1. Im Evangelium des heutigen „Weißen Sonntags“ spricht der Heiland zum „ungläubigen Thomas“ die Worte: „Weil du mich gesehen hast, Thomas, hast du geglaubt; selig, die nicht sehen und doch glauben“ (Joh 20,29). Wohl kaum eine Tugend dürfte heute so unbekannt und unterschätzt sein wie der Glaube, was wir nicht zuletzt der „Konzilskirche“ und ihren „Konzilspäpsten“ verdanken. Allen voran der ausgerechnet heute „heiliggesprochene“ Wojtyla hat auf diesem Gebiet ganze Arbeit geleistet durch seinen schrankenlosen Ökumenismus. Darum hier eine kurze Darlegung über den Glauben nach dem Katechismus des (wahrhaft!) heiligen Thomas von Aquin.
2. Der Glaube, sagt der heilige Thomas, „ist das erste, was jedem Christen zum Heile notwendig ist“. „Ohne ihn kann niemand ein Christgläubiger genannt werden.“ Eigentlich sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein unter Christen, heißt es doch schon im Hebräerbrief: „Ohne Glaube ist es unmöglich, Gott zu gefallen“ (Hebr 11,6). Dabei ist jedoch nicht irgendein Glaube gemeint, sondern der christ-katholische, d.h. das feste Anhangen unseres Verstandes an die uns durch Jesus Christus übergebene und durch die Kirche gelehrte Offenbarung.
3. Nach dem Aquinaten bringt uns der Glaube „ein vierfaches Gut“. Erstens nämlich verbindet er die Seele mit Gott. „Durch ihn geht die Seele mit Gott gleichsam eine Ehe ein: 'Ich verlobe Mich mit dir im Glauben' (Os 2,20). Daher wird der Mensch bei der Taufe zuerst gefragt: 'Glaubst du an Gott?'“ Darum die Taufgelübde und auch das weiße Kleid, von welchem der heutige Sonntag seinen Namen hat. Die Taufe nämlich ist das „erste Sakrament des Glaubens“. „Deshalb sagt auch der Herr: 'Wer sich zum Glauben wendet und sich taufen läßt, wird gerettet werden' (Mk 16,16); denn ohne den Glauben nützt die Taufe nichts.“ Das gegen jene Ökumenisten, welche immer darauf hinweisen, daß andere Christen ja auch getauft seien. „Man muß also wissen, daß niemand Gott wohlgefällig ist ohne den Glauben“, und zwar den wahren Glauben.
Zweitens beginnt in uns durch den Glauben bereits das ewige Leben. Denn dieses besteht „in nichts anderem als in der Erkenntnis Gottes: 'Das ist das ewige Leben, daß sie Dich, den allein wahren Gott, erkennen' (Joh 17,3)“. Die Gotteserkenntnis aber „beginnt in diesem Leben durch den Glauben und wird vollendet im zukünftigen Leben, wo wir Ihn erkennen werden, wie Er ist“. Wie der heilige Paulus sagt: „Denn wir sehen jetzt durch einen Spiegel, undeutlich, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie auch ich erkannt worden bin“ (1 Kor 13,12). „Deshalb heißt es: 'Der Glaube ist der Inbegriff der zu erhoffenden Dinge' (Hebr 11,1). Niemand kann daher zur Seligkeit, die in der vollendeten Gotteserkenntnis besteht, gelangen, der nicht zuerst Gott im Glauben erkannt hat. 'Selig, die nicht sehen und doch glauben!' (Joh 20,29).“ An anderer Stelle nennt daher der heilige Thomas den Glauben sozusagen die „Schule“ für den Himmel.
Das dritte Gut beschert uns der Glaube, indem er das gegenwärtige Leben lenkt. „Denn um recht zu leben, muß der Mensch wissen, was zu einem rechten Leben erforderlich ist. Wenn er aber diese notwendige Kenntnis ganz durch eigenes Bemühen erwerben müßte, würde er entweder gar nicht dazu gelangen oder erst sehr spät. Der Glaube aber lehrt alles, was zu einem rechten Leben nötig ist.“ Was nämlich lehrt uns der Glaube? Er lehrt, „daß es einen Gott gibt, der die Guten belohnt und die Bösen bestraft, daß es ein anderes Leben nach dem Tode gibt und dergleichen mehr, was uns behilflich ist, das Gute anzustreben und das Böse zu vermeiden: 'Der Gerechte lebt aus dem Glauben' (Hab 2,4).“ Wir sehen gerade hier, wie sehr der Glaube heute überall fehlt. Die meisten Menschen wissen nicht mehr recht zu leben. „Wieviel der Glaube uns lehrt, geht auch daraus hervor, daß kein Philosoph vor der Ankunft Christi mit all seiner Bemühung so viel von Gott und von dem, was zum ewigen Leben notwendig ist, zu wissen vermochte, wie nach der Ankunft Christi ein altes Weiblein durch den Glauben weiß.“ Erst recht gilt das für die moderne, gottlose Wissenschaft, die uns trotz all ihrer beeindruckenden Erkenntnisse und Ergebnisse nichts darüber sagen kann, was zum ewigen Leben notwendig ist.
