Apostel der Letzten Zeiten

1. Der heilige Ludwig Maria Grignion von Montfort war nicht nur ein großer Theologe, Volksmissionar und Marienverehrer, er war auch ein Prophet. Er sah für das Ende der Zeiten ein Marianisches Zeitalter herankommen, in welchem Maria verehrt werden würde wie nie zuvor. In Verbindung mit dem Heiligen Geist würde sie in dieser Zeit so große Heilige hervorbringen, daß sie die übrigen Heiligen überragten wie die Zedern des Libanon das niedere Gesträuch. Das Marianische Zeitalter ist somit auch ein Zeitalter des Heiligen Geistes.

Zugleich ist es dasjenige Zeitalter, in welchem sich die Angriffe Satans gegen die Kinder Mariens in einer unerhörten Weise steigern werden bis hin zum Antichristen. Es ist die Zeit der Entscheidungsschlacht zwischen Maria und dem Satan, zwischen der Frau und ihrem Samen und der Schlange und deren Samen. Es ist die eigentliche Erfüllung des Protoevangeliums aus der Genesis: „Feindschaft will ich setzen zwischen dir und dem Weibe, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; sie wird dir den Kopf zertreten, du aber wirst ihrer Ferse nachstellen“ (Gen 3,15).

Mit dieser „Ferse“, welcher der Satan nachstellen und mit welcher die allerseligste Jungfrau ihm das Haupt, den Sitz seines Stolzes, zertreten wird, sind nach dem Heiligen „ihre demütigen Diener und ihre bescheidenen Kinder gemeint ..., welche Maria aufrufen wird, um ihn zu bekämpfen“. „Es werden unscheinbare, arme Menschen sein in den Augen der Welt, von allen erniedrigt, getreten und gedrückt, wie die Ferse im Vergleich zu den übrigen Gliedern des Körpers. Aber dafür werden sie reich sein an Gnaden vor Gott, die ihnen Maria im Überfluß zuwenden wird.“

2. In seinem „Prophetischen Flammengebet“ wird der heilige Ludwig Maria noch konkreter. In diesem Gebet fleht er um Priester für eine „Congregatio“ oder Genossenschaft, die er von etlichen prophetischen Geistern wie dem hl. Vinzenz Ferrer und der hl. Katharina von Siena vorhergeschaut und in der Heiligen Schrift an vielen Stellen, besonders im Psalm 67, geheimnisvoll angedeutet findet. Er nennt sie „Apostel Mariens“, „Söhne Mariä“, „heilige Missionäre“. Sie werden auftreten zu einer Zeit, da alles am Erschlaffen und Absterben ist. Es werden Priester sein „ganz voll Feuereifer, durch deren Dienst das Angesicht der Erde erneuert und Deine Kirche wiederhergestellt wird“. Sie werden eine „Flut von Feuer von Liebe und Gerechtigkeit“ sein, eine „Feuerflut der reinen Liebe“, die Gott „auf der ganzen Erde entzünden und sanft und mächtig anfachen“ wird, damit „alle Völker, die Türken, die Götzendiener, ja selbst die Juden davon erfaßt und sich zu Dir bekehren werden“. Sie werden wie der hl. Dominikus, „die leuchtende und brennende Fackel des heiligen Evangeliums im Munde und den heiligen Rosenkranz in der Hand, überallhin gehen, um zu bellen wie treue Hunde, um zu brennen wie Feuer und um die Finsternis der Welt zu erhellen wie die Sonne“. Sie werden „gleichwie David mit dem Stock des Kreuzes und der Schleuder des heiligen Rosenkranzes in der Hand“ alle Feinde Gottes niederschlagen. Sie werden „durch eine wahre Andacht zu Maria, ohne Heuchelei und Wankelmut, mit Demut, Klugheit und Eifer überall, wohin sie kommen, der alten Schlange den Kopf zertreten, damit so der Fluch sich erfülle, den Du gegen sie geschleudert hast“. Als „Apostel der Letzten Zeiten“ werden sie mit der einen Hand „die Häretiker mit ihren Häresien, die Schismatiker mit ihren Schismen, die Götzendiener mit ihrer Abgötterei und die Sünder mit ihren Gottlosigkeiten bekämpfen, niederwerfen und ausrotten“, mit der anderen Hand „werden sie den wahren Tempel Salomons und die geistige Stadt Gottes aufbauen, d.h. sie werden die Verehrung der allerseligsten Jungfrau ausbreiten“.

