Der eine oder andere wird sich womöglich verwundert fragen: Ist so etwas möglich, Modernismus in der Tradition? Tritt die Tradition nicht gerade mit dem Anspruch an, gegen den Modernismus, also antimodernistisch zu sein?
I. Die Tradition in Gefahr?
In der Theorie ist das durchaus richtig, die Bewegung der Tradition möchte gegen den Modernismus in der Kirche antreten, aber in der Praxis zeigt sich sodann, daß das Ganze doch etwas komplexer ist, als man zunächst annimmt. Der Wille, gegen den Modernismus zu kämpfen, allein genügt nun einmal nicht, es müssen auch die entsprechenden antimodernistischen Taten folgen – und hier mangelt es mehr und mehr.
Das verwundert einen jedoch gar nicht mehr so sehr, wenn man die Entwicklung der "traditionellen" Gemeinschaften in den letzten 30 Jahren aufmerksam mitverfolgt hat. Der Anspruch, sich für die Tradition einzusetzen, d.h. für die göttliche Wahrheit zu kämpfen, ist nur allzuoft recht schnell und damit mehr oder weniger leichtfertig erhoben worden. In den wenigsten Fällen hat man sich ausdrücklich darüber Rechenschaft gegeben, was dieser Anspruch alles beinhaltet und wie anspruchsvoll die katholische Tradition in der heutigen Situation des Katholiken in Wirklichkeit ist. Oder von der anderen Seite her gesehen: Man hat den Modernismus allzuoft völlig unterschätzt und nicht bedacht, daß man selbst in dieser modernen Welt und Zeit aufgewachsen ist und man deshalb eine nicht gerade kleine Portion modernes Denken mit sich herumträgt. Daher ist das Katholischsein heute notwendigerweise immer auch mit einem Wieder-katholisch-werden verbunden. Denn erst wenn man eingesehen hat, daß man das so entscheidende „Sentire cum ecclesia“ größtenteils verloren hat, weil man mehr oder weniger liberal aufgewachsen ist, beginnt man, wieder richtig katholisch zu denken.
Wie wertvoll in diesem Prozeß des Wieder-katholisch-werdens ein bejahrter Freund ist, der noch einen Rest jenes katholischen Stallgeruches an sich trägt, der früher das katholische Volk zutiefst prägte, weiß nur derjenige, der einen solchen Freund an seiner Seite haben darf oder haben durfte. Leider ist das nur allzu selten der Fall und man kann es nur bedauernd feststellen: Ein äußerst schwerwiegender Mangel in fast allen traditionellen Gemeinschaften ist gerade das Fehlen jener älteren Generation, welche die Tradition in der Kirche noch erlebt hat und diese daher hätte lebendig weitergeben können. So gibt es etwa in Frankreich ein Kloster, dessen junge Mannschaft seine Tradition ausschließlich aus Büchern erlernt hat, also keinen einzigen traditions- und lebenserfahrenen Mönch in den eigenen Reihen hatte und womöglich bis heute noch nicht hat.
Daß da die Gefahr, aus der wahren katholischen Tradition lauter kleine Traditiönchen zu machen, geradezu übermächtig wird, kann sich jeder leicht vorstellen. Und mit dieser Gefahr innigst verbunden ist auf der anderen Seite das allmähliche Zurückgleiten in den Modernismus. Denn während die wahre katholische Tradition durchaus in einem kontradiktorischen Gegensatz zum Modernismus steht, gilt dies natürlich nicht im gleichen Maße für die einzelnen Traditiönchen der verschiedenen traditionellen Gruppen. Solche Traditiönchen vertragen sich durchaus mit dem Geist des Modernismus und, wenn man nicht aufpaßt, ist der Schritt zu einer konservativen Form desselben schnell gemacht. Daß dies nicht nur bloße Theorie ist, beweisen zur Genüge all jene "traditionellen" Gruppen, die inzwischen das sog. Konzil grundsätzlich angenommen haben und sich nunmehr eifrig darum bemühen, dessen Übereinstimmung mit der Tradition zu beweisen. So hat etwa ein Mönch aus dem Kloster Le Barroux eine umfangreiche theologische Arbeit geschrieben, in der er sich um die Quadratur des Kreises bemüht, er will nämlich zeigen, daß die vom sog. Konzil gelehrte Religionsfreiheit nicht im Widerspruch mit der Lehre der Kirche steht.
Solche Merkwürdigkeiten sind aber, wie gesagt, nicht verwunderlich, denn einzelne Traditiönchen sind kein tragfähiges Fundament für einen katholischen Widerstand. Darum führen diese nur allzu schnell wieder in den Modernismus zurück, vor allem heutzutage, da sich dieser im Gewand des immer mehr vorherrschenden Postmodernismus zeigt. Wir haben ja auf diese spezielle Gefahr des Postmodernismus für die Tradition in unseren Beiträgen schon öfter hingewiesen.
