Das Kostbare Blut Christi in unserer Zeit

Angesichts des weltweiten Glaubensabfalls sollte man sich wenigstens ab und zu Gedanken darüber machen, was unseren heiligen katholischen Glauben so einmalig macht und von allen anderen religiösen Bekenntnissen unterscheidet und vor diesen auszeichnet, denn nur dann erfaßt man das ganze Ausmaß dieser apokalyptischen Tragödie.

Der katholische Glaube ist wesentlich ein Glaube an eine Person, nämlich an den Gottmenschen Jesus Christus. Nur derjenige ist ein Katholik, der glaubt, daß Jesus Christus der wahre Sohn Gottes ist, gleichen Wesens mit dem Vater, eins mit Ihm im Heiligen Geist. Wobei immer zugleich zu bekennen ist, daß der Sohn Gottes für uns Menschen und um unseres Heiles willen vom Himmel herabgestiegen und aus der Jungfrau Maria Mensch geworden ist. Dieses unser Heil aber hat Ihn unermeßlich viel gekostet – und bis heute leidet unser Herr Jesus Christus in Seiner hl. Kirche geheimnisvoll zur Sühne für die Sünden jeder einzelnen Seele. In dieses Leiden sind alle lebendigen Glieder Seiner hl. Kirche miteingeschlossen, denn es ist die Aufgabe jedes einzelnen Katholiken, sich mit dem Sühneopfer des ewigen Hohenpriesters zu vereinen, wie der hl. Paulus im Kolosserbrief bekennt: „Jetzt freue ich mich inmitten der Leiden für euch und ergänze in meinem Fleisch, was an den Drangsalen Christi noch mangelt, für seinen Leib, das ist die Kirche“ (Kol 1, 24). Vor allem dieses Wissen um den Ernst der Sünde und der Sühne ist durch den Modernismus fast vollkommen erloschen. Infolge der Leugnung dieser Wahrheit hat man das hl. Meßopfer durch eine Mahlfeier ersetzt, die hinwiederum einen fließenden Übergang zu den heidnischen Riten bildet, weshalb auch die meisten Menschenmachwerkskirchler in den letzten Jahrzehnten unbemerkt Neuheiden geworden sind.

Außerordentliche Teilnahme am Leiden Jesu: Die Stigmatisierten

Am greifbarsten wird uns die Wahrheit von der notwendigen Sühne an denjenigen Seelen, die Gott auserwählt hat, am Sühneleiden Jesu Christi in ganz außergewöhnlicher Weise teilzunehmen, das sind die Stigmatisierten. Der derzeit Bekannteste unter diesen ist sicherlich Pater Pio, der Kapuziner des Klosters San Giovanni Rotondo. Geboren wurde P. Pio am 25. Mai 1887 in Pietrelcina als Sohn des Grazio Forgiano und der Maria Giuseppa de Nunzio. Am 23. September 1968 vollendete P. Pio sein Priesterleben und trat vor seinen göttlichen Richter.

Die Stigmatisierung des Pater Pio

Der Kapuziner aus dem Kloster San Giovanni Rotonto war kein gewöhnlicher Mönch. Es war im Jahr 1918…

5.-7. August, Montag bis Mittwoch: Ihm wird „das Herz von einer mysteriösen, mit einer Lanze bewaffneten Himmelsgestalt durchbohrt. Das Herz zerreißt, die Eingeweide sind alle ,verdreht‘“, er verliert am ganzen Körper Blut, das ihm „zum Teil aus dem Munde, zum Teil von unten“ austritt.
20. September, Freitag: Die gleiche mysteriöse Gestalt, doch ans Kreuz geschlagen, erscheint ihm, während er im Chor, zwischen 11 und 12 Uhr, die Danksagung für die heilige Messe darbringt. Die Vision währt nur wenige Minuten, und er bemerkt, da er in sich zurückkehrt, Wunden an seinen Händen, seinen Füßen und in der Seite. Er ist blutüberströmt und hat gerade noch die Kraft, sich in seine Zelle zu schleppen, um seine blutgetränkten Kleider zu säubern. Im Kloster befindet sich in dem Augenblick kein einziger Mönch; nur die Jungmönche halten im Garten ihre Rekreation. — Die Stigmen sind anfangs nur kleine Wunden; nach ein paar Monaten vergrößern sie sich. Der Pater bittet den Herrn inständig, daß er diese äußeren Zeichen von ihm nehmen möge.
20. Dezember, Freitag: Seit mehreren Tagen wiederholt sich die „Transverberation“ [Durchstoßung] des Herzens: Eine Lanze durchdringt ihn „vom unteren Teil des Herzens quer bis unter die rechte Schulter“, und verursacht ihm einen äußerst heftigen Schmerz, der ihn keine Ruhe finden läßt.

(So war P. Pio, Paul Pattloch Verlag, Aschaffenburg 1975, S. 17)

50 Jahre lang wird P. Pio ein lebendiges Abbild des göttlichen Erlösers sein – und das umso mehr, da er als Priester täglich das hl. Meßopfer darbringt und währenddessen allen Anwesenden das Leiden Jesu Christi lebendig vor Augen stellt. Als einer seiner geistlichen Söhne Pater Pio einmal fragte: „Pater, wann leiden Sie?“, erhielt er die Antwort: „Immer, mein Sohn!“ Erstaunt setzt der Fragesteller hinzu: „Pater, haben Sie immer gelitten?“ P. Pio antwortet: „Vom Schoß meiner Mutter an!“ Der geistliche Sohn etwas verwirrt: „Und woran leiden Sie, Pater?“ P. Pio erklärt: „An allem, was der leiden kann, der die ganze Menschheit auf sich genommen hat.“

Das aber kann sich ein gewöhnlicher Mensch nicht mehr vorstellen! Während wir mit unseren kleinen Kreuzen genug zu tragen haben, nehmen diese Auserwählten am Kreuz Jesu ganz teil. Gegenüber Bruder Modestino hat Pater Pio erklärt: „Ich habe für die Seelen dieselbe Aufopferung wie Jesus im Garten Getsemani gemacht. Ich habe mich mit den Leiden Christi vereinigt!“ In einer Betrachtung über die heilige Todesangst Jesu gibt uns P. Pio einen kleinen Einblick in das Geheimnis seiner Vereinigung mit dem Leiden Christi:

Jesu Leiden im Ölgarten

„… Mein Jesus, wie groß ist die Qual, die ich in deinem Herzen lese, das von zärtlicher Liebe überströmt. Ich sehe, wie du dich von deinen mitten ins Herz getroffenen Jüngern zurückziehst! Könnte ich dir etwas Trost schenken, dich ein wenig trösten … Da ich aber nichts anderes kann, weine ich bei dir. Die Tränen meiner Liebe und meiner Herzenszerknirschung verbinden sich mit deinen Tränen. So steigen sie hinauf bis zum Throne des Vaters, um ihn zu bitten, Mitleid mit dir zu haben und mit so vielen Seelen, die dem Schlaf der Sünde und des Todes verfallen sind…. Jesus kehrt zur Stätte des Gebetes zurück, erschöpft und in höchster Betrübnis. Er fällt mehr, als daß er sich niederwirft. Er fühlt sich wie zermalmt von tödlicher Angst, und sein Gebet wird noch drängender.
Der Vater kehrt den Blick ab, als wäre Er der verworfenste Mensch. Ich meine die Klagen des Erlösers zu hören: ‚Wenn wenigstens der Mensch, für den ich leide, sich die Gnaden zunutze machen würde, die ich ihm mit meinen so furchtbaren Leiden erlange! Wenn er wenigstens erkennen würde, wie hoch der Preis ist, den ich bezahle, um ihn zu erlösen und ihm das Leben des Sohnes Gottes zu schenken! Ach, diese Liebe zerreißt mir das Herz viel grausamer, als die Henker nachher mein Fleisch zerreißen werden…‘.
Er sieht den Menschen, der nicht weiß, weil er nicht wissen will; der das göttliche Blut lästert und, was noch viel weniger wieder gutzumachen ist, es zu seiner Verdammnis beitragen läßt. Wie wenigen wird es zugutekommen, wie viele andere werden in ihr Verderben rennen! In der größten Not seines Herzens wiederholt er: ,Quae utilitas in sanguine meo [Welcher Nutzen liegt in meinem Blut]? Wie wenigen kommt mein Blut zugute!‘ Aber der Gedanke an diese kleine Zahl genügt, daß er sich dem Leiden und dem Tod stellt.
Nun gibt es nichts und niemanden mehr, wo er sich ein Tröpfchen Trost holen könnte. Der Himmel ist ihm verschlossen. Der Mensch ist, obwohl er von der Last der Sünden erdrückt wird, undankbar und kennt seine Liebe nicht. Er fühlt sich vom Schmerz überwältigt und schreit in den Schrecken der Agonie: ‚Meine Seele ist zu Tode betrübt!‘
Göttliches Blut, du quillst unwiderstehlich aus Jesu Herzen, du strömst aus allen seinen Poren, um diese undankbare Erde reinzuwaschen. Erlaube mir, dich aufzufangen, allerkostbarstes Blut, vor allem diese ersten Tröpfchen. Ich will dich im Kelch meines Herzens aufbewahren. Du bist ein unwiderlegbarer Beweis für die Liebe, die dich allein vergießen ließ. Ich will mich in dir läutern, o allerkostbarstes Blut! Ich will alle von der Sünde befleckten Seelen läutern. Ich will dich dem Vater darbringen.
Das Blut seines vielgeliebten Sohnes ist auf diese Erde gefallen, um sie zu läutern. Das Blut seines Sohnes steigt wieder auf zu seinem Throne, um seine beleidigte Gerechtigkeit zu versöhnen. Die Genugtuung ist wahrlich überreich!
Ist Jesus nun aber am Ende seiner Leiden? Ach nein! Er will die Ströme seiner Liebe nicht eindämmen! Der Mensch muß wissen, wie sehr er, der Gott-Mensch, ihn liebt. Der Mensch muß wissen, bis zu welchem Abgrund tiefster Erniedrigung solche allergrößte Liebe führen kann. Selbst wenn der Gerechtigkeit des Vaters durch diesen Schweiß des allerkostbarsten Blutes Genüge getan ist, braucht der Mensch doch greifbare Beweise für diese Liebe. Jesus geht also bis zum Ende: bis zum schändlichen Tod am Kreuz.
Der Beschauliche wird vielleicht einen Schatten der Liebe erfassen, die ihn zur Angst der heiligen Agonie am Ölberg führt. Wer aber in materielle Dinge verwickelt lebt und mehr die Welt als den Himmel sucht, muß ihn auch äußerlich ans Kreuz genagelt sehen, damit ihn wenigstens der Anblick seines Blutes und sein grausamer Todeskampf rührt.“

(Maria Winowska, Das wahre Gesicht des Pater Pio, Paul Pattloch Verlag, Aschaffenburg 1958, S. 142 f.)

Aus diesen Worten spürt man heraus, das ist mehr als nur eine gewöhnliche Andacht. Es ist sicher wahr: Der Beschauliche wird vielleicht einen Schatten der Liebe erfassen, die ihn zur Angst der heiligen Agonie am Ölberg führt. Dieser Beschauliche ist P. Pio selber. Er erfaßt den Schatten der Liebe, denn er versteht die Sprache des göttlichen Herzens Jesu und Seines kostbarsten Blutes: Göttliches Blut, du quillst unwiderstehlich aus Jesu Herzen, du strömst aus allen seinen Poren, um diese undankbare Erde reinzuwaschen. Erlaube mir, dich aufzufangen, allerkostbarstes Blut, vor allem diese ersten Tröpfchen. Ich will dich im Kelch meines Herzens aufbewahren. Du bist ein unwiderlegbarer Beweis für die Liebe, die dich allein vergießen ließ. Ich will mich in dir läutern, o allerkostbarstes Blut! Ich will alle von der Sünde befleckten Seelen läutern. Ich will dich dem Vater darbringen.

Damit ist der Lebenssinn des mit den Wundmalen Jesu gezeichneten Priesters umschrieben. Aus Liebe zu den Seelen ist er ganz und gar Sühnopfer, d.h. ganz und gar Priester des Allerhöchsten am Altar und Märtyrer des Beichtstuhls.

Eine Begegnung mit Pater Pio

In seinem Brief vom 12. November 1919 an Professor Giovanni Hoffmann beschreibt Prinz Carlo Klugkist seine Begegnung mit P. Pio. Der Prinz war in Kiew geboren und zu Beginn des ersten Weltkriegs verbannt worden und nach Italien gekommen. In Florenz wurde er mit Professor Hoffmann bekannt, der sich mit okkulten Wissenschaften beschäftigte. Nachdem er in seinem Brief ganz allgemein über die Art und Herkunft des Paters und seine Reise geschrieben hat, kommt er zum Wesentlichen, nämlich seine Beichte:

„Ich machte mich also ans Erzählen, ohne Ordnung sprang ich von einer Epoche der Vergangenheit zur andern, dabei Sünden und Abenteuer vermischend, Studien und praktische Erforschungen in einem fantastischen Durcheinander.
Pater Pio hörte mir mit der größten Aufmerksamkeit zu, vermied es jedoch mich anzublicken. Ich hingegen studierte ihn, während ich redete, ich fühlte mich immer mehr in Bann genommen durch das Aufrichtige seiner Heiligkeit. Keine Geste, kein Blick, kein Wort, die vom eigenen Ich geprägt gewesen wären. Es schien mir, es lasse sich da etwas unendlich Erhabenes wahrnehmen, das sich mit diesem demütigen, gebrechlichen Leib vereinte. Ich weiß nicht, ob es infolge eines unseligen Wortes von mir war (ich will hoffen nein), stöhnte er auf und neigte nach der linken Seite hin, wo er die immer blutende Wunde von der Lanze trägt. Sodann blies er zu wiederholten Malen auf seine Hände, als würden sie ihn brennen. Ich dürfte etwa zehn Minuten oder mehr gesprochen haben und ich hätte weiter gesprochen bis in die Nacht, wenn mir mein Gewissen nicht den Mund verschlossen hätte. Ich wollte nicht die Güte des Heiligen missbrauchen, noch die Geduld der andern.
Die Antwort des Heiligen kam sogleich klar und sehr schön, oft lebhaft, von ausdrucksvollen Gesten der Arme begleitet. Ich bekam gar keinen Vorwurf. Er sprach von meinen Erfahrungen mit derartiger Sicherheit, dass ich sofort die Überzeugung gewann, mich einem echten Meister gegenüber zu befinden. Er konnte keine Ausbildung in den okkulten Wissenschaften haben, doch wo es ums Wissen aufgrund persönlicher Erfahrung ging, da zeigte er, dass er die Wahrheit besaß, die ihn erleuchtete als die eine, unteilbare, über jedes Symbol, jedes Bekenntnis, jede geheime Überlieferung erhabene. Alles was er zu mir sagte, war ausschließlich für mich.
Kein sich Berufen auf, keinen Rat, den man bei jedermann anwenden könnte, nicht eine Spur von süßlicher Rhetorik, keine seelsorgliche Ermahnung. Er sprach nur von der Gefahr luziferischer Vorspiegelungen und er schloss seine Ansprache, indem er mir sagte, was ich in diese Worte fassen kann: «Den Weg, den Du suchst, hast Du bereits gefunden!» Er hatte erschaut, dass ich nicht mehr Gefahr lief, vom Wege abzuweichen, doch wollte er nicht meinen Willen beeinflussen, er hat mir die Freiheit der Selbstentscheidung belassen.
[…]. Sein Bewusstsein schien in einen Abgrund hinuntergestürzt, aus dem die magischen Worte aufstiegen. Dann sich öffnend wie ein Strauß himmlischer Lilien, richtete sich sein ganzes Wesen auf, strahlend von innerem Licht, verschwimmend in einem Unbestimmbaren, Höchsten, der die Formel der Lossprechung durch die menschlichen Lippen des demütigen Kapuziners aussprechen ließ.
Da ich weiter nichts mehr tun konnte, küsste ich die Hand, die mich gesegnet hatte und ich roch den durchdringenden Duft, der den Wundmalen entströmte.“

