Der Lotse verläßt das gesunkene Schiff

Es ist schon sehr lange her, daß wir unter unserer Rubrik „difficile est…“ etwas veröffentlicht haben. Zur Erinnerung: Der römische Dichter Juvenal hat Anfang des 2. Jahrhunderts angesichts der Intrigen am kaiserlichen Hof seine Eindrücke in dem Satz zusammengefaßt: „Difficile est, satiram non scribere.“ – „Es fällt schwer, keine Satire zu schreiben“ (Juvenal, Satiren I, 30). Dasselbe kann man sicherlich ebenfalls angesichts der neurömischen Intrigen im Vatikan und zudem angesichts der halbkonservativen bis konservativen Schreiberlinge sagen, die versuchen, diese Intrigen nachzuzeichnen und „katholisch“ zu deuten.

Wir haben uns bisher ernstlich bemüht, bei den Kommentaren der vielfältigen Kuriositäten der neurömischen Gerüchteküche und deren Deutungen möglichst nüchtern und sachlich zu bleiben und keine Satiren zu schreiben. Wobei man uns vor allem von gewisser Seite dennoch – also trotz unserer ehrlichen Bemühungen um Sachlichkeit – Polemik, bitteren Eifer oder sogar Rachsucht vorgeworfen hat. Da ist ganz einfach festzustellen, daß bekanntlich getroffene Hunde bellen.

Erst diese Tage ist uns ein Blättchen zugesteckt worden, herausgegeben von einem ehemaligen Mitglied der Petrusbruderschaft, das aber inzwischen, wie man uns sagte, in einer Diözese Dienst tut. Zugegebenermaßen haben es die Halbkonservativen oder Konservativen neurömischen Pseudokatholiken heutzutage besonders schwer – mit einem Jorge Mario Bergoglio an der Spitze der Menschenmachwerkskirche, der als „Papst“ Franziskus derselben vorsteht. Auch unserem Schreiber bereitet das Benehmen des Herrn Bergoglio offensichtlich einiges Kopfzerbrechen, was in dem uns zugesteckten Blättchen auch thematisiert wird. Unser Schreiber beginnt seine Gedanken zum Thema „Wie sollen wir unseren Glauben leben? Grundsätzliche Überlegungen zur Abberufung von Kardinal Müller“ folgendermaßen:

Liebe Gläubige,
die Abberufung von Kardinal Müller von der Glaubenskongregation erschüttert im Moment die gläubigen Katholiken. Kardinal Müller stand in seiner Amtszeit als Präfekt der Glaubenskongregation für eine klare Auslegung des Glaubensgutes der katholischen Kirche. Er betonte die Verpflichtung der Auslegung des Glaubens im Zusammenhang mit der gesamten Überlieferung der Katholischen Kirche. Was bedeutet die Abberufung von Kardinal Müller für die aktuelle Situation in der Katholischen Kirche? Sind wir zurecht oder zu Unrecht mißtrauisch?

Beim Lesen dieser Zeilen ist man schon sehr geneigt auszurufen: „Hoppla, was ist denn da passiert?“ Der Theologe Gerhard Ludwig Müller ist plötzlich der Garant für „eine klare Auslegung des Glaubensgutes der katholischen Kirche“. Das scheint doch eine völlig neue, genauer gesagt absurde Ansicht zu sein. Der ehemalige Petrusbruder scheint noch niemals davon gehört zu haben, daß die Modernisten gerne mit ihren Anhängern Katz' und Maus spielen. Darum gibt es immer sog. konservative und sog. progressive Modernisten, also Bremser und Gasgeber auf dem Weg des Fortschritts. Dabei sind oft diejenigen Modernisten, die auf der Karriereleiter das Bischofsamt anstreben oder auch dafür auserwählt wurden, eher konservativ, wohingegen die Professoren weitgehend progressiv sind. Den Theologieprofessor Gerhard Ludwig Müller würde ein Katholik niemals als glaubenstreu bezeichnen, auch nicht einmal als konservativen Modernisten, sondern viel eher als gemäßigten Progressisten. Denn als Professor unterlag Herr Müller natürlich auch dem internen Druck seiner Zunft, möglichst viel Neues, Auffallendes, wenn nicht sogar Aus-dem-Rahmen-Fallendes zu veröffentlichen, wollte er von den Herren Kollegen einigermaßen ernst genommen werden.