II. Tradition und Lehramt
1. Das kirchliche Lehramt im System des Modernismus
Für den Modernisten ist das kirchliche Lehramt im katholischen Sinne natürlich ein ständiger Dorn im Auge, weil es dem Wesen seines Denkens widerspricht. Der Modernist erkennt selbstverständlich keine letzte Instanz in theologischen Fragen an und schon gar keine Instanz, die sich in ihrem Urteil auf Gottes Beistand beruft. Er ist vielmehr der Überzeugung: „Die Dekrete des Apostolischen Stuhles und der römischen Kongregationen behindern den freien Fortschritt der Wissenschaft“ (Pius IX. Syllabus, Satz Nr. 12).
Dennoch konnten die Modernisten das kirchliche Lehramt nicht einfach ignorieren, wenn sie in der Kirche bleiben und in ihr wirken wollten, was ja ihre erklärte Absicht war. Darum mußten sie es so uminterpretieren, daß es ihnen keine Hindernisse mehr in den Weg legen konnte. Nach der Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit auf dem (I.) Vatikanum war das zwar schwierig, aber nicht unmöglich geworden. Um sich gegenüber dem kirchlichen Lehramt eine möglichst große Handlungsfreiheit zu bewahren, schränkten die Modernisten in einem ersten Schritt ihren Gehorsam gegenüber dem Lehramt zunächst allein auf die unfehlbaren Akte ein, in allen anderen Fragen beanspruchten sie Meinungsfreiheit. Unter den von Pius IX. verurteilten Sätzen des Syllabus findet sich auch folgender, der genau diese Haltung kennzeichnet: „Die Verpflichtung, welche katholische Lehrer und Schriftsteller völlig bindet, ist bloß auf dasjenige beschränkt, was durch eine unfehlbare Entscheidung der Kirche als Dogma für alle zu glauben vorgelegt wurde“ (Satz Nr. 22).
Das war also der erste Schritt: Nur das, was unfehlbar als Dogma vorliegt, muß auch geglaubt und festgehalten werden. Über alle anderen Themen dagegen darf frei diskutiert werden. Bei diesem ersten Schritt blieben aber die Modernisten beileibe nicht stehen, sie fügten ihm noch einen zweiten hinzu: Man schränkte nämlich die unfehlbaren Akte der Kirche mehr und mehr dadurch ein, daß man die Anforderungen für einen unfehlbaren Akt des Lehramtes immer höher schraubte, sodaß letztlich nur noch die außerordentlichen Akte des Lehramtes als unfehlbare Instanz übrigblieben. Den ganzen Bereich des ordentlichen Lehramtes hatte man damit völlig ausgeschaltet. So konnte sich die Anschauung verbreiten, es gebe nur äußerst selten unfehlbare Entscheidungen des Lehramtes. Ein modernistischer Professor hat dementsprechend einmal in seiner Vorlesung zu den Studenten etwas überspitzt formuliert, man könne die unfehlbaren Entscheidungen des Lehramtes an den Fingern einer Hand abzählen. Diese völlig irrige Anschauung ist wohl heutzutage die Überzeugung der allermeisten Katholiken.
Ein treffendes Beispiel, an dem sich die Vorgehensweise der Modernisten dokumentieren läßt, ist die Enzyklika „Quanta cura“ Pius' IX. Die zeitgenössischen Theologen haben die 1864 veröffentlichte Enzyklika aufgrund der eindrucksvollen Verdammungsformel, mit der Pius IX. das Schreiben abschloß, nahezu einmütig als ein unfehlbares Dokument eingestuft (Dz 1699: «Itaque omnes et singulas pravas opiniones ac doctrinas singillatim hisce litteris commemoratas auctoritate Nostra Apostolica reprobamus, proscribimus atque damnamus, easque ab omnibus catholicae Ecclesiae filiis veluti reprobatas, proscriptas atque damnatas omnino haberi volumus et mandamus.»). Nahezu einmütig übrigens nur deswegen, weil eine Minderheit von Bischöfen und Theologen vor dem 1869/70 abgehaltenen Vatikanischen Konzil von einer dem Papst allein zukommenden Unfehlbarkeit nichts wissen wollte. Der französische Theologe P.J. Berthier bezeichnete „Quanta cura“ in der vierten Auflage seines theologischen Kompendiums 1898 schlicht als eine „Enzyklika ex cathedra“ (P.J. Berthier, Compendium Theologiae dogmaticae et moralis, 4. erw. u. verb. Aufl. Lyon, 47). Schon vorher, im Jahre 1874, hatte Matthias Joseph Scheeben in seiner Dogmatik (Band I, S 224) mit Bezug auf die gerade erst erfolgte Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit konstatiert: „Eine der gegenwärtigen Definition fast wörtlich entsprechende Fassung findet sich in der Encyclica "Quanta cura" vom 8. Dez. 1864.“
