1. Bergoglio hat erneut ein „Interview“ gegeben, das hohe Wellen schlug, diesmal in der französischen Zeitung „La Croix“. Das Gespräch fand statt am 9. Mai 2016 im Gästehaus Sankt Martha, wo „Papst Franziskus“ zu residieren geruht, und währte über eine Stunde, wie die Zeitung angibt. Es seien zahlreiche Themen angesprochen worden: die christlichen Wurzeln Europas, die Migranten, der Islam, die Laizität usw. Doch sehen wir selber…
2. Zunächst wird „Seine Heiligkeit“ gefragt, warum er in seinen Reden in Europa zwar stets von den „Wurzeln“ dieses Kontinents spreche, diese aber niemals als christlich definiere. Vielmehr beschreibe er die „europäische Identität“ als „dynamisch und multikulturell“. Ob aus seiner Sicht der Ausdruck „christliche Wurzeln“ für Europa nicht angebracht sei. Bergoglio antwortet: „Wir müssen von Wurzeln im Plural sprechen, weil es so viele sind. In diesem Sinn fürchte ich manchmal den Klang, wenn ich von den christlichen Wurzeln Europas reden höre, was triumphalistisch oder sogar rachsüchtig klingen kann. Es nimmt dann kolonialistische Untertöne an.“ Zwar habe Europa christliche Wurzeln und es sei die Aufgabe des Christentums, diese Wurzeln zu bewässern, aber „das muß im Geist des Dienens und des Füßewaschens geschehen“. „Wie Erich Przywara, der große Meister von Romano Guardini und Hans Urs von Balthasar uns lehrt, ist der Beitrag der Christenheit zur Kultur derjenige von Christus beim Füßewaschen. Mit anderen Worten, Dienst und das Geschenk des Lebens. Es darf kein koloniales Unternehmen sein.“
Wir können durchaus nachvollziehen, daß Bergoglio als Bürger eines lateinamerikanischen Landes gewisse Ressentiments gegenüber der „Kolonialisierung“ hegt. Als Träger des „Karlspreises“ sollte er freilich wissen, daß das, was wir heute Europa nennen, wesentlich auf dem Wirken zweier Kaiser beruht, die zurecht beide den Beinamen „der Große“ tragen, nämlich Konstantin und Karl. Beiden gemeinsam war, daß sie die Idee des römischen Reiches mit dem Christentum verbanden und auf diese Weise das „heilige römische Reich“ schufen. Namentlich Karl der Große war dabei ganz von den Ausführungen des heiligen Augustinus über den „Gottesstaat“ durchdrungen. Das Christentum war die einigende Klammer der in diesem Reich vereinten Völker, so sehr sie ihre jeweilige Eigenständigkeit, ihre Besonderheiten und Verschiedenheiten bewahrten. Das Christentum auch war es, welches alle in dieses Reich eingehenden vielfältigen Einflüsse zusammenführte und veredelte. Mag das heutige „Europa“ noch so säkularisiert sein, ohne das Christentum hätte es ein solches gar nie gegeben. Das sind historische Fakten und hat mit „Kolonialismus“ rein gar nichts zu tun.
Als Jesuit sollten Herrn Bergoglio wenigstens die Worte Christi bekannt sein: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Gehet also hin und lehret alle Völker, und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie alles halten, was Ich euch geboten habe“ (Mt 28,18ff). Natürlich kennt Bergoglio diese Worte, wie wir gleich sehen werden. Aber zumindest müßte ihm auffallen, daß Christus hier ganz etwas anderes sagt, als daß es Aufgabe der Christen sei, einen „Beitrag zur Kultur“ zu leisten im Sinne des „Füßewaschens“, mag auch Herr Przywara in Bergoglios Augen es so gemeint haben.