Der Münchner Dogmatiker, der dann nicht auf den so sehr ersehnten erzbischöflichen Stuhl von München-Freising, sondern nur auf den Bischofsstuhl von Regensburg berufen wurde, hat auch, wie seine Kollegen Ratzinger und Rahner, einen Grundkurs zur Dogmatik, also zur Glaubenslehre geschrieben, der sich jedoch von den anderen wesentlich unterschied, nämlich im ganzen Aufbau. Während die „alten“ Dogmatiken sich an die Gliederung des Glaubensbekenntnisses hielten und sich zudem an die „Summa theologiae“ des hl. Thomas von Aquin anlehnten, hat Müller, der ein Schüler eines Schülers Karl Rahners, nämlich Karl Lehmanns, ist, gemäß einem Vorschlag Rahners diese Gliederung aufgeben. Der Theologe Müller rechtfertigte seine Neukonzeption der Dogmatik mit dem Vorwurf an die „alte“ Theologie, diese würde mit ihrer etwas sehr schematischen Gliederung dazu verleiten, „daß man die immanente Trinität Gottes schon bei der Behandlung der Schöpfungslehre als gegeben voraussetzt, obwohl sie sich erst im Gang der Heilsgeschichte (ökonomische Trinität) als das transzendente Prinzip von Schöpfung und Heilsgeschichte manifestiert“.

Mit dieser Entscheidung Müllers für eine neue Einteilung seiner Dogmatik entgegen jahrhundertealter anderer Gewohnheit (also entgegen der katholischen Tradition), ist eine kopernikanische Wende verbunden – so etwas ist immer gut, ganz modern und darum dem modernen Menschen gefällig und den anderen Professoren gegenüber sehr profilierend! Nun ist seine, des Herrn Müllers Theologie nicht mehr eine Wissenschaft „von oben“, sondern von „von unten“. Theologie von unten ist aber „Theologie“ vom Menschen her gesehen und nicht von Gott – also keine Gotteswissenschaft mehr, sondern Menschenwissenschaft. Rahner nennt das etwas umständlicher: Anthropologische Wende. Diese anthropologische Wende sieht man dem Werk natürlich auch an, Müller schreitet durchaus vom Wort zu Tat. Gleich zu Beginn seines Werkes steht eine recht ausführliche und eng an Karl Rahners anthropologische Wende der Theologie angelehnte „Offenbarungstheologische Erkenntnislehre“, die selbstverständlich ganz der „nouvelle théologie“, also der „neuen Theologie“ huldigt – wie könnte es auch anders sein, wenn der Herr Professor Karriere machen möchte, was man Gerhard Ludwig Müller durchaus nachsagte.

Um nicht allzu sehr vom Thema abzukommen, soll nur noch darauf hingewiesen werden, daß Gerhard Müller in seiner Dogmatik schon eine postmoderne Vielfalt an Autoren zu Wort kommen läßt, wobei deren Stimme offensichtlich den „Traditionsbeweis“ der alten Dogmatiken ersetzen soll. Zu diesen Namen gehören u.a. Martin Luther (auffallend häufig!), natürlich auch Karl Rahner, oder aber Gustavo Gutiérrez, Edward Schillebeeckx, Hans Urs von Balthasar usw. Während Müller diesen nicht gerade durch Rechtgläubigkeit glänzenden Herren jeweils eine recht freundliche Interpretation zuteilwerden läßt, kommen die neuscholastischen Autoren bei ihm meist sehr schlecht weg. Wie bei den anderen modernen Autoren wird auch bei Müller Theologie zur bloßen Theologiegeschichte, d.h. die „Wahrheit“ wird nur aus der jeweiligen geschichtlichen Epoche heraus verständlich und ist deswegen natürlich auch mit dem Lauf der Zeit veränderlich.

