Im Jahr 2023 ein Fronleichnamsfest zu feiern und dazu noch eine richtige Fronleichnamsprozession abzuhalten, erscheint einem angesichts der menschenmachwerkskirchlichen liturgischen Verwüstungen fast schon irreal. Unwillkürlich denkt man an eine bloße Folklore, denn vom Glauben her können die Modernisten und Postmodernisten dieses Fest nicht mehr begründen. Letztlich ist es ihnen peinlich, mit der Monstranz auf die Straßen zu gehen und so suchen sie nach irgendwelchen Verlegenheitslösungen, die auf einen wahren Katholiken mehr oder weniger komisch wirken. Aber beginnen wir erst einmal von vorne…
Dieser liturgische Umbruch begann so richtig nach dem Tod von Papst Pius XII., also im Jahr 1958. Mit dem Hochgradfreimaurer Angelo Guiseppe Roncalli gelang die so lange ersehnte feindliche Übernahme der kirchlichen Institutionen und der Weg zum „Konzil“ und den daraus weitreichenden „Reformen“ war frei. Angelo Guiseppe Roncalli hatte als Hochgradfreimaurer selbstverständlich gewußt, wo er zuerst einmal Hand anlegen mußte. Natürlich konnte er als Nachfolger Pius‘ XII. nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten, sondern mußte sehr vorsichtig zuwege gehen, um die Katholiken nicht allzu sehr aufzuschrecken. So hat er zunächst einmal den hl. Josef dazu mißbraucht, den Kanon der hl. Messe aufzubrechen. Sodann hat er die zweiten und dritten Orationen gestrichen und dazu noch eine ganze Reihe von Oktaven eliminiert. Auf diese Weise entstand der abgespeckte 62er Ritus, den ein Großteil der Traditionalisten bedenkenlos übernommen hat und als die Messe des hl. Pius V. ausgibt.
Auch die Fronleichnamsoktav ist dem Eifer Roncallis zum Opfer gefallen. Dieses Fest war den Modernisten sowieso schon lange ein Dorn im Auge gewesen. Da sahen sie viel zu viel Pomp, viel zu viel Triumphalismus und viel zu viel Anbetungsvolksfrömmigkeit – kurzum das Fest war einfach noch viel zu viel katholisch. Das konnte man nicht dulden und das durfte man nicht so lassen.
In einem Predigtbuch von 1974 heißt es dementsprechend zum Fest Fronleichnam:
Problematik des Festes
Das Fest steht wie kaum ein anderes im Zeichen des liturgischen Umbruchs und eines neuen Verständnisses der Eucharistie. Der Trend geht vom Draußen zum Drinnen, von der Anbetung zu Opfer und Mahl, von den Andachtsformen des Mittelalters zur Feier der alten Kirche, „die den eucharistischen Kult außerhalb der Messe nicht kannte“ (Schott). (Andreas Gruber, Künde die Botschaft, Erich Wewel Verlag, München 1974, S. 223)
So der Modernistensprech von damals. Wir Katholiken haben bis dahin noch gar nicht gewußt, daß das Fronleichnamsfest problematisch ist, aber durch den liturgischen Umbruch nach dem sog. Vatikanum 2 und dem neuen Verständnis der Eucharistie änderte sich das schlagartig. Wie war das möglich, daß man nach fast 2000 Jahren plötzlich zu einem neuen Verständnis „der Eucharistie“ kam? Hatten die Katholiken bisher nicht genügend gewußt, was „Eucharistie“ genau ist? Nein, was „Eucharistie“ ist, haben sie nicht gewußt, aber was das hl. Meßopfer und das Allerheiligste Altarsakrament ist schon. Und sie konnten beides ganz klar von den Irrlehren etwa der Protestanten unterscheiden, denen die Modernisten eifrig nachstrebten. Diese Fähigkeit der Unterscheidung ist in den Zeiten des Umbruchs verlorengegangen. Jetzt ging der Trend von Draußen nach Drinnen. Nur seltsam – heute nach über 50 Jahren ist es unübersehbar – die Tendenz ging gar nicht von Draußen nach Drinnen, denn wenn man heute am Sonntag in eine Kirche geht, ist diese gewöhnlich fast leer. Die Tendenz ging also gar nicht von Draußen nach Drinnen, sondern von „Drinnen nach Draußen“: die Kirchen leerten sich immer mehr und glichen sich somit der Glaubensleere des Modernismus an.
