Alte Bücher neu gelesen - Das heilige Meßopfer

In seinem Vorwort zum Buch von Alphons M. Rathgeber schreibt P. Ehrhard Schlund, O.F.M. im Mai 1946:

Das heilige Meßopfer - sein Wesen und Werden! So nennt sich dieses Buch. Es hätte sich auch nennen können: Die Großtat Gottes unter den Menschen, das Buch von der größten Tat des allmächtigen Schöpfers, das Buch von der größten Liebe des gütigen Vaters. Denn das ist doch das Opfer Jesu am Kreuz und seine ständige Wiederholung auf dem Altar in der heiligen Messe.

Und die Katholiken kennen so wenig davon, auch die Besten und tiefst Gläubigen. Ist es nicht traurig, daß die Menschen von dem Kostbarsten auf der Welt so wenig wissen? Ist es nicht traurig, daß die Kinder von der Nähe ihres göttlichen Vaters so wenig spüren? Daß es sie nicht unwiderstehlich hinzieht, dorthin, wo das Herz Jesu auf Erden wirklich schlägt? Wo sein Blut für uns wirklich fließt?

Das Buch ist ein Schlüssel zur himmlischen Schatzkammer, aus der sich jeder nehmen darf, so viel er will; denn ihre Schätze sind unendlich. Er muß nur den Schlüssel haben.

Das Buch ist ein Becher für die Quelle des heiligen Wassers, des reinsten Wassers, die im Himmel entspringt und den Durst der Seele löscht. Aus ihr darf jeder schöpfen und trinken, so viel er will. Er muß nur den Becher haben.

Das Buch ist die Tür zum Blumengarten der göttlichen Gnade, wo unverwelkliche Blumen aus der Ewigkeit wachsen. Jeder darf sich Blumen brechen, so viel er will. Er muß nur die Tür finden. …

Von der Lauheit zum Abfall

Es ist wohl eine beständige Klage der Seelsorger, die der Franziskaner hier anstimmt: „Und die Katholiken kennen so wenig davon, auch die Besten und tiefst Gläubigen.“ Die größte, bedeutendste, ergreifendste Großtat Gottes unter den Menschen, die ganz besonders den Katholiken das Wertvollste in ihrem Leben sein soll, bleibt für viele unbekannt. Die größte Tat des allmächtigen Schöpfers und die wunderbarste Offenbarung der unbegreiflichen Liebe des gütigsten Vaters im Himmel interessiert nur sehr wenige.

Ja, zutiefst wahr und unermeßlich traurig ist, daß selbst die Katholiken von dem Kostbarsten auf der Welt so wenig wissen und die Kinder von der Nähe ihres göttlichen Vaters so wenig spüren. Warum zieht es sie nicht unwiderstehlich hin zum Opferaltar des Neuen Bundes, dorthin, wo das Herz Jesu auf Erden wirklich schlägt? Dorthin, wo das Kostbarste Blut des göttlichen Opferlammes für uns wirklich fließt?

Letztlich war diese Unwissenheit und das daraus folgende Desinteresse der Grund für den massenhaften Abfall der letzten Jahrzehnte. Bereits 1946 zeigte sich der Abgrund, die meisten waren schon lau geworden, obwohl nach außen hin noch alles bestens schien, die Kirchen übervoll waren und die katholische Kirche weltweit immer noch sehr großes Ansehen genoß. Dennoch fand der göttliche Glaube keinen rechten Halt mehr in den Seelen, weshalb das „Geheimnis des Glaubens“, das heilige Meßopfer, in den Herzen verblaßte. Die Modernisten taten das ihrige und übrige, sodaß es schon bald zum großen Abfall kam.

Dabei wurde dieser Abfall nach außen hin durch einen neuen „Glauben“ kaschiert, den Glauben an den Menschen und den Fortschritt. Das war die neue „Religion“, kaum mehr seichter auszudenken, aber dennoch bald in fast allen Köpfen gegenwärtig – und von der Mehrheit als katholische Religion akzeptiert.

Ein neuer Kult einer neuen Religion

Eine neue Religion zeigt sich letztlich immer in einem neuen Kult, einem neuen „Gottesdienst“, denn das Gesetz des Glaubens bestimmt das Gesetz des Betens. Beides bedingt sich wechselseitig. Dies zeigt sich bei allen Abfallbewegungen der Kirchengeschichte. Oftmals wurde den Irrlehrern das heilige Meßopfer und der damit unlösbar verbundene Glaube an die Gegenwart Christi im Allerheiligsten Altarsakrament mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit ein Stein des Anstoßes. Der Teufel weiß schließlich ganz genau, wie sich das Reich der Gnade aufbaut. Deswegen haßt er von Anfang an den katholischen Glauben und das heiligen Meßopfer. Sein letztes Ziel ist, wie schon der Prophet Daniel vorhersagte, die Abschaffung des immerwährenden Opfers: „Und es [das Tier] wuchs bis an das Heer des Himmels und warf einige von den Sternen hinab und zertrat sie. Ja, es wuchs an bis zum Fürsten des Heeres und nahm ihm das immerwährende Opfer weg und verwüstete die Wohnung seines Heiligtums. Und es wurde Frevel an dem immerwährenden Opfer verübt, und das Horn warf die Wahrheit zu Boden“ (Dan. 8, 1 Off; ferner 9, 27; 11, 31 u. 12, 11).

Der Haß Luthers gegen das hl. Meßopfer und den Papst

Bekannt ist der unbändige Haß Martin Luthers gegen das heilige Meßopfer. Luther hatte seinerzeit geschrieben: „Wenn die Messe zerstört sein wird, denke ich, daß wir auch das Papsttum zerstört haben werden. Denn wie auf einen Felsen stützt sich das gesamte Papsttum mit seinen Klöstern, seinen Kollegien und seinen Altären auf die Messe. Alles wird zwangsläufig zusammenstürzen, wenn ihre lästerliche und abscheuliche Messe zusammenstürzen wird …“ (Contra Henricum Angliae Regem [Gegen König Heinrich von England]).

