Menschenmachwerkskirche

Eine der treffendsten Benennungen der modernen, mit und nach dem Konzil entstandenen Religionsgemeinschaft ist die von Anna Katharina Emmerich geprägte Wortschöpfung: Menschenmachwerkskirche. In diesem Wort kommt das Wesen dieser Gemeinschaft ganz präzise zum Ausdruck, diese neue „Kirche“ stammt nicht mehr von Gott, sondern sie ist von Menschen gemacht, von Menschen erfunden und sodann erbaut worden. An sich ist dies, wenn man die Eigenart dieser Gemeinschaft nüchtern und sachlich bedenkt, eine evidente, d.h. eine leicht und spontan einzusehende Wahrheit.

Daß aber de facto, also in der Tat nur ganz wenige Katholiken zu dieser augenfälligen Einsicht fähig waren und auch heute immer noch sind, liegt vor allem daran, daß diese Menschenmachwerkskirche von den höchsten Stellen der kirchlichen Hierarchie mit Hilfe eines sog. Konzils aus der Taufe gehoben worden ist. „Ihr werdet eine Revolution in Tiara und Chormantel predigen, die mit dem Kreuz in der Hand und dem christlichen Banner marschiert, eine Revolution, die nur einer geringfügigen Anfachung bedarf, um alle vier Ecken der Welt in Brand zu stecken“, so heißt es in den Anweisungen der Alta Venta der Carbonari vom 3. April 1844. Vorher hatte der führende Kopf dieser Loge folgendes ausgeführt: „Um also sicher zu stellen, daß ein Papst, wie wir ihn wünschen, auf den Thron kommt, gilt es zunächst, ihm eine Generation heranzubilden, die der von uns erträumten Regierung würdig ist. Lassen wir die Greise und Menschen reifen Alters beiseite; geht unter die Jugend und, wenn möglich, bis ins Kindesalter hinab… Möge der Klerus unter eurer Standarte marschieren und dabei immer noch glauben, er marschiere unter dem Banner der apostolischen Schlüssel.“

Zeichnen wir nun, nachdem all das geschehen ist und sich alles genauso erfüllt hat, den Weg nach, damit wir zu einem tieferen Verständnis darüber gelangen, was diese neue Menschenmachwerkskirche ihrem Wesen nach sein will.

Der letzte große und antimodernistische Papst, der heilige Pius X., hatte noch einmal mit der ganzen Macht seines apostolischen Amtes versucht, den Modernismus zu enttarnen und die Modernisten aus der Kirche zu drängen. Aber er mußte schließlich einsehen, daß er dieses Ziel nicht mehr erreichen konnte. Am 1. September 1910 schrieb er: „Auch nachdem ihnen die Enzyklika ‚Pascendi‘ die Maske, hinter der sie sich verborgen, vom Gesicht gerissen hat, haben die Modernisten ihre Pläne, den Frieden der Kirche zu stören, nicht aufgegeben. Sie haben in der Tat nicht aufgehört, neue Anhänger zu werben und in einer geheimen Vereinigung zu sammeln.“ So wurde der Einfluß dieser geheim operierenden Modernisten naturnotwendig in den folgenden Jahrzehnten immer mächtiger, und das umso mehr, als die antimodernistischen Kräfte langsam in sich zusammenbrachen.

1. Angelo Giuseppe Roncalli alias Johannes XXIII. – Das neue Pfingsten.

Mit dem Tod Pius' XII. endet die Geschichte der alten Kirche. Es hat seit der Gegenreformationszeit, der Aufklärung, dem immer stärker werdenden Rationalismus viele Kämpfe gegeben, dennoch blieb die Kirche mit ihrem unfehlbaren Lehramt der Fels in der Brandung der Geistesgeschichte. Mit dem Tod des hl. Pius X. erlosch der aktive Kampf gegen den modernen Geist. Schon in den 40er und 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde offenbar, die in die Kirche eingedrungenen Modernisten können immer weniger in Schach gehalten werden. Pius XII. hatte sich noch bemüht, sich dieses neuen, subversiven Geistes zu erwehren, der Erfolg seiner Bemühungen war jedoch äußerst bescheiden, wenn man überhaupt noch von Erfolg reden kann. Mit Pius XII., der der eigentliche Übergangspapst zur Menschenmachwerkskirche war, stirbt die alte Kirche. Sein Nachfolger Angelo Guiseppe Roncalli brachte die Lawine ins Rollen, die den größten Teil der Kirchenstrukturen und des Kirchenvolkes hinwegfegen würde: „Er wird vieles ändern, nach ihm wird die Kirche nicht mehr dieselbe sein“, so urteilte Abbé Mouraux. Er weiß, es ist soweit, deshalb beginnt er „eine Revolution, die nur einer geringfügigen Anfachung bedarf, um alle vier Ecken der Welt in Brand zu stecken.“

