Zum Fest der Erscheinungen Unserer Lieben Frau von Lourdes

1. Bei ihren Erscheinungen in Lourdes im Jahr 1858 stellt die allerseligste Jungfrau eine deutliche Verbindung her zwischen den beiden großen Dogmen des 19. Jahrhunderts, die beide nicht zufällig demselben Papst Pius IX. zu verdanken sind, der nicht nur ein großer Verehrer der Muttergottes war, sondern auch ein großer Kämpfer gegen die Zeitirrtümer wie den Naturalismus, Rationalismus und Liberalismus. Indem sich die Jungfrau als die „Unbefleckte Empfängnis“ offenbart, bestätigt sie nicht nur das Dogma von 1854 (das sich heuer zum 160. mal jährt), sondern damit indirekt auch gleichzeitig das unfehlbare Lehramt des Papstes, welches 1870 als feierliches Dogma verkündet werden wird. Auch greift sie durch ihr Erscheinen und die unzähligen Wundertaten kräftig in den Kampf des Heiligen Vaters gegen die Zeitirrtümer ein. Doch sehen wir noch ein wenig näher den Zusammenhang zwischen dem Dogma von der Unbefleckten Empfängnis und dem Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes.

2. In seinem Buch über die heilige Kirche schreibt der französische Benediktiner, Pfarrer und Schriftsteller Père Emmanuel (1826-1903): „Ist Maria das Urbild der Kirche überhaupt, so ist sie in besonderer Weise das Urbild der römischen Kirche. Maria wurde Mutter Gottes, weil sie Jungfrau war, Jungfrau nicht nur durch ihre leibliche Unversehrtheit, sondern mehr noch durch ihre vollkommene Bewahrung vor jeglicher Sünde. Diese fleckenlose Reinheit ist eine Folge ihrer Unbefleckten Empfängnis. Dank dieses Privilegs ist sie einzigartig, ganz schön, überaus vollkommen, Braut des Heiligen Geistes, Mutter Gottes und Mutter der Seelen. Die römische Kirche nun ist ihrerseits ebenfalls Jungfrau, ganz und gar Jungfrau durch die Unversehrtheit ihres Glaubens, durch die Bewahrung vor jeglichem Irrtum, die sich der Unfehlbarkeit in der Lehre verdankt, die mit dem Stuhl Petri verbunden ist. Dank dieses Privilegs ist sie einzigartig, vollkommen und schön unter allen Kirchen. Die Reinheit ihres Glaubens verleiht ihr in wunderbarer Weise Fruchtbarkeit, sie ist die Mutter aller Gläubigen. … Es ist sehr bemerkenswert, daß Maria und Rom im Grunde derselbe Name sind. Maria, auf Hebräisch Miriam, ist aus dem Verb roum gebildet, das soviel bedeutet wie gepriesen werden. Aus demselben Verb leitet sich auch das Substantiv roma ab, welches Lobpreisung bedeutet. Maria bedeutet jene, die gepriesen wird, Rom bedeutet Lobpreis. Somit hat Maria Rom, ihrem irdischen Abbild, ihren Namen verliehen. Wenn nun die beiden Namen Mariens und Roms nur einen einzigen Namen bilden, dann sind die Liebe zu Rom und die Liebe zu Maria nur eine einzige Liebe.“ Hier sehen wir die tiefe Verbindung zwischen der Unbefleckten und der Unfehlbarkeit des Papstes, die der große Theologe M.J. Scheeben ebenfalls in diesem Zusammenhang feststellt: „Maria und der Stuhl Petri sind daher aufs engste im Plane Gottes und in der Geschichte der Kirche verbündet.“