Viertens endlich hilft uns der Glaube bei der Überwindung der Versuchungen, die gerade heute wie Heuschreckenschwärme auf uns einstürmen. Jede Versuchung nämlich kommt „entweder vom Teufel oder von der Welt oder vom Fleische“, wie uns der heilige Thomas sagt. „Der Teufel versucht, uns vom Gehorsam gegen Gott und von der Unterwerfung unter Seinen Willen abzuziehen.“ Diese Versuchung überwindet der Glaube, indem er uns lehrt, daß „Gott der Herr aller Dinge ist und daß Ihm daher Gehorsam gebührt“. So hat auch der Heiland in der Wüste den Versucher abgeschmettert: „Geh hinweg, Satan! denn es steht geschrieben: 'Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen'“ (Mat 4,10). Die Versuchung durch die Welt besteht darin, „uns durch Glück zu verlocken und durch Unglück abzuschrecken“. Dagegen zeigt uns der Glaube ein „anderes, besseres Leben“ im Himmel und läßt uns die Güter der Welt geringachten und ihre Übel nicht fürchten, „zumal er uns andere, größere Übel vorstellt, nämlich die der Hölle“. „Das Fleisch schließlich versucht uns, indem es uns zu den augenblicklichen Freuden des gegenwärtigen Lebens hinzieht. Aber der Glaube zeigt uns, daß wir, wenn wir ihnen ungebührlich nachhängen, die ewigen Freuden verlieren.“
4. Nach Lenin ist bekanntlich die Religion das „Opium des Volkes“. Das Gegenteil ist der Fall. In Wahrheit ist sie dessen Stärkung, Ernüchterung und Ertüchtigung nach dem Wort des heiligen Paulus: „Ziehet an die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr zu bestehen vermöget wider die Listen des Teufels. Denn unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die Fürstentümer, wider die Gewalten, wider die Weltbeherrscher dieser Finsternis, wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern. Deshalb nehmet die ganze Waffenrüstung Gottes, auf daß ihr an dem bösen Tage zu widerstehen und, nachdem ihr alles ausgerichtet habt, zu stehen vermöget. Stehet nun, eure Lenden umgürtet mit Wahrheit, und angetan mit dem Brustharnisch der Gerechtigkeit, und beschuht an den Füßen mit der Bereitschaft des Evangeliums des Friedens, indem ihr über das alles ergriffen habt den Schild des Glaubens, mit welchem ihr imstande sein werdet, alle feurigen Pfeile des Bösen auszulöschen“ (Eph 6,11-16). Wie uns der heilige Johannes in der heutigen Lesung sagt: „Das ist der Sieg, der die Welt überwindet: unser Glaube“ (1 Joh 5,4). Darum haben die Menschen heute keine Widerstandskraft mehr gegen die Versuchungen, weil sie keinen Glauben mehr haben.
