Nachrufe (1/3)

Kaum ist Bergoglio verschieden, schon beginnen nicht nur die wildesten Spekulationen über seine Nachfolge, sondern erscheinen auch die unterschiedlichsten Nachrufe. Einige davon haben wir uns ausgesucht.

Fehler und Perfidie

Der erste erschien auf dem Tradi-Blog „Rorate Caeli“, stammt aus der Feder eines gewissen „Enrico“ und war ursprünglich in Italienisch auf dem Blog „Messa in Latino“ publiziert worden. Der Titel lautet „‚De mortuis nisi bonum‘ – Franziskus als ein Kind seiner Zeit“. Bereits in dieser Überschrift steckt sowohl ein Fehler als auch eine Perfidie. Zunächst ist der lateinische Spruch falsch zitiert. In der uns bekannten Version lautet er: „De mortuis nil [oder nihil] nisi bene“, laut „Wikipdia“ im Deutschen wiederzugeben als „Von Verstorbenen [(ist)] nur in guter Weise [(zu) sprechen]“. Nach Auskunft der „Online-Enzyklopädie“ handelt es sich bei diesem Spruch um die „lateinische Übersetzung einer gleichbedeutenden, ursprünglich Chilon von Sparta zugeschriebenen griechischen Wendung: Τὸν τεθνηκότα μὴ κακολογεῖν, γῆρας τιμᾶν (Ton tethnēkota mē kakologein, gēras tīmān)“. Bisweilen findet man auch die Version „De mortuis nihil nisi bonum”, die gemäß „Frwiki” „manchmal mit Nil nisi bonum abgekürzt“ wird und uns ebenfalls als „eine lateinische Phrase griechischen Ursprungs“ begegnet, „deren wörtliche Übersetzung lautet: ‚Von den Toten: nichts als das Gute‘“. Im „mittelalterlichen Latein“ sei dieser Aphorismus bisweilen als „De mortuis nil nisi bene [dicendum est]“ wiedergegeben worden und besage, „dass es unangemessen ist, schlecht von den Toten zu sprechen“.

Über den Ursprung dieses Satzes meint „Frwiki“ zu wissen, daß der „erste bekannte schriftliche Ausdruck“ dieses Spruches „in der Arbeit von Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen“ aus dem 4. Jahrhundert zu finden sei, wo er dem griechischen vorsokratischen Philosophen Chilo von Sparta zugeschrieben wurde. Das griechische Original wird genau gleich angegeben wie bei „Wikipedia“ und lautet in der deutschen Übersetzung eigentlich: „Über den Toten nicht schlecht reden, (das) Greisenalter ehren.“ Im 14. Jahrhundert habe der Kamaldulenser-Mönch Ambrogio Traversari das Buch von Diogenes Laertius ins Lateinische übersetzt, und da wäre es nun interessant zu wissen, ob er dabei das Adverb „bene“ oder das substantivierte Adjektiv „bonum“ gebraucht hat. Wie auch immer, eines ist sicher: Das „nil“ oder „nihil“ („nichts“) gehört auf jeden Fall hinein, denn sonst ergibt die Sentenz keinen Sinn. Oder was sollte „Von Toten wenn nicht Gutes“ zu bedeuten haben? „Von den Toten nichts außer Gutem“, ja, das läßt man sich gefallen.

Freilich kann es sich bei diesem Fehler um einen reinen Druck- oder Flüchtigkeitsfehler handeln, wie er uns auch oft unterkommt. Hinterhältiger ist die Perfidie, die im zweiten Teil der Überschrift zum Ausdruck kommt. Der Autor „Enrico“ will ja, wie der erste Teil seines Titels suggeriert, nichts als „Gutes“ über den verstorbenen Bergoglio schreiben, und dieses „Gute“ besteht offensichtlich darin, ihn als ein „Kind seiner Zeit“ darzustellen, der für die vielen Untaten, die er begangen hat, aufgrund der Prägung, die er erhalten hat, nichts kann und daher nicht zur Rechenschaft zu ziehen ist. Darin steckt eine doppelte Gemeinheit, nämlich erstens den Toten übler Missetaten anzuklagen und ihn zweitens in psychologisierender Manier gleichsam „entschuldigend“ für unzurechnungsfähig zu erklären, und das auch noch unter dem heuchlerischen Schein des „Guten“. Das, wie gesagt, steckt in der Überschrift. Ob sich die Perfidie im Artikel bestätigt, werden wir gleich sehen.

