Es hat sicher eine tiefe Bedeutung, wenn die hl. Liturgie am ersten Sonntag nach der Osteroktav das Evangelium vom Guten Hirten lesen und betrachten läßt. Der auferstandene Herr Jesus Christus offenbart den Aposteln bis zu Seiner Himmelfahrt nicht nur in außerordentlicher Weise Seine Gottheit, Er unterrichtet sie auch über die Gründung der hl. Kirche, wie es in der Apostelgeschichte heißt: „Nach seinem Leiden hatte er ihnen viele Beweise dafür gegeben, daß er lebe. Vierzig Tage hindurch erschien er ihnen und belehrte sie über das Reich Gottes“ (Apg 1,3).
Er hat schließlich während Seiner öffentlichen Lehrtätigkeit die Apostel auserwählt, Sein Erlösungswerk fortzusetzen, es in Seinem Namen zu verwalten, d.h. den hl. Glauben zu verteidigen und zu bewahren, die Gnadenmittel des Neuen Bundes zu spenden und das Volk Gottes zu leiten. Sie sollen das Reich Gottes über die ganze Welt verbreiten, indem sie allen Völkern das Evangelium verkünden, die Frohbotschaft unserer Erlösung in Jesus Christus unserem Herrn. Dementsprechend mahnt der hl. Paulus seinen Schüler Timotheus: „Wenn sich aber mein Kommen verzögert, weißt du nun, wie man sich im Haus Gottes, das die Kirche des lebendigen Gottes, die Säule und Grundfeste der Wahrheit ist, zu verhalten hat“ (1Tim 3,15).
Hirten und Schafe
Im Haus Gottes, der Kirche des lebendigen Gottes, ist der hl. Glaube die Richtschnur allen Handelns. Der Glaube aber kommt vom Hören, wie ebenfalls der hl. Paulus hervorhebt: „Somit kommt der Glaube aus dem Gehörten, und das Gehörte aus dem Wort Christi“ (Röm 10,17). Damit ist das Grundverhalten im Haus Gottes beschrieben, der Glaubensgehorsam.
Dieser Glaubensgehorsam ist zunächst dem Sohn Gottes geschuldet, alles Gehörte stammt aus dem Mund Christi.
Das Evangelium des Guten-Hirt-Sonntags weist uns auf die grundlegende Tatsache hin: In der Kirche des lebendigen Gottes gibt es Hirten und Schafe. Das sollte eigentlich jedem Katholiken selbstverständlich sein, ist es aber durchaus nicht mehr. Seit der „Aufklärung“, also schon seit etwa 300 Jahren, will man nämlich diese Tatsache nicht mehr wahrhaben. Man redet den Leuten ein, daß sie selbstständig sein müßten, autonom, also unabhängig von jedweder Autorität. Mit anderen Worten, es müsse nur noch Hirten geben, sodaß sich niemand von jemand anderem etwas sagen lassen müsse. In diesem Geist der Aufklärung hat man zunächst die Untertanen gegen die Fürsten und Könige aufgehetzt, sodann die Katholiken gegen die Bischöfe und den Papst und schließlich die Kinder gegen die Eltern.
Freiheit ohne Verantwortung – Rechte ohne Pflichten
Sodann hat man den Leuten ziemlich erfolgreich eingeredet, durch diese Revolution des Denkens und Handelns sei alles besser geworden. Jeder mag sich selber nur ein wenig umschauen in dieser modernen Welt und sodann urteilen, ob das wirklich stimmt. Wir als Katholiken wissen jedenfalls mit Sicherheit, wenn der Mensch das süße Joch und die leichte Bürde Jesu Christi und Seines Gesetzes abwirft, gerät er unweigerlich unter das Joch Satans, des Herren dieser Welt. Letztlich wird immer eine Abhängigkeit nur durch eine andere abgelöst. Die moderne Freiheit ist eine bloße Fata Morgana – eigentlich sollte das jedem Katholiken leicht durchschaubar sein. Man redet den Leuten seit der Aufklärung ein, es gebe eine Freiheit ohne Verantwortung, es gebe Rechte ohne Pflichten. Es ist doch äußerst verdächtig, daß so auffallend viel über Rechte gesprochen wird, aber so erschreckend wenig über Pflichten.
Freiheit in der Wirtschaft
Am leichtesten läßt sich dieser moderne Irrtum wohl im wirtschaftlichen Bereich durchschauen. Was ist im wirtschaftlichen Bereich Freiheit? Nun, jeder hat die Freiheit, eine Firma zu gründen, dann ist er sein eigener Chef. Aber warum nutzen eigentlich so wenige diese Freiheit? Wohl vor allem deswegen, weil sie das Risiko, weil sie die Verantwortung scheuen. Sobald man eine Firma gründet, dann ist man plötzlich auch für alles verantwortlich. Der Chef muß sich um alles kümmern, er muß sehen, daß alles einigermaßen läuft, daß Aufträge hereinkommen, er muß gute Arbeiter finden und wenn etwas schief geht, muß er dafür vor seinen Kunden geradestehen.
An den fehlenden Firmengründern sieht man, daß die allermeisten Menschen doch nicht wirtschaftlich so frei sein möchten, sie gehen lieber in einer möglichst großen Firma zur Arbeit, begeben sich in eine gewisse Abhängigkeit, die ihnen aber die Sicherheit gewährt, jeweils am Monatsende den Lohn für die geleistete Arbeit zu erhalten. Während der Arbeiter nach 8 Stunden Arbeit nach Hause gehen kann, sitzt der Chef noch vor den Rechnungsbüchern und sorgt sich um den nächsten Tag. Man kann zudem sicher ganz allgemein sagen, die wenigsten Menschen sind dazu geeignet, eine Firma zu gründen, bzw. zu leiten. Viele sind einfach gute Arbeiter, aber sie wären schlechte Chefs.
Die Freiheit im übernatürlichen Bereich
Das ist der natürliche Bereich unseres Lebens. Kommen wir nun zum übernatürlichen Bereich und schauen wir auf das Reich Gottes. Auch im kirchlichen Bereich hat man den Katholiken seit der „Aufklärung“ eingeredet, sie seien frei. Man sprach und spricht immer noch von mündigen Laien, die sich nicht unterdrücken lassen, sondern gleichberechtigt neben die Hirten treten sollen. Alle in der Kirche sollen sich wie Chefs aufspielen, wenn es aber nur noch Chefs gibt, dann wird es bekanntlich schnell kompliziert.
Jedem Katholiken sollte sofort einleuchten, im katholischen Glauben ist Emanzipation im modernen Sinne unmöglich. Unser katholischer Glaube ist nämlich als übernatürlicher Offenbarungsglaube wesentlich Glaubensgehorsam – und das bleibt immer so, ob man Kind ist oder erwachsen, ob man Laie ist oder Priester, ob man studiert hat oder nur die Volksschule absolviert. Der Glaube kommt vom Hören – somit gibt es eine lehrende und eine hörende Kirche. Es gibt den Papst und mit diesem zusammen die Bischöfe, also das Lehramt der Kirche, und es gibt die anderen, die dem Lehramt der Kirche Glaubens-Gehorsam schulden. Darum sagt unser Herr zu Seinen Aposteln: „Wer euch hört, der hört mich; wer euch verwirft, der verwirft mich; wer aber mich verwirft, der verwirft den, der mich gesandt hat“ (Lk 10,16).
