Nachtrag zum Sankt Michaelsgebet Leos XIII.

Ein aufmerksamer Leser, dem wir herzlich danken, hat uns darauf hingewiesen, daß das St. Michaelsgebet nicht erst 1934, wie in unserem ursprünglichen Beitrag angegeben (Die Vision Papst Leos XIII.), sondern schon früher gekürzt wurde. Bei unseren Nachforschungen erwiesen sich nun all jene Angaben als fehlerhaft, die sich auf die sog. „Leoninischen Gebete“ nach der Hl. Messe bezogen, denn wir stellen fest, in allen Schott-Ausgaben seit 1888 sind diese Gebete in der uns heute noch gängigen Form abgedruckt. D.h. also, die Veränderungen bezüglich des St. Michaelsgebet betreffen nur den kleinen Exorzismus, den Leo XIII. ins Rituale aufgenommen hat. Man sieht einmal wieder, wie sehr man aufpassen muß, daß man nicht selbst – schwuppdiwupp! – zum Fußnotentheologen wird – und wie wenig gründlich vielerorts gearbeitet wird. Aber leider hat man die Quellen nicht immer zur Hand, weshalb man sich zuweilen doch wieder auf die Vorarbeit anderer stützen muß.

Hier also der notwendig gewordene Nachtrag zu unseren Ausführungen. Dieser gibt uns aber die Gelegenheit, das Thema nochmals etwas vertieft darzulegen – das eigentliche Thema aber ist der Exorzismus. Wie wir gesehen haben, wurde dem Heiligen Vater, Papst Leo XIII. durch eine Vision gezeigt, daß Satan zum Generalangriff gegen die Kirche Jesu Christi überzugehen plant. Sein Ziel ist die Zerstörung der katholischen Kirche. Mit Hilfe seiner ihm ergebenen Diener möchte der Teufel seinen Plan in die Wirklichkeit umsetzen und innerhalb von 100 Jahren sein Ziel erreichen.

Man kann sich nun fragen: Was würden wir angesichts solcher übernatürlicher Enthüllungen denken – und vor allem tun? Nun, ein moderner „Katholik“ würde wohl Diskussionsrunden bilden, Arbeitskreise ins Leben rufen, Meditationsimpulse verbreiten und neue liturgische Spiele anregen, in denen das Thema möglichst gekonnt überspielt wird – insofern er überhaupt noch glaubt, daß Leo XIII. eine solche Vision gehabt haben kann, weil es doch gar keinen Teufel gibt, sondern nur das Böse – und das ist im Menschen selbst.

Was aber macht der äußerst gelehrte, fromme und glaubensfeste Papst? Er formuliert in einer schlaflosen Nacht Gebete, die nach jeder stillen Hl. Messe von allen Priestern auf dem katholischen Erdkreis gebetet werden sollen! Mit anderen Worten: Leo XIII. vertraut auf die Macht des Gebetes, oder noch etwas genauer ausgedrückt: Er vertraut auf die besondere Macht des Gebetes der Kirche unmittelbar im Anschluß an das heilige Meßopfer, im Anschluß an die unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers Jesu Christi auf den Altären des Neuen Bundes.

Aber auch damit ist immer noch nicht umfassend genug zum Ausdruck gebracht, was der Papst mit der Einführung dieser Gebete beabsichtigte. Es ist heute durchaus notwendig, dieser Absicht bis auf den Grund nachzuspüren, um nicht zu kurz zu schließen. Der Schlüssel zum Verständnis ist folgender Gedanke: Die Kirche Jesu Christi steht immer, also wirklich zu jeder Zeit, im Kampf gegen Satan. Dieser Kampf ist zwar nicht immer gleich heftig, aber dennoch ununterbrochen. Darum war es auch eine ständige Aufgabe der heiligen Kirche, den Teufel auszutreiben. Diese Aufgabe geht auf den göttlichen Gründer selbst zurück. Bei der Aussendung der zwölf Apostel heißt es nämlich ausdrücklich: „Geht nicht zu den Heiden, und betretet keine Stadt der Samariter. Geht vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Geht hin und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt die Kranken, weckt die Toten auf, macht die Aussätzigen rein, treibt Dämonen aus! - Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben“ (Mt. 10, 5-8).

Und gleichfalls beim allgemeinen Missionsbefehl unmittelbar vor der Himmelfahrt: „Dann sagte er zu ihnen: ‚Geht hin in alle Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. Folgende Zeichen werden denen, die geglaubt haben, folgen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben, in neuen Sprachen reden, Schlangen aufheben, und wenn sie etwas Todbringendes trinken, wird es ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden gesund werden‘“ (Mk. 16, 15-18).