An seine Vertreter auf dem Augsburger Reichstag schrieb er: „Wenn man den römischen Kanon und die Privatmesse akzeptiert, muß man die ganze protestantische Lehre verwerfen“ (Wilhelm Martin Leberecht de Wette, IV S. 170). „Wir erklären an erster Stelle, daß es nie unsere Absicht gewesen ist, absolut jeden Gottesdienst abzuschaffen, sondern bloß denjenigen, der in Gebrauch ist, von allen Hinzufügungen zu reinigen, durch die man ihn verunreinigt hat: ich rede von diesem abscheulichen Kanon, der eine Ansammlung von Schlammlöchern ist; man hat aus der Messe ein Opfer gemacht; man hat Opferungsgebete hinzugefügt. Die Messe ist kein Opfer oder die Tat des Opferers. Betrachten wir sie als Sakrament oder als Testament. Nennen wir sie Segnung, Eucharistie oder Tisch des Herrn oder Mahl des Herrn oder Gedächtnis des Herrn. Man gebe ihr nach Belieben jeden anderen Namen, wenn man sie nur nicht mit dem Namen ‚Opfer‘ oder ‚Tat‘ befleckt“ (Formula Missae [Meßformel], Werke, Bd. XI, S. 774).

Mahl statt Opfer

Wie seltsam ist es zu sehen, daß in der sog. Liturgiereform all das, was Luther verlangt hat, verwirklicht wurde. Man spricht tatsächlich heute nur noch von Eucharistie oder Tisch des Herrn oder Mahl des Herrn oder Gedächtnis des Herrn. Der Glaube an das Meßopfer wurde zerstört und der entsprechende Ritus verboten, was freilich nur deswegen möglich geworden war, weil die Feinde der Kirche vorher das Papstamt gekapert hatten. Montini hatte den abscheulichen Kanon durch drei weitere alternative Wahlmöglichkeiten ausgemerzt und systematisch aus dem Opfer ein Mahl gemacht – unübersehbar symbolisch dargestellt durch den Mahltisch, der seither fast alle ehemaligen katholischen Kirchen verschandelt! Man müßte meinen, kein katholischer Priester würde sich dazu hergeben, am Luthertisch die „heilige Messe“ zu feiern. Aber nein, man wurde schnell eines Besseren belehrt, die große Mehrheit übernahm mit Freuden den Bastard-Ritus Montinis und seines Frontmannes Bugnini, sie akzeptierten ein talmudisches Tischgebet als „Gaben-bereitung“, um sodann gemeinsam mit der Gemeinde das Gedächtnis des Mahles Jesu zu feiern. Da zeigte sich, es war nichts mehr übrig vom katholischen Glaubenswissen über das hl. Meßopfer.

Die konservativen Katholiken hatten sich damals der äußerst gefährlichen Selbsttäuschung hingegeben, es genüge, einfach an der „alten“ hl. Messe festzuhalten, um katholisch bleiben zu können. Man meinte, sich inmitten der Apostasie der Neuen Messe und des daraus folgenden liturgischen Chaos‘ mit einem Sonderstatus zufriedengeben zu können. Man hatte mal wieder nichts aus der Geschichte gelernt und beruhigte sich mit einer Verharmlosung des wahren Sachverhalts: Die „Neue Messe“ sei zwar protestantisierend, aber immerhin noch gültig!

Hätte man aus der Geschichte gelernt, so hätte man einsehen müssen, daß man etwa zur Zeit des Protestantismus sich durchaus nicht damit zufriedengegeben hat, neben dem protestantischen Abendmahl auch die tridentinische Messe feiern zu dürfen, sondern es kam wesensnotwendig zum Zerwürfnis, weil das protestantische Abendmahl eine ganz andere, vollkommen irrige Glaubenslehre zur Grundlage hatte.

Ganz unzweideutig lehrt das Konzil von Trient: „Wer sagt, in der Messe werde Gott kein wahres und eigentliches Opfer dargebracht, oder daß die Opferhandlung nichts anderes sei, als daß uns Christus zur Speise gegeben werde: der sei mit dem Anathema belegt“ (DH 1751).

Außerdem: „Wer sagt, das Meßopfer sei lediglich ein Lob- oder Dankopfer oder ein bloßes Gedächtnis des am Kreuze vollzogenen Opfers, nicht aber ein Sühnopfer; oder es nütze allein dem, der es empfängt; und man dürfe es auch nicht für Lebende und Verstorbene, für Sünden, Strafen, zur Genugtuung und für andere Nöte darbringen: der sei mit dem Anathema belegt“ (DH 1753).

Glaubensgemeinschaft mit Apostaten

Demgemäß hätte jeder Katholik nach der Einführung der „Neuen Messe“ sagen müssen: Wir können nicht nur nicht an diesem Frevel und dieser Gotteslästerung teilnehmen, wir haben fortan mit all denjenigen, die dieser Feier anhangen, keinerlei Glaubens-Gemeinschaft mehr, denn: „Welche Übereinstimmung herrscht zwischen Christus und Beliar? Was hat der Gläubige mit dem Ungläubigen zu schaffen?“ (2 Kor. 6, 15).

Die allermeisten Traditionalisten haben bis heute diese Konsequenz nicht gezogen, weshalb sie immer mehr vom modernistischen Moloch aufgefressen werden. Das ist letztlich unumgänglich. Man kann und darf das katholische Meßopfer nicht gleichwertig neben den Bastardritus von Bugnini und Montini stellen. Damit hat man den katholischen Glauben verraten und kommt unweigerlich in Teufels Küche.

Ein Bericht über die Konzeption des Menschenkultes

Die Jüngeren unter uns haben diese Revolution nicht mehr miterlebt. Sie sind meist schon „in der Tradition“ aufgewachsen und mußten darum gar keine persönliche Entscheidung treffen. Gewohnheitsmäßig gehen sie in die „alte Messe“, ohne sich viel Rechenschaft darüber abzulegen, warum sie eigentlich in die „alte“ und nicht in die „neue“ Messe gehen.

