Leo und die Brandmauer (3)

Eine „Brandmauer“, so hat uns niemand geringerer als Fürstin Gloria versichert, hindert die „TLM“, obwohl diese von „weit mehr Menschen“ besucht werde als die „gewöhnlichen modernen Messen“, zu ihrem Recht zu kommen – ganz analog der politischen „Brandmauer“ gegen die „AfD“. Darum sind die Augen der „Traditionalisten“ nun voller Spannung und Erwartung auf „Papst Leo“ gerichtet. Wird er die „Brandmauer“ einreißen? Der „Caminante Wanderer“ ist da voller Hoffnung, ist doch der „Papst“ alias Prevost für ihn „katholisch“. Um so „katholisch“ wie der „Caminante“ zu sein, braucht es freilich nicht viel. Doch sehen wir weiter.

Die reine Lehre des „Traditionalismus“

Wir überspringen weitere Punkte und kommen zum Thema der Themen: „Die traditionelle Messe“. Die Aussagen Prevosts dazu haben wir oben bereits gehört. Aber der „Wanderer“ wäre nicht ein so gewiefter Sophist, wenn er nicht gleich wieder seine „Logik“ in Anschlag brächte. Hier kann er damit jedoch nicht viel ausrichten, sondern muß zugeben: „Vielleicht kann der Papst das eigentliche Problem nicht erkennen und reduziert den ganzen Streit auf eine Frage unterschiedlicher pietistischer Empfindlichkeiten? Das ist wahrscheinlich und nicht überraschend.“ So ist es. Dennoch will er den „Papst“ entschuldigen, und das geht so: Eine „sehr kluge Freundin“ des „Wanderers“, die „besonders wütend über diese Aussage“ war, habe gesagt: „Leo XIV. versteht nicht, daß Liturgie etwas Empfangenes ist und Teil der Tradition und deshalb nicht von einer Gruppe Besserwisser oder einem Papst reformiert werden kann.“ Ah ja, da ist sie, die „reine Lehre“ des „Traditionalismus“: die „Tradition“ steht über dem Papst! Gegen die „Tradition“ – sprich die „Traditionalisten“ und ihre „TLM“ – ist auch er trotz seines Primats vollkommen machtlos und vermag nicht mehr als eine „Gruppe Besserwisser“ (worunter die „Traditionalisten“ immerhin ein „ökumenisches Konzil“ verstehen).

„Genau das sagte auch Papst Benedikt XVI.“, bewundert der „Caminante“, während „diesen wichtigen und sensiblen Punkt weder Paul VI., der die Reform autorisierte, noch Johannes Paul II., der sie festigte, noch Franziskus, der sie als einzigen Weg der Lex orandi etablierte, verstanden haben“. Ja: „Noch mehr, ich wage zu sagen, weil ich es gehört habe, daß auch ein Teil der Mitglieder der Priesterbruderschaft St. Pius X. und der Priesterbruderschaft St. Petrus das nicht versteht, für die gilt, ‚wenn die Reform der Messe von einem orthodoxen Papst gemacht worden wäre, sie sie akzeptiert hätten’, so wie sie die Reformen von Pius XII. und Johannes XXIII. akzeptiert haben.“ Das bedeutet doch wohl, daß selbst ein „orthodoxer Papst“, also ein wahrer katholischer Papst, nicht das Recht habe, eine Reform der Liturgie vorzunehmen, und daß die „TLM“ unantastbar über dem Papst steht. Fürwahr, die „reine Lehre“ des „Traditionalismus“, reiner noch als sie selbst „ein Teil der Mitglieder der Priesterbruderschaft St. Pius X. und der Priesterbruderschaft St. Petrus“ vertreten, die wenigstens noch so viel katholische Haltung bewahren wollen, daß sie einem imaginären „orthodoxen Papst“ eine maßvolle Reform zugestehen würden.