Abschließend soll noch erwähnt werden, daß auch Gerhard Müller im Sinne der konservativen Modernisten die unfehlbaren Entscheidungen des kirchlichen Lehramtes auf die außerordentlichen Akte einschränkt – auf die ganz und gar außerordentlichen, muß man schon präzisieren, denn nach Gerhard Müller zählen zu den Dogmen im Sinne des Vatikanums nur die Unbefleckte Empfängnis, die Unfehlbarkeit des Papstes und der Jurisdiktionsprimat, sowie die leibliche Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel. Bei einer solch beängstigend schmalen durch unfehlbare Sicherheit abgesicherten Basis des Glaubens stellt sich natürlich sofort die Frage nach der Interpretationshoheit in Sachen Glauben. Nun, die Antwort ist ganz einfach, die liegt bei Herrn Müller, zunächst als Theologieprofessor, dann als Bischof und schließlich als Chef der Glaubenskongregation. Und, so sagen seine Gegner: Dies hat Herr Müller immer sehr ernst genommen.

Aber zurück zu unserem Thema, zurück zu den Bauchschmerzen unseres ehemaligen Petrusmannes: Für diesen ist also Gerhard Ludwig Müller, dieser Gerhard Ludwig Müller mit der anthropologischen Wendedogmatik und den gerade einmal drei Dogmen, der Garant für eine „klare Auslegung des Glaubensgutes der katholischen Kirche“. Bei einer solch seltsamen Ansicht ist zu befürchten, daß die Ausbildung bei den Petrusleuten genauso „suboptimal“ ist wie bei ihren älteren „Pius“-Brüdern. Zudem ist erstaunlich, daß genau dies auch die Meinung der Medien ist, denn gemäß dieser gilt Müller „als konservativer Hardliner, der grundlegende Reformen in der katholischen Kirche ablehnt“. Normalerweise wird man doch als mitdenkender Katholik sofort hellhörig, sobald die Medien dieselbe Meinung vertreten wie man selbst.

Für unsere Befürchtung einer mangelhaften Ausbildung liefert unser Artikel-Schreiber auch sofort den Beweis. Er fordert seine Leser auf, „einen Blick auf das Amt der Katholischen Kirche“ zu werfen. Er meint wohl das Amt in der Katholischen Kirche, denn die Katholische Kirche ist sicherlich kein Amt, jedoch gibt es in ihr selbstverständlich verschiedene Ämter, ja sogar Ämter, die göttlichen Rechts sind. Nachdem wir darüber belehrt werden, daß es in der Katholischen Kirche wesentlich drei Ämter gibt, heißt es weiter: „An der Erfüllung dieser Aufgaben (der einzelnen Ämter) müssen sich alle Amtsträger vom Niedrigsten bis zum Höchsten messen lassen. Und es liegt auf der Hand: Es gibt Amtsträger, die ihr Amt sehr gut erfüllen und es gibt Amtsträger, die das Gegenteil von dem tun, was sie tun sollten. Damit man sich nicht falsche Illusionen macht, ist diese Unterscheidung sehr wichtig. Die Katholische Kirche bleibt die Gleiche.“

Hiermit hat der Schreiber die übliche Tradi-Spielwiese für ihre ihren Glauben betreffenden Hobbyphantastereien abgesteckt: Es gibt in der Katholischen Kirche Ämter und natürlich auch Amtsträger. Die Amtsträger können auch Fehler machen, sie können gut oder schlecht sein, ja sogar „das Gegenteil von dem tun, was sie tun sollten“, das macht aber gar nichts und kümmert auch niemanden, denn die „Katholische Kirche bleibt die Gleiche“.

Das nennt man wohl ein Wunder, ein permanentes Wunder sogar! Solcherlei Wunder gibt es freilich nur in der Tradikirche, nicht einmal im echten Leben. Schon in jeder Firma hätte nämlich jeder Chef albtraumähnliche Existenzängste, sobald er feststellen würde, fast alle seine Abteilungsleiter tun „das Gegenteil von dem…, was sie tun sollten“. Und er wüßte, wenn er nicht sofort einschneidende Maßnahmen ergreift und diese Leute aus seiner Firma entfernt, ist alles aus, die Firma ist in kürzester Zeit bankrott und es droht die feindliche Übernahme. Unser Schreiber aber meint – allen Ernstes, wie wir noch deutlicher sehen werden – in der Kirche sei das ganz anders.