Unbändige Freude

„Enrico“ beginnt als hochgebildeter Lateiner mit seinem Motto: „Sprich nur Gutes über die Toten“, und fügt ein weiteres lateinisches Sprichwort an: „parce sepulto“, habe Nachsicht mit dem Begrabenen. Dann geht er gleich in medias res: „Jorge Mario Bergoglio, auch bekannt als [„a.k.a.“, kann auch „sogenannt“ übersetzt werden] Papst Franziskus“, hebt er an und verwirrt uns damit. Ist er etwa gar ein „Sedisvakantist“, dieser „Enrico“? Doch nein, das kann nicht sein. Also beginnen wir von vorne: „Jorge Mario Bergoglio“ also, „auch bekannt als Papst Franziskus“, sei ein „erbitterter Gegner des Traditionalismus“ gewesen und „all dessen, was ihm auch nur annähernd ähnelte“. Er sei sogar so weit gegangen, „das Motu proprio zur Liberalisierung der Riten zu widerrufen, auf das Papst Ratzinger so viel Hoffnung gesetzt hatte, um der Kirche wieder etwas Vernunft zu geben“. Ja, so ein übler Geselle war dieser „Jorge Mario Bergoglio, auch bekannt als Papst Franziskus“! Ist das nicht unfaßbar? Und das alles, bitteschön, erfahren wir unter dem Motto „Über die Toten nichts als Gutes“!

Wir begegnen in diesen wenigen Zeilen den ganzen Ressentiments der „Traditionalisten“ und ihrem Haß gegen diesen „sogenannten Papst“, der ihnen – in ihrer Einbildung jedenfalls – ihre „Tradition“ und namentlich die „traditionelle Messe“ wegnehmen wollte, die der gute „Papst Ratzinger“ ihnen so großzügig gewährt hatte. Wie hatte dieser doch „mit so viel Hoffnung“ die „Riten liberalisiert“, „um der Kirche wieder etwas Vernunft zu geben“, und der böse Bergoglio hat alles wieder zerstört! Wie absurd es ist, von einer „Liberalisierung der Riten“ eine Rückkehr der „Vernunft“ in der „Kirche“ zu erhoffen und eine solche aberwitzige Vorstellung auch noch „Papst Ratzinger“ zu unterstellen, kann einem „Traditionalisten“ nicht auffallen. Die Bosheit Bergoglios wird durch diesen scheinbaren Kontrast noch deutlicher, und darauf allein kommt es an. In Wahrheit war Bergoglio den „Traditionalisten“ sogar in gewisser Weise mehr entgegengekommen als Ratzinger, etwa indem er den „Piusbrüdern“ eine Quasi-„Beichtjurisdiktion“ erteilte, ihnen „offizielle“ Eheschließungen ermöglichte und ihren „Generaloberen“ als „letzten Richter“ über seine Priester fungieren ließ. Aber war zählt das gegen eine Bodenlosigkeit wie „Traditionis custodes“?

Wie aber will der Autor nun sein Motto retten, über den Verstorbenen „nur Gutes“ zu sagen? Wieder gibt „Enrico“ den gebildeten Lateiner und zitiert den Dichter Horaz, von dem seine „Website“ („Messa in Latino“) ihr Motto bezogen habe, mit den Worten, die dieser in einem Poem anläßlich des Todes der „verhaßten Königin Kleopatra“ gedichtet hat: „nunc est bibendum, nunc altero pede pulsanda tellus“. Verdeutscht wurde dieser Spruch also: „Jetzt laßt uns trinken, jetzo mit freiem Fuß den Boden stampfen!“ Es handelt sich dabei um ein Trinklied aus Anlaß der Freude. „Anlass zur Freude war für Horaz nichts anderes als der Tod der Kleopatra und die damit verbundene Befreiung des römischen Volkes von der Gefahr der Tyrannei“, bemerkt dazu „Wikipedia“ unter Berufung auf Kerstin Weiand. Dürfen wir dem entnehmen, daß der Tod Bergoglios den „Traditionalisten“ ein Grund zu unbändiger Freude ist, fühlen sie sich doch dadurch „von der Gefahr der Tyrannei“ befreit?