Die Lehrgewalt der Kirche
Im Katechismus des Kardinal Pietro Gasparri heißt es in der Frage 141: „Was ist die Lehrgewalt?“ Und die Antwort lautet: „Die Lehrgewalt ist das Recht und die Pflicht der Kirche, die Lehre Christi zu bewahren, zu überliefern und zu schützen, sowie sie jeder Kreatur unabhängig von jeglicher menschlichen Gewalt zu verkünden.“ „143. Frage: Wer hat in der Kirche die Lehrgewalt inne? Antwort: Die Lehrgewalt haben in der Kirche der Papst und die mit ihm in Gemeinschaft stehenden Bischöfe inne; sie bilden darum, wie man sich ausdrückt, ,die lehrende Kirche‘. 144. Frage: Ist die Kirche in dieser Lehraufgabe unfehlbar? Antwort: In dieser Lehraufgabe ist die Kirche kraft des von Jesus Christus verheißenen Beistandes des Hl. Geistes unfehlbar, wenn sie, sei es in Ausübung des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes, sei es durch eine feierliche Entscheidung der höchsten Autorität, Wahrheiten des Glaubens und der Sittenlehre, die selber geoffenbart sind oder mit geoffenbarten zusammenhängen, als von allen festzuhalten vorstellt.“
Dieses Grundverhältnis, das aus dem Wesen der katholischen Kirche als übernatürlicher Gemeinschaft folgt, beschreibt das Gleichnis des heutigen Evangeliums: Er, Jesus Christus, ist der Gute Hirt, der die Seinen kennt und die Seinen kennen Ihn, wie der Vater Ihn kennt und Er den Vater. Aus dieser Kenntnis folgt ein vollkommenes Vertrauen, so daß alle auf Seine Stimme hören. Aus diesem Hören auf die Stimme des Guten Hirten folgt die Einheit im Glauben und den Sitten – „und es wird ein Schafstall und ein Hirte werden“.
Das Gleichnisbild vom Guten Hirten
Bemühen wir uns zunächst einmal, das Gleichnisbild tiefer zu erfassen. Wenn unser Herr vom Guten Hirten spricht, so weiß Er, dieses Bild ist Seinen Zuhörern vollkommen vertraut und deswegen leicht verständlich. Er kann sogar schon auf eine uralte Tradition zurückgreifen, kennt doch wohl jeder Seiner Zuhörer den Ps. 23:
Der Herr ist mein Hirt: Nichts wird mir mangeln!
Auf grünen Auen läßt er mich lagern, er läßt mich ruhen an des Rastplatzes Wassern.
Er labt meine Seele, geleitet mich auf dem rechten Pfad getreu seinem Namen.
Muß ich auch wandern in finsterer Schlucht:
Ich fürchte kein Unheil; du bist ja mit mir.
Dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht.
Du bereitest mir einen Tisch, vor den Augen meiner Feinde.
Du salbst mir das Haupt mit Öl, läßt überfließen meinen Becher.
Nur Glück und Gnade werden mir folgen mein Leben lang.
Und wohnen darf ich im Haus des Herrn, solange ich lebe.
Jeder Israelit betete diese Verse. Er wußte darum, er kann sich so auf seinen Gott verlassen wie auf einen Hirten, der seine Herde auf grüner Au weiden läßt und diese beschützt und behütet. Zudem erfüllt diesen Guten Hirten ein unermeßliches Wohlwollen gegenüber seinen Schafen. Wenn sich darum die Schafe von diesem Hirten weiden lassen, dann wird Glück und Gnade ihr Anteil sein und Gott wird sie wohnen lassen im Haus des Herrn ein ganzes Leben lang.
Wenn nun unser Herr dieses Bild einfach auf sich anwendet, ja für sich in höchster Weise beansprucht, dann übernimmt Er die Stelle Gottes in dem Bild des Psalms. Und es ist wahr, als Sohn Gottes, als menschgewordener Sohn Gottes ist Er, Jesus Christus, der Gute Hirt, der Sein Leben für Seine Schafe hingibt. Anders als dem Mietling liegt Ihm an den Schafen etwas, denn es sind Seine Schafe, die Er sich durch den Kaufpreis Seines kostbaren Blutes erworben hat. Aber die Schafe müssen auf Seine Stimme hören, ja sie müssen Ihm vollkommen glauben und vertrauen. Nur so kann Er sie in den Himmel führen.
Der zuverlässige Zeuge der himmlischen Wirklichkeit und Seine Boten, die Apostel
In den Wirrnissen unserer Zeit ist es wichtig, hierbei noch die besondere Nuance des Gleichnisses zu beachten: In dem Gleichnis ist der Gute Hirt, Jesus Christus, ein Mensch – wohingegen die Schafe, die Gläubigen, mit Tieren verglichen werden. Das hat natürlich einen Sinn. So wie nämlich der Hirte als Mensch eine höhere Erkenntnis hat als die Schafe, die nur Tiere sind, so weiß er auch viel besser als die Schafe, was gut für sie ist und was nicht.
Dasselbe gilt auch im Reich Gottes: Unser Herr Jesus Christus, der Gottmensch, kennt den Himmel aus eigener Erfahrung. Er allein besitzt diese Himmelskenntnis, wie es im Matthäus-Evangelium heißt: „Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand kennt den Sohn als nur der Vater, und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will“ (Mt 11,27). Er allein ist der zuverlässige Zeuge der himmlischen Wirklichkeit und des Ratschlusses Gottes zu unserer Erlösung. Als Gottmensch kennt Er natürlich auch die Gefahren, die uns auf unserem Weg zum Himmel drohen, viel besser als wir, ist uns doch die Gnade ein verborgenes Geheimnis. Darum müssen wir wie die Schafe auf Seine Stimme hören, wir müssen uns von Ihm durchs Leben führen lassen.
Nach dem Ratschluß Gottes soll dies jedoch nicht direkt geschehen – schon damals haben nicht alle den Auferstandenen gesehen, sondern nur wenige, wie der hl. Petrus hervorhebt:
„Gott hat ihn jedoch am dritten Tag auferweckt und ihn sichtbar erscheinen lassen, nicht dem ganzen Volk, sondern nur den von Gott vorherbestimmten Zeugen, uns, die wir nach seiner Auferstehung von den Toten mit ihm gegessen und getrunken haben. Er hat uns den Auftrag erteilt, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, daß er der von Gott bestimmte Richter über die Lebenden und die Toten ist. Von ihm bezeugen alle Propheten, daß jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen Vergebung der Sünden empfängt“ (Apg. 10,40-43).
Die Apostel sind es, die den Auftrag erhalten haben, das Evangelium zu predigen, also die Stimme Christi lebendig zu halten. Und nur derjenige, der diese Stimme der Apostel als Seine Stimme hört und durch deren Predigt an Ihn glaubt, wird durch Seinen Namen Vergebung der Sünden erlangen.
Die Nachfolger der Apostel sind der Papst und die Bischöfe. Ihnen hat Gott die Leitung Seiner Kirche anvertraut, ihnen hat Er den besonderen Beistand des Heiligen Geistes verheißen und geschenkt. Die Bischöfe zusammen mit dem Papst oder der Papst allein sind unfehlbare Lehrer in der Kirche Jesu Christi. Deswegen konnte unser göttlicher Lehrmeister sagen: „Wer euch hört, der hört Mich.“ So muß es auch sein, wenn die Kirche eine übernatürliche Gemeinschaft mit übernatürlichem Glauben sein soll: Das kirchliche Lehramt muß unfehlbar die Stimme Jesu Christi wiedergeben, denn nur dann können und dürfen wir dieser Stimme gehorchen – ja Glaubensgehorsam im eigentlichen Sinne leisten.
Das Lehrapostolat der Kirche
Gehen wir diesem Gedanken noch etwas weiter anhand der Ausführungen von Matthias Joseph Scheeben nach, die Prof. Dr. Wilhelm Bartz in seinem Aufsatz „Das Lehrapostolat der Kirche in seinem Wesensverhältnis zu der Weihe- und Leitungshierarchie – Eine ekklesiologische Konzeption M.J. Scheebens“, veröffentlicht in der Trierer Theologischen Zeitschrift von 1951, zusammengefaßt hat.
