Vom Fest der Erscheinung Unsres Herrn

Nach dem Hochfest der Geburt Unseres Herrn begeht die Kirche am 6. Januar ein weiteres hohes Fest: das Fest der Erscheinung des Herrn, auch Epiphanie oder „Dreikönigsfest“ genannt. Der Katechismus des hl. Pius X. erklärt uns: „Das Fest der Erscheinung des Herrn ist eingesetzt, um das Andenken an drei große Geheimnisse zu feiern, von denen das erste und Hauptgeheimnis die Anbetung der Weisen ist, das zweite ist die Taufe Jesu Christi, das dritte ist sein erstes Wunder auf der Hochzeit zu Kana in Galiläa.“ Das Evangelium des ersten Geheimnisses hören wir am 6. Januar, das des zweiten am Oktavtag von Epiphanie, dem 13. Januar, das Evangelium von der Hochzeit zu Kana wird am zweiten Sonntag nach Erscheinung verlesen.

Warum jedoch heißt das Fest, an welchem wir diese drei Geheimnisse begehen, Erscheinung oder Epiphanie? „Das Fest der Anbetung der Weisen, der Taufe Jesu Christi und seines ersten Wunders heißt Epiphanie, was Erscheinung oder Kundtuung heißt, weil sich die Herrlichkeit Jesu Christi in diesen Geheimnissen den Menschen klar kundgetan hat.“ Der heilige Papst Leo der Große jubelt in seiner Predigt zu diesem Festtag: „Freuet euch im Bewußtsein der Gemeinschaft mit dem Herrn, Geliebteste, abermals sage ich euch: Freuet euch! Denn in einem kurzen Zwischenraum leuchtet uns nach der Festlichkeit der Geburt Christi die Festlichkeit seiner Offenbarung auf; und denjenigen, den an jenem Tage die Jungfrau geboren hat, hat heute die Welt anerkannt.“

Er fährt fort: „Das menschgewordene Wort hat nämlich die ersten Schritte bei der Annahme unserer Natur in der Weise eingerichtet, daß Jesus bei seiner Geburt den Gläubigen offenkundig wurde, den Verfolgern verborgen blieb. Also hat schon damals der Himmel die Ehre Gottes verkündet und in die ganze Welt ist der Widerhall der Wahrheit hinausgegangen, als den Hirten das Heer der Engel als Herold des geborenen Erlösers erschien und die Weisen der ihnen voranziehende Stern zur Anbetung desselben führte, damit vom Morgenlande bis zum Abendlande das Erscheinen des wahren Königs seine Strahlen leuchten ließ, insofern als die Reiche des Morgenlandes die Glaubwürdigkeit der Tatsachen durch die Weisen erfuhren, und er auch im römischen Kaiserreich nicht verborgen blieb.“ Der heilige Thomas bestätigt: „Es ist durchaus glaubwürdig, daß auch in anderen Teilen der Welt gewisse Zeichen der Geburt Christi erschienen sind. So floß in Rom ein Ölstrom und in Spanien erschienen drei Sonnen, die allmählich zu einer sich vereinigten“ (III 36 3 ad 3).

Wer waren die drei Weisen? Der Katechismus sagt: „Die Weisen waren angesehene Persönlichkeiten aus dem Morgenland, die sich dem Studium der Weisheit hingaben.“ Der heilige Thomas meint mit dem heiligen Hieronymus, daß es sich um weise Sterndeuter gehandelt habe, die bei den Chaldäern und Persern „Magier“ genannt wurden. Sie kamen entweder aus dem fernen Osten oder aus Gegenden östlich von Judäa.

„Warum kamen die Weisen, Jesus Christus anzubeten?“, fragt der Katechismus weiter und antwortet: „Die Weisen kamen, Jesus Christus anzubeten, weil sie, als ein neuer Stern erschien, durch göttliche Eingebung erkannten, daß dieser das Zeichen der Geburt des Königs der Juden, des Retters der Menschen sei.“

Der heilige Thomas von Aquin fragt sich in seiner „Summa“ (III q. 36 a. 5), ob es angemessen war, daß die Geburt Christi durch Engel und einen Stern angekündigt wurde. Er erklärt dazu, daß es normal ist, jemandem etwas kundzutun durch jene Mittel, die diesem geläufig sind. Nun seien es aber die Juden gewohnt gewesen, göttliche Offenbarungen durch Engel zu erhalten, während die Heiden und namentlich ihre Sternkundigen die Gewohnheit hatten, den Lauf der Gestirne zu beobachten. Somit wurde den Juden die Geburt Christi passend durch Engel verkündet, den heidnischen Weisen jedoch durch einen Stern.