Schon kurz nach seinem Amtsantritt „prophezeite bekanntlich Roncalli mit Berufung auf angebliche Eingebungen des Hl. Geistes ein 'neues Pfingsten', das sich auf diesem 'Konzil' bzw. durch dasselbe ereignen werde. Indessen stand diese Aussage in einem absoluten Widerspruch zur göttlichen Offenbarung, so daß einem jeden, der auch nur etwas von Theologie, von der wissenschaftlichen Lehre von Gott, verstand, sofort klar war, daß dieser 'Oberhirte' unter einer typischen 'inspiratio daemonica' (= einer teuflischen Eingebung) stand, die weit über eine satanische Versuchung hinausgeht und im übrigen niemals ohne eigenes Verschulden möglich wird und ist. Auch darüber hätte man sich belehren lassen können, insbesondere von dem hl. Kirchenlehrer Johannes vom Kreuz, dem geistlichen Lehrer der hl. Theresia von Avila, um dann daraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen, auch für sein praktisches Verhalten als getaufter und gefirmter katholischer Christ, anstatt dem 'Geist des Konzils' auf den Leim zu gehen.“

Wem dieses Urteil von Prof. Dr. Wendland zu hart erscheint, dem sei noch eine ergänzende Information gegeben, die das Geschehene noch zweifelhafter erscheinen läßt. Es ist allgemein bekannt geworden und von den zuständigen vatikanischen Kreisen niemals dementiert worden, daß Roncalli vor seiner Wahl, als er Nuntius in Paris war, von gewissen Kreisen einen Brief erhielt, in dem ihm der Stuhl Petri nur unter der Bedingung angeboten worden ist, daß er bereit sei, ein Konzil einzuberufen. So kann seine Behauptung, die Einberufung des Konzils entstamme einer himmlischen Eingebung, entweder nur als Lüge oder als Wahnvorstellung, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, interpretiert werden. Eine himmlische Eingebung war es, wie Prof. Wendland geschrieben hat, ganz sicher nicht.

Aber selbst wenn man das zugeben würde, so wäre die Tatsache, daß ein „Papst“ bei einer so wichtigen Angelegenheit wie der Einberufung eines Konzils sich auf eine himmlische Eingebung beruft, sicher allein schon ein Kuriosum ersten Ranges – und das noch in einer Zeit, in der man schon ganz und gar vom Skeptizismus angefressen war – wobei sich zudem seltsamer oder auch auffallender Weise die Weltpresse in keiner Weise über diese Äußerung Roncallis lustig machte. Es sei hier zum Vergleich ein anderes Beispiel aus der Kirchengeschichte angeführt: Wie lange hat die Kirche nach den Offenbarungen unseres Herrn Jesus Christus an die hl. Juliana von Lüttich diese geprüft und erwogen, ob alles mit dem Glauben, also der Tradition der hl. Kirche, im Einklang steht und auf welch beeindruckendem theologischen Fundament hat sodann der hl. Thomas von Aquin die Texte des hl. Offiziums und der Messe vom Fronleichnamsfest gedichtet!

