Vor zwei Tagen, am 5. März, verstarb der erste Vorsitzende unseres Vereins St. Thomas von Aquin, P. Hermann Weinzierl. Heute, am 7. März, feiern wir das Fest unseres Patrons, des heiligen Thomas von Aquin, und zugleich den 750. Jahrtag seines Heimgangs in den Himmel. Wer weiß, ob unser teurer Pater diesen Festtag bereits im Himmel mitfeiern durfte und dort unserem heiligen Patron begegnet ist. Wir jedenfalls wollen die Gelegenheit nützen, einige Artikel wiederaufleben zu lassen, die P. Weinzierl zu Ehren des heiligen Thomas für unsere Zeitschrift „Antimodernist“ geschrieben hat. Der erste fand sich in der 21. Ausgabe der Zeitschrift vom April 2019 mit dem Titel „Der Geist des heiligen Thomas von Aquin“. Dazu verfaßte P. Weinzierl lediglich die Einleitung und ließ dann Dr. Heinrich Kirfel zu Wort kommen. Hier zunächst die Einleitung:
In der Welt des Geistes spielt die Zeit keine große Rolle, denn die Wahrheit ist zeitlos. Diese Tatsache wird einem bei jedem älteren Text vergegenwärtigt, der ganz einfach wahr ist. Sobald man einen solchen Text liest, wird man sofort von der Aktualität des Gesagten überrascht, hat doch die Wahrheit immer Gültigkeit. In unserer Reihe „Alte Texte neu gelesen“ wollen wir einen Vortrag aus dem Jahr 1909 vor dem Vergessen bewahren, der sich mit dem Geist des hl. Thomas von Aquin, dem Patron unseres Vereins befaßt. Der Autor bemüht sich, die Geistesgröße dieses genialen Heiligen in einem gerafften Bild wiederzugeben, sodaß auch der Leser, wenn er diesen Gedanken folgt, vom Geist des Heiligen erfaßt werden kann, der in folgenden Worten zusammengefaßt wird: „Rastloses Streben, ins Reich des Unerkannten soweit vorzudringen, als es nur immer möglich ist, verbunden mit der demütigen Selbstbescheidung, welche gern darauf verzichtet, gottgesetzte Schranken zu überschreiten, kennzeichnet den hl. Thomas, wenn er sich das Ziel des wissenschaftlichen Arbeitens vorsteckt.“ Wie schwer fällt es dem modernen Menschen, diese gottgesetzten Grenzen zu respektieren, und wie leicht verfällt er deswegen in eine ungesunde Neugier oder einen ungesunden Mystizismus, der sich vor allem in der Erscheinungssucht kundtut.
Der hl. Thomas respektiert das göttliche Geheimnis, dennoch sucht er dort, wo es uns möglich ist, Einsicht: „Kühnen Fluges dringt er in den schrankenlosen Raum des Wahren ein, aber seine Kühnheit artet nie in Verwegenheit aus. Er weiß wohl, daß der Mensch alles zu erkennen vermag, aber nicht alles mit gleicher Vollkommenheit.“
Der hl. Thomas weiß, das Reich der Wahrheit muß erobert werden, und dazu bedarf es eines Planes, mit anderen Worten, einer echten Wissenschaft. Der göttliche Glaube ist keine fromme Spintisiererei, sondern gottgeschenkte Erkenntnis der wichtigsten Wahrheiten, die wir uns aneignen müssen, um das ewige Leben zu gewinnen. Der Autor stellt fest: „Wer seine Summa theologica von Anfang an durcharbeitet, hat den Eindruck, als mache er den Kriegszug eines genialen Feldherrn mit, der ein weites Reich erobern will.“ Jeder von uns steht ebenfalls mitten auf dem Kampfplatz seines Lebens, um das weite Reich der Wahrheit und der Gnade zu erobern. Der hl. Thomas kann uns dabei in außerordentlicher Weise Vorbild und Helfer sein, stimmen doch bei ihm, dem heiligen Lehrer, Lehre und Leben vollkommen überein, wie M. Grabmann ist seinem Büchlein „Das Seelenleben des heiligen Thomas von Aquin“ darlegt: „Das ganze Geistesleben des heiligen Thomas ist von oben orientiert und bestimmt. Von himmlischen Höhen, denen sein Gestesauge sehnsuchtsvoll und gläubig entgegenblickt, erhofft und erfleht er wahre Weisheit, dorthin erhebt er sich auf den Fittichen einer in allem Gott meinenden und Gott minnenden Liebe, von dorten fließt ihm jener Frieden in die Seele, den die Welt nicht geben kann, den Christus in die Welt gebracht hat und in die für ihn aufgetanen Seelen gießt.“
Hier der Artikel von Dr. Heinrich Kirfel CSSR. „Der Geist des heiligen Thomas von Aquin“
Fortsetzung folgt