5. „So ist es also von sehr großem Nutzen, den Glauben zu haben“, schließt der heilige Thomas, bringt aber noch einen Einwand eingedenk seines heiligen Namenspatrons: „Es könnte aber jemand einwenden: Ist es nicht töricht zu glauben, was man nicht einsieht? Soll man nicht nur das glauben, was man auch begreift?“ In der Tat ist dies der heute meistverbreitete Einwand, oder soll man lieber sagen Vorwand, gegen den Glauben: Ich glaube nur, was ich sehe. Durch vier Erwägungen sieht der Aquinate diesen Einwand widerlegt:
Erstens durch die „Tatsache der Unvollkommenheit unserer Erkenntnis“. „Wenn der Mensch von sich aus alles Sichtbare und Unsichtbare vollkommen erkennen könnte, wäre es allerdings töricht, zu glauben, was man nicht begreift.“ Gerade hier liegt der gar nicht so neue Irrtum des modernen Menschen, daß er eben meint, zu dieser vollkommenen Erkenntnis von sich aus fähig zu sein, wenn man ihm nur lange genug Zeit dafür gibt. So sei der moderne Mensch heute schon viel gescheiter als die Menschen früherer Epochen, und in einigen hundert oder tausend oder auch Millionen Jahren würde er alle Rätsel entschlüsselt haben. Dagegen der heilige Thomas, immerhin einer der größten Geister, die diese Welt je gesehen hat: „Aber unser Erkenntnisvermögen ist so schwach, daß kein Philosoph jemals die Natur auch nur einer einzigen Mücke vollkommen zu ergründen vermochte; wird doch berichtet, daß ein Gelehrter dreißig Jahre in der Einsamkeit verbrachte, um die Natur der Biene zu erkennen.“ Daran ändert auch die moderne Naturwissenschaft mit all ihren Fortschritten nichts, und jeder zu sich ehrliche Wissenschaftler wird mit dem alten Philosophen zugeben müssen: Ich weiß, daß ich nichts weiß, und je mehr ich weiß, desto mehr weiß ich das. „Da also unser Verstand so schwach ist, wäre es dann nicht töricht, von Gott nur das glauben zu wollen, was der Mensch auch aus sich erkennen kann?“ So töricht aber ist unsere heutige Zeit.
Die zweite Überlegung ist die: „Wenn ein Gelehrter in seiner Wissenschaft etwas lehren würde und ein Ungebildeter sagte, es sei nicht so, weil er es nicht begreift, dann würde jener Ungebildete für sehr töricht gehalten werden.“ Tatsächlich wird uns das für die Wissenschaft jeder zugeben, im Glauben aber meint jedermann mitreden zu können, ohne auch nur ein Mindestmaß an Kenntnis zu besitzen. „Nun übersteigt aber das Erkenntnisvermögen eines Engels das des größten Gelehrten viel mehr als das Erkenntnisvermögen des größten Gelehrten das eines Ungebildeten.“ Es ist eben zwischen dem Erkenntnisvermögen des Menschen und dem des Engels nicht nur ein gradueller, sondern ein prinzipieller Unterschied. „Es wäre daher töricht von dem Gelehrten, wenn er nicht glauben wollte, was die Engel sagen, und noch viel törichter wäre es, wenn er nicht glauben wollte, was Gott sagt.“ Und wieder müssen wir feststellen: Genau so töricht sind die heutigen Gelehrten in ihrer überwiegenden Mehrzahl.
Eine dritte Erwägung beruht auf der Einsicht, daß ein Mensch, der immer nur glauben wollte, was er aus eigener Kraft erkennt, noch nicht einmal in dieser Welt zurechtkommen könnte. „Denn wie sollte er das, wenn er niemand glaubt? Wie könnte er auch nur wissen, wer sein Vater ist? Deshalb ist es notwendig, daß ein Mensch anderen das glaube, was er aus eigener Einsicht nicht erkennen kann.“ Tatsächlich beruht das meiste, was wir wissen oder zu wissen meinen, auf dem Glauben an andere Menschen, Wissenschaftler, Lehrer, Politiker, Medien usw. Gerade der heutige Mensch, der auf seinen „kritischen Verstand“ so stolz ist, erweist sich als besonders leichtgläubig und glaubt alles, wenn es nur im Fernsehen kommt, und ganz besonders dann, wenn es von der heiligen „Wissenschaft“ gelehrt wird wie z.B. der „Evolutionismus“. „Niemand ist aber glaubwürdiger als Gott. Wer daher die Lehren des Glaubens nicht annimmt, ist nicht weise, sonder dumm und hochmütig.“ Das dürfte die rechte Kennzeichnung für unsere wissenschafts- und mediengläubige Zeit sein.
Die vierte Erwägung ist der apologetische Hinweis darauf, daß Gott auch durch vielerlei Zeichen die Wahrheit des Glaubens bestätigt. So wie ein König die Echtheit seiner Schreiben durch ein Siegel bestätigt, so habe Gott gewissermaßen das Zeugnis Seiner Heiligen durch Sein Siegel bekräftigt, und gleichwie niemand behaupten könne, ein vom König gesiegeltes Schreiben sei gegen seinen Willen, so auch bei Gott. „Alles aber, was die Heiligen von der Lehre Christi geglaubt und uns überliefert haben, ist offensichtlich mit dem Siegel Gottes versehen. Dieses Siegel tragen die Werke, die kein Geschöpf aus eigener Kraft vollbringen kann, nämlich die Wunder, durch die Christus die Worte der Apostel und Heiligen bekräftigte.“ Darum legt die Kirche auf diese Wunder besonderen Wert und hat sie auch immer streng geprüft, damit sie standhalten können. Erst neuerdings nimmt man es damit nicht mehr so genau, und so erfolgt am heutigen Tag eine Heiligsprechung ganz ohne das göttliche Siegel eines Wunders, nämlich die von Roncalli alias „Johannes dem Guten“. (Wieweit das „Wunder“, das angeblich durch Wojtyla alias „Johannes Paul den Großen“ gewirkt wurde, einer strengen Überprüfung standhalten würde, wissen wir nicht. Es wäre allerdings das größere Wunder, wenn durch Wojtyla überhaupt je ein Wunder geschehen könnte.)