3. Das „Migrantenproblem“ hat seine Ursachen laut Bergoglio in den „Kriegen im Nahen Osten und in Afrika“ sowie in der „Unterentwicklung des afrikanischen Kontinents, welcher Hunger verursacht“. Hinter diesen beiden Ursachen steckten wiederum die Waffenindustrie sowie die mangelnden Investitionen, welche in Afrika Arbeitsplätze schaffen könnten. Allgemein sei also der eigentliche Grund ein falsches Weltwirtschaftssystem, welches zur „Vergötterung des Geldes“ abgesunken sei. Völlig freie Märkte würden eben nicht funktionieren, es bedürfe der staatlichen Kontrolle. Diese Beobachtungen sind zwar nicht ganz falsch, aber sicherlich stark simplifizierend und oberflächlich. Bergoglios Zuneigung für den Kommunismus ist unübersehbar. Stattdessen sollte er sich fragen, ob die Vergötzung des Geldes nicht auch etwas damit zu tun haben könnte, daß das Christentum und damit Unser Herr Jesus Christus, der wahre Gott, nicht mehr herrscht. Wo Gott nicht herrscht, herrschen eben die Götzen.
Eine Furcht vor dem Islam, wie sie „La Croix“ hinter der Scheu vor dem Eindringen der Migranten vermutet, hält Bergoglio für nicht gerechtfertigt und auch nicht vorhanden. „Heute glaube ich nicht, daß es die Furcht vor dem Islam als solchem ist, sondern vor ISIS und dessen Eroberungskrieg, welcher teilweise aus dem Islam geschöpft ist. Es ist wahr, daß die Idee der Eroberung in der Seele des Islam verankert ist. Jedoch ist es ebenso möglich, das Ziel im Matthäusevangelium, wo Jesus seine Jünger zu allen Nationen aussendet, im Sinne derselben Idee der Eroberung auszulegen.“ Bergoglio kennt also wohl den Missionsbefehl Christi. Richtig gelesen oder gar verstanden hat er ihn aber nicht, sonst käme er nie auf die absurde Idee, diesen in eine Verbindung mit dem islamischen „Dschihad“ zu bringen. Der Heiland spricht erstens als Herr und König der Welt, dem „alle Gewalt“ gegeben ist „im Himmel und auf Erden“, und zweitens schickt Er die Jünger nicht aus, Kriege zu führen und mit Waffen zu kämpfen, sondern zu predigen, zu lehren und zu taufen.
So haben es die Christen zu allen Zeiten aufgefaßt, und so haben es die Missionare stets getan. Uns ist kein Fall bekannt, wo ein christlicher Missionar geglaubt hätte, mit Maschinengewehr und Sprengstoffgürtel statt mit Brevier und Rosenkranz sei die Welt zu bekehren. Die in diesem Zusammenhang so viel beschworenen Kreuzzüge waren, bei all dem, was in ihrem Zusammenhang und Verlauf an Mißbräuchen und Entgleisungen geschehen ist, und wie immer man über sie denken mag, jedenfalls nie missionarische Unternehmen, um Andersgläubige zum Christentum zu bekehren. „Was war ein Kreuzzug?“ fragt Armin Schwibach im „Vatican Magazin“. „Der Kreuzzug ist ein vom Papst ausgerufenes oder autorisiertes militärisches Unternehmen, das mit bestimmten Gnadenerweisen verbunden ist. Ziel der Kreuzzuges ist es, die von den Andersgläubigen, den Muslimen eingenommenen heiligen Stätten im Heiligen Land zurückzuerobern und die christliche Bevölkerung und die christlichen Reiche zu schützen oder durch ein Einschreiten gegen Christen, die als Feinde des wahren Glaubens erkannt sind, die Rechte der Kirche zu verteidigen. Im spezifischen Sinne sind die Kreuzzüge jene Versuche vom elften bis vierzehnten Jahrhundert, das Heilige Land und dabei besonders Jerusalem der Herrschaft der Muslime zu entreißen.“
Freilich verquickte sich, wie der Autor weiter schreibt, die „religiöse Inspiration der Kreuzzüge“ mit „Anlässen politischer und weltlicher Natur“, was sehr ungute Folgen hatte. Jedoch ist offensichtlich, „dass es sich entgegen einer oberflächlichen Darstellung um keinen unprovozierten Angriff des europäischen Abendlandes gegen die neue islamische Welt handelte“. „Vielmehr kann die Reaktion als Ergebnis einer unseligen Spirale fortschreitender Unterdrückung und Gewalt gesehen werden, die ihren Anfang mit der Eroberung Jerusalems 638 durch die Muslime gesehen hatte. Entgegen der heute gern vorgebrachten Vorwürfe, dass die Christen einen Religionskrieg zur Bekehrung des Islam geführt hätten, ist festzuhalten, dass gerade im Aufruf Papst Urbans II. zum ersten Kreuzzug dieser Aspekt nicht erwähnt wird und keine Rolle spielt. Erst hundert Jahre später, mitten im dreizehnten Jahrhundert, machten Christen und dabei vor allem der neu erstandene Orden des heiligen Franziskus einen gezielten Versuch, in den von Kreuzfahrern besetzten Gebieten Muslime zu bekehren – ein Versuch, dem kein Erfolg beschieden war.“ Und auch diesen Versuch führten die Franziskaner selbstverständlich nicht mit Waffengewalt durch, wie wir hinzufügen dürfen. Sie nutzten nur den Kreuzzug für ihren Seeleneifer.
