Am 29. Juni dieses Jahres „weihte“ der „emeritierte Präfekt der Glaubenskongregation“, „Cardinal“ Müller, „in Courtalain bei Chartres fünf Kandidaten zum Diakon und zwei Diakone zu Priestern“. Das berichtete „kath.net“. Was nicht dabei stand: Diese „Weihen“ fanden für das „Institut vom Guten Hirten“ statt, eine aus der „Piusbruderschaft“ entsprungene Tradi-Genossenschaft, und selbstverständlich im „alten Ritus“.
Der „Cardinal“ erläuterte dazu „wörtlich“ gegenüber „kath.net“: „Dieser Bitte, diese Weihen zu erteilen, bin ich nachgekommen wegen des Weihesakraments an sich, nicht wegen der Form des außerordentlichen Ritus, weil die beiden rituellen Varianten des lateinischen Ritus für die Substanz des von Christus eingesetzten und im Heiligen Geist wirksamen Sakraments zweitrangig sind. (Das nur zur Erklärung gegenüber zwei entgegengesetzten falschen Positionen). Im Text ist das genauer erklärt.“
Historisch-kritische Methode
Der „Text“, der das erklären soll, ist die Predigt, die der Ex-„Glaubenspräfekt“ bei dieser Gelegenheit gehalten hat. Nach guter Modernisten-Art beginnt er mit einer historisch-kritischen Herleitung der kirchlichen Ämter oder „Dienste“. Müller beruft sich auf einen „Brief der Römischen Kirche an die Christen in Korinth, der nach Clemens, dem dritten Bischof auf der römischen Cathedra Petri benannt ist“. Man beachte: Dieser „Clemens-Brief“ stammt nicht etwa von Papst Clemens, sondern von der „Römischen Kirche“, deren „Gemeindetheologie“ er wohl wiedergibt. Nach Clemens ist er nur „benannt“. Das eben ist die historisch-kritische Methode.
In diesem im Grunde anonymen Schreiben also „finden wir das Zeugnis der apostolischen Sukzession der Bischöfe“, deren „Vollmacht als Lehrer und Hirten“ von den „Vorstehern der Kirche ausgeübt“ wird, „die durch Handauflegung und Gebet der Apostel und ihrer Nachfolger von Gott selbst zu Dienern Christi geweiht worden sind in der Kraft des Heiligen Geistes (Apg 20, 28)“. „Die schon in der Ur-Kirche neben den Aposteln genannten Neuen Dienste von Bischöfen und Presbytern (Apg 15, 6. 22; Apg 20, 17.28; Tit 1, 6-9), denen die Diakone hilfreich zur Seite stehen (Apg 6, 2-6; Phil 1, 1; 1Tim 3, 1-13; 5, 17-22), bilden die drei Stufen des einen Weihesakraments, wie es klar bezeugt wird von der Traditio Apostolica des Hippolyt von Rom um die Wende zum 3. christlichen Jahrhundert“, weiß der „Cardinal“, exegetisch hochgebildet, wie er sich anhand der vielen Angaben von Bibelstellen erweist.
„Neue Dienste“
Wenn wir ihn recht verstehen, dann gab es am Anfang nur „Vorsteher“, „die durch Handauflegung und Gebet der Apostel und ihrer Nachfolger von Gott selbst zu Dienern Christi geweiht worden sind in der Kraft des Heiligen Geistes“, während sich dann in der „Ur-Kirche“ (sage jemand, die Modernisten mit ihrem Faible für die „Ur-Kirche“ seine keine „Traditionalisten“!) rasch die „Neuen Dienste von Bischöfen und Presbytern“ herausbildeten, denen später noch die Diakone zur Seite gestellt wurden. Zweimal beruft er sich dabei auf die Stelle 20,28 der Apostelgeschichte.
