Jorge Mario Bergoglio, alias Franziskus, hat zu Beginn des Jahres seine „Gebetsmeinung“ in der Form eines Videos der Öffentlichkeit kundgemacht. Wir haben extra diese etwas veraltete Formulierung gewählt, um den Kontrast seiner Idee zum Althergebrachten besser herauszuarbeiten. Bergoglio genügt nicht mehr das Medium der Schrift, um seine neuesten Einfälle öffentlich wirksam weiterzugeben, sondern er wählt dazu das Medium des Films, genauer noch, des Kurzfilms, und zwar in der extremsten Form des Videoclips.
Das ist sicherlich kein Zufall, sondern „ist es auch Wahnsinn, so hat es doch System“, wie das Sprichwort sagt. Dieses Kurzvideo hat nun in konservativen oder traditionellen Kreise ein klein wenig für Verwirrung gesorgt, wobei man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, daß der eigentliche Grund der Verwirrung in keiner Weise mehr ins Blickfeld gerät – was andererseits bei dieser Art von „Katholiken“ auch gar nicht so verwunderlich ist.
Bevor wir jedoch auf die Frage eingehen, was Bergoglio mit seinem Kurzvideo eigentlich bezweckt, gilt es erst noch einige Vorarbeit zu leisten, ohne die wir nämlich in unserem Urteil viel zu kurz schließen würden, womit wir uns von obig genannten Leuten nicht unterscheiden würden, was doch sehr schade wäre.
Learning by doing
Der Engländer sagt: „Learning by doing - Man lernt durch die Tat.“ Das ist zunächst einfach eine Erfahrungstatsache – aber nicht nur, wie wir später noch zeigen werden.
Die Alltagserfahrung lehrt uns: Jeder, der lernt, muß üben. Er muß eine bestimmte Fähigkeit trainieren und die entsprechende Handlung immer und immer wiederholen, damit sie ihm eingängig wird, wie unsere Sprache so treffend zu formulieren weiß. Durch die beharrliche Übung geht nämlich die Handlung gleichsam in den Übenden ein, sie wird ihm zur zweiten Natur, so daß er sie schließlich wie im Schlaf beherrscht. Das gilt etwa fürs Handwerk genauso wie für die bildende Kunst. Ein Schreiner z.B. muß durch ausdauernde Übung lernen, seine Werkzeuge zu beherrschen, um damit meisterliche Arbeit leisten zu können. Jeder Schnitt, jede Kerbe, jede Oberfläche muß haargenau und gleichmäßig sein, was nur durch viel Übung gelingen kann. Oder nehmen wir einen Pianisten. Dieser muß wieder und wieder Tonleitern üben, damit seine Fertigkeit zu spielen immer fehlerfreier, immer souveräner und somit immer nuancierter und ausdrucksstärker wird. Dasselbe gilt für viele andere Bereiche unseres menschlichen Lebens: „Learning by doing.“
Unsere obige Art der Darstellung der Aneignung einer Fertigkeit ist jedoch genaugenommen etwas zu kurz gegriffen und zu einseitig. Denn ein Handwerker oder ein Künstler wird nicht allein dadurch zum Meister, daß er viel übt, sondern er wird es nur, wenn er zum vielen Üben sich auch noch ein entsprechendes Fach-Wissen erwirbt. Und meistens ist es so, daß die Fertigkeit immer nur bis zu einem gewissen Grade sich vervollkommnet, wenn das notwendige Wissen fehlt – der eine bleibt Geselle, der andere reift zum Meister.
Nimmt man diese Einsicht zum oben Gesagten hinzu, so wird die Sentenz – learning by doing – zu einer zweifelhaften Aussage, die nur eine Halbwahrheit formuliert. Blendet man nämlich die Theorie, das theoretische Wissen, einfach aus und verselbständigt man das Tun, dann wird der Mensch zum Roboter, und der Manipulation werden Tür und Tor geöffnet.
Schauen wir hierzu nun auf den Bereich des Geistes. In einer Gesellschaft gibt es gewisse Konventionen, die auf gemeinsame Einsichten gründen und bestimmten moralischen Grundsätzen entsprechen. Fällt die theoretische Begründung für eine Konvention weg, so wird sie in relativ kurzer Zeit in sich zusammenbrechen, was wir in den letzten Jahrzehnten vielfach erlebt haben.
Nehmen wir einmal die Politik. Diese orientiert sich an den gesellschaftlichen Konventionen, denn die Politiker wollen schließlich vom Volk gewählt werden und müssen deswegen mehr oder weniger das sagen, was die Leute hören wollen – wenigstens unmittelbar vor der Wahl. Wobei man heutzutage erhebliche Zweifel anmelden kann, ob denn überhaupt noch das Volk die Konventionen vorgibt, hat doch ein Volk ohne eine Tradition keinen eigentlichen Selbststand mehr – es ist vielmehr zu beobachten, diese werden den Leuten geschickt von der Politik durch die Medien vorgegeben, wobei man den Bürger in der irrigen Meinung läßt, er selbst würde so und so denken und urteilen. Wenn man also genau hinschaut, wählen die Politiker im Grunde sich selber, weil der Bürger genau das denkt, was ihm die Politik als gegenwärtigen gesellschaftlichen Konsens vorgibt.
Es wäre sicherlich ein interessantes Experiment, etwa einen CDU-Minister eine Rede halten zu lassen, die dem Wortlaut nach genau mit einer Rede eines seiner Vorgänger vor etwa 70 Jahren übereinstimmt – es wäre zu befürchten, daß dieser sodann als rechtsradikal an den Pranger gestellt würde. Denn offensichtlich haben sich die gesellschaftlichen Konventionen in diesen wenigen Jahrzehnten sehr weit verändert, ohne freilich eine echte theoretische Begründung für diese Veränderungen gegeben zu haben – außer die: Heute ist das nun einmal anders, heute sind wir modern.
Wer beginnt, genauer hinzusehen, der wird schnell erkennen: Die moderne Politik arbeitet inzwischen weitgehend mit der Macht des Faktischen, weil sie weiß: „Learning by doing“! Man muß etwas nur oft genug sagen und tun, dann werden die meisten Menschen es nachmachen, weil es heute nun einmal so ist, weil es nämlich modern ist. Dem gewöhnlichen Bürger fehlt gewöhnlich das theoretische Rüstzeug, die eigentliche Absicht der Politik zu durchschauen und das Richtige vom Falschen zu unterscheiden. Da der moderne Mensch sowieso keine festen Standpunkte mehr hat, ist er doch völlig im Sumpf des Relativismus untergegangen, so wird er sich letztlich immer an dem orientieren, was die Medien ihm als öffentliche Meinung präsentieren.