Entgegen dem Rationalismus und Naturalismus des 18. und 19. Jahrhunderts bemüht sich Scheeben, das übernatürliche Wesen der Kirche Jesu Christi wieder besonders hervorzuheben und dem Leser begreiflich zu machen. Dieses Anliegen Scheebens faßt Prof. Bartz wie folgt zusammen:
„Scheeben begreift die Kirche als ‚einen vom Heiligen Geist beseelten und von Christus als dem unsichtbaren Haupte... regierten Organismus‘. Christus ist das Haupt der Kirche, und diese vertritt seine Stelle. Als Stellvertreterin Christi hat die Kirche Jurisdiktionsgewalt (Leitungsgewalt). Der Heilige Geist ist die Seele der Kirche, und sie dient ihm als Werkzeug. Als Organ des Heiligen Geistes besitzt die Kirche Weihegewalt. Die Zuordnung der Leitungshierarchie an Christus und der Weihehierarchie an den Heiligen Geist darf nicht exklusiv verstanden werden. Sie will das Formelle und Primäre hervorheben, nicht den inneren Beziehungszusammenhang verneinen. Indem die Träger der potestas iurisdictionis (Jurisdiktionsgewalt) stellvertretend die Regierungsgewalt des Hauptes ausüben, fungieren sie zugleich als Organe des Heiligen Geistes, der sie und durch sie die Glieder der Kirche in besonderer Weise leitet. Die Inhaber der potestas ordinis (Weihegewalt) sind als Werkzeuge des in der Kirche lebenden und lebenspendenden Heiligen Geistes auch Organe des Hauptes, das Christus ist, ohne indessen seine Stellvertretung förmlich zu übernehmen. Die grundsätzliche und allgemeine Feststellung, ‚daß die beiden hierarchischen Vollmachten und Ordnungen... in concreto aufs innigste miteinander verwachsen sind‘, trifft in erhöhtem Maße für den kirchlichen Lehrbereich zu. Scheeben verwirft die zu Beginn des vorigen Jahrhunderts unter protestantischem Einfluß in die katholische Theologie Deutschlands eingedrungene ekklesiologische Dreigliederung: Leitungsgewalt, Weihegewalt, Lehrgewalt, ‚weil sie bloß auf materiellem und nicht auf formellem Grund beruhe‘ und anstatt das Wesen und den Zusammenhang der Priester- und Hirtengewalt zu erhellen, der Unklarheit und dem Mißverständnis Vorschub leiste.“
Es ist eine eminent wichtige Einsicht, die Scheeben in gewissem Sinne wenigstens wiederentdeckt und theologisch vertieft hat. Das Lehrapostolat, wie es Scheeben nennt, ist keine Gewalt neben der Weihe- und Jurisdiktionsgewalt, sondern dieses hängt innigst mit beiden zusammen, ja es ist im Grunde ihr Wesenssinn. Denn weder die Heiligung durch die Sakramente noch die Leitung der Seelen kann ohne oder neben dem göttlichen Glauben erfolgen. Sowohl die Spendung der Sakramente als auch die legitime Leitung der anvertrauten Herde setzen den göttlichen Glauben voraus.
Damit die Hirten aber überhaupt befähigt sind, einen göttlichen Glauben zu begründen, müssen sie in besonderer Weise von Gott dazu ermächtigt werden. Mit anderen Worten, es muß eine göttliche Beglaubigung geben, die einen Hirten als solchen auszeichnen und ihn als Lehrer des göttlichen Wortes ausweisen kann. Wie geschieht das aber? Nach Scheeben ist dazu zu beachten – wir folgen wieder den Ausführungen von Prof. Bartz: „1. Die offizielle Verkündigung und authentische, d. h. rechtsgültige Bezeugung der Heilslehre haben nicht wesensgesetzlich jurisdiktionellen Charakter. Sie machen das Offenbarungsgut kund und erzeugen bzw. vollenden dadurch übernatürliches Leben. Das aber sind eminent priesterliche Funktionen. Kraft der Weihegewalt vermittelt die Kirche die Gnade Christi, kraft ihres Zeugnisses seine Wahrheit.“
Gnade und Wahrheit
Gnade und Wahrheit sind unlösbar miteinander verbunden. Denn nur der göttliche Glaube offenbart die durch die göttliche Vorsehung festgelegten Wege der Gnade, die der Mensch gehen muß, will er der Gnade teilhaftig werden. Gott hat die Ausgießung der Erlösungsgnaden an Bedingungen geknüpft, die uns durch die Offenbarung kund geworden sind. Nun sind aber die Ausspendung der Gnade und die Verkündigung der göttlichen Wahrheit eminent priesterliche Funktionen, weshalb Gott vor allem dem Bischof, der die volle priesterliche Gewalt innehat, das Amt der Predigt, also der Verkündigung des göttlichen Glaubens übertragen hat. Erst der Glaube offenbart diese enge Verbindung zwischen Lehrapostolat und Priestertum. Während die Glaubensgnade gewöhnlich durch Akte der Weihegewalt geschenkt und vermehrt wird, beruht der Glaubensinhalt auf der sicheren kirchlichen Lehre.
Wie wir aber wissen, ist Jesus Christus der Urquell der Gnade und der Wahrheit (Joh. 1, 14). Dementsprechend müssen die Kanäle Seiner Gnade auch die Kanäle Seiner Wahrheit sein und, wie Scheeben betont, „dieselbe übernatürliche Weihe, welche durch Mitteilung der übernatürlichen Gnadenkraft des Heiligen Geistes zur Übermittlung der Gnade befähigt, kann und muß auch durch Mitteilung des Gnadenlichtes des Heiligen Geistes zur ordentlichen Mitteilung der Wahrheit durch offizielle Lehre und authentisches Zeugnis berufen und befähigen, so daß die geweihten ministri Christi [Diener Christi] kraft ihrer Weihe nach beiden Seiten hin zugleich als dispensatores mysteriorum Dei [Ausspender der göttlichen Geheimnisse] (1. Kor. 4, 1) zu betrachten sind.“
Darum setzt das Lehrapostolat „notwendigerweise den Taufcharakter und ordnungsmäßig den Weihecharakter voraus“. Der übernatürliche Glaube kann nicht wie eine menschliche Wissenschaft verkündet werden, sondern nur wer diesen Glauben besitzt, kann denselben auch bezeugen. Gott schenkt dem Glaubenden sogar durch das Sakrament der Taufe ein übernatürliches, unauslöschliches Merkmal, das durch den Weihecharakter noch erhöht und vervollkommnet wird.