Diese berichtet von einer Rede, die der heilige Paulus in Milet an die „Vorsteher der Kirche“ (Apg 20, 17) von Ephesus gehalten hat. Der Kommentar von Arndt-Allioli bemerkt dazu: „Paulus berief die Vorsteher der Nachbarkirche von Ephesus (Iren.), wenigstens einige derselben sind Bischöfe. (V. 28).“ Der bewußte Vers 28 lautet: „Habet acht auf euch und auf die gesamte Herde, in welcher euch der heilige Geist zu Bischöfen (lat. „Episcopos“) gesetzt hat, die Kirche Gottes zu regieren, welche er mit seinem Blute erworben.“ Der Bibelkommentar von Arndt-Allioli erklärt uns hier: „Der Grund, weshalb die Namen Presbyter (Vorsteher) und Bischöfe noch nicht immer genau auseinander gehalten werden, lag darin, daß der eigentliche Bischof und Hirte jedesmal in dem Apostel verehrt ward, welcher die Kirche gestiftet und von Anfang an geleitet hatte.“ Demnach hätten sich keine „Neuen Dienste“ herausgebildet, sondern nur die Bezeichnungen wurden präzisiert und genauer unterschieden.
Wahl und Weihe
Weiter im Kommentar: „Nach dem Tridentiner Concil (Sitz. 23. Über das Sakrament der Priesterweihe Kap. 6) sind hier die Bischöfe angeredet. Die Bischöfe sind durch den heil. Geist gesetzt, da derselbe nicht nur die Wahl der Bischöfe leitet, sondern auch selbst durch Handauflegung oder Weihe innerlich als Gnadengabe zur Ausübung des Amtes mitgeteilt wurde.“ Man beachte die Unterscheidung zwischen der Einsetzung der Bischöfe durch „Wahl“ und der innerlichen Mitteilung der Gnadengabe durch die „Handauflegung oder Weihe“. Durch erstere wird die „Vollmacht als Lehrer und Hirten“ verliehen, durch letztere das Weihesakrament gespendet. Der „Cardinal“ ist dafür bekannt, daß er beides nicht auseinanderhält, so auch hier, wo er andeutet, daß Hirten-Vollmacht und Gnade gleichermaßen und gleichzeitig durch die „Handauflegung“ vermittelt werden. Wenn er sich im folgenden auf das Weihesakrament beschränkt, dann nicht nur deshalb, weil er eine „Weihe“ vorzunehmen im Begriff ist, sondern auch deshalb, weil diese für ihn gleichsam alles in sich enthält, inklusive aller zugehörigen Vollmachten.
„Die Bischöfe, Presbyter und Diakone werden vom Heiligen Geist innerlich mit der Gnade Gottes erfüllt, ‚so dass sie geeignete Diener Christi sind‘“, spricht der einstige „Präfekt“ und beruft sich auf das „Konzil von Florenz, Dekret für die Armenier. DH 1326“. „Und diese Gnade der Weihe wird in einem sichtbaren und wirksamen Zeichen übertragen“, fährt er fort. Langsam kommen wir zum Kern der Sache, der eingangs bereits angesprochen wurde, dem Verhältnis zwischen dem Sakrament und dem Ritus, in welchem es gespendet wird. „Um alle Zweifel bezüglich Materie und Form des Weihesakraments zu beseitigen hat Papst Pius XII. mit ‚höchster Apostolischer Autorität‘ Folgendes bestimmt: die einzige Materie der Heiligen Weihen des Diakonats, Presbyterats und Episkopates besteht in der Auflegung der Hände, die Form aber ist das Weihegebet, das diese Materie determiniert, durch das die sakramentalen Wirkungen hervorgebracht werden, nämlich die Weihevollmacht und die Gnade des Heiligen Geistes.“ Als ehemaliger „Professor“ gibt Müller auch hier sorgfältig die Quelle an: „Apostolische Konstitution ‚Sacramentum ordinis‘: DH 3859“.
Der „Spiritus principalis“
Dann versetzt er: „Der Papst fügt ausdrücklich hinzu, dass dies für alle Riten der universalen Kirche gilt, d. h. selbstverständlich auch für den westlich-lateinischen Ritus in seinen Entwicklungsstufen vor und nach der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils.“ An dieser Stelle wäre es nun interessant gewesen, wenn er einen kleinen Exkurs eingeschaltet hätte, um zu untersuchen, ob die „Entwicklungsstufe“ des „westlich-lateinischen Ritus“, sagen wir: der Bischofsweihe, „nach der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils“ noch ebenso die „Materie determiniert“, „nämlich die Weihevollmacht und die Gnade des Heiligen Geistes“, wie sie es vor dieser „Reform“ getan hat. Es gibt umfangreiche Studien, die nachweisen, daß das nicht der Fall ist.