Werfen wir deswegen unseren Blick etwas zurück in die Vergangenheit, lassen wir uns berichten, was die Priester damals mitgemacht haben. Hören wir hierzu das Zeugnis des Abbé Michel Marie:

„Genau wie ihr habe ich ganz am Anfang der Reform nicht gesehen, wo die ersten Erleichterungen der Messe hinführten, und ich habe diese Streichungen hingenommen. Am Tage, wo Rom mit unmißverständlicher Klarheit von uns verlangte, alle, ich wiederhole, alle Merkmale des Respekts vor der Heiligen Eucharistie, und somit des Glaubens an diese, aufzugeben – Kreuzzeichen, Kniebeugen, Tabernakel, Altartücher, Zusammenlegen der Finger [des Priesters ab der hl. Wandlung], Abwaschungen [der Hände des Priesters und der hl. Gefäße nach der Kommunionspendung], mit unerbittlicher Logik bald darauf Stehkommunion, Handkommunion, Speisekorb, hölzernes Ziborium etc. – eines nach dem anderen, mit diabolisch kalkulierter Steigerung (‚ja nichts übereilen, um die Menschen nicht vor den Kopf zu stoßen‘, nennt man das dort), begriff ich das Massaker, das der Fürst der Finsternis ohne sonderlich raffinierte Tarnungsversuche angerichtet hatte.

Nein, ich hatte nicht sogleich begriffen, Gott möge mir dies verzeihen, daß dieser Totentanz der Messe aus keinem anderen Grund erfolgte, als den Protestanten eine Freude zu bereiten, den großen Siegern des Konzils zum Nutzen des Teufels, dem sie durch ihre ruchlosen, hochmütigen, rebellischen Reformatoren entsprungen sind. Man mache sich einen Reim darauf, wenn man nicht zu hastigen Urteilen neigt, vor allem nicht gegen das Rom des heiligen Petrus! Durch eure Schuld anerkennt man beim protestantischen Abendmahl an unseren heiligen Stätten den Sohn Gottes nicht mehr, der für unsere Sünden gestorben ist. Es wird stets eine gewisse Zahl von uns geben, welche diese hybride, unfruchtbare Messe nicht zelebrieren und Luthers Haupt auf dem Altar des wahren Opfers ablehnen werden. Unser Herz empört sich, unsere Seele verkrampft sich angesichts dieses abscheulichen Karnevals einer Messe, die recto verso [von vorn bis hinten] durch Auslassungen häretisch ist und die Ihr allem Anschein nach fröhlich unterstützt, und unser Geist ist nicht imstande, Worte zu finden, die diesen Sturz der Erlösenden Gottheit des menschgewordenen Gottessohns hart genug geißeln.“

Dieser Bericht gibt einen gerafften Einblick in die damalige Zeit der Entscheidung(en) und zeigt die Gefahr, sich dennoch fehlzuorientieren: Man mache sich einen Reim darauf, wenn man nicht zu hastigen Urteilen neigt, vor allem nicht gegen das Rom des heiligen Petrus! Die wichtigste und letztlich alles entscheidende Erkenntnis war damals und ist bis heute die: Diese Revolution kam nicht von irgendeinem Häretiker, sie kam nicht von außen, sondern von innen, sie kam von Rom, direkt vom „Papst“. Nicht irgendein Bischof oder auch mehrere Bischöfe waren für die Zerstörung des heiligen Meßopfers verantwortlich, sondern Montini höchstpersönlich. Dabei war die Einführung der „Neuen Messe“ tatsächlich die Zerstörung des hl. Meßopfers, die ganz gezielte, radikale Umdeutung des ganzen katholischen Kultes in einen neuheidnischen. Die kristallene Klarheit des überlieferten Ritus, der die katholische Glaubenswahrheit unnachahmlich zum Ausdruck brachte, mußte einer verschwommenen und verlogenen Sentimentalität einer weltfrommen Pseudo-Mystik weichen, um den „getrennten Brüdern“ näherzukommen. Der Ritus der „Neuen Messe“ war wesentlich charismatisch, pfingstlerisch, erlebnisorientiert, mit anderen Worten, er war als Menschenkult konzipiert.

Der Ritus der „alten“ Messe hingegen war seit Jahrhunderten unter dem Beistand des Heiligen Geistes ganz aus dem göttlichen Glauben geformt. Das Konzil von Trient belehrt uns darüber folgendermaßen: „Und weil es sich ziemt, daß das Heilige heilig verwaltet werde, und dieses das heiligste aller Opfer ist, so hat die katholische Kirche, damit dasselbe mit Würde und Ehrfurcht dargebracht und aufgenommen werde, vor vielen Jahrhunderten den hl. Kanon festgesetzt, welcher so von allem Irrtum rein ist, daß sich in ihm nichts befindet, was nicht in höchstem Maß eine bestimmte Heiligkeit und Frömmigkeit erkennen läßt und die Herzen der Darbringenden zu Gott emporrichtet…“ (DS 1745).

Echte Mystik – eine Sonderart der göttlichen Weisheit

Nur wenn der Ritus in höchstem Maß eine bestimmte Heiligkeit und Frömmigkeit erkennen läßt, kann er auch die Herzen der Darbringenden zu Gott emporrichten. D.h. er ist von echter Mystik durchdrungen, die wiederum eine Sonderart der göttlichen Weisheit ist. Nach Jacques Maritain gilt für diese, daß sie „indem sie eben das in der Liebe ‚schmeckt‘ und erleidet, was der Glaube als verborgenes erreicht, uns zwar das durch den Glauben Erkannte besser beurteilen und einschätzen läßt, daß sie uns aber keinen Gegenstand vorstellt, den der Glaube nicht erreicht. Sie vervollkommnet den Glauben hinsichtlich der Weise des Erkennens, nicht aber hinsichtlich des erkannten Gegenstandes… Es ist eine gefährliche Illusion, die mystische Erfahrung außerhalb des Glaubens zu suchen, und sich eine vom theologischen Glauben befreite mystische Erfahrung vorzustellen. Der lebendige, durch die Gaben (des Hl. Geistes) erleuchtete Glaube ist das eigentliche Prinzip dieser Erfahrung“ (J. Maritain, Die Stufen des Wissens oder Durch Unterscheidung zur Einung, Mainz 1954, S. 302 f.).

