusbeziehung, die sich auch im Gebet ausdrückt.“ Das ist alles, was der "Regens" des Freiburger Collegium Borromaeum über die gnadenhafte Hilfe Gottes im Priestertum zu sagen weiß. Und dieser kümmerliche Ansatz – „eine lebendige Christusbeziehung, die sich auch im Gebet ausdrückt“ – soll ein ganzes Priesterleben halten und dieses tragen? Jeder, der nur ein klein wenig Erfahrung im Leben der Seele hat, weiß, was für eine Illusion eine lebendige Christusbeziehung ist, wenn die Religionsdiener der Menschenmachwerkskirche kaum mehr etwas beten, selbstverständlich ihren zelebrationsfreien Tag haben und keinerlei Verpflichtung zu einem Leben des Opfers mehr vermittelt bekommen. Da braucht man sich dann nicht zu wundern, wenn die allermeisten irgendwie scheitern.
So hat ein deutscher Bischof einmal eingestanden, daß etwa 80% seiner Priester mit einer Frau zusammenleben. Wenn es auch nicht überall so viele sein werden, wundern braucht einen eine so hohe Zahl dennoch nicht. Wurde doch diesen Männern noch im Priesterseminar häufig versprochen, der Zölibat würde sowieso schon bald abgeschafft, woraufhin sich sicherlich der eine oder andere unter dieser Voraussetzung „weihen“ ließ. Die Folge davon war vielmals katastrophal. Ist doch die natürliche Neigung des Menschen nach Zweisamkeit sehr groß. Als die Pharisäer an Jesus herantraten und fragten: „Ist es dem Mann erlaubt, aus jedem beliebigen Grund seine Frau aus der Ehe zu entlassen?“, antwortete Er: „Habt ihr nicht gelesen, daß der Schöpfer am Anfang den Menschen als Mann und Frau geschaffen und gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein?“ (Mt. 19,3-5). Als Unser Herr Jesus Christus gegenüber den Jüngern sodann die Unauflöslichkeit der Ehe ganz klar lehrt, sagen diese: „Wenn es um das Verhältnis von Mann und Frau so steht, dann ist es nicht ratsam zu heiraten.“ Worauf Er entgegnet: „Nicht alle fassen dieses Wort, sondern nur die, denen es gegeben ist: Manche können wegen eines Geburtsfehlers nicht eine Ehe schließen, andere werden von Menschen an der Eheschließung gehindert und einige gehen aus eigener Entscheidung, um des Himmelreiches willen, nicht eine Ehe ein. Der es fassen kann, fasse es.“
Wenn man des Himmelreiches willen der Ehe entsagen will, dann muß das Himmelreich so gegenwärtig sein, daß es Wirklichkeit ist. D.h.: Um zölibatär leben zu können, braucht es viel Gebet, Opfergeist und besonders viel Tugend, unterstützt durch die Sakramente. Was nützt eine rein psychologische Absicherung, wenn es den jungen Männern an Tugend fehlt und keine wirksamen Sakramente mehr empfangen? Wenn sie deshalb meinen, ihr Leben genauso genießen zu können wie die Weltmenschen, weshalb etwa ein Schweizer Pfarrer darüber klagte, daß er mit seinen 10 000 Schweizer Franken (!) im Monat nicht über die Runden komme? Wie will so ein ganz und gar verweltlichter Pfarrer das Zölibat noch halten können?!
Letztlich ist das von Gisbert Greshake als verstaubt und vorkonziliar hierarchisch verhöhnte Priesterbild vom „Mönch im Pfarrhaus“ die Voraussetzung dafür, das katholische Priestertum und den Zölibat leben und bewahren zu können. Denn der katholische Priester ist zunächst und vor allem ein Mann des Gebetes. Wenn er kein Mann des Gebetes mehr ist, dann ist sein Priestertum in allerhöchster Gefahr. Wie illusorisch und weltfremd klingen da die Worte des Freiburger „Regens“: „70 bis 80 Prozent derjenigen, die sich in unseren Gemeinden engagieren, sind Frauen. Wenn ein Priester Frauen nicht auf Augenhöhe begegnen kann, ist da etwas schief gelaufen. Insofern ist auch in der Ausbildung wichtig, einen respektvollen Umgang mit Frauen einzuüben, und zu wissen, wo die Grenzen sind.“
Wie viel Tugend und wie viel Askese, also Abtötung der ungeordneten Neigungen, gehören dazu, immer zu wissen, wo die Grenzen sind?! Solch eine naive Beschreibung des Problems kann letztlich nur jemand geben, der nicht mehr an die Erbsünde glaubt und von den erbsündlichen Folgen und Verwundungen der Seele keinerlei Ahnung mehr hat. Diese Befürchtung bestätigt die recht erstaunliche Antwort von Christian Heß auf die Frage: „Was bedeutet das für homosexuell Veranlagte?“
„Homophobie sollte unsere Kirche so langsam überwunden haben. Diese Menschen sind mit ihrer Veranlagung Teil unserer Gesellschaft und unserer Kirche, wir sollten sie respektvoll behandeln. Auch Papst Franziskus hat hier Gutes vorgegeben. Der Zölibat gilt für alle. Wir können kein Doppelleben unterstützen, in welcher Form auch immer. Vielmehr bilden wir auf eine verantwortungsvolle und klare Lebensentscheidung hin aus. Zugleich wissen wir natürlich, wie kompliziert dieses Thema immer noch ist. Für alle Bewerber gilt: Können sie im Zölibat leben? Und können sie das, was den Zölibat ausmacht, so in ihrem Leben verwirklichen, dass sie dazu stehen können?“
Da ist man als Katholik doch ein wenig sprachlos, oder etwa nicht? Denn was heißt es genau und auf den Punkt gebracht, wenn Christian Heß sagt: „Diese Menschen sind mit ihrer Veranlagung Teil unserer Gesellschaft und unserer Kirche, wir sollten sie respektvoll behandeln“? Wird damit das moralische, aus den Geboten Gottes folgende Urteil, daß Sodomie Sünde ist, verneint? Und es drängt sich eine weitere Frage auf: Sind Seminaristen mit einer ausdrücklich bejahten „homosexuellen Neigung“ fürs Priestertum geeignet, wenn sie nur den Zölibat leben können?