Aber der Charismatiker Roncalli meint und macht der Welt weis, aufgrund einer himmlischen Eingebung hin könne er einfach ein Konzil einberufen, ein „Konzil“, das sodann seltsamer Weise alles tun darf und soll, nur nicht das, was ein Konzil eigentlich immer getan hat und tun soll, nämlich den göttlichen Glauben verteidigen, die Irrtümer verurteilen und dadurch die Gläubigen in ihrem Glauben stärken. Hören wir dazu nochmals Prof. Wendland:

Es war bekannt, daß sich der Häretiker Roncalli schon kurz nach seinem „Amtsantritt“ hinsichtlich des Planes, ein Konzil einzuberufen, auf eine göttliche Inspiration berief, obwohl weder ein Papst noch ein Bischof eine „inspiratio divina“ besitzt. Darin besteht ja nun gerade der radikale und wesenhafte Unterschied zwischen den in der Zeit nach der Auferstehung Christi von IHM selbst belehrten Aposteln (einschließlich des hl. Paulus auf eine besondere Weise) und ihren Nachfolgern, die nur Bischöfe sind (wie Timotheus oder Titus), nicht aber dasselbe wie Apostel, d.h. Männer, die vom HERRN selbst erwählt und berufen worden sind. Wie sagt doch das wahre Sprichwort? Hochmut kommt vor dem Fall! Nur naive oder verlogene Zeitgenossen verbreiteten das Märchen vom ach so menschenfreundlichen „guten Papst Johannes“ oder vom angeblich „charismatischen Papst“, um anderen Sand in die Augen zu streuen.

Im Nachhinein – also heute im Jahr 2013 – kann man jedenfalls nur eines nüchtern feststellen: Es war sicherlich eine der dümmsten Ideen, die man im Jahr 1959 haben konnte, ein Konzil einzuberufen, das sodann auch wirklich unter den Augen (also der indirekten Kontrolle) der Weltpresse stattfinden sollte. Auf so eine Idee konnten nur Modernisten, also Revolutionäre und Feinde der Kirche Gottes kommen, die wußten, daß ihre Stunde nunmehr gekommen war.

Daß dieses Spiel so reibungslos abgelaufen ist, hat einen viel weiterreichenden Grund, als die meisten Gläubigen wahr haben wollten. Dr. Wendland gibt zu bedenken: „Doch nicht bloß dieser bauernschlaue 'Bischof Roncalli' allein, sondern sogar große Teile des Gesamtepiskopates standen bereits vor diesem Konzil in ihrem subjektivistischen Denken im völligen Widerspruch zur göttlichen Offenbarung und zu bestimmten Lehren der Kirche, so daß dann das 'Pastoralkonzil' den großen Abfall aller Beteiligten von der 'vera fides' (= dem wahren Glauben) nur noch weltweit offenkundig machte. Es ist mir nicht bekannt, daß ein Kardinal oder wenigstens ein Bischof diese von einem seltsamen 'Geist' erleuchtete Generalversammlung unter Protest verlassen hätte. Nicht ein einziger!“ Es ist wirklich wahr und kaum zu glauben, keiner der Kardinäle oder Bischöfe, auch nicht einer hat diese von einem seltsam unheiligen Geist erleuchtete Generalversammlung unter Protest verlassen.

2. Giovanni Baptista Montini alias Paul VI. – Baustelle Konzilskirche: neue Liturgie, neue Sakramente

Roncalli, alias Johannes XXIII., war es nicht vergönnt, das Ende seines „Pastoralkonzils“ mitzuerleben. Das war seinem Nachfolger Montini vorbehalten. Nachdem das 2. Vatikanum durch den großen Abfall aller Beteiligten von der „vera fides“ die theoretische Grundlage für eine neue Gegenkirche gelegt hatte – auch wenn dies mehrheitlich durchaus, wenn auch nicht nur, noch in der verdeckten Form der Zweideutigkeit und dem verbergenden Gewand einer neuen Sprache geschehen ist –, ging Paul VI. ganz gezielt und geradlinig daran, die neue Kirche auch konkret aufzubauen. Der Raum der Kirche wurde entsprechend dem neuen Glaubensbegriff der Modernisten zu einer Baustelle umfunktioniert und ist es letztlich bis heute geblieben.