Dem „Wanderer“ aber dient diese Lehre dazu, „Papst Leo“ zu entschuldigen, denn es scheint ihm „ungerecht“, von diesem, „der in der schlimmsten Theologie der 70er Jahre ausgebildet wurde, Klarheit in einem Punkt zu verlangen, den nicht einmal die Anhänger der Tradition selbst besitzen, geschweige denn seine unmittelbaren Vorgänger“. Zweifellos war die Ausbildung Prevosts nicht „traditionalistisch“, aber vielleicht hat er gerade deswegen mehr „Klarheit“ in jenem „Punkt“ und weiß, daß zwar „nur dem Papst“, diesem aber sehr wohl „das Recht“ zusteht, „eine gottesdienstliche Praxis anzuerkennen oder festzulegen, neue Riten einzuführen und gutzuheißen, sowie auch jene zu ändern, die er für änderungsbedürftig hält“, wie Papst Pius XII. in seiner Enzyklika „Mediator Dei“ vom 20. November 1947 (Nr. 58) lehrt. Aber wahrscheinlich hatte auch schon Pius XII. „diesen wichtigen und sensiblen Punkt“ nicht „verstanden“ – ganz im Gegensatz zum „Wanderer“, der ja schließlich „Philosoph und Blogger“, vor allem aber „Traditionalist“ ist und daher haushoch über dem Papst steht.

Gute Nachricht

Doch – welch eine Freude! – das Interview Prevosts „endet mit einer guten Nachricht, ja, einer sehr guten Nachricht“, denn der will bekanntlich bald „mit einer Gruppe von Menschen zusammensitzen, die sich für den tridentinischen Ritus einsetzen“, und im Sinne der „Synodalität“ mit ihnen „darüber sprechen“. Wahrhaft, was für eine „gute Nachricht“, eine „Frohbotschaft“, ja das „Evangelium“ für die „Traditionalisten“! Das, so der „Caminante“, sei eine meist übersehene „Neuigkeit“, „die die Situation der Verteidiger der überlieferten Messe radikal verändern könnte“. Denn: „Der Papst setzt die Synodalität, wie er sie versteht, als Zuhören ein“, ganz anders als „Franziskus“, der sich zwar auch „mit den Oberen der Petrusbruderschaft und des Instituts Christus König und Hohe Priester getroffen hat“, aber nicht um „die Gründe der anderen zu hören“, denn die „Entscheidung hatte er schon vorher mit Traditiones [sic!] custodes getroffen“, und ebenso bei „Johannes Paul II. mit Ecclesia Dei“, das schon fertig gewesen sei, „bevor er den Oberen der neugegründeten Petrusbruderschaft empfing“. Die „einzige ‚synodale‘ Begegnung eines Papstes zum Thema der traditionellen Liturgie“ war für den „Wanderer“ das „Treffen“, „das Paul VI. am 11. September 1976 mit Monsignore Marcel Lefebvre hatte – vor fast fünfzig Jahren – und dieses Treffen dauerte nur 38 Minuten“. „Vorhersehbarerweise brachte es nichts“, fügt er bedauernd hinzu. Naja, das war wohl nicht anders zu erwarten, und übrigens zeigte sich bei diesem „Treffen“, daß „Paul VI.“ die „Gründe“ Lefebvres bereits sehr gut kannte, besser als dieser selber. Dasselbe war bei „Johannes Paul II.“ und bei „Franziskus“ zu beobachten, die genau wußten, wie sie die „Traditionalisten“ im Spektrum ihrer „konziliaren Kirche“ einzuordnen hatten. Denn bekanntlich geben die „Traditionalisten“ ihre „Gründe“ („Freiheit für die TLM!“) allüberall so lautstark zu „hören“, daß man sie gar nicht überhören kann und nicht erst einen von ihnen ausdrücklich deswegen befragen müßte.

