Oktavtag der heiligen Apostelfürsten

Am Fest der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus werden wir jeweils an den heiligen Anfang der Kirche Jesu Christi erinnert. Denn auf dem Glauben und der Heiligkeit der Apostel ruht Seine heilige Kirche. Die Apostel mit ihrer unfehlbaren Glaubensverkündigung sind das Fundament, das alles trägt und auch in Zukunft tragen soll – glauben wir doch an die apostolische Kirche.

Früher wußte jeder Katholik noch, daß die Zeit der Apostel das goldene Zeitalter der Kirche war, d.h. die Zeit der Glaubensfülle. Denn zunächst hat doch unser göttlicher Herr die Apostel persönlich belehrt und ihnen sodann ganz außerordentliche Gnaden geschenkt, damit sie am göttlichen Werk der Gründung Seiner hl. Kirche mitwirken konnten. Dementsprechend konnte der hl. Paulus an die Galater schreiben: „Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkündeten, als wir euch verkündet haben: er sei verflucht!“ (Gal 1,8).

Dieses Wissen um das goldene Zeitalter der Kirche ist durch die Irrlehre des Modernismus verloren gegangen. Bei den Modernisten – und in gewissem Sinne auch bei den Traditionalisten, wie wir noch sehen werden – ist das nämlich nicht mehr so. Gemäß dem Evolutionsdogma, das die Modernisten systematisch auf die Glaubenslehren anwenden, war am Anfang alles noch primitiv, wurzelhaft, ungeklärt und vor allem menschlich. Demnach hätte unser Herr Jesus Christus gar keine Kirche gründen wollen, diese Institutionalisierung und Zentralisierung war vielmehr eine Fehlentwicklung der späteren Jahrhunderte. Nach den Modernisten wurde erst im Laufe der Jahrhunderte aufgrund der weiteren theologischen Reflektionen über den Glauben an Jesus Christus das Göttliche daran hervorgehoben – oder besser gesagt hinzugedichtet. Insgesamt sehen die Modernisten im Laufe der Kirchengeschichte viele Fehlentwicklungen in der Kirche und ihrer Lehre, wie alle Irrlehrer vor ihnen auch.

Die „Magdeburger Centurien“ oder „Die Fehler des hl. Petrus“

So handelt etwa schon der heilige Robert Bellarmin im dritten Band seiner „Disputationes“ „De Romano Pontifice“ – „Über den Papst, das Haupt der streitenden Kirche“, worin sich auch eine „Widerlegung des Einwurfes, welchen die Magdeburger aus den fünfzehn Fehltritten des heiligen Petrus schöpfen“, findet. Die „Magdeburger“, das waren die „Magdeburger Centurien“, die damals einen ersten Versuch einer umfassenden Kirchengeschichte aus Sicht der Reformation erstellten, mit dem Ziel, die Irrlehren Martin Luthers als Wiederherstellung des wahren Glaubens und der Urkirche darzustellen, wohingegen das Papsttum mit seiner Kirchenorganisation als teuflischer Irrweg galt.

Somit war ein wichtiger Punkt dieser Geschichtsfälschung, die vielen Fehler und Irrtümer der Päpste der Vergangenheit aufzuzeigen, um damit zu beweisen, daß die katholische Lehre über das Papsttum nicht evangelischen Ursprungs sei. Da die Protestanten ihren Glauben angeblich allein auf die Heilige Schrift stützen, galt ihr Angriff auch gleich dem ersten Papst, dem heiligen Petrus selbst. In ihrem diabolischen Fleiß fanden die Magdeburger Centurien gleich fünfzehn „Fehltritte“, die sie dem hl. Petrus meinten aus der Heiligen Schrift nachweisen und vorhalten zu können. Der heilige Robert machte sich nun, wie es sich für einen Katholiken gehört, daran, den heiligen Petrus gegen diese Feinde der heiligen Kirche und der göttlichen Wahrheit zu verteidigen.

Ganz entgegen dem Bemühen des hl. Robert Bellarmin wärmen die heutigen Traditionalisten die protestantischen Irrtümer wieder auf und verunglimpfen ihrerseits den heiligen Petrus, indem sie ihm ebenfalls eine ganze Reihe von Fehlern vorwerfen. Die Absicht dieser böswilligen Unterstellungen, wie man diese Vorwürfe wohl am treffendsten nennen muß, ist letztlich dieselbe wie bei den Protestanten. Denn wie der heilige Robert Bellarmin erklärt, behaupten die „Magdeburger“, die „Fehltritte“ des heiligen Petrus „seien nicht ohne Zutun des Heiligen Geistes dem Gedächtnisse überliefert worden, damit nämlich dem Petrus nicht zu viel eingeräumt werde“!

Ganz im Sinne der Protestanten wirft etwa einer der sog. „Traditionalisten“ den Katholiken vor: „Dem Sedisvakantismus liegt ein übersteigertes Papstverständnis zu Grunde, demgemäß der Papst sozusagen ‚in allem‘ und ‚gemäß allem‘ unfehlbar sei, gleichsam ein Orakel Gottes.“ Diesem „übersteigerten Papstverständnis“ meint der Pater sodann entgegenhalten zu müssen, daß die Unfehlbarkeit „nach dem 1. Vatikanischen Konzil (1869/70) beschränkt“ wurde „auf die lehrmäßige Definition ‚ex cathedra‘“. Auf dem „I. Vaticanum“ sei nämlich „von gewissen ‚Papisten‘ versucht“ worden, „den Umfang der Unfehlbarkeit des Papstes möglichst weit auszudehnen, auch auf Enzykliken… Aber das wurde verhindert…“

Jeder Protestant hätte sich sicherlich darüber gefreut, wenn es den „Papisten“ auf dem Vatikanischen Konzil tatsächlich nicht gelungen wäre, dem Petrus zu viel zuzuschreiben, sondern seinen Einfluß soweit wie nur irgend möglich zu beschränken. Von einer solchen Freude ist aber gar nichts bekannt geworden. Jedenfalls wundert es einen bei einem solchermaßen protestantischen Geist des Traditionalistenpaters nicht mehr, wenn er genau wie die Protestanten in seiner Schrift ebenfalls auf die „Fehltritte“ des hl. Petrus zu sprechen kommt. Selbst wenn er es auch nicht gar so umtriebig wie die „Magdeburger“ auf fünfzehn bringt! Seltsam ist jedoch, daß der Pater nicht beim hl. Robert Bellarmin in die Lehre gegangen ist, sondern bei den protestantischen Geschichtsschreibern. Ob ihn da nicht sein irriger Glaube vorneweg genarrt hat?

Der „erste Fehltritt“ des hl. Petrus

Wir wollen nur an drei Beispielen kurz erwägen, wie man aus ideologischer Verblendung etwas schlechtreden kann, das im Grunde gut ist:

Als ersten „Fehltritt“ wollen die Zenturionen „angesehen wissen, daß Petrus (Mt 14, 28) aus Vorwitz, wie sie sagen, von dem Herrn auf das Wasser gerufen zu werden verlangt habe“, weshalb er „nachher gestraft worden und in größere Sünden gefallen“ sei, „nämlich in den Zweifel“.