Hierzu ein Beispiel. Das gesellschaftliche Urteil über die Tötung eines Kindes im Mutterleib hat sich in den letzten Jahrzehnten ins Gegenteil verkehrt. Während man noch vor etwa 70 Jahren allgemein der Ansicht war, daß die Tötung eines Kindes im Mutterleib moralisch verwerflich ist, da es gegen das Gebot „Du sollst nicht töten“ verstößt und deswegen auch vom Staat als Straftat geahndet werden muß, ist man heute der Überzeugung, daß die Tötung eines Kindes im Mutterleib nicht nur straffrei bleiben muß, sondern daß die Gesellschaft diese Tat auch noch über die Krankenkassen zu bezahlen hat. Also diese Gesellschaft denkt nicht mehr, sei sie verpflichtet, die wehrlosesten, unschuldigsten, am meisten unseres Schutzes bedürftigen Menschen entsprechend Schutz schützen zu sollen.
Auf einem Aufkleber der sog. Abtreibungsgegner wird diese neu entstandene Situation äußerst treffend ins Bild gesetzt: Auf dem Aufkleber sind Robbenbabys zu sehen, welche die daneben abgebildeten Menschenbabys bedauern, weil sie niemanden haben, der sich für ihre Rechte einsetzt. Und man hat wirklich den Eindruck, die Robbenbabys haben mehr Verteidiger ihrer Rechte als die Menschenbabys und können sicherlich mit mehr öffentlichem Mitleid rechnen. Wobei zudem das seltsame Phänomen zu beobachten ist, daß gerade die Leute, die sich für den Schutz der Robbenbabys einsetzen, auch wiederum diejenigen sind, die vehement für die Tötung der Kinder im Mutterleib eintreten.
Man sollte bei solchen Veränderungen der gesellschaftlichen Konventionen nicht den Einfluß der Filmindustrie unterschätzen. So ging etwa der Debatte um die Frage der Straffreiheit der sog. Abtreibung die Propagierung der sog. freien Liebe voraus, welche durch eine immer mehr wachsende Anzahl von Filmen den Zuschauern als erstrebenswert und schließlich als ganz normal flimmernd vors Auge gestellt wurde. Die Filmemacher wußten durchaus: „Learning by doing!“ Wir müssen den Leuten nur oft genug zeigen, daß „freie Liebe“ etwas Befreiendes, Schönes und auch Erstrebenswertes ist – sind doch die Menschen in den Filmen dabei so glücklich – dann werden es die meisten schließlich auch glauben und sie werden es mit der Zeit auch selber ausprobieren wollen. Was bedeutet da noch ein Ehebruch und eine zerrüttete Familie mit ein paar Scheidungswaisen, wenn doch die freie Liebe so schön ist?
Überblickt man die in den letzten Jahrzehnten erreichten Veränderungen des Urteilsvermögens der breiten Masse, dann beängstigt einen die Einsicht, wie viel man in welch kurzer Zeit erreichen kann, wenn man den Grundsatz „Learning by doing“ ohne die entsprechende theoretische Grundlage anwendet, also werbewirksam in Szene setzt. Am Ende, so kann man nur nüchtern feststellen, ist dann alles möglich – was aber auch heißt, daß allen alles passieren kann.
Aber kommen wir nun zu unserem eigentlichen Thema zurück, zum Videoclip Bergoglios. Auch in der Religion gilt „Learning by doing“, wobei jedoch dieser „Grundsatz“ selbstverständlich kein allgemeingültiger Grundsatz ist, sondern eine bloße Erfahrungstatsache.
Im Bereich des göttlichen Glaubens ist es so: Die letzte Grundlage der Praxis unseres religiösen Lebens ist immer die Theorie, nämlich die von Gott geoffenbarte Wahrheit über Sinn und Ziel unseres Menschenlebens, also unser hl. Glaube. Der Katholik besitzt ein gottgeschenktes Wissen. Dieses durch Offenbarung empfangene Wissen zeigt uns die wahre, d.h. objektiv gültige Situation unseres Lebens, sie zeigt uns Gott als den Dreifaltigen und den Sohn Gottes als menschgewordenen Erlöser. Selbstverständlich weiß sich jeder Katholik dieser Offenbarungswahrheit gegenüber verpflichtet – und zwar durch eine göttliche Verpflichtung verpflichtet. Der Katholik kann nach der Menschwerdung Gottes nicht mehr so tun, als kennte er Gott nicht oder als wüßte er nicht, was zum ewigen Heil unbedingt notwendig ist. Durch die hl. Kirche wird er Tag für Tag auf den Wegen des gottgeschenkten Heils geleitet, damit er auch das Ziel, die ewige Glückseligkeit erreicht. Dieses Glaubenswissen bildet die Grundlage für ein wahres, gottgemäßes Glaubensleben. Die Glaubenspraxis ist nicht willkürlich, nicht unabhängig vom Glaubenswissen. So lehrt uns der Glaube etwa die Notwendigkeit der hl. Sakramente zur Erlangung des ewigen Heils, woraus sich das tägliche Glaubensleben wesentlich als ein sakramentales Leben formt, in dem jedes Sakrament seinen besonderen Platz hat.
Wir sehen: Der göttliche Glaube verändert unser Leben – notwendigerweise! Das wird uns besonders deutlich und greifbar bei Konvertiten, also Menschen, die aufgrund ihres neu gewonnenen Glaubens ein neues Leben begannen. Denken wir etwa an Charles de Foucauld! Der Glaube hat aus diesem mondänen, vergnügungssüchtigen, verdorbenen Wüstling einen asketischen, in sich gekehrten, zutiefst frommen Mann und Priester gemacht, der schließlich als Einsiedler in der Wüste lebte und dort für seinen Glauben starb. In seinem Leben zeigt sich uns die verwandelnde Macht des Glaubens, der im Glauben geschenkten göttlichen Gnade.
Der Glaube muß entsprechend gelebt werden, d.h. aber auch, daß der wahre Glaube notwendigerweise ganz bestimmte Formen des Lebens vorgibt und einfordert, denn das Gesetz des Glaubens ist das Gesetz des Lebens und des Betens. Ein Leben in der Gnade ist in Gott gegründet und baut sich auf die Gebote Gottes und der hl. Kirche auf, die es in Treue zu erfüllen gilt. Der hl. Petrus schreibt in seinem ersten Brief: „Weil nun Christus nach dem Fleisch gelitten hat, so wappnet auch ihr euch mit der gleichen Gesinnung. Denn wer dem Fleisch nach gelitten hat, hat mit der Sünde gebrochen und wird den Rest seines Erdenlebens nicht mehr den menschlichen Gelüsten, sondern dem Willen Gottes weihen. Lange genug habt ihr in der vergangenen Zeit den Willen der Heiden vollbracht, indem ihr in Ausschweifungen, Lüsten, Trunkenheit, Schmausereien, Zechgelagen und in frevelhaftem Götzendienst dahingelebt habt. Nun finden sie es befremdlich, daß ihr euch nicht mehr mit ihnen in diesen Strudel der Liederlichkeit stürzt – und lästern. Aber sie werden vor dem Rechenschaft ablegen müssen, der bereitsteht, die Lebenden und die Toten zu richten“ (1 Petr. 4,1 ff).