Unzurechnungsfähiger Tattergreis

Immer noch warten wir auf das „Gute“, das uns „Enrico“ über den Verblichenen zu sagen hat. Es folgt auf dem Fuße: „Und deshalb sei gleich gesagt, daß der soeben verstorbene Heilige Vater Respekt und Mitgefühl verdient, und zwar nicht nur, weil wir dies jedem Christen, der sich dem göttlichen Gericht stellen muß, schuldig sind, sondern auch, weil er ein Sohn seiner Zeit war und seine offensichtlichen Unzulänglichkeiten beim Lenken der Barke Petri (zumindest teilweise) unverschuldet sind, da sie sich aus den Bedingungen der Zeit ergeben, in welcher der junge Bergoglio seine Überzeugungen entwickelte, im ideologischen Chaos der 1960er und 1970er Jahre, das die Welt, die Weltkirche und insbesondere sein Argentinien heimsuchte.“ Da haben wir sie, die Perfidie! Der verstorbene „Heilige Vater“, hat sich „offensichtliche Unzulänglichkeiten beim Lenken der Barke Petri“ geleistet, aber diese waren „(zumindest teilweise) unverschuldet“, weil er halt ein „Kind seiner Zeit“ war. Solche Fürsprecher kann sich jeder Christ nur wünschen, wenn er sich „dem göttlichen Gericht stellen muß“, die ihn zugleich anklagen und in boshafter Weise „entschuldigen“, indem sie ihn weiter belasten.

Der eigentliche Richter, so will uns scheinen, ist nicht Gott, sondern „Enrico“. Denn er urteilt souverän über seinen verstorbenen „Heiligen Vater“ und macht ihn gleichsam entschuldigend zum verknöcherten, „ewig gestrigen“ Tattergreis, dem, „durchdrungen von veralteten Ideen und Konzepten (Verfolgung von Welttrends, sozioökonomische Peripherie, eine etwas leichtere Version der Befreiungstheologie)“ wie er war, leider nicht aufgegangen ist, „daß sich die Welt und insbesondere die Kirche völlig verändert hatten und dass er in einer Zeitblase aus Campesinos, Descamisados und Liedern der Inti Illimani geblieben war“. Das sind die typischen Tradi-Klischees. In Wahrheit hat Bergoglio die „Konziliare Kirche“ genau verstanden – viel besser als jeder Tradi es jemals tun wird –, sie konsequent weitergedacht und weiterentwickelt und war damit den „Traditionalisten“ mit ihrer kleinkarierten Weltsicht weit voraus.

„Leider nie geschafft“

Insgesamt, so „Enrico“ weiter, sei Bergoglio „im Aspik der ‚Kinder des Konzils’ stecken“ geblieben, also derjenigen, „die als begeisterte junge Menschen die Hoffnungen und die Begeisterung einer Epoche hautnah miterlebten, die naiv glaubte, alles über das Universum zu verstehen, während alles, was ihr vorausging, veraltet war und zum Abfall geworfen werden sollte“. Es sei „sicherlich nicht leicht, sich von einer solchen kollektiven Arroganz zu erholen“, und Bergoglio habe das „leider nie geschafft“.