Sogar der überaus moderate „kath.net“-Kommentator Peter Winnemöller kommt nicht umhin festzustellen: „Hier irrt der Papst“, wenn er nämlich „vom 'Konzept der Eroberung' im Islam“ spreche und dann behaupte, „man könne das Ziel des Matthäus-Evangeliums als 'gleichen Eroberungs-Begriff interpretieren'“. Auch andere „Konservative“ zeigten sich über diesen Vergleich Bergoglios doch sehr empört. Uns zeigt er vor allem, daß dieser Mann, welchen man „Papst Franziskus“ nennt, kein Christ ist und vom Christentum gar nichts versteht. Doch zurück zum „Interview“.
4. Wichtig sei, so Bergoglio, eine „Gettoisierung“ der Migranten zu vermeiden; „Integration“ sei gefordert, ein Zusammenleben von Christen und Muslimen sei durchaus möglich. In diesem Zusammenhang wird er nach der Bedeutung der Religion im öffentlichen Bereich gefragt und wie er eine „positive Form von Laizität“ charakterisieren würde. Die Antwort Bergoglios: „Staaten müssen laizistisch sein. Konfessionelle Staaten enden übel. Das geht gegen den Gang der Geschichte. Ich glaube, daß eine Art Laizität, die von einem starken Gesetz gestützt ist, welches die religiöse Freiheit garantiert, einen Rahmen bieten kann, um voranzukommen. Wir sind alle gleich als Söhne (und Töchter) Gottes und mit unserer personalen Würde. Jedoch muß jeder die Freiheit haben, seine oder ihren eigenen Glauben nach außen zu bekunden. Wenn eine muslimische Frau wünscht, einen Schleier zu tragen, muß sie das tun können. Ebenso, wenn ein Katholik wünscht, ein Kreuz zu tragen. Die Leute müssen frei sein, ihren Glauben zu bekennen im Herzen ihrer eigenen Kultur und nicht nur in dessen Randbereichen.“
Radikaler dürfte bisher kaum einer der „konziliaren Päpste“ die liberale „Religionsfreiheit“ vertreten haben. Für Bergoglio sind definitiv alle Religionen gleich, wie er schon in seiner „Gebetsmeinung“ für den Monat Januar deutlich gemacht hat, alle sind gleichermaßen „Kinder Gottes“. Das erstaunt dann doch bei jemandem, der das „Oberhaupt“ einer religiösen Gemeinschaft sein soll. Der „alte“ heilige Paulus ist jedenfalls vom „Gang der Geschichte“ inzwischen weit überholt, da er an die Korinther noch schrieb: „Er [Christus] aber muß herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße legt“ (1 Kor 15,25), oder an die Philipper: „Auf daß in dem Namen Jesu sich jedes Knie beuge aller Wesen im Himmel, auf der Erde und unter der Erde“ (Phil 2,10). Überholt auch die Lehre, wie sie Papst Pius XI. noch im Jahr 1925 in „Quas primas“ darlegt: „Auch Christus selbst legt Zeugnis ab von Seiner Herrscherwürde: In Seiner letzten Rede an das Volk hat Er von den Belohnungen oder den Strafen gesprochen, die dereinst in alle Ewigkeit den Gerechten oder den Sündern zuteil werden; Er antwortete dem römischen Statthalter auf die Frage, ob Er König sei; nach der Auferstehung vertraute Er Seinen Aposteln das Amt an, alle Völker zu lehren und zu taufen; wo sich Gelegenheit bot, legte Er sich sowohl den Titel König bei, und bestätigte vor aller Öffentlichkeit, daß Er König ist; Er erklärte, Ihm sei alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Was wird denn