Unser Glaubensleben unterscheidet uns von den Weltmenschen. Dabei formt sich unser Leben hauptsächlich aus der hl. Liturgie der Kirche, ist doch das Gesetz des Glaubens immer ein Gesetz des Betens, weil der wahre Gott lebendig und Person ist. Durch die von der Kirche vorgeschriebenen oder besonders empfohlenen Gebetsformen werden wir mit der Wirklichkeit Gottes vertraut gemacht. Hl. Liturgie ist gebeteter Glaube. Es war deswegen immer eine strenge Vorschrift der hl. Kirche, daß man nur in von der Kirche genehmigten Formen einen öffentlichen Gottesdienst feiern darf. Würde etwa ein Priester mit einem nichtkatholischen Ritus eine hl. Messe feiern, so wäre das eine sehr schwere Sünde gegen die hl. Religion. Aus diesem Grund war es für Katholiken immer strengstens verboten, an gottesdienstlichen Feiern Andersgläubiger teilzunehmen, wie etwa Klaus Mörsdorf in seinem „Kirchenrecht“ betont: „Weil gottesdienstliche Gemeinschaft die Gemeinschaft im Glauben voraussetzt, sind naturgemäß auch sogenannte Gemeinschaftsgottesdienste mit Angehörigen einer oder mehrerer christlicher Bekenntnisse verboten.“ Es heißt in dem Text „naturgemäß“, also aus der Natur des göttlichen Glaubens notwendigerweise folgend. Ökumenische Gottesdienste fielen nach dem Kirchlichen Gesetzbuch (CIC 1917) unter die „communicatio in sacris“ und standen unter Kirchenstrafe.
Die Videobotschaft
Nach diesen Vorbemerkungen sind wir nun wohl soweit vorbereitet, vernünftigerweise auf das Kurzvideo Bergoglios zu seiner Gebetsmeinung einzugehen.
Skizzieren wir zunächst einmal den Inhalt: In seinem Video läßt Bergoglio mehrmals verschiedene Religionen zu Wort kommen, und zwar den Buddhismus, das Judentum, den Katholizismus und den Islam. Nachdem im Bild nacheinander vier Vertreter dieser Religionen auftreten, stellt Bergoglio fest, der größte Teil der Erdbevölkerung bezeichne sich als gläubig. Diese Tatsache sollte zu einem Dialog zwischen den Religionen ermuntern. Bergoglio, mit spiegelnder Brille am Schreibtisch: „Wir dürfen nicht aufhören, dafür zu beten und mit denen zusammenzuarbeiten, die anders denken.“
Sodann kommt jeder Religionsvertreter einzeln zu Wort: Rinchen Kandro (Lama): „Ich setze mein Vertrauen in Buddha.“ - Daniel Goldmann (Rabbiner): „Ich glaube an Gott.“ - Guillermo Marcó (kath. Priester): „Ich glaube an Jesus Christus.“ - Omar Abboud (islamische Führungsperson): „Ich glaube an Gott, Allah.“
Dazu sodann der Kommentar Bergoglios (wieder am Schreibtisch mit spiegelnder Brille): „Viele denken anders, fühlen anders, sie suchen und finden Gott auf unterschiedliche Weise“ – es wird eine Aufnahme von Bergoglio beim Empfang eines Götzen durch Buddhisten gezeigt, sodann eine Aufnahme von ihm bei einer freundschaftlicher Begegnung und Umarmung mit einem orthodoxen Geistlichen. „In dieser Vielfalt, in dieser Auffächerung der Religionen (Währenddessen wird Bergoglio beim interreligiösen Kult, bei der Umarmung mit Juden gezeigt) gibt es eine einzige Gewissheit, an der wir für alle festhalten (wieder am Schreibtisch mit spiegelnder Brille): wir sind alle Kinder Gottes.“ Hierauf wiederum die Einblendung der vier Religionsvertreter von oben im „Dialog“.
Lama: „Ich glaube an die Liebe.“ - Jude: „Ich glaube an die Liebe.“ - Moslem: „Ich glaube an die Liebe.“ - Priester: „Ich glaube an die Liebe.“ Bergoglio (wieder am Schreibtisch w.o.): „Ich baue auf euch, um mein Anliegen für diesen Monat zu verbreiten: Dass der aufrichtige Dialog zwischen Männern und Frauen der verschiedenen Religionen (Lama präsentiert einen Buddha, Jude präsentiert eine Menora) Früchte des Friedens und der Gerechtigkeit hervorbringe (Priester präsentiert ein Jesuskind, Moslem eine muslimische Gebetsschnur).“ Bergoglio (am Schreibtisch): „Ich vertraue auf dein Gebet.“ Die Religionsvertreter halten ihre vier Symbole mit den Händen aneinander: Jesuskind, Buddha, Gebetsschnur, Menora.
Das Video ruft unwillkürlich eine Erinnerung wach: Assisi 1986! Die Religionsdiener aller größeren Weltreligionen beten in der Stadt des hl. Franziskus gemeinsam um den Weltfrieden. Bergoglio kann also bei seinem Video auf eine beinahe 30-jährige Tradition zurückgreifen – und Bergoglio weiß anders als die meisten Traditionalisten: „Learning by doing“. Seit nunmehr fast 30 Jahren sehen und hören und erleben die Konzilskatholiken überall auf der Welt Nachfolgetreffen von Assisi – und das nicht nur im großen Stil, in jeder Dorf-Kirche kann es einem passieren, daß plötzlich eine Reihe von Religionsdienern hervortritt, um ihrer jeweiligen religiösen Erfahrung Ausdruck zu verleihen und gemeinsam für den Frieden oder auch sonst irgendetwas zu beten.
In Assisi haben vor der Basilika San Francesco 1986 nacheinander die Buddhisten, die Hindus, die Jainas, die Muslime, die Shintoisten, die afrikanischen Stammesreligionen, die Parsen, die Juden und Christen „in radikaler Treue zu den jeweiligen religiösen Traditionen“ (so Karol Wojtyla alias Johannes Paul II.) ihre Heilswege angepriesen und ihren „Gottheiten“ ihre „Friedensgebete“ dargebracht. Nebeneinander standen die Heilswege des Siddhärtha Gautama und des Shäntideva, des Shankara, des Vardhamäna Mahävira, des Muhammad, des Nänak Dev, der mythischen Ahnen, des Zarathustra, des Moses und des Jesus von Nazareth. Nacheinander und nebeneinander wurden der Menschheit als „höchste Macht“ oder als „Gott“ vorgestellt: der Buddha, die Bodhisattvas, das göttliche Brahman, der Jina, Allah, die numinosen Kami, Näm-Sat, der Große Donner, Manitu, Ormazd, Jahwe und der dreifaltige Gott – um das damalige Geschehen nochmal kurz und eindrucksvoll in Erinnerung zu rufen. Im Vergleich mit Karol Wojtyla ist also Bergoglio noch recht bescheiden, er begnügt sich mit Vertretern von vier „Weltreligionen“.