Der Schlüssel zur himmlischen Schatzkammer …

Wie es uns anfangs P. Ehrhard Schlund so eindringlich ans Herz legte, ist das Wissen um die katholischen Glaubenswahrheiten der Schlüssel zur himmlischen Schatzkammer, aus der sich jeder nehmen darf, so viel er will; denn ihre Schätze sind unendlich. Er muß nur den rechten Schlüssel haben.

Außerdem ist das Wissen um das Geheimnis des Glaubens wie ein Becher für die Quelle des heiligen Wassers, des reinsten Wassers, die im Himmel entspringt und den Durst der Seele löscht. Aus ihr darf jeder schöpfen und trinken, so viel er will. Er muß nur den rechten Becher haben.

Und schließlich ist es die Tür zum Blumengarten der göttlichen Gnade, wo unverwelkliche Blumen aus der Ewigkeit wachsen. Jeder darf sich Blumen brechen, so viel er will. Er muß nur die eine Tür finden, die Jesus Christus ist.

Also, halten wir diese Einsicht fest und erwägen wir sie wohl: Das Glaubenswissen und das daraus gewonnene Verständnis des Ritus der hl. Messe ist für uns Schlüssel, Becher und Tür zum geheimnisvollen Garten jener erhabenen, ja göttlichen Mystik – Geheimnis des Glaubens! – die uns im heiligen Meßopfer sakramental gegenwärtig wird.

… und der Garten des Teufels

Die sog. Neue Messe hat hingegen diesen Schlüssel verworfen, diesen Becher zertrümmert und diese Tür verrammelt. Nur insofern man das Gesamt im Auge behält, erkennt man diese unheimliche, überaus beängstigende Tatsche, die sich übrigens jedem in der Leichtigkeit zeigt, mit der die „Gläubigen“ der Neuen Messe Götzendienst begehen. Das hat das durch Bergoglio inszenierte Pachamama-Spektakel wieder einmal überdeutlich bewiesen.

Es sei hierzu an einen Ausspruch der „Vertrauten der Engel“, Mechthild Thaller-Schönwerth erinnert: „Ich habe eine gewisse Leidenschaft für Leidende, es ist ja auch begreiflich, da ich dem Kreuz vermählt bin. Für mich ist jeder Leidende ein lebendiger Kreuzpartikel, eine Erinnerung an Jesu Leiden und Sterben. Lassen Sie sich die Freude an der echten Mystik nicht nehmen. Die Mystik ist ein ‚verschlossener Garten‘, wohl dem, dem Gott den Schlüssel dazu in die Hand gibt. Wehe hundertmal dem Unverständigen und Neugierigen, der die Tore des verschlossenen Gartens gewaltsam aufbricht. Er wird in den Garten des Teufels geführt“ (Irmgard Hausmann, Die Vertraute der Engel, Band 2, Miriam-Verlag 1984, S. 153).

Der charismatische Afterritus der Neuen Messe gaukelt dem Unverständigen und Neugierigen vor, die Tore zum Geheimnis der Gegenwart Gottes aufzuschließen. In Wahrheit werden die Tore des verschlossenen Gartens gewaltsam aufgebrochen – und man wird in den Garten des Teufels geführt! Welch unermeßlichen Schaden hat dieser Ritus seit seiner Zwangseinführung in Millionen von Seelen angerichtet! Wie dankbar dürfen wir darum Gott sein, daß er uns vor diesem Schaden bisher bewahrt hat. Diese Dankbarkeit soll uns aber auch dazu aneifern, den unschätzbaren Wert des wahren katholischen Ritus oft zu betrachten, damit wir ihn soweit verstehen, daß uns das Hören der heiligen Messe zum Segen wird.

Hierzu soll uns wiederum ein Altes Buch helfend zur Seite stehen. „Das heilige Meßopfer dogmatisch, liturgisch und ascetisch erklärt“ von Dr. Nikolaus Gihr ist ein Klassiker. Der Autor hat eine Fülle an Einsichten zusammengetragen, die uns ein wenig hinter den Vorhang schauen lassen. Wir haben für Sie jenen Text ausgewählt, der von der hl. Wandlung handelt.

Das heilige Meßopfer

dogmatisch, liturgisch und ascetisch erklärt von Dr. Nikolaus Gihr

Die Konsekration

In frommer Betrachtung und Beschauung haben wir Vorhalle und Heiligtum der geheimnisvoll gebauten Meßliturgie bereits durchwandert, sind dann in das Allerheiligste eingetreten, bei dessen Mittelpunkt wir jetzt stehen.

Ringsum herrscht atemlose Stille; es naht die Konsekration, der all das Bisherige zur Vorbereitung diente. Der Konsekrationsmoment ist der wichtigste und feierlichste, der erhabenste und ergreifendste, der weihevollste und gnadenreichste Augenblick der gesamten Opferfeier; denn er schließt jenes glorreiche, unergründlich tiefe Werk in sich, in welchem alle Liebeswunder Gottes wie in einem Brenn- und Lichtpunkt sich sammeln, den Vollzug des eucharistischen Opfers. Die Verwandlung des Brotes und Weines in Christi Opferleib und Opferblut kann nur ausgehen von dem, der „allein Wunderbares wirkt“: sie ist eine Tat schöpferischer Allmacht. Zu dieser göttlichen Allmachtstat ist aber noch eine menschliche Handlung, menschliches Mitwirken erfordert, — und zwar von Seiten eines ordinierten [gültig geweihten] Priesters. In seiner Weihe hat der Priester die übernatürliche Gewalt empfangen, die Worte: „Das ist mein Leib“ – „Das ist mein Blut“, womit der Herr im Speisesaale zu Jerusalem die erstmalige eucharistische Konsekration vollzog, so auszusprechen, daß sie wirksam sind, d.h. die zubereiteten Brot- und Weinelemente in den Leib und das Blut Christi umwandeln. Beim letzten Abendmahl war Christus der alleinige Opferpriester; am Altare ist er der vorzüglichste Opferer. Während er sich dort ohne Beihilfe anderer opferte, opfert er sich hier durch die Hände und den Mund des sichtbaren Priesters. Dieser ist sein Organ und Diener. Stellvertretend steht der Priester, wenn er jene Worte spricht; die Kraft und Gnade Gottes aber ist es. „Das ist mein Leib“, sagt er. Dieses Wort verwandelt die vorgesetzten Gaben. Aus dieser Wahrheit erklärt sich von selber die Art und Weise, in welcher der Priester den Konsekrationsakt vornimmt; alles deutet nämlich an, daß er die Stelle Christi vertrete, in der Person Christi spreche und handle bei Vollziehung des eucharistischen Opfers. Damit dies recht augenfällig an den Tag trete, ist er von der Kirche angewiesen, den vorbildlichen Konsekrationsakt Christi durch Wort und Tat möglichst getreu nachzubilden, gleichsam dramatisch darzustellen. Der liturgische Konsekrationsakt der Kirche ist nichts anderes als die Wiedergabe und das Abbild der ersten Abendmahlsfeier im Speisesaale zu Jerusalem. Der Priester erzählt die erstmalige Darbringung und die Einsetzung des unblutigen Opfers durch Jesus Christus, und während er dies erzählt, verrichtet er die entsprechenden Aktionen, d. h. ahmt er, soviel als möglich, den Herrn nach, tut er dasselbe, was Christus getan hat.

