Der hl. Petrus Canisius und Altötting

Als Kurfürst Maximilian Bayern unter die Schutzherrschaft Mariens stellte und Maria zur Patrona Bavariae erhob, war dies nur eine Feststellung einer über Jahrhunderte erlebenten Tatsache. Er selbst wallfahrtete häufig nach Altötting