Bergoglio und seine Berater wissen natürlich ganz genau, „Learning by doing“, die Anhänger der Menschenmachwerkskirche haben seit 30 Jahren Erfahrungen mit interreligiösen Gebetstreffen gemacht – gewollt oder ungewollt, das ist völlig gleichgültig – deshalb werden sie die Botschaft auf diesem Erfahrungshintergrund verstehen. Wie nicht anders zu erwarten, haben die allermeisten ihre Lektion gelernt: Alle Religionen beten im Grunde den einen Gott an – mag man ihn nennen wie auch immer.
Vom Modernismus aus gesehen, in welchem jede religiöse Erfahrung ihre Berechtigung und Gültigkeit hat – ist doch Glaube immer nur und nicht mehr als ein religiöses Gefühl – kann man keinem Andersgläubigen „Rechtgläubigkeit“ absprechen, denn das würde im Rahmen des Modernismus so viel bedeuten, als würde man ihm den guten Willen absprechen. Übrigens gilt das aber dann auch für jeden Satanisten, wobei man diese Konsequenz jedoch meistens geflissentlich verschweigt!
Bergoglio rechnet jedenfalls mit Sicherheit damit, daß 99% der sog. Katholiken seiner Menschenmachwerkskirche inzwischen Modernisten geworden sind, also den katholischen, den göttlichen Glauben längst verloren haben, weshalb sie ihm auch bedenkenlos zustimmen werden. Er weiß zudem, daß selbst die konservativsten dieser Leute sein falsches Spiel nicht mehr durchschauen werden, weil sie es ohne den wahren und göttlichen Glauben gar nicht mehr durchschauen können, weshalb sie sich immer nur mit oberflächlicher Jammerei begnügen werden. Hätte Bergoglio dagegen wahre Katholiken vor sich, so müßte er damit rechnen, daß diese ihn einmütig, geschlossen und mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln als Apostat entlarven würden. Diese Angst braucht er, wie gesagt, in den eigenen Reihen sicher nicht zu haben.
Wie ist nun die Botschaft Bergoglios in seinem Video wirklich zu beurteilen? Versuchen wir in einem zweiten Durchgang, das Video eingehend zu analysieren und es gemäß den katholischen Prinzipien zu hinterfragen. Das Video ist in mehrere Gedankenschritte gegliedert, denen wir folgen wollen.
Systematisieren wir zunächst den Gedankengang:
- Schritt eins: Der größte Teil der Erdbevölkerung bezeichnet sich als gläubig.
- Schritt zwei: Es gibt verschiedenen Arten des Glaubens an Gott: Rinchen Kandro (Lama):„Ich setze mein Vertrauen in Buddha.“ - Daniel Goldmann (Rabbiner): „Ich glaube an Gott.“ - Guillermo Marcó (kath. Priester): „Ich glaube an Jesus Christus.“ - Omar Abboud (islamische Führungsperson): „Ich glaube an Gott, Allah.“
- Schritt drei: Viele denken anders, fühlen anders, sie suchen und finden Gott auf unterschiedliche Weise, also sind alle Religionen Wege zu Gott.
- Schritt vier: Trotz der Verschiedenheit der Religionen gibt es eine alle verbindende Klammer, „wir sind alle Kinder Gottes“.
- Schritt fünf: Im lebendigen Dialog finden alle Religionen sich zusammen in der gemeinsamen Einsicht: „Ich glaube an die Liebe.“
- Schritt sechs: Durch das gemeinsame Gebet und unsere Liebe wird eine Welt voller Friede und Gerechtigkeit erbaut.
- Schritt sieben: Deswegen vertraut Bergoglio auf Dein Gebet, ganz gleich welcher Religion Du angehörst.
An sich ist der Gedankengang Bergoglios, wie gesagt, nicht neu, er ist nur in dem Sinne originell, als er das Thema gekonnt zuspitzt, es auf den Punkt bringt.
Wir werden nun jeden dieser Gedankenschritte anhand unseres göttlichen Glaubens überprüfen, ob er mit diesem im Einklang steht oder nicht. Dabei werden wir auf die Enzyklika „Mortalium Animos“ Pius' XI. vom 6. Januar 1928 zurückgreifen, der darin genau unser Thema abhandelt, schreibt er doch „Über die Förderung der wahren Einheit der Religion.“ Dabei geht es zur Zeit Pius' XI. durchaus noch nicht um interreligiöse Gebetstreffen – daß so etwas unter der Leitung eines seiner vermeintlichen Nachfolger geschehen würde, konnte sich der Papst sicher noch gar nicht vorstellen – sondern nur um Religionskongresse, also Tagungen. Man lädt „zur Diskussion unterschiedslos heidnische Teilnehmer aller Art ein, ferner Christusgläubige, endlich auch solche Persönlichkeiten, die von Christus leider abgefallen sind oder die seine göttliche Natur und Sendung schroff und beharrlich ablehnen“, um einen gemeinsamen Weg zum Frieden zu finden.
Schritt eins: Der größte Teil der Erdbevölkerung bezeichnet sich als gläubig.
Dieser Satz ist angesichts des heute herrschenden Atheismus besonders suggestiv, denn er zielt auf ein Gefühl der Erleichterung bei dieser Feststellung: Immerhin, es glauben noch viele Menschen an Gott. Dabei vergißt man schnell, daß mit dieser pauschalen Aussage „Glaube“ völlig im naturalistischen Sinne gebraucht wird, was man sofort erkennen könnte, würde man den Satz entsprechend umformulieren, womit er, obwohl er das Gegenteil aussagt, seine Gültigkeit dennoch nicht verliert, nämlich: Der größte Teil der Erdbevölkerung ist irrgläubig, hängt also einem falschen Glauben an. Diese Erwägung gibt es bei Bergoglio – und schon bei seinen Vorgängern – nicht mehr, sein Glaube hat schon kein übernatürliches Fundament mehr, er ist ganz im Sinne des Modernismus allein Gefühl, subjektive Erfahrung und als solche nicht mehr inhaltlich gebunden. Es kommt nicht mehr darauf an, was man glaubt, sondern nur noch, daß man überhaupt glaubt.