Nette Einheit in der Vielfalt
Auch das Zweite ist zumindest nur die halbe Wahrheit, denn die Tendenz ging nicht von der Anbetung zu Opfer und Mahl, sondern zum Mahl allein. Die sog. „Neue Messe“ ist nichts anderes mehr als ein Gemeindeevent, der sich um ein recht kümmerliches Mahl herum organisiert. Denn das Verteilen von Oblaten kann man nun wirklich nicht als eine gelungene Mahlveranstaltung bezeichnen. Darum kamen damals manche Kapläne auf die Idee, das Mahl auszuweiten und wenigstens einen Laib Brot anzubieten oder gar Eucharistie mit Pommes Frites und Cola zu feiern.
Daß schließlich noch die alte Kirche herhalten muß, um den Umbruch zu begründen, ist typischer archeologistischer Modernistensprech. Dieser wurde zwar noch von Papst Pius XII. verurteilt, aber was kümmert das schon einen Modernisten? In seiner Enzyklika „Mediator Dei“ vom 20. November 1947 klagte der Papst:
Denn wie kein vernünftiger Katholik in der Absicht, zu den alten, von den früheren Konzilien gebrauchten Formeln zurückzukehren, die Fassungen der christlichen Lehre ablehnen kann, welche die Kirche unter der Leitung des Hl. Geistes in der neueren Zeit mit reicher Frucht gegeben und als verbindlich erklärt hat; oder wie kein vernünftiger Katholik die geltenden Gesetze ablehnen kann, um zu den aus den ältesten Quellen des kanonischen Rechts geschöpften Bestimmungen zurückzugehen — so ist gleichermaßen, wenn es sich um die heilige Liturgie handelt, offensichtlich der von keinem weisen und gesunden Eifer getrieben, der zu den alten Riten und Bräuchen zurückkehren wollte und die neuen ablehnte, die doch unter dem Walten der göttlichen Vorsehung mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse eingeführt worden sind.
Diese Denk- und Handlungsweise läßt jene übertriebene und ungesunde Altertumssucht wiederaufleben, der die ungesetzliche Synode von Pistoja Auftrieb gegeben hat, und ebenso trachtet sie die vielfachen Irrungen wieder auf den Plan zu rufen, welche die Ursache zur Berufung jener Synode waren, aus ihr zum großen Schaden der Seelen sich ergaben, und welche die Kirche, die immer treue Hüterin des ihr von ihrem Stifter anvertrauten Glaubensgutes, mit vollem Recht verworfen hat. (Enzyklika Mediator Dei, Rundschreiben des Heiligen Vaters Papst Pius XII. über die heilige Liturgie, Petrus-Verlag Kirchen-Sieg, S. 31)
In dem Text des Predigtbuches heißt es weiter:
Die Instruktion über die Feier der Eucharistie vom 25. Mai 1967 weiß um diese Problematik. Einerseits heißt es dort: „Bei den Prozessionen, in denen die Eucharistie durch die Straßen getragen wird, bekundet das Volk öffentlich seinen Glauben gegenüber diesem Sakrament.“ - Andrerseits heißt es: „Es ist Sache des Bischofs, zu entscheiden, inwieweit solche Prozessionen unter den heutigen Umständen angebracht sind.“ Beide Richtungen, die Vertreter der bisherigen Form wie die, die nach neuen Formen Ausschau halten, haben dafür ihre guten, von der Kirche bestätigten Gründe. Eine gegenseitige Verketzerung wäre lieblos und sinnlos. Gerade hier kann sich einstweilen die Einheit in der Vielfalt bewähren. (Ebd.)
Der Autor dieser Zeilen, Andreas Gruber, war Priester in der Erzdiözese München-Freising, 1940 geweiht, also damals schon 34 Jahre Priester. Die Revolution von 1962 – 1965 hatte den Priester, wie so viele andere auch, offensichtlich schlichtweg überrannt. Gedankenlos und bedenkenlos stürzt er sich in die Neuerungen und bemüht sich, in dem Chaos eine vermittelnde Stellung einzunehmen: Die Instruktion über die Feier der Eucharistie vom 25. Mai 1967 weiß um diese Problematik. Inzwischen war Montini, alias Paul VI., in Rom am Ruder und trug eifrig den Widersprüchen in den „Konzils“texten Rechnung.