Bergoglio hat „Enrico“ mit dieser Skizze völlig verfehlt, dafür ein treffendes Bild der eigenen Tradi-Mentalität gemalt mit all ihren billigen Vorurteilen und ihrer überheblichen Arroganz, die zu überwinden sie „leider nie geschafft“ haben und nie schaffen werden. Wir würden ihm empfehlen, einmal die erst in diesem Jahr erschienene Autobiographie von „Papst Franziskus“, deutscher Titel „Hoffe“ (ein „SPIEGEL-Bestseller“), zu lesen. Da würde er vergeblich nach jenem „begeisterten jungen Menschen“ suchen, der die „Hoffnungen und die Begeisterung“ seiner „Epoche“ hautnah miterlebt und glaubt, „alles über das Universum zu verstehen, während alles, was vorausging, veraltet war und zum Abfall geworfen werden sollte“. Stattdessen würde er einem sehr reflektierten Menschen begegnen, der, tief in der Lebenswelt argentinischer Einwanderer verwurzelt, so manchen Abgründen begegnet ist und seinen Weg durch viele Wirrungen und mit zahlreichen menschlichen Erfahrungen machte, zwar konsequent und ohne sich irre machen zu lassen, aber auch ohne je in Euphorie oder falsche Hoffnungen zu verfallen. Wo immer „Enrico“ sein Bild vom abgehobenen Konzils-Enthusiasten hergenommen hat, auf Bergoglio paßt es ganz und gar nicht.

Weder Recherche noch Exaktheit

Ohne die geringste Menschenkenntnis beurteilt er Bergoglios Charakter als „sicherlich nicht mild, entgegenkommend oder offen für Kritik oder Ratschläge“. Auch da würde ihn die Biographie oder das Zeugnis so mancher Zeitgenossen, die mit Bergoglio zu tun hatten, eines anderen belehren. Was „Enrico“ jedoch registriert hat, sind die bisweilen vorkommenden „unkontrollierten“ cholerischen „Ausbrüche“ von „Papst Franziskus“, die so weit gegangen sein sollen, daß man ihm auf dem Korridor im „Heiligen Palast“ aus dem Weg gegangen sei, um ihm nicht in die Finger zu fallen. Das scheint uns schon deshalb sonderbar, weil Bergoglio mehr im „Gästehaus St. Martha“ unterwegs gewesen sein dürfte als im „Apostolischen Palast“, den er bekanntlich nicht sehr liebte. Ja, so hört „Enrico“ mit den „Vatikanisten“ das Gras wachsen, sogar der Tod Bergoglios soll sich seiner sturen Beratungsresistenz und Unklugheit verdanken, habe er doch in den letzten Tagen mehrfach darauf bestanden, nach draußen zu gehen, „eine Unvorsichtigkeit, die seine Genesung zunichte machte“ und ihn schließlich das Leben kostete. Nun ja, im 89. Lebensjahr kann man sich schon einmal eine solche „Unvorsichtigkeit“ leisten, die den Tod eventuell ein wenig beschleunigt. Bergoglio wäre da nicht der erste und befände sich sogar in guter Gesellschaft, denn derlei „Unvernunft“ haben sich selbst Heilige bisweilen schuldig gemacht. Um am Ostermontag in der Früh still und leise aus dem Leben zu scheiden, nachdem man am Ostersonntag seinen letzten „großen Auftritt“ hatte, das würde mancher sich eine „Unklugheit“ kosten lassen.

Abermals nennt „Enrico“ Bergoglio ein „Kind des Konzils“ in dem Sinne, daß er alles Überlieferte für überholt hielt und an die Schöpfung einer erneuerten oder sogar „neuen“ Kirche glaubte. Das Motto der 1968er „Trau keinem über dreißig“ sei seine Devise gewesen, um mit Elan gegen alles zu rebellieren, was man von den „alten Hasen“ gelehrt worden sei. Auch das hält einer Überprüfung anhand der Autobiographie Bergoglios nicht stand. Er behielt und beachtete vieles von dem, was er von den „alten Hasen“ gelernt hatte wie beispielsweise „Padre Pozzoli“, der „spirituelle Beistand“ seiner Familie, der ihn getauft hatte. Nur waren diese „alten Hasen“ leider keine Tradis, so wie „Enrico“ sich das vorstellt, der keine blasse Ahnung von den damaligen argentinischen Verhältnissen zu haben scheint. Stattdessen fabuliert er weiter, die „allgemeine Haltung“ jener jungen Leute aus den 1960ern sei sehr verschieden gewesen von der jener, die zu Beginn „des Konzils“ bereits „die Reife der vierzig“ erlangt hatten wie z.B. Ratzinger. Eine einfache Rechnung hätte genügt um sich zu überzeugen, daß Ratzinger, 1927 geboren und damit keine zehn Jahre älter als Bergoglio, zu Beginn „des Konzils“, also 1962, noch keineswegs die „Reife der vierzig“ erlangt hatte, sondern gerade erst 35 Jahre alt war. Aber was tut das, wenn es darum geht, einmal mehr den Mythos Ratzinger gegen den Bösewicht Bergoglio auszuspielen? Da braucht es weder Recherche noch Exaktheit.