„Sie werden als die wahren Apostel der letzten Zeiten auftreten, die der Herr der Heerscharen mit der Gabe des Wortes und mit der Macht ausstatten wird, Wunder zu wirken und glorreiche Siege über seine Feinde davonzutragen. Ohne Gold und Silber, aber, was noch wichtiger ist, auch ohne Sorgen werden sie inmitten der anderen Priester und Kleriker wirken, und mit den Silberschwingen der Taube überall hinfliegen, wohin der Heilige Geist sie rufen wird, um zur Förderung der Ehre Gottes und des Heils der Seelen tätig zu sein. Dort, wo sie gepredigt haben, werden sie nichts zurücklassen als das Gold der Liebe, welche die Vollendung des ganzen Gesetzes ist.“

„Endlich wissen wir, daß sie als wahre Schüler Jesu Christi in den Fußstapfen seiner Armut, Demut, Weltverachtung und Liebe wandeln und anderen den schmalen Weg zu Gott in reiner Wahrheit zeigen werden. Dabei werden sie sich nach dem heiligen Evangelium und nicht nach den Grundsätzen der Welt richten, ohne Ansehen der Person, ohne Schonung, ohne unangebrachte Rücksicht oder Furcht vor einem Sterblichen, mag er auch noch so mächtig sein.“

3. Wir verstehen gerade angesichts der heutigen Situation in Welt und Kirche umso mehr den Eifer und die Sehnsucht, mit welchen der Heilige in seinem „Flammengebet“ um diese „Congregatio“ fleht und seufzt. Denn: „Von Dir, o Gott, allein hängt es ab, durch Deine Gnade diese Schar zu erwecken. Wollte der Mensch die erste Hand daran legen, so würde er nichts erreichen, wollte er dabei von dem Seinen mit dem Deinigen mischen, so würde er alles verderben und umstürzen. Tuæ Congregationis: Dein Werk soll es sein, o großer Gott! Vollbringe Dein göttliches Werk: schare, rufe, sammle aus allen Orten Deines Reiches Deine Auserwählten, um sie als starkes Heer gegen Deine Feinde zu senden.“

Darin liegt nun die besondere Schwierigkeit, daß diese „Congregatio“, diese Genossenschaft, ein rein übernatürliches Werk sein muß, in welches die Menschen nichts vom Ihrigen mischen dürfen. Sonst würden sie „alles verderben und umstürzen“. Leider ist gerade das die stets drohende Gefahr, und vielleicht ist auch das der Grund, warum wir bis heute vergeblich auf diese Genossenschaft warten. Viele haben schon den Versuch unternommen, sie ins Leben zu rufen, es hat nicht an Gemeinschaften gefehlt, in welchen man diese „Apostel der Letzten Zeiten“ sehen wollte. Doch stets sind alle diese Versuche gescheitert, alle Hoffnungen haben getrogen.

Immer wieder neigen wir Menschen dazu, die Einsicht unseres armseligen Verstandes für wichtiger zu nehmen als die (echten!) Botschaften und Weisungen des Himmels. Insbesondere wird den menschlichen Mitteln der Politik und Diplomatie im allgemeinen zuviel Gewicht beigelegt. Deshalb haben auch die Päpste Pius XI. und Pius XII. Unserer Lieben Frau von Fatima nicht gehorcht. Es waren politische und diplomatische Rücksichten, die sie hinderten, die von der allerseligsten Jungfrau geforderte Weihe Rußlands an ihr Unbeflecktes Herz vorzunehmen. Die dramatischen Folgen dieses Versagens sehen wir heute in aller Deutlichkeit. Im Jahr 1970 wurde eine Priestergemeinschaft gegründet, die sich „Apostel Jesu und Mariens“ nannte und sich auf die Fahnen geschrieben hatte, die Kirche und die im Argen liegende Welt zu erneuern. Doch allzu bald mischten sich auch hier die menschliche Diplomatie, Politik und vermeintlich schlaue Taktik ein. Erschüttert stehen wir darum heute vor der geistigen Ruine dieser einst so hoffnungsvollen Gesellschaft.