Weihegewalt und Lehrapostolat
Prof. Bartz stellt darum fest: „Wie die volle Bedeutung der Weihegewalt sich erst in der Verbindung mit dem Lehrapostolat enthüllt, so stellt sich das magisterium (Lehrapostolat) durch seine Beziehung zum ordo (Weihe) als eine nach Grundlage und Wesen übernatürliche Wirklichkeit dar. Vornehmlich erscheint die Authentie des Lehrurteils jetzt nicht mehr als eine bloß im positiven Recht verankerte, auf Amt und Ansehen beruhende Prärogative, wie sie dem profanen Glauben gemäß ist, sondern als das Zeugnis des Heiligen Geistes, das allein übernatürlichen Glauben zu begründen vermag. Nur darf man nicht Maß und Notwendigkeit der Einwirkung des Heiligen Geistes auf den authentischen Zeugen einfachhin gleichsetzen mit seiner Gnadenwirksamkeit im sakramentalen Akt. Die persönliche Befindlichkeit und das eigene Tun nehmen auf die Verkündigung einen weit stärkeren Einfluß als auf die Sakramentenspendung, wie denn auch das Lehrorgan, wenn es in der Kraft des Heiligen Geistes nach außen wirkt, immer selbst notwendig von dieser Kraft berührt, ‚affiziert‘ wird.“
Anders als bei der Spendung der Sakramente, handelt der Priester bei der Verkündigung des göttlichen Glaubens nicht „ex opere operato“ [das Sakrament wirkt aus sich selber], sondern gleichsam nur wie bei den Sakramentalien „ex opere operantis“ [die Sakramentalien wirken gemäß den Glauben des Spenders und Empfängers]. Somit ist seine eigene Tätigkeit und Heiligkeit mit entscheidend, damit die Wirkung der Predigt – die Zeugung des lebendigen Glaubens! – eintritt. Wie die Geschichte lehrt, kann ein schlechtes Leben die Predigt verderben, wie ein heiliges Leben sie wunderbar wirksam machen kann. Die Heiligen haben mit ihrem Wort oft Tausende bekehrt oder im Glauben wunderbar gestärkt. Zudem zeigt die Geschichte, daß der einzelne Bischof auch vom Glauben abfallen kann, wodurch sozusagen sein Glaubenszeugnis zerstört wird. Jedoch gibt es eine Grenze, wie Prof. Bartz anfügt:
„Nicht aber kann durch menschliche Unzulänglichkeit die bezeugende Wirksamkeit des Heiligen Geistes verhindert werden, wenigstens nicht allgemein, da er die Inhaber der Weihegewalt in ihrer authentischen Lehrtätigkeit ‚nur in spezieller Weise‘ erleuchtet und leitet. Überdies ist sein Beistand wesentlich davon abhängig, daß der ordo (die Weihe) rechtmäßig empfangen wurde und rechtmäßig ausgeübt wird. Der Anteil an der Lehrvollmacht auf Grund der potestas ordinis (Weihegewalt) stuft sich entsprechend den Graden der Weihehierarchie. Als Träger der priesterlichen Vollgewalt können die Bischöfe sich keinem anderen ordo (Weihegrad) dienend unterstellen, vielmehr sind sie kraft ihrer Weihe ‚wie die vollkommenen Väter der Gläubigen, so auch die selbständigen Lehrer und die an sich authentischen Zeugen.‘ Da die übrigen Grade der Weihehierarchie dem Hohenpriestertum des Bischofs untergeordnet sind — der Bischof erteilt die Diakonats- und Priesterweihe, und die Diakone dürfen ihr Amt nur zu seiner und der Priester Unterstützung verwalten, während die Priester ihm als untergebene Mitarbeiter zur Seite stehen — können ihre Inhaber ‚nur relativ als authentische Zeugen gelten, inwiefern nämlich ihre ganze Macht nur eine Partizipation [Teilnahme an] der bischöflichen ist und auch nur in Gemeinschaft mit dem Bischof resp. mit dessen Autorisation geübt werden soll und muß‘.“
Die bischöfliche Jurisdiktionsgewalt
Nun gibt es nicht nur die einfache Predigt, die alltägliche Glaubensverkündung im gewöhnlichen Leben einer Diözese, sondern auch die autoritative Lehrvorschrift, wenn es um Irrtümer gegen den Glauben geht. Dazu führt Prof. Bartz aus:
„2. Die autoritative Lehrvorschrift ist ein Akt der Gesetzgebung bzw. der Rechtsprechung und fundiert darum wie die gesamte administrative und überwachende Tätigkeit des Lehrapostolates in der potestas iurisdictionis [Jurisdiktionsgewalt], und zwar in jenem Teil, der als Lehrgewalt bezeichnet wird. Weil die autoritative Glaubensvorschrift offenkundig eine Äußerung der potestas ordinis [Weihegewalt] darstellt, gehört sie auch nicht zum Bereich der Weihehierarchie, sondern zu ‚dem der hierarchia iurisdictionis [Jurisdiktionshierarchie], welche aus und über der ersteren aufgebaut ist‘. Grundsätzlich sind die Bischöfe kraft ihrer Weihe zur Jurisdiktion im allgemeinen und als Lehrer und Zeugen des Evangeliums zur Lehr-Jurisdiktion im besonderen berufen. Da die Glaubensgesetzgebung ein Ausüben der Hirtengewalt bedeutet, setzt sie notwendig Untergebene voraus. Somit kann der Bischof in Sachen der Lehre nur Jurisdiktion haben, wenn ihm die Leitung einer Herde übertragen ist. Hingegen haben sein Wort und sein Zeugnis in der ganzen Kirche Bedeutung, unabhängig davon, ob er Rechtsgewalt über eine Gemeinschaft von Gläubigen besitzt oder nicht. Wie der höchste ordo [Weihegrad] die erste Anwartschaft auf die Jurisdiktion verleiht, so liegt es umgekehrt im Wesen der Leitungsgewalt, und zwar vor allem der Lehrgewalt begründet, daß sie sich mit dem obersten Weihegrad verbindet, was die Delegation an untere Instanzen nicht ausschließt.“
Der Bischof: Wächter des Glaubens
Schaut man in die Geschichte, so wird diese Einsicht bestätigt und konkretisiert. In allen wichtigen Glaubensfragen waren es immer die Bischöfe, die meist in einem Konzil die in Frage stehenden Lehren geprüft und entschieden haben. Diese Entscheide wurden sodann vom Papst bestätigt und damit als Glaubensvorschrift für die ganze Kirche wirksam. Eine der ersten Aufgaben des Bischofs ist es, über den Glauben der ihm anvertrauten Herde zu wachen. In der Neuzeit hat es sich jedoch immer mehr ergeben, daß die Bischöfe den Theologieprofessoren die Glaubensverkündigung überließen und sie selber zunehmend zu bloßen Verwaltungsbeamten wurden.
Durch das Eindringen des Modernismus wurde zudem der Glaubensernst allmählich aufgeweicht. Dieser wurde schon im 19. Jahrhundert durch den liberalen Geist mehr und mehr verdrängt. Dieser liberale Geist beinhaltet immer auch eine Emanzipation des Einzelnen gegenüber dem Lehrapostolat der Kirche. Für den Liberalen kommt der Glaube nicht mehr vom Hören, sondern der Glaube kommt aus dem eigenen Inneren, aus dem subjektiven Gefühl. Man glaubt nur noch das, was man selbst für richtig hält – d.h. man hält nach gut protestantischer Manier ganz selbstverständlich den eigenen Vogel für den Heiligen Geist. Das gilt letztlich für alle Anhänger der Menschenmachwerkskirche, ob sie nun progressiv, konservativ oder traditionell sind. Alle sind überzeugt, daß sie im Grunde besser als das eigene kirchliche Lehramt wissen, was katholisch ist.
Man hat keinerlei Ahnung mehr, daß autoritative Glaubensvorschrift der Kirche „unter den Akten der Lehrgewalt eine ebenso eminente Stellung“ einnimmt „wie diese im Kreise der Jurisdiktion überhaupt“, weil sie richtend bzw. gesetzgebend unmittelbar in die innere Glaubensentscheidung eingreift, wie Scheeben sagt. Ja, so Scheeben weiter, diese „ist ein eminent göttlicher und übernatürlicher Akt, ähnlich wie der Akt der Jurisdiktion im Sakrament der Buße, und involviert wie dieser eine ganz spezielle Stellvertretung Christi bezüglich eines spezifisch göttlichen Vorrechtes. Aus eben diesem Grunde kann und muß daher dieser ganz eigenartige Akt der Jurisdiktion sich ebenso wesentlich unter der charismatisch leitenden Einwirkung Christi und seines Heiligen Geistes stehen, wie an die sakramentalen Akte der potestas ordinis [Weihegewalt] die befruchtende und belebende Einwirkung des Heiligen Geistes geknüpft ist; und jene charismatische Einwirkung muß sich hier in einem Grade kundgeben, wie sie weder in den Lehrakten der potestas ordinis [Weihegewalt] bereits enthalten, noch zu den übrigen Akten der Lehrgewalt selbst erforderlich ist.“
Wenn der Glaube vom Hören kommt, wenn er letztlich ein Hören auf die Stimme Jesu Christi, des Gottmenschen und Erlösers ist, dann muß Gott diese Stimme durch die Jahrhunderte hindurch lebendig halten. Nicht nur dann und wann, sondern kontinuierlich, beständig. Das ist aber nur möglich, wenn „dieser ganz eigenartige Akt der Jurisdiktion … ebenso wesentlich unter der charismatisch leitenden Einwirkung Christi und seines Heiligen Geistes steht, wie an die sakramentalen Akte der potestas ordinis [Weihegewalt] die befruchtende und belebende Einwirkung des Heiligen Geistes geknüpft ist“. Diese charismatisch leitende Einwirkung Christi und Seines Heiligen Geistes nennen wir die Unfehlbarkeit der Kirche in Fragen des Glaubens und der Moral. Wie Scheeben oben betont hat, vermag das Zeugnis des Heiligen Geistes allein übernatürlichen Glauben zu begründen.