(Pater Derobert, Pater Pio durchsichtig auf Gott hin, Hovine Verlag, Marquain 1990, S. 601 f.)

Missionar der Beichte

Der Kapuziner von Pietrelcina war tatsächlich durchsichtig auf Gott hin. Jeder, der unvoreingenommen nach San Giovanni Rotondo kam, wie Prinz Klugkist, nahm dies wahr. – Es schien mir, es lasse sich da etwas unendlich Erhabenes wahrnehmen, das sich mit diesem demütigen, gebrechlichen Leib vereinte. Dies unendlich Erhabene war das Geheimnis der Miterlösung, das wir vom hl. Paulus gehört haben. In den Gliedern Seines mystischen Leibes leidet der ewige Hohepriester tatsächlich bis zum Ende der Zeiten immer wieder alle Schmerzen Seiner hl. Passion neu. Bei P. Pio wurde das sichtbare, erfahrbare Wirklichkeit: Ich weiß nicht, ob es infolge eines unseligen Wortes von mir war (ich will hoffen nein), stöhnte er auf und neigte nach der linken Seite hin, wo er die immer blutende Wunde von der Lanze trägt.

Von diesem staunenswerten Zartgefühl des durchstoßenen Priesterherzens spricht auch P. Atanasio da Teano:

„Oh, Pater Pios Herz!… Das ist ein Kapitel, das noch nicht geschrieben wurde und wahrscheinlich nie geschrieben wird, denn dazu brauchte es noch eines weiteren Herzens gleich dem seinen, eines aus Liebe zu Gott und dem Nächsten ans Kreuz geschlagenen Herzens!
Und es ist die Kraft dieser seiner Liebe, die, wie ein starker Magnet, die Herzen zu seinem Beichtstuhl zieht, sie dorthin zurückkehren läßt, auch wenn sie mehrmals vertrieben wurden. Und ihre Rückkehr nach San Giovanni ist die endgültige, die entschlossene Rückkehr zum Haus des himmlischen Vaters. Ein Haus, zu dem diejenigen, die nicht via San Giovanni Rotondo zu ihm zurückfinden, auf vielen anderen Wegen zurückkehren, denn der Segen — und nicht nur der Segen, sondern das Gebet, das Opfer, das Leiden, das Blut Pater Pios — begleitet sie stets. Und kraft dieses Blutes erwächst in ihm jene Vaterschaft, von der der Apostel Paulus spricht: ‚Filioli mei, quos iterum parturio, donec formetur Christus in vobis [Meine Kinder, die ich wieder unter Schmerzen gebäre, bis Christus in euch Gestalt gewonnen hat]‘.
Jede Absolution des Pater Pio ist eine wahre geistige Geburt. Nur so erklären wir uns sein schmerzhaftes Verziehen der Lippen, seine innere Passion, die auch seinem Antlitz abzulesen war, wenn er, während von der Rechten das Blut tropfte, die Worte der liebreichen Allmacht Gottes aussprach. Wie viele Kinder dieser Vater doch gezeugt hat! Könnte man eine genaue Liste über sie aufstellen, wie lang und kostbar würde diese doch ausfallen! Doch der Herr hat sie gewiß aufgestellt. Und was für Kinder! Wenn man an ihnen den Vater erkennt, so wie man an den Früchten den Baum erkennt, so muß man schließen, daß Pater Pio wahrhaftig ein fruchtbarer und wohltätiger Baum gewesen. Unter den vielen Tausenden dieser Kinder will ich nur an zwei erinnern: Genoveffa da Troia und Giacomo Gaglione. Noch lebte der Pater, da die Kirche für diese Kinder bereits die Sache ihrer Selig- und Heiligsprechung betrieben hatte! Ein, so glaube ich, gewiß seltener Fall in der Geschichte der Kirche…. Pater Pio wurde der ‚Missionar außerhalb des Gesetzes‘ genannt. Und das ist er. Seine Statur ist außergewöhnlich: Daher muß man sie mit einem außergewöhnlichen Maß messen. Wollte man das gewöhnliche Maß bei ihm anlegen, so fiele einem dieses aus den Händen, und man würde hilflos dastehen. Und so etwas ist manchmal schon vorgekommen …
In Avignon wird ein berühmter Christus aufbewahrt. Der Künstler hat, in einer wunderbaren Übereinstimmung von Glaube und Kunst, dem heiligen Antlitz die ganze Passion des Leides und der Liebe, der Trauer und der Freude seiner letzten Stunde verliehen. Schaut man es von der einen Seite an, so sieht man die Angst und die Demütigung durch die Agonie und den Kreuzestod; von der anderen Seite gesehen, gewahrt man die ganze Freude und das Licht der Auferstehung. Durch einen wunderbaren künstlerischen Effekt verschmelzen die beiden Seiten zu einem herrlichen Ganzen: Schmerz und Liebe, Traurigkeit und Freude, Tod und Auferstehung werden eine Einheit.
Das ist es, was über fünfzig Jahre lang von Hunderttausenden von Seelen auf dem Antlitz Pater Pios, des außergewöhnlichen Missionars der Beichte, erblickt wurde. Und, so möchte ich hinzufügen, es ist das, was er seinen Beichtkindern mitzuteilen vermocht hat: Schmerz und Liebe, Trauer und Freude, Tod und Auferstehung. Und hierin liegt all die Fruchtbarkeit und Allmacht der göttlichen Liebe in der Beichte.

(So war P. Pio, Paul Pattloch Verlag, Aschaffenburg 1975, S. 80 f.)