In der zweiten Auflage des „Wetzer und Welte's Kirchenlexikon“ von 1899 liest man im Artikel „Syllabus“ aus der Feder des Jesuiten V. Frins: „Betreffs der erwähnten 16 in der Enzyklika selbst angeführten Sätze kann kein Zweifel bestehen, daß es sich bei ihnen um eine Verwerfung kraft der unfehlbaren höchsten päpstlichen Lehrgewalt handelt; dies geht klar aus der Verwerfungsformel hervor.“ Der Schweizer Theologe Anton Gisler schrieb 1912 im „Kirchlichen Handlexikon“ zum Stichwort „Quanta cura“ hinsichtlich der 16 dort beim Namen genannten und zurückgewiesenen Irrtümer: „Diese Sätze sind mit Unfehlbarkeit verworfen.“ In der von zwei auf zehn Bände erweiterten und neu betitelten Neuauflage des „Kirchlichen Handlexikons“, dem in den dreißiger Jahren erschienenen „Lexikon für Theologie und Kirche“, erhielt der Prager Theologe Karl Hilgenreiner diese These, diesmal im Artikel „Enzyklika“, aufrecht: „Für unfehlbare Lehrentscheidungen wird die Form der Enzyklika nur ausnahmsweise gewählt (so in der Enzyklika Pius' IX. Quanta cura v. 8. 12. 1864).“ Noch 1956 wurde im französischen theologischen Wörterbuch „Catholicisme“ unter dem Stichwort „Encyclique“ seitens des Dominikanertheologen P.-A. Liege referiert: „Theologen haben stets angenommen, daß gewisse große Enzykliken (Quanta cura; Pascendi; Casti connubii) unfehlbare Äußerungen enthielten.“
Neben diesen klaren Zeugnissen vieler großer Theologen für die Unfehlbarkeit der Enzyklika Quanta cura gab es ab 1910 allmählich immer mehr gegenteilige, welche die Unfehlbarkeit geleugnet haben. Schon 1930 ist ein Werk in englischer Originalausgabe publiziert worden, das allerdings erst 1961 als Übersetzung in München veröffentlicht wurde und noch im selben Jahr eine zweite Auflage erlebte: Es ist Cuthbert Butlers bekannte Hintergrund-Darstellung des (I.) Vatikanums, übertragen und kommentiert von Hugo Lang. Darin sagt der englische Benediktinertheologe: „Dublanchy bringt im Dictionnaire eine Liste von päpstlichen Äußerungen, wohl unterschieden von Konzilsäußerungen, die eine allgemeine einhellige Überzeugung als sicher unfehlbare ex cathedra-Definitionen, entsprechend dem Vatikanischen Dekret, ansieht. Im ganzen Bereich der Kirchengeschichte gibt es nur zwölf dieser Art: sechs davon sind positive Aufstellungen einer katholischen Lehre, beginnend mit dem Lehrwort des hl. Leo, endend mit der Definition der Unbefleckten Empfängnis durch Pius IX., die sechs anderen sind Verwerfungsurteile über irrige Lehrsätze von Luther, Jansenius, Molinos, Fenelon, Quesnel und vom Konzil von Pistoja. (Ich habe nicht versucht, in die Gründe einzudringen, warum die Verurteilung des Bajus nicht inbegriffen sein sollte.) Die "Quanta cura" von Pius IX., 1864, bleibt zweifelhaft; die "Mirari vos" von Gregor XVI., welche Lamennais und den Avenir verurteilt, steht nicht auf der Liste … Was den Syllabus von 1864 angeht, dessen ex cathedra-Charakter durch die Theologen der sechziger und siebziger Jahre ganz allgemein befürwortet, von Feßler jedoch angezweifelt wurde, so entfällt seine Unfehlbarkeit, da sie jetzt zumeist aufgegeben ist, "à peu près abandonnée".“
Wir sehen, wie die Zweifler an der Unfehlbarkeit sich immer mehr in den Vordergrund drängten und so allmählich die öffentliche Meinung manipulierten. Das war auch die allgemeine Vorgehensweise der Modernisten gegenüber mißliebigen Lehramtstexten. Einige modernistische Theologen zweifeln selbst gewichtigste lehramtliche Texte einfach an, um sodann unter scheinheiligem Hinweis auf die selbst aufgebrachten Zweifel diese als dogmatisch unverbindlich erklären zu können. Da man die Verurteilungen der Enzyklika - vor allem und gerade auf dem Feld der Kult-, Meinungs- und Pressefreiheit - als unvereinbar mit dem liberalen Zeitgeist und den tatsächlichen politisch-gesellschaftlichen Verhältnissen empfand, sah man sich nach einer dogmatischen Rechtfertigung um, um von diesen Verurteilungen diskret abrücken zu können – und fand das Schlupfloch (vermeintlich!) im erst herbeigeredeten und dann konstatierten Zweifel am definitorischen Charakter der Enzyklika. Der erwähnte Eindruck wird übrigens zur Gewißheit, wenn man erfährt, daß Karl Rahner SJ, der zielstrebig die Herausgeberschaft der berühmten Sammlung dogmatisch verbindlicher päpstlicher und konziliarer Urkunden (bekannt als „Denzinger“ [Dz] bzw. „Denzinger-Schönmetzer“ [DS]) an sich gebracht hatte, ab der 32. Auflage dieses Werks die bis dahin noch darin enthaltenen Nummer Dz 1688-1690 einfach als „obsolet“ wegfallen ließ. Es handelte sich dabei exakt um die Passagen der Enzyklika „Quanta cura“, in denen die Forderung nach allgemeiner Religionsfreiheit verworfen wird!