Die wirksamen Konsekrationsworte spricht er in der Person Christi („quasi ex persona ipsius Christi loquentis“ S. Thom.) über Brot und Wein mit der Intention, d.h. Willensmeinung, die gegenwärtig auf dem Altare liegenden Gaben zu verwandeln und dadurch den Leib und das Blut Christi zu opfern. Schlicht und einfach sind die Worte des liturgischen Textes, wie es am besten sich ziemt für eine Sache, die unaussprechlich erhaben und göttlich ist.

Wie alle Sakramente ist auch das heilige Meßopfer von unserem Herrn Jesus Christus eingesetzt worden. Da ER dieses beim letzten Abendmahl selbst zum ersten Mal feierte, ist selbstverständlich diese Feier das Vorbild für unseren römischen Ritus, wie für alle anderen kirchlichen Riten überhaupt. Der katholische Priester hat bei seiner Weihe die Vollmacht erhalten, Brot und Wein in den Leib und das kostbare Blut Christi zu verwandeln. Bei jeder hl. Messe handelt er in der Person Christi – „als wenn aus (seiner) Person Christus selbst spricht“.

In heiligem Staunen und ehrfurchtsvollem Schrecken über die Gewalt, welche ihm gegeben, spricht der Priester diese göttlichen Worte, welche die Wandlungskraft in sich tragen und es ist nicht mehr Brot auf dem Altare, sondern unter den zurückbleibenden Brotsgestalten ist der Leib Christi gegenwärtig. In einem Augenblick hat die Allmacht Gottes einen Kreis von Wundern durchlaufen, die großartiger und herrlicher sind, als alle Wunder der Schöpfung. Die kleine Hostie schließt jetzt unendlich mehr Schätze, Reichtümer und Herrlichkeiten in sich, als auf dem weiten Weltall sich finden. Kraft der Konsekrationsworte wird unter dem Schleier der Brotsgestalt der Leib Christi gegenwärtig, und zwar sein verklärter Leib, der in der Glorie des Himmels strahlt; dies ist aber ein unsterblicher, leidensloser, vom kostbaren Blut durchströmter, von der heiligsten Seele belebter, mit der ewigen Gottheit vereinigter Leib und somit ist in der Hostie gegenwärtig der ganze Christus, der verborgene Heiland mit Gottheit und Menschheit. Derselbe Gottmensch, welcher in unbegreiflicher Majestät und Schönheit im Himmel lebt und herrscht, ist jetzt in geheimnisvoller Weise unter fremder, sakramentaler Gestalt auch in unserer Nähe, in unserer Mitte. Die Pforten des Himmels öffnen sich, der König der Glorie steigt in Begleitung von unsichtbaren Engelschaaren hernieder auf den Altar, und die Erde wird zum Paradies; - der Priester trägt seinen Schöpfer, Erlöser, Richter in Händen: was liegt da näher, als daß er vor demselben in heiliger Furcht und seliger Freude anbetend auf die Knie niedersinkt?

Das Brot ist in den Opferleib Christi verwandelt; jetzt muß noch der Wein zum Opferblute Christi werden. Der Augenblick der Wandlung ist ein schauererregender Augenblick, denn in einem Augenblick hat die Allmacht Gottes einen Kreis von Wundern durchlaufen, die großartiger und herrlicher sind, als alle Wunder der Schöpfung. Die kleine Hostie schließt jetzt unendlich mehr Schätze Reichtümer und Herrlichkeiten in sich, als auf dem weiten Weltall sich finden.

Da aber Kraft der Konsekrationsworte nur unter dem Schleier der Brotsgestalt der Leib Christi gegenwärtig wird, ist unser ganzer Glaube gefordert, ein so lebendiger Glaube, daß er die himmlische Herrlichkeit erahnt, die sich auf dem Altar herniedersenkt.

Die Vereinigung des Priesters mit Christus

Dabei zielt der ganze Ritus auf diesen einen Augenblick und versucht uns, die wir doch blind für diese Wirklichkeit sind, gemäß des heiligen katholischen Glaubens so viel sichtbar zu machen wie nur möglich. Die vollkommene Stille, die Haltung des Priesters, seine Gesten und Gebärden lassen ihn gleichsam mit dem ewigen Hohepriester des Abendmahls verschmelzen.