fürwahr in diesen Worten anderes zum Ausdruck gebracht als die Größe Seiner Herrschermacht und die Unendlichkeit Seines Königtums! Darf man da verwundert sein, wenn Er von Johannes der Herrscher über die Könige der Erde genannt wird, und wenn Er diesem Apostel in jener Zukunftsschau erscheint, wie Er auf Seinem Gewande und an der Hüfte geschrieben trägt: König der Könige und Herr der Herrschenden? Denn der Vater hat Christus zum Erben von allem insgesamt eingesetzt. Er muß als König herrschen, bis Er beim Untergang des Erdkreises alle Feinde Gott dem Vater zu Füßen legt.“
Zwar, so der Papst weiter, „ist diese Herrschaft vor allem geistiger Natur und betrifft die geistigen Belange“, doch würde andererseits „derjenige sich schwer irren, der Christus als Mensch die Macht über alle zeitlichen Dinge absprechen wollte“. „Denn Er hat vom Vater ein so unumschränktes Recht über alle Geschöpfe bekommen, daß alles seinem Willen unterstellt ist.“ Daher sieht Pius XI. den Gang der Geschichte nicht so positiv wie Bergoglio. Für ihn ist vielmehr die Gesellschaft von einer „ansteckenden Seuche“ befallen worden: „Mit dieser ansteckenden Krankheit unseres Zeitalters meinen Wir den sogenannten Laizismus und dessen Irrtümer und frevelhafte Bestrebungen.“ Diese „Ruchlosigkeit und Bosheit“ sei „nicht an einem einzigen Tage ausgereift“, sie habe sich vielmehr „schon lange im Inneren der Staaten verborgen“ gehalten. „Zunächst fing man an, die Oberherrschaft Christi über alle Völker zu leugnen. Sodann leugnete man, daß die Kirche, kraft der Christus selbst eignenden Rechtsbefugnis, das Recht hat, das Menschengeschlecht zu lehren; Gesetze zu erlassen; die Völker zu leiten, um sie so zur ewigen Seligkeit zu führen. Allmählich ging man dann weiter. Man setzte die Religion Christi den falschen Religionen gleich und stellte sie mit jenen zusammen auf ein und dieselbe Stufe, und zwar in ganz und gar verächtlicher Weise.“ - Was bitteschön tut ein Bergoglio anderes, wenn er sagt, wir seien „alle gleich als Söhne (und Töchter) Gottes und mit unserer personalen Würde“, und das Tragen des muslimischen Schleiers mit dem des Kreuzes gleichsetzt (und den islamischen „Dschihad“ mit dem Missionsbefehl Christi!)? - „Als nächstes unterwarf man die Kirche der staatlichen Gewalt und überließ sie in der Regel der Willkür der Herrscher sowie der Obrigkeiten und Behörden. Nun ging man zum Teil noch einen Schritt weiter, indem man eine Art natürlicher Religion, eine Art natürlicher Gemütsbewegung an die Stelle der göttlichen Religion setzen zu sollen im Sinne hatte. Und es gab sogar Staaten, die meinten, sie könnten ohne Gott auskommen, und ihre Religion bestünde eben darin, heillos zu sein und sich gar nicht um Gott zu kümmern.“