Während jedoch der Bischof als einzelner zwar von Gott beauftragter Lehrer in seiner Diözese ist, so ist er dennoch nicht als einzelner unfehlbar. D.h. sein Lehrapostolat ist wesentlich an das des Papstes gebunden.
Der Papst als Inhaber der Vollgewalt der Lehrauthentie
Weil der Papst „als Inhaber der plenitudo potestatis [Vollgewalt] das Gesetz des Glaubens für die ganze Kirche vorschreibt, muß das Zeugnis, das in einem jurisdiktionellen Lehrentscheid virtuell enthalten ist, auch höchste und letzte Authentie haben. Dazu bedarf es einer eigenen und einzigartigen Hilfe und Führung des Heiligen Geistes, die sich nicht auf die durch den bischöflichen ordo [Weihe] zugesicherte ordentliche Wirksamkeit beschränken kann. Denn als Haupt des Episkopates ist der Papst berufen, die Unklarheiten der übrigen Zeugen aufzuhellen und ihre den Glauben betreffenden Fragen zu entscheiden. Darum muß sein Einzelzeugnis den vereinten Zeugnissen der Bischöfe gleichwertig sein. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, daß die dem ordo [Weihe] inhärierende Lehrauthentie des Papstes durch den absoluten Zeugniswert seines souveränen jurisdiktionellen Lehrurteils zu einer unbedingten und in allen Fällen maßgebenden gesteigert wird.“
Erst „durch den absoluten Zeugniswert seines souveränen jurisdiktionellen Lehrurteils, das aufgrund einer eigenen und einzigartigen Hilfe und Führung des Heiligen Geistes“ ermöglicht wird, wird der Papst zur authentischen und vollkommen zuverlässigen Stimme Christi in der Kirche. Letztlich ist jeder Katholik in seinem übernatürlichen Glauben auf diese Stimme verwiesen, d.h., er muß auf den Papst horchen, wenn er die Stimme Christi hören will.
Ganz zurecht sagt Prof. Bartz, daß Scheebens Darlegungen hervorragend das Wesen des theologischen Glaubens erhellen, denn: „Die von ihm aufgezeigte Verwandtschaft der offiziellen und authentischen Verkündigung mit der sakramentalen Gnadenspendung macht deutlich, daß im Glauben nicht eine antiquierte Formel akzeptiert, sondern das durch die Organe des Heiligen Geistes vermittelte lebendige und unmittelbar gegenwärtige Wort Gottes als ‚Geist und Leben‘ ergriffen wird. ‚Gerade an dem kindlichen Anschluß an die in der Kirche vor uns hintretende mütterliche Vermittlerin des Wortes Gottes erweist sich der göttliche Glaube als ein wahrhaft kindlicher und lebendiger Verkehr mit Gott, dem Vater unseres Geistes und der Quelle der übernatürlichen Wahrheit‘. Indem Scheeben die Lehrgewalt im allgemeinen als den vorzüglichsten Teil der Gesamtjurisdiktion nachweist und die autoritative Glaubensvorschrift im besonderen wiederum allen anderen Akten der Lehrgewalt voranstellt, weil sie zur religiösen Urentscheidung zwingt, kennzeichnet er den Glauben im Sinne des Vatikanums als die vorbehaltlose und zugleich erhabenste Unterwerfung unter Gott, den Schöpfer und Herrn, der durch den Lehrapostolat der Kirche sein absolutes Majestätsrecht über den menschlichen Geist geltend macht.“
Wie aktuell diese Einsichten Scheebens sind, wird wohl jeder aufmerksame Leser sogleich erkannt haben. Ist es nicht bei den allermeisten Konservativen und vor allem den sog. Traditionalisten zu einer zementierten Fehlhaltung geworden, daß ihr Glaube nicht mehr ist als die bloße Akzeptanz einer antiquierten Formel? In ihrem Traditionalismus hat letztlich das lebendige Lehramt der Kirche keinerlei Platz und Bedeutung mehr. Der unfehlbare Papst ist für sie eine jederzeit zu vernachlässigende Größe, weil für sie ihre „Tradition“ zur letzten Norm ihres Glaubens geworden ist, wie für die Protestanten die Heilige Schrift. Im Grunde brauchen sie für ihren Traditionalistenglauben das durch die Organe des Heiligen Geistes vermittelte lebendige und unmittelbar gegenwärtige Wort Gottes, das als Geist und Leben ergriffen wird, nicht mehr. Ihr Glaube ist letztlich zu einem toten Buchstaben geworden, wie bei den Pharisäern zur Zeit Jesu. Deswegen sind sie wohl auch genauso unbelehrbar wie diese es gewesen sind.
Für uns Katholiken dagegen ist die Überlieferung des Glaubensgutes „ein heiliger Strom und nicht ein bloßes Weitergeben von Museumsstücken“, wie Scheeben anderweitig betont.
Nur dem Papst gebührt absoluter Glaubensgehorsam
Wie verheerend diese traditionalistische Fehlhaltung ist, erkennt man erst so richtig an ihren weitreichenden Konsequenzen. Während der französischen Revolution hatte Pater Pierre de Cloriviere S. J. mit ähnlichen Gefahren zu kämpfen wie wir heute, war doch ein beachtlicher Teil der Priester und selbst der Bischöfe dem Geist der Revolution erlegen und vom katholischen Glauben abgefallen. Vor diesen mußte der Jesuit die Katholiken warnen. In seinem Buch Etudes sur la Revolution [Studien über die Revolution] gibt er die Prinzipien an, die es in der Verfolgungszeit zu beachten gibt:
„In Glaubensfragen muß man stets dem Stuhle Petri folgen, und weil die Lehre, welche die Kirche verkündet, jene ist, die sie schon immer verkündet hat, weil sie sich niemals ändert, darf man ihr nie und nimmer untreu werden und darf, aus welchem Grunde auch immer, keinesfalls jenen Gefolgschaft leisten, die eine von ihr abweichende Doktrin verkünden“ (Pater Pierre de Cloriviere S. J., Etudes sur la Revolution, Ed. Sainte Jeanne d’Arc, S. 132-133. – zitiert aus „Die Verfinsterung der Kirche“, Pro Fide Catholica, Durach 2004, S. 7).