Papst Pius XI. weist in seiner Enzyklika darauf hin, daß die Modernisten in ihrem Bemühen um Einheit der Religionen notwendigerweise in den Indifferentismus abgleiten. Er fährt dann fort: „Die darin unglücklicherweise verstrickt sind, halten daran fest, die dogmatische Wahrheit sei nicht absolut, sondern relativ, das heißt: sie passe sich den Bedürfnissen der verschiedenen Zeiten und Orte und den verschiedenen Neigungen der Menschen an, da sie nicht in einer unveränderlichen Offenbarung enthalten, sondern solcher Art sei, daß sie sich dem Leben der Menschen anbequeme. — Was dann ferner die zu glaubenden Wahrheiten anbelangt, so darf man sich keinesfalls des Unterschiedes bedienen, den man zwischen 'grundlegenden' und 'nicht grundlegenden' Glaubensstücken machen wollte: als wenn die einen von allen angenommen werden müßten, die anderen aber frei der Zustimmung der Gläubigen anheimgegeben werden könnten. Denn die übernatürliche Tugend des Glaubens hat zum Formalobjekt die Autorität des offenbarenden Gottes, die keine solche Unterscheidung zuläßt. Alle also, die wahrhaft zu Christus halten, schenken beispielsweise genau denselben Glauben dem Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariae wie dem Geheimnis der allerheiligsten Dreifaltigkeit, und ebenso dem unfehlbaren Lehramt des Papstes in dem Sinne, wie es vom allgemeinen Vatikanischen Konzil definiert worden ist, genau den gleichen Glauben wie der Menschwerdung Christi. Denn ob solche Wahrheiten bald zu dieser, bald zu jener Zeit oder erst in der jüngsten Vergangenheit von der Kirche durch feierliches Glaubensdekret festgelegt und definiert worden sind, verschlägt nichts: sie sind deshalb ebenso sicher, ebenso pflichtmäßig zu glauben. Hat nicht Gott der Herr sie alle geoffenbart? Denn das Lehramt der Kirche ist durch göttlichen Ratschluß zu dem Zwecke auf Erden eingerichtet worden, daß die geoffenbarten Wahrheiten unversehrt auf ewige Zeiten feststehen und leicht und sicher den Menschen zur Kenntnis gebracht werden können.“
Es ist sicher besonders notwendig, sich diese grundlegende Wahrheit in Erinnerung zu rufen, ehe man dem Gedankengang des Videos weiter folgt, in dem Bergoglio ganz anders als Pius XI. feststellt: Diese Tatsache sollte zu einem Dialog zwischen den Religionen ermuntern!
Schritt zwei: Es gibt verschiedenen Arten des Glaubens an Gott: Rinchen Kandro (Lama):„Ich setze mein Vertrauen in Buddha.“ - Daniel Goldmann (Rabbiner): „Ich glaube an Gott.“ - Guillermo Marcó (kath. Priester): „Ich glaube an Jesus Christus.“ - Omar Abboud (islamische Führungsperson): „Ich glaube an Gott, Allah.“
Der zweite Schritt geht von der theoretischen (vom katholischen Glauben aus gesehen falschen) Feststellung, der größte Teil der Erdbevölkerung bezeichne sich als gläubig, zur Darstellung von vier Vertretern verschiedener Religionen über. Dreimal heißt es gleichlautend „Ich glaube“, wodurch der Eindruck erweckt wird, daß im Grunde alle drei Religionsvertreter denselben Glauben und denselben Gott haben. Eine Ausnahme macht die Buddhistin, die nur ihr Vertrauen in Buddha setzt, der bekanntlich kein Gott ist und auch niemals göttliche Ehren beanspruchte. Im Lexikon des Weltnetzes, Wikipedia, ist dazu zu lesen: „Von den monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) unterscheidet der Buddhismus sich grundlegend. So kennt die buddhistische Lehre weder einen allmächtigen Gott noch eine ewige Seele.“ So gesehen gibt die Hinzunahme der buddhistischen „Gläubigen“ dem viermaligen Bekenntnis nochmals eine besondere Nuance: Mit Glauben ist offensichtlich bei Bergoglio nicht einmal mehr im strengen Sinne ein Glaube an einen persönlichen Gott gemeint, sondern nur noch an das Göttliche oder „Spirituelle“ im Allgemeinen.
Schon Pius XI. hat in seiner Enzyklika darauf verwiesen, da Menschen ohne jegliches religiöse Gefühl sehr selten seien, glaube man, „zu der Hoffnung berechtigt zu sein, es werde sich eine Einigung in gewissen religiösen Dingen ziemlich leicht erreichen lassen. Wenn auch bei den einzelnen Völkern die religiösen Auffassungen sehr verschieden seien, so wäre immerhin eine brüderliche Übereinstimmung im Bekenntnis einiger Lehrsätze, das als gemeinsame Grundlage des religiösen Lebens dienen könnte, keineswegs ausgeschlossen“. Er betont weiter, die Teilnehmer an solchen interreligiösen Kongressen stützten sich auf die irrige Meinung, „alle beliebigen Religionen seien mehr oder weniger gut und empfehlenswert; sie seien eben alle eine, wenn auch nicht einzigartige, so doch gleichmäßig berechtigte Äußerung des den Menschen von der Natur mitgegebenen und angeborenen Sinnes, der uns auf Gott hinordnet und zur gehorsamen Anerkennung seiner Oberherrschaft führt“.
Genau das von Pius XI. Zurückgewiesene folgert Bergoglio in seinem dritten Schritt:
Schritt drei: Viele denken anders, fühlen anders, sie suchen und finden Gott auf unterschiedliche Weise, also sind alle Religionen Wege zu Gott.
Es wird nochmals verdeutlicht und betont, daß alle Religionen in dem Sinne wahre Religionen sind, da sie jeweils, wenn auch auf verschiedene Weise, zu Gott führen. Damit wird es ganz klar, daß es sich hier niemals um den wahren, übernatürlichen Glauben handeln kann, denn sonst müßte Bergoglio wie Papst Pius XI. von den Andersgläubigen fordern: „Zum Apostolischen Stuhle also in dieser Stadt, die die Apostelfürsten Petrus und Paulus mit ihrem Blute weihten, zu dem Apostolischen Stuhle, der Wurzel und Mutter der katholischen Kirche, mögen sich die getrennten Söhne wenden. Nicht zwar in der Gesinnung, daß die Kirche des lebendigen Gottes, eine Säule und Grundfeste der Wahrheit, auf die Reinheit des Glaubens verzichte und die Irrtümer der getrennten Söhne dulde, sondern im Gegenteil: diese mögen sich ihrerseits dem Lehramte und der Leitung der Kirche anvertrauen.“
Ein solches Ansinnen würde Bergoglio jedoch weit von sich weisen und somit gilt von ihm, was Pius XI. sagt: „Diejenigen, die eine solche Ansicht haben, sind nicht nur in Irrtum und Selbsttäuschung befangen. Indem sie den Begriff der wahren Religion entstellen und dadurch die wahre Religion selbst zurückweisen, gleiten sie auch, wie man es ausdrückt, Schritt für Schritt zum Naturalismus und Atheismus ab; und daraus ergibt sich weiterhin als deutliche Folgerung, daß jeder, der solchen Gedankengängen und Bestrebungen rückhaltlos beipflichtet, sich von der göttlich geoffenbarten Religion ganz lossagt.“
Auch dieses Urteil muß man im Gedächtnis behalten, will man sich von den weiteren Schritten des Videos nicht doch wieder in die Irre führen lassen.