Anders als Bergoglio sieht Papst Pius XI. nicht den konfessionellen Staat übel enden, sondern gerade den laizistischen: „Es sind freilich sehr bittere Früchte, die ein solcher Abfall sowohl der einzelnen Bürger als auch der Staaten von Christus für gewöhnlich und schon seit langem gezeitigt hat. Wir haben sie in dem Rundschreiben Ubi Arcano beklagt und beklagen sie auch heute wieder: Allüberall hat man den Samen der Zwietracht gesät; man hat die Flammen des Hasses und der Rivalität zwischen den Völkern geschürt, welche so sehr das Hindernis für den Frieden bilden. Die Begierden sind maßlos geworden… Und aus all dem sind die Zerwürfnisse unter den Bürgern hervorgegangen; es ist jene blinde und ungebändigte Selbstliebe entstanden, die auf nichts anderes als auf die private Bequemlichkeit und den eigenen Vorteil sieht, und die deshalb ganz und gar alles nur danach beurteilt und abmißt. Zerstört von Grund auf ist durch Pflichtvergessenheit und Pflichtvernachlässigung der Friede im privaten Bereich. Die Gemeinschaft und der Bestand der Familie ist untergraben worden. Mit einem Wort: Die menschliche Gesellschaft ist zerrüttet und dem Untergang nahegebracht.“
Ob also nicht doch das Mittel gegen die Zeitübel, von denen auch Bergoglio immer wieder einige beklagt wie den überall grassierenden Egoismus oder eben die „Vergötzung“ des Geldes, eher im Christkönigtum bestünde als im „Laizismus“ mit starker „Religionsfreiheit“ und einer sozialistischen Weltökonomie? Auf jeden Fall sind die Worte Pius' XI. wirklich die eines Stellvertreters Christi, während die eines Bergoglio die eines Liberalen, eines Atheisten und Kommunisten sind. So antwortet er auch auf die folgende Frage, wie denn die Katholiken ihre Positionen in einigen gesellschaftlichen Punkten wie „Euthanasie“ oder „gleichgeschlechtliche Ehe“ verteidigen sollten, wie folgt: „Es ist Sache des Parlaments, (diese Dinge) zu diskutieren, zu erörtern, zu erklären und zu erwägen. Das ist die Art, wie eine Gesellschaft wächst.“ Nicht mehr Gottes Gebote sind entscheidend, sondern die Beschlüsse des Parlaments. „Jedoch“, so meint „Franziskus“, „wenn ein Gesetz einmal angenommen ist, muß der Staat auch die Gewissen (der Leute) respektieren. Das Recht auf Gewissenseinwand muß in jeder gesetzlichen Struktur anerkannt werden, weil es ein Menschenrecht ist. Das gilt auch für einen staatlichen Vertreter, der ebenfalls eine menschliche Person ist. Der Staat muß auch Kritik hinnehmen können. Das wäre eine echte Form der Laizität.“ In der Tat: Die liberale Person im liberalen Staat. Nicht mehr Christus mit Seinen Geboten der Liebe ist der oberste Gesetzgeber des einzelnen wie der Staaten, sondern das Gewissen bzw. das Parlament mit seinen Beschlüssen. Und solches aus dem Munde eines „Papstes“! Auch die Gewissen und die Parlamente haben sich nach Jesus Christus zu richten; das ist die katholische Lehre.
5. „La Croix“ ist eine französische Zeitung, und so muß sie natürlich vor allem fragen, was Frankreich für „Franziskus“ bedeutet. Interessant, welche „großen Denker“ Frankreichs es sind, die Bergoglio da aufzählt, nämlich Jean Guitton, Maurice Blondel, Emmanuel Levinas, „der kein Katholik war“, und Jacques Maritain. All diese „Denker“ haben die philosophischen Grundlagen der „nouvelle théologie“ der Modernisten gelegt. So wundert es uns nicht, daß Bergoglio als namhafteste französische Theologen, „welche der Gesellschaft Jesu so viel geholfen haben“, ausgerechnet Henri de Lubac und Michel de Certeau zu nennen weiß.