Wir können also feststellen, vor 1900, und das heißt, in einem Zeitraum von vollen 35 Jahren nach Veröffentlichung des Rundschreibens, gab es kaum einen „bedeutenden Theologen“, der an der Unfehlbarkeit der Enzyklika „Quanta cura“ zu zweifeln gewagt hätte. Butler nannte sogar als Zweifler an der Unfehlbarkeit des Syllabus, nicht jedoch der Enzyklika „Quanta cura“ (!), einzig den Bischof von St. Pölten, Joseph Feßler (+ 1872), einen tatsächlich bedeutenden Patrologen und Kanonisten, der auf dem (I.) Vatikanum als Sekretär wirkte. Doch selbst falls irgendein einzelner „bedeutender Theologe“ seinerzeit „Quanta cura“ tatsächlich als Dokument ex cathedra in Frage gestellt hätte (was - wie gesagt - jedoch offenbar nicht der Fall ist!), würde das mit Sicherheit bei weitem nicht ausgereicht haben, einen Dissens der Theologen bzw. eine mangelnde Offenkundigkeit im Sinne des Kirchenrechts zu begründen.
Offen bleibt im übrigen, ob die angeblichen oder wirklichen Zweifel einer späteren Theologengeneration überhaupt noch berücksichtigt werden dürfen, wenn die zeitgenössische wie auch die nächstfolgende Generation bereits mit praktischer Einmütigkeit den definitorischen Charakter eines päpstlichen Dokuments anerkannt haben. Leider hat es der CIC versäumt, diesbezüglich etwas zu bestimmen. So haben die Modernisten in ihrer beispiellosen Frechheit hier den Hebel angesetzt und die unliebsame Enzyklika Pius' IX. als unfehlbares Dokument des Lehramtes aus dem Weg geschafft. Und in derselben Weise sind sie mit vielen anderen sicheren Lehren der Kirche umgegangen.
2. Das kirchliche Lehramt in der Tradition
Wie schon anfangs angedeutet, sollte man annehmen, daß gerade die Bewegung der Tradition eine besondere Ehrfurcht vor dem kirchlichen Lehramt hat und die Unfehlbarkeit desselben gegen alle modernistischen Angriffe verteidigt. Bei genauerem Hinsehen stellt man jedoch fest, daß das nur halb wahr ist. Auf der einen Seite betont man natürlich theoretisch die Unfehlbarkeit des kirchlichen Lehramtes und dessen Bedeutung für die Kirche, anderseits hat man aber gerade mit dieser Unfehlbarkeit seine Mühe und Not, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Woher kommt diese Mühe und Not? Aus der aktuellen Situation der Kirche! Aus dem Versagen der kirchlichen Hierarchie bis in die höchste Spitze hinein!
An diesem Punkt muß man nun unterscheiden. Die „Tradition“ ist nämlich durchaus kein geschlossener Block, sie kennt vielmehr recht unterschiedliche Strömungen mit ganz unterschiedlichen Antworten auf die aktuelle kirchliche Not. Auf der einen Seite haben wir die Priesterbruderschaft St. Pius X. und alle ihr nahestehenden Gruppen, die trotz der unerhörten Geschehnisse in Rom am aktuellen Papst festhalten wollen und sagen, der Papst sei Papst mit echter Autorität, wenn auch ein schlechter Papst. Zu dieser Gruppe kann man, wenn es um die Papstfrage geht, auch die Priesterbruderschaft St. Petrus hinzuzählen, wobei es bei der Beurteilung einzelner Fragen jedoch verschiedene Meinungen gibt, wie wir noch sehen werden. Daneben haben wir die Gruppe der sog. „Sedisvakantisten“. Diese meinen, am aktuellen Papst nicht mehr festhalten zu können, weil dieser in die Häresie gefallen sei. Daraus ziehen sie den Schluß: Der Stuhl Petri sei vakant, also leer. Der derzeitige „Papst“ in Rom sei nur ein Scheinpapst. (Unter den „Sedisvakantisten“ gibt es wiederum verschiedene Gruppen, die wir in bezug auf unser Thema jedoch vernachlässigen können.) Wie stehen nun diese Gruppen zum Lehramt?