Die heilige Messe bei Pater Pio

Kommen wir zurück zu Prinz Carlo Klugkist. Der Prinz hatte tatsächlich seinen Weg schon gefunden, er mußte ihn nur noch bis zu Ende gehen. Er hatte sich in Rom zum katholischen Glauben bekehrt und trat später in den Orden der Trinitarier ein. Sein Noviziat machte er in Livorno, wobei er den Ordensnamen Frater Pio von der Heiligsten Dreifaltigkeit erhielt. Später kam er nach Kanada, wo er bis 1948 segensreich wirkte. Auch am hl. Meßopfer des Paters nahm der Prinz teil, wie er in seinem Brief weiter berichtet:

„Ich erwarte den Zeitpunkt der Messe in der Kirche. Der Heilige hörte jeden Morgen Beichte von 5 bis 12 Uhr ohne Unterbrechung. Am Mittag feiert er die Messe. Ich habe fünf Messen beigewohnt, die von Priestern und Brüdern, die zur Wallfahrt gekommen waren, mit großer Andacht gelesen wurden. Doch als Pater Pio aus der Sakristei trat, tiefgebeugt, die Augen halb geschlossen, da wurde die kleine Kirche von einer heiligen Atmosphäre erfüllt, mit ihm war Christus selber eingetreten.
Die Hände des Heiligen waren unbedeckt und auf der wachsfarbigen Haut erglänzten die heiligen Zeichen der Kreuzigung, zwei runde, ganz deutliche Punkte, wie zwei aufgeklebte rote Hostien von der Größe eines Zweipfennigstücks. Wie ich es Ihnen bereits geschrieben habe, zwischen dem Wundmal auf dem Handrücken und dem im Handteller (und der Füße) besteht eine Leere, und wenn man die beiden Häute zusammendrückt, berühren sie sich. Während der Wandlung verfärbten sich die Wundmale und nahmen eine dunkle, bläuliche Färbung an wegen des Blutzustroms. Ich meine ich hätte ihnen auch schon gesagt, dass die Temperatur während der häufigen Krisen, 48 bis 50° erreicht, ohne dass organische Störungen festgestellt wurden. Die Tatsache wird durch öffentliche Zeugnisse der Ärzte bestätigt.
Der Höhepunkt der Messe war die Kommunion. Nie habe ich etwas Erhabeneres, Ergreifenderes gesehen. Als der Heilige sich mir mit der Hostie in der Wachshand nahte, an der die heiligen Zeichen der Kreuzigung erstrahlten, da hatte ich den Eindruck vor Christus selber mich zu befinden und ich zerfloss in heißen Tränen. Er und die Hostie bildeten ein einziges Wesen, seine Augen durch die Ekstase unbeweglich gemacht, schienen sich nicht von ihr lösen zu können. An diesem Tage habe ich den Herrn empfangen!…“

(Pater Pio durchsichtig auf Gott hin, S. 603 f.)

Es ist doch ein gewaltiger Unterschied, ob ein gewöhnlicher Priester das hl. Meßopfer andächtig feiert oder ein Mystiker wie P. Pio. Natürlich wissen wir als Katholiken, daß jedes hl. Meßopfer wesentlich gleich ist, weil es letztlich vom einzigen Hohenpriester des Neuen Bundes, Jesus Christus selbst gefeiert ist. Er spricht die Worte der hl. Wandlung, denn sonst würde das Wunder nicht geschehen, Brot bliebe Brot und Wein bliebe Wein. Und dennoch hat die Heiligkeit des stellvertretenden Priesters einen Einfluß auf das gefeierte hl. Meßopfer – als Pater Pio aus der Sakristei trat, tiefgebeugt, die Augen halb geschlossen, da wurde die kleine Kirche von einer heiligen Atmosphäre erfüllt, mit ihm war Christus selber eingetreten. Dieser Priester trägt die Zeichen der Kreuzigung auf seinen Händen und während der Wandlung verfärbten sich die Wundmale und nahmen eine dunkle, bläuliche Färbung an. Was sich hinter diesen sichtbaren Zeichen verbirgt, was die Seele dieses Opferpriesters bewegt, kann man nur ahnen. Am 2. Juni 1932 bemerkte P. Pio gegenüber seinem Spiritual: „Auch während der heiligen Messe muß man sich tatsächlich unter Aufbringung aller Kraft, sich sozusagen in die Zange nehmend, voranschreiten… Mein Gott, welch eine Qual!“

Eine Erfahrung des hl. Franziskus von Assisi

Dem irdisch gesinnten Menschen ist diese Wissenschaft des Kreuzes völlig fremd, ja sie erscheint ihm sogar unvernünftig und abstoßend. Alle Heiligen hingegen haben in irgendeiner Weise erlebt, was aus dem Leben des hl. Franziskus berichtet wird:

„Franziskus, sprach Gott zu ihm im Geiste, was du hier fleischlich und eitel geliebt hast, sollst du mit dem Geistlichen vertauschen, nimm das Bittere anstatt des Süßen, und verachte dich selbst, wenn du mich erkennen willst; dafür wirst du Geschmack haben an dem, was ich dir sage, auch wenn die Ordnung umgekehrt ist. Sofort fühlte er sich angetrieben, den Weisungen Gottes zu gehorchen und die Sache zu erproben.
Unter allen unglücklichen Wesen auf Erden hatte Franziskus vor den Aussätzigen einen natürlichen Abscheu. Eines Tages nun, als er in der Nähe von Assisi spazieren ritt, traf er einen Aussätzigen am Wege. Obwohl er ihm nicht geringen Ekel und Abscheu einflößte, glitt er dennoch, um nicht wie ein Gesetzesübertreter den gegebenen Treueid zu brechen, vom Pferde herab und eilte auf ihn zu, ihn zu küssen. Als ihm der Aussätzige die Hand entgegenstreckte, um ein Almosen zu empfangen, legte er ihm Geld hinein und küßte ihn. Und obwohl Franziskus sogleich sein Pferd wieder bestieg und sich nach allen Seiten umwandte, konnte er von dem Aussätzigen nicht mehr die geringste Spur entdecken. Die Gegend lag doch nach allen Seiten offen, und keine Hindernisse standen im Wege. Voller Verwunderung und Freude ging er eifrig daran, wenige Tage später ein ähnliches Werk zu tun. Er begab sich zu den Behausungen der Aussätzigen, gab jedem Kranken Geld und küsste ihnen Hände und Mund. So nahm er das Bittere für das Süße und bereitete sich mannhaft, auch das übrige zu befolgen.“

(Thomas von Celano, Vita II, Kap. 9)

„Liebe will bitter sein“

Ganz in diesem Sinne sagte P. Pio einmal zu einem frommen Mönch: „Liebe Jesus, lieb ihn recht sehr, doch liebe darum das Opfer noch mehr. Liebe will bitter sein.“ Erst wenn man dieses Geheimnis zu begreifen beginnt – und es ist wahrhaft ein tiefes Geheimnis, dieses Geheimnis des Leidens und Sterbens Jesu am Kreuz – fängt man an, die hll. Evangelien zu verstehen. Die Frohbotschaft vom wiedergeschenkten Reiche Gottes, die in unsere Sündenwelt hineingesprochen wird. Es ist wohl zu bedenken, was der hl. Paulus im Hebräerbrief so eindringlich lehrt:

„Ja, fast alles wird [im Alten Bund] nach dem Gesetz mit Blut gereinigt, und ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung. So müssen also die Abbilder der himmlischen Dinge durch diese Mittel gereinigt werden, die himmlischen Dinge selbst aber durch bessere Opfer als jene. Denn Christus ist nicht in ein Heiligtum, das von Menschenhand gemacht und nur ein Abbild des wahren ist, eingetreten, sondern in den Himmel selbst, um nunmehr vor dem Angesicht Gottes für uns einzutreten. Er ist auch nicht eingetreten, um sich selbst des öfteren als Opfer darzubringen, wie der Hohepriester, der Jahr für Jahr mit fremdem Blut in das Allerheiligste eintritt; sonst hätte er ja seit Erschaffung der Welt auch oftmals leiden müssen. – Nun ist er aber einmal am Ende der Zeiten erschienen, um durch sein Opfer die Sünde zu tilgen.“

(Hebr 9, 22-26)