In der „Form“ des „neuen Ritus“ der „Bischofsweihe“ wird nämlich der „spiritus principalis“ verliehen, von dem eigentlich niemand so recht weiß, wer oder was das sein soll. In der deutschen Version dieses „Weiheritus“ wird er mit „Geist der Leitung“ wiedergegeben. Demnach würde hier weder die „Weihevollmacht“ zum Ausdruck gebracht noch die „Gnade des Heiligen Geistes“, sondern eine Art Leitungsvollmacht „als Lehrer und Hirte“ verliehen, also eine Einsetzung ins Amt eines Bischofs vorgenommen. Tatsächlich zeigen einige Untersuchungen, daß die Formel in ihrem ursprünglichen historischen Kontext, auf den sich ihre Verteidiger immer berufen, genau in diesem Sinne gebraucht wurde, also nicht zur Weihe eines Bischofs, sondern zur Inthronisation eines bereits geweihten Bischofs. (Für Müllern wäre das freilich egal, weil für ihn beides eines ist.)
Andere Ausleger deuten den „Spiritus principalis“ ganz einfach als den Heiligen Geist. Dann wäre zwar die „Gnade des Heiligen Geistes“ zum Ausdruck gebracht, nicht aber die „Weihevollmacht“. So oder so erfüllt die „Form“ dieser „Neuen Bischofsweihen“ nicht die Bedingungen, die Papst Pius XII. „mit ‚höchster Apostolischer Autorität‘“ bestimmt hat. Sie „determiniert“ nicht die Materie und kann nicht jenes „Weihegebet“ sein, „durch das die sakramentalen Wirkungen hervorgebracht werden“. Mit anderen Worten, es werden bei diesen „Weihen“ gar keine „sakramentalen Wirkungen hervorgebracht“.
Für Müllern ist das höchst fatal, denn da er in diesem unfruchtbaren Ritus „geweiht“ wurde, ist er gar kein gültiger Bischof. Doch nicht nur für ihn, auch für die armen „Kandidaten“ des „Instituts vom Guten Hirten“ ist das eine Katastrophe, da sie trotz der feierlich vollzogenen Zeremonien im „außerordentlichen Ritus“ weder zu Priestern noch zu Diakonen geweiht wurden, sondern Laien geblieben sind und alle von ihnen wiederum gespendeten „Sakramente“ (mit Ausnahme der Taufe) ungültig, ihre „Heiligen Messen“ und „Lossprechungen“ bloße Simulationen sein werden. Was das für die bedauernswerten Gläubigen bedeutet, die diese „Priester“ und „Diakone“ um Sakramentenspendung angehen, kann man sich ausmalen.
Küchengeschichten
Darüber hätte der „Cardinal“ vielleicht nachdenken und predigen sollen. Stattdessen kommt er mit einer Küchengeschichte aus dem Vatikan, was allemal interessanter ist und besser ankommt als theologische Darlegungen, vor allem wenn diese für den Redner und seine Zuhörer so peinlich ausfallen würden. Müller beginnt also nun, von „meinem Gespräch mit einem hohen Repräsentanten des römischen Dikasteriums für den Gottesdienst zu erzählen“. Ja, so als „Cardinal“, da hat man halt – bei aller Bescheidenheit – Kontakte zu den höchsten „Repräsentanten“ der „römischen Dikasterien“! Müller war noch ganz „bewegt von der Glaubenstreue der 20.000 Jugendlichen, mit denen ich am Pfingstmontag die Heilige Messe in der Kathedrale von Chartres feiern durfte“ – auch das mußte mit einfließen, um ihm die Herzen seiner Zuhörer, lauter französischer „Tradis“, desto inniger zufliegen zu lassen –, und da brachte ihm der „hohe Repräsentant“ den „Einwand“, „dass dies keineswegs ein Grund zur Freude sei, weil diese hl. Messe im älteren Ritus gefeiert wurde“. So eine Gemeinheit!