„Écrasez l’infame!“

In „Enricos“ unbedarften Augen hatten jene „Älteren“ wie Ratzinger keineswegs die Absicht, alles neu zu machen, sondern sahen nur einiges in der Kirche als reformbedürftig an und näherten sich den Änderungen in weitaus maßvollerer Weise und „vielleicht sogar rational kritisch“ an, weshalb es für einige wie „Paul VI.“ eine bittere Enttäuschung war zu sehen, worauf alles hinausgelaufen war. Hier hat er vielleicht das berühmte Diktum vom „Rauch Satans“ im Sinn, ein weiterer Mythos. Was Montini mit diesem „Rauch Satans“ meinte und nicht begreifen konnte, das waren die Tradis, die seine großartigen Erneuerungen nicht annehmen und mitmachen wollten. Die Generationen nach Bergoglio, bildet „Enrico“ sich ein, hätten andere Erfahrungen gemacht als die „Konzilsgeneration“, als sie sehen mußten, wie die Seminare, Kirchen und Noviziate sich leerten. Die heutigen wenigen verbliebenen Seminaristen hätten sowieso eine völlig andere, von der Bergoglios diametral verschiedene „Weltanschauung“. Nun, sie sind eben auch „Kinder ihrer Zeit“, oder nicht?

Mit seiner „veralteten Ideologie“ sei „Papst Franziskus“ gegen Rigorismus und kirchlichen Dogmatismus zu Felde gezogen, ohne zu begreifen, daß das Problem genau das entgegengesetzte sei. Nicht zu viel, sondern zu wenig Glaubenssicherheit werde geboten. Es sei erwiesene soziologische Tatsache, daß eine Religion, die sich „öffnet“ und ihre Botschaft verwässert, weniger Anhänger habe und weniger ernst genommen würde. Wer hätt’s gedacht! Aber war nicht vielleicht gerade das eines der Anliegen der Konstrukteure der „Konziliaren Menschheitskirche“, die „katholische Religion“ – oder was sie dafür ausgaben – möglichst unattraktiv zu machen? Wenn „Enrico“ glaubt, Bergoglio säge womöglich den Ast jener Institution ab, auf der er selber als ihr Haupt sitze – könnte das nicht vielleicht sogar beabsichtigt sein? Denken wir an den „antireligiösen, antichristlichen, antiklerikalen Kampf- und Sammelruf des Aufklärers Voltaire“: „Écrasez l’infame!“ „Zermalmt die Niederträchtige!“ Mit dieser „Niederträchtigen“ war die Kirche gemeint. Welche Freude hätte Voltaire an der durch die Hände seiner Nachfolger und Gesinnungsgenossen geschaffenen „Konziliaren“ Menschheitskirche gehabt, besonders in ihrer jüngsten Version als Bergoglios „Synodale Kirche“! Man wird zugeben müssen, daß Bergoglio sehr erfolgreich war.

„Judge a pontiff“

„Enrico“, der nichts verstanden hat, lamentiert darüber, daß „Papst Franziskus“ sich lieber mit dem Glauben Fernstehenden abgegeben habe als mit der „eigenen Herde“. Das kommt darauf an, was Bergoglio unter seiner „eigenen Herde“ verstand. Bekanntlich gehörten alle für ihn zur „Gemeinschaft der Heiligen“, auch die Apostaten und die wolternen Sünder. “ „»Vater, denken wir an jene, die den Glauben verleugnet haben, die Apostaten sind, die Verfolger der Kirche sind, die ihre Taufe verleugnet haben: Sind sie auch zuhause?« Ja, auch sie, auch die Gotteslästerer, alle. Wir sind Geschwister: Das ist die Gemeinschaft der Heiligen.“ So hatte Bergoglio zum Skandal aller „Traditionalisten“ am 2.2.22 bei einer „Generalaudienz“ verkündet.