Einerseits sollen die Prozessionen, in denen die „Eucharistie“ – „Eucharistie“ heißt bekanntlich „Danksagung“. Wir haben gar nicht gewußt, daß man die „Danksagung“ durch die Straßen tragen kann?! – durch die Straßen getragen wird, ein Bekenntnis des Glaubens des Volkes gegenüber diesem Sakrament sein. Das hört sich doch recht merkwürdig an, da muß notwendigerweise ein „anderseits“ folgen.
Anderseits muß der Bischof entscheiden, ob solche Prozessionen unter den heutigen Umständen angebracht sind. Wie schon bemerkt, erscheint es recht merkwürdig, wenn jemand die „Danksagung“ durch die Straßen tragen möchte, da kann man durchaus erhebliche Zweifel bekommen, ob das überhaupt angebracht oder womöglich schon ein wenig verrückt ist. Tatsächlich kommt unser Autor ganz schön ins Schleudern, wenn er unter diesen Voraussetzungen erklären soll, warum Katholiken an Fronleichnam dennoch eine Prozession machen sollen:
Warum halten wir auch Prozession? Wir wollen Christus hineintragen in die Welt: Wir wollen bekennen: Wir können nur dann rechten Gottesdienst feiern, wenn wir unterwegs zu den Menschen sind, wenn wir für die Brüder da sind. Wir wissen uns für diese Welt im Auftrag Christi verantwortlich. Wir Christen sind kein Club, der sich selbst genügt, der an die Tür seines Clubraumes schreibt: „Eintritt verboten“. Wir wissen, daß wir nur dann unser eigenes Heil finden, wenn wir uns auf die Suche nach den Menschen machen. (Ebd. S. 230)
Wieso kann man nicht einfach Gottesdienst feiern, indem man Gott die Ehre gibt, die IHM allein gebührt? Wird hier aus dem Gottesdienst nicht naturnotwendig ein Menschendienst gemacht? Ganz in Sinne des Textes aus der „Pastoralkontitution Gaudium et Spes“ des 2. Vatikanums: „… der neue Adam, macht eben in der Offenbarung des Geheimnisses des Vaters und seiner Liebe dem Menschen den Menschen selbst voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung.“ Woraus Karol Wojtyla in seiner Antrittsenzyklika „Redemptor Hominis“ vom 4. März 1979 den Schluß ziehen wird: „Der Mensch ist der Weg der Kirche.“ Dies vorausahnend hat Andreas Gruber schon 1974 formuliert: „Wir wissen, daß wir nur dann unser eigenes Heil finden, wenn wir uns auf die Suche nach den Menschen machen.“ Nein, an Fronleichnam machen wir uns nicht auf die Suche nach den Menschen, wir beten einfach Gott an und lobpreisen Seine unergründliche Güte, weil nämlich unser Herr Jesus Christus, verborgen unter der Gestalt der kleinen weißen Hostie mit Gottheit und Menschheit, mit Fleisch und Blut wahrhaft gegenwärtig ist. Das ist doch ein wesentlicher Unterschied zu dem Modernistensprech des Autors, der womöglich den Text aus „Gaudium et Spes“ aufmerksam gelesen hat.