Keine Vergebung ohne Blutvergießen

Anders als im Alten Bund ist im Neuen Bund der ewige Hohepriester „mit seinem eigenen Blut ein für allemal in das Allerheiligste hineingegangen und hat eine ewige Erlösung erworben“ (Hebr 9, 12). Aber genauso wie im Alten Bund gilt im Neuen Bund: ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung. D.h. ohne Kreuz und ohne hl. Meßopfer gehen die Seelen verloren. Das Opfer des Neuen und ewigen Bundes muß bis zum Ende der Welt auf den Altären dargebracht werden, damit die Quelle der Gnaden nicht erlischt. Jeder Katholik und ganz besonders jeder Priester ist in dieses „Geheimnis des Glaubens“ eingebunden. Je tiefer er eindringt in das göttliche Erlöserherz, desto mehr gleicht er sich diesem Geheimnis an – wie es Frate Fuoco von P. Pio bezeugt:

„Ich bin davon überzeugt, daß Pater Pio viele Jahre lang für die, welche über ihn schreiben wollen, ein Geheimnis bleiben wird. Man wird wohl Bruchteile von ihm erfassen, doch wird es schwer sein, seine Persönlichkeit voll und ganz auszuschöpfen: Sein Inneres ‚ist ein ständiges Rumoren, ähnlich einer ständig fließenden Blutquelle‘. Der im Jahre 1918 an den Spiritual geschriebene Satz kann zum Wahrzeichen seiner Präsenz und seiner Mission in der Welt genommen werden. Gleichsam um zu sagen, daß er, in einer Welt, die dem Gegenteil zuzustreben scheint, jene Passion Christi, aus dessen Seite Wasser und Blut floß, wiederholt hat und wiederholt. Pater Pios ganzes Leben ist eine ‚Passion‘, und seine Nachfolge des Leidens des Heilands ist nur allzu offensichtlich.“

(So war P. Pio; S. 87)

Jesu Herzwunde

In einer Betrachtung erwägt Kardinal Pierre de Bérulle, was die drei flehentlichen Schreie unseres göttlichen Heilandes bei Seinem bitteren Leiden wohl zu bedeuten haben:

„Dreimal ertönt ein Schrei während der Passion Jesu Christi. Den ersten erwähnt Paulus in seinem Brief an die Hebräer, da er von Jesus sagt: «Er hat in den Tagen seines Fleisches Bitten und Flehrufe mit lautem Geschrei und unter Tränen an den gerichtet, der ihn vom Tode erretten konnte, und ist erhört worden um seiner Ehrfurcht willen» (Hebr 5, 7). Bei den andern Schreien des ans Kreuz Genagelten erwähnen die Evangelisten nur den Schrei, nicht aber Tränen und Bitten.
Der Schrei ertönte vom Kreuz, da Jesus die Worte äußerte: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?» Diese Kreuzesverlassenheit ist eine jener Erfahrungen, die ihm vom ewigen Vater unmittelbar eingeprägt wurden. Der dritte Schrei erfolgt kurz vor dem Hinscheiden: «Abermals schrie Jesus laut und gab seinen Geist auf.»
Der hl. Johannes allein, als der geliebte Jünger, erwähnt die Verwundung, durch die die Seite und das Herz Jesu geöffnet wurden. Da es eine Liebeswunde war, ziemte es sich, daß sie durch den Jünger des Herzens und der Liebe Jesu berichtet wurde. Beachten wir, daß Jesu Herz nicht zu warten brauchte, um von der Lanze durchstochen zu werden, die Agonie seines Lebens hatte es schon derart versehrt, daß die Lanze nur noch den Toten durchbohren konnte und seither sein Herz ewig offen, ewig verwundet hält. Seine Herrlichkeit schließt diese Wunde nicht, weil sie eine Liebeswunde ist. Die Lanzenwunde ist nur ein Zeichen der wahren inwendigen Wunde seines Herzens. Einer Wunde, die ihm allein zukommt, aber ins ewige Leben fortdauert, im Tod begonnen, aber bestimmt, im Leben zu dauern. Und die Jungfrau war die Erste in dieser Schule: «Stabat Mater juxta Crucem», sie, die so oft bei den andern Belehrungen der Juden durch Jesus nicht anwesend war.“

(Kardinal Pierre de Bérulle, Leben im Mysterium Jesu, Johannes Verlag, Einsiedeln 1984, S. 67 f.)

Unvorstellbar leidvoll waren für das göttliche Opferlamm die Sünden der Welt, war doch die Liebe Seines Erlöserherzens unermeßlich groß. Darum bleibt auch Seine Liebeswunde über den Tod hinaus, gilt es doch bis zum Ende der Zeiten Menschen zu erlösen. Seit der Hauptmann sein Herz am Kreuz durchbohrt hat, ist Sein Herz ewig offen und bleibt ewig verwundet. Und aus diesem Herzen strömt immerwährend Blut und Wasser hervor. Wohin aber strömt dieser lebendige Quell? Der hl. Hildegard gibt unser Herr die Antwort:

„Denn ihr werdet von dem Blute durchströmt, das für euch vergossen ist. Und so berauscht euch mit der Liebe, die ihr mir sehr liebenswert seid, und fließt über von den Bächen der Heiligen Schrift, damit ihr mit größtem Eifer mit den fleischlichen Begierden brecht, so daß ich die mir so liebenswürdigen herrlichen Tugenden in euch erwecke, da ich euch auch den Leib und das Blut meines Eingeborenen so übergebe, wie er selbst seinen Jüngern dieses Sakrament schenkte.“

Barbara Pfister

Wenden wir uns einer weiteren Stigmatisierten zu, um unsere Gedanken noch etwas zu vertiefen. Während P. Pio ein weltbekannter Priester war, war Barbara Pfister eine ganz einfache Frau. Aber auch sie wurde aufgrund der Wunden Christi viel angefeindet und verleumdet. Dabei war jedoch ihre Liebe zu unserem göttlichen Heiland so außerordentlich groß, daß sie für denjenigen, der Augen hatte, um zu sehen, nicht zu übersehen war.

Die wahre Speise

Weil aufgrund der Stigmatisation nicht geringe Schwierigkeiten entstanden, das öffentliche Interesse wurde nämlich allmählich größer, meldete Pfarrer Weber an das Bischöfliche Ordinariat unter anderem folgendes:

„Da sich ihre Drangsale von Tag zu Tag steigerten und sie keinen Trost mehr bei Menschen, sondern einzig noch bei Gott fand, glaubte ich nicht gegen mein Gewissen und gegen die dem hl. Sakramente schuldige Ehrfurcht zu handeln, für den Fall, daß sie in der Kirche kommunizieren könnte, ihr täglich die hl. Kommunion zu reichen. Dazu bestimmte mich auch noch folgender Vorfall: In der Oktav von Allerseelen und vierzehn Tage darauf in der gleichen Weise litt die Pfister sehr große von Tag zu Tag sich steigernde Schmerzen. Körperliche Nahrung konnte sie keine zu sich nehmen oder, wenn sie es auf das Drängen ihrer Mutter hin versuchte, mußte sie dieselbe alsbald erbrechen. Mehrere Tage lang mußte sie, da sie an das Bett gefesselt war, die hl. Kommunion entbehren. Dieser Verlust scheint sie am meisten körperlich herabgesetzt zu haben, und sie siechte in wenigen Tagen so vollständig dahin, daß sie nach etwa fünf Tagen dem Tode nahe war.
Dr. Recum, z. Z. praktischer Arzt in Kaiserslautern, damals noch hier wohnhaft, erklärte ihrer Mutter, sie möge der Kranken die Sterbesakramente reichen lassen. Alsbald wurde ich von ihrem Zustand benachrichtigt. Als ich die beiden Male vor das Krankenbett trat, sah ich eine Sterbende vor mir, mit allen Zeichen des eingetretenen Todeskampfes. Um jedes Aufsehen zu vermeiden, hielt ich es für angezeigt und hinlänglich begründet, ihr die hl. Kommunion occulte (= ohne Chorrock und Licht) zu bringen. Als ich ihr dieselbe auf die Zunge gelegt, veränderte sich augenblicklich ihr ganzes Aussehen. Die gelbliche Gesichtsfarbe wich einer gesunden, frischen Farbe, und eine mehrstündige Vision trat ein, worauf sie vollständig genesen war. Dies erlebte ich, wie oben bereits bemerkt, zweimal.
Nachdem nun Gott in seinem hl. Sakramente ein solch offenbares Wunder an der Pfister gewirkt, glaubte ich, da ihr größtes Glück gerade die hl. Kommunion ist, ihr den täglichen Empfang derselben gewähren zu können, um so mehr, als gerade die hl. Kommunion das einzige Mittel war und ist, um sie in allen Drangsalen aufrecht zu erhalten. Außer den beiden bezeichneten Fällen hat sie die hl. Kommunion nie mehr zuhause, sondern immer nur in der Kirche, während der hl. Messe, empfangen. Und gerade dies ihr erbauliches Beispiel, ihre innige Andacht beim Empfang der hl. Kommunion hat sehr günstig auf die hiesigen Katholiken gewirkt, die mit Ausnahme einiger Leichtfertigen und fast Glaubenslosen, sie für eine musterhaft brave und tugendhafte Person halten.“