Nach dem gleichen Père Emmanuel war das Unfehlbarkeitsdogma gewissermaßen die Antwort des Himmels auf das Dogma der Unbefleckten Empfängnis. Er bringt diese Ereignisse in einen Vergleich mit jener Begebenheit bei Cäsarea Philippi, als der heilige Petrus vor dem Heiland sein herrliches Bekenntnis abgelegt hatte: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“, und daraufhin vom Herrn die Verheißung empfing: „Und ich sage dir: Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Und dir werde ich die Schlüssel des Himmelreiches geben, Was du immer binden wirst auf Erden, das wird gebunden sein auch im Himmel, und was immer du lösen wirst auf Erden, das wird auch im Himmel gelöst sein“ (vgl. Matth 16,16-19). Hat sich hier nicht ähnliches zugetragen? Der Nachfolger des heiligen Petrus legt das herrliche Bekenntnis des Glaubens der Kirche ab an die Unbefleckte Empfängnis, und diese bestätigt ihm sein unfehlbares Petrusamt.

3. Der deutsche Dogmatiker M.J. Scheeben schreibt: „Eine mannigfache Verbindung und Wechselbeziehung besteht zwischen den beiden Dogmen (der unbefleckten Empfängnis Mariens und der Unfehlbarkeit des Papstes). Das erstere stellt uns vor Augen die unbedingte Makellosigkeit und übernatürliche Verklärung der ganzen Natur der seligen Jungfrau, welche als die Mutter des Sohnes Gottes, des neuen Adam, der voll der Gnade und Wahrheit unter uns erschien, des Hauptes der Kirche und des ‚Lehrers der Gerechtigkeit’, auch die Mutter aller Kinder Gottes, die neue Eva, die Mutter der Gnade und der Kirche, und darum der unentweihte ,Sitz der Weisheit’ und der makellose ‚Spiegel der Gerechtigkeit’ sein sollte. Die Unfehlbarkeit des Papstes aber zeigt uns die unbefleckte Reinheit und den übernatürlichen Glanz der Wahrheit der Cathedra des hl. Petrus, welche, weil ihr Inhaber zum Stellvertreter des Sohnes Gottes, zum sichtbaren Oberhaupte seiner Kirche und zum stetigen Organ seiner Wahrheit bestellt ist, als die ‚Mutter und Lehrerin aller Kirchen’ sich in ihrer Lehre, ebenso wie die selige Jungfrau in ihrem ganzen Leben, als unentweihten ,Sitz der Weisheit’ und den makellosen ‚Spiegel der Gerechtigkeit’ offenbaren, und als das Haupt der Kirche, der Braut Christi, in ihrer Lehre, durch welche sie die Glaubensreinheit des ganzen Volkes Gottes bewirkt, so beschaffen sein muß, wie der Apostel die Braut Christi selbst haben will: 'ohne Makel und ohne Runzel oder etwas dergleichen' — und das aus demselben Grunde, aus welchem die Kirche in ihrem Priestertum, in welchem sie als Mutter und Spenderin der Gnade auftritt und im hochheiligen Altarsakramente ihr Haupt in geheimnisvoller Weise wiedergebiert, trotz aller Sünden und Mängel ihrer Diener ihren vom Hl. Geist befruchteten Schoß stets unbefleckt bewahrt.“

Darum gilt: „Die Hölle haßt in der unbefleckt empfangenen Jungfrau das unbesiegte Weib, das nach der Prophezeiung des Urevangeliums in Gemeinschaft mit seinem Samen in ewiger Feindschaft ihr gegenübersteht und der alten Schlange den Kopf zertritt; in der Unfehlbarkeit des Hl. Stuhles aber haßt und verfolgt die Hölle die unüberwindliche Macht, welche nach der Verheißung des Heilands die Kirche allen Angriffen der Hölle gegenüber aufrecht erhält und allen von der Hölle ausgesetzten Häresien den Kopf zertritt.“

4. So ließ die Hölle mit ihren Verbündeten nicht nach in ihrem Kampf gegen Maria, die Unbefleckte, und gegen die heilige und makellose Braut Christi, die Kirche. Im 20. Jahrhundert gelang ihnen der entscheidende Durchbruch mit dem sog. „II. Vatikanum“. Dabei war man wahrhaft teuflisch schlau vorgegangen. Man hat nämlich nicht einfach offen und platt die Dogmen geleugnet, sondern sie viel raffinierter und desto gründlicher untergraben.

