Zum Ostersonntag

Ihr, die ihr in der Traurigkeit dieses vom Tode gezeichneten Leben gefangen seid, habt acht, was an diesem Morgen geschah:

„Maria künde uns laut:
Was hast auf dem Weg du geschaut?“
„Sah Christ, des Lebendigen Grab,
Und wie Glanz den Erstandnen umgab.
Sah himmlische Boten,
Schweißtuch und Linnen des Toten.
Christus erstand, Er mein Hoffen;
Nach Galiläa geht der Herr euch voraus.“

(Aus der Ostersequenz)

Das ist also die frohe Kunde dieses Ostermorgens: Das Linnen und das Grab sind leer, Jesus lebt! Der Tod konnte IHN nicht halten. Wer hätte das noch erwartet, wer hätte sich das noch ausdenken können, daß sich dieses Menschenleben so verwandeln kann. Wir haben IHN ja am Karfreitag gesehen: grausamst hingerichtet am Kreuz, zerschlagen und zerschunden am ganzen Körper! – Und nun lebt ER und glänzt heller als alle Sonnen und Sterne zusammen. Die ganze Welt soll es wissen, allen Menschen soll es zum Zeugnis gesagt sein: „ER ist auferstanden, wie ER gesagt hat“. Man konnte IHN nicht töten, weil ER das Leben ist, das wahre, das echte, das ewige Leben. Man muß darum IHN gesehen haben, um begreifen zu können, was das Wort Leben eigentlich bedeutet. Wer IHN gesehen hat als Sieger über den Tod, der kann IHN auch nicht mehr vergessen, vielmehr immer möchte er bei IHM sein, ewig bei IHM bleiben: Jesus, DU mein Leben! Ja, Jesus Christus, der Auferstandene ist die Sehnsucht der ganzen Schöpfung von Anbeginn.

Wie ärmlich und erbärmlich ist alles, was uns diese Welt geben kann, wenn man IHN in Seinem Auferstehungsglanz gesehen hat. Wer kann sich da noch mit dieser Welt und ihren nichtigen Vergnügungen zufrieden geben? Das wäre dann so, als würde man sich anstatt mit der Sonne mit einem Kerzenlicht zufriedengeben. Wer die Sonne gesehen hat, der kann nicht sein ganzes Leben bei Kerzenlicht zubringen, denn er würde vor seiner Kerze wahnsinnig werden vor Sehnsucht nach dem Sonnenlicht.

Ohne Jesus aber ist es immer Nacht in unsere Seele, ohne IHN gibt es kein inwendiges Licht, das uns erhellt und uns jenes Leben zeigt, das von Gott kommt und ewig währt. Diese Erkenntnis soll sich in den Ostertagen tief in unsere Seele einschreiben. Ostern darf nicht nur äußerlich bleiben, wir dürfen nicht bei uns denken: Da gehe ich halt in die Kirche, da feiere ich ein wenig mit und singe ein paar Lieder, weil der Herr auferstanden ist. Aber eigentlich weiß ich das alles schon längst und es sagt mir, wenn ich ehrlich bin, auch nichts Neues mehr. Es ist halt so wie jedes Jahr am Ostersonntag, da singt man ein paar Osterlieder und alles dauert etwas länger als sonst, dann geht man nach hause und bekommt ein gutes Mittagessen. Wenn es so ist, dann ist der Herr für dich vergeblich auferstanden. Dann hat ER für Dich vergeblich Sein Kreuz getragen und Sein göttliches Leben offenbart, das ER heute als Ostergeschenk dieser Sündenwelt überreicht. Es ist schon so oft äußerlich Ostern geworden in deinem Leben – 10, 20, 40, 60 oder 80 mal! Wie oft ist es aber auch innerlich, inwendig in dir Ostern geworden? Bedenke doch, darauf kommt es an, daß es auch in Dir Ostern wird.

Wie ruft uns der hl. Paulus in der heutigen Lesung zu? „Brüder! Schafft den alten Sauerteig hinaus, damit ihr ein neuer Teig seid. Ihr seid ja Ungesäuerte. Denn unser Osterlamm Christus, ist geschlachtet worden. Darum laßt und Festmahl halten, nicht mit dem alten Sauerteig, dem Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit dem ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrheit.“

An diesem Ostermorgen steht der Auferstandene vor uns und ER zeigt uns seine durchbohrten Hände und Füße und Seine durchbohrte Seite. Was soll denn diese Geste des Auferstandenen Herrn bedeuten? Warum werden diese eher seltsam anmutenden Zeichen zum ganz besonderen Kennzeichen des Auferstandenen? Diese Zeichen bedeuten, daß dieses neue Leben der Gnade ist aus dem Leid geboren ist. Nur durch die sühnende Macht des Kreuzes ist alles neu geworden. Der Auferstandene ist immer noch der Menschensohn, der für unsere Sünden gekreuzigt wurde, der uns aber nun in Seinem Auferstehungsleib unsere eigene Auferstehung vor Augen stellt, jenes durch die Gnade des Kreuzes verklärte Leben. Mit diesem neuen Leben verträgt sich aber die Sünde nicht mehr, wir sollen den alten Sauerteig hinausschaffen und Ungesäuerte sein, wie uns der hl. Paulus sagt. Wir müssen mit Jesus Christus ein neues Leben beginnen, ein österliches Leben, ein Leben voller Lauterkeit und Wahrheit, wie wir es am auferstandenen Herrn sehen können. Wie viel Mühe gibt ER sich, uns Seine Auferstehungsfreude zu zeigen, um sie uns zu schenken. ER weiß sehr gut, daß es uns recht schwer fällt, IHN in Seinem neuen Leben zu verstehen, IHN in seinem göttlichen Leuchten recht zu begreifen. Darum zeigt ER sich uns nicht nur als göttlicher Sieger, vor dem wir erschrocken zu Boden fallen müssen, weil wir Seine göttliche Majestät nicht ertragen können, sondern auch als Freund, der sich unser in aller Liebe annimmt. In Seiner unerschöpflichen Güte fordert ER uns immer wieder auf: Komm doch her zu MIR und schaue MICH an und betaste MICH – ICH bin es! Komm, denn ICH möchte mit dir Festmahl halten, ein wahres Freudenmahl unter Freunden, denn um deinetwillen bin ich am Kreuz gestorben und um deinetwillen bin ICH auferstanden.

Wenn wir den Herrn so strahlend vor Freude vor uns sehen, da muß es doch auch in unserer Seele ein wenig Ostern werden. Da muß doch ein wenig jene Freude in unseren Herzen aufkommen, von der die Osterevangelien so voll sind. Der Herr ist wieder da! Und ER ist nun für immer bei uns! Er ist wieder zu uns gekommen nach diesem furchtbaren Tod am Kreuz, um unsere Freude vollkommen zu machen. „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater gefallen, euch das Reich zu geben“ (Luk 12,32). Was wollen wir denn mehr, als Sein Reich besitzen? Einen ungeahnten Reichtum an Gnade hat ER für uns verdient. Und diesen Reichtum möchte ER nun unter seine Freunden austeilen. Warum gehen wir nicht zu IHM, dem Überreichen, dem an Güte und Barmherzigkeit Überströmenden, ER kann unser Leben ganz anfüllen mit Gotteserkenntnis und Gottesliebe. Bedeutet uns das denn nicht mehr, daß wir uns so wenig mit IHM freuen? Und wenn es so ist, dann müssen wir um so mehr Zuflucht zu IHM nehmen und müssen IHN anflehen: HERR, der DU lebst von Ewigkeit zu Ewigkeit, schenke mir doch von Deinem Leben, schenke mir von Deinem Wissen und schenke mir von Deinem Lieben, erfülle mich mit Deiner Freude. Dann habe ich alles, was ich brauche, ja, dann habe ich von allem übergenug, denn wer ist wie Du, wer kann das geben, was Du mir schenkst?

Die Fastenzeit und die Leidenszeit sind zuende, es ist Ostern geworden und nun wissen wir:

Christ ist erstanden
wahrhaft vom Tod.
Du Sieger, Du König,
Sieh unsre Not.
Amen. Alleluja.