(Nikolaus Lauer, Barbara Pfister, Pilger-Verlag, Speyer 1939, S. 22 f.)

Die Wundmale der Barbara Pfister

Leider ist es uns gewöhnlichen Katholiken keine Erfahrungstatsache: Unser übernatürliches Gnadenleben braucht eine übernatürliche, himmlische Nahrung. Das allerheiligste Altarsakrament war das einzige Mittel, um sie in allen Drangsalen aufrecht zu erhalten. Nur gestärkt mit der himmlischen Speise konnte sie das Leiden Jesu ertragen und eins werden mit dem göttlichen Opferlamm. Lassen wir ein paar Zeugen zu Wort kommen. Barbaras jüngere Schwester Ida schilderte 1938 ihre ersten Eindrücke von der Stigmatisation:

„Babette wurde oft nach der hl. Kommunion bewußtlos, und da wir dies für Ohnmacht und Krankheit hielten, hatten wir sehr Mitleid mit ihr. Ich bat sie oft, doch nicht in die Kirche zu gehen wegen der Störung. Aber selbst die Drohung: ‚Ich gehe selbst nicht mehr in die Kirche, weil ich immer so sehr dabei erschrecke‘, konnte sie nicht abhalten. Sie bat und bettelte, doch gehen zu dürfen. Auf dem Heimweg war sie fast immer wie geistesabwesend und sprach kein Wort. Die Zeichen der Stigmatisation sah die Mutter zuerst. Eines Tages — ich war damals 18 Jahre alt — nahm mich die Mutter bei der Hand und sprach: ‚Ich muß dir heute etwas ganz Ernstes zeigen, aber du mußt stark sein und mir versprechen, mit keinem Menschen darüber zu reden.‘ Ich versprach es. Dann führte mich die Mutter in das Schlafzimmer von Babette. Diese lag bleich und wie tot im Bett und blutete so stark am Kopfe, daß Kopftuch und Kissen ganz durchblutet waren. Ich geriet in große Angst, und ich glaubte, Babette sei durch einen Unglücksfall schwer verletzt worden. Die Mutter hatte große Mühe mich zu beruhigen und erklärte mir dann, so gut es ging, diesen Zustand. Von da an hatte ich immer großes Mitleid mit meiner Schwester und hegte nur den einen Wunsch, sie möchte davon befreit werden. Doch soviel ich mich erinnern kann, dauerte das Leiden während zweier Jahre an den Freitagen und während der Fastenzeit. Babette sprach über die Passion nie ein Wort, und obwohl sie an diesen Tagen keine Nahrung zu sich nahm, verrichtete sie nach der Ekstase alle Arbeiten (obgleich die Wunden doch sehr schmerzen mußten), nur, damit nichts auffallen sollte.“

(Ebd. S. 43 f.)

Die scheue Zurückhaltung der Begnadeten ist immer ein Zeichen der Echtheit solcher Charismen. Barbara Pfister hatte den Herrn gebeten, die zunächst sichtbaren Wunden zu verbergen, was ihr auch gewährt wurde. Nur während der ekstatischen Leiden zeigten sich die Wunden anhand der Blutungen. Frau Christine Hof, geb. Eberle, berichtete:

„Ich habe Bawett persönlich gekannt und konnte auch einmal ihre Wundmale sehen. Ich machte gerade ein Kleinkind zurecht, als meine Schwägerin kam und mir sagte: ‚Rasch, ihr könnt das Bawettchen mit den Wundmalen sehen!‘ Ich übergab das Kind einer anderen Frau zum Fertigmachen und eilte hin. Je drei und drei Personen wurden wir eingelassen. Die Männer, die uns entgegenkamen und die Wundmale schon gesehen hatten, waren sehr verwundert und ergriffen. Als die Reihe an uns kam, traten wir in das Zimmer und sahen Babettchen mit den Wundmalen daliegen. Der Anblick war unbeschreiblich. Das Blut kam tröpfchenweise von der Stirne. Ihre Mutter trocknete das Blut mit einem Schwamme ab. Ich sah aber keine offenen Wunden am Kopfe. Ich konnte die Seitenwunde sehen, sowie die Fußwunden und gewahrte, wie das Blut die Füße aufwärts hinauffloß.“

Ein Zeugenbericht

Viele Zeugen berichten das Phänomen, daß das Blut an den Händen und Füßen nicht den physikalischen Gesetzen folgend abwärts, sondern aufwärts floß – entsprechend dem leidenden Heiland am Kreuz.

Weil Barbara Pfister öfter nach ihrer Ekstase in der Kirche ohnmächtig wurde, trug man sie in das Haus des Kaufmanns Oswald Schäfer, das sich in der Nähe der alten Kirche befand. Die Familie Schäfer war von ausgeprägter Religiosität. Vier Söhne wurden Priester, zwei Töchter Ordensschwestern. Schwester Amata (gestorben Januar 1940) erklärte 1 1/2 Jahre vor ihrem Tode unter Eid:

„Mein Elternhaus in Wattenheim stand nahe bei der Kirche — damals Simultankirche, heute protestantische Kirche. Das Elternhaus von Barbara Pfister war ziemlich weit von der Kirche entfernt. Bei Visionen und Leidensekstasen war Barbara öfter in unserem Hause, sei es, daß sie geführt oder getragen wurde. Sie weilte dabei in einem Zimmer des zweiten Stockes, das in unserer Familie als „der Babett ihr Zimmer“ bezeichnet wurde. Von Zimmer und Bett aus konnte man gut hinaussehen zur Kirche.
Ich selbst war vom 1. Oktober 1888 bis Juli 1891 Zögling im Internat St. Magdalena in Speyer und trat am 1. August 1891 als Postulantin ins Kloster ein. Seit diesem Tage habe ich Heimat und Elternhaus nicht mehr gesehen. Meine Erlebnisse mit Barbara knüpfen sich also an den jeweiligen Ferienaufenthalt in der angegebenen Zeit. Die meisten Erlebnisse fielen in die Sommerferien 1890. Im Sommer 1890 besuchte mich meine liebe Mutter im Internat. Im Laufe des Gespräches sagte die Mutter: ‚Denk einmal, die Babett Pfister hat die fünf Wunden.‘ In meiner Überraschung erwiderte ich: ‚Was ist denn das?‘ Die Mutter: ‚Die blutet an Händen und Füßen. Du wirst es schon sehen, wenn du heimkommst!‘
Zu Beginn der Ferien, damals August, kam ich nach Hause. Als ich am nächsten Morgen von der Kirche heimgekommen war, sagte unser Dienstmädchen (Anna Christ, gest. 1937): ‚Die Babett ist droben!‘ Wir begaben uns zu Barbara. Sie saß auf einem Stuhl, geistesabwesend. Das Blut floß ihr von der Stirn herab über das Gesicht. Gegen Abend, als sie sich wieder im natürlichen Zustand befand, begrüßte ich sie und saß bei ihr am Bett. Wir sprachen über Speyer und Sonstiges. Plötzlich erhielt ich keine Antwort mehr. Barbara saß da, der Welt entrückt, den Blick zur Kirche gerichtet. Ich meldete die Sache meiner Mutter. Diese sagte: ‚Jetzt kann man nichts machen, da muß man warten, bis sie wieder zu sich kommt.‘ Ein anderes Mal war ich wieder bei Barbara, als sie sich in Ekstase befand. Ihr Gesicht war wie verklärt, sie sah geradeaus — ob mit offenen oder geschlossenen Augen weiß ich nicht mehr — und sagte: ‚Ja, lieber Heiland, — ja, lieber Heiland.‘
Barbara hatte dichtes schwarzes Haar. Wenn sie in ihren Schmerzen dalag, bog und krümmte sie sich, der Kopf ging hin und her, auf und ab. Auf dem Kopfkissen aber waren die Blutspuren nicht verwischt, sondern es war genau eine blutige Dornenkrone zu sehen. Einmal sah ich Barbara in der Vision im Bette liegen: auf der Bettjacke hatten sich an der linken Seite ein oder mehrere Blutkreuzchen gebildet (die Zahl weiß ich nicht mehr).
Ich habe die blutenden Hände gesehen; ich sah keine Wunden, aber das Blut floß heraus. Ich habe die blutenden Füße gesehen. Die Fersen lagen bei der natürlichen Körperlage auf dem Bettuch; das Blut floß aber nicht abwärts gegen die Beine hin, sondern aufwärts gegen die Zehen.
Einmal hatten Nachbarsleute uns gebeten, sie Barbara in der Vision sehen zu lassen. Die Eltern wollten die Bitte nicht abschlagen. Als Barbara aus der Ekstase erwachte, weinte sie bitterlich; sie wollte nicht, daß außer unserer Familie sie sonst jemand in diesem Zustand erblicke. Von meinen Angehörigen hörte ich öfter, die Leiden Barbaras seien besonders stark gewesen an bestimmten Tagen, z. B. an Fastnacht und Kirchweihe.“

(Ebd. S. 47-49)

Die mystische Waffe der Zeit

Was will unser göttlicher Erlöser durch solch außergewöhnliche Gaben sagen? Charismen sind den Begnadeten nicht zur eigenen Heiligung geschenkt, sondern als Zeichen für andere. Das Charisma der Wundmale vergegenwärtigt uns das Leiden Christi, es weist uns auf das Blut hin, das immer noch zu unserer Erlösung aus den Wunden Christi fließt und auf unseren Altären als Opferblut gegenwärtig ist.

Die Verehrung des Kostbaren Blutes Jesu war zu allen Zeiten ein Mittel, die Liebe zum Gekreuzigten und damit zum Opfer wach zu halten. Ja, noch mehr, der hl. Kaspar del Bufalo war der festen Überzeugung, daß die Verehrung des Kostbaren Blutes „die mystische Waffe der Zeit“ war, die von Gott der Kirche gegeben wurde, „um der von der Sünde verursachten Flut des Bösen Einhalt zu gebieten“. Zudem wolle Gott besonders durch die Verehrung des Kostbaren Blutes in den Gläubigen den religiösen Eifer wieder wecken. In einer Predigt führt der Heilige dazu aus:

Aus einer Predigt des heiligen Kaspar del Bufalo

„Die Anbetung, o Gläubige, des unschätzbaren Preises unserer Erlösung ist der allerzärtlichste Gegenstand, dem wir uns zuwenden können! Von diesem gehen für uns die Schätze der Weisheit und der Heiligkeit aus; von diesem die Befreiung von den Höllenstrafen, wenn wir es aus Liebe zu Jesus tun, und die Möglichkeit, in der Kraft des Göttlichen Blutes die heilige Ehre des Himmels in Besitz zu nehmen! Ihr seid um einen teuren Preis erkauft, verherrlicht, tragt Gott in eurem Leib. (Vgl. 1 Kor 6, 20).
Wer aber glaubt heute daran? Anstatt daß sich in den Seelen ein zärtliches Gefühl gegenüber Jesus zeigt, bemerkt man in den erlösten Söhnen und Töchtern eine Undankbarkeit, eine mit Worten nicht beschreibbare Unkenntnis! Welchen Nutzen bringt mein Blut? Der Herr hat sich schon durch seinen Propheten beklagt. So ist es also angebracht, oh Gläubige, daß wir den gegenwärtigen Monat der Anbetung des Göttlichen Blutes widmen, um die Undankbarkeiten der Menschen wieder gutzumachen, und daß wir dadurch unsere Herzen erweichen.
Durch die Anwendung dieses unschätzbaren Preises, durch den wir erlöst sind, findet die sündige Seele ein heiliges und religiöses Motiv, um auf Erbarmung und Verzeihung hoffen zu können; der Bußfertige findet in ihm die Ermunterung, in Tugend und Heiligkeit zu wachsen; und schließlich der Gerechtfertigte brennenden Eifer, für den Herrn Seelen zu retten.
Wenn die Sünde immer ein Anlaß für die inneren Schmerzen des Erlösers gewesen ist, so hat sie heute, in der allgemeinen Krise der Völker, dem Glauben unbeschreiblichen Schaden zugefügt. Und was unternimmt der Dämon nicht alles, damit die Seelen das Göttliche Blut nicht nützen? Ach, wie werden doch die Völker durch die Erinnerung an die so wichtige Verehrung angeregt, aus dem fatalen und erdrückenden Schlaf des geistlichen Todes aufzuwachen. Ich werde den Kelch des Heiles ergreifen und den Namen des Herrn anrufen… Mein Kelch macht trunken und leuchtet. (Vgl. Ps 116, 13; Ps 23, 5) Jetzt verstehe ich, warum im Alten Testament der Herr sich durch das Blut der Opfer versöhnen ließ, insofern es ein Vorausbild für dieses war, für das Blut des Lammes, in der Fülle der Zeiten auf dem Altar des Kreuzes vergossen. Wenn das Blut von Böcken und Stieren die Unreinen heiligte, um wie viel mehr wird dann das Blut Christi unsere Gewissen reinigen? (vgl. Hebr 9, 13-14).
Bewirkt darüber hinaus diese Verehrung nicht die Belebung jenes Gutes, welches das Göttliche Blut in der Wiedergeburt durch die Heilige Taufe in uns hervorgebracht hat; bewirkt sie nicht die besondere Hochschätzung der anderen Sakramente, insbesondere des Bußsakramentes, wo sich bestätigt, daß wir durch das Blut gerechtfertigt und vor dem Zorn gerettet sein werden. (Vgl. Röm 5,9) Wenn wir den Blick unseres Glaubens auf den Tisch der Liebe richten, auf das Opfer des Altares, oh wie ruft uns doch die Religion die allerzärtlichsten Geheimnisse der Erlösung in Erinnerung!
Jesus, geliebtestes Volk, ist jetzt unser Geliebter, ganz rein und rot. Rein, weil er in seinem Wesen makellos ist, rot durch das Göttliche Blut. Der Geliebte ist rein und rot. (Vgl. Hld 5, 10) Worauf immer ich meine Gedanken richte, ich wundere mich nicht, sehe ich nichts anderes als Blut… die Wunden der Füße, der Hände… das Haupt mit Dornen gekrönt… das geöffnete Göttliche Herz, alles ruft uns, die Liebe zu erwidern.
Bleibt also stehen, auch mit den Worten der Kirche im Hymnus der Passion Jesu Christi, bleibt stehen, die ihr wegen des Kreuzes trauert und salbt eure glücklichen Füße… wascht euch mit dem Tränenstrom, wischt ihn mit Heiterkeit weg, und leckt den Tau.
O mein Jesus, nimm doch die Ehrfurchtsbezeugung dieses heiligen Monates an, als Wiedergutmachung so vieler Bosheiten der Menschen; und während der Feind des Guten versucht, die Erinnerung an deine Liebe aus dem Gedächtnis der Kinder Adams zu entfernen, möge die Verehrung des Göttlichen Blutes unsere Seelen deinem göttlichen Herzen näher bringen (Vgl. Eph 2, 13). Unser Denken möge sich ständig damit beschäftigen, die Geheimnisse deiner Liebe zu erwägen, unser Herz damit, ihre Anwendung zu lieben; die Gefühle des Leibes damit, zu unserer und der anderen Heiligung ihre Triumphe zu zeigen; und so sei in uns das Gedenken des unschätzbaren Preises, durch den wir erlöst sind, unzerstörbar: Ihr seid um einen großen Preis erlöst, frohlockt, tragt Gott in eurem Leib. (Vgl. 1 Kor 6, 20). So sei es.“