Es verhält sich eben mit dieser marianischen „Congregatio“ wie mit der vollkommenen Andacht zur allerseligsten Jungfrau selbst: „Ist dieser Baum erst einmal in einem getreuen Herzen gepflanzt, so will er in freier Luft und ohne menschliche Stütze wachsen. Weil göttlichen Ursprungs, soll ihn kein Geschöpf hindern, sich zu Gott, seinem Ursprung, zu erheben. Nicht auf ihren eigenen Fleiß und ihre natürlichen Talente, auf ihr Ansehen oder auf die Autorität von Menschen soll sich die Seele stützen: zu Maria soll sie ihre Zuflucht nehmen und nur auf ihre Hilfe zählen.“

4. In seiner Abhandlung „Die Liebe zur Ewigen Weisheit“ stellt der heilige Ludwig Maria Grignion falsche und wahre, natürliche und übernatürliche Weisheit einander gegenüber: „Gott hat seine Weisheit, und diese ist die einzig wahre, die als ein großer Schatz geliebt und gesucht werden muß. Aber auch die verdorbene Welt hat ihre Weisheit, und diese muß als schlecht und verderblich verworfen und verabscheut werden. Auch die Philosophen haben ihre Weisheit, und diese muß als unnütz und für das Seelenheil gar oft schädlich verachtet werden.“ (Anm.: Natürlich spricht der Heilige hier nicht von der „philosophia perennis“, die von der Kirche stets in höchsten Ehren gehalten wurde.)

Die weltliche Weisheit teilt der heilige Ludwig Maria mit dem heiligen Jakobus ein in eine irdische, fleischliche und teuflische. „Die Weisheit der Welt besteht in einer vollkommenen Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Gebräuchen der Welt. Sie ist ein beständiges Streben nach Größe und Ehre. Sie ist eine beständige und geheime Sucht nach Vergnügen und nach dem eigenen Vorteil, zwar nicht auf grobe, schreiende Art, wobei man sich Anstoß erregende Verfehlungen zuschulden kommen ließe, sondern auf feine, trügerische, listige Weise. Sonst wäre dies nach dem Urteil der Welt nicht mehr Weisheit, sondern Liederlichkeit.“ Der Weltweise „versteht es, einen geheimen, aber verderblichen Einklang herzustellen zwischen der Wahrheit und der Lüge, zwischen dem Evangelium und der Welt, zwischen der Tugend und der Sünde, zwischen Christus und Belial“. Wer würde hier nicht sofort an die „liberalen Katholiken“ denken, jene berühmten Ahnen der Modernisten und ihrerseits Nachkommen der Jansenisten?

Der Weltweise „besitzt besondere Tugenden, um derentwillen die Weltmenschen ihn heiligsprechen, wie z.B. Durchtriebenheit, Schlauheit, Gewandtheit, Geschicklichkeit, galante Umgangsformen, Höflichkeit und Heiterkeit“. „In seinen Augen sind Unempfindlichkeit, Dummheit, Armut, Ungeschliffenheit, Frömmelei ganz bedeutende Sünden.“ Also auch die Weisheit der Welt hat ihre Heiligen und ihre Sünder. Doch kommen wir nun zu den verschiedenen Arten dieser Weisheit der Welt.

Da ist zunächst die irdische Weisheit. Sie besteht in der „Liebe zu den Gütern dieser Welt“, oder nach dem heiligen Johannes in der „Augenlust“. „Dieser irdischen Weisheit huldigen innerlich die Klugen dieser Welt, wenn sie das Herz an ihre Besitztümer hängen und darnach trachten, reich zu werden.“ Die fleischliche Weisheit, die „Fleischeslust“, besteht in der Vergnügungssucht. „Dieser Weisheit huldigen die Klugen dieser Welt, wenn sie überall nur den Sinnengenuß suchen; wenn sie dem guten Essen und Trinken frönen; wenn sie alles von sich fernhalten, was den Körper abtöten oder ihm wehtun könnte...“ Die teuflische Weisheit hingegen ist „die Liebe und Hochschätzung der Ehre“, also die „Hoffart des Lebens“. „Dieser Weisheit huldigen die Klugen dieser Welt, wenn sie, wenn auch im geheimen, nach Größe, Ehre, Würden und hohen Ämtern streben; wenn sie suchen, von den Menschen gesehen, geachtet, gelobt und gerühmt zu werden; wenn sie in ihren Studien, Arbeiten und Kämpfen, in ihren Worten und Werken nur menschliche Ehre und Ruhm ins Auge fassen...“

All diese Weisheiten verstehen es, sich sehr gut zu tarnen. So wird ein frommer Priester vielleicht gar nicht auf die Idee kommen, daß er der irdischen Weisheit huldigt, weil er meint, diese und jene Güter ja nur um der Seelsorge und anderer guter Zwecke willen anzustreben; daß er in Wahrheit der fleischlichen Weisheit zum Opfer gefallen ist, da er doch nur darauf schaut, sich durch Essen und Trinken und ausreichend Schlaf für seine vielfältigen Aufgaben gesund und kräftig zu erhalten; oder daß er gar den besonders feinen Schlichen der teuflischen Weisheit erlegen ist, wo ihm doch nur daran gelegen ist, der Kirche umso besser zu dienen. Es gibt nur einen Weg, dieser Gefahr zu entkommen: „Mit dem göttlichen Heiland, der menschgewordenen Weisheit, müssen wir diese drei Arten falscher Weisheit verabscheuen und verurteilen, um die wahre Weisheit zu erlangen, welche nie ihr eigenes Interesse sucht, und die sich nicht auf Erden und in den Herzen jener findet, welche bequem dahinleben, und welcher alles ein Greuel ist, was vor den Menschen als groß und erhaben gilt.“