Dieser Vorwurf erscheint spontan recht kurios, denn die allermeisten Leser der Heiligen Schrift kommen sicher nicht auf diesen Gedanken, der hl. Petrus hätte aus Vorwitz verlangt, aufs Wasser gerufen zu werden. Vielmehr ist es die übersprudelnde Art des hl. Petrus, begeisterte Gedanken sofort in die Tat umsetzen zu wollen. Sein Meister fasziniert ihn so, daß er sofort zu ihm kommen möchte – auch wenn sie sich nicht auf trockenem Land, sondern auf dem See befinden! Dementsprechend entgegnet der heilige Robert, hier komme „keine Sünde, sondern vielmehr umgekehrt ein besonderer Glaube zum Vorschein“, denn „hätte Petrus durch sein Verlangen aufs Meer gesündigt, so hätte er das Verlangte nicht erhalten“.

Es wäre nun wirklich sehr merkwürdig, wenn unser göttlicher Lehrmeister ein solch sündhaftes Verlangen auch noch durch ein Wunder bestätigt und nicht vielmehr Petrus dafür schwer getadelt hätte. Wie der hl. Robert also ganz zurecht bemerkt, werden göttliche Wunder „nicht zugunsten unserer Sünden gewirkt“. Sodann zitiert er den heiligen Maximus, der dem Ganzen eine ganz andere Deutung zu geben weiß als die Protestanten: „Der ist Petrus, dessen überaus festes Vertrauen auf den Herrn die Meereswasser bewiesen, welche seine Fußstapfen trugen. Denn er verlangte von seinem Herrn als ein Gläubiger, dass ihm sein neuer Gang auf den Wellen gestattet würde, und ward als Geliebter dessen gewürdigt. Er scheint bloß deshalb gezittert zu haben, damit die menschliche Schwäche zur Einsicht käme, welch großer Unterschied zwischen dem Herrn und Diener wäre. […] Wohl war der Glaube des Petrus selig und wunderbar, selbst während er zittert, da ihn nicht einmal die Furcht vor der überaus drohenden Gefahr außer Fassung bringen kann. Denn indem er sank und rief: ‚Herr, hilf mir!‘, misstraute er sich, zweifelte nicht an dem Herrn. Darum soll niemand diese Furcht des ruhmwürdigsten Apostels zum Fehler machen.“

Eine angesichts der protestantischen und traditionalistischen Umtriebe gegen den hl. Petrus beeindruckende Schlußfolgerung: „Darum soll niemand diese Furcht des ruhmwürdigsten Apostels zum Fehler machen.“ Natürlich haben die Protestanten bei ihrem freventlichen Urteil nicht den hl. Maximus zu Rate gezogen, sondern allein ihr eigenes, aus ihren Irrlehren stammendes Vor-Urteil bestätigen wollen.

Die Gegner und Bezweifler der päpstlichen Unfehlbarkeit

Genauso machen es die meisten Traditionalisten, wobei diese sich in ihrer Argumentation wohl größtenteils eher unwissentlich auf die Protestanten oder auch andere Irrlehrer stützen. Gedankenlos wiederholen sie das Märchen von den „Problempäpsten“, wohingegen schon J.B. Heinrich in seiner Dogmatik ganz nüchtern festgestellt hat: „Was nun die angeblichen Irrtümer und Häresien der Päpste betrifft, so haben die Magdeburger Centuriatoren deren, von der Verleugnung Petri angefangen, eine große Menge angeführt, die teilweise von den Gallikanern und Jansenisten reproduziert wurden. Allmählich haben die Gegner und Bezweifler der päpstlichen Unfehlbarkeit dieselben, wenige – namentlich den Fall des Liberius, des Vigilius und des Honorius – ausgenommen, fallen lassen, bis man in neuester Zeit sich nicht schämte, eine Anzahl der längst von den Gallikanern aufgegebenen Einwände wieder aufzunehmen und einige, noch frivolere, hinzuzufügen“ (Band 2, S. 421).

Hier haben wir sie also wieder, die teuflisch umtriebigen Magdeburger Centuriatoren, deren Lügengeschichten viele Traditionalisten aufsitzen. Denn immer dann, wenn es ihrer Ideologie nützt, ist alles, was die „Gegner und Bezweifler der päpstlichen Unfehlbarkeit“, also die Gallikaner, Jansenisten und Altkatholiken jemals vorgebracht haben, gerade gut genug.

Unser oben schon erwähnter Traditionalistenpater greift auch zielsicher auf die Trickkiste der Magdeburger Centuriatoren zurück, wenn er feststellt: „Und der hl. Petrus, den Christus selbst zum ersten Papst bestimmt hatte, hatte Christus dreimal verleugnet. Er bereute aber und weinte bitterlich. Der Auferstandene übertrug ihm dann das oberste Hirtenamt. Immerhin ist die Möglichkeit eines lehrmäßigen Versagens angezeigt und ernst zu nehmen.“ Aus der dreimaligen Verleugnung des hl. Petrus einen Hinweis auf die Möglichkeit eines lehrmäßigen Versagens des Papstes zu machen, ist theologisch gesprochen wohl schon „temerär“ zu nennen, also „verwegen“. Aber schauen wir zunächst auf die protestantische Quelle.

„Der elfte Fehltritt des hl. Petrus“

Bei den Magdeburger Centuriatoren wird dieser Vorwurf als elfter Fehltritt des hl. Petrus angeführt. Die Verleugnung des hl. Petrus war nun tatsächlich „eine große Sünde gewesen“, wie auch der hl. Robert feststellt. „Aber diese Sünde dient vielmehr zur Bekräftigung des Primats, statt ihm zu schaden“, insistiert ganz entgegen der Meinung des Traditionalistenpaters der heilige Robert Bellarmin. Der heilige Gregor d.Gr. sage nämlich: „Wir müssen in Erwägung ziehen, warum der allmächtige Gott denjenigen, welchen er zum Vorgesetzten der ganzen Kirche bestimmt hatte, vor dem Worte einer Magd erschrecken und Gott verleugnen ließ. Es geschah dieses, auf daß der künftige Hirt der Kirche in seiner Schuld lernte, wie er sich anderer erbarmen sollte.“ Ergänzend dazu ist im Kommentar von Arndt-Allioli zu lesen: „Die Sünde des heiligen Petrus war eine schwere Verletzung der Pflicht, den Glauben zu bekennen (Hier.), nicht eine Versündigung gegen den Glauben selbst (Hil. Aug. Leo). Der Hirt der Kirche lernt mit den schwachen Schafen Mitleid fühlen, da er selbst gefallen (Greg.), und wird allen ein Beweis, daß niemand auf sich selbst vertrauen darf (Ambr. Leo), aber alle auf die Buße ihre Hoffnung gründen müssen (Leo).“

Zudem ist nicht zu vergessen, was der Traditionalistenpater zwar andeutet, aber sodann in keiner Weise mehr ernsthaft bedenkt, daß nämlich der heilige Petrus, als er diese Sünde beging, das Amt des obersten Hirten noch gar nicht angetreten hatte – war er doch zu diesem Zeitpunkt erst zum ersten Papst bestimmt – d.h., er hatte noch nicht die vom Heiligen Geist ihm erst am Pfingstfest gewährte Gnade der Befestigung erlangt. Allein deswegen ist der Vergleich schon von vorneweg unpassend und somit irreführend. Die Sünde des hl. Petrus war außerdem, wie im Kommentar hervorgehoben, eine Sünde gegen das Bekenntnis des Glaubens, nicht aber „gegen den Glauben selbst“, eine Sünde, die, wie jeder Katholik weiß, Petrus sogleich bereut und für die er auch sofort Verzeihung empfangen hatte. Erst nach seiner Auferstehung hat ihm unser göttlicher Herr den Auftrag gegeben: „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe!“ Wo ist da noch „die Möglichkeit eines lehrmäßigen Versagens angezeigt und ernst zu nehmen“?