Beginnen wir mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. (in der Folge abgekürzt mit FSSPX). Die FSSPX hält also, wie wir schon erwähnt haben, am gegenwärtigen Papst fest. Anderseits hat die FSSPX aber auch ihre liebe Mühe und Not mit diesem Papst (besonders mit dem gegenwärtigen), bzw. schon mit den vergangenen Päpsten seit Johannes XXIII. Es gibt einfach seit diesem zu weitreichende Änderungen bezüglich der Lehre der Kirche, weshalb man, wenn man an der Tradition festhalten möchte, in Opposition gehen muß, in Opposition zu Rom, d.h. letztlich zum Papst und damit zum Lehramt der Kirche. Eine solche Haltung ist selbstverständlich für einen Katholiken niemals unproblematisch, da er an sich zum Gehorsam gegenüber dem höchsten Lehramt verpflichtet ist. Um aus diesem Dilemma herauszukommen, hat sich in der FSSPX eine eigene Lehre entwickelt, mit welcher man das Verhältnis zum modernen Rom in den Griff bekommen möchte.
Schon ganz zu Beginn der Auseinandersetzung mit dem modernen Rom sprach man in der FSSPX davon, daß man dem Papst im Rahmen seiner Unfehlbarkeit durchaus gehorchen wolle, ansonsten halte man sich jedoch an die Tradition. Diese Haltung trifft auch heute noch den Kern der Sache. Die Mitglieder der FSSPX gehorchen dem aktuellen Papst im Rahmen der Unfehlbarkeit – in allen anderen Entscheiden kann der Papst sagen, was er will, man muß ihm nicht gehorchen, weil er darin nicht unfehlbar ist. Oder etwas anders ausgedrückt: Bei allen nicht unfehlbaren Entscheidungen des Lehramtes darf man legitimen Widerstand leisten.
Womöglich ist es dem einen oder anderen Leser aufgefallen, daß diese Haltung genau den Sachverhalt wiedergibt, den Pius IX. in seinem Satz Nr. 22 des Syllabus verurteilt hat: „Die Verpflichtung, welche katholische Lehrer und Schriftsteller völlig bindet, ist bloß auf dasjenige beschränkt, was durch eine unfehlbare Entscheidung der Kirche als Dogma für alle zu glauben vorgelegt wurde.“ Diese Parallele hätte zumindest die Theologen der FSSPX stutzig machen sollen, umso mehr als man auf diesem Fundament den eigenen Widerstand gegen das moderne Rom aufbauen wollte. Leider war das nicht der Fall. In Gegenteil, alle Einwände selbst von durchaus kompetenten Theologen wurden mit nichtigen Gründen einfach in den Wind geschlagen. So hat man sich in der FSSPX schnell daran gewöhnt, dem Papst in all seinen Akten mit Skepsis zu begegnen und ihn eifrig zu kritisieren – solange er nicht unfehlbar ist.
Aber wie bei den Modernisten nach dem ersten Schritt ein zweiter notwendig folgte, so auch in der Logik der Tatsachen bei der FSSPX. Damit man nämlich die selbst abgesteckte Rahmenbedingung einhalten konnte, mußte man bald die Anforderungen für einen unfehlbaren Akt des Lehramtes immer höher schrauben. Denn jede neue "unfehlbare Entscheidung" des modernen Roms brachte unter Umständen wieder neue Konflikte mit sich. Man begann darum davon zu sprechen, daß man in der Vergangenheit die Unfehlbarkeit des Papstes übertrieben habe. Heute müßten wir einsehen, daß der Papst gar nicht so oft unfehlbar sei, als man früher angenommen habe. Im Zuge dieser Argumentation hat man sodann die Bedingungen für die Unfehlbarkeit so verschärft, daß alle Akte des ordentlichen Lehramtes eliminiert wurden und letztlich nur noch die Akte des außerordentlichen Lehramtes übrig blieben, wie wir es schon von den Modernisten her kennen.