Schritt vier: Trotz der Verschiedenheit der Religionen gibt es eine alle verbindende Klammer, wir sind alle Kinder Gottes.
Jeder wahre Katholik weiß, daß diese Behauptung Bergoglios mehr als gewagt ist. Denn Kinder Gottes sind nur diejenigen, die in der heiligmachenden Gnade leben. Wenn alle Kinder Gottes wären, dann würde das heißen, alle Menschen lebten in der heiligmachenden Gnade – oder alle Menschen sind apriori gerettet, womit man bei der Irrlehre Karol Wojtylas wäre, der letztlich allein mit seinem Irrtum der Allerlösungslehre das Religionstreffen in Assisi rechtfertigen konnte, welchen Bergoglio seinerseits übernimmt.
Bei Karol Wojtyla hört sich das so an: „Es gibt in der Geschichte einen Punkt, an dem alle Menschen gleichsam neu entworfen werden und eine neue Bahn einschlagen, dem Plan gemäß, den der Vater in der Wahrheit des Wortes und im Geschenk der Liebe vorbereitet hat. Es gibt einen Punkt, an dem die Geschichte des Menschen neu beginnt, unabhängig, wenn man so sagen darf, von menschlichen Vorgegebenheiten. Dieser Punkt gehört der göttlichen Ordnung, der göttlichen Sicht des Menschen und der Welt an. Die menschlichen Kategorien der Zeit und des Raumes sind fast ganz nebensächlich. Alle Menschen seit dem Beginn und bis zum Ende der Welt sind von Christus durch sein Kreuz erlöst und gerechtfertigt worden“ (Zeichen des Widerspruchs – Besinnung auf Christus“, Herder-Verlag 1979, S. 103).
Demnach ist Wojtyla der Überzeugung, daß jeder Mensch „in Christus existiert“ oder das „Sein in Christus“ besitzt, „und zwar nach dem ewigen Heilsplan Gottes von Anfang an“, weshalb „alle Menschen seit dem Beginn und bis zum Ende der Welt von Christus durch sein Kreuz erlöst und gerechtfertigt worden sind“. Oder nochmals Bergoglio, etwas kürzer, einprägsamer und eingängiger: Wir sind alle Kinder Gottes.
Wenn wir aber alle schon immer Kinder Gottes sind, dann gilt es nur noch, dies allen zurück ins Bewußtsein zu rufen – und wie? Nun, so:
Schritt fünf: Im gemeinsamen Dialog finden alle Religionen sich zusammen in der gemeinsamen Einsicht: „Ich glaube an die Liebe.“
Man möchte fast ausrufen: Die arme Liebe! Denn wozu muß diese heutzutage alles herhalten!
Doch auch dieser Mißbrauch der Liebe ist nichts Neues, auch auf diesen irrigen Gedankengang geht schon Pius XI. ein: „Ist es nicht - so sagt man immer wieder - ist es nicht recht und geradezu pflichtmäßig, daß sich alle, die sich Christen nennen, jeglicher Verunglimpfung enthalten und sich endlich einmal in gegenseitiger Liebe zusammenschließen? Wer dürfte denn wohl zu behaupten wagen, er liebe Christus, wenn er nicht nach Kräften Christi Wunsch zur Erfüllung bringt, der seinen himmlischen Vater bat, seine Jünger möchten Eines sein (Joh 17, 21)? Und sollte nicht nach Christi Willen die gegenseitige Liebe das Kennzeichen und unterscheidende Merkmal seiner Jünger sein? Daran sollen alle es erkennen, daß ihr meine Jünger seid, daß ihr einander liebet (Joh 13, 35). Ja, wären doch, so fährt man fort, alle Christen insgesamt Eines, sie hätten dann ja eine viel mächtigere Stoßkraft gegen die Seuche der Gottlosigkeit, die von Tag zu Tag in breitere Schichten schleicht und fortwuchert und sich schon anschickt, das Evangelium zu entnerven und lahmzulegen. So ähnlich machen sich diese sogenannten ‚Panchristen‘ groß und wichtig. Man glaube nicht, es handle sich da um ganz kleine und wenige Kreise. Im Gegenteil ... Inzwischen wird jenes Vorhaben mit solcher Energie weitergeführt, daß es sich an vielen Orten den Beifall der Bürger verschafft und sogar eine Reihe von Katholiken mit der Hoffnung an sich zieht und gewinnt, es lasse sich wirklich eine derartige Einigung zustande bringen, die mit den Wünschen unserer heiligen Mutter Kirche in Einklang zu stehen scheine; dieser liege ja nichts mehr am Herzen, als irregegangene Söhne in den Schoß der Kirche zurückzurufen und heimzuführen. Aber unter den Lockungen dieser Schmeichelworte liegt ein sehr schwerwiegender Irrtum verborgen, der die Grundlagen des katholischen Glaubens vollständig auseinandersprengt.“
Die sog. Panchristen waren nun wirklich keine „ganz kleine und wenige Kreise“ mehr, sie wurden allmählich zur Mehrheit, welche auch schleichend in die katholische Kirche einsickerte und ihren Einfluß mehrte. Mit dem Tod Pius‘ XII. übernahmen sie sodann zunächst die römische Führungsebene und mit der vatikanischen Räubersynode das ganze Schiff, das damit – dieser Gedanke ist wirklich unheimlich und läßt uns sprachlos die Zulassungen Gottes bestaunen – zu einen Gespensterschiff mutierte, die Menschenmachwerkskirche der Freimaurer und Freigeister. Mit der weltweit werbewirksamen Veranstaltung in Assisi wurde die Freimaurerdoktrin, „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“, zum allgemeinen Gedankengut auch unter den Anhängern dieser Afterkirche. Von nun an meint jeder: In Sachen der Religion gibt es keine objektive Norm, jeder kann glauben, was er will, was er für gut hält, was er für richtig hält – also letztlich auch ein Satanist, das sei nochmals extra betont, weil diese Konsequenz immer verschwiegen wird.