Hier wird sogar unter den Zeichen, die den Jüngern Jesu Christi folgen werden, als erstes genannt: „In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben“! Im Leben Jesu wird auch jedem, der es sehen will, direkt vor Augen geführt, wie viele Besessene es damals in Israel gab und wie vielfältig die Zeichen einer Besessenheit sein können. Denken wir etwa an den Besessenen von Gerasa, von dem berichtet wird: „Schon lange Zeit trug er keine Kleider mehr und hielt sich nicht in einem Haus auf, sondern in Grabhöhlen. Als er Jesus erblickte, warf er sich schreiend vor ihm nieder und rief mit lauter Stimme: ‚Was habe ich mit dir zu tun, Jesus, Sohn Gottes, des Allerhöchsten? Ich bitte dich, quäle mich nicht‘“ (Lk. 8,27-29). Und weiter: „Jesus fragte ihn: ‚Wie heißt du?‘ Er sagte: ‚Legion.‘ Denn viele Dämonen waren in ihn gefahren“ (Lk. 8,30). Und schließlich „…fuhren die Dämonen von dem Menschen aus und fuhren in die Schweine. Und die Herde stürzte sich den Abhang hinab in den See und ertrank“ (Lk. 8,33).

Hiermit wird jedem, der noch Glauben hat, gezeigt, daß es einen Widersacher gibt. Es gibt gefallene Engel, Dämonen oder Teufel genannt, die den Menschen versuchen, bedrängen, belästigen oder zuweilen selbst auch in anderer Weise erheblich schaden können, denken wir nur an den Dulder Job.

Damit wir das Besondere unserer jetzigen Lage richtig verstehen können, ist es notwendig, einen kurzen Blick in die Geheime Offenbarung des hl. Apostels Johannes zu werfen. Wenn man das Michaelsgebet Papst Leos XIII. aufmerksam liest, denkt man unmittelbar an folgende Stellen des letzten Buches des Heiligen Schrift. Im Kapitel 12 wird ganz eindrücklich der Sieg des hl. Erzengels Michael über den höllischen Drachen beschrieben:

„Da brach im Himmel Krieg aus. Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen. Und der Drache und seine Engel führten Krieg, vermochten aber nicht standzuhalten; sie wurden aus dem Himmel vertrieben. Und gestürzt wurde der große Drache - die alte Schlange, genannt Teufel und Satan -, der die ganze Welt verführt. Er wurde auf die Erde geworfen und mit ihm seine Engel.
Und ich hörte eine laute Stimme im Himmel rufen: ‚Jetzt ist gekommen das Heil, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten, weil gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, der sie Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte. Sie haben ihn besiegt kraft des Blutes des Lammes und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht als das höchste Gut angesehen. Darum freut euch, ihr Himmel und ihr, die in ihm wohnt! Doch wehe der Erde und dem Meer! Denn der Teufel ist zu euch mit großem Zorn hinabgestiegen, weil er weiß, wie wenig Zeit ihm verbleibt.‘“
(Offb. 12, 7-12)

Es ist einem doch ein wenig unheimlich zu mute, wenn man diesen großen Zorn bedenkt, mit dem der Teufel auf unsere Menschenerde herabgestiegen ist. Ja, „wehe der Erde und dem Meer“! Denn welch große Macht besitzt dieser ehemalige Lichtengel auch noch nach seinem Fall? Wir können uns wirklich nur eine sehr vage Vorstellung davon machen, was der Teufel alles vermag.

Zu diesem Bericht – die Geheime Offenbarung ist zwar ein Buch mit sieben Siegeln und nur das Lamm ist fähig, die Siegel zu lösen, was aber nicht heißt, daß in den Geheimnissen des Buches nicht auch Wahres und Wirkliches berichtet wird – ist noch ein zweiter in Erwägung zu ziehen, damit wir das Vorgehen des Papstes Leo nach seiner Vision entsprechend deuten können. Im Kapitel 20 lesen wir über die Fesselung Satans Folgendes: „Und ich sah einen Engel vom Himmel niedersteigen, der den Schlüssel zum Abgrund und eine große Kette in seiner Hand hielt. Er packte den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel, der Satan ist, fesselte ihn auf tausend Jahre und warf ihn in den Abgrund. Dann verschloß er ihn und legte ein Siegel darauf. Nicht mehr sollte jener die Völker verführen, bis die tausend Jahre zu Ende wären. Danach muß er für kurze Zeit losgelassen werden“ (Offb 20, 1-3).