Hierzu möchte ich einen Ausschnitt aus einem Artikel von P. Gerard Mura, den dieser in dem vom Priesterseminar in Zaitzkofen damals herausgegebenen Blatt „Dives in omnes“ 1998 veröffentlicht hat, anführen, der das Gesagte in bester Weise untermauert. Der Artikel ist eine Stellungnahme zu dem damals neu erschienen voluminösem Werk von Johannes Rothkranz „Die Konzilerklärung über die Religionsfreiheit“. Auf Seite 17 heißt es bei P. Mura: „Rothkranz gibt zu, daß nicht alle Offenbarungswahrheiten Dogmen sind. Ein Dogma ist nur eine vom außerordentlichen Lehramt definierte Wahrheit. Ein Dogma ist darum eine Wahrheit, bei welcher es keinen Ansatz eines Zweifels geben kann, daß sie in der Offenbarung enthalten ist. Die Falschheit der Lehre der Religionsfreiheit ist nun höchstens wahrscheinlich de fide. Sie stellt eine Wahrheit des authentischen allgemeinen Lehramtes dar, vielleicht eine des ordentlichen Lehramtes. Es ist nicht eindeutig klar, ob sie wirklich de fide festzuhalten ist. Rothkranz gibt selber zu: die Falschheit der Lehre von der Religionsfreiheit ist kein Dogma des außerordentlichen Lehramtes. Der Papst verstößt also nicht gegen ein Dogma bei der Anerkennung von DH.“ (DH = Dignitatis humanae)
Hier wird es also in aller Deutlichkeit behauptet: Ein Dogma ist nur eine vom außerordentlichen Lehramt definierte Wahrheit. Da Johannes Rothkranz in seiner Erwiderung auf den Artikel P. Muras sich dagegen verwehrte, eine derartige Aussage jemals gemacht zu haben, was man ihm auch gerne glaubt, muß sie die wohl eher unreflektierte Meinung von P. Mura wiedergeben. Daß diese Meinung falsch, ja im Grunde häretisch ist, müßte eigentlich jedem katholischen Theologen klar sein. Leugnet sie doch direkt das vom (I.) Vatikanum definierte (!) Dogma, „mit göttlichem und katholischen Glauben“ sei „alles das zu glauben“, was „von der Kirche entweder durch feierlichen Entscheid oder durch das ordentliche und allgemeine Lehramt als von Gott geoffenbart zu glauben vorgelegt“ werde! Bei P. Mura scheint die durch die von der FSSPX geübte Praxis bedingte Verbildung des Urteils schon so weit vorangeschritten zu sein, daß er seine häretische Einschränkung der Unfehlbarkeit auf das außerordentliche Lehramt nicht einmal mehr bemerkt, er betont ja nochmals: die Falschheit der Lehre von der Religionsfreiheit ist kein Dogma des außerordentlichen Lehramtes. Womit er offensichtlich sagen will, daß es damit überhaupt kein Dogma sei, bzw. sein kann.
Ebensowenig scheint er zu merken, daß er mit der Behauptung „Die Falschheit der Lehre der Religionsfreiheit ist nun höchstens wahrscheinlich de fide“, in den Chor der modernistischen Theologen einstimmt, welche die Unfehlbarkeit der Enzyklika „Quanta cura“ offensichtlich mit Erfolg solange bezweifelt haben, daß selbst eingefleischte Traditionalisten ihre Position übernehmen – wenn sie ihnen nur in den Kram paßt! Dabei kommt jedoch bei P. Mura ein weiteres Kuriosum hinzu, das wohl in der theologischen Literatur einmalig ist: Ein lehramtliches Dokument sei höchstens wahrscheinlich de fide. Mir ist bis jetzt in keiner Dogmatik eine derartige Qualifikation einer theologischen Lehre begegnet, darum muß dieser Ausdruck wohl eine genuine mura´sche Sprachschöpfung sein. Dahinter verbirgt sich aber, so vermute ich, doch noch ein dunkel verschwommenes Wissen über die Existenz eines ordentlichen unfehlbaren Lehramtes der Kirche, das aber nunmehr nicht mehr einfach unfehlbar ist und somit eine Lehre als „de fide“ verpflichtend zu glauben vorlegen kann, sondern nur noch als höchstens wahrscheinlich de fide gilt, was das auch immer sein mag. Bei den Akten des ordentlichen Lehramts bleibt also offensichtlich, anders als beim außerordentlichen Lehramt, nach P. Mura immer ein Zweifel übrig – den dann die Modernisten hinterhältiger Weise sofort ausgenützt hätten, um das ordentliche Lehramt wirksam außer Kraft zu setzen.
Aber warum bleibt eigentlich der Zweifel bei P. Mura bezüglich des ordentlichen Lehramtes, während er bei all den großen Theologen der Kirche nicht blieb? Hierzu gibt uns ein weiterer Textabschnitt aus dem Artikel des Paters Aufschluss: „Wenn nun das ordentliche und das außerordentliche Lehramt nur verschiedene Ausübungsweisen der gleichen Gewalt sind, dann ist es undenkbar, daß das II. Vatikanum eine Wahrheit, die es nach dem außerordentlichen Lehramt ausdrücklich nicht definieren wollte (bzw. nicht als de fide lehren wollte), dennoch nach dem ordentlichen Lehramt als Glaubenswahrheit gelehrt hätte. Wenn es nur zwei Ausübungsweisen einer gleichen Lehrgewalt sind, dann gelten für beide auch die gleichen Regeln und Prinzipien bezüglich der Unfehlbarkeit. Das außerordentliche Lehramt ist aber nur dann unfehlbar, wenn der Papst oder das Konzil seine volle Autorität einsetzt, d.h. ausspricht, daß die zur Rede stehende Wahrheit mit voller Sicherheit zur Offenbarung gehört.“
In dieser Ausführung zeigt der Autor ganz deutlich, daß er nicht mehr zwischen ordentlichem und außerordentlichem Lehramt unterscheiden kann, beides fällt bei ihm letztlich in eins zusammen, weil er das ordentliche Lehramt immer schon unter das außerordentliche subsumiert. Johannes Rothkranz kommentiert diese Stelle wie folgt: „Aus der Tatsache, daß zwei verschiedene Ausübungsweisen der gleichen Lehrgewalt existieren, folgert P. Mura mit umwerfender Logik, daß für beide verschiedenen Ausübungsweisen die gleichen Regeln und Prinzipien bezüglich der Unfehlbarkeit gelten. Und worin bestünde dann, bitte sehr, überhaupt noch die Verschiedenheit der Ausübung???“ Das muß man sich in der Tat fragen, wenn P. Mura recht hätte: Worin unterscheiden sich das ordentliche und das außerordentliche Lehramt noch, wenn für beide die gleichen Regeln und Prinzipien bezüglich der Unfehlbarkeit gelten? Offensichtlich gar nicht mehr! Was aber in der heutigen Situation recht vorteilhaft ist, denn dann gibt es – Gott sei Dank – nur äußerst wenige unfehlbare Entscheidungen des Lehramtes und man hat wenig Schwierigkeiten mit dem modernistischen „Lehramt“.