Der „Cardinal“ spielt perfekt seine Rolle. Er hat seine Zuhörer am Haken und schlägt nun kräftig in die Klaviatur des „Tradi-Populismus“: „Lieber leere Kirchen als Messen im älteren Ritus, war sein Credo. Denn manche sehen im älteren Messritus die größere Gefahr für die Einheit der Kirche als in der Umdeutung des Credo oder gar dem Fernbleiben von der hl. Messe überhaupt. Sie interpretieren die Vorliebe für den älteren Ritus als Ausdruck eines sterilen Traditionalismus, dem mehr an die [sic!] Theatralik der Liturgie liege als an der lebendigen Gemeinschaft mit Gott, die sie vermittelt.“ Daß er vor nicht allzu langer Zeit noch selber dieses „Credo“ vertreten hat und beispielsweise als „Bischof“ von Regensburg ganz in diesem Sinn gegen die „Piusbrüder“ agierte, ist längst vergessen und vorbei. Jetzt hat er ja auf die Seite der „Guten“ gewechselt und kann sich auf Kosten der „hohen Repräsentanten“ des Vatikan – zu denen er ja leider nicht mehr gehört, wofür er sich auf diese Weise schadlos hält – einschmeicheln und als „Tradi“ profilieren.
Inhalt der Sakramente und rituelle Form
Der „Cardinal“ will auf diesen „Einwand“ seines Ex-Kollegen geantwortet haben, daß ihm „als einem altem Professor der Dogmatik der Inhalt der Sakramente, die res sacramenti, wichtiger sei als die im Verhältnis dazu zweitrangige rituelle Form, genauer gesagt die ausdeutenden Zeremonien, die das sichtbare Zeichen (in Form und Materie) umgeben“. „Denn die geoffenbarte Lehre des Glaubens und die Substanz der Sakramente ist der Kirche unveräußerlich und unveränderlich vorgegeben, während es eine legitime Vielfalt der theologischen Schulen und der liturgischen Riten gibt.“ Bei dieser Gelegenheit kann er sich nicht enthalten, einen kleinen Seitenhieb auszuteilen gegen diejenigen, „die sich so gerne auf das II. Vatikanum berufen um anderen eine vorkonziliare Mentalität vorwerfen“ und ihrerseits nicht „die Mahnungen des Konzils beherzigen“, das „im Dekret über den Ökumenismus“ den Pluralismus feiert und die „Verschiedenheit der Riten“ unter „Wahrung der Einheit“ in „Liebe“ preist als Ausdruck der „wahren Katholizität und Apostolizität der Kirche“. Ob er selber nicht auch einmal zu diesen gehört hat?
Ja, schön hat er das gesagt, oder nicht? Das vom „Inhalt der Sakramente“, der doch so viel „wichtiger“ ist als „die im Verhältnis dazu zweitrangige rituelle Form“. Die Kirche hat das immer etwas anders gesehen und der „zweitrangigen rituellen Form“ sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt, damit nicht unversehens der „Inhalt der Sakramente“ dadurch geschädigt oder beeinträchtigt werde. Der „Cardinal“ hat selber ein Beispiel gegeben, was passiert, wenn man hier unachtsam ist und vor lauter „Zweitrangigkeit“ der „rituellen Form“ völlig übersieht, daß der „Inhalt des Sakraments“ bei der „Entwicklungsstufe“ des „westlich-lateinischen Ritus“ der Bischofsweihe „nach der Liturgiereform des II. Vatikanums“ völlig über Bord ging. Denn es wurden nicht nur „die ausdeutenden Zeremonien, die das sichtbare Zeichen (in Form und Materie) umgeben“, verändert, sondern bei dieser Gelegenheit auch das „sichtbare Zeichen“ selbst, genauer die Form. Damit das nicht geschehe, sind die „ausdeutenden Zeremonien“ ein ganz wichtiger Schutz.