Nun, was ist das wichtigste, wenn man eine neue Kirche bauen möchte und der Bauplan mehr oder weniger gezeichnet ist? Montini schuf logisch konsequent und ganz zielstrebig eine neue Liturgie und neue Sakramente! Mit anderen, bildhaften Worten, er wechselte das Herz der Kirche aus. Über das Ungeheuerliche dieses Tuns hat sich von den sog. Katholiken und den Mitverantwortlichen kaum jemand verwundert und schon gar nicht der Sache entsprechend geärgert – wobei es objektiv betrachtet eines der größtmöglichen Ärgernisse ist, ein Skandal erster Ordnung. Noch nie in der Geschichte der Kirche wurde eine Liturgie, ein Sakramentsritus am Schreibtisch erfunden. Liturgie ist Tradition, Sakramentsriten sind Tradition. Paul VI. jedoch hat die Riten sämtlicher Sakramente entsprechend dem neuen Geist des „Konzils“ neu erfinden lassen – ohne daß noch jemand von den Bischöfen oder sonstigen Verantwortlichen wirksam protestiert hätte. Aber nach der gelungenen Revolution des 2. Vatikanums war sich Montini seines Erfolges ganz sicher, und ein derartiger Protest war im Grunde nicht mehr zu erwarten. Nur noch verhalten da und dort meldete sich der Zweifel über solch frevlerisches Tun. Das, was man heute Tradition oder Traditionalisten nennt, war und blieb letztlich nur eine Randerscheinung.

Die neue Kirche verbreitete sich dagegen unter dem Gewand der erneuerten Liturgie und der neuen Sakramente in Windeseile in der ganzen Welt. Montini konnte auch, wenn es notwendig war, mit brachialer Gewalt seine Liturgiereform allen Widerwilligen aufzwingen. Da gab es keinerlei Toleranz, keinerlei Verständnis. Man kann in Erinnerung des Geschehenen nur einmal mehr erschüttert feststellen: Die Feinde der Kirche kannten das Lebensgesetz dieser göttlichen Institution letztlich viel besser als die Katholiken.

Um die Metamorphose der Institution Kirche zur neuen Menschenmachwerkskirche noch etwas besser greifen zu können, soll ein viel zu wenig beachtetes und vor allem ein viel zu wenig ernst genommenes Geschehnis in Erinnerung gerufen werden. Während des 2. Vatikanums vollzog Paul VI. eine höchst symbolträchtige Handlung, welche die radikale Veränderung des Verständnisses der Kirche und dessen, was ihre innerste Struktur ausmacht, allen, die es sehen wollten, aufs deutlichste zeigte. Hierzu sei ein Text aus dem Buch von Gerd Klaus Kaltenbrunner, Dionysius vom Areopag, angeführt, der sich als Nebenbemerkung in dem umfangreichen Kapitel „Hierarchie“ seines voluminösen Werkes befindet. Das Buch kann nur allen lese- und denkfreudigen Katholiken wärmstens empfohlen werden.