Begonnen hatte man mit einer „Reform“ der römischen Liturgie. Diese hatte stets als ebenso heilig, vollkommen und makellos gegolten wie die Kirche, der sie entstammte. Nun plötzlich erschien sie „reform- und verbesserungsbedürftig“, mit Fehlern und Makeln behaftet, und „anpassungsbedürftig“, dem Zeitgeschmack und den Zeitbedürfnissen anzugleichen. Schienen die Reformen unter Pius XII., die schließlich als Reform Johannes' XXIII. zusammengefaßt wurden, auch relativ geringfügig und nicht so spektakulär zu sein, so gelang ihnen doch eines: die Liturgie der römischen Kirche ihres heiligen und unantastbaren Charakters zu entkleiden. Sie stand plötzlich nackt und bloß als fehlbares und beliebig formbares Menschenwerk da.

Damit leistete sie die Vorarbeit für das „II. Vatikanum“. Denn war die römische Liturgie nichts Heiliges mehr, dann auch die römische Kirche selbst. Und so konnte man sie degradieren und demontieren, dem Zeitgeist angleichen („Aggiornamento“) und zur „Menschenmachwerkskirche“ ummodeln. Vorbei war es mit der makellosen Braut Christi. Die „Hure Babylon“ trat an ihre Stelle. Da war es dann auch nicht mehr nötig, das Unfehlbarkeitsdogma ausdrücklich zu leugnen, denn einer solchen „Kirche“ noch Unfehlbarkeit zuzuschreiben, wäre Spott und Hohn gewesen.

Da war es nur konsequent, daß das „concilium malignantium“ auch die Gottesmutter ihrer Privilegien entkleidete und sie in das Schema der Kirche integrierte, um sie so als prima inter pares „auf das Niveau aller anderen Glieder des mystischen Leibes Christi herabzusetzen“. Da brauchte man ihre Unbefleckte Empfängnis nicht mehr eigens zu leugnen. Da wundert es uns nicht, daß ein Kardinal Ratzinger in seinem berühmt gewordenen Kommentar zum „Dritten Geheimnis von Fatima“ das Unbefleckte Herz Mariens definierte als „das für Gott geöffnete, durch das Hinschauen auf Gott rein gewordene Herz“. Das ist eine glasklare Häresie und die eindeutige Leugnung der Unbefleckten Empfängnis als direkte Folge des „II. Vatikans“.

5. Wir können nicht umhin, einmal mehr dieses „concilium malignantium“ als wahres Anti-Vatikanum zu bezeichnen, welches die großen Dogmen Pius' IX. leugnet und gewissermaßen ungeschehen machen will. Doch wir wissen, daß dieser Triumph der Schlange nur ein scheinbarer und vorübergehender ist. Am Ende wird die Unbefleckte ihm das Haupt zertreten, den Sitz seines Stolzes, in welchem er sich jetzt in seiner Dummheit rühmt.

Wir unsererseits sind nur darauf stolz, daß unser „Antimodernist“ genau vor sieben Jahren, am Fest der Erscheinungen Unserer Lieben Frau von Lourdes, dem 11. Februar 2007, seinen Kampf aufgenommen hat, der kein anderes Ziel hat, als eben die Ehre der Unbefleckten und der heiligen und makellosen Kirche wiederherzustellen. Denn „die Liebe zu Rom und die Liebe zu Maria“ sind „nur eine einzige Liebe“, und sie ist zugleich die große Liebe zu Unserem Herrn Jesus Christus, die uns alleine bewegt.

Lesen Sie zum heutigen Fest auch unsere Artikelserie Signum magnum apparuit - 1. Teil - 2. Teil - 3. Teil