Einem legitimen Papst ist man stets Glaubensgehorsam schuldig, denn wie wir gezeigt haben, hören wir allein in seinen Worten authentisch die Stimme Christi. Darum ist das Glaubensfundament des Katholiken letztlich der Glaube der römischen Kirche, lehrt doch Pius IX., daß „Petrus, der Fürst der Apostel, hier weiterlebt und in seinen Nachfolgern regiert, und daß sein Amt auch in einem unwürdigen Erben nicht versagt“. Die Unfehlbarkeit des Papstes ist nicht an sein heiliges Leben gebunden, sie versagt auch in einem unwürdigen Erben nicht. Nur so war es möglich, daß „Christus, der Herr, die unüberwindliche Gründung Seiner Kirche auf diesem Stuhl Petri vornahm (Mt. 16, 18) und dem Petrus selber die Schlüssel zum Himmelreich gab (Mt. 16, 19) … Dann betete Christus, daß sein Glaube nicht wanke, und befahl Petrus, seine Brüder im Glauben zu stärken (Lk. 22, 32)“ (Enzyklika Nostis et Nobiscum, Nr. 16).
Aus diesem Grundsatz folgt wesensnotwendig nach Pater Pierre de Cloriviere S. J. folgendes: „Deshalb drängt sich hier eine Überlegung auf, von der zu wünschen wäre, daß sie von mehr Menschen angestellt würde: Selbst dann, wenn man die Kirche oder ihren obersten Hirten, dem die Unfehlbarkeit verheißen wurde, nicht um Rat fragen kann, darf man keiner wie auch immer gearteten Autorität blindes Vertrauen schenken, da es keine Autorität gibt, die nicht selbst dem Irrtum verfallen und uns mit hineinziehen könnte.“
Eine der größten Gefahren für einen Katholiken in Verfolgungszeiten ist es, sich anstelle des kirchlichen Lehramtes an einen Ersatzpapst zu halten. Wobei es damals immerhin noch einen Papst gegeben hat, der jedoch für den einzelnen Gläubigen gegenwärtig nicht erreichbar war. Wenn man nun „die Kirche oder ihren obersten Hirten, dem die Unfehlbarkeit verheißen wurde, nicht um Rat fragen kann, darf man keiner wie auch immer gearteten Autorität blindes Vertrauen schenken, da es keine Autorität gibt, die nicht selbst dem Irrtum verfallen und uns mit hineinziehen könnte“. Es besteht nämlich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem unfehlbaren Papst und jedem anderen kirchlichen Lehrer. Dem Papst allein schuldet man Glaubensgehorsam und rückhaltloses Vertrauen in seinen Urteilen über Glauben und Sitte. Alle anderen Autoritäten können in Irrtum fallen und darum auch uns mit in den Irrtum hineinziehen.
Ersatzpäpste
Es ist eine Tatsache, daß viele Traditionalisten sich in dieser Weise einen Ersatzpapst erwählt haben und noch erwählen. Denn viele von denjenigen, welche die „Konzilspäpste“ und ihre Nachfolger als legitime Päpste anerkannten haben, bzw. jetzt Bergoglio als ihren Papst anerkennen, leisten jedoch einem anderen jenen Gehorsam, den sie allein ihrem Papst schulden, d.h. sie gründen ihren Glauben auf eine falsche Autorität. Darin zeigt sich eindeutig das Sektenverhalten dieser Leute. Sie haben neben ihrem „Papst“ ihren Guru, der ihnen angeblich den wahren Glauben predigt und absichert. Aber das Vertrauen, das sie ihrem Guru entgegenbringen ist grundlos, weshalb es ein blindes Vertrauen ist.
In der Zeitschrift „Der Katholik. Zeitschrift für katholische Wissenschaft und kirchliches Leben“, werden unsere Gedanken folgendermaßen zusammengefaßt: „Die Kirche besitzt also in ihrem Apostolat ein allezeit unfehlbares Lehr- und Richteramt, bei dem allezeit jeder Einzelne unfehlbare Belehrung in Glaubenssachen findet... Niemand hat das kirchliche Lehr- und Richteramt und ist unfehlbar in seinen dogmatischen Entscheidungen, als nur der von Christus eingesetzte Apostolat – und auch der größte Gelehrte, der größte Heilige, der wunderbar Erleuchtete ist es nicht, sondern muß sich, um nicht dem Irrtum anheimzufallen, den Lehraussprüchen der lehrenden Kirche unterwerfen. Davon gilt das Wort des hl. Paulus: Und wenn auch ein Engel vom Himmel käme und euch anders lehrte, als ich euch verkündet habe, so sei er Anathema [ausgeschlossen aus der Kirche].“
Aber auch für diejenigen, die von der papstlosen Zeit überzeugt sind, gibt es eine besonders gefährliche Versuchung. Die Versuchung besteht darin, selber Papst zu spielen und sich in diesem Spiel so sehr zu gefallen, daß einem der Papst gar nicht mehr abgeht. Wer dieser Versuchung unterliegt, bildet sich sodann ein, er könne durchaus ganz gut ohne Papst, ohne lebendiges, unfehlbares Lehramt katholisch sein und bleiben.
Für den wahren Katholiken ist so ein Verhalten unfaßbar, denn es ist wohl eine der größten Strafen, die Gott über Seine Kirche verhängen kann, daß Er ihr über Jahrzehnte hinweg keinen gültigen Papst mehr schenkt – und somit die Herde den Wölfen preisgibt! Diese Strafe haben wir Katholiken offensichtlich deswegen verdient, weil wir das göttliche Geschenk des Unfehlbaren Lehramtes gar nicht mehr geschätzt haben.
Was tun? – Der Rat eines Jesuiten
Was aber ist zu tun, wenn die päpstliche Autorität nicht mehr erreichbar ist? Wie verhält man sich dann richtig? Unser Jesuit erklärt:
„Es gilt, weniger persönlicher Autorität zu vertrauen, als die hüben und drüben angeführten Argumente bedächtig abzuwägen; hier ist blinder Gehorsam keine Tugend, und man muß sein Urteilsvermögen walten lassen, wie der Apostel sagt: ‚Rationabile sit obsequium vestrum‘ [Euer Gehorsam sei vernünftig]. In stürmischen Zeiten, wo die Wahrheit verfolgt wird, verhält es sich gewöhnlich so, daß die Mehrzahl der falschen Seite zuneigt, die ihrer Schwäche entgegenkommt, mag sie es mit der Wahrheit auch weniger genau nehmen.
Darum gilt es, den Herrn schlichten Gemüts um Rat zu fragen, mit dem Ziel und in der festen Absicht, dem Licht seines Gewissens zu folgen, ohne sich vor allfälligen mißlichen Folgen oder dem abschätzigen Urteil der Menschen zu fürchten. Der Herr findet Gefallen daran, eine aufrichtig suchende Seele zu erleuchten, und das Licht eines reinen Gewissens wird stets in Einklang mit Entscheiden stehen, die auf der Grundlage einer wahrheitsgemäßen Lehre gefällt worden sind. Immer wieder hat man erleben können, daß die einfachsten Seelen, wenn sie sich nur von diesem Licht leiten ließen, bei der Verteidigung der Wahrheit mehr Mut und Standhaftigkeit an den Tag gelegt haben als die meisten anderen Menschen.“
Der Jesuitenpater beschreibt in wenigen Zeilen das, was auch der sog. Kanon des Vinzenz von Lérins in der bekannten Formel sagt: „Besonders dafür muß man sorgen, daß wir an dem festhalten, was überall, was immer, was von allen geglaubt wurde; denn das ist wahrhaft und eigentlich katholisch.“ (Magnopere curandum est, ut id teneamus,quod ubique, quod semper, quod ab omnibus creditum est; hoc est enim vere proprieque catholicum. Common. Cap. 2,3.) Zudem gibt er aber auch gleich die richtige Interpretation dieses oft mißverstandenen Satzes, der nur dann gilt, wenn man „die Kirche oder ihren obersten Hirten, dem die Unfehlbarkeit verheißen wurde, nicht um Rat fragen kann“. Dann gilt es, nicht so sehr auf „persönliche Autorität zu vertrauen“, sondern „die hüben und drüben angeführten Argumente bedächtig abzuwägen, denn hier ist blinder Gehorsam keine Tugend“, sondern höchst gefährlich, denn wenn „ein Blinder einen Blinden führt, fallen beide in die Grube“ (Mt 15,14).