Wie wir hörten, sprach dieser ebenfalls schon im Jahr 1974 – also schon vor Ratzinger! – von der Einheit in der Vielfalt. Das beliebte Schlagwort für die konservativen Modernisten, das man posthum Joseph Ratzinger angedichtet hat: Die Vielfalt der modernistischen Irrtümer in die Einheit der Kirche zu integrieren. Was für ein Wahnsinn!!! Aber nein, da sind wir im Übereifer zu weit gegangen, denn: Eine gegenseitige Verketzerung wäre lieblos und sinnlos. Na also, sind wir alle nett zueinander, Irrlehren hin oder her, Ehrfurchtslosigkeit hin oder her, Sakrilegien hin oder her – Hauptsache wir sind nett zueinander…
Gottheit tief verborgen…
Vollkommen unberührt von der modernistischen Problematik des Festes, feierten wie auch dieses Jahr das Fronleichnamsfest. Und was für eine große Freude ist es für uns Katholiken, bei diesem Fest, am Herrgottstag, wie man in Bayern auch sagt, zudem eine Prozession abhalten zu dürfen. Dabei wird jeder aufgrund unserer Vorüberlegungen leicht einsehen, daß unser Bekenntnis heutzutage notwendiger ist denn je – als besonderer Ehrenersatz an den in der kleinen weißen Hostie verborgenen Heiland der Welt. Hatte sich doch im Zeichen des liturgischen Umbruchs und eines neuen Verständnisses der Eucharistie eine unvorstellbare Ehrfurchtslosigkeit breit gemacht und es wurde eine ganze Flut von Sakrilegien losgetreten. Letztlich dauert dies im Kielwasser der sog. Neuen Messe bis heute an. Aus unserer hl. Liturgie ist in der Menschenmachwerkskirche ein neuheidnisches Spektakel geworden – mit Priestern, die keine gültige Weihe mehr haben, mit Hostien, die deswegen nicht mehr verwandelt sind. Darum ist es umso notwendiger, den Herrgottstag zu feiern, den es in seiner echten Form nur noch bei uns Restkatholiken gibt. Dieser Tag ist der schönste Ausdruck unserer Dankbarkeit für dieses allerhöchste Gnadengeschenk. Aber zugleich ist er auch eine Forderung der Gerechtigkeit, wie wir es jedesmal in der hl. Messe bei der Einleitung zur Präfation hören: „Vere dignum et justum est, aequum er salutare, nos tibi semper et ubique gratias agere …“ „Es ist in Wahrheit würdig und recht, billig und heilsam, Dir immer und überall dankzusagen …“
Am heutigen Festtag staunen wir ob dieses Denkmals der göttlichen Güte und Menschenfreundlichkeit! In Seiner unermeßlichen Güte wollte unser Herr Jesus Christus immer bei uns bleiben – insbesondere unter der Gestalt der kleinen weißen Hostie. Verborgen unter dieser Brotsgestalt zeigt ER uns, wie unvorstellbar lebendig Seine Herrlichkeit immer ist. Wir müssen nur im Glauben den Schleier der Gestalten durchdringen, dann offenbart sich uns das göttliche Geheimnis.
Sobald man nur tiefer schaut, erkennt man, daß auch dieses Sakrament aus dem unendlichen Meer der Güte des Dreifaltigen Gottes stammt. Darum leuchtet uns die Hostie in dreifarbigem Lichte dieses dreifaltigen Geheimnisses entgegen.
Ein Auszug aus Dantes Göttlicher Komödie
Erinnern wir uns hierzu an Dantes Göttliche Komödie. Am Schluß des ganzen Gesanges heißt es:
Im tiefen und klaren Wesen des hohen Lichts
erschienen mir drei Kreise,
an Farbe dreifach, doch von einem Umfang.Du ewig Licht ruhst in dir selbst allein,
verstehst, erkennst dich, bist erkannt, verstanden
in dir und lächelst dir in Liebe zu.Der Kreis, der wie zurückgestrahltes Licht in dir sich zeigte,
schien mir in seinem Innern bemalt mit unsrem eignen Ebenbild;
drum ruhte einzig nur auf ihm mein Auge.Ich wollte sehn, wie dieses Bild zum Kreise paßt
und wie es sich ihm einfügt,
doch dazu reichten meine Flügel nicht,bis plötzlich mir der Geist getroffen wurde
von einem Blitzstrahl, der dem Sehen half. –
Hier aber schwand dem hohen Flug des Schauens alle Kraft.Doch wie ein Rad, das sich im Gleichmaß dreht,
bewegte nun den Wunsch und Willen mir die Liebe,
die die Sonne führet und die andern Sterne.