Es geht uns hier nicht darum zu diskutieren, was es nun genau um das tausendjährige Reich der Apokalypse auf sich hat, sondern darum, darauf hinzuweisen, daß die Macht Satans nicht immer gleich ist, sondern durch die göttliche Vorsehung gelenkt wird. Mit anderen Worten heißt das: Einerseits kann der Oberste der Teufel nicht einfach tun, was er will, auch er ist an den Willen Gottes gebunden, anderseits hat aber Luzifer Fähigkeiten, die alle anderen Teufel übertreffen. Sobald er aus der Hölle heraus darf – was letztlich nur ein bildlicher Ausdruck ist, denn die Teufel sind alle in der Hölle, aber dennoch in unserer Welt tätig – sobald sein Handlungsspielraum nicht mehr eingeschränkt ist, dann „wehe der Erde und dem Meer“, wehe uns Menschen und unserer Welt!

Nun wissen wir aber durch die Große Botschaft von La Salette: „Im Jahre 1864 wird Luzifer mit einer großen Menge von Teufeln aus der Hölle losgelassen. Sie werden den Glauben allmählich auslöschen, selbst in Menschen, die Gott geweiht sind.“ Als Leo XIII. seine Vision hatte, war also der Teufel bereits losgelassen, er war schon 20 Jahre losgelassen, sonst hätte er durchaus in der Vision nicht mit solch erstaunlicher Handlungsfreiheit vor Unseren Herrn Jesus Christus treten und ziemlich dreist behaupten können: „Ich kann Deine Kirche zerstören.“ So gesehen bestätigt die Vision des Papstes ihrerseits die Botschaft von La Salette und ruft uns in Erinnerung, daß der Teufel nun schon recht lange losgelassen ist und „mit großem Zorn“ ans Werk geht, seine teuflische Arbeit mit ebenso großem Fleiß zu erledigen.

Was ist also zu tun? Das fragt sich Papst Leo in einer schlaflosen Nacht. Und welche Antwort gibt er auf diese Frage? Er gibt den Befehl, täglich nach der hl. Messe einen kleinen Exorzismus zu beten, in dem er Gott anfleht „auf die Fürsprache der glorreichen und makellosen Jungfrau und Gottesmutter Maria, ihres Bräutigams, des hl. Joseph, Deiner heiligen Apostel Petrus und Paulus und aller Heiligen“ hin, in Seiner „Barmherzigkeit und Güte die Gebete“ zu erhören, „die wir für die Bekehrung der Sünder, für die Freiheit und Erhöhung unserer heiligen Mutter, der Kirche, Dir darbringen“. Hierauf wird noch ganz besonders der himmlische Heerführer, der hl. Erzengel Michael, angefleht: „Heiliger Erzengel Michael, schirme uns im Streite. Gegen die Bosheit und Arglist des Teufels sei unser Schutz. Gott gebiete ihm, so bitten wir flehentlich; du aber, Führer der himmlischen Heerscharen, stürze den Satan und die andern bösen Geister, die zum Verderben der Seelen die Welt durchschweifen, in der Kraft Gottes hinab in die Hölle.“

Sogleich nach dem heiligen Meßopfer, welches der grundlegende, dauernde, notwendige, alle Gnaden erst ermöglichende Exorzismus der Kirche Jesu Christi ist, wendet sich der Priester nochmals Gott zu und fleht dabei ganz besonders um den Schutz und die Hilfe der Gottesmutter. Dementsprechend stellt Dom Prosper Guéranger in seiner Meßerklärung fest: „Die heilige Kirche beruft alle ihre Glieder zur Teilnahme an dem großen Opfer; und wenn es möglich wäre, daß das Meßopfer einmal zu Ende ginge, daß es der Flamme gleich, die keine Nahrung mehr findet, erlösche, dann würden wir sofort aufs Neue in jenen unwürdigen Zustand zurücksinken, in welchem sich die mit dem Götzendienst befleckten Völker befanden. Darauf wird auch das Streben des Antichrist gerichtet sein. Er wird alle Mittel anwenden, um die Darbringung des heiligen Meßopfers zu verhindern, damit dies mächtige Gegengewicht gegen seine Herrschaft in Wegfall komme, und Gott die Schöpfung vernichte; denn es ist dann kein Grund mehr vorhanden, dieselbe bestehen zu lassen“ (Dom Prosper Guéranger, Die Heilige Messe, Sarto-Verlag 2004, S. 79).