„Der fünfzehnte Fehltritt des hl. Petrus“

Auch die Gegner der Unfehlbarkeit hatten und haben deswegen wohl ein recht ungutes Gefühl dabei, wenn sie diese Begebenheit für sich in Anspruch nehmen. Deswegen führen sie gewöhnlich einen weiteren „Fehltritt“ des hl. Petrus an, bei dem dieser auch schon zweifelsfrei in Amt und Würden war. Bei den Magdeburger Centuriatoren ist es der fünfzehnte „Fehltritt“. Da der heilige Robert Bellarmin diesen sehr ausführlich behandelt, läßt sich vermuten, daß ihn die Protestanten besonders gerne und oft anführten, um ihn für ihre Sache – „damit nämlich dem Petrus nicht zu viel eingeräumt werde“ – auszuschlachten. Auch bei den Traditionalisten wird dieser „Fehltritt“ des hl. Petrus ungewöhnlich oft und ganz sicher immer dann erwähnt, wenn es darum geht, ganz im protestantischen Sinne zu zeigen, daß „dem Petrus nicht zu viel eingeräumt werde“ – d.h. wenn man zeigen möchte, daß man es mit der Unfehlbarkeit des Papstes nicht übertreiben darf oder anders ausgedrückt: Daß es mit der Unfehlbarkeit des Papstes nicht so weit her ist, wie die sog. Sedisvakantisten – also die Katholiken in der papstlosen Zeit! – meinen!

Wir sprechen von dem Zusammentreffen des hl. Petrus mit dem hl. Paulus zu Antiochia (Gal 2, 11 ff). Nach den Magdeburger Centuriatoren sei dort der heilige Petrus „nicht nach der Wahrheit des Evangeliums gewandelt“ und „deshalb mit Recht von Paulus getadelt worden“. „Bei Erwähnung dieser Sünde treten sie [die Magdeburger] deutlich genug in die Fußstapfen ihrer Vorgänger, des Marcion nämlich, des Ketzerhauptes, und des Apostaten Julianus, welche sagten, Petrus sei von Paulus der schwersten Sünde bezichtigt und dessen getadelt worden. Ihre Verleumdungen wurden schon mehrmals von Tertullianus und von Cyrillus widerlegt.“ So der hl. Robert Bellarmin.

Man muß sich das ganz nüchtern vor Augen stellen: Die „Traditionalisten“ und Lefebvristen scheuen nicht davor zurück, von den Protestanten ein Argument aufzugreifen, das vor diesen wiederum schon von dem Ketzerhaupt Marcion und dem Apostaten Julianus verwendet wurde, um ihre eigenen Irrlehren zu untermauern. Da beginnt sich jeder aufrechte Katholik unwillkürlich zu fragen: Wessen Geistes Kind sind denn diese Leute?

Ein protestantisches Verwirrspiel

Auch wenn es schon mehrmals geschehen ist, wollen wir wenigstens nochmals kurz das protestantische Verwirrspiel aufdecken, um zu zeigen, wie trefflich es der Diabolus, der Durcheinanderwerfer, versteht, die Geister durch Scheingründe durcheinanderzubringen.

Wie der heilige Robert Bellarmin darlegt, verhielt sich die Sache so: „Als der Apostel Petrus zu Antiochia sich aufhielt, aß er nach christlicher Freiheit mit den Heiden [Heidenchristen]. Unterdessen kamen einige Juden [Judenchristen] darauf, welche von dem Apostel Jakobus an Petrus geschickt worden waren. Da kam Petrus der Gedanke, dass er kaum umhinkönne, entweder den Heiden oder Juden ein Ärgernis zu geben. Denn fuhr er fort, mit den Heiden zu essen, so stieß er ohne Zweifel bei den Juden an, welche noch schwach im Glauben waren und sich deshalb nicht überreden konnten, dass es den Juden erlaubt sei, mit den Heiden zu essen; trennte er sich aber von den Heiden und aß geschieden mit den Juden, so gab er den Heiden Ärgernis, welche entweder den Petrus der Wandelbarkeit beschuldigen oder, auf das Beispiel eines so bedeutenden Mannes gestützt, selbst auch anfangen mussten, nach jüdischem Zeremonialgesetz zu leben.“

Eine wirklich schwierige Situation für den hl. Petrus. Was sollte er tun? „In diesem schwankenden Zustande wählte der hl. Apostel dasjenige, was er für minder übel hielt, nämlich eher bei den Heiden als bei den Juden Anstoß zu geben, weil er vorzugsweise Apostel der Juden war. Paulus missbilligte aber jene Wahl und tadelte den Petrus scharf genug.“

Die unterschiedliche Mission der Apostelfürsten Petrus und Paulus

Hierzu ist nun mehreres zu beachten: Zunächst einmal war der hl. Paulus anders als der hl. Petrus von Gott zum „Völkerapostel“ auserwählt worden, dem die Aufgabe zukam, vornehmlich den Heiden das hl. Evangelium zu predigen. Zudem nahm der hl. Paulus unter den Aposteln, wie der heilige Gregor der Große betont, eine Sonderstellung ein: „Der Apostel Paulus ist zum Apostelfürsten Petrus im apostolischen Prinzipat ein Bruder.“ Deswegen durfte der hl. Paulus den hl. Petrus, das Haupt der Kirche, in einer Weise ermahnen, wie sonst niemand! Jeder Traditionalist macht sich jedoch gedanken- und bedenkenlos dem hl. Paulus gleich, um ebenfalls dem hl. Petrus in seinen Nachfolgern ins Angesicht zu widerstehen!

Der hl. Robert stellt allgemein fest, nach den griechischen Vätern war „diese Handlung Petri … ohne alle Sünde“, ebenso urteilt der hl. Hieronymus. „Die meisten Lateiner erkennen aber in dieser Handlung des Petrus eine Sünde“, so u.a. die heiligen Cyprian, Ambrosius, Augustinus und Gregorius. Doch war „jene Sünde ohne Zweifel entweder lässlich und ganz leicht oder auch bloß materialiter eine Sünde, d.h. ein Fehler, wobei aber Petrus ohne alle Schuld blieb. Wenigstens ist es ausgemacht, dass er dasjenige, was er tat, in der besten Meinung getan“. Für seinen Irrtum in der Wahl war „entweder eine Unbedachtsamkeit Ursache, und dann ist es eine lässliche Sünde gewesen, oder Mangel an Einsicht und eine unfreiwillige Unkenntnis, und dann hat er es ohne alle eigene Schuld getan“. Es ist sogar „glaublich, die göttliche Vorsehung habe jenes angestiftet, auf dass in dieser Sache der Geist des Paulus mehr verherrlicht würde als der Geist des Petrus und wir sofort ein sehr nützliches Beispiel hätten sowohl von der Freiheit in Paulus als von der Geduld und Demut in Petrus“.