Der Bischof von Rom hat am St. Martinstag 1964 die Tiara, das aufreizendste Würdezeichen dreigliedriger hierarchischer Hoheit „zugunsten der Armen“ abgelegt, ohne daß die Begünstigten überhaupt zuvor befragt worden wären, ob ihnen dieser Verzicht des Pontifex willkommen sei. Derselbe Papst Paul VI. zeigte sich auf geradezu groteske Weise beflissen, aller Welt zu zeigen, daß die „nachkonziliare“ Kirche nicht länger „hinter dem Monde“ lebe. Unvorstellbar ist, daß ein katholisches Oberhaupt, welches imstande war, nachfolgende Erklärungen öffentlich zu formulieren, auch nur im geringsten der hierarchischen Überlieferung ergeben gewesen sein konnte. Als amerikanische Astronauten Ende Juli 1971 auf dem Mond gelandet waren, stimmte Paul VI. diesen Jubelsang an, der eines Saint-Simon, Auguste Comte oder auch Karl Marx würdig gewesen wäre: „Ehre dem Menschen, Ehre dem Denken, Ehre der Wissenschaft, Ehre der Technik, Ehre der Kühnheit des Menschen, Ehre den wissenschaftlichen und planerischen Fähigkeiten des Menschen, der es im Gegensatz zu anderen Lebewesen versteht, seinen Geist und seine Geschicklichkeit den Instrumenten der Eroberung darzubringen. Ehre dem Menschen, dem König der Erde und heutigen Fürsten des Himmels.“ Nebenbei sei die sinnfällige Einzelheit erwähnt, daß der Urheber dieser luziferischen Litanei das früher von jedem Priester nach der Heiligen Messe zu rezitierende Bittgebet an den Erzengel Michael, den princeps militiae caelestis, abgeschafft hat (ebenso wie die überlieferte Messe selbst). Etwas später, aber noch im selben Jahr 1971, sagte Paul VI.: „Wir Modernen - Menschen unserer Zeit - möchten, daß alles neu sei. Unsere Alten, die Traditionalisten, die Konservativen beurteilen den Wert der Dinge gemäß ihrer bleibenden Beschaffenheit. Wir aber sind Aktualisten, wir wollen, daß alles fortlaufend neu sei und sich in einer ständig unvermuteten und dynamisch ungewöhnlichen Form ausdrücke.“ Ebenso erklärte er, daß die „neue Kirche“ bereit sei zur Anpassung an „die Sprachen, Sitten und Neigungen der Menschen unserer Zeit, die von der Geschwindigkeit der materiellen Entwicklung in den Bann geschlagen sind.“ Es sei die Absicht des von ihm maßgebend geprägten Konzils gewesen, „das Christentum angenehm und liebenswert, nachsichtig und offen zu machen, frei von mittelalterlicher Strenge und einem pessimistischen Verständnis des Menschen wie seiner Moral.“ Eben dieser Inhaber des päpstlichen Stuhles, der die ehrwürdige Tiara demonstrativ abgelegt hatte, führte kurz darauf eine bezeichnende Neuerung ein, die auch seine Nachfolger folgerichtig beibehalten haben.
Seit Paul VI. trägt der Nachfolger Petri statt der drei Kronen auf dem Kopf einen Kreuzstab in der Hand, dessen Balken, von denen ein schaurig verzerrter Christus herabhängt, sich verdächtig niederbiegen, also nicht unmittelbar himmelwärts oder waagerecht gerichtet sind. Nicht von ungefähr datiert eine Minderheit überlieferungsgetreuer Katholiken spätestens von dem Tage dieser äußerst sinnbildhaften Niederlegung der Tiara den Untergang des traditionalen Papsttums - sie halten den Stuhl Petri für unbesetzt, die seitherigen Inhaber für sowohl häretische als auch schismatische Thronräuber, für Attentäter auf die unvordenklichen Grundsätze der Hierarchie, welche in ihrem Kern ursprünglicher als das Christentum und auch vom Evangelium selbst keineswegs abgeschafft worden sind. Mittlerweile sind auf dem verwüsteten Weinberg (vgl. Jeremias 12,10-12; Hoheslied 2, 15) ganze Generationen herangewachsen, denen es kaum jemals vergönnt gewesen ist, hierarchisch verbürgte Autorität zu erfahren und durch sie gebildet zu werden. Ein Priestertum, das nicht Hierarchie sein will, wird unweigerlich zur Hierodule, zur Hure des apostatischen Zeitgeists, die für ihre Schändlichkeiten „Hundegeld“ (5 Moses 23,19) empfängt. Das Wort des Herrn, der sich selbst als den Hirten, den Weg und das Licht bezeugt hat, kommt einem unwillkürlich angesichts des kirchlichen Ruins in den Sinn: „Und als Jesus aus dem Boot ausgestiegen war, sah er eine große Menge und wurde im Innersten aufgewühlt, weil sie wie Schafe waren, die keinen Hirten haben“ (Markus 6, 34; Matthäus 9,36).