Die Idee vom Papst als „Zuhörer“ hat niemand plastischer herausgearbeitet als Bergoglio mit seiner „Synodalen Kirche“, und wie sehr dürfte es ihn freuen, damit gerade bei den „Traditionalisten“ auf so empfänglichen Boden gestoßen zu sein. Niemand kann auch behaupten, er habe sie nicht vorbildlich umzusetzen versucht. Im „Gästehaus St. Marta“, in welchem er logierte, war er ansprechbar für alle. Sogar den Vorsitzenden der „Piusbrüder“ hat er dort einmal getroffen, als dieser artig vorbei kam, ihm „Grüß Gott“ zu sagen, worin nach „Pius“-Lesart die „Anerkennung als Papst“ besteht. Der „Wanderer“ aber bildet sich ein, nun sei alles anders. Während die „vorherigen Päpste“ sich „von Mitgliedern der Kurie beraten“ ließen, „um zu entscheiden“ (was ja eigentlich normal ist, denn dafür sind die „Mitglieder der Kurie“ da), will er endlich, „nach 50 Jahren“, eine „Versammlung derjenigen einberufen“, die „die überlieferte Liturgie unterstützen und verteidigen, um ihnen zuzuhören und eine Lösung zu finden“. Auch wenn der „Caminante“ nicht weiß, wie genau das ablaufen soll, so ist es doch für ihn „eine Neuigkeit, die wir nur begrüßen können“. So scheint ihm im „großen und ganzen“ das „Interview gut und vielversprechend zu sein“. „Es wird Dinge geben, die uns weniger gefallen, und andere, die uns überhaupt nicht gefallen, aber das rechtfertigt keineswegs die infame Behauptung, Papst Leo sei ein ‚Franziskus mit guten Manieren‘. Er ist katholisch; der Verstorbene war es nicht.“ Au wei! Der Arme! Jene „infame Behauptung“ scheint uns deutlich näher an der Wahrheit zu sein als seine törichte Illusion.

Die „Gespräche“ laufen schon

Unterdes wußte „katholisches.info“, jenes Tradi-Portal, das jedes vatikanische Gras wachsen hört und auch den „Caminante“ zu Wort kommen ließ, zu vermelden, daß „Leo XIV.“ sich „bereits mitten in Gesprächen mit Vertretern des überlieferten Ritus“ befände. Der „Papst“ habe „Erzbischof“ Guido Pozzo „in Audienz“ empfangen, „den früheren Sekretär der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei“. Dieser sei inzwischen „74 Jahre alt und für Papst Leo XIV. zweifellos ein dem Heiligen Stuhl loyal ergebener und in Fragen der Tradition und des überlieferten Ritus kompetenter Ansprechpartner“. Mit dieser „Audienz“ setze „Papst Leo“, der „bereits Kardinal Robert Sarah und Kardinal Raymond Burke empfangen hatte“, seine „Gespräche mit Kirchenmännern fort, die in engem Zusammenhang mit dem überlieferten Ritus stehen“. Ist das nicht wunderbar? Da gibt es „Kirchenmänner“, die „in engem Zusammenhang mit dem überlieferten Ritus stehen“ – wie immer sie zu dieser Ehre gelangt sind –, und „Papst Leo“ empfängt sie! Damit, so wittert der „Blog“, schaffe sich „Leo XIV.“ selber die „Gelegenheiten“, von welchen er im Interview mit Elise Ann Allen von „Crux“ gesprochen habe, „indem er ausgewählte Kirchenmänner zu sich ruft“. Wahrhaft – wie erhaben, wie erlesen!

Gleich gibt es auch eine „chronologische Einordnung“, die so aussieht: „Am 10. und 30. Juli findet das Interview von Elise Ann Allen mit Leo XIV. statt. - Am 22. August empfängt Leo XIV. Kardinal Raymond Burke in Audienz. - Am 8. September wird bekannt, daß bei der Wallfahrt der Tradition Ad Petri Sedem am 25. Oktober im Petersdom wieder ein Pontifikalamt im überlieferten Ritus zelebriert werden darf. Zelebrant wird Kardinal Raymond Burke sein. - Am 18. September wird das Gesprächsbuch ‚Leo XIV.: Weltbürger, Missionar des 21. Jahrhunderts‘ in Peru in spanischer Ausgabe veröffentlicht. Die Aussage von Leo XIV., Vertreter des überlieferten Ritus treffen zu wollen, wird publik. - Am 22. September empfängt Leo XIV. Kardinal Robert Sarah in Audienz. - Am 26. September empfängt Leo XIV. Erzbischof Guido Pozzo in Audienz.“ Ja, die Tradis, diese Tausendsassas! Schritt für Schritt näher zum Sieg! „Gloria Victoria“ (nicht zuletzt dank der Fürstin und dem Boulevard-Portal mit dem glorreichen Namen)! Leider sehen nicht alle Tradis die Dinge so rosig, es sind auch Miesmacher darunter. Darüber bald mehr.