Nimmt man diese Einsicht zu den schon gewonnen Erkenntnissen hinzu, so hat man den Eindruck, Leo XIII. wollte mit seinen Gebeten nach der Hl. Messe das heilige Meßopfer nochmals exorzistisch in Schutz nehmen, es sozusagen mit einer weiteren Wehrmauer umgeben und es so vor der Zerstörung durch Satan bewahren. Um diesen exorzistischen Schutz nochmals auszuweiten und zu verstärken, hat derselbe Papst auch noch den sogenannten „kleinen Exorzismus“ verfaßt, in dem ebenfalls jenes Michaelsgebet gebetet wird, in dem er, wie wir schon gehört haben, in größter oberhirtlicher Sorge zu Ausdruck bringt: „Die überaus durchtriebenen Feinde erfüllen die Kirche, die Braut des unbefleckten Lammes, mit Galle und Bitterkeit und berauschen sie mit Wermut. Ihre frevlerischen Hände haben sie an die heiligsten Schätze gelegt. Selbst am heiligen Ort, wo der Sitz des heiligen Petrus und der Lehrstuhl der Wahrheit zur Erleuchtung der Völker errichtet ist, haben sie den Thron ihrer abscheulichen Gottlosigkeit aufgestellt, voller Heimtücke, damit, nachdem der Hirt geschlagen ist, sie auch die Herde zerstreuen können.“

Nach seiner Vision vom 13. Oktober 1884 sah also der Papst ohne Zweifel einen großen und äußerst drängenden Handlungsbedarf. Die Gebete nach der Hl. Messe allein schienen ihm noch nicht auszureichen, den Angriffen des höllischen Feindes entgegenzutreten, zusätzlich sollte von den Pfarrern täglich der „kleine Exorzismus“ gebetet werden, damit der Pfarrer als vom Bischof und damit von Gott legitimierte Autorität alle, die zu seiner Pfarrei gehörten, besonders vor den Angriffen der Dämonen schütze. Leider ist diesem Wunsch des Papstes kaum entsprochen worden, im Gegenteil. Der immer mehr um sich greifende Rationalismus führte selbst bei vielen „Katholiken“ dazu, die Existenz des Teufels zu leugnen.

Durch den Hinweis eines unserer Leser wurden wir, wie schon kurz erwähnt, darauf aufmerksam gemacht, daß das ursprüngliche Michaelsgebet (der „kleine Exorzismus“) nicht erst 1934 (Papst Pius XI. widmete damals allerdings die leoninischen Gebete dahingehend um, „dass das leidende Volk Russlands wieder Ruhe und Frieden finde, um den Glauben zu verkünden“; das war wohl seine Art, auf Fatima zu reagieren, statt die Weihe Rußlands durchzuführen, wie es von ihm gefordert war), sondern schon viel früher gekürzt wurde. Bereits 1902, also noch vor dem Tod Leos XIII., wurde es durch eine gekürzte Version ersetzt! Der Grund dafür war offenbar folgender: 1902 kam es zu einer Annäherung des Vatikans mit dem italienischen König. Da man aber die Stelle des Michaelsgebetes von den „gerissenen Feinden“, die den „Thron des grauenvollen Frevels aufgestellt“ haben, auch (bzw. irrtümlich muß man wohl sagen) auf den italienischen König, der im Quirinal seinen Thron aufgestellt hatte, bezogen hat, stand dieser Passus der Diplomatie sozusagen im Wege, weshalb man ihn gestrichen und das Michaelsgebet gekürzt hat.

Hierzu noch eine interessante Kurzbeschreibung Kardinal Rampollas aus dem universal-lexikon.deacademic.com, die die Beteiligung Rampollas an dieser Kürzung untermauern: „Mariano, Marchese del Tindaro, italienisch katholischer Theologe, * Polizzi (Provinz Palermo) 17. 8. 1843, + Rom 16. 12. 1913; wurde 1887 Kardinalstaatssekretär. Rampolla war maßgeblich an der Außenpolitik Leos XIII., insbesondere an seiner Hinwendung zu Italien und Frankreich (Ralliement) beteiligt. Er war zunächst Favorit für die Nachfolge Leos XIII.; seine distanzierte Haltung gegenüber den Dreibundmächten führte jedoch 1903 zum österreichischen Veto gegen ihn und zur Wahl Pius' X.“

Da Rampolla offensichtlich an der „Außenpolitik Leos XIII., insbesondere an seiner Hinwendung zu Italien und Frankreich (Ralliement) beteiligt“ war, ist es auch naheliegend, daß er das „diplomatische Hindernis“ im Michaelsgebet beseitigen ließ, bzw. Leo XIII. davon überzeugte, daß dies notwendig sei. Übrigens stand zu dieser Zeit Rampolla auf dem Zenit seiner Macht in Vatikan, was sich, wie wir schon gezeigt haben, ein Jahr später beim Konklave nach dem Tod des Papstes zeigte.