Die Lehre des Konzils von Trient
Das Konzil von Trient bestimmte in der 7. Sitzung feierlich in Kanon 13: „Wer sagt, die überkommenen und anerkannten Riten der katholischen Kirche, die bei der feierlichen Spendung der Sakramente gewöhnlich angewendet werden, könnten entweder verachtet oder ohne Sünde von den Spendern nach Belieben ausgelassen oder durch jeden beliebigen Hirten der Kirche in neue, andere geändert werden: der sei mit dem Anathema belegt“ (DH 1613). Wieso das, wenn doch die „rituelle Form“ der Sakramente so „zweitrangig“ ist, wie der „Cardinal“ uns lehrt?
In der 22. Sitzung verkündet dieses Konzil speziell über den Kanon der Heiligen Messe: „Und da Heiliges heilig verwaltet werden soll und dieses Opfer das Heiligste von allem ist, hat die katholische Kirche, damit es ehrwürdig und ehrfürchtig dargebracht werde, vor vielen Jahrhunderten den heiligen Kanon eingeführt, der so von allem Irrtum rein ist, daß nichts in ihm enthalten ist, das nicht im höchsten Maße den Duft einer gewissen Heiligkeit und Frömmigkeit verströmen läßt und die Gemüter derer, die es darbringen, zu Gott emporrichtet. Er besteht nämlich sowohl aus den Worten des Herrn selbst als auch aus den Überlieferungen der Apostel und ferner den frommen Einrichtungen heiliger Päpste“ (Über das Meßopfer, 4. Kap., DH 1745). Und doch soll es „zweitrangig“ sein, daß dieser Kanon nach eineinhalb Jahrtausenden schlicht und einfach dem „Novus Ordo“ mit seinen diversen „Eucharistischen Hochgebeten“ geopfert wurde?
Dasselbe Konzil lehrt in Kapitel 5 der 22. Sitzung, in welchem es über die „Zeremonien beim Meßopfer“ handelt: „Und da die Natur der Menschen so beschaffen ist, daß sie sich nicht leicht ohne äußere Hilfsmittel zur Betrachtung der göttlichen Dinge erheben kann, deswegen hat die gütige Mutter Kirche bestimmte Riten eingeführt, nämlich daß in der Messe einiges mit leiser, anderes aber mit lauter Stimme gesprochen werden soll; desgleichen verwandte sie aufgrund der apostolischen Lehre und Überlieferung Zeremonien (…); einerseits sollte dadurch die Erhabenheit dieses so großen Opfers hervorgehoben werden, andererseits sollten die Gemüter der Gläubigen durch diese sichtbaren Zeichen der Religion und Frömmigkeit zur Betrachtung der höchsten Dinge, die in diesem Opfer verborgen liegen, angeregt werden“ (DH 1746). Wenn die Kirche sich solche Mühe um die Riten gegeben und diese so sorgfältig angeordnet, vorgeschrieben, bewahrt und behütet hat, dann sollen diese „zweitrangig“ sein? Nein, die Kirche wußte, was sie tat, weil sie wußte, wie wichtig diese Riten sind. Es war immer ein auffälliges Zeichen der Häretiker und Schismatiker, daß sie die Riten der Sakramente und der Hl. Messe änderten. Und das „II. Vatikanum“ hat sämtliche Riten geändert, ohne Ausnahme!
Die Wichtigkeit des Ritus
Wohlgemerkt, die Kirche sagt nicht, daß man die Riten der Sakramente nicht ändern darf. Das Konzil von Trient selber erklärt in seiner 21. Sitzung in Kapitel 2 über die Heilige Kommunion, daß die Kirche allzeit die Vollmacht besitze, „bei der Verwaltung der Sakramente – unbeschadet ihrer Substanz – das festzulegen oder zu verändern, was nach ihrem Urteil dem Nutzen derer, die sie empfangen, bzw. der Verehrung der Sakramente selbst entsprechend der Verschiedenartigkeit von Umständen, Zeiten und Gegenden zuträglicher ist“ (DH 1728). Doch wie Papst Pius XII. in seiner Enzyklika „Mediator Dei“ vom 20. November 1947 (Nr. 58) schreibt, „steht nur dem Papst das Recht zu, eine gottesdienstliche Praxis anzuerkennen oder festzulegen, neue Riten einzuführen und gutzuheißen, sowie auch jene zu ändern, die er für änderungsbedürftig hält“. Das eben deshalb, weil die Riten nicht „zweitrangig“, sondern „höchstrangig“ sind. Nur dem Obersten Hirten der Kirche steht es zu, an ihnen Änderungen vorzunehmen.