Der Aquinate zeigt sich mit dem heiligen Chrysostomus überzeugt, daß der Stern von Bethlehem, der den Weisen erschien, kein gewöhnlicher Stern war (III q. 36 a. 7). Erstens, weil der Stern sich in eine Richtung bewegte, wie dies sonst keiner tut, nämlich von Nord nach Süd, welches der Lauf des Weges der Weisen war. Zweitens, weil der Stern nicht nur in der Nacht erschien, sondern auch mitten am Tag, was kein normaler Stern tut, ja nicht einmal der Mond. Drittens, weil der Stern bald auftauchte und bald wieder verschwand; so etwa war er verborgen, als die Weisen Jerusalem betraten, und zeigte sich wieder, als sie Herodes verließen. Viertens, weil der Stern sich nicht gleichmäßig bewegte, sondern vielmehr voranging, wenn die Weisen gehen sollten, und stehen blieb, wenn sie ihrerseits stehen bleiben sollten, ebenso wie es die Wolkensäule in der Wüste bei den Israeliten tat. Fünftens, weil der Stern nicht von der Höhe herab den Ort anzeigte, an welchem die Jungfrau geboren hatte, sondern indem er dorthin herabstieg, um genau die Stelle zu kennzeichnen, an welcher das göttliche Kind lag. Die Aussage der Weisen, sie hätten den Stern im Osten aufgehen sehen, sei also nicht so zu verstehen, als hätten sie vom Osten aus den Stern über Judäa aufgehen sehen, sondern so, daß er bei ihnen im Osten aufging und vor ihnen herzog nach Judäa. Mithin sei der Stern von einer geistigen Kraft bewegt worden, meint Chrysostomus.

Nun meinen einige, sagt der heilige Thomas, der Stern sei der Heilige Geist selbst gewesen, andere wiederum, es sei die Erscheinung eines Engels gewesen, womöglich desselben, der auch den Hirten die Geburt des Heilands verkündet habe. Der Doctor angelicus selber jedoch hält es für am wahrscheinlichsten, daß der Stern von Gott eigens geschaffen worden ist, und zwar in Erdnähe, um den Weisen den Weg zu zeigen. Jedenfalls muß es sich um einen wunderbaren Stern gehandelt haben, nicht um ein zwar seltenes und auffallendes, jedoch ganz natürliches kosmisches Ereignis.

„Die Weisen kamen nach Bethlehem, um Jesus Christus anzubeten“, lehrt uns wiederum der Katechismus. Sie wußten, daß Jesus Christus in Bethlehem geboren war, denn sie „gingen nach Jerusalem, der Hauptstadt von Judäa, wo der heilige Tempel Gottes stand, und dort erfuhren sie von den Priestern, daß der Messias nach den Weissagungen in Bethlehem geboren werden müsse“. Wir lesen in der Heiligen Schrift, daß Herodes erschrak, als die Weisen ihn nach dem neugeborenen König der Juden fragten, und sofort die „Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes“ versammelte, denn er selbst war kein Jude, und so befragte er die Hohenpriester und Schriftgelehrten „des Volkes“, und zwar des jüdischen Volkes, „wo Christus geboren werden sollte“. „Jene aber sprachen zu ihm: Zu Bethlehem im Stamme Juda; denn so ist geschrieben durch den Propheten: Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten Judas, denn aus dir wird hervorgehen der Führer, der meinem Volke Israel ein Hirt sein wird“ (Mt 2,5f).

Die Hohenpriester und Schriftgelehrten wußten also ganz genau, wo der Messias geboren werden würde. Sie kannten die Propheten in- und auswendig. Sie wußten auch von Daniel und anderen, wann der Messias geboren würde, nämlich gerade um diese Zeit, und sie wußten von Ezechiel, daß dieser „Hirt“ für das Volk Israel kein anderer als Gott selber sein werde. Alles stand bereits in den Heiligen Schriften, und sie kannten all das. Und doch fand es keiner nötig, sich nach Bethlehem aufzumachen, um den neugeborenen Gottkönig anzubeten, als allein die drei Fremden aus dem Morgenland. „Er kam in das Seine, doch die Seinigen nahmen Ihn nicht auf.“

Der Katechismus weiter: „Nachdem die Weisen Jerusalem verlassen hatten, führte sie der Stern, den sie bereits im Morgenlande gesehen hatten, nach Bethlehem. Er ging vor ihnen her und blieb erst stehen, als sie an dem Ort angelangt waren, wo das göttliche Kindlein lag.“ Gott hatte es bewußt so gefügt, daß sie zuerst nach Jerusalem gingen, um dort nach dem neugeborenen König zu fragen und so dem Herodes und den „Hohenpriestern und Schriftgelehrten des Volkes“ Zeugnis zu geben.