Neben dieser „weltlichen Weisheit, welche verwerflich ist und verderblich wirkt, gibt es unter den Philosophen eine natürliche Weisheit“. „In ganz christlichem Sinn studiert, öffnet die Philosophie in der Tat den Geist und befähigt ihn zum Studium der höheren Wissenschaften; niemals aber vermittelt sie jene so genannte natürliche Weisheit, die im Altertum so gerühmt wurde.“ Ein eigenes Kapitel widmet der heilige Ludwig Maria in diesem Zusammenhang der „Alchimie“ und erweist sich damit als ganz modern, da diese heute nicht nur in Esoterik und Okkultismus, sondern mehr noch in der modernen „Naturwissenschaft“ mit ihrer Gentechnik, künstlichen Befruchtung und anderen Abartigkeiten fröhliche Urständ feiert.

Wir dürfen noch einmal darauf hinweisen: Gemeinsam ist all diesen Weisheiten die gewissermaßen dahinterstehende Triebkraft, sich der Welt anzupassen, nicht aufzufallen, nicht aus der Reihe zu tanzen, dazuzugehören, mitzumischen etc. Und welcher Geist war es denn sonst, der nicht erst mit dem „Aggiornamento“ des „II. Vatikanums“, sondern schon lange zuvor in die Kirche eingedrungen war und sie langsam, aber sicher zersetzte? Und welcher Geist sonst sollte es sein, der dieses Werk der Zerstörung heute in der sog. „Bewegung der Tradition“ fortsetzt?

5. Dagegen gibt es nur ein Heilmittel: die wahre, göttliche Weisheit, und diese sieht der heilige Ludwig Maria zusammengefaßt im größten „Geheimnis des Königs“, dem größten Geheimnis der Ewigen Weisheit: dem Kreuz. „In der Erwartung des großen Tages ihre Triumphes beim letzten Gerichte will die Ewige Weisheit, daß das Kreuz das Zeichen, das Merkmal und die Waffe aller ihrer Auserwählten sei.“

„Sie nimmt kein Kind auf, das nicht mit diesem Merkmal bezeichnet ist.“ Tatsächlich ist es das erste, was der Priester bei der Taufe tut, das Kind mit dem Kreuz zu bezeichnen. „Sie nimmt keinen Jünger auf, der es nicht auf seiner Stirne trägt, ohne sich seiner zu schämen“ - tatsächlich zeichnet der Bischof bei der Firmung dem Firmling mit dem Chrisam ein Kreuz auf die Stirn -, „in seinem Herzen, ohne den Mut zu verlieren, auf seinen Schultern, ohne es zu schleppen oder abzuschütteln. 'Si quis vult venire post me etc. - Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach' (Mt 16,24). Sie nimmt keinen als Soldaten an, der das Kreuz nicht als seine Waffe gebrauchen wollte, um sich zu verteidigen, um alle Feinde anzugreifen, niederzuwerfen und zu zerschmettern. Und sie ruft ihnen zu: 'Confidite, ego vici mundum! - Vertrauet, ich habe die Welt besiegt!' (Joh 16,33). 'In hoc signo vinces! - In diesem Zeichen wirst du siegen!' (Konstantin gegen Maxentius).“

Das Kreuz ist freilich nicht wirklich unsere Sache. „O wie demütig, klein, abgetötet, innerlich und von der Welt verachtet muß man sein, um das Geheimnis des Kreuzes zu kennen! Es ist auch heute nicht nur den Juden und Heiden, den Türken und Abtrünnigen, den Aufgeklärten und den schlechten Katholiken, sondern selbst Personen, die man fromm, ja sehr fromm nennt, ein Gegenstand des Ärgernisses und der Torheit, der Verachtung und der Flucht – zwar nicht in der Theorie, denn nie hat man mehr von der Schönheit und Vortrefflichkeit des Kreuzes gesprochen, nie mehr darüber geschrieben als heutzutage, - wohl aber in der Praxis, denn man fürchtet sich, man beklagt sich, man entschuldigt sich, man ist gekränkt, man flieht, sobald es sich darum handelt, etwas zu leiden.“