Damit sind wir mitten im Dilemma der „Traditionalisten“. Einerseits wollen sie unbedingt an ihren „überlieferten Riten“ festhalten, andererseits aber das „II. Vatikanum“ und die „Konziliaren Päpste“ ebenso unbedingt als echtes Konzil und wahre katholische Päpste anerkennen. Damit müßten sie aber eigentlich bereit sein, ihre „überlieferten Riten“ endlich aufzugeben und die „reformierten“ anzunehmen. Kein wahrer Papst, der Reformen vorgenommen hat, hat bisher gestattet, daß man neben den reformierten auch die „überlieferten“ Riten benutzen darf. Der heilige Papst Pius V. hat das, als er das Römische Missale erneuerte, ebenso verboten wie der heilige Papst Pius X., als er seine Brevierreform durchführte. In seiner Konstitution „Divino afflatu“ vom 1. November 1911 verfügt der heilige Pius X. kategorisch: „Daher erklären Wir vor allem in Kraft dieses Rundschreibens die Ordnung des Psalteriums, wie sie gegenwärtig im Römischen Brevier vorliegt, für abgeschafft und verbieten seinen Gebrauch vom 1. Januar 1913 an ganz und gar.“ Aber ach, wie schreien die „Traditionalisten“ Zeter und Mordio, wenn ihr „Papst Franziskus“ heute dasselbe mit ihrer „Traditionellen Lateinischen Messe“ versucht!
Fazit
Wäre „Franziskus“ wirklich der Papst, so wäre er vollkommen im Recht. Ja, er hat viel besser verstanden als „Cardinal“ Müller und auch als seine beiden Vorgänger, vor allem Ratzinger, wie wichtig die Riten in Wahrheit sind. Er liegt in diesem Punkt ganz auf der Linie der heiligen Pius V. und Pius X., die ihren liturgischen Reformen keinerlei „Zweitrangigkeit“ beimaßen. Und das vollkommen zu Recht. Wer bei den von wahren Päpsten approbierten oder promulgierten Riten bleibt, hat die Garantie der Sicherheit und der Fruchtbarkeit. Wer sie aufgrund ihrer „Zweitrangigkeit“ mit den falschen Riten falscher „Päpste“ mischt, verliert beides und landet in hohlen Zeremonien, in bloßen Simulationen, die keine Gnaden vermitteln, sondern den Zorn Gottes herabrufen müssen. Er erfüllt damit genau die vom „hohen Repräsentanten“ vertretene Auffassung vom „Traditionalisten“, dem an der „Theatralik der Liturgie“ mehr liegt „als an der lebendigen Gemeinschaft mit Gott, die sie vermittelt“. Und auch darin hatte der „hohe Repräsentant“ recht, daß die „Meßfeier“ mit den „20.000 Jugendlichen“ in Chartres kein „Grund zur Freude“ sei, weil sie - „älterer Ritus“ hin oder her - von einem „Cardinal“ gefeiert wurde, der gar keine gültige Weihe hat.
Einmal mehr müssen wir feststellen, daß nicht das Festhalten an der „Tradition“ entscheidend ist, sondern das Festhalten am wahren Papst. Mögen die „Traditionalisten“ das endlich begreifen und sich nicht durch „falsche Propheten“ verführen lassen, die „in Schafskleidern einhergehen, innerlich aber reißende Wölfe sind“, indem sie zwar „traditionelle“ Weihen vornehmen, in Wahrheit aber „konziliare Geister“ sind und uns die „Konziliaren Päpste“ einschließlich Bergoglio als Statthalter Christi verkaufen wollen.