Hierzu nochmals, zur vollkommenen Verwirrung der Leser, eine Stelle aus P. Muras Darlegungen (S 12f): „[i]m Grunde hat diese Argumentation von Rothkranz zur Folge, daß es im Lehren einer Wahrheit durch das authentisch-ordentliche (bischöfliche) Lehramt der Kirche kaum mehr eine Differenzierung nach verschiedenen theologischen Noten gibt, wie sie in der Praxis der theologischen Beurteilung üblich ist. … Um eine Wahrheit als im Offenbarungsschatz sicher enthalten zu kennzeichnen, gebraucht wenigstens das außerordentliche Lehramt gewisse Formeln, die in solchen Fällen üblich sind, auch wenn sie nicht notwendig verwendet werden müssen. Das Lehramt muß nämlich sichtbare Zeichen dafür geben, daß eine Lehre als ganz zweifellos festzuhalten gelehrt wird, weil es auch regelmäßig mit niedrigerer theologischer Qualifikation spricht. Was für das außerordentliche Lehramt gilt, muß in gewissem Ausmaß auch auf das ordentliche übertragen werden, damit unterschieden werden kann, was zum strengen ordentlichen Lehramt gehört und was nur zum authentischen bischöflichen Lehramt gehört.“
Wissen Sie jetzt Bescheid, verehrter Leser? Was, immer noch nicht? Es dürfte auch wirklich recht schwierig sein, solche eklatante Widersprüche verstehen zu können. Wie soll man sich auch zusammenreimen, daß „gewisse Formeln … die in solchen Fällen üblich sind“, aber dann dennoch „nicht notwendig verwendet werden müssen“, wobei dasselbe Lehramt jedoch dann doch wieder „sichtbare Zeichen“ in Gestalt eben solcher Formeln „geben muß“!? Aber auch hinter all diesen Widersprüchen zeigt sich nochmals, daß der Pater offensichtlich immer nur vom außerordentlichen Lehramt als unfehlbarer Instanz der Kirche her denkt und ihm daher selbstverständlich das ordentliche Lehramt gänzlich unzugänglich bleibt.
Hinzu kommt noch eine völlige Verkennung des Aussagecharakters der vom Lehramt verwendeten „theologischen Noten“ bzw. Zensuren. Man hätte in jedem dogmatischen Handbuch nachlesen können, daß sich das Lehramt mit „unsicheren“ Offenbarungs- oder sonstigen Wahrheiten grundsätzlich überhaupt nicht abgibt! Stattdessen geben die verschiedenen theologischen Zensuren, soweit sie sich auf lehramtliche Aussagen beziehen, immer nur Auskunft darüber, ob eine Wahrheit formell geoffenbart, bloß virtuell geoffenbart oder gar nicht (übernatürlich) geoffenbart ist! Lediglich die Lehren der Gesamtheit der Theologen oder auch bloß einzelner Theologen(gruppen) können unter anderem durch solche Zensuren gekennzeichnet werden, die eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich deren Offenbarungscharakter zum Ausdruck bringen!
Dabei verhält es sich übrigens so, daß das Lehramt dort, wo es eine Lehre ohne ausdrückliche Einschränkung als „geoffenbart“, als „(mit göttlichem Glauben) zu glauben“ (veritas [de fide divina] credenda) oder als „Glaubenswahrheit“ (veritas de fide) bezeichnet, ausnahmslos immer mit unfehlbarem Anspruch eine formelle Offenbarungswahrheit vorlegt, also genau das, was Dogma im strengsten Sinne ist. Alle bloß virtuell geoffenbarten Wahrheiten werden bereits von vornherein nur als „festzuhalten“ (veritas tenenda) oder als „katholische Wahrheit“ (veritas catholica) eingestuft.