Wie kommt der Mann zu diesem Wahn? Wir lesen weiter: „Als Amtsträger ist man aber vom obersten bis zum niedrigsten Amtsträger an die objektiven Gegebenheiten des Glaubens und der Sakramente gebunden. Nicht man kann, sondern man muß die Wahrheiten des Glaubens, die Gebote Gottes und die Heiligungsmittel der katholischen Kirche so gut wie nur möglich verwalten und verkündigen. Wer es nicht tut, verletzt seine Pflicht. Und es gibt für keinen Amtsträger die Garantie, daß er seine Pflichten immer bestens erfüllt oder daß er sie nicht in schwerwiegender Weise verletzen würde.“

Also Leute, aufgepaßt! Traut niemandem, denn es gibt „keinen Amtsträger“, der seine Pflichten nicht in schwerwiegender Weise verletzten könnte. Auch in der Kirche Jesu Christi kann man sich auf niemanden verlassen! Aber, so wird dem einen oder anderen als Einwand kommen: Was ist mit dem Papst?

Unser ehemaliger Petrusmann erahnt ebenfalls diesen Einwand und belehrt uns erstaunlicherweise ganz lefebvristisch: „Die Unfehlbarkeit des Papstes bedeutet nur, daß er bei der Verkündigung eines Dogmas keinen Irrtum verkündet und daß dort, wo der Papst ist, die Katholische Kirche ist. Durch diese Katholische Kirche werden wir gerettet und der Teufel kann die Katholische Kirche nicht zerstören. Aber daß die Katholische Kirche nicht zerstört werden kann – ‚die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen‘ (Mt. 16,18) – schließt dem Sinne nach mit ein, daß sie durch die Angriffe des Teufels schweren Schaden leiden kann, aber eben nicht zerstört werden wird.“

Die Unfehlbarkeit bedeutet „nur“, beachten wir die Wortwahl, sie „bedeutet nur“, daß „er bei der Verkündigung eines Dogmas keinen Irrtum verkündet und daß dort, wo der Papst ist, die Katholische Kirche ist“. Eine etwas seltsame gedankliche Verknüpfung, die ebenfalls lefebvristischen Ursprungs sein dürfte. Im Klartext heißt das aber: Der Papst ist „nur“ dann ein Garant des wahren Glaubens, wenn er ein Dogma verkündet (wir erinnern nochmals daran, nach „Kardinal“ Müller, seinerseits der Garant für den wahren Glauben, gibt es deren insgesamt nicht mehr als drei!) – also, wenn auch der Papst bisher nur dreimal unfehlbar war und somit in allen anderen Entscheidungen uns lehrmäßig in die Pfanne hauen kann, so weiß ich dennoch: dort, wo der Papst ist, ist auch die Kirche. Sehr beruhigend, möchte man in einem nicht mehr zu unterdrückenden Sarkasmus sagen: Da ist es ja ganz einfach, katholisch zu sein. Es kommt überhaupt nicht darauf an, was ich glaube, ich muß nur einer weißen Soutane hinterherrennen – aber nein, o Schreck, selbst das ist inzwischen nicht mehr so einfach, denn zur Zeit laufen ja zwei Männer in Rom in weißen Soutanen herum. Was für eine verwirrende Gemeinheit! Kann denn nicht wenigstens der „Papa emeritus“ seine weiße Soutane ausziehen, damit man sich wenigstens hierbei wieder auskennt?

Trotz alledem meint der Schreiber, uns mit dem hl. Matthäus beruhigen zu können, denn es steht ja geschrieben‚ „die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“. Wobei man doch auch hierbei wieder nicht ganz vergessen darf, daß der Teufel der Kirche durchaus schweren Schaden zufügen kann. Dennoch dürfen wir uns wenigstens mit dem Gedanken trösten: Er wird sie aber nicht zerstören, nein, das wird er dann doch nicht. Solche Erwägungen mögen nun zwar für unseren Schreiber recht beruhigend sein – aber durchaus nicht für einen Katholiken. Der wird sich spätestens jetzt fragen müssen, woran er sich denn dann überhaupt mit seinem Glauben noch orientieren kann und soll? Jetzt, wo der „Papst“ auch noch den letzten Garanten des wahren Glaubens aus dem Amt entfernt hat? Eine echt dumme Situation, oder etwa nicht?