Der Heiland nahm „diesen preiswürdigen Kelch“ (hunc praeclarum Calicem), d. h. offenbar nicht denselben Kelch der Zahl nach, sondern einen Kelch, der den nämlichen Inhalt und die gleiche Bestimmung hatte wie der Kelch, welcher vor den Augen des Priesters steht und den dieser in die Hände nimmt. Die Einheit zwischen dem Kelch beim letzten Abendmahl und dem Kelch auf dem Altare bezieht sich also zunächst auf die darin enthaltene Opfermaterie, welche überall spezifisch, d.h. wesentlich dieselbe ist und sein muß. Vollkommen, d.h. numerisch ist diese Einheit vorhanden nach der Konsekration; dann ist hier wie dort ganz das nämliche Blut in beiden Kelchen: „dies ist der Kelch meines Blutes“ (hic est Calix Sanguinis mei), sprach der Heiland im Abendmahlssaale und spricht der Priester am Altare. Der Herr nahm also „diesen“ (hunc), d. h. den eucharistischen Kelch, der nach dem Ausdrucke des Psalmisten herrlich, glorreich, hehr genannt wird, - und zwar mit vollstem Recht. Ist es ja der Kelch, welcher bald sich füllen wird mit dem kostbaren Blute Christi, mit dem Weine vom wahren Weinstocke, der auf Golgotha gekeltert worden. Den Kelch segnete der Heiland gleichfalls unter Danksagung, wie er es vorher bei dem Brot getan. Dann sprach er über den gesegneten Wein jene heiligen Worte, welche der Priester jetzt an seiner Stelle über den Kelch spricht, um das irdische Element in das göttliche Blut Christi zu verwandeln: „Hic est enim Calix Sanguinis mei“ – „Denn dies ist der Kelch meines Blutes“, d.h. dies ist mein im Kelch enthaltenes Blut. Der Ausdruck „Kelch des Blutes“ soll andeuten, daß Christi Blut auf dem Altare gegenwärtig werde, sofern es im bitteren Leiden vergossen ward und nun der himmlische Trank für die Seele ist.

Das Blut des neuen und ewigen Bundes

Nach der gewöhnlichen Ansicht bilden diese Worte allein die wesentliche Form für die Konsekration des Kelches; denn sie bedeuten und bewirken die Gegenwart des Blutes Christi unter den Gestalten des Weines. Die übrigen Worte: „das Blut des neuen und ewigen Testamentes, das Geheimnis des Glaubens, welches (Blut) für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“, sind passend hinzugefügt. Denn einmal sind sie, wie allgemein angenommen wird, vom Herrn selber gesprochen worden; dann erklären sie auch Würde und Wirkungen dieses Opfers.

Im Kelche ist das Blut des „neuen und ewigen Bundes“. Am Fuße des Sinai ward durch Tierblut der alte Bund geschlossen, dessen Verheißungen nur irdisch waren und der nur eine Zeitlang dauern sollte. Durch Christi Opferblut aber, das im Kelche ist, wurde der „neue“ Gnadenbund gestiftet und besiegelt, der „ewig“ genannt wird in doppelter Hinsicht: Einmal, weil die Güter und Segnungen desselben himmlisch und unvergänglich sind; sodann, weil er immerdar in Kraft und Geltung bleiben wird bis zum Ende der Tage und zum Abschluß der Weltgeschichte. Das eucharistische Blut des Herrn ist zugleich der edelste Teil und kostbarste Schatz dieses „neuen und ewigen Gnadenbundes“. – Die Schlußworte: „das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“, charakterisieren das Opferblut Christi als Sühnquell, aus welchem Reinigung und Entsündigung über die ganze Menschheit sich ergießt. Der in der Mitte stehende Ausruf: „mysterium fidei“ „das Geheimnis des Glaubens“ soll hinweisen auf die unergründliche Tiefe und Verborgenheit der eucharistischen Opferhandlung. Daß der Gottmensch am Kreuze sein Blut für uns vergossen hat und daß er es auf dem Altare wiederum für uns opfert — diese anbetungswürdige Gottestat schließt eine Summe der unerhörtesten Wunder in sich, die alle nur im Lichte und mit der Kraft des Glaubens erkannt und für wahr gehalten werden können. Christi Opferblut im Kelch ist ein Glaubensgeheimnis im vollsten Sinne des Wortes.

Nachdem der Priester diese Wandlungsworte gesprochen, beugt er wiederum das Knie, um das unendlich kostbare und anbetungswürdige Blut Christi im Kelch zu verehren. Zu gleicher Zeit spricht er jene Worte: „So oft ihr dieses tut, tut es zu meinem Andenken“, mit denen der Heiland das christliche Priestertum eingesetzt und das immerwährende Opfer des Neuen Bundes als Gedächtnisfeier seines erlösenden Leidens und Sterbens gestiftet hat.

Die mystische Blutvergießung

Durch die gesonderte Konsekration der Hostie und des Kelches wird Christi Leib und Blut unter der doppelten Gestalt des Brotes und Weines gegenwärtig, d.h. geopfert. Die zweiteilige Konsekration ist eine mystische Blutvergießung und stellt auf das lebendigste den gewaltsamen, blutigen Opfertod Christi am Kreuz uns vor Augen. Das Opfer auf dem Altare ist allerdings kein schmerzvolles; denn der Heiland ist nicht mehr leidensfähig und nicht mehr sterblich. Aber sein gottmenschliches Herz ist hier von derselben Opferliebe durchglüht und von demselben Opfergehorsam gegen seinen Vater bewegt, wie einst am Kreuz. Diese Liebe und dieser Gehorsam drängt ihn, auch auf dem Altare geheimnisvoll sich zu opfern, d.h. so tief sich zu verbergen, zu erniedrigen und zu entäußern, auf seine Freiheit zu verzichten und ganz dem Willen seiner Geschöpfe sich zu überlassen, regungs- und bewegungslos zu verharren, kein Zeichen von Leben und Tätigkeit zu verraten unter der unscheinbaren Hülle der sakramentalen Gestalten. — Das Opfer wird vollzogen, Gott dargebracht und uns armen Sterblichen in die Hände gegeben im Moment der Konsekration. Diese ganze Handlung und Wandlung geht aber so still, so geheimnisvoll vor sich, daß kein Mensch etwas gewahrt von der wunderbaren Veränderung, welche des Priesters Worte in der Hostie und im Kelch hervorbringen. Ja, einige leise Worte aus dem Munde des Priesters und die Wesenheit des Brotes und Weines ist verschwunden: an deren Stelle ist Christi Leib und Blut, der ganze Christus, das Opferlamm von Golgotha getreten. Nur für die Sinne ist nichts geschehen und nichts geändert; denn die Brots- und Weinsgestalten, von Gottes Allmacht getragen, sind geblieben, um als Hülle und Schleier zu dienen für die strahlende Herrlichkeit des Königs der Glorie, der unter uns und für uns auf dem Altare als Opfer gegenwärtig ist. Die Höhen und Tiefen der eucharistischen Konsekration zu ergründen, vermag selbst die Weisheit der Cherubim nicht; die Wunder der Erbarmungen, welche in derselben eingeschlossen sind, würdig zu preisen, vermag auch die Liebe der Seraphim nicht. Wahrlich, kein Augenblick ist ehrfurchtgebietender, heiliger und segensvoller, als der, in dem das eucharistische Opfer sich vollzieht und der Altar zum mystischen Kalvarienberg wird!