Mit diesem Lobpreis auf die alles bewegende, göttlich-dreifaltige Liebe klingt Dantes „Commedia“ aus, nachdem der Dichter zuletzt im Innersten des dreifarbigen Lichts das eigene Ebenbild entdeckt hat – was nichts anderes ist als das Antlitz Jesu. Denn ER ist der ewige Sohn des Vaters, Er ist unser aller Urbild, Er, das Wort Gottes, das Fleisch geworden ist: „Durch dieses ist alles geworden, und ohne es ward nichts von dem, was geworden ist. In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ (Joh. 1, 3-4)
Wir sollen dieses Antlitz Jesu im Allerheiligsten Altarsakrament glaubend entdecken:
Ich wollte sehn, wie dieses Bild zum Kreise paßt
und wie es sich ihm einfügt,
doch dazu reichten meine Flügel nicht,bis plötzlich mir der Geist getroffen wurde
von einem Blitzstrahl, der dem Sehen half. …
Hinter den Gestalten der Hostie verborgen sehen wir das Antlitz unseres göttlichen Heilandes. Dabei zeigt ER sich als gesandt vom Vater, d.h. als Opferpriester und Opfergabe zugleich. Indem diese Opfergabe einerseits in den Gestalten fortdauert, andererseits jedoch im hl. Meßopfer immer neu vergegenwärtigt und sodann den Menschen einzeln immer neu als Seelenspeise geschenkt wird — erweist sich die hl. Kommunion als das Geschenk des Dreifaltigen Gottes. Denn als Dreifaltiger ist Er selbstverständlich immer da, ewig seiend und wirkend. Das gegenseitige Sich-Schenken der drei göttlichen Personen ist immer neu, neu „wie am ersten Tag“. Der Vater zeugt den Sohn, aus Vater und Sohn geht der Geist hervor, nicht etwa „damals“ vor aller Ewigkeit, sondern im ewigen „Heute“. Immer ist dieses göttliche Leben so neu und jung und frisch, es geschieht eben jetzt! „Heute habe ich Dich gezeugt“, heißt es (Ps. 2,7).
Und „gestern, heute und in Ewigkeit“, wie der hl. Paulus von unseren Herrn Jesus Christus sagt, was selbstverständlich auch vom dreifaltigen Gott zu sagen ist (vgl. Hebr. 13,8).
Öffentlicher Lobpreis
Dem in der hl. Hostie immer gegenwärtigen Herrn gilt also der erste Lobpreis dieses hohen Festtages. Darum heißt es „Deinem Heiland, Deinem Lehrer, Deinem Hirten und Ernährer, Sion, stimm ein Loblied an“. Viele und hohe Worte, namentlich in der heutigen Sequenz, gelten diesem persönlich gemeinten Lob des Herrn selbst und wollen damit Seine persönliche Gegenwart in diesem Sakrament bekennen, in dem sich „Christus ganz und unzerteilt“ befindet. Die anschließende Prozession will diese Gegenwart zudem überaus festlich feiern und unseren Herrn Jesus Christus Seiner Schöpfung zum Lob darbieten, wie es etwa die drei Jünglinge Ananias, Azarias und Misael sangen, die auf des Königs Befehl in den Ofen geworfen werden. Sie bangten nicht vor den Flammen, sondern priesen Gott:
Preiset den Herrn, ihr Werke alle des Herrn, * lobet Ihn und über alles erhebt Ihn in Ewigkeit.
Preiset den Herrn, ihr Engel des Herrn; * preiset den Herrn, ihr Himmel droben.
Preiset den Herrn, ihr Wasser alle, die über den Himmeln sind; * preiset den Herrn, ihr Scharen alle des Herrn.
Preiset den Herrn, Sonne und Mond; * preiset den Herrn, des Himmels Sterne.
Preiset den Herrn, aller Regen und Tau; * preiset den Herrn, alle Winde.
Preiset den Herrn, Feuer und Sommersglut; * preiset den Herrn, Kälte und starrer Winter.
Preiset den Herrn, Tau und des Regens Fall, * preiset den Herrn, Eis und Frost.
Preiset den Herrn, Reif und Schnee; * preiset den Herrn, Nächte und Tage.
Preiset den Herrn, Licht und Dunkel, * preiset den Herrn, Blitzesstrahlen und Wolken.
Es preise die Erde den Herrn, * sie lobe Ihn und erhebe Ihn über alles in Ewigkeit.
Preiset den Herrn, ihr Berge und Hügel; * preise den Herrn, was immer auf Erden wächst.
Preiset den Herrn, ihr Quellen alle, * preiset den Herrn, ihr Meere und Ströme.
Preiset den Herrn, ihr Meerestiere und was in den Wassern sich regt; * preiset den Herrn, ihr Vögel des Himmels alle.
Preiset den Herrn, ihr wilden Tiere und alles Vieh; * lobet Ihn und über alles erhebt Ihn in Ewigkeit. -
Preiset den Herrn, ihr Menschenkinder; * preiset den Herrn, ihr alle in Israel.
Preiset den Herrn, ihr Priester des Herrn; * preiset den Herrn, ihr Knechte des Herrn.