Aber nicht verzagen, ihr armen Katholiken, wir haben ja noch unseren genialen Denker, der immerhin bei den Petrusbrüdern Theologie studiert hat. Er befürchtet zunächst einmal: „Muß man davon ausgehen daß er die Lehre der Katholischen Kirche, die in der Enzyklika ‚Veritatis Splendor‘ dargelegt ist, nicht vertreten will?“ Mit „er“ meint der Schreiber tatsächlich seinen Papst! Er, der Schreiber, muß sich also ernsthaft fragen, ob er, sein Papst nämlich, sich noch an die überlieferte Glaubens- und Sittenlehre gebunden weiß, weil er nämlich dem „Kardinal“ Müller keine Antwort auf seine Fragen bezüglich der rechten Sittenlehre in dem Schreiben über Familie und Liebe, „Amoris laetitia“, gegeben hat. Was ja nun wirklich eine bodenlose Gemeinheit ist, wo doch der Herr Kardinal und nicht der Herr Papst der Garant der Wahrheit ist – oder war das doch etwas anders? Mag es sein, wie immer: „Die Schroffheit, mit der Papst Franziskus Kardinal Müller abgesetzt hat, verletzt nicht nur die lehramtstreuen Katholiken…“ Was für eine Lieblosigkeit des Herrn in der weißen Soutane, durch diese hinterhältige Art der Absetzung von „Kardinal“ Müller werden die „lehramtstreuen Katholiken“ zutiefst verletzt. Haben wir richtig gelesen: Lehramtstreue Katholiken? Gibt es denn auch Katholiken, die nicht lehramtstreu sind? Etwa weil sie dem Herrn Müller mehr trauen als ihrem Papst, der doch allein das oberste Lehramt der Kirche innehat?

Wie wir sehen, hat es unser Schreiber nicht besonders mit der Stringenz der Gedanken, er springt gerne von einem zum andern. Dazu nochmals eine Kostprobe: „Die ‚katholischen‘ Ansprachen des Papstes könnte man für eine typisch jesuitische Doppelbödigkeit halten. Die Absetzung von Kardinal Müller hat viel weitreichendere Konsequenzen für die Glaubenslehre als einzelne Ansprachen des Papstes. Und wenn der Papst wollte, daß die katholische Glaubenslehre klar nach außen vertreten würde, dann hätte er ihn nicht abgesetzt.“

Das ist schon eine äußerst überzeugende Beweisführung, das ist nun wahrhaft katholisches Gedankengut: Vom doppelbödigen Papst über einen Kardinal, dessen Absetzung mehr Konsequenzen hat für Glaubenslehre als die Ansprachen des Papstes, weil nämlich Bergoglio den Müller nicht einfach absetzen darf, diesen Müller, den letzten Halt für die „lehramtstreuen Katholiken“. Eine bodenlose Frechheit ist das, jawohl! Das lassen wir „lehramtstreuen Katholiken“ uns nicht gefallen! „Wenn Gottes Gebote, wenn das Glaubensgut der Katholischen Kirche oder das Heil der Seelen auf dem Spiel stehen, dann muß ich mich irgendwann von diesem distanzieren und in Opposition zu ihm gehen.“

Jetzt sind wir bei dem richtigen Tradi-Stichwort: „Opposition“ der Katholiken – dem eigenen Papst gegenüber! Kaum ausgesprochen, wird es selbst unserem Müllersympathisanten etwas mulmig zumute, so möchte man wenigstens meinen. Aber nein, das ficht einen richtigen Traditionalisten mit Ausbildung im Petrusseminar in Wigratzbad nicht an, wie zu vermuten ist. Man ist direkt schon gespannt auf die möglichst geniale Lösung, oder nicht?

Die Lösung hört sich so an: „Wie soll man sich als Gläubiger in einer solchen Situation der ‚Verwirrung‘, wie die Autoren der ‚Dubia‘ (dt. Zweifel; Eingabe von Fragen an die zuständige Stelle im Vatikan) zurecht festhalten, verhalten? Es gilt an Zeiten zu erinnern, in denen große Teile der Kirche Irrlehren angehangen sind. Während der Wirren des Arianismus, der die Gottheit Jesu Christi leugnete, war der größere Teil des Klerus dem Irrtum verfallen. Papst Liberius erklärte den heiligen Athanasius als nicht mehr der Gemeinschaft der Kirche zugehörig, weil dieser die Gottheit Christi verteidigte.“

Es scheint kaum zu fassen! Der Wahnsinn stirbt einfach nicht aus, und einmal in die Welt gesetzte „Fake News“ sprossen der Hydra gleich stets doppelt so viele neue Häupter hervor, wenn man meint, eines abgeschlagen zu haben. Ob Petrus oder Pius oder sonst irgendwelche Tradis, immer wieder Papst Liberius – oder auch Honorius oder Vigilius... Wir möchten hier nicht eigens auf dieses Thema zurückkommen, wen es interessiert, der kann in unseren früheren Beiträgen dazu nachlesen ….