Einen Ministranten, empört sich der gute „Enrico“, der die Hände brav gefaltet hielt, habe Bergoglio angeblafft, er sehe aus, als ob seine Hände zusammengeklebt wären. In Argentinien habe er Soutane tragende Priester als „sotaneros“ verunglimpft (ein direkter und unverzeihlicher Affront, denn wie wir wissen, ist die Soutane ein unentbehrlicher Fetisch der „Traditionalisten“). Den jüngsten Skandal, als Bergoglio sich ohne Soutane, nur mit schwarzer Hose und „Poncho“ bekleidet, im Rollstuhl in den Petersdom hatte fahren lassen, übergeht „Enrico“ taktvoll, befindet aber, daß auch solche Details durchaus brauchbar seien, um über einen Papst zu urteilen, „to judge a pontiff“. Der Papst solle seine Brüder im Glauben stärken und die Gläubigen weiden. Stattdessen habe „Franziskus“ den Glauben unterminiert – wobei er nur seinen Job als „Papst“ der apostatischen Menschheitskirche gemacht hat, ganz in treuer Nachfolge seiner Vorgänger, was „Enrico“ aber nicht sehen will. Stattdessen „entschuldigt“ er ihn wieder in seiner süffisanten Art, er habe das nicht „aus bösem Willen“ getan (woher will er das wissen?), sondern aufgrund seiner Verwechslung der Ziele. Er habe nicht verstanden, daß das Problem des „neuen Jahrtausends“ nicht die „Rigidität“ des Glaubens und der Frömmigkeit sei, sondern im Gegenteil deren „Verwässerung“ und schließlich deren „Auslöschung“. Das sei „im Westen“ mittlerweile offensichtlich und im Rest der Welt wenigstens imminent zu erkennen.

Der arme „Enrico“! Nicht Bergoglio, er selber ist es, der gar nichts verstanden hat. Die Auslöschung des Glaubens ist gerade das Ziel der „Konziliaren“ Menschheitskirche, nicht eine Verwechslung. Die Verwechslung liegt auf seiner Seite, da er die apostatische, freimaurerische „Konzilssekte“ immer noch für die katholische Kirche halten will. So kommt er zu dem Schluß: „Zu dieser falschen Sichtweise gehören auch die wichtigsten Maßnahmen des nun zu Ende gehenden Pontifikats: Neben dem Verbot von allem, was nach Vorkonziliarismus riecht (Traditionis custodes), sind es die subversiven Normen der Familienmoral: von der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene (Amoris laetitia) bis zur Segnung homosexueller Paare (Fiducia supplicans)“. Die „falsche Sichtweise“ liegt wieder auf seiner Seite. Aus der „konziliaren“ Optik hat Bergoglio damit Großartiges geleistet.

Der „politische Mechanismus des Pendels“

Der Schade, den Bergoglios „Pontifikat“ angerichtet habe, sei für alle sichtbar, sogar für jene, die ihn nicht sehen wollen. So bildet sich „Enrico“ ein und verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, daß der Heilige Geist beim kommenden „Konklave“ dem ein Ende bereiten und der „politische Mechanismus des Pendels“, das nach dem Ausschlag ins eine Extrem einen starken Drall in die entgegengesetzte Richtung bekommt, sein „Wunder“ vollbringen werde. Von einem „Wunder“ kann man freilich nicht sprechen, wo ein ganz normaler „politischer Mechanismus“ am Werk ist, und zu wünschen, daß der Heilige Geist einem „Konklave“ der unheiligen Menschheitskirche beistehen soll, ist völlig absurd und eigentlich eine Blasphemie.

Viel wird nun spekuliert über Bergoglios Nachfolger. An diesen Diskussionen wollen wir uns nicht beteiligen. Man wird schon sehen, wer oder was aus diesem „Konklave“ herauskommen wird. Eines steht von vornherein fest: Es wird kein Papst sein, sondern nur der nächste Chef der „Konziliaren“ Menschheitskirche, wohin immer das „Pendel“ ausschlagen wird. Und er wird das Werk seiner Vorgänger weiterführen, auf seine eigene Art und Weise, wie es bisher alle getan haben.

Fortsetzung folgt