(Gerd Klaus Kaltenbrunner, Dionysius vom Areopag, Die Graue Edition 1996, S 556f)

3. Karol Wojtyla alias Johannes Paul II. – Neue Weltreligion

Die Baustelle Konzilskirche war eine weltweite, sehr effektive Baustelle, die es in kürzester Zeit ermöglichte, die neue Gegenkirche überall zu installieren und zu etablieren. Nachdem sich dieser Prozess innerhalb der Institutionen verfestigt hatte – der Mensch gewöhnt sich bekanntlich an alles, wie sollte es dem Katholiken anders gehen –, konnte die Baustelle erweitert werden. Man konnte nun in aller Ruhe auch alle Welt-Religionen in diesen Prozess des Umgestaltens miteinbeziehen. Johannes Paul II. hatte das zweifelhafte Charisma, alle Reste eines noch katholischen Glaubenssinnes endgültig zu zerstören. Der Theosoph Paul Roca entwarf folgendes notwendiges Profil des Mannes in Rom: „Nicht ein Pontifex des Glaubens, der Pistis, sondern ein Pontifex der Gnosis und der esoterischen Wissenschaft.“ Da war Karol Wojtyla sicher die richtige Wahl, ein Mann der von sich selbst bekannte: „Ich denke nicht, daß mein Glaube als traditionell bezeichnet werden kann… mein Glaube, oder, wenn sie wollen, mein Theismus ist … von A bis Z die Frucht meines eigenen Denkens und meiner persönlichen Wahl.“ Welcher Katholik hätte je Gleiches sagen können, ohne dadurch zugleich seinen Abfall vom katholischen Glauben zu bekunden?

Dieser Karol Wojtyla faltete als Johannes Paul II. die Irrlehren des 2. Vatikanum in seinen Lehrschreiben immer weiter aus und wendete sie vor allem im Bereich der Ökumene systematisch an. Es sollte eine neue Weltreligion entstehen, die zur Neuen Weltordnung paßt. Die Grundlage zur Bildung dieser neuen Weltreligion war die freimaurerische Toleranz, im sog. Konzil „Religionsfreiheit“ genannt – „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“, wie es Friedrich II., König von Preußen und Freimaurer, eingängig und populär formulierte. Nimmt man hierzu noch ein anderes illuminiertes Wort hinzu, kommt man dem Gemeinten und Intendierten sofort ganz nahe: „Wir Freimaurer der Tradition gestatten uns das Wort eines berühmten Staatsmannes zu verdeutlichen und zu akzentuieren, indem wir es den Umständen angleichen: Katholiken, Orthodoxe, Protestanten, Muselmanen, Hinduisten, Buddhisten, Freidenker und gläubige Denker sind bei uns nur Vornamen. Unser Familienname ist Freimaurerei.“ Das ist die eigentliche Grundlage für das Assisi-Religionstreffen von Karol Wojtyla.

Es wäre zu erwarten gewesen, daß jeder Katholik, also jeder noch antimodernistisch denkfähige Gläubige der alten Kirche, intuitiv, spontan und mit der ganzen Kraft seiner katholischen Überzeugung einen Skandal wie das sog. Religionstreffen von Assisi zurückweisen würde, daß er dieses schlichtweg verdammen und als ganz und gar unkatholisch, ja antichristlich verwerfen würde. Dieses Treffen ist eine Sünde gegen das erste Gebot, eine Blasphemie, also eine Lästerung, eine Verhöhnung des Gottes der Offenbarung und ein Ausdruck eines vollkommen irregeleiteten Glaubens oder, besser gesagt, eines unbelehrbaren Unglaubens. Assisi ist die praktische Vernichtung der katholischen Religion und der Beginn eines neuen Zeitalters. Oder etwas pathetischer ausgedrückt: „Assisi war eine Symbolhandlung, die den Geist einer neuen Menschheit des 3. Jahrtausends zum Ausdruck bringen sollte“ (Dokument „Dialog und Mission“ des Sekretariates für die Nichtchristen 1986). Oder nochmals etwas pathetischer: „Der ‚Geist von Assisi‘ soll die Welt verändern“ (Johannes Paul II. in seiner Predigt vom 25.1.1986).