Wenn zwei das gleiche tun…

Wie wir also sehen, war das Vergehen des hl. Petrus, wenn überhaupt, eine sehr leichte Sünde. Aus dieser höchstens läßlichen Sünde – die „entweder eine Unbedachtsamkeit als Ursache hatte, und dann ist es eine lässliche Sünde gewesen, oder Mangel an Einsicht und eine unfreiwillige Unkenntnis, und dann hat er es ohne alle eigene Schuld getan“ – machen die Protestanten und Traditionalisten ein Kapitalverbrechen gegen den Glauben, also ein Häresie! Für sie war der hl. Petrus der erste Häretiker auf dem Papstthron! Was für ein Irrsinn!

Dieser Irrsinn wird noch größer, sobald man bedenkt, was jeder unbefangene Leser der Stelle ohne Schwierigkeit feststellen kann, daß nämlich bezüglich der Lehre völlige Klarheit und Übereinstimmung zwischen den beiden Aposteln bestand. Deswegen spricht der heilige Paulus – der selbstverständlich von keiner protestantischen oder traditionalistischen Ideologie geblendet wird – auch nicht von einem „Irrtum“ des hl. Petrus, sondern von einer „Verstellung“. Entsprechend heißt es im Kommentar von Arndt-Allioli: „Der Apostel nennt das Verhalten des heiligen Petrus und der übrigen [die seinem Beispiel folgten] Verstellung, insofern die äußere Handlung nicht mit ihrem inneren Urteil übereinstimmte: sie waren überzeugt, daß die mosaischen Ritualvorschriften sie nicht verpflichteten und handelten doch, indem sie sich von den Heidenchristen zurückzogen, als ob sie noch an dieselben gebunden wären. Ähnlich ‚verstellte sich‘ auch Paulus“, als er, um den Judenchristen entgegenzukommen, in Jerusalem ein Tempelopfer darbrachte (Apg. 21, 20 ff) oder den heiligen Timotheus beschneiden ließ (Apg 16, 3).“

Es ist übrigens auffallend, daß die Irrlehrer dies dem hl. Paulus nicht gleichfalls als Sünde vorhalten, sondern ihn anders als den hl. Petrus trotz seiner „Verstellung“ unbeschadet ließen und lassen. Hierin zeigt sich wieder einmal, die Irrlehrer messen gewöhnlich mit zweierlei Maß, denn nur so können sie ihre Irrlehren verteidigen. Was aber war denn nun eigentlich der Unterschied zwischen dem Verhalten des hl. Petrus und dem des hl. Paulus, so daß das eine toleriert werden konnte, das andere aber nicht? Arndt-Allioli kommentieren: „Aber war auch Handlung und Ursache derselben bei Paulus und Petrus gleich, die Folgen der Handlung waren doch verschiedene. Das Beispiel des Hauptes der Kirche zog alle nach sich, und da auch Barnabas mit den Judenchristen sich von Paulus zurückzogen, durfte er nicht länger schweigen.“

Ein beeindruckender Beweis für den Primat Petri

Sobald man diesen Unterschied ernsthaft bedenkt und theologisch erwägt, wird gerade dieses Beispiel ganz entgegen der Absicht der Irrlehrer zu einem beeindruckenden Beweis für den Primat des Petrus. Durch diesen ist er nämlich tatsächlich die nächste Norm des Glaubens aller Katholiken – und zwar er allein –, weshalb selbst ein an sich unbedeutendes, persönlich nur läßlich oder auch gar nicht sündhaftes Fehlverhalten zur Gefahr für den Glauben werden kann, sobald es öffentlich und von Amts wegen geschieht. Aus diesem Grund reagiert der hl. Paulus schon auf die „Verstellung“ des hl. Petrus so eindringlich und scharf. Anders als die protestantischen und traditionalistischen Kritiker nimmt er den Primat ernst.

Bei dieser Feststellung kommt einem eine recht erstaunliche, spezifisch traditionalistische Ungereimtheit ins Blickfeld. Die Protestanten führen nämlich ihre Beispiele aus der Kirchengeschichte an, weil sie nicht mehr an den Primat des Petrus glauben. Ihnen erscheinen die Fehler des hl. Petrus und der späteren Päpste ein hinreichender Grund dafür zu sein, diesen zu bezweifeln, bzw. zu leugnen. Wenn nämlich wirklich der hl. Petrus so fehlerhaft war und die späteren Päpste noch fehlerhafter als dieser, dann gibt es gar kein von Gott eingesetztes, unfehlbares Papstamt. Die Protestanten haben mit ihren Lügengeschichten zwar eine irrige kirchengeschichtliche Voraussetzung geschaffen, aber wenigstens ist ihre Schlußfolgerung daraus noch richtig.

Die meisten Traditionalisten übernehmen nun zwar von den Protestanten die irrigen kirchengeschichtlichen Voraussetzungen, aber sie ziehen befremdlicherweise einen ganz anderen Schluß daraus! Dieser Unterschied ist durchaus bedenkenswert, denn er verweist auf etwas höchst Bedeutsames, wie wir gleich noch zeigen wollen. Aber gehen wir der Reihe nach vor.

Unfehlbar – nur bei der feierlichen Dogmenverkündigung?

Anders als die Protestanten haben es die Traditionalisten beim Primat des Petrus und seiner Unfehlbarkeit mit einer inzwischen dogmatisierten Lehre zu tun, was ihnen doch sicherlich von Vorteil sein müßte, es aber offensichtlich in der Tat nicht ist. Denn irgendwie paßt ihnen dieses Dogma nicht so recht in den Kram, wie man wohl sagen muß. Wir lassen hierzu nochmals unseren Traditionalistenpater zu Wort kommen, der eine besondere Fähigkeit hat, den theologischen Unsinn seiner Gruppe prägnant zu formulieren: „Das Ergebnis war und wurde so auch von Pius IX. am 18. Juli 1870 dogmatisiert, dass der Papst nur äußerst selten als unfehlbar gilt. Ausschließlich in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre und auch das nur dann, wenn er dies eigens ausdrücklich feierlich erklärt.“

Wir wollen hier nicht wieder darauf eingehen, daß das Vatikanum natürlich etwas ganz anderes lehrt als der Traditionalistenpater daraus herausliest, sondern nur seine Aussageabsicht herausstreichen, daß nämlich der Papst nur äußerst selten als unfehlbar gilt und nur, wenn er das „ausdrücklich feierlich erklärt“. Wie selten das konkret geschieht, unterstreicht er sodann durch ein Beispiel: „Kein Wunder, dass dieses Dogma seitdem nur ein einziges Mal in feierlicher Form angewandt wurde, nämlich am 1. November 1950 bei der Verkündigung des Dogmas durch Papst Pius XII., dass Maria mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden ist.“

Lehramtlicher Minimalismus

Die Protestanten, Gallikaner, Jansenisten und selbst die Altkatholiken hätten sicherlich über die Ausführungen des Paters gestaunt, denn sie haben das offensichtlich noch ganz anders gesehen, sonst hätten sie nämlich die allseits bekannten Beispiele aus der Kirchengeschichte erst gar nicht angeführt. Diese Fälle passen nämlich erstens in keiner Weise zu der Meinung, daß die Päpste nur in äußerst seltenen Fällen und immer nur dann, wenn sie das ausdrücklich feierlich erklären, unfehlbar sind; und zweitens werden sie dazu verwendet zu beweisen, daß es gar keinen Primat des Petrus geben könne und schon gar keine Unfehlbarkeit desselben in der Lehre. Wie gesagt, sind sie nach den Protestanten, Gallikaner, Jansenisten und Altkatholiken eine hinreichende Urteilsbasis für diese ihre Irrlehre.