Hingewiesen auf den Priestermangel und das Fehlen priesterlicher Berufungen in Frankreich meint Bergoglio, dies sei nicht so schlimm. Er verweist auf das Beispiel Korea, das nach Ausweisung der Missionare, die aus China gekommen waren, durch Laien „evangelisiert“ worden sei. Nunmehr sei es ein Land von Heiligen und Märtyrern mit einer starken Kirche. „So braucht es nicht notwendigerweise Priester zur Evangelisierung“, meint „Franziskus“, die Taufe gebe die Kraft dazu. Ohnedies sei der Heilige Geist der „Motor“ für alles, was in der Kirche geschehe, wovon sich die meisten Christen zu wenig bewußt seien. „Auf der anderen Seite ist die entgegengesetzte Gefahr für die Kirche der Klerikalismus. Dies ist eine Sünde, die von zwei Parteien begangen wird, wie ein Tango! Der Priester will die Laien klerikalisieren, und die Laien wollen klerikalisiert werden, weil es einfacher ist.“ Besonders in Lateinamerika sei dieser „Klerikalismus“ weit verbreitet. „Wenn die Volksfrömmigkeit stark ist, dann genau deswegen, weil es die einzige Laieninitiative ist, welche nicht klerikalisiert wurde. Das wird vom Klerus nicht verstanden.“
Gewiß haben die Laien ihren Platz und ihre Aufgabe in der Kirche, die nicht unterschätzt werden sollen, und gerade in Notzeiten wie der unseren kommt ihnen eine große Bedeutung zu. Wir sehen ja auch, daß der Widerstand gegen die „Konziliare Kirche“ massiv von Laien organisiert und getragen wurde. Dennoch ist und bleibt die Kirche priesterlich und können die Laien die Priester nicht ersetzen, zumal auch die autoritative Verkündigung des Evangeliums den Aposteln und ihren Nachfolgern sowie deren Beauftragten anvertraut worden ist. Auch die Laien in Korea hätten nichts oder wenig ausgerichtet, hätten nicht zuerst Priester in ihrem Land missioniert. Es ist und bleibt eine große Notsituation, wenn es an Priestern fehlt.
6. „Am 1. April haben Sie Bischof Bernard Fellay empfangen, den Generalsuperior der Priesterbruderschaft St. Pius X. Steht die Wiedereingliederung der Lefebvristen in die Kirche wieder zur Diskussion?“ So lautet eine weitere Frage, auf welche Bergoglio wie folgt antwortet: „In Buenos Aires habe ich oft mit ihnen gesprochen. Sie grüßten mich, baten mich auf ihren Knien um den Segen. Sie sagen, sie sind katholisch, sie lieben die Kirche. Bischof Fellay ist ein Mann, mit dem man Dialog führen kann. Das ist nicht der Fall bei anderen Elementen, die etwas sonderbar sind, wie etwa Bischof Williamson oder die anderen, die radikalisiert worden sind. Doch ansonsten glaube ich, wie ich in Argentinien sagte, daß sie Katholiken sind auf dem Weg zur vollen Gemeinschaft.“ Solches Lob aus dem Munde Bergoglios wird zwar dem Vereinsvorsitzenden der „Piusbrüder“ wieder wohl gefallen, ist in Wahrheit aber wenig schmeichelhaft, besagt es doch nichts anderes als daß „Franziskus“ Bischof Fellay und den größten Teil der „Piusbruderschaft“ als liberal einschätzt.
„Während des Jahres der Barmherzigkeit“, fährt Bergoglio fort, „fühlte ich, daß ich ihre Beichtväter autorisieren sollte, von der Sünde der Abtreibung zu absolvieren. Sie dankten mir für diese Geste. Zuvor hatte Benedikt XVI., den sie überaus schätzen, den Gebrauch des tridentinischen Meßritus liberalisiert. So findet ein guter Dialog und eine gute Arbeit statt.“ Abermals dürfte dem „Pius“-Vereinsvorsitzenden vor Freude und Stolz die Brust schwellen. Doch wenn man bedenkt, daß dies derselbe Mann sagt, der oben davon sprach, daß der Staat laizistisch sein müsse, daß alle Religionen gleich seien, kein Unterschied bestehe zwischen Kreuz und Burka sowie dem Missionsbefehl Christi und dem „Dschihad“, und nicht mehr Christus, sondern das Parlament und das Gewissen oberste Herren und Gesetzgeber sind, dann fragt man sich doch, wie da ein „guter Dialog und eine gute Arbeit“ stattfinden sollen mit der „Piusbruderschaft“, die doch angeblich für das Christkönigtum im Sinne von Pius XI. eintritt.