Entschuldigen Sie, verehrter Leser, wenn ich mich etwas länger bei den Ausführungen P. Muras aufgehalten habe. Dabei geht es auch gar nicht um die Person des Paters, aber diese Ausführungen sind ein Paradebeispiel für die ambivalente Haltung der FSSPX bezüglich des kirchlichen Lehramtes und spiegeln zugleich die theologische Verwirrung wieder, die sich daraus ergibt. Vor allem zeigt sich eines: Wenn man die unfehlbaren Akte des Lehramtes immer mehr einschränken muß, um die eigene kirchenpolitische Position halten zu können, dann muß man irgendwann einmal auch die Lehre über dieses Lehramt antasten und verfälschen, weil nicht mehr die Lehre an der ersten Stelle steht, sondern die Eigeninteressen der Gemeinschaft.
Gerade das ist auch in der Tat schon zur Genüge geschehen. Nach der Heiligsprechung des Gründers des Opus Dei etwa ging ein Aufschrei durch die Reihen der FSSPX. Man hat von Seiten der FSSPX deutlich zu verstehen gegeben, daß man diese Heiligsprechung anzweifle. Nun ist aber die Heiligsprechung einer jener Akte, die von den Theologen immer als unfehlbar angesehen wurden. Das wußte man durchaus auch in der FSSPX, denn vor der Heiligsprechung Josemaria Escrivas de Balaguers haben immerhin noch manche der Patres ihre Hoffnung zum Ausdruck gebracht, Gott werde wohl eine solche Heiligsprechung verhindern (wie auch jetzt etwa der französische Distriktobere wieder zum Gebet aufgerufen hat, um die Heiligsprechung Johannes Pauls II. zu verhindern). Post Faktum waren jedoch solche Bedenken sehr schnell vergessen und flugs erschien in dem der FSSPX nahestehenden Blatt „Si Si No No“ ein Artikel, in welchem die Unfehlbarkeit der Heiligsprechungen, gestützt auf einen modernistischen Dominikanertheologen, grundweg angezweifelt wurde. In der ganzen FSSPX gab es keine einzige Reaktion auf diesen skandalösen Artikel und bis heute ist nichts mehr zu diesem Thema zu hören gewesen. Alle Mitglieder werden wohl, wie schon so oft, gedacht haben: Gott sei Dank, die Heiligsprechung ist doch nicht unfehlbar, wie wir befürchtet haben, wir können sie also ruhig anzweifeln, ohne daß das Konsequenzen für unsere eigene Position hat! Die verheerende Konsequenz aus der Leugnung der Unfehlbarkeit der Heiligsprechung für die Lehre über die Heiligkeit der Kirche wird dagegen offensichtlich völlig übersehen.
Ein weiteres Beispiel für das Verhältnis der FSSPX zum lebendigen Lehramt der Kirche war die römische Entscheidung über Anerkennung des Ritus ohne Wandlungsworte. Im Rahmen der FSSPX wurde eifrig gegen diese Entscheidung Stellung genommen, ohne in diesem Falle überhaupt noch zu bemerken, geschweige denn zu bedenken, daß auch die Anerkennung eines Meßritus durch die Kirche immer unter die unfehlbaren Akte des Lehramtes gezählt wurde. Hier war ein Pater der Priesterbruderschaft St. Petrus aufmerksamer. P. Lugmayer sah sich wohl vor allem wegen der von ihm angenommenen Unfehlbarkeit der römischen Entscheidung zur Verteidigung derselben veranlaßt und verfaßte deshalb eine Arbeit, in welcher er die Gültigkeit einer Messe ohne Wandlungsworte verteidigte. Von den meisten „Traditionalisten“, so befürchte ich sicher nicht grundlos, ist der Beweggrund des Paters gar nicht mehr wahrgenommen worden, weil der Gedanke einer hl. Messe ohne Wandlungsworte dann doch etwas zu merkwürdig erschien. Selbst in der eigenen Bruderschaft löste seine Arbeit bei manchen Mitbrüdern nur ein Kopfschütteln aus. So haben die allermeisten „Traditionalisten“ auch in dieser Frage der Messe ohne Wandlungsworte einfach eine römische Entscheidung zurückgewiesen, ohne sich überhaupt noch darüber Rechenschaft zu geben, ob das so ohne weiteres möglich ist.
Jedenfalls steht man als „Traditionalist“ seit der römischen Entscheidung über den Ritus von Addai und Mari in dem Dilemma, entweder die Unfehlbarkeit der Kirche bei der Promulgation eines Ritus leugnen oder eine Messe ohne Wandlungsworte anerkennen zu müssen – außer man wird „Sedisvakantist“! Dieser hat natürlich keine derartigen Probleme, da für ihn alle Akte des modernen Roms ungültig sind, weil der Papst gar nicht Papst ist. So gesehen können die „Sedisvakantisten“ wenigstens bei diesen Auseinandersetzungen beruhigt zusehen, denn eigentlich gehen sie diese nichts an.