6. Auf den durchaus rationalistischen Einwand, „daß noch niemand ein Wunder gesehen habe“, antwortet der heilige Thomas mit dem Hinweis auf die Wirksamkeit der Kirche. Die ganze Welt, so sagt er, sei vor 2000 Jahren dem Götzendienst ergeben gewesen und die junge, anfangs wenig zahlreiche Kirche sei verfolgt worden. Dennoch habe sich der Glaube wundersam über die ganze Welt ausgebreitet, „und zwar auf Grund der Predigt der wenigen Armen und Geringen, die Christus verkündeten“. „Dies ist entweder durch Wunder geschehen oder nicht. Wenn es durch ein Wunder geschehen ist, ist der Beweis erbracht. Wenn nicht, so kann es wohl kein größeres Wunder geben als die Tatsache, daß die ganze Welt ohne Wunder bekehrt wurde.“
Der engelgleiche Lehrer kommt somit zu dem Schluß: „Es darf also niemand den Glauben bezweifeln. Vielmehr sind die Dinge des Glaubens für sicherer zu halten als die sichtbaren Dinge: denn das Auge des Menschen kann getäuscht werden, aber das Wissen Gottes ist unfehlbar.“ Für unsere modernen Ohren ist diese Rede hart, und doch ist sie einfach wahr.
7. Wir dürfen noch hinzufügen, daß diese Unfehlbarkeit des Glaubens notwendig nach der Unfehlbarkeit ihrer Verkünderin, der Kirche, verlangt. Denn was nützte uns ein unfehlbarer Glaube, wenn er uns nicht unfehlbar gelehrt würde? Daher formuliert der heilige Ignatius von Loyola in seinen „Geistlichen Übungen“ ganz im Geiste des heiligen Thomas seine berühmte 13. Regel, um das wahre Fühlen mit der Kirche zu erlangen: „Ich glaube, daß das Weiße, das ich sehe, schwarz ist, wenn die Hierarchische Kirche es so definiert“ („denn das Auge des Menschen kann getäuscht werden, aber das Wissen Gottes ist unfehlbar“). „Denn wir glauben, daß zwischen Christus Unserem Herrn, dem Bräutigam, und der Braut, der Kirche, der gleiche Geist waltet, der uns zum Heil unserer Seelen leitet und lenkt, weil durch denselben Geist Unseres Herrn, der die Zehn Gebote erließ, auch Unsere Heilige Mutter die Kirche gelenkt und regiert wird.“ Der Geist Gottes, der Heilige Geist, kann uns nicht täuschen. Das ist der Sinn dieser 13. Regel, nicht der, daß wir unser Denken oder Empfinden abschalten sollen.
Das „klassische Beispiel“ hierfür ist das Geheimnis des allerheiligsten Altarsakraments, das mit dem heutigen Tag besonders verbunden wird, an welchem zumeist die feierliche Erstkommunion der Kinder stattfindet. Tatsächlich wird hier unser Auge getäuscht, das nichts weiter sehen kann als Brot und Wein. Selbst ein Wissenschaftler wird mit all seinen Methoden nichts weiter finden können. Der heilige Thomas von Aquin dichtet in seinem Hymnus „Adoro te devote“: „Visus, tactus, gustus in te fallitur, sed auditu solo tuto creditur. - Augen, Mund und Hände trügen sich in dir, doch der Schall der Botschaft offenbart dich mir.“ „Fides ex auditu“ - der Glaube kommt vom Hören. Nur durch das Hören im Glauben erkennen wir, worum es sich wirklich handelt: „Das ist mein Leib. - Das ist mein Blut.“ Mysterium fidei – Geheimnis des Glaubens. Seine Gewißheit verbürgt uns das kirchliche Lehramt.
Unser Festhalten am christ-katholischen Glauben mündet somit im Festhalten am unfehlbaren Lehramt der Kirche, namentlich des Papstes, ohne welches es unmöglich ist, Gott zu gefallen.