Preiset den Herrn, der Gerechten Geister und Seelen; * preiset den Herrn, ihr Heiligen und ihr demütigen Herzen.
Preiset den Herrn, Ananias und Azarias und Misael, * lobet Ihn und über alles erhebt Ihn in Ewigkeit.
Lasset uns preisen Vater und Sohn mit dem Heiligen Geist, * laßt uns Ihn loben und hocherheben in Ewigkeit. (Dan. 3, 57—88 und 56)
Ist dieser Lobpreis der drei Jünglinge im Feuerofen nicht die tiefste und unmittelbar einleuchtende Erklärung unserer Fronleichnamsprozession?! Wir verleihen durch unsere Lieder und Gebete der ganzen Schöpfung eine Stimme zum Lobpreis ihres Schöpfers und Erlösers, dem ewiges Lob von Seiner Schöpfung gebührt.
Der denkwürdige Abend vor Seinem Leiden
Damit wir alles auch richtig ins Auge fassen, wird in der Lesung des Fronleichnamsfestes durch das Wort des hl. Apostels der ganze Hergang genau erzählt. An jenem denkwürdigen Abend vor Seinem Leiden beim letzten Abendmahl mit Seinen Jüngern hat Christus dieses hl. Sakrament gestiftet.
Der hl. Alphons Maria Liguori schreibt hierzu in einer Betrachtung:
„So wollte Jesus Sein göttliches Wesen uns mit unauslöschlichen Zügen einprägen; so wollte Er die Wohltat Seiner Erlösung, Seine unbegrenzte Liebe, Seine heilige Lehre und das ganze Vorbild Seines Lebens uns im unaufhörlichen Andenken erhalten. Um uns die Früchte Seines versöhnenden Opfertodes zu sichern, gab ER sich uns selbst zu Seelenspeise, zum Unterpfand des ewigen Lebens.“
Indem unser göttlicher Erlöser, gesondert in Gestalt des Brotes Seinen Leib, und in der des Weines Sein Blut darbot — was am anderen Tag, am Karfreitag, am Kreuz in der Trennung von Leib und Blut wirklich Sein Opfertod wurde — hat Er mit dem Befehl: Tut dies zu meinem Gedenken den Aposteln aufgetragen, dasselbe zu tun. Am selben Abend hat ER sie zu Priestern geweiht und ihnen somit die notwendige Macht gegeben — ein wirkliches „Denkmal“ Seines Erlösungsopfers zu feiern. Ja noch mehr, weil der Leib und das Blut immer neu durch die Wandlung auf unseren Altären gegenwärtig werden, geschieht damit eine wirkliche Erneuerung Seines Opfers und die fortdauernde Darbietung Seines hochheiligen Leibes und Seines kostbaren Blutes vor dem Vater für uns Menschen. War doch Sein hl. Opfer von unendlichem Wert, das heißt, von einem Wert ohne Ende und Grenzen — deswegen konnte es sich nicht erschöpfen in jenen drei Stunden am Kreuz. Und die unendliche Güte und Weisheit und Allmacht Gottes hat diese Weise des hl. Meßopfers ersonnen, damit dieses reinste, makelloseste und heiligste Opfer immer wieder „neu“ — wie damals, als es „ein für allemal“ am Kreuz dargebracht wurde — sakramental vollzogen werde und dennoch immer nur die Fortdauer des einen Kreuzesopfers sei. Diesem Wundergeheimnis des immerwährenden Opfers gilt ebenfalls die Feier dieses Festes. „Schon in Isaaks Opfertode, in des Osterlamms Gebote … war dies Brot der Bilder Sinn.“
Gnadenhafte Lebensgemeinschaft
Das heutige Festtagsevangelium breitet ein wundersames Licht über diese göttliche Opfergabe auf unseren Altären.
Zuerst sagt es der Herr klar heraus, daß Sein Fleisch wirklich eine Speise für die Menschen ist. Aber das ist beileibe noch nicht alles: „Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich in ihm.“ Weil diese Speise Er selber ist, kommt ER selber in unsere Seele. Das Leben, das von dieser himmlischen Speise genährt und gestärkt wird, ist das Leben aus Ihm selbst, durch Ihn und mit Ihm zusammen. Er vergleicht dieses geheimnisvolle Ineinandersein mit Seinem Leben aus dem Vater und mit dem Vater zusammen: „Wie Ich, vom lebendigen Vater gesandt, durch den Vater lebe, so wird auch der, welcher Mich ißt, durch Mich leben.“ Es ist letztlich unübersetzbar, was der Herr meint mit dem Satz, daß Er „durch den Vater lebe“. Damit ist jene innigste persönliche Lebensgemeinschaft benannt, die nur in der Gnade möglich ist.