Ist das nicht auch eine zutreffende Beschreibung der heutigen „Traditionalisten“ und eine Erklärung dafür, warum sich auch bei ihnen die wahre Weisheit nicht mehr findet? „Die wahre Weisheit findet sich nicht auf Erden, noch in den Herzen jener, die nur ihren Neigungen folgen. So sehr hat sie ihre Wohnung im Kreuz aufgeschlagen, daß man sie außerhalb desselben in der ganzen Welt nirgends finden kann; ja sie hat sich so sehr im Kreuze verkörpert und ist mit ihm eins geworden, daß man in Wahrheit sagen kann, die Weisheit ist das Kreuz und das Kreuz die Weisheit.“

6. Damit sind wir wieder bei der Ferse der Schlangenzertreterin zurück. Denn als viertes und wichtigstes Mittel zur Erlangung dieser Weisheit nennt uns der heilige Ludwig Maria die wahre Andacht zur Allerseligsten Jungfrau, sodaß wir sagen können, die wahren Diener und Kinder Mariens sind auch die wahren Freunde des Kreuzes und besitzen damit die wahre Weisheit.

„Es ist keineswegs zu leugnen, daß die getreuen Diener der heiligsten Jungfrau, da sie ihre größten Lieblinge sind, von ihr auch die größten Gnaden und Gunstbezeugungen des Himmels empfangen, und diese sind vor allem die Kreuze und Leiden hier auf Erden. Ich behaupte aber auch, daß es gerade Diener Mariä sind, welche diese Kreuze weit leichter, verdienstlicher und ehrenvoller tragen als die übrigen Menschen. Was einen anderen tausendmal aufhalten oder zu Fall bringen könnte, hält sie kein einziges Mal auf, befördert vielmehr ihren Fortschritt. Denn diese gute Mutter, ganz voll der Gnade und Salbung des Heiligen Geistes, macht all diese Kreuze leicht erträglich. … Auch glaube ich, daß jemand, der ein frommes, christliches Leben führt und daher bereitwillig Verfolgung leiden und alle Tage sein Kreuz tragen will, niemals ein schweres Kreuz freudig bis zum Ende des Lebens tragen wird, ohne eine zarte Andacht zur allerseligsten Jungfrau zu pflegen, welche jedes Kreuz versüßt...“

7. So bleibt uns nur noch der Aufruf an alle Kreuzesfreunde und Diener Mariens, sich zu versammeln (lat. congregare). „Ach, laß mich rufen überall: Feuer! Feuer! Feuer! Zu Hilfe! Zu Hilfe! Zu Hilfe! Feuer im Hause Gottes! Feuer in den Seelen! Feuer bis ins Heiligtum! Zu Hilfe unserem Bruder, den man ermordet! Zu Hilfe unseren Kindern, die man erwürgt! Zu Hilfe unserem guten Vater, den man erdolcht! 'Wer auf Seite des Herrn steht, geselle sich zu mir' (Ez 32,26). O daß doch alle guten Priester auf der ganzen Welt, mögen sie mitten im Kampfe stehen oder sich aus dem Handgemenge in die Wüsten und Einöden zurückgezogen haben, - o daß doch alle guten Priester kommen und sich mit uns vereinigen möchten: Vis unita fit fortior. Unter dem Banner des Kreuzes wollen wir ein in Schlachtordnung aufgestelltes und wohlgeordnetes Heer bilden, um gemeinsam die Feinde anzugreifen, die schon zum Sturm geblasen haben: Sonuerunt, frenduerunt, fremuerunt, multiplicati sunt. Dirumpamus vincula eorem et projiciamus a nobis jugum ipsorum. Qui habitat in coelis, irridebit eos. 'Die Feinde toben, lärmen, rasen und rotten sich zusammen. Lasset uns ihre Fesseln zerreißen und ihr Joch von uns werfen. Der im Himmel thront, spottet ihrer.'“

Und zu beten: „Exsurgat Deus et dissipentur inimici ejus. Exsurge, Domine, quare obdormis? Exsurge! 'Es erhebe sich Gott, auf daß seine Feinde zerstieben. Erhebe Dich, o Herr, warum schläfst Du? Erhebe Dich!' O Herr, erhebe Dich; warum scheinst Du zu schlafen? Erhebe Dich in Deiner ganzen Allmacht, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, um Dir eine auserwählte Schar als Garde zu bilden, die Dein Haus bewache, Deine Ehre verteidige und Seelen rette, damit nur ein Schafstall und ein Hirt werde, auf daß alle Dir die Ehre geben in Deinem heiligen Tempel! Amen.“