Jedenfalls findet sich in der „Collectio Rituum in usum cleri dioecesis basileensis ex venia approbatione Apostilicae sedis ad instar Appendicis Ritualis Romani jussu et auctoritate illustrissimi et reverendissimi D.D. Leonardi, episcopi Basileensis et Luganensis edita Solodori in cancelleria episcopali. MDCCCXCVI. Ratisbonae. Ex officina Fr. Pustet“ mit der Approbation der Ritenkongregation vom 12.8.1895 sowie der Authentifizierung seitens derselben Kongregation vom 28.9.1896 das unverkürzte Michaelsgebet auf Seite 371, wohingegen es im Rituale Romanum (editio octava), Regensburg 1906, appendix 193* schon gekürzt ist. Leider war es uns noch nicht möglich, Rituale aus der Zeit dazwischen ausfindig zu machen, so daß wir nicht bestätigen können, wann genau die Änderung stattfand. Das Jahr 1902 scheint aber eher bestätigt.

Jedenfalls muß man in der heute gegebenen geschichtlichen Distanz des ganzen Geschehens und dem daraus möglichen Hintergrundwissen, wohl sagen, daß der Freimaurer Rampolla, schon 18 Jahre nach der Einführung der leoninischen Gebete versuchte, diesen die geistige Speerspitze zu rauben – und damit seinen Weg zum Stuhl Petri frei zu machen! Denn anders als die modernen Pseudokatholiken glauben die Feinde der Kirche noch an die Macht des Gebetes und wissen, worauf es ankommt.

Sobald man nur einigermaßen ernsthaft den weiteren Verlauf der Geschichte erwägt, befällt einen ein starkes Gefühl der Beklemmung darüber, wie souverän es inzwischen dem Teufel gelingt, seine Pläne zu verwirklichen! Natürlich bleibt es nicht allein beim Angriff auf den kleinen Exorzismus, schon ab Mitte der 1940er Jahre sitzt ein Freimaurer im Vatikan, um endlich auch die liturgischen Angelegenheiten im Sinne des Teufels in Angriff zu nehmen. Es beginnt der Sturm gegen das heilige Meßopfer, der ebenfalls mit einem Sieg enden wird, denn mit der Instruktion „Inter Oecumenici“ vom 26. September 1964 werden nicht nur die leoninischen Gebete beseitigt, es wird mit dem Inkrafttreten der Instruktion am 7. März 1965 der Weg zur sog. Neuen Messe Pauls VI. freigemacht, in der schließlich das makellose Opfer des Gotteslammes, das im Opfer Abels vorgebildet wurde, durch das Kainsopfer ersetzt wurde, in dem anstatt des makellosen Lammes Gottes „die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit“, sowie „die Frucht des Weinstocks und der menschlichen Arbeit“ (welchem Gott wohl?) dargebracht werden.

All das ist beinahe unbemerkt von der großen Mehrheit der „Katholiken“ geschehen – und auch der Hirten, die alles mitgemacht haben. Womit sich bewahrheitet hat, was die weinende Gottesmutter von La Salette prophezeite: „Die Häupter, die Führer des Gottesvolkes, haben das Gebet und die Buße vernachlässigt, und der Dämon hat ihren Verstand verdunkelt; sie sind irrende Sterne geworden, die der alte Teufel mit seinem Schweife nach sich zieht, um sie zu verderben.“ Darum fällt es auch inzwischen dem Teufel so leicht, die große Masse zu täuschen, denn: „Er hat sich in einen Engel des Lichtes verwandelt und schweift mit der ganzen Schar der bösen Geister umher, um des ganzen Erdkreises sich zu bemächtigen und den Namen Gottes und seines Gesalbten daraus zu vertilgen; um zu rauben, zu morden, in das ewige Verderben zu stürzen die Seelen, welche zur Krone der ewigen Herrlichkeit bestimmt sind.“