Lobpreis des hl. Meßopfers durch den hl. Chrysostomus

„Wenn du siehst, wie der Herr als Schlachtopfer daliegt, wie der Priester vor dem Opfer steht und betet: glaubst du dann noch unter Menschen zu weilen und auf Erden dich zu befinden? Oder wirst du nicht vielmehr alsogleich in den Himmel entrückt, weisest hinweg aus der Seele jeden irdischen Gedanken und schauest mit lauterer Seele und reinem Sinne die Wunder des Himmels? O des erhabenen Schauspiels! O der Güte des menschenfreundlichen Gottes! Willst du die Erhabenheit dieser heiligen Handlung noch aus einem anderen Wunder erkennen? Stelle dir Elias vor und die unzählbare Volksmenge, die ihn umsteht, und das Opfer auf den Steinen liegend und alle übrigen in Stille und tiefem Schweigen, während allein der Prophet betet und dann plötzlich die Flamme vom Himmel auf das Opfer herabfällt. Wunderbar ist dies und ganz erstaunlich. Nun aber wende dich von dort hinweg zur gegenwärtigen Opferfeier, und du wirst nicht nur Wunderbares erblicken, sondern was alles Staunen weit übersteigt. Denn hier steht der Priester, nicht Feuer herabholend, sondern den Heiligen Geist und er betet mit anhaltender Inbrunst, nicht daß eine himmlische Flamme niederfahre und das Daliegende verzehre, sondern daß die Gnade auf das Opfer sich herabsenke und durch dasselbe die Herzen aller entzünde und sie leuchtender gestalte, als im Feuer geläutertes Silber. Diese schauervolle Feier, wer wird sie, ohne wahnsinnig oder außer sich zu sein, geringschätzen können?“ (Hl. Chrysostomus, Vom Priestertum, III . B. 4. K.)

Eine Schau der hl. Hildegard

Und die hl. Hildegard, diese große Seherin des 12. Jahrhunderts, schreibt (Scivias, II. 6): „Ich sah auch, wo der Priester, mit den heiligen Gewanden bekleidet, zur Feier der göttlichen Geheimnisse an den Altar trat, daß plötzlich eine große Lichtheiterkeit mit einem Gefolge von Engeln vom Himmel kam, den ganzen Altar umstrahlte und dort so lange verblieb, bis das Geheimnis vollzogen war und der Priester vom Altare sich entfernte. Wann aber daselbst das Evangelium des Friedens verlesen und die Opfergabe, welche zu konsekrieren war, auf den Altar gelegt worden, und der Priester das Lob des allmächtigen Gottes, welches lautet: ,Heilig, heilig, heilig ist der Herr, Gott Sabaoth‘, sang und so die unaussprechlichen Geheimnisse begann: dann stieg plötzlich ein feuriges Blitzen von unbeschreiblicher Klarheit aus dem geöffneten Himmel auf dieselbe Opfergabe herab und übergoß sie ganz so mit seiner Klarheit, wie das Sonnenlicht jene Sache erleuchtet, welche es mit seinen Strahlen durchdringt. Und während es (das feurige Blitzen) sie (die Oblation) auf diese Weise bestrahlte, trug es sie unsichtbarerweise aufwärts in die Verborgenheit des Himmels und brachte sie dann wieder herab auf den Altar; wie ein Mensch seinen Atem nach innen zieht und ihn dann wieder nach außen entläßt, so jene Opfergabe, nachdem sie das wahre Fleisch und das wahre Blut (Christi) geworden war, obgleich sie in den Augen der Menschen als Brot und Wein erschien. Und als ich das sah, erschienen zugleich auch die Zeichen der Geburt, des Leidens und des Begräbnisses, sowie der Auferstehung und Himmelfahrt unseres Erlösers, des Eingebornen Gottes, wie in einem Spiegel, wie sie auch, als der Sohn Gottes in der Welt war, an ihm vorgegangen sind, d.h. Christus wird durch die Konsekration als Hoherpriester mit dem Gesamtwerk der Erlösung auf dem irdischen Altare gegenwärtig.“

Das Wunder aller Wunder

Selbst unsere großen Heiligen und Mystiker ringen um die rechten Worte, um dieses Wunder aller Wunder zu beschreiben. Was wir dabei nie werden begreifen können, das ist die wunderbar erlösende Wirkung dieses hochheiligen Opfers. Nur anbetend können wir niederfallen und demütig bitten, der Herr möge uns ob Seiner unermeßlichen Erlöserliebe barmherzig sein.

Die hl. Hildegard kleidet für uns das geheimnisvolle Geschehen in ein eindrückliches Bild: Und während es (das feurige Blitzen) sie (die Oblation) auf diese Weise bestrahlte, trug es sie unsichtbarerweise aufwärts in die Verborgenheit des Himmels und brachte sie dann wieder herab auf den Altar; wie ein Mensch seinen Atem nach innen zieht und ihn dann wieder nach außen entläßt, so jene Opfergabe, nachdem sie das wahre Fleisch und das wahre Blut (Christi) geworden war, obgleich sie in den Augen der Menschen als Brot und Wein erschien.

Diese allerreinste Opfergabe steigt zum Himmel empor, um für unsere Sünden Sühne zu wirken und bringt den himmlischen Segen zu uns herab.

