Zum Passionssonntag: Kreuzesfreunde

1. Im Mittelpunkt unserer christlichen Religion steht der Gekreuzigte und das Kreuz. Mit dem Kreuzzeichen bekennen wir uns als Christen. Wir glauben, daß Unser Herr Jesus Christus uns am Kreuz erlöst hat. Wir glauben, daß in jeder Heiligen Messe die unsichtbare und unblutige Erneuerung Seines Kreuzesopfers sich vollzieht, um uns die Erlösungsfrüchte zuzuwenden, die Er auf Golgotha verdient hat. In der heiligen Kommunion empfangen wir den glorreichen Leib des Gekreuzigten mit Seinen heiligen fünf Wunden. Wir erlangen so Anteil am Gekreuzigten und Seinen Leiden. Christsein heißt Teilnahme am Kreuz Christi und damit an der Erlösung. Nur der Kreuzträger und Freund des Kreuzes ist der wahre Jünger Christi, gemäß Seinem Wort: „Si quis vult venire post me, abneget semetipsum et tollat crucem suam et sequatur me – Wenn jemand Mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und so folge er Mir nach“ (Matt. 16,24)

2. Der heilige Ludwig Maria Grignion von Montfort kennzeichnet in seinem „Rundschreiben an die Freunde des Kreuzes“ die Jünger Christi wie folgt: „Die Partei unseres liebenswürdigen Erlösers steht auf der rechten Seite und steigt auf schmalem und engem Wege zum Himmel empor. Ihr guter Meister geht an der Spitze barfuß einher, mit blutbesprengtem, mit Dornen gekröntem Haupte, mit zermartertem Leibe und mit einem schweren Kreuz. Nur ein Häuflein Getreuer hat er in seinem Gefolge; es sind aber die tapfersten. Denn inmitten des Getümmels der Welt hören seine sanfte Stimme nur wenige. Andere haben nicht den Mut, ihm in seiner Armut, seinen Schmerzen, seinen Verdemütigungen und übrigen Kreuzen nachzufolgen, da man dies alles in seinem Dienste ausnahmslos alle Tage seines Lebens tragen müßte.“

Aber, sagt uns da ein furchtsamer Mitchrist, ein solches Verhalten führt uns ja „in die Isolation“! Der konsequente Kreuzesnachfolger „igelt sich ein, schottet sich ab; er trennt sich ggf. von seinen Glaubensgeschwistern, von seinen Angehörigen, Verwandten und Bekannten, auch dann und vor allem dann, wenn diese ihrerseits (grundsätzlich überzeugte) 'papst- /hierarchie-treue' katholische Christen sind. Er meidet alle Kleriker, die nicht-kreuzesfreundlich sind, d.h. praktisch die gesamte Hierarchie. Damit scheidet, trennt sich der Kreuzesfreund von der 'Gemeinschaft der Heiligen', zu der ja alle Getauften [insbesondere im Stande der heiligmachenden Gnade] gehören“. Aber hat nicht der Heiland selbst gesagt: „Denkt nicht, daß ich gekommen sei, Frieden auf die Erde zu bringen; ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater, und die Tochter mit ihrer Mutter, und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein“ (Mt 10,34-36)? Zu diesen „Hausgenossen“ gehören eben leider auch Getaufte und sogar „'papst- /hierarchie-treue' katholische Christen“. Der heilige Paulus schreibt: „Denn viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe, nun aber auch mit Weinen sage, daß sie die Feinde des Kreuzes Christi sind“ (Phil 3,18).

3. Der heilige Ludwig Maria: „Auf der linken Seite wandelt die Partei der Welt oder des Teufels, welche zahlreicher, prächtiger und glänzender ist, wenigstens dem Anscheine nach. Die ganze schöne Welt läuft dort mit. Obgleich die Wege breit und geräumig sind, drängen sich die Massen und wälzen sich gleich Strömen dahin. Die Wege sind mit Blumen bestreut, mit Gold und Silber bedeckt, und überall locken Stätten für Vergnügen, Tanz und Spiel.“