Es ist leider wahr, der „Geist von Assisi“ hat die Welt verändert, die Welt des wahren Glaubens nämlich. Der „Geist von Assisi“ hat den katholischen Glauben unbemerkt und beinahe ganz unwidersprochen hinweggefegt. Was war geschehen? Prof. Dr. Johannes Dörmann erklärt:

Das gemeinsame Gebet aller christlichen Konfessionen war nicht kontrovers. Es gilt seit dem 2. Vatikanum als ökumenische Errungenschaft und wird in katholischen Kirchen als eine Selbstverständlichkeit praktiziert. Dennoch stellt diese Praxis einen Bruch mit der Tradition dar. Noch unmittelbar vor dem Konzil (1961) gibt Mörsdorf die Haltung der Kirche wie folgt wieder: „Weil gottesdienstliche Gemeinschaft die Gemeinschaft im Glauben voraussetzt, sind naturgemäß auch sogenannte Gemeinschaftsgottesdienste mit Angehörigen einer oder mehrerer anderer christlicher Bekenntnisse verboten“.
• Den seitdem eingetretenen Wandel demonstriert das Friedensgebet in San Rufino. Der Papst legt die neue ökumenische Haltung der Kirche dar. Nicht die Gemeinschaft im Glauben ist die Voraussetzung für den Gemeinschaftsgottesdienst, sondern die präsumtive Gnadengemeinschaft aller Christen. Das Absehen von der katholischen Wahrheit führt unter der Hand zu einem neuen Kirchenbegriff, der dann die theologische Basis für das gemeinsame Gebet aller Konfessionen darstellt. Die spirituelle Einheit ist das Primäre, ist bereits „die Gemeinschaft der Kirche“. Die Einheit im Glauben ist das Sekundäre, das gemeinsam zu Erstrebende. Dabei geht es um die „vollere Einheit“ der Kirche. Der Rekurs auf das Subjektiv-Gnadenhafte als „die Gemeinschaft der Kirche“ relativiert die objektiven Offenbarungswahrheiten und -tatsachen. Dasselbe Prinzip zeigt sich bei der theologischen Beurteilung der nichtchristlichen Religionen.

(Prof. Dr. Johannes Dörmann, Respondeo 8, S 155f).

Seit Assisi geht es ganz im Sinne der modernistischen Theologie nicht mehr um die göttliche Wahrheit, also um die Glaubensinhalte, die Glaubenssätze unserer hl. Kirche, die sog. Dogmen, es geht nur noch um spirituelle Erfahrungen, durch die alle Religionen vereint werden. Darüber war natürlich die ganze (inzwischen vollkommen von den Idealen der Freimaurerei geprägte) Welt begeistert. Wir bauen eine Friedenszivilisation der universalen Brüderlichkeit auf, eine Welt der alle religiösen Zerwürfnisse übersteigenden Liebe.

Und wie war die Reaktion der sog. Katholiken, bzw. Restkatholiken? Fast alle haben geschwiegen oder waren begeistert. Sie hatten nämlich ihren katholischen Glauben im Grunde schon lange eingebüßt und waren Modernisten geworden. Mit den Jahren ist selbst auch innerhalb der sog. Bewegung der Tradition der Widerstand fast vollkommen erloschen oder er hat sich in irgendwelchen irrationalen Entrüstungen erschöpft – natürlich ohne die der Sache nach unausweichlichen Konsequenzen zu ziehen.

Die Skandalliste der Untaten Karol Wojtylas ist beinahe endlos – der Vollzug heidnischer Kulte, der Empfang des Zeichens der Schiva aus der Hand einer Priesterin oder heiligen Dirne, der Kuß des Korans, um nur einige wenige in Erinnerung zu rufen. All diese Gesten, Zeichen, Rituale haben einen falschen Glauben bei Millionen von Menschen geprägt.

Das ist nun alles möglich, ohne daß alle Katholiken ganz laut und unmißverständlich rufen: Apostasie. In dieser neuen Menschenmachwerkskirche ist letztlich alles möglich, außer, daß man katholisch bleibt. Hören wir nochmal den Eingeweihten Roca: „Es wird eine neue Religion geben; es wird ein neues Dogma geben, einen neuen Ritus, ein neues Priestertum, dessen Beziehung zur einstürzenden Kirche genau dieselbe sein wird wie jene der katholischen Kirche zur Mosaischen Kirche, ihrer verstorbenen Mutter… Sobald für jedermann Augen das alte Papsttum und das alte Priestertum freiwillig vor dem Pontifikat und den Priestern der Zukunft abdanken, bei denen es sich um jene der Vergangenheit handelt – bekehrt und verwandelt im Hinblick auf die Organisation des Planeten im Lichte des Evangeliums.“