Erkauft durch das Blut des heiligsten Herzens Jesu

Was für tiefe Gedanken des Heiligen über die Verehrung des Göttlichen Blutes unseres liebreichsten Erlösers und die Notwendigkeit dieser Verehrung: Durch die Anwendung dieses unschätzbaren Preises, durch den wir erlöst sind, findet die sündige Seele ein heiliges und religiöses Motiv, um auf Erbarmung und Verzeihung hoffen zu können; der Bußfertige findet in ihm die Ermunterung, in Tugend und Heiligkeit zu wachsen; und schließlich der Gerechtfertigte brennenden Eifer, für den Herrn Seelen zu retten.

Wie lebendig hat er zudem das Ineinander der Verehrung des Kostbaren Blutes mit derjenigen des Heiligsten Herzens Jesu erfaßt. Offenbart doch das Kostbare Blut in ganz außerordentlicher Weise die Geheimnisse der Erlöserliebe des Heiligsten Herzens. Im Jahr 1818 richtete der hl. Kaspar ein Bittgesuch an das Sekretariat für die Apostolischen Erlässe. In der Einleitung desselben heißt es:

„Das Ziel, dem die Verbreitung der Verehrung des Kostbaren Blutes dient, ist die Wiedererweckung des Eifers in der Bevölkerung. Der Herr hat zu jeder Zeit Verehrungen entstehen lassen, die geeignet waren, dem Strom des Bösen Einhalt zu gebieten. Wenn wir die Geschichte der Kirche überblicken, sehen wir, daß diese in früheren Zeiten wegen des einen oder anderen Dogmas angegriffen worden ist, in unserer Zeit aber richtet sich der Kampf ganz allgemein gegen die Religion und gegen den gekreuzigten Herrn. Deshalb ist es notwendig, die Ehre des Kreuzes und unseres gekreuzigten Erlösers wiederherzustellen, und während der Dämon möchte, daß wir dem Gericht zum Opfer fallen, die Quellen des Erbarmens zu öffnen. Jetzt ist es notwendig, den Völkern aufs neue zu sagen, um welchen Preis die Seelen wiedererkauft sind: Wir sind erkauft… Es ist notwendig, bekannt zu machen, auf welche Weise das Blut Jesu die Seelen reinigt und heiligt, nämlich hauptsächlich durch die Sakramente; und um aus der heutigen Empfindungslosigkeit aufzurütteln, ist es angebracht, daran zu erinnern, daß dieses Blut jeden Morgen auf dem Altar dargebracht wird, und daß wir es zur Wiedergutmachung der Lästerungen und Sakrilege anbeten und lobpreisen müssen…“

Der Lehrstuhl des heiligen Kreuzes

Was der Heilige im Jahr 1818 schreibt, haben die meisten „Katholiken“ bis heute nicht bemerkt: Wenn wir die Geschichte der Kirche überblicken, sehen wir, daß diese in früheren Zeiten wegen des einen oder anderen Dogmas angegriffen worden ist, in unserer Zeit aber richtet sich der Kampf ganz allgemein gegen die Religion und gegen den gekreuzigten Herrn.

Es gibt in der Tat nicht wenige sog. Traditionalisten, die sich 200 Jahre später allen Ernstes einbilden, man könne den Herren in Rom keine einzige Irrlehre sicher nachweisen. Eine solche Verblendung ist schon ein sicheres Zeichen des geistigen Deliriums. Das modernistische Rom ist seit Jahrzehnten zum Sammelbecken aller Irrlehren geworden, vom katholischen, vom göttlichen Glauben ist nichts mehr zu sehen, selbst die Fassaden sind inzwischen abgerissen.

Die Verehrung des Kostbaren Blutes sollte diesem Abfall entgegenwirken, sie sollte die Katholiken daran erinnern, um welchen Preis die Seelen wiedererkauft sind. Denn nur durch dieses Wissen bleibt der wesentliche Unterschied zwischen der wahren, einzig von Gott geoffenbarten Religion und allen anderen Religionen greifbar. Selbst die Katholiken müssen immer wieder aus ihrer Empfindungslosigkeit aufgerüttelt werden, indem man sie an das göttliche Erlöserblut erinnert, das Tag für Tag auf den Altären dargebracht wird – und daß wir es zur Wiedergutmachung der Lästerungen und Sakrilege anbeten und lobpreisen müssen.

Sobald man beginnt, das Kostbare Blut des wahren und einzigen Opferlammes recht und ernsthaft zu verehren, klären sich auch all diese Fragen auf und man beginnt das Geheimnis zu begreifen. Gerne weilt man unter dem Kreuz, um mit Maria den leidenden Heiland zu betrachten. Der hl. Kaspar del Bufalo in einer Predigtskizze:

„Wie schön ist es, mit Maria zu Füßen des Kreuzes zu stehen! Beim Kreuz mit dir stehen… Hier stehen wir mit der Mutter Gottes und unserer Mutter, mit der Anwältin der Sünder, mit der souveränen Mittlerin des Universums, mit der Lehrerin der Wahrheit. Beim Lehrstuhl des Kreuzes lehrt uns die süßeste Mutter, Jesus Christus zu lieben, ihn nachzuahmen in den Tugenden, deren Meister er am Kreuz ist, und letztendlich entflammt sie in uns den Eifer, den Durst des Erlösers zu stillen, der nach den Seelen dürstet.
Seht wie wertvoll das Patronat Marias ist! In ihr haben wir die Mitte alles Guten, die Quelle jeder Freude, den Grund jeglichen Trostes. Maria rufen wir an in jeder Betrübnis, an Maria wenden wir uns im Zweifel, zu Maria rufen wir bei jedem Ereignis. Insbesondere setzen wir nach Jesus unser Vertrauen auf sie, daß wir die Verzeihung unserer Sünden erlangen…“