Solche gedankliche Entgleisungen geschehen jeweils dann, wenn der Wunsch Vater des Gedanken wird. All diese Tradis brauchen einen häretischen Papst, damit sie ihre Irrlehren verteidigen können. Diesen häretischen Papst hat es zwar in der Kirchengeschichte niemals gegeben. Aber in den gefälschten kirchengeschichtlichen Darstellungen der Protestanten, Jansenisten, Gallikaner und Altkatholiken findet man einen solchen. Jawohl, bei den Irrlehrern gibt es genügend Päpste, die Häretiker oder auch Antichristen gewesen sein sollen und die nun für die fadenscheinige „Beweisführung“ irrgläubiger Traditionalisten herhalten müssen. Man muß nur noch diese Irrlehren der Irrlehrer heranziehen, um die eigenen Irrlehren weiter vertreten zu können – mit bestem Wissen und Gewissen, so scheint es jedenfalls. Wenn es um die eigene Ideologie geht, ist diesen Leuten jeder Irrsinn recht.

Wobei diese Zusammenfassung sich wohl kaum noch übertreffen läßt: „Papst Liberius erklärte den heiligen Athanasius als nicht mehr der Gemeinschaft der Kirche zugehörig, weil dieser die Gottheit Christi verteidigte.“ Der arme Mann bildet sich tatsächlich ein, Papst Liberius habe den heiligen Athanasius exkommuniziert, und zwar weil „dieser die Gottheit Christi verteidigte“! So pointiert falsch liest man diesen Unsinn selten. Die „Gläubigen“, an die das Schreiben gerichtet ist, können einem wahrlich leid tun, denn, wenn sie den Glauben nicht schon lange aufgrund der Modernismuswirren verloren haben, ist zu befürchten, daß sie nach der Lektüre dieses Blättchens nicht nur den Glauben, sondern auch noch den letzten Rest ihres gesundem Menschenverstandes verlieren.

Der ehemalige Petrusmann meint sodann abschließend allen Ernstes: „Der Glaube hat nur überlebt, weil die einfachen Gläubigen ihm treu geblieben sind. Geduldiges treues Festhalten am Glauben und an der Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche sind zwei entscheidende Pfeiler, mit denen man das Heil erreichen wird. Unterscheiden von Amt und Person sind ein weiterer wichtiger Punkt. Nur wenn die Amtsträger ihre Aufgabe gut erfüllen, darf man tun, was sie verlangen. Der Amtsträger verliert sein Amt nicht, wenn er es schlecht verwaltet.“

Wir fragen uns, warum hat Christus überhaupt Seine Kirche auf Petrus gegründet, warum hat Er ihm und seinen Nachfolgern überhaupt das Charisma der Unfehlbarkeit verliehen, wenn doch sowieso der „Glaube nur überlebt“ hat, „weil die einfachen Gläubigen ihm treu geblieben sind“. Und nochmals, wenn auch die Amtsträger noch so schlecht und verkehrt sind und alle möglichen oder auch unmöglichen Irrlehren verbreiten, sie verlieren dennoch niemals ihr Amt. Der arme Katholik muß sich also auch ganz geduldig von Wölfen leiten lassen und sich sodann genauso geduldig ständig einbilden, das würde seinem Glauben gar nicht schaden, weil er doch selbst viel besser weiß als die Herren Amtsträger zusammen mit ihrem „Papst“, was katholisch ist. Nur der Herr Müller würde da eine Ausnahme machen, denn der ist von den Guten. Aber leider hat „Papst“ Franziskus ihn unfairerweise, gemeinerweise oder auch einfach nur dummerweise in die Wüste geschickt, wobei er noch nicht einmal weiß, der Arme, wo seine Wüste nun sein wird. Aber das wird er schon überleben, bei der Pension, die ihm sicherlich nach seinen treuen Diensten (v.a. als Professor) gebührt bzw. seinem Ruhestandsgehalt als Alt-Bischof von Regensburg.