Darbringung der schuldigen Anbetung

Als erhabener, hervorragender Mittel- und Höhepunkt des Meßorganismus erscheint die eucharistische Wandlung besonders in dem ergreifenden, mehr oder minder feierlichen Ritus der Elevation (Emporhebung) und Adoration (Anbetung) des allerheiligsten Opferleibes und Opferblutes Jesu Christi. Unmittelbar nach Aussprechen der Konsekrationsworte hebt nämlich der Priester ehrfurchtsvoll zuerst die Hostie und dann ebenso den Kelch in die Höhe, um dem anwesenden Volke das göttliche Opferlamm zur Anbetung sichtbar zu zeigen, wobei er selber die Augen immer auf das Allerheiligste zu richten hat. Hauptzweck dieser Elevation ist die Anbetung; wie nämlich der Zelebrant vor und nach derselben gläubig und demütig anbetend die Knie beugt, so sollen auch alle Messehörenden durch den Anblick des heiligen Sakramentes veranlaßt und angetrieben werden, dem darin verborgenen Gott und Heiland durch demütige, ehrerbietige Haltung des Leibes, sowie durch innerliche Selbstaufopferung die schuldige Anbetung darzubringen. Nach der Geburt Christi sandten Himmel und Erde Anbeter zur Krippe in Bethlehem: ebenso ist es beim Erscheinen des eucharistischen Heilandes auf dem Altare. Da „öffnet sich“, wie der hl. Gregor sagt (Dial. 4, 58), „der Himmel auf das Wort des Priesters, und die Chöre der Engel schweben auf den Altar“, um die göttlichen Geheimnisse zu bewundern und anzubeten: was ist da billiger, als daß auch die Menschen im Anschluß an die himmlischen Geister dem gegenwärtigen Opferlamm ihre tiefsten Ehrfurchtsbezeigungen und Huldigungen darbringen?

Gott muß angebetet werden! Der Augenblick der Erhebung der Hostie und des Kelches sind Augenblicke tiefster, innigster, dankbarster, demütigster, freudigster Anbetung. Wie armselig fühlt sich der Mensch angesichts solch verborgener Herrlichkeit – und Erlöserliebe!

Der ewige Richter schaut in unsere Herzen

Dieses Emporheben des Leibes und Blutes Christi ist wahrhaft „die Verkündigung des Todes des Herrn“ (1 Kor. 11 , 26): es stellt uns die Erhöhung Christi am Kreuze auf Golgotha vor Augen. Wie einst auf dem Kalvarienberg, so schwebt Christus auch hier auf dem Altare als der große Mittler, als das wahre Schlachtopfer und als der ewige Hohepriester zwischen Himmel und Erde, um Gott und Menschen zu versöhnen, indem er den himmlischen Vater zur Erbarmung und Begnadigung bewegt, sowie den sündigen Menschen zur Reue und Liebe erweckt. Das ist die geheimnisvolle und verhüllte Weisheit, die Gott von Ewigkeit her zu unserer Herrlichkeit vorbestimmt hatte“ (1 Kor. 2, 7). „Wenn ich erhöht sein werde,“ sprach der Herr, „so werde ich alles an mich ziehen“ (Joh. 12 , 32) . O süßester Jesus, mach uns los von dieser Welt und ziehe uns zu dir empor, damit auch wir dort seien, wo du bist! Wie die aufsteigende Sonne den Schleier der Nacht lüftet und in die verborgensten Täler ihre Lichtflut gießt, so erscheint in der Konsekration, in der Wandlung, jeder Messe eine unendlich lichtere Sonne auf dem Altare. Gott, unser Gott kommt sichtbar. Von der heiligen Stätte, dem neuen Sion, erstrahlt seine Majestät. Verschleiert dem sinnlichen Auge, aber dem Auge des Glaubens erkennbar, zucken aus der glänzenden Brothülle und dem funkelnden Kelche Blitze, alles erhellend, eindringend bis in der Herzen geheimste Schlupfwinkel. Wie der Herr, wenn alle Nationen zum großen Gericht versammelt sind, in furchtbarer Herrlichkeit auf lichtem Wolkenthrone sitzen wird, so erscheint er auch hier, von seinen Engeln umgeben, auf den Flammenwolken der Verklärung. Feuer lodert vor ihm auf, umfließt sein Zepter und Schwert, krönt sein Herrscherhaupt und schreibt auf die majestätische Stirne: Ich richte alles Fleisch mit ewiger Gerechtigkeit! Das Gotteshaus wird zur Gerichtsstätte und deine bebende Hand, o Priester, zum Richterstuhl, von wo der ewige Völkerfürst mit Flammenblicken strenges Gericht hält über dich und die Gemeinde. Himmel und Erde sind beigezogen, da der Herr sein Volk richtet, gleichwie er jeden Augenblick das Geschick der auf dem ganzen Erdkreis Sterbenden entscheidet. Ob auch äußerlich nur des Glöckleins Silberton die Stille der Anbetung unterbricht, der Herr schweigt nicht. Aus der erhobenen Hostie blickt sein Auge in die Herzen, und sein Mund spricht das Urteil, daß die Engel, die den Altar umstrahlen, den Himmel, seine Gerechtigkeit kundtun und der Spruch nachzittert im Gewissen von Priester und Volk. Merke dies, Gesalbter des Herrn! Da du dich neigest, niedersinkest, die mystische Hülle erhebest, schaut aus dieser dein Richter dich an und durchforscht dir Herz und Nieren: Ist dein seelsorgerlich Walten ein ,Lobopfer‘ vor mir ? Hütest du, wie Altar und Tempel, so die lebendigen Tempel, die von mir, dem guten Hirten, dir anvertrauten, mit meinem Blut erkauften Seelen? Kurz, ist heilig und apostolisch dein Priestertum die Erfüllung meines Auftrags: Versammle mir meine Heiligen, daß sie unter Opfern den Bund mit mir schließen? Dann Heil dir, guter Knecht! Ich gehe mit dir nicht ins Gericht; aus deiner Hand segne und umfange ich dich in süßester Huld und tröste dich inniglich in deinen heiligen Mühsalen“ (Wolter).

(Dr. Nikolaus Gihr, Das heilige Meßopfer dogmatisch, liturgisch und ascetisch erklärt. Herder‘sche Verlagshandlung, Freiburg im Breisgau 1892. Sprache angeglichen)