Aber das führt doch „zur Nicht-Beteiligung an allgemeinen offiziell-katholischen Gottesdiensten, Andachten, Wallfahrten“! „Alles wird gemieden, was von Nicht-Kreuzesfreunden durchgeführt, geleitet wird, weil es der Überzeugung der vermeintlich notwendigen Kreuzesnachfolge abträglich sein könnte.“ In der Tat können wir als Kreuzesfreunde an solchen „allgemeinen offiziell-katholischen Gottesdiensten, Andachten, Wallfahrten“ in der Regel nicht teilnehmen, da sie zumeist nur die Eigenliebe bedienen, mehr von „Events“ und weltlicher Lustbarkeit an sich haben als von Bußgeist und Kreuzesliebe. Das gilt selbst für „asketische“ Übungen wie lange Fußwallfahrten („Jakobsweg“), auf denen man das „spirituelle Erlebnis“ sucht oder überhaupt nur die körperliche Herausforderung wie beim Marathon. Erst recht natürlich für jene „Wallfahrten“ im klimatisierten Bus, die nach einem kurzen Besuch (um nicht zu sagen Besichtigung) der Wallfahrtsstätte mit einem ausgiebigen Aufenthalt im Gasthaus oder Café enden (und somit eher einer Kaffeefahrt gleichen als einer Wallfahrt).

4. „Auf der rechten Seite, bei der kleinen Herde, welche Jesu nachfolgt, spricht man von Tränen, Bußübungen, Gebet und Weltverachtung und hört Worte, die durch Schluchzen oft unterbrochen sind: 'Laßt uns leiden, weinen, fasten und beten. Laßt uns verborgen, demütig, arm und abgetötet sein. Wer nicht den Geist Christi hat, der da ist ein Geist des Kreuzes, kann unserem Meister nicht angehören. Wer sich Christus anschließt, muß sein Fleisch mit seinen Lüsten kreuzigen. Entweder dem Bilde Christi ähnlich sein oder verdammt werden! Mut! rufen sie einander zu, Mut! Wenn Gott für uns, mit uns und vor uns ist, wer kann dann gegen uns sein? Gott, der in uns wohnt, ist stärker als der Fürst dieser Welt. Der Diener ist nicht mehr als der Herr. Ein Augenblick leichter Trübsal bringt uns die Freuden ewiger Glorie. Es gibt weniger Auserwählte als man glaubt; nur die Mutigen und die sich Gewalt antun, reißen das Himmelreich an sich. Niemand wird gekrönt, der nicht gekämpft hat, wie das Evangelium, nicht etwa die Mode es vorschreibt. Kämpfen wir also tapfer und laufen wir schnell, damit wir das Ziel erreichen und die Krone gewinnen!' Das ist ein Teil der erleuchteten Aussprüche, mit denen sich die Freunde des Kreuzes gegenseitig ermuntern.“

Aber das führt doch nur zur „Abstinenz im Sakramenten-Empfang“! Da werden dann Heilige Messen „gemieden allein wegen fehlender (vollkommener) Übereinstimmung mit (streng) christlichen Forderungen. Zum Beispiel verachtet man ohnehin alle Messen nach dem N.O.M., aber selbst Heilige Messen des Alten Ritus z.B. der Petrus-Bruderschaft, allgemein der 'Ecclesia-Dei-Gemeinschaften' etc. [allein] wegen ihres 'una cum' mit dem amtierenden Papst im Mess-Kanon“. In der Tat ist die „konziliare Kirche“ die Gemeinschaft der Kreuzesfeinde, die versucht hat, im „N.O.M.“ das Ärgernis des Kreuzes sogar aus der Messe so weit wie möglich zu beseitigen. Wollen wir also bei ihnen mitlaufen oder „auf der rechten Seite, bei der kleinen Herde, welche Christus nachfolgt“?

5. „Jesus sagt: Si quis, wenn jemand, d.h. wenn einer und nicht, wenn mehrere, um die kleine Zahl der Auserwählten anzudeuten, welche dem Gekreuzigten gleichförmig werden wollen, indem sie ihr Kreuz tragen. Die Zahl ist so klein, daß wir vor Schmerz erbleichen würden, wenn wir sie sähen, so gering, daß, wenn Gott die wahren Kreuzträger versammeln wollte, er ihnen zurufen müßte, wie er es einst durch den Mund des Propheten tat: Congregamini unus et unus: Versammelt euch, der eine nach dem andern, der eine aus dieser Provinz, der andere aus jenem Reich.“