Ist es nicht genial, der Teufel braucht nur eine weiße Soutane anzuziehen – und fast alle halten ihn für den Papst der römisch katholischen Kirche? Selbst wenn, wie zur Zeit in Rom, zwei Männer mit einer weißen Soutane herumlaufen, denken die meisten Leute, jetzt haben wir zwei Päpste, einen mit dem Amt des Betens und einen mit dem Amt der Verwirrens. Dazu nochmals die weinende Gottesmutter von La Salette: „Sie werden sie in einer Weise blind machen, daß diese Menschen, falls sie nicht eine besondere Gnade empfangen, den Geist dieser bösen Engel annehmen werden.“ Mit „Sie“ sind die „Menschen, die Gott geweiht sind“, gemeint, in denen der aus der Hölle losgelassene Luzifer den Glauben allmählich auslöschen wird, wie wir schon gehört haben. Also sind sicherlich damit auch die zwei Herren in Weiß gemeint, die zur Zeit in Rom residieren und sich „Päpste“ nennen, der eine „papa emeritus“, der andere meist scheinbar bescheiden „Bischof von Rom“, obwohl sie es natürlich nicht sind.

Wie wir gehört haben, hat Gott dem Teufel geantwortet: „Du bekommst diese Zeit, und diese Macht.“ Und was ist in diesem Jahrhundert, das inzwischen vorüber ist, nicht alles geschehen! Die großen Geister haben es erahnt, was geschehen würde, wenn auch noch das heilige Meßopfer verschwinden würde. Dazu nochmals Dom Prosper Guéranger: „Wir erfahren diese Tatsache seit dem Bestehen des Protestantismus, der die Messe abgeschafft hat. Seit dieser Zeit hat die Kraft im Schoß der Gesellschaften eine bedeutende Abnahme erlitten. Ein gesellschaftlicher Kampf hat sich erhoben, der trostlose Zustände im Gefolge hat, und dessen letzte Wurzel darin zu suchen ist, daß das heilige Meßopfer nicht mehr in der gleichen Ausdehnung dargebracht wird. Das ist der Anfang dessen, was geschehen wird, wenn der über die Erde entfesselte Teufel und seine Anhänger Verwirrung und Trostlosigkeit verbreiten; wie dies Daniel vorherverkündigt hat. Er wird die Weihen verhindern, die Priester aussterben lassen, und so der Darbringung des großen Opfers immer engere Grenzen ziehen. Dann aber kommen die Tage des Unglücks“ (Ebd.).

Nachdem der tägliche Exorzismus durch die List des Teufels in sich zusammengebrochen ist – das heilige Meßopfer wurde zerstört und die Weihen durch die neuen Riten ungültig gemacht – brachen für alle Katholiken „die Tage des Unglücks“ an. Der Teufel triumphiert in der Welt, die nun fast ganz seine Welt ist. Nunmehr ist es eine erschreckende Tatsache, was Ernst Jünger so treffend formulierte: „Die verwaisten Altäre sind von Dämonen bewohnt.“ Damit offenbart sich immer deutlicher, daß die Verantwortlichen „den Geist dieser bösen Engel“ angenommen haben, sind sie doch inzwischen selbst bereit, Dämonen zu verehren, wenn sie etwa einen Roncalli oder Wojtyla als Heiligen in ihrer „Kirche“ auf den Sockel stellen. Das verwundert einen natürlich nicht, nachdem 1986 – also 102 Jahre nach der Vision des Papstes Leo XIII. – sich die Dämonen aller Religionen der Welt („Denn alle Götzen der Heiden sind Dämonen“, Ps. 95,5) auf Einladung Karol Wojtylas, alias „Johannes Paul II.“ in den Kirchen von Assisi ein Stelldichein geben durften. Seitdem ist es ein unübersehbares Faktum: Die Dämonen sind zurückgekehrt!

Dabei denkt man unwillkürlich an die ernste Mahnung unseres göttlichen Lehrmeisters im heiligen Evangelium: „Wenn ein unreiner Geist aus einem Menschen ausgefahren ist, schweift er durch die Wüste und sucht eine Ruhestätte, findet aber keine. Da denkt er: Ich will in mein Haus zurückkehren, aus dem ich ausgezogen bin. Und wenn er kommt und es leer, ausgefegt und geschmückt vorfindet, geht er hin und holt noch sieben andere Geister, die schlimmer sind als er selbst. Sie ziehen ein und lassen sich darin nieder. Und die letzten Dinge jenes Menschen werden schlimmer sein als die ersten. So wird es auch diesem bösen Geschlecht ergehen“ (Mt. 12,43-45).