Damit dürfte jedoch eine ganze Reihe von Problemen in der Ausbildung der jungen Männer verbunden sein, die unüberschaubar und damit auch unverantwortbar sind. Aber solche Überlegungen werden wohl den „Regens“ des Freiburger Collegium Borromaeum nicht so sehr umtreiben wie andere auch. Hat sich doch, seit Bergoglio an der Spitze der Menschenmachwerkskirche ist, die Sprache über „Homosexualität“ geändert, wenn auch nicht so grundlegend, wie es der Freiburger „Regens“ suggeriert. Immerhin hat Bergoglio, den Christian Heß für den Papst seiner „Kirche“ hält, auf den Einwand eines führenden Ordensvertreters, daß das Problem nicht „so ernst ist, es ist nur Ausdruck einer Zuneigung“, geantwortet: „Das ist ein Fehler. Es ist nicht nur ein Ausdruck einer Zuneigung. Deshalb empfiehlt die Kirche, dass Menschen mit einer solchen tief verwurzelten Tendenz nicht in den Dienst oder das geweihte Leben aufgenommen werden. Das Amt oder das geweihte Leben ist dafür nicht der geeignete Ort.“ Nun wissen wir freilich, daß die Aussagen Bergoglios nicht in Stein zu meißeln sind, gibt es doch auch anders lautende Sätze von ihm, wie das bekannte Diktum: „Wer bin ich, ihn zu verurteilen?“ So klar, wie der Freiburger „Regens“ es formuliert, ist die Position der Menschenmachwerkskirche jedenfalls nicht.
Der hl. Pfarrer von Ars als unüberbrückbarer Kontrast
Wir wollen abschließend noch einmal kurz auf den hl. Pfarrer von Ars zu sprechen kommen, der wohl angesichts solcher Probleme und Aussagen einfach nur sprachlos wäre. Gibt es doch wirklich keinen gemeinsamen Nenner mehr zwischen dem katholischen Priestertum und dem modernistischen Gemeindevorsteher. Der hl. Pfarrer von Ars schreibt über den Priester:
“Wenn man die Religion zerstören will, greift man zuerst den Priester an. Denn wo es keinen Priester mehr gibt, gibt es kein heiliges Opfer mehr, und wo es kein heiliges Opfer mehr gibt, stirbt die Religion. Der Priester soll vor allem ein Mann des Gebetes sein. Welch ein Unheil: ein Priester ohne Innenleben! ...Aber dazu gehört Ruhe, Schweigen, Einsamkeit.“
So haben alle Heiligen und die geistlichen Lehrer aller Jahrhunderte geurteilt, weil es eine aus dem katholischen Glauben notwendige Schlußfolgerung ist. Denn die Gnade wird uns von Gott vor allem aufgrund unseres Gebetes geschenkt, wie etwa der hl. Alfons von Liguori eindrücklich lehrt:
„Daher kommt es, daß die Theologen allgemein mit dem heiligen Basilius, dem heiligen Johannes Chrysostomus, Klemens von Alexandrien und anderen, sowie mit dem heiligen Augustin lehren, daß für die Erwachsenen das Gebet notwendig ist, und zwar nicht nur mit der Notwendigkeit eines Gebotes, wie wir gesehen haben, sondern auch eines Mittels, was besagen will, daß es für einen Gläubigen, ohne sich Gott anzuempfehlen, bei der gewöhnlichen Vorsehung mit einem sich Bemühen um die zum Heile notwendigen Gnaden, unmöglich ist, daß er gerettet wird.“
Wenn das keine andere Geisteswelt ist als die, welche in einem modernistischen Seminar herrscht! Wie bedauernswert sind all die jungen Männer, die eine so mangelhafte Ausbildung erhalten und sodann für das Heil der ihnen anvertrauten Seelen Sorge tragen sollen. Aber da projizieren wir wohl schon wieder das alte Priesterbild in die modernistische Ausbildung hinein. Das Heil der Seelen ist nämlich dort sicherlich kein ernstzunehmendes Thema mehr, ist doch der modernistische Religionsdiener höchsten noch ein religiös gefärbter Sozialarbeiter.