Aber der konsequente Christ „glaubt, daß der neue Ritus der Bischofsweihe von 1968 ungültig ist“. „Damit gibt es für ihn praktisch keine Bischöfe mehr unter dem Papst. Auch die Priesterweihen nach dem neuen Ritus von 1968 werden als ungültig angesehen. Aber nicht nur des neuen Ritus wegen, sondern auch aus dem Grund, weil Bischöfe, die nach dem neuen Ritus geweiht wurden, als Nicht-Bischöfe angesehen werden, die deshalb keine gültigen Priesterweihen vornehmen können.“ Wird es da nicht recht einsam auf weiter Flur? Ja, in der Tat würden „wir vor Schmerz erbleichen“, wie verloren und einsam weltweit die wenigen verbliebenen wahren Christen und Kreuzesfreunde heute sind. Die „Volkskirche“ gibt es nur noch dem Schein nach. Tatsächlich müßte man den Christen heute zurufen: „Versammelt euch, der eine nach dem andern, der eine aus dieser Provinz, der andere aus jenem Reich“, der eine aus Deutschland, der andere aus Frankreich, der dritte aus Polen, der vierte aus Ungarn, der fünfte aus Kanada... Die berühmte Pferdedecke des Irlmaier dürfte leicht ausreichen, damit die wahren Katholiken der Endzeit darauf Platz hätten.

6. „Si quis vult, wenn jemand will, d.h. wer einen wahren, aufrichtigen Willen hat, sich also nicht bestimmen läßt durch die Natur, die Gewohnheit, die Eigenliebe oder durch menschliche Rücksichten, sondern allein durch die wirksame Gnade des Heiligen Geistes, die nicht jedermann zuteil wird: non omnibus datum es nosse mysterium. Denn eine wahre Erkenntnis des Geheimnisses des Kreuzes ist nur wenigen gegeben. Ein Mann, der den Kalvarienberg besteigt und sich vor aller Welt mit Jesus an das Kreuz heften lassen will, muß ein heldenmütiger, ein entschlossener, für Gott begeisterter Mensch sein, der der Welt und der Hölle, seinem Körper und seinem eigenen Willen trotzt, der entschlossen ist, alles zu verlassen, alles zu unternehmen und alles zu leiden für Jesus Christus. Teure Freunde des Kreuzes, wer unter euch diese Entschlossenheit nicht besitzt, geht nur auf einem Fuße, fliegt nur mit einem Flügel und ist nicht würdig, ein Freund des Kreuzes genannt zu werden, des Kreuzes, das man mit Jesus Christus corde magno et animo volenti, mit großem Herzen und willligem Mute lieben muß. Ein bloß halber Wille dieser Art könnte wie ein räudiges Schaf die ganze Herde verderben. Sollte ein solches unter euch sein, das durch die böse Pforte der Welt in euren Schafstall eingedrungen ist, so treibt es im Namen Jesu Christi, des Gekreuzigten, hinaus, wie einen Wolf, der in die Herde eingebrochen ist.“

Aber der konsequente Glaube basiert doch „zum Teil auf abstraktem schlussfolgerndem Denken und kurzschlüssigem Entscheiden“. „Wenn man sich (formalistisch) auf die Dogmatik konzentriert und dies tut, um sich im nachkonziliaren Meinungsstreit bezüglich der Gültigkeit/Ungültigkeit der Konzilspäpste zu positionieren, läuft man Gefahr, das Glaubensleben des gesamten Mystischen Leibes Christi außer Acht zu lassen, bzw. es nicht (mehr) genügend/gerecht zu gewichten. Die Päpste sind nicht die unumschränkt herrschenden Monarchen der Kirche. Sie sind die obersten/höchsten verantwortlichen DIENER der Kirche. Sie sind auch nicht das Haupt des Mystischen Leibes Christi. Die Kirche 'steht und fällt' nicht mit ihnen. Unzählige Gläubige (Kleriker und Laien) können rechtgläubig, ja HEILIG sein und bleiben, auch wenn die höchste Kirchenleitung ihrer Hirtensorge nicht mehr genügt, auch wenn sie [die Gläubigen] 'im Gehorsam' zum Teil äußerlich etwas an sich Fragwürdiges mitpraktizieren, was und weil es 'von oben' [der Hierarchie, der geistlichen Autorität] angeordnet ist. Es ist deshalb kurzschlüssig, die 'papst- bzw. hierarchie-gehorsamen' Gläubigen zusammen mit den [ggf.] häretischen Päpsten (wie auch Bischöfen, und Priestern) unterschiedslos zu verurteilen und zu meiden.“ Unser Herr Jesus Christus hat Seine Kirche nun einmal auf den Felsen Petri gebaut, und einen anderen Grund kann niemand legen. Somit „steht und fällt“ die Kirche tatsächlich mit dem Papst. Ein häretischer Papst reißt die ganze Kirche in den Abgrund, und wer den „konziliaren“ Päpsten folgt, folgt dem abschüssigen Weg und gehört nicht mehr zu den Kreuzesfreunden. Aber es bedarf eben Mut, sich dem zu widersetzen, sich nicht wie die meisten „'papst- bzw. hierarchie-gehorsamen' Gläubigen“ bestimmen zu lassen „durch die Natur, die Gewohnheit, die Eigenliebe oder durch menschliche Rücksichten, sondern allein durch die wirksame Gnade des Heiligen Geistes, die nicht jedermann zuteil wird“.