Nun behauptet auch der Pater mit den Protestanten, Gallikanern, Jansenisten und Altkatholiken: „Es gab einige Päpste in der Kirchengeschichte, die einen Irrtum gefördert oder sogar vertreten und gelehrt haben. Von Befürwortern der absoluten Unfehlbarkeit des Papstes wurden diese Problempäpste wie z.B. Liberius (352-366) oder Honorius I. (625-638) in ihrer Problematik nicht ernst genug genommen.“

Letzteres ist freilich eine schon sehr bedenkliche Wahrnehmungsstörung, denn wenn man nur das in Erwägung zieht, was allein Dr. M. Jos. Scheeben in seinen „Periodischen Blättern“ über „Das ökumenische Conzil vom Jahre 1869“ zu diesen Fällen schreibt, dann kann man über die unverschämte Behauptung des Traditionalistenpaters nur den Kopf schütteln. Aber natürlich ist er mit dieser seltsamen Meinung in Traditionalistenkreisen nicht allein.

Er behauptet sodann weiter: „Diese Päpste kann und darf man nicht einfach ausblenden und schönreden. Nach der These der Sedisvakantisten dürfen die beiden auch keine Päpste mehr sein.“ Und an einer anderen Stelle: „Es handelte sich von Seiten des Papstes eindeutig um Beförderung der Häresie durch Nachlässigkeit und Pflichtversäumnis. Wo wäre hier ein ‚unfehlbares ordentliches Lehramt des Papstes‘? Dieses Versagen des Papstes in einer der grundlegendsten Glaubensfragen ist keine Kleinigkeit.“

Letzteres ist nun sehr verräterisch. Denn erstens zeigt es, daß er die Argumente der Verteidiger des Unfehlbarkeitsdogmas in keiner Weise verstanden hat, und zweitens, daß er kein rechtes Verständnis des Primates Petri mehr hat. Man kann es kaum fassen, während die Protestanten noch die richtigen Schlußfolgerungen aus ihrer Lügengeschichte ziehen können, können es die Traditionalisten nicht mehr. Der Grund liegt darin, daß die Protestanten – vor der Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des Papstes! – noch besser wußten, was ein Papst ist als die heutigen Traditionalisten. Denn es ist nun wirklich wahr, wenn die Lügengeschichten der Protestanten, daß nämlich diese Päpste wirklich Irrlehrer, Häretiker, Glaubenszerstörer gewesen sind, wahr wären, dann wäre auch ihre Schlußfolgerung wahr gewesen, daß diese Männer keine Päpste waren. Wobei die Protestanten zudem durch die Auswahl ihrer Beispiele aus der Kirchengeschichte noch zeigen, daß für sie der Papst durchaus nicht so selten und ausschließlich in äußerst feierlichen Urteilen unfehlbar war, sondern auch in viel einfacheren, alltäglicheren Urteilen.

Das heißt, die Protestanten hatten damals – nochmals sei es betont: vor der Dogmatisierung durch das Vatikanische Konzil! – eine richtigere Vorstellung von der katholischen Lehre über den Primat des Petrus als die heutigen Traditionalisten! Woher kommt das? War die Lehre über den hl. Petrus und seine Nachfolger etwa gar nicht so dunkel und geheimnisvoll, wie man uns oft einreden möchte? Kannten die Protestanten diese Lehre etwa noch viel besser als die heutigen Traditionalisten, weil sie damals von den Katholiken noch allgemein geglaubt wurde?

„Du bist Petrus…“

In seiner „Goldenen Kette“ gibt der hl. Thomas von Aquin – noch vollkommen unberührt von der protestantischen oder traditionalistischen Polemik – einen Kommentar zu jener Stelle des Evangeliums des Festes der hll. Petrus und Paulus, an der unser göttlicher Lehrmeister zu Simon sagt: „Du bist Petrus…“: „Es ruht aber in der Verleihung dieses neuen Namens der glückliche Grundstein der Kirche und jener zum Aufbau würdige Felsen, welcher die Gesetze der Hölle, die Pforten der Unterwelt und alle Schlösser des Todes lösen sollte. Um daher die Festigkeit der auf dem Felsen gegründeten Kirche zu zeigen, heißt es weiter: Und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. — Das heißt: Sie werden sie nicht von meiner Liebe und meinem Glauben scheiden. – Ich verstehe unter den Pforten der Hölle die Laster und Sünden, und gewiß die Lehren der Ketzer, wodurch die Menschen verführt werden und die Hölle stürzen. – Aber auch die einzelnen Geister der Bosheit in der Höhe sind die Pforten der Hölle, welchen die Pforten der Gerechtigkeit entgegengesetzt sind. — Die Pforten der Hölle sind ferner die Qualen und Lockungen der Verfolger, wie auch die bösen Werke der Ungläubigen und die ungebührlichen Reden die Pforten der Hölle sind, weil sie den Weg des Verderbens zeigen.“

Ist das nicht beeindruckend? Das ist eine echt katholische Exegese, eine vom katholischen Geist inspirierte Schriftauslegung! Ohne Zweifel beruht „die Festigkeit der auf dem Felsen gegründeten Kirche“ auf der Glaubensfestigkeit und Glaubensreinheit des Zeugnisses des Petrus. „Und die Pforte der Hölle sollen sie nicht überwältigen. — Das heißt: Sie werden sie nicht von meiner Liebe und meinem Glauben scheiden.“ Denn in dem Augenblick, in dem Petrus von Amts wegen der ganzen Kirche eine Irrlehre zu glauben vorschreiben würde, hätten die Pforten der Hölle die Kirche überwältigt! Werden doch durch die Laster und Sünden, und gewiß durch die Lehren der Ketzer die Menschen verführt und in die Hölle gestürzt. Also kann der Felsenmann Petrus in keiner Weise als Felsenmann in eine Irrlehre fallen und diese der Kirche zu glauben vorschreiben.