„La Croix“ will wissen, ob „Franziskus“ bereit sei, den „Piusbrüdern“ den Status einer Personalprälatur zu verleihen, und dieser antwortet, das sei eine „mögliche Lösung“, doch zuvor werde es notwendig sein, zu einer grundsätzlich Übereinstimmung mit diesen zu gelangen. „Das Zweite Vatikanische Konzil hat seinen Wert“, betont Bergoglio. „Wir werden langsam und geduldig voranschreiten.“ Das dürfte dann doch ein Dämpfer für den Vereinsvorsitzenden der „Piusbrüder“ sein, der seit einiger Zeit überall triumphierend verkündet, Rom verlange nicht mehr die Zustimmung zum „II. Vatikanum“ von ihnen. „Das Anhangen an das Konzil wird wird nicht mehr das Kriterium für die Zugehörigkeit zur Kirche sein“, sagte er bei einer Predigt in Montréal-de-l'Aude am 1. Mai 2016. „Kürzlich konnten wir erstmals in Rom hören, daß wir nicht mehr verpflichtet seien, das Konzil anzunehmen. … Bis vor zwei Jahren hieß es immer: 'Wenn Sie katholisch sein wollen, müssen Sie das Konzil annehmen, müssen Sie anerkennen, daß die neue Messe gut ist'. Doch nun sagt man uns: 'Nein, Sie müssen es nicht, denn das hat nicht den Charakter der Verpflichtung.'“ Tja, wie es aussieht, ist Herr Bergoglio da wieder anderer Meinung.
7. Die letzte Frage betrifft den „langen Prozess“ der beiden „Familiensynoden“ und ob dieser nach Einschätzung Bergoglios die Kirche geändert habe. „Ich denke, wir alle sind aus den verschiedenen Prozessen anders herausgekommen, als wir hineingegangen sind, einschließlich mir“, antwortet Herr „Franziskus“. In der „postsynodalen Exhortation“ mit dem schönen Titel „Amoris Laetitia“ habe er versucht, die Synode so weit wie möglich zu respektieren. „Sie werden keine kanonischen Vorschriften finden darüber, was man darf oder nicht. Es ist eine ruhige, friedvolle Betrachtung über die Schönheit der Liebe, wie man Kinder erzieht, sich auf die Ehe vorbereitet… Sie betont Verantwortlichkeiten, die durch den Päpstlichen Rat für die Laien in Form von Richtlinien weiterentwickelt werden könnten.“ Bergoglio hat seine „Exhortation“ eben ganz im Sinne seiner „Synodalität“ abgefaßt, auf welche er sogleich zu sprechen kommt: „Jenseits dieses Prozesses müssen wir über echte Synodalität nachdenken oder wenigstens die Bedeutung der katholischen Synodalität. Die Bischöfe sind cum Petro, sub Petro (mit Petrus und unter Petrus). Das unterscheidet sie von der orthodoxen Synodalität oder der der griechisch katholischen Kirchen, wo der Patriarch nur als einzelne Stimme zählt.“
Wir hatten schon Gelegenheit, auf die Vorstellung Bergoglios von der „Synodalen Kirche“ einzugehen. Hier macht er erneut deutlich, wie er das meint. Der „Papst“ zählt nicht als einzelne Stimme, sondern hat die Gesamtheit der Bischöfe zu repräsentieren. Das versteht er darunter, daß die Bischöfe „cum Petro, sub Petro“ sind. Es bedeutet für ihn nicht, daß die Stimme des Petrus entscheidend ist, sondern daß es seine Aufgabe ist, die Stimme aller Bischöfe zu sein. Ganz folgerichtig ist seine „Exhortation“ entsprechend ausgefallen, und alle, die nun beklagen, diese sei widersprüchlich und unklar, haben nichts von Bergoglios „Synodalität“ verstanden.