„Nachdem die Weisen Jesus Christus gefunden hatten, beteten sie ihn an und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe dar, um ihn so als wahren König, wahren Gott und wahren Menschen anzuerkennen.“ Der heilige Thomas sagt, die drei Weisen seien die „Erstlingsgabe der Heiden, die an Christus glauben“, in ihnen erscheine wie in einer Vorausschau die Kirche der Heiden, „der Glaube und die Frömmigkeit der Heidenvölker, die aus der Ferne zu Christus kommen“. „Und wie der Glaube und die Frömmigkeit der Völker durch Inspiration des Heiligen Geistes ohne Irrtum ist, so muß man auch glauben, daß die Weisen, vom Heiligen Geist inspiriert, in (übernatürlicher) Weisheit handelten, als sie Christus (göttliche) Ehren erwiesen“ (III q. 36 a. 8).

„Stehe auf, werde Licht, Jerusalem, denn es kommt dein Licht und die Herrlichkeit des Herrn geht über dir auf“, so besingt die Liturgie an diesem Tag dieses Geheimnis mit dem Propheten Isaias. „Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, über dir aber geht der Herr auf und seine Herrlichkeit erscheint in dir. Und es wandeln Völker in deinem Lichte und Könige im Glanze, der dir aufgegangen. Erhebe ringsum deine Augen und siehe: alle diese scharen sich zusammen, sie kommen zu dir, deine Söhne kommen von fern und deine Töchter erstehen von den Enden der Erde. Du wirst dann sehen und überfließen, dein Herz wird staunen und sich erweitern, wenn die Fülle des Meeres sich zu dir hinwendet und die Stärke der Nationen zu dir kommt. Eine Flut von Kamelen wird dich bedecken, Dromedare von Madian und Epha, allzusammen kommen sie aus Saba, Gold und Weihrauch bringend und das Lob des Herrn verkündend“ (Is 60,1-6).

Die Geschenke der Weisen waren der Würde Christi angemessen, sagt uns der Aquinate (ad 4): „Gold nämlich als dem großen König, Weihrauch, welcher zum Opfer für Gott verbrannt wird, opfern sie ihm als Gott, Myrrhe, mit welcher die Leiber der Verstorbenen gesalbt werden, bringen sie dar demjenigen, der zum Heile aller sein Leben geben wird.“ Somit sollen wir, wie der heilige Gregor sagt, „dem neugeborenen König Gold, durch welches die Weisheit dargestellt ist, opfern, indem wir im Angesichte Seiner Weisheit vom (übernatürlichen) Lichte strahlen; Weihrauch jedoch, durch welchen die Hingabe im Gebet bezeichnet wird, opfern wir Gott, wenn wir durch eifriges Bemühen im Gebet Gott zum Wohlgeruch werden; Myrrhe, welche die Abtötung des Fleisches sinnbildet, opfern wir, wenn wir die Laster des Fleisches durch die Enthaltsamkeit abtöten“.

Was müssen wir also nun „tun, um das Fest der Erscheinung im Geiste der Kirche würdig zu feiern“? Der Katechismus: „Um das Fest der Erscheinung des Herrn im Geiste der Kirche würdig zu feiern, müssen wir vier Dinge tun: 1. in der Berufung der Weisen, welche die ersten zur Erkenntnis Jesu Christi berufenen Heiden waren, die Erstlinge unserer Berufung zum Glauben erkennen und dem Herrn danken, daß er uns zu Christen gemacht hat“. Dank ist ja immer unsere erste Pflicht Gott gegenüber, und wenn wir bedenken, welche große Gnade es gerade in unserer heutigen Zeit bedeutet, Christen zu sein, so haben wir allen Grund dazu.

Wir müssen „2. Gott um die Ausbreitung des großen Gutes des Glaubens bei denen bitten, die diesen noch nicht haben“. Welch großes und unverdientes Glück, den Glauben zu haben, und welch übergroßes Unglück, ihn nicht zu haben! „Wer glaubt, wird gerettet, wer nicht glaubt, wird verdammt werden.“ Niemand, der den wahren Glauben hat, wird ungerührt und tatenlos dabei zusehen können, wie andere zugrunde gehen. Dem Guten ist es eigen, sich zu verströmen, und so drängt auch der Glaube dazu, anderen mitgeteilt zu werden.

Drittens sollen wir „die Liebe zu Jesus in uns erwecken und uns vornehmen, den göttlichen Eingebungen bereitwillig zu folgen“. Auch für jeden von uns hat Gott einen „Stern“ erschaffen, um uns zu dem göttlichen Kind zu führen, wir müssen ihm nur folgen, wie es die Weisen aus dem Morgenland getan haben. Und so sollen wir diesem viertens „nach dem Vorbild der Weisen durch Werke der Almosen, des Gebetes und der christlichen Abtötung einen Erweis unserer Andacht darbringen“.

Vergessen wir nicht, daß es von den Weisen heißt: „Und in das Haus eintretend, fanden sie das Kind mit Maria, seiner Mutter“ (Mt 5,11). Wir finden das göttliche Kind eben nur „mit Maria, seiner Mutter“. Sie ist der Königsweg zu Ihm und Seinem göttlichen Herzen.