Katholische Schriftauslegung

Übertreiben wir in unserer Interpretation? Durchaus nicht, denn der hl. Thomas erklärt weiter: „Gemäß dieser Verheißung des Herrn aber bleibt die apostolische Kirche des Petrus von jeder Versuchung und ketzerischen Antastung unbefleckt, über alle Vorgesetzte und Bischöfe, über alle Vorsteher der Kirchen und alle Hohepriester der Volker gesetzt im vollsten Glauben und dem Vorrang des Petrus. Und während andere Kirchen durch Irrlehren befleckt wurden, regiert sie allein unerschütterlich befestigt, Schweigen gebietend und allen Irrlehrern den Mund schließend. Zu unserem Heil wollen wir, von der Hoffart nicht betrogen und dem Wein des Stolzes nicht berauscht, den Grund der Wahrheit und der heiligen apostolischen Überlieferung zugleich mit ihr bekennen und verkünden.“

Was für ein übersteigertes Papstverständnis hatte doch der hl. Thomas von Aquin, was für eine maßlose Übertreibung der Unfehlbarkeit der Kirche des hl. Petrus! So werden und müssen die Traditionalisten urteilen, wohingegen die Protestanten, Gallikaner, Jansenisten und Altkatholiken diese Lehre des hl. Thomas mit Sicherheit noch kannten. Darum ihr richtiger Schluß aus ihren Lügengeschichten: Wenn selbst der hl. Petrus so viele Fehler hatte und so vielen Päpsten noch größere Fehler, d.h. Glaubensirrtümer nachgewiesen werden können, dann hat es niemals Päpste im Sinne dieser katholischen Lehre gegeben. Oder anders gesagt: dann gibt es gar kein unfehlbares Lehramt, dieses ist nur eine fromme Lüge, denn Petrus kann sich genauso irren wie jeder andere Mensch auch – und er hat sich oft genug geirrt…

In seiner Abhandlung über die Autorität des Papstes gibt Fénelon ganz richtig und ernsthaft zu bedenken: „Wenn der Apostolische Stuhl jemals etwas Häretisches definieren und der Kirche zu glauben vorschreiben würde, so wäre er, so lange er diese Definition, welche eine Pest und Ansteckung für die ganze Kirche wäre, nicht zurücknähme, keineswegs das die Glieder bestärkende Haupt, sondern selbst ein krankes gefallenes Glied, das von den anderen zurechtgewiesen und geheilt werden müßte. In diesem ganzen Zeitraume würde der Nachfolger Petri nicht Christi, sondern in Wahrheit des Antichrist Stellvertreter sein: denn er würde die Völker nicht den Glauben Christi lehren, sondern zum Abfall von dem Glauben Christi verführen; daher wäre er in dieser Zeit nicht der Vater und Lehrer aller Christen, sondern der Verführer der Völker und der Lehrmeister des Irrtums.“

Um in dieser papstlosen Zeit den Glauben an das Papsttum und unfehlbare Papstamt nicht zu verlieren, muß jeder Katholik die katholische Lehre darüber besonders gut studieren und verstehen lernen, um sich nicht von den vielen irrigen Meinungen verwirren zu lassen. Papst Leo XIII. schreibt in seinem Apostolischen Rundschrieben „Satis Cognitum“, vom 29. Juni 1896: „JESUS CHRISTUS hat also, wie aus dem Gesagten klar hervorgeht, in der Kirche ein lebendiges, beglaubigtes und ewig fortdauerndes Lehramt eingesetzt, ausgestattet mit einer von IHM entspringenden Gewalt; ER hat dieses Lehramt mit dem Geist der Wahrheit versehen, durch Wunder bestätigt, und ER hat strengstens anbefohlen, dessen Lehrvorschriften geradeso wie Seine eigenen zu beobachten. Sooft also durch das Wort dieses Lehramtes erklärt wird, dieser oder jener Punkt gehöre zum Umfang der von GOTT her überlieferten Lehre, dann muß jeder fest daran glauben, daß dies wahr ist: wenn auf irgendeine Weise etwas Falsches daran wäre, so folgte daraus (was ein offenkundiger Widerspruch ist), daß GOTT selber der Urheber des Irrtums im Menschen sei. Herr, wenn es ein Irrtum ist, dann sind wir von dir betrogen worden (Richardus de S. Victore, De Trin, lib. I, cap. 2.). Dem Zweifel ist somit jeder Grund entzogen — und wie kann dann jemand nur irgendeine unter diesen (göttlichen) Wahrheiten zurückweisen, ohne daß er eben dadurch der offenkundigen Irrlehre verfällt? Und ohne daß er sich (äußerlich sichtbar) von der Kirche trennt, verwirft er mit diesem einen Satz die gesamte christliche Lehre“ (Freude an der Wahrheit, Karl Haselböck, Wien, Nr. 83, S. 20).

Derjenige, der diese Worte ernst nimmt, wie kann der noch glauben, dies geschehe nur alle hundert Jahre einmal? Was für ein Wahnsinn, so etwas zu denken! Nein, Gott hat „in der Kirche ein lebendiges, beglaubigtes und ewig fortdauerndes Lehramt eingesetzt, ausgestattet mit einer von IHM entspringenden Gewalt; ER hat dieses Lehramt mit dem Geist der Wahrheit versehen, durch Wunder bestätigt, und ER hat strengstens anbefohlen, dessen Lehrvorschriften geradeso wie Seine eigenen zu beobachten“.

Das lebendige, stets tätige Lehramt der Kirche

Allein dieses lebendige Lehramt – lebt denn ein Körper nur dann und wann und alle hundert Jahre einmal? – das man auch ordentliches Lehramt nennt, wird jedesmal tätig, sooft „durch das Wort dieses Lehramtes erklärt wird, dieser oder jener Punkt gehöre zum Umfang der von GOTT her überlieferten Lehre“. Eine feierliche Form ist also durchaus nicht nötig, wie der Traditionalistenpater sich zusammenphantasiert hat, sondern nur ein klares Urteil darüber, daß die festgestellte Lehre von Gott überliefert wurde, also göttliches Offenbarungsgut ist. Wenn dieses Urteil des Lehramtes ergeht, „dann muß jeder fest daran glauben, daß dies wahr ist“. Jeder Katholik muß diese Lehre mit göttlichen Glauben annehmen und er kann es auch mit ruhigem Gewissen, denn „wenn auf irgendeine Weise etwas Falsches daran wäre, so folgte daraus (was ein offenkundiger Widerspruch ist), daß GOTT selber der Urheber des Irrtums im Menschen sei. Herr, wenn es ein Irrtum ist, dann sind wir von dir betrogen worden“.

Die wichtigste, notwendigste Aufgabe des Papstes ist es also, Tag für Tag den göttlichen Glauben rein zu bewahren, weil in ihm alles andere eingeschlossen ist, wie Leo XIII. weiter erklärt: „Die durch diese Gebote unterwiesene Kirche hat eingedenk ihrer Amtspflicht für nichts größere Anstrengung und Eifer aufgewendet, als um die Unversehrtheit des Glaubens von allen Seiten zu schützen. So behandelte sie alle, die in was immer für einem Stück ihrer Lehre nicht mit ihr übereinstimmten, als Hochverräter und verbannte sie weit weg von sich. Die ‚Arianer‘, ‚Montanisten‘, ‚Novatianer‘, ‚Quartodecimaner‘ und ‚Eutychianer‘ verwarfen keineswegs den ganzen katholischen Glauben, sondern bloß gewisse Punkte — und doch: wer wüßte nicht, daß diese öffentlich als Irrlehrer erklärt und aus dem Schoß der Kirche ausgestoßen wurden? Ein ähnliches Verdammungsurteil traf in späteren Zeiten alle Urheber verkehrter Glaubenslehren. Nichts Gefährlicheres gibt es als diese Irrlehrer: sie reden in tadellosen Ausführungen über alles. (Oft) nur mit einem (einzigen) Worte, wie mit einem Tropfen Gift, verpesten sie dabei den reinen und einfachen Glauben des Herrn und der apostolischen Überlieferung.“

Ein zu korrigierendes Dogma?