Das Urteil Pius‘ XI. über diese Geisteshaltung ist vernichtend: „Aber unter den Lockungen dieser Schmeichelworte liegt ein sehr schwerwiegender Irrtum verborgen, der die Grundlagen des katholischen Glaubens vollständig auseinandersprengt.“
Papst Pius XI. war natürlich noch fähig einzusehen, durch diese Theorie des Glaubens wird der übernatürliche Glaube vernichtet, denn dieser hat notwendigerweise einen Anspruch auf alleinige Gültigkeit – sobald er diesen Anspruch aufgibt, hat er aufgehört das zu sein, was er seinem Wesen nach als göttliche Tugend sein muß: Bürge göttlicher Wahrheit. Der freimaurische „Glaube an die Liebe“ hat mit dem Gott der Liebe des Neuen Bundes nichts, gar nichts zu tun. Beides sind im Gegenteil kontradiktorische Gegensätze. Wer sich durch solche Schmeichelworte täuschen läßt, der hat sein übernatürliches Fundament schon verloren, er ist dem Bewußtseinswandel der Nachkonzilszeit von Assisi erlegen.
Schritt sechs: Durch das gemeinsame Gebet und unsere Liebe wird eine Welt voller Friede und Gerechtigkeit erbaut.
Auch dieser Gedanke bringt nichts Neues gegenüber den Anschauungen der sog. Panchristen zur Zeit Pius‘ XI. Hören wir also nochmals, was der Papst diesen Pseudochristen entgegenzuhalten hat: „Die Liebe allein kann die getrennten Christen nicht zusammenführen, wenn nicht der unverfälschte Glaube das Band der Einheit bildet: der katholische Glaube ohne Einschränkungen und Abstriche. Gewiß, es mag den Anschein haben, daß jene Panchristen, die die Vereinigung der Kirchen anstreben, die sehr edle Absicht verfolgen, die Liebe unter allen Christen zu fördern. Wie sollte es aber möglich sein, daß die Liebe je dem Glauben zum Schaden gereiche? Johannes selbst, der Apostel der Liebe, der in seinem Evangelium die Geheimnisse des heiligsten Herzens Jesu kundgetan hat, und der ständig dem Gedächtnis der Seinen das neue Gebot einzuschärfen pflegte: Liebet einander — Johannes selbst hat, wie alle wissen, durchaus verboten, mit denen Verkehr zu haben, die sich nicht zur ganzen und unverfälschten Lehre Christi bekennen: Wenn einer zu euch kommen sollte, ohne diese Lehre mitzubringen, nehmet den in euer Haus nicht auf und bietet ihm auch nicht den Gruß! Die Liebe ruht auf lauterem und echtem Glauben wie auf ihrer Grundlage. Daher ist es auch nötig, daß die Jünger Christi vorzüglich durch das Band der Einheit des Glaubens zusammengeschlossen sind. Wie sollte man sich einen christlichen Bund denken können, bei dem jedes einzelne Mitglied, zumal wo es sich um den Gegenstand des Glaubens handelt, an seinem subjektiven Denken und Empfinden festhält, wenn es auch mit den Anschauungen der Übrigen im Widerspruch steht? Und auf welche Weise, fragen Wir, sollten an einem und demselben Bunde Leute teilnehmen, die ganz entgegengesetzte Glaubensauffassungen haben? … Bei einem solchen Widerstreit der Meinungen wissen Wir nicht, wie sich da ein Weg freimachen lasse zu einer Einheit der Kirche, die doch nur von einem Lehramt, von einem Glaubensgesetz und einem Glauben der Gläubigen ihren Ursprung nehmen kann. Ganz bestimmt aber wissen Wir, daß man dabei leicht Schritt für Schritt zur Vernachlässigung der Religion oder zum Indifferentismus kommt und zum sogenannten Modernismus.“
Der wahre Glaube ist im Gegensatz zum Glauben der Modernisten kein Gefühl, und die wahre Liebe ist es auch nicht. Deswegen kann die wahre Liebe nur zusammen mit dem wahren Glauben existieren: „Die Liebe ruht auf lauterem und echtem Glauben wie auf ihrer Grundlage. Daher ist es auch nötig, daß die Jünger Christi vorzüglich durch das Band der Einheit des Glaubens zusammengeschlossen sind.“ Konkret geht es darum, ob ich den wahren Gott, der sich uns in Jesus Christus als der Dreifaltige offenbart hat, anbete, oder einen „Gott“, den sich Menschen gemacht haben – oder auch Dämonen! „Wie sollte man sich einen christlichen Bund denken können, bei dem jedes einzelne Mitglied, zumal wo es sich um den Gegenstand des Glaubens handelt, an seinem subjektiven Denken und Empfinden festhält, wenn es auch mit den Anschauungen der Übrigen im Widerspruch steht?“ Wenn man die Einheit nicht mehr im wahren Glauben sucht, dann sucht man die Einheit in der Gleichgültigkeit des Indifferentismus, der nichts anderes ist als Modernismus. Aber wie schon gezeigt, setzen Bergoglio und seine Vorgänger diesen immer schon voraus. Nur deswegen kann er auch so selbstverständlich und locker zum siebten Schritt übergehen:
Schritt sieben: Ich vertraue auf Dein Gebet, ganz gleichgültig welcher Religion Du angehörst.
Was in dem Video Bergoglios so plakativ und praktisch klingt, hat einen theoretischen Untergrund, der seinem Wesen nach antichristlich ist. Dieses Vertrauen Bergoglios auf das Gebet der Irrgläubigen setzt voraus, daß er Jesus Christus als den wahren Sohn Gottes leugnet. Damit ist Bergoglio nicht einmal mehr ein Christ. Was ihn freilich nicht daran hindert, viel über Jesus Christus zu reden. Auch in diesem letzten Punkt lohnt es sich, auf den „großen“ Vorgänger Bergoglios zu schauen.