Die irdische Speise mag das Leben erhalten und vor dem Tode retten. Aber einmal muß der Mensch doch sterben. Für den aber, der mit dieser Speise Sein Leben aus Ihm immer mehr stärkt und nährt, bedeutet der Tod nichts: „Wer dieses Brot ißt, wird ewig leben.“
Und ist das nicht der tiefste, innigste, letzte Wunsch jeder Menschenseele, ewig zu leben?! In der Kraft dieser Himmelsspeise ist uns dies möglich geworden. In der Kraft Jesu, der das göttliche, ewige Leben ist, gewinnen wir Anteil daran – wir müssen es nur aus ganzem Herzen glauben: „Wer dieses Brot ißt, wird ewig leben.“
Der hl. Alphons ruft angesichts dieser Wunder des göttlichen Erbarmens aus:
„Wie schwach, wie unvollkommen erscheint alle Liebe auf Erden, wenn wir sie mit der Liebe Jesu gegen uns vergleichen. Gedenke am heutigen Fest, o mein Christ! an welchem die Kirche die Einsetzung dieses großen Geheimnisses feiert und durch öffentliche Prozessionen ihren Glauben an dasselbe betätigt, gedenke mit tiefer Rührung der unaussprechlichen Liebe, die uns Jesus in diesem Liebesmahl erwiesen hat. Hier soll sich unsere Wiedergeburt im Geiste erneuern; hier soll der Glaube, die Liebe, die Hoffnung in uns frische Lebendigkeit und Kraft erlangen durch gänzliche Vereinigung mit Dem, der aus Liebe zu uns sich selbst seinem ewigen Vater zum Opfer dargebracht hat.“
Verwaiste Altäre
Dies soll uns nicht nur an Fronleichnam, sondern bei jedem heiligen Meßopfer gegenwärtig sein: „Hier soll sich unsere Wiedergeburt im Geiste erneuern; hier soll der Glaube, die Liebe, die Hoffnung in uns frische Lebendigkeit und Kraft erlangen durch gänzliche Vereinigung mit Dem, der aus Liebe zu uns sich selbst seinem ewigen Vater zum Opfer dargebracht hat.“ Dafür müssen wir uns mit all unseren Kräften einsetzen, daß unsere Notkapelle ein würdiger Rahmen für die göttliche Liturgie und den göttlichen Gast ist.
Bei der Prozession haben wir es erlebt, daß es auch in diesem recht kleinem Rahmen dennoch möglich ist, unserem Herrn eine würdige Stätte zu bereiten. Eine sehr würdige und schöne Prozession zu Ehren unseres göttlichen Freundes in der kleinen weißen Hostie! Oh wie wunderschön ist das!
Da meint man doch eigentlich, es müßten die Leute scharenweise herbeiströmen – aber es ist leider nicht so. Diese Erfahrung hat schon unser Herr Jesus Christus mit Seinem auserwählten Volk gemacht und wieder und wieder in der Kirchengeschichte hat es Zeiten gegeben, wo die Altäre immer mehr verwaist sind.
So feiern wir zur eigenen Besinnung am Sonntag in der Fronleichnamsoktav den Sonntag der leeren Plätze, den Sonntag der fadenscheinigen Entschuldigungen. Einerseits ist es schwer zu verstehen, anderseits auch wieder nur allzu begreiflich, daß so viele Plätze leer blieben.
Es ist schwer zu verstehen, insofern man die Größe des Geschenkes erwägt, die unaussprechliche inwendige Freude, die uns dieses Gastmahl schenken möchte, das uns verheißt: Kommt und seht, wie gut der Herr ist! Verkostet die Freude unseres Herrn!
Wer kann diese Aufforderung einfach ignorieren? Wer kann sich entschuldigen wollen, wenn doch unser Herr selber uns einlädt?