Wie könnten die Traditionalisten das von Leo XIII. Gesagte noch glauben, solange sie ihrem Wahn von den allzeit irrenden Päpsten anhängen? Es ist doch wirklich auffallend, obwohl unser Traditionalistenpater sich in seiner falschen Interpretation der Texte des Vatikanischen Konzils so sicher gibt, deutet er dennoch auch wieder an, daß dem gar nicht so ist. Denn er behauptet allen Ernstes: „Leider wurde auch auf dem 1. Vatikanischen Konzil diese Möglichkeit, das Eintreten eines solchen Falles (eines irrigen Papstes bezüglich Glaubens- und Sittensachen) nicht ernstlich genug in Erwägung gezogen und in Euphorie ausgeblendet.“

Klingt das nicht nach einem Zweifel? So als hätten die Konzilsväter, wenn sie das Eintreten eines solchen Falles ernstlich genug in Erwägung gezogen und deswegen nicht in eine solch kindische Euphorie gefallen wären, das Dogma anders formuliert? Heißt das nicht wie Luther an einen besser zu unterrichtenden Papst oder ein besser zu unterrichtendes Konzil zu appellieren? Unser Traditionalistenpater begeht zumindest den vom großen deutschen Dogmatiker J.B. Heinrich folgendermaßen beurteilten methodischen Fehler: „So wenig eine philosophische Wahrheit, eben so wenig kann eine geschichtliche Tatsache mit einem katholischen Dogma im Widerspruche stehen. Alle jene angeblichen Fälle häretischer Kathedralentscheidungen, welche je von den Gegnern des Papsttums und seines infallibeln Lehramtes vorgebracht wurden, sind demnach falsch und unbegründet. Dieses steht für den Gläubigen von vornherein mit Glaubensgewißheit fest; es läßt sich aber auch wissenschaftlich nachweisen und ist längst mit genügender historischer Gewißheit nachgewiesen. Sollte aber selbst eine historische Schwierigkeit wegen Mangels an Quellen, Unkenntnis der näheren Umstände oder aus irgend einem anderen wissenschaftlichen Defecte je zu einer Zeit nicht vollkommen lösbar sein, so könnte dieses weder die Glaubensgewißheit, noch die vernünftige Glaubwürdigkeit unserer dogmatischen Wahrheit beeinträchtigen. Der historischen Wissenschaft aber die Entscheidung über die päpstliche Unfehlbarkeit zusprechen, ist vollendete Leugnung der Unfehlbarkeit der Kirche und der ganzen übernatürlichen Ordnung, purer Naturalismus und Rationalismus“ (J.B. Heinrich, Dogmatik Band II, S. 421).

„Sapiens haeresim“

Eine durch und durch ernste Mahnung an alle traditionalistischen Papstkritiker! Hätte der Traditionalistenpater in seiner Arbeit den Dogmatiker Heinrich nicht einfach nur selektiv zitiert und gegen dessen Aussagesinn für seine irrige Meinung in Anspruch genommen, sondern wirklich gelesen, dann wäre ihm bei obigem letztem Satz doch zumindest etwas mulmig geworden: „Der historischen Wissenschaft aber die Entscheidung über die päpstliche Unfehlbarkeit zusprechen, ist vollendete Leugnung der Unfehlbarkeit der Kirche und der ganzen übernatürlichen Ordnung, purer Naturalismus und Rationalismus.“ Denn was er über das Vatikanische Konzil schreibt, riecht doch schon sehr nach Häresie – „sapiens haeresim“ heißt der dazugehörige theologische Fachbegriff, es „schmeckt nach Häresie“.

Es ist schlicht eine allzu oft übersehene Tatsache: Letztlich glauben die meisten Traditionalisten das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes schon lange nicht mehr in dem Sinne, „eodem sensu eademque sententia“, wie dieses vom Vatikanischen Konzil definiert und auch von allen folgenden Päpsten dargelegt wurde, was wir nun wirklich schon oft genug dokumentiert haben. Die von den Protestanten, Gallikanern, Jansenisten und Altkatholiken willig übernommenen Lügengeschichten geben ein beredtes Zeugnis von diesem Zweifel. Während jedoch die alten Irrelehrer aus ihren Lügengeschichten noch die richtige Schlußfolgerung gezogen haben – es gibt überhaupt kein Papstamt, wenn so viele Päpste öffentliche Irrlehrer waren! – sind die traditionalistischen Irrlehrer unserer Tage nicht einmal mehr dazu fähig, weil nämlich ihr „Papst“ nur noch eine bloße Witzfigur ist, wie Herr Bergoglio jedem Tag für Tag bis zur Schmerzgrenze beweist.

Mit einem solchen allezeit irrenden „Papst“ hätten wohl selbst die Protestanten, Gallikaner, Jansenisten und Altkatholiken keinerlei Schwierigkeit gehabt, denn diesen hätten sie problemlos mit ihren Irrlehren in Einklang bringen können – wie doch auch alle Modernisten problemlos die Pseudopäpste der letzten Jahrzehnte in Einklang mit ihren Irrlehren bringen können. Was sollte auch ein Papst, der höchstens einmal alle hundert Jahre unfehlbar ist, wenn er es überhaupt jemals ist, einen Luther, Calvin, Zwingli oder einen Döllinger stören? Es zeigt sich aus diesen Zusammenhängen wieder einmal, daß die heutigen Traditionalisten nichts anderes als Neo-Protestanten sind, die freilich gegenüber den alten Protestanten schon ganz schön viel an Profil verloren haben.

Aus einer Predigt Papst Leo des Großen

Doch kommen wir nochmals von den protestantischen oder traditionalistischen Karikaturen zurück zu den echten Apostelfürsten, wie man sagen könnte, zurück zu den großen Heiligen, die von der ganze Kirche allzeit in höchster Weise verehrt werden, weil ihnen Gott so außerordentliche Gnaden geschenkt hatte. Der hl. Leo der Große etwa war vollkommen davon überzeugt: „Die Gnade Gottes hat den beiden Aposteln Petrus und Paulus unter allen Gliedern der Kirche eine so überaus große Würde verliehen und sie dazu bestimmt, in dem Leib, dessen Haupt Christus ist, das zweifache Augenlicht zu sein.“

Das hört sich doch ganz anders an als die protestantische und traditionalistische Miesmacherei. Was für eine Würde müssen unsere beiden Apostel am mystischen Leibe Jesu Christi haben, um das zweifache Augenlicht zu sein!!! Mit dem Glauben dieser beiden Apostelfürsten schaut die hl. Kirche auf die Wirklichkeit und deutet sie ganz folgerichtig im Sinne des Gottmenschen Jesus Christus, im Sinne Seines hl. Evangeliums. Da kann man nur staunen und sich freuen, denn durch den Glauben, durch das Beispiel und schließlich das Blutzeugnis der heiligen Petrus und Paulus wird die ganze Kirche Jesu Christi bis heute wunderbar erleuchtet. Dieser durch und durch katholische Eindruck soll nochmal durch die Gedanken des hl. Leo d. Gr. etwas vertieft und gefestigt werden, die er in einer Predigt vortrug:

„Als die zwölf Apostel durch den Heiligen Geist die Gabe erlangt hatten, in allen Zungen zu reden, und nun, um der Welt das Evangelium zu bringen, die Länder der Erde unter sich verteilten, wurde der hochselige Petrus, das Haupt der Apostel, für die Hauptstadt des Römischen Reiches ausersehen. Das Licht der Wahrheit, das zum Heil aller Völker enthüllt wurde, sollte gerade von der Hauptstadt aus über den ganzen Erdball verbreitet werden, um rascher zu wirken. ...
Furchtlos wanderst du, hochseliger Petrus, nach dieser Stadt. Und während der Gefährte deines Ruhmes, der Apostel Paulus, noch mit der Gründung anderer Kirchen beschäftigt ist, betrittst du diese Brutstätte wütender Bestien und wagst du dich auf dieses tiefe, stürmische Meer, von größerem Mute beseelt als damals, als du auf den Wogen des Sees dahingingst. Du fürchtest jetzt nicht einmal Rom, die Gebieterin der Welt, obgleich du im Hause des Kaiphas vor einer Magd des Hohenpriesters gezittert hattest. Hatte denn die Macht des Claudius oder die Grausamkeit eines Nero weniger zu bedeuten als der Urteilsspruch des Pilatus oder die rasende Wut der Juden?
Die Gewalt der Liebe war es, die keine Angst in dir aufkommen ließ. Du glaubtest, die nicht fürchten zu müssen, die du lieben wolltest. Dieser furchtlose, opferfreudige Sinn war dir in Wahrheit schon damals ins Herz gelegt worden, als der Herr durch sein dreimaliges bedeutungsvolles Fragen das Bekenntnis deiner Liebe stärkte. Nichts anderes wurde ja von deiner Fürsorge verlangt, als daß du mit der Speise, die dich gesättigt hatte, auch die Schäflein dessen nährtest, den du liebtest.
Viele wunderbare Zeichen, Gnadengeschenke und Proben deiner Kraft stärkten dein Vertrauen. Du hattest bereits die Völker unterwiesen, die sich von der Beschneidung dem wahren Glauben zugewandt hatten. Auch die Kirche von Antiochia, wo zuerst der Name ‚Christ‘ zu Ehren kam, was schon gegründet. In Pontus, Galatien und Kappadokien, in Asien und Bithynien bekannte man sich durch dich zur Lehre des Evangeliums. Von dem Erfolg deines Wirkens überzeugt, und erfüllt von dem Vertrauen, daß deine Lebenstage ausreichen würden, trugst du das Siegesbanner des Kreuzes Christi in die Hochburg des Römertums hinein, wo nach Gottes Bestimmung Ehre und Macht und die Glorie des Leidens auf dich warteten.
Hierher kam auch der heilige Paulus, dein Mitapostel, das Gefäß der Auserwählung, der besondere Lehrer der Heiden. Er verband sich mit dir zu einer Zeit, wo unter der Herrschaft des Nero alle Ehrbarkeit, alles Schamgefühl und alle Freiheit dahinsiechte. Eine durch unerhörte Laster aller Art aufgestachelte Grausamkeit stürzte diesen Kaiser in einen solchen Strudel des Wahnsinns, daß er zuerst gegen alle, die sich Christen nannten, eine allgemeine, furchtbare Verfolgung begann. Er wähnte, die Gnade Gottes ausrotten zu können, wenn er die Heiligen morden ließ, während ihnen doch gerade dadurch der reichste Lohn zuteilwurde; denn die Verachtung dieses dem Tode gehörenden Lebens brachte ihnen ewiges Glück.
‚Kostbar ist also in den Augen des Herrn der Tod seiner Heiligen.‘ Keine Grausamkeit kann die Religion vernichten, die auf dem geheimnisvollen Leiden Christi aufgebaut ist. Durch Verfolgungen wird die Kirche nicht geschwächt, sondern gestärkt. Von Tag zu Tag schmückt sich der Acker des Herrn mit neuen Ähren; denn jedes Korn, das auf seinen Boden fällt, sprießt hundertfach empor. Wie groß also der Nachwuchs jener beiden herrlichen Sprößlinge des göttlichen Samens war, das bewiesen die vielen Tausende heiliger Märtyrer, die sich den Triumph der Apostel zum Vorbild nahmen. In purpurroten, weithin leuchtenden Gewändern umstehen sie in Scharen unsere Stadt, für die sie sozusagen eine einzige, aus der Zier vieler kostbarer Steine zusammengesetzte Krone bilden.“

So also hört sich das Lob der katholischen Kirche an, das auch wir den beiden Apostelfürsten schulden. Diese Glaubenshelden predigten nicht nur den Heiden in Rom das hl. Evangelium von der Erlösung durch unseren Herrn Jesus Christus, sie standen auch den Christen in Rom in der grausamen Verfolgung des Kaisers Nero bei. Der hl. Papst Leo übertreibt durchaus nicht, wenn er berichtet: „Eine durch unerhörte Laster aller Art aufgestachelte Grausamkeit stürzte diesen Kaiser in einen solchen Strudel des Wahnsinns, daß er zuerst gegen alle, die sich Christen nannten, eine allgemeine, furchtbare Verfolgung begann.“ In den Annalen (Jahrbüchern) des römischen Geschichtsschreibers Tacitus ist dazu zu lesen: „Man verhaftete also zuerst Leute, die bekannten, dann auf ihre Anzeige hin eine riesige Menge. Sie wurden nicht gerade der Brandstiftung, wohl aber des allgemeinen Menschenhasses überführt. Die Todgeweihten benützte man zum Schauspiel. Man steckte sie in Tierfelle und ließ sie von Hunden zerfleischen, man schlug sie ans Kreuz oder zündete sie an, man ließ sie nach Einbruch der Dunkelheit als Fackeln brennen. Nero hatte für diese Schauspiele seinen Park zur Verfügung gestellt und veranstaltete ein Zirkusspiel. Im Aufzug eines Wagenlenkers mischte er sich unter das Volk oder stand auf seinem Wagen.“

Wird dieser Strudel des Wahnsinns nicht auch im modernen Neuheidentum immer spürbarer? Wird man als Katholik nicht in einer Gesellschaft, die sich weder um den göttlichen Glauben noch um die göttlichen Gebote kümmert, immer mehr an die Wand gedrängt? Der heilige Augustinus erklärt: „Wer zum Dienst Gottes antritt, der wisse, daß er zur Kelter gekommen ist. Er wird bedrängt, niedergetreten, zerstampft, aber nicht, um in dieser Welt zugrunde zu gehen, sondern um hinüberzufließen in die Weinkammern Gottes“ (Enarrationes in Psalmos 83, 1).

Auch wir sollen wie die ersten Christen Roms bedenken, daß uns der Dienst an Gott zur Kelter des Leidens beruft. Dabei wissen wir aber immer, daß diese Leiden, wenn wir sie mit der Gnadenhilfe Gottes, die uns niemals fehlt, ergeben und geduldig ertragen, hinüberfließen in die Weinkammern Gottes. Die heiligen Apostel Petrus und Paulus haben diese Wahrheit durchlebt. Und schließlich hat ihr Lebensopfer im hl. Martyrium ihre Seelen hinüberfließen lassen in die Weinkammern Gottes. Seitdem wirken sie als himmlische Patrone vor allem für die hl. Kirche und ihre Bewahrung im hl. Glauben. So betet die Kirche an ihrem Fest: „O Gott, Du hast den heutigen Tag durch das Martyrium Deiner Apostel Petrus und Paulus geheiligt; laß nun Deine Kirche in allem den Lehren derer folgen, durch die sie die Ausbreitung des Glaubens begonnen hat. Durch unseren Herrn…“