Unser Jesuit weist auf einen weiteren Umstand hin, der durchaus erwägenswert ist: „In stürmischen Zeiten, wo die Wahrheit verfolgt wird, verhält es sich gewöhnlich so, daß die Mehrzahl der falschen Seite zuneigt, die ihrer Schwäche entgegenkommt, mag sie es mit der Wahrheit auch weniger genau nehmen.“ Wenn es ernst wird, dann geht die Mehrheit den Weg des geringeren Widerstandes, d.h. sie geht mit den Irrlehrern in die Irre, da diese meistens einer Schwäche des Menschen entgegenkommen. Ein treffendes Beispiel hierfür ist der Protestantismus, der einfach weitverbreitete Laster legalisierte. Was vorher Sünde war, war nun plötzlich erlaubt. Wie praktisch und wie angenehm war das doch. So scheint auch der eigentliche Grund vor allem für viele Priester oder Gemeinschaften, vor dem Urteil zurückzuschrecken, diese weißen Männer in Rom sind keine Päpste mehr, die Furcht zu sein, daß einem dann die Leute davonlaufen.
Bedenkt man nun, daß mit dem 2. Vatikanum fast alle Bischöfe zusammen mit dem Irrlehrer Montini vom Glauben abgefallen sind, dann kann man sich leicht vorstellen, wie klein die Minderheit gewesen ist, die noch katholisch bleiben wollte. Die meisten folgten den Irrlehrern auf dem Fuß – wenige nur durchschauten das dämonische Spiel der Feinde der Kirche. Die auf dem 2. Vatikanum neu gegründete Menschenmachwerkskirche hat darum die Seelen massenweise mit in den revolutionären Abgrund gezogen.
Was Pater Pierre de Cloriviere S. J. des weiteren seinen Lesern rät, ist für uns in dieser papstlosen Zeit tröstend und ermunternd: „Darum gilt es, den Herrn schlichten Gemüts um Rat zu fragen, mit dem Ziel und in der festen Absicht, dem Licht seines Gewissens zu folgen, ohne sich vor allfälligen mißlichen Folgen oder dem abschätzigen Urteil der Menschen zu fürchten.“
Zunächst muß man den Glauben an die erste Stelle setzen, man muß ihn ohne Menschenfurcht und ohne Furcht vor persönlichen Nachteilen bekennen und leben – sodann wird man sehen: „Der Herr findet Gefallen daran, eine aufrichtig suchende Seele zu erleuchten, und das Licht eines reinen Gewissens wird stets in Einklang mit Entscheiden stehen, die auf der Grundlage einer wahrheitsgemäßen Lehre gefällt worden sind.“ Unser Herr sieht auf die selbstlose Seele und steht ihr mit Seinem Licht zur Seite. Sie muß nur darauf achten, daß das Licht des reinen Gewissens stets in Einklang mit den eigenen Entscheiden steht und die Grundlage einer „wahrheitsgemäßen Lehre“ alles trägt. P. de Cloriviere kann aus eigener Erfahrung zusichern, „daß die einfachsten Seelen, wenn sie sich nur von diesem Licht leiten ließen, bei der Verteidigung der Wahrheit mehr Mut und Standhaftigkeit an den Tag gelegt haben als die meisten anderen Menschen“.
Ein Hirt und eine Herde
Abschließend wollen wir uns nochmals dem Guten Hirten zuwenden, der Seine Herde im Geist und der Wahrheit leitet und deswegen auch das Versprechen anfügen kann, daß ein Schafstall und ein Hirt sein werden.
Es ist schon überaus merkwürdig, daß es so wenigen auffällt, die Menschenmachwerkskirche ist schon lange nicht mehr ein Schafstall und hat auch schon lange nicht mehr nur einen Hirten. Zwar tun die Konservativen und Traditionalisten, bzw. Neotraditionalisten so, als würde das immer noch so sein, gleichzeitig klagen sie aber laut über den massenhaften Glaubensabfall und die immer mehr überhandnehmenden Skandale. Wo ist hier konkret noch eine Glaubenseinheit zu finden? Sind nicht auch selbst die Konservativen und Neotraditionalisten unter sich gespalten? Hält sie nicht – wie damals die Protestanten gegenüber den Katholiken – allein ihr Haß gegen die Sedisvakantisten zusammen? Sie müßten sich doch ernsthaft die Frage stellen, warum denn ihr Papst nicht mehr die Einheit des Glaubens gewährleisten kann, obwohl das doch die Wesensaufgabe des Papsttums ist, wie Prof. Bartz mit Scheeben hervorhebt:
„Die innere Einheit des Lehrkörpers in Christus und seinem Heiligen Geist wird nach außen dargestellt, gewährleistet und erhalten durch ‚ein einzelnes und einziges Organ, welches als oberster Stellvertreter Christi das wahre leitende Haupt der übrigen Organisation ist, was es dadurch ist und nur dadurch sein kann, daß es eine universale und souveräne Lehrgewalt besitzt“, und „in unzertrennlichem Zusammenhang und ungestörter Einheit und Übereinstimmung mit dem inneren Prinzip der kirchlichen Einheit... verbunden bleibt‘. Als ‚Organ‘, ‚‘Ausfluß‘ und ‚Ausdruck‘ dieses Prinzips wird ‚die zentrale Lehrgewalt des Papstes‘ zum Fundament der unitas ecclesiae [Einheit der Kirche] schlechthin, die wesentlich von der Einheit im Glauben getragen wird.“
Die Pseudopäpste seit dem 2. Vatikanum einen ihre „Kirche“ nicht, sie spalten sie vielmehr immer weiter durch ihre vielen Irrlehren in verschiedene Sekten auf, die jedoch noch irrigerweise unter den einen Namen „katholisch“ zusammengefaßt sind. Was für ein Irrsinn! Dabei halten ihre Anhänger sich auch durchaus nicht an das, was ihre „Päpste“ wirklich sagen, sondern jeder konstruiert sich seinen eigenen imaginären „Papst“, der genau das tun und sagen würde, was sie sich selbst als „katholisch“ zusammengereimt haben, wenn er denn nur könnte wie er wollte. Es wird richtig komisch, wenn dem „Papst“ von diesen Leuten zuweilen sogar eine Lehre unterstellt wird, die genau das Gegenteil von dem ist, was er wirklich gesagt hat. Solche Wahrnehmungsstörungen sind schon beängstigend.
Seit Bergoglio kommt zwar diese Wahnsinns-Konstruktion etwas ins Wanken, denn Bergoglio gibt zu klar zu erkennen, daß er alles andere als katholisch sein möchte, aber selbst das ficht nur die wenigsten an. Eigentlich sieht es ein Blinder, Bergoglio ist alles lieber als der katholische Glaube, diese Leute aber sehen es immer noch nicht.
Wie ist es nun angesichts dieser Tatsache mit dem einen Schafstall mit dem einen Hirten in der Menschenmachwerkskirche bestellt? Müssen sich die irregeführten Anhänger dieser Sekte nicht an einen Guru halten, einen Burke, Schneider, Müller, usw. weil Herr Bergoglio einfach unmöglich zu einem Katholiken taugt? Ja, da würden selbst manche Sekten die Nase rümpfen, wenn man ihnen Herrn Bergolio als Sektenprediger vor die Nase setzen würde. Die Menschenmachwerkskirchler aber halten diesen Mann immer noch für den Papst ihrer „Kirche“. Was für eine furchtbare Sekte muß das eigentlich sein, die so einen Mann als Chef akzeptiert? Inzwischen haben sicherlich manche evangelikale Christen ein christlicheres Gespür als diese Traditionalisten, denn diesen ist Herr Bergolio zumindest ein Vorläufer des Antichrist, wenn nicht sogar der Antichrist selbst.
Pius X. über die Gefahren des Modernismus
Wie konnte es zu einer so weitreichenden Verblendung kommen? Schon der hl. Pius X. beklagte: „Es ist nur zu wahr: Sie sind verderblicher und gefährlicher als alle anderen Feinde der Kirche. Denn nicht außerhalb der Kirche, sondern, wie gesagt, innerhalb schmieden sie ihre Pläne zum Verderben der Kirche. Daher sitzt die Gefahr in den Blutadern der Kirche, in ihrem tiefsten Inneren; und der Schaden ist um so sicherer, je genauer sie die Kirche kennen“ (Enzyklika Pascendi Dominici gregis).
Seit über 100 Jahren ist klar zu sehen, die Gefahr sitzt schon „in den Blutadern der Kirche, in ihrem tiefsten Inneren“. Die Irrlehre des Modernismus hatte schon damals alles verseucht, und die Feinde begannen ihren erfolgreichen Marsch durch die Institution. Das Verderben wütete immer mehr und zerstörte weltweit den Glauben der Katholiken und verseuchte ihren Glaubensgeist. Somit rückte das übernatürliche Wesen unseres hl. Glaubens vollkommen aus dem Blickfeld. Es blieben sozusagen nur noch Satzfetzen des Glaubens übrig, der göttliche Glaube aber ging verloren. Eigentlich hätte das jeder Katholik sofort sehen müssen, denn im Modernismus gibt es keine Einheit des Glaubens mehr, ist er doch, wie der hl. Pius X. einschärfte, das Sammelbecken aller Häresien. Es ist wahr, jede Irrlehre hat im Modernismus Heimatrecht.
Seit Roncalli alias Johannes XXIII. widerrechtlich den Stuhl Petri besetzt hat und sodann besonders seit dem 2. Vatikanum wird letztlich von den Römern die katholische Einheit nur noch gespielt, indem man überaus gekonnt mal die progressive, dann wieder die konservative Seite mit einigen Satzfetzen befriedigte. Verbindlich war an diesen „Lehren“ schon lange nichts mehr – kennt doch der Modernismus keine verbildliche Lehre – außer das dialektische Spiel, das Jonglieren mit These und Antithese, das vor allem Joseph Ratzinger meisterhaft beherrschte.
Man muß zugestehen, es war schon ein gekonnter Sieg der Feinde der Kirche, die ehemaligen Katholiken soweit umzuerziehen, daß sie mit diesen Satzfetzen zufrieden waren, d.h. daß ihnen ein modernistisches Leeramt ausreichend schien, um ihren „Glauben“ zu verwalten, wie man es wohl nennen muß. Das wird eines greifbar: Unmerklich sind alle Modernisten geworden! Ob progressiv, konservativ, traditionell, das war den Feinden vollkommen gleich, Hauptsache Modernisten.
Es macht einen fassungslos, diese imaginäre Einheit – die unverbindliche Verbindlichkeit des römischen Leeramtes – hält den Wahnsinn immer noch zusammen. Immer noch wähnt sich die Mehrheit „katholisch“! Dabei scheint die Wahrnehmungsfähigkeit der Masse schon so weit gestört zu sein, daß sie auch mit einer weißen Soutane, die man schnell mal einer Schaufensterpuppe umgeworfen hat, zufrieden wäre und felsenfest behauptete: Das ist unser Papst! Man ist ein wenig an den König Nabuchodonosor im Buche Daniel erinnert, der ließ „eine Bildsäule anfertigen, sechzig Ellen hoch und sechs Ellen breit“. Und er erließ das Gesetz: „Sobald ihr den Schall der Trompeten, Pfeifen und Zithern, der Harfen, Lauten, Dudelsackpfeiffen, sowie aller Art von Musik hört, sollt ihr euch niederwerfen und die goldene Bildsäule anbeten, die der König Nabuchodonosor errichtet hat.“
Ein von Menschen gemachter Gott – ein allzeit irrender Papst der Kirche Jesu Christi, was für ein Absurdum! Wie wir wissen, haben die Juden Sidrach, Misach und Abdenago sich geweigert, diesen von Menschen gemachten Gott anzubeten und wurden dafür in den Feuerofen geworfen. – „Aber sie wandelten mitten in den Flammen und lobten und priesen Gott.“
Es wäre den armen Betrogenen der Menschenmachwerkskirche zu wünschen, daß sie endlich aufwachen und einsehen, ein von Menschen gemachter „Papst“, der wie jeder Mensch sich allzeit irren und die ihm anvertrauten Gläubigen in den Irrtum führen kann, ist nur wie die goldene Bildsäule des Nabuchodonosor ein Menschenmachwerk, aber keine göttliche Wirklichkeit. Er ist kein Stellvertreter Jesu Christi, sondern ein Scharlatan, ein Betrüger! Wiederholen wir nochmals die Worte von Prof. Bartz: „Indem Scheeben die Lehrgewalt im allgemeinen als den vorzüglichsten Teil der Gesamtjurisdiktion nachweist und die autoritative Glaubensvorschrift im besonderen wiederum allen anderen Akten der Lehrgewalt voranstellt, weil sie zur religiösen Urentscheidung zwingt, kennzeichnet er den Glauben im Sinne des Vatikanums als die vorbehaltlose und zugleich erhabenste Unterwerfung unter Gott, den Schöpfer und Herrn, der durch den Lehrapostolat der Kirche sein absolutes Majestätsrecht über den menschlichen Geist geltend macht.“
Als Schlußfolgerung daraus ergibt sich: „Als ‚Organ‘, ‚Ausfluß‘ und ‚Ausdruck‘ dieses Prinzips wird ‚die zentrale Lehrgewalt des Papstes‘ zum Fundament der unitas ecclesiae [Einheit der Kirche] schlechthin, die wesentlich von der Einheit im Glauben getragen wird.“ Nur wenn alle auf die eine Stimme Jesu Christi hören, des Guten Hirten, der Sein Leben für Seine Schafe hingibt, kann eine Einheit im Glauben gewährleistet werden. Dazu aber ist ein wahrer Papst notwendig, ein Papst, der erleuchtet vom Heiligen Geist den Gläubigen unfehlbar den Glauben lehrt und sie dadurch „zur religiösen Urentscheidung zwingt“. Nur im vollkommenen Vertrauen auf den Beistand des Heiligen Geistes kann die Lehre des Papstes als unfehlbar sichere, göttliche Wahrheit angenommen werden, womit „die vorbehaltlose und zugleich erhabenste Unterwerfung unter Gott, den Schöpfer und Herrn, der durch den Lehrapostolat der Kirche sein absolutes Majestätsrecht über den menschlichen Geist geltend macht“, geleistet wird.
Wir Restkatholiken wissen Gott sei Dank noch, daß wir einen Guten Hirten brauchen, der die Herde Jesu Christi unfehlbar auf die Weiden der göttlichen Wahrheit führt und weidet. Möge der Gute Hirt aufgrund Seiner Barmherzigkeit und Liebe zu den Seelen diese fruchtbare Strafe der papstlosen Zeit bald beenden und uns wieder einen Papst schenken, einen heiligen Papst, der die Herde Christi wieder nach dem Willen Gottes leitet, wie wir ihn in der papstlosen Zeit gemäß der Weisung der Kirche erflehen:
„Herr, wir flehen demütig und bitten, Du mögest in Deiner unermeßlichen Güte der heiligen Römischen Kirche einen Papst verleihen, der durch seinen väterlichen Eifer für unser Wohl Dir allzeit wohlgefällig, dessen Regierung heilbringend sei, und dem darum Dein Volk zum Ruhme Deines Namens immerfort Ehrfurcht erweise. Durch unseren Herrn…“