Aber anderseits kann man fragen: Wann sind wir schon fähig zu solch einem Höhenflug unserer Seele, so daß wir tatsächlich sehen und verkosten wie gut der Herr ist, wie köstlich Seine Speise ist? Wann gelingt es uns schon, die Gestalten der hl. Hostie im lebendigen Glauben zu durchdringen, so zu durchdringen, daß das Herz tatsächlich höherschlägt?
Hindernisse für dieses ganz unirdische Mahl
In seinem Besinnungsbuch „Das ist der Tag des Herrn“, gibt Josef Dillersberger zu bedenken:
Das Evangelium läßt auch die Hindernisse im Herzen der Menschen erkennen, die die Aufgeschlossenheit für das große Mahl hemmen. Kurz gesagt sind es diese drei: Besitz von irdischem Gut, Geschäftigkeit und das — Geschlecht, die sexuelle Voreingenommenheit der Menschen. Je mehr der Mensch an irdischem Besitz und Gut Freude hat, desto weniger Sinn hat er für dieses ganz unirdische Mahl. Je betriebsamer er ist, je mehr ihm Geschäft und Lärm und Eile gelten, desto weniger Zeit hat er für dieses Mahl der Erquickung und Ruhe. Und je mehr geschlechtliches Ausleben zum Inhalt des Lebens gemacht wird, desto eher erstirbt der Sinn für das höhere Leben der Liebe aus diesem Mahl!
Da schaut es schon nicht mehr so gut aus mit unserer Seelenfreude, denn die moderne Gesellschaft hat diese Hindernisse zur Perfektion ausgebaut. Die Hindernisse sind für den Weltmenschen unüberwindlich geworden, Gott ist ganz aus seinem Erfahrungsbereich hinausgerückt. Da bedarf es schon eines außerordentlichen Wunders, soll sich so ein Weltmensch wieder bekehren. Aber auch für uns sind die Hindernisse recht groß: Besitz von irdischem Gut, Geschäftigkeit und das — Geschlecht, die sexuelle Voreingenommenheit der Menschen.
Dadurch wird man Tag für Tag abgelenkt von dem einen Notwendigen, denn unzählige Gedanken und Sorgen und Wünsche ziehen unsere Seele beständig nach unten. Da werden wir immer wieder eingestehen müssen: Je mehr der Mensch an irdischem Besitz und Gut Freude hat, desto weniger Sinn hat er für dieses ganz unirdische Mahl. Nein, die Freude am himmlischen Gastmahl ist keine billige Freude, sondern einen ganz und gar geistige, ja sogar eine gnadenhafte Freude. Nur selten wird diese uns geschenkt, weil wir nur selten ganz frei sind für die Herrlichkeit Gottes in der kleinen weißen Hostie.
Da beginnt man sich schon zu fragen: Wo bleibt meine Sehnsucht? Wo bleibt das Heimweh nach dem Herrn? Wo bleibt die Vorfreude am Samstagabend, endlich wieder zum hl. Meßopfer gehen und kommunizieren zu dürfen?
Heute ist sicherlich besonders die sexuelle Voreingenommenheit zu erwähnen, die wie selten in der Vergangenheit die Menschen in ihren Bann zieht. Dazu nochmals Josef Dillersberger:
Sicher ist mit dem letzten „Ich habe ein Weib genommen“ nicht das Eingehen einer geordneten Ehe gemeint. Die rechte Ehe und Familie wird eher dazu beitragen, den Sinn für die Gemeinschaft in diesem Sakrament zu heben. Aber es muß dennoch zugegeben werden, daß auch Ehe und Familie manchmal wie Bleigewicht den Schwung der Seele niederdrücken können.“
Die Fronleichnamsoktav ist sicher die richtige Zeit, in der wir es uns Tag für Tag ausdrücklich eingestehen sollen: Es ist schon sehr schwer, mit einem lebendigen Glauben die Gestalten zu durchdringen und unseren Herrn Jesus Christus darunter gegenwärtig zu sehen – gegenwärtig in Seiner ganzen göttlichen Herrlichkeit.
Anderseits ist es auch wieder unaussprechlich schön, wenn auch nur ein winziger Strahl dieser Herrlichkeit unsere Seele durchdringt…
Im Stillgebet des Sonntags in der Oktav heißt es: „Herr, das Opfer, das wir Deinem Namen weihen, läutere uns und führe uns von Tag zu Tag mehr zur Betätigung eines himmlischen Lebens…“