4. Joseph Ratzinger alias Benedikt XVI. – Das Intermezzo oder die neue Einheit

Jede Revolution muß sich bemühen, die Rückständigen nicht aus dem Auge zu verlieren. Es gilt diese ständig in den Prozess der Revolution einzubinden, damit nicht eine wirksame Kraft der Restauration entstehen kann, sondern sie vielmehr als nützliche Idioten, ohne es selbst zu wissen und zu merken, der eigenen Sache dienen. Für diese Aufgabe war Joseph Ratzinger wie geschaffen. Sein konservatives Image machte es ihm leicht, bei allen Traditionalisten den Eindruck zu erwecken, er würde ihr Anliegen nicht nur verstehen, sondern es sich sogar zueigen machen. Daß er trotzdem beharrlich und für jeden, der es hören wollte, klar genug das Gegenteil sagte, störte fast niemanden. Die allerwenigsten fanden den Schlüssel zu seinem Verhalten: Joseph Ratzinger war und ist kein Modernist mehr, sondern ein Postmodernist. Darum wollte er den Bruch zwischen alt und neu heilen. Natürlich nicht dadurch, daß er die sachlichen Differenzen aufarbeitete, die Irrtümer klarstellte und die Gegensätze und Widersprüche aufzeigte, sondern indem er die Kontinuität zwischen der vorkonziliaren und der nachkonziliaren Kirche behauptete und beide Spielarten der Kirche in einer Hermeneutik der Reform vereinigte – bzw. wiedervereinigte. Er vollzog ganz einfach die Quadratur des Kreises, wie man sagt, was freilich für einen Postmodernisten keinerlei Problem darstellt. Jeglicher Anspruch auf absolute Gültigkeit von Wahrheit hat sich ja schon lange im Gestrüpp der Geschichte, oder soll man sagen: des langen Lebens, verloren. So gibt es im Grunde nichts mehr, worüber man sich streiten müßte. Im Grunde sind wir doch alle eins, wir müssen diese Einheit nur neu entdecken.

Der Erfolg Joseph Ratzingers war erstaunlich – d.h. auch wieder nicht erstaunlich für den, der Augen hatte zu sehen und Ohren zu hören, sondern erstaunlich nur für die Blinden und Tauben – es bildete sich die „Generation Benedikt“ und die Hoffnung auf Rückkehr der Tradition in den Schoß der Konzilssekte steigerte sich aufs höchste… — doch dann trat Benedikt XVI. zurück und das Intermezzo war zuende!

5. Jorge Mario Bergoglio – Der arme Franziskus…

Der Nachfolger des deutschen Theologen auf dem neurömischen Stuhl Petri, wenn das überhaupt noch die richtigen Worte für das vor unseren Augen sich abspielende Theater sind, geht wieder andere Wege – ob es ganz andere Wege sind, sollte man lieber bezweifeln, wenn man sich nicht allzu sehr selbst täuschen möchte.

Ein wenig anders ausgedrückt, Bergoglio ist die letzte, die faulste Frucht des 2. Vatikanums, die nur noch vom Baum abfallen kann. Keinerlei Schein trügt mehr, die Fassade zerfällt. Auf diesem Hintergrund muß man die recht seltsam anmutenden Handlungen, Äußerungen, Entscheidungen des armen Franziskus sehen und verstehen. Der Theosoph Paul Roca prophezeite, nachdem das Ökumenische Konzil „die Kirche in die Einfachheit des goldenen Zeitalters“ zurückgeführt haben werde, „wird das römische Papsttum sein eigenes Abtreten verkünden, indem es Urbi et Orbi erklärt, es habe seine Sendung und Rolle als Initiator erfüllt und löse sich daher in seiner alten Form auf, um dem höheren Walten des neuen Pontifikats der neuen Kirche und des neuen Priestertums freie Bahn zu lassen, die es selbst kanonisch einsetzen wird, ehe es den letzten Atemzug tut...“

Ja, Bergoglio, das ist das konziliare Papsttum in den letzten Zügen…