Im „II. Vatikanum“ sieht Bergoglio das „Ideal der synodalen und bischöflichen Gemeinschaft“. Dies müsse jedoch noch „entwickelt“ werden, auch auf der Ebene der Pfarreien. Da gebe es leider immer noch Pfarreien, die weder einen Pfarrgemeinderat noch einen Verwaltungsrat hätten, obwohl diese nach dem kanonischen Recht verpflichtend seien. „Synodalität ist auch auf dieser Ebene wichtig“, sagt „Franziskus“. Er will endlich ernst machen mit der vollen „Demokratisierung“, der „Kirche von unten“. Wir verweisen auf unseren Artikel „Synodale Kirche“ für weitere Aufschlüsse zu diesem Thema.
8. Das „Interview“ ist zuende, und wir stellen fest, daß es noch keinen „konziliaren Papst“ gegeben hat, der sich so eindeutig und radikal von Christus, der Kirche, dem Glauben, dem ganzen Christentum losgesagt und ihm entgegengestellt hätte wie Bergoglio. Das erschüttert uns jedoch weit weniger als die Tatsache, daß es Katholiken gibt, die immer noch in Bergoglio ihren „Papst“, den „Heiligen Vater“, den „Stellvertreter Christi“ erblicken wollen. Als hätte er nicht ohnehin schon alles getan, um klarzumachen, daß er das nicht ist und gar nicht sein will, angefangen von seiner Weigerung, etwas anderes zu sein als „Bischof von Rom“ und sich lieber noch „Pater Jorge“ zu nennen als „Franziskus“, über seine schwarzen Schuhe, sein demonstratives Wohnen im Gästehaus des Vatikan, sein ganzes bewußt zur Schau getragenes anti-päpstliches Gehabe bis hin zu seinem leeren Geschwätz und seinen Aussagen, in denen er sich penetrant und offensiv als Apostaten, Kommunisten und Atheisten „outet“ (vgl. Terror des Geschwätzes). Was muß er eigentlich noch tun, bis auch den treuherzigen „Traditionalisten“ und „Konservativen“ endlich die Augen aufgehen? Oder muß erst der Antichrist persönlich oder sein Lügenprophet auf dem „Papstthron“ sitzen, und werden sie es dann wenigstens merken oder auch diesen noch brav in den Kanon ihrer Heiligen Messe einfügen und sein Bild in ihrer Sakristei aufhängen? Letzteres ist fast zu fürchten; denn wer einen Bergoglio nicht durchschaut, wird auch den Antichristen nicht durchschauen.
Der von uns schon erwähnte und zitierte Herr Winnemöller, der oben den Vergleich des Missionsbefehls Christi mit dem „Dschihad“ mit „Hier irrt der Papst“ kommentierte, schreibt: „Und wer nun glaubt, man könne den Satz 'Hier irrt der Papst' als Katholik nicht schreiben, ohne gleich das Papsttum in seiner Gesamtheit in Frage zu stellen, sei durch diesen Artikel eines Besseren belehrt. (Nebenbemerkung: Es hat auch ein bisschen Spaß gemacht.) Wer aber glaubt, einen Papst wegen einer kritischen Aussage in einem Interview gleich zum Papa haereticus stempeln zu können, sollte vielleicht doch einmal bei einem so diskussions- und diskursfreudigen Wissenschaftler und Papst wie Josef Ratzinger / Benedikt XVI. in die Lehre gehen. Wer am Ende Angst davor hat, dass ein Papst, der in einem Interview zu locker und theologisch etwas unsauber daher redet, gleich den Untergang der Kirche auslösen könnte, sollte sich durch Betrachten von Mt 16,18 beruhigen lassen.“ Na also. Alles nicht so schlimm. Mag nur der Antichrist kommen. Den kriegen wir auch noch als „katholisch“ hin - wenn er auch vielleicht manchmal „zu locker und theologisch etwas unsauber daher redet“.