Johannes Paul II. schrieb in seiner „Enzyklika“ genannten Abhandlung über den Heiligen Geist, „Dominum et Vivificantem“ (61,1): „Auch unter den gewöhnlichen Bedingungen der Gesellschaft tragen die Christen als Zeugen der wahren Würde des Menschen durch ihren Gehorsam dem Heiligen Geist gegenüber zur vielfältigen ‘Erneuerung des Antlitzes der Erde’ bei, indem sie mit ihren Brüdern zusammenarbeiten, um all das zu verwirklichen und zu vervollkommnen, was im heutigen Fortschritt der Zivilisation und Kultur, der Wissenschaft und Technik und der anderen Bereiche des menschlichen Denkens und Wirkens gut, edel und schön ist (GS 22 u. 24). Dies tun sie als Jünger Christi, der - wie das Konzil schreibt - ‘durch seine Auferstehung zum Herrn bestellt, ... schon durch die Kraft seines Geistes in den Herzen der Menschen dadurch wirkt, daß er nicht nur das Verlangen nach der zukünftigen Welt in ihnen weckt, sondern eben dadurch auch jene selbstlosen Bestrebungen belebt, reinigt und stärkt, durch die die Menschheitsfamilie sich bemüht, ihr eigenes Leben humaner zu gestalten und die ganze Erde diesem Ziel dienstbar zu machen’ (ebda. 38). So bekräftigen sie noch mehr die Größe des Menschen, der nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen worden ist, eine Größe, die im Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes voll aufleuchtet, der ‘in der Fülle der Zeit’ durch das Wirken des Heiligen Geistes in die Geschichte eingetreten ist und sich als wahrer Mensch offenbart hat, er, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung; ‘von ihm stammt alles, und wir leben auf ihn hin’ (1 Kor 8,6).“
Für Karol Wojtyla hat somit die Zusammenarbeit der Christen mit allen Menschen bei der Gestaltung des kulturellen Fortschritts eine gemeinsame spirituelle Basis, nämlich das Wirken des Heiligen Geistes in den Herzen aller Menschen. Nach ihm wirkt der Heilige Geist nicht nur in den Christen, sondern ganz allgemein in der Menschheitsfamilie. Der Heilige Geist erzeugt nicht nur das Verlangen nach der zukünftigen Welt, sondern Er belebt, reinigt und stärkt auch die guten und edlen Kräfte, die sich bemühen, das Leben der Menschheit humaner zu gestalten. Somit bekräftigen die Christen in ihrer Zusammenarbeit mit allen Menschen die Größe des nach dem Bild und Gleichnis Gottes erschaffenen Menschen, die in Christus geoffenbart ist.
Johannes Dörmann faßt die Botschaft der „Enzyklika“ folgendermaßen zusammen: „Alle Menschen sind Kinder Gottes und deshalb sind auch alle Menschen Brüder und Schwestern. Die Botschaft der Gotteskindschaft enthält die Botschaft von der wahren Freiheit und Würde des Menschen. Diese Botschaft ist an die ganze Menschheitsfamilie gerichtet, aber die Christen haben sie zu leben und zu verkünden, weil nur ihnen die befreiende Botschaft durch die Offenbarung in Christus zuteil geworden ist. Das Wissen um die wahre Freiheit und Würde der Kinder Gottes führt durch das Wirken des Heiligen Geistes in den Herzen der Menschen zur Befreiung aus allen Fesseln des Materialismus und seiner gesellschaftlichen Strukturen. Die Entdeckung der Freiheit der Kinder Gottes ist zugleich eine Entdeckung der Würde und Größe des Menschen. Sie wird verwirklicht auch durch die Zusammenarbeit der Christen mit allen Menschen zur Schaffung einer humanen Welt“ (Johannes Dörmann, Der theologische Weg Johannes Paul II. zum Weltgebetstag der Religionen in Assisi, Band II/3, Sitta Verlag 1998, S. 266).
Nochmals wird es somit bestätigt, Bergoglio fußt auf Wojtyla. Schon dieser behauptet, alle Menschen seien Kinder Gottes und deswegen Brüder und Schwestern, die aufgerufen sind, an einer besseren künftigen Welt in Friede und Gerechtigkeit zusammenzuarbeiten. Man fragt sich angesichts dieser Sachlage doch zu Recht, weshalb sich die konservativen Anhänger der Menschenmachwerkskirche über Bergoglios Video so ereifern – wo er doch zweifelsohne auf den „heiligen“ Johannes Paul II. als sein großes Vorbild verweisen kann?
Im Anschluß an obige Zusammenfassung fügt Johannes Dörmann noch eine Bemerkung an: „In der Jubiläumsbotschaft fehlt nicht zufällig der Aufruf an die nichtchristliche Menschheit zur Bekehrung und zur Annahme des christlichen Glaubens.“ Im Denkrahmen des Apostaten Wojtyla oder auch Bergoglios wäre ein solcher Aufruf zu Bekehrung nun auch wirklich fehl am Platze – was hingegen in der Enzyklika Pius XI. natürlich noch ganz anders war: „Die Einigung aller, die sich Christen nennen, kann nur durch die Rückkehr der Andersgläubigen zu der einen wahren römisch-katholischen Kirche erreicht werden, durch die Unterwerfung unter Lehramt und Leitung des Nachfolgers Petri. Daher ist es, ehrwürdige Mitbrüder, klar ersichtlich, weshalb der Apostolische Stuhl niemals zugegeben hat, daß die Seinen an Tagungen der Nicht-katholiken teilnehmen. Die Einigung der Christen läßt sich nämlich nicht anders fördern als dadurch, daß man die Rückkehr der Andersgläubigen zu der einen wahren Kirche Christi fördert, von der sie eben früher unglückseligerweise abgefallen sind. Zu der einen wahren Kirche Christi, sagen Wir, die wahrlich allen erkennbar ist und nach dem Willen ihres Stifters ständig so bleiben wird, wie Er sie zum Wohle der Gesamtheit eingesetzt hat. Denn die mystische Braut Christi ist im Verlaufe der Jahrhunderte niemals befleckt worden und kann auch nie befleckt werden. So bezeugt es Cyprian: Zum Ehebruch läßt sich die Braut Christi nicht verführen: sie ist unbefleckt und züchtig. Nur ein Haus kennt sie, die Heiligkeit eines Schlafgemaches bewahrt sie in keuscher Scham. Und derselbe heilige Märtyrer wunderte sich gar sehr, daß jemand glauben könnte, diese der göttlichen Festigkeit entstammende und mit himmlischen Geheimnissen eng verbundene Einheit könne bei der Kirche zerrissen und durch den Widerstreit einander widerstrebender Meinungen aufgelöst werden. Denn da der mystische Leib Christi, die Kirche, nur einer ist, zusammengefügt und zusammengeschlossen nach Art eines physischen Leibes, so wäre es unklug und töricht, zu meinen, der mystische Leib könne aus unzusammenhängenden und zerstreuten Gliedern bestehen: wer also nicht mit ihm verbunden ist, ist kein Glied an ihm und hängt mit seinem Haupte, Christus, nicht zusammen.“
Nach diesen Worten könnte man fast in Versuchung fallen, sich in nostalgischen Erinnerungen zu vergraben. Das waren noch Zeiten, als die römischen Päpste solch klare Worte sprachen. Leider sind die Zeiten solcher Worte vorbei – wir müssen uns mit Bergoglios Videobotschaft herumschlagen und zudem noch dabei zusehen, wie die meisten seiner Botschaft Glauben schenken, weil nämlich so ein Video eine erstaunlich suggestive Kraft besitzt – denn wie sagt der Engländer so treffend: „Learning by doing.“