Da nun „Papst“ Franziskus offensichtlich beschlossen hat, die Herren im Vatikan turnusgemäß nach fünf Jahren auszutauschen, muß er sich wohl auch überlegen, welche Pensionsansprüche nach diesen fünf Jahren entstehen, denn sonst wird diese Regelung ganz schön teuer werden. Da könnte er sicherlich, würde er die Amtsperiode nochmals verlängern, ohne Probleme mit der Zeit jedes Jahr einen nagelneuen Rolls-Royce anschaffen. Der würde dann auch zu dieser so ganz besonderen Art von Armut des Herrn Bergolio, die in der Tat recht teuer kommt, ausgezeichnet passen.

Kehren wir abschließend nochmal zu Herrn „Kardinal“ Müller zurück. Am Juli 2017 war in ZEIT ONLINE zu lesen: „Der Theologe Wolfgang Beinert sagte, das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Müller sei von Anfang an nie sehr innig gewesen. ‚Das sind von der Chemie her zwei verschiedene Leute, die von Natur aus nicht zusammenpassen.‘ Eine Ablösung Müllers als Chef der Glaubenskongregation im Vatikan sei eine ‚Strafe‘. ‚Das ist eine Entlassung ins Nichts‘, sagte der ehemalige Hochschulprofessor der Deutschen Presse-Agentur. ‚Wo wollen Sie so einen Mann hintun?‘ Es gebe keine adäquate Lösung.“

Das ist nun wirklich ein Dilemma: „Wo wollen Sie so einen Mann hintun?“ Einen Mann, der besser weiß als sein peinlich fehlbarer Papst, was katholisch ist. Ein Mann, der zudem offensichtlich keinen Rückwärtsgang hat, wenn es darauf ankommt – übrigens genauso wie sein Kontrahent Bergoglio. Da ist es nicht verwunderlich, daß die Chemie zwischen den beiden nicht stimmte und Bergoglio es vorzog, den Fünfjahresvertrag seines obersten Glaubenshüters nicht zu verlängern.

Uns scheint das Ganze aber gar nicht so schwierig zu sein. Wir machen den Neurömern folgenden Vorschlag: Sie sollen ihn, den Kardinal Müller, einfach ebenfalls zum „Papst“ machen und ihr Papstkollegium zum Triumvirat erweitern. Mal sehen, wer sich dann durchsetzt – und ob „Papst“ Müller seine drei Dogmen vor „Papst“ Franziskus retten kann. Das würde sicher ganz schön spannend werden. Der emeritierte „Papst“ Benedikt kann derweilen sein „Amt des Betens“ ausüben, damit sich die beiden sodann nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen. Damit hat jeder der drei eine sinnvolle Beschäftigung.

Bei all diesen Erwägungen beginnt man sich aber doch allmählich zu fragen, warum unser ehemaliger Petrusmann sich gar so ereifert hat wegen des Schreibens des Herrn Bergoglio. Denn unfehlbare Lehre kann sie doch niemals enthalten haben, jedenfalls nach Kardinal Müllers Ansicht. Da muß man doch etwas großzügiger sein mit der Frage nach der Tradition, oder etwa nicht? Hat nicht jeder seine eigene Tradition und ist die Tradition in der Menschenmachwerkskirche nicht ganz schön lebendig und gerade deswegen auch ziemlich kurzlebig? Und damit natürlich auch die Ansichten des Herrn Bergoglio genauso wie des Herrn Müller. Da braucht es einfach nur Geduld, denn man muß nur auf den Nachfolger warten. Wobei aber, wenn man ganz nüchtern und ehrlich ist, dann wiederum keiner weiß, was der dann für eine Tradition hat. Aber das gehört doch eigentlich zum Wesen des Modernismus.

Eines kann man jedenfalls aus unserer Satire ganz sicher lernen: Wer die Menschenmachwerkskirche allzu ernst nimmt, weil er sie irrtümlicherweise mit der Kirche Jesu Christi verwechselt, der landet irgendwann im Wahnsinn – und jammert darüber, weil nun der Lotse das gesunkene Schiff verlassen hat. Was für ein Unheil für das gesunkene Schiff, die Besatzung und den Lotsen!