7. „Wenn also jemand mir, dem Gekreuzigten, nachfolgen will, so rühme er sich, wie ich, nur noch seiner Armut, der Verdemütigungen und Leiden seines Kreuzes und abneget semetipsum, verleugne sich selbst. Ferne seien von der Gesellschaft der wahren Freunde des Kreuzes jene stolzen Kreuzträger, jene Weisen der Welt, jene großen Genies und starken Geister, die starrköpfig sind und aufgeblasen sind von ihrem Wissen und ihren Talenten. Ferne seien von ihnen jene großen Schwätzer, welche viel Lärm machen und keine andere Frucht hervorbringen, als Früchte der Eitelkeit. Ferne seien von ihr jene stolzen Andächtigen, die überall das 'Was mich anbelangt' des stolzen Luzifer auf ihren Lippen führen und sich schmeicheln mit dem Gedanken: 'Ich bin nicht wie die übrigen, welche nicht leiden können. Wenn man mich tadelt, entschuldige ich mich nicht, wenn man mich verdemütigt, erhebe ich mich nicht, wenn man mich angreift, verteidige ich mich nicht.' Hütet euch wohl, in eure Genossenschaft jene zartbesaiteten und empfindlichen Seelen aufzunehmen, welche jeden Nadelstich fürchten, beim geringsten Schmerz aufschreien und sich beklagen, welche nie das härene Gewand, das Cilicium und die Geißel oder andere Bußwerke gekostet haben und ihre Modeandachten mit einer übertünchten Empfindlichkeit und Weichlichkeit mischen.“

Aber das führt doch „zu ungerechtem Urteilen und Verurteilen“! Das konsequent praktizierte Christentum „führt zu einer Verurteilung von Klerikern und Laien nur/allein aufgrund des Nicht-Bekennens der Sedisvakanz, d.h. er spricht ihnen das Katholischsein ab, wenn sie den amtierenden Papst als 'gültigen Papst' betrachten“. Nein, nicht weil jemand „den amtierenden Papst als 'gültigen Papst'“ betrachtet, scheidet er aus der Zahl der Freunde des Kreuzes und Nachfolger des Gekreuzigten aus, sondern weil er einem Häretiker und Kreuzesfeind folgt.

8. „Tollat Crucem suam, er trage sein Kreuz. Dieser starke, seltene Mann, der wertvoller ist als alle Schätze der Erde, nehme mit Freuden sein Kreuz auf sich, umarme es mit Liebe, trage es mit Mut auf seinen Schultern... Tollat, er möge das Kreuz tragen, nicht schleppen und nicht abschütteln, nichts davon wegschneiden und es nicht verbergen. Mit erhobenen Händen möge er es tragen, ohne Ungeduld, ohne Kummer und ohne Klage, ohne freiwilliges Murren, ohne Nachgiebigkeit und natürliche Schonung, ohne Scham und ohne menschliche Rücksicht. Tollat, er setze es auf seine Stirne, indem er mit St. Paulus spricht: Mihi absit gloriari nisi in cruce Domini nostri Jesu Christi (Gal. 6,14), ferne sei es mir, mich zu rühmen außer im Kreuze unseres Herrn Jesu Christi, meines Meisters. Er trage es auf seinen Schultern nach dem Beispiele Jesu Christi, damit das Kreuz für ihn die Waffe seiner Eroberungen und das Szepter seiner Herrschaft werde, imperium principatus eius super humerum eius. Endlich pflanze er es aus Liebe in sein Herz, um daraus einen Dornbusch zu machen, der Tag und Nacht von der reinsten Liebe Gottes brenne, ohne verzehrt zu werden.“

Aber das führt doch „zu einer Pauschal-(Vor-)Verurteilung der (teilweise) neu formulierten Lehre“! „Es geschieht eine (implizite) (Mit-)Verurteilung von prinzipiell erkennbar Gutem, Wahrem, Echtem, Gott Wohlgefälligem durch die pauschale, undifferenzierte Verwerfung des neu(-artig/-formuliert) Gelehrten und Praktizierten. Ebenso ist die Folge eine Pauschal-Verurteilung der neu formulierten Disziplin (Kirchenrecht).“ „Ferne sei es mir, mich zu rühmen außer im Kreuze unseres Herrn Jesu Christi, meines Meisters“, mag auch im „neu(-artig/-formuliert) Gelehrten und Praktizierten“ noch so viel „von prinzipiell erkennbar Gutem, Wahrem, Echtem, Gott Wohlgefälligem“ sein. All das kann nichts nützen ohne die Lehre vom Kreuz, die nicht „neu formuliert“ werden muß und kann.

9. „Crucem, das Kreuz möge er tragen, denn nichts ist so notwendig, so nützlich, süß und glorreich, als für Jesus Christus zu leiden. In der Tat, teure Freunde des Kreuzes, ihr seid alle Sünder: keiner ist unter euch, der nicht die Hölle verdient hätte, ich mehr als sonst jemand. Unsere Sünden müssen in dieser oder in der andern Welt gestraft werden; büßen wir sie in dieser Welt, so brauchen wir es nicht zu tun in der anderen. ... Wie glücklich sind wir doch, die ewige, verdienstlose Strafe in eine vorübergehende, verdienstvolle umwandeln zu können, wenn wir unser Kreuz mit Geduld tragen! Wie viele Sünden haben wir begangen, für die wir selbst nach einer bitteren Reue und aufrichtigen Beichte im Fegfeuer ganze Jahrhunderte Sühne leisten müßten, weil wir uns in dieser Welt mit einigen sehr leichten Bußübungen begnügt haben! Ach, zahlen wir auf gütlichem Wege in dieser Welt, indem wir gern unser Kreuz tragen. In der anderen Welt wird alles nach Strenge bis auf das letzte unnütze Wort, bis zum letzten Heller bezahlt werden müssen. Wenn wir dem Teufel einmal das Buch des Todes entreißen könnten, in dem er alle unsere Sünden mit den ihnen gebührenden Strafen aufgezeichnet hat, welch große Schuld würden wir in der Rechnung finden, und wie würden wir entzückt sein, Jahre lang hienieden leiden zu dürfen, lieber als nur einen einzigen Tag in der anderen Welt!“

Nein, dieser wahre Geist der Buße und Kreuzesliebe ist unter den heutigen Christen nicht sehr verbreitet, selbst nicht unter den „Traditionalisten“ und anderen Katholiken, die sich die Bewahrung des Glaubens und des heiligen Meßopfers auf ihre Fahnen geschrieben haben. Zu sehr sind auch sie bereits in Bequemlichkeit, Natur, Gewohnheit, Eigenliebe und Menschenfurcht versunken. „Es werden aber Tage kommen, da ihnen der Bräutigam genommen ist; dann werden sie fasten an jenem Tage“ (Mark 2,20).

10. Bemühen wir uns wenigstens, soweit es an uns ist, Freunde des Kreuzes und damit des Gekreuzigten zu sein. Erfüllen wir, so gut es uns möglich ist, die vier Kennzeichen eines wahren Jüngers Christi. Und fügen wir eines hinzu: Stellen wir uns neben den Lieblingsjünger Johannes unter das Kreuz, wo „Maria, Seine Mutter“ steht. An ihrer Seite stehen wir richtig. „Siehe da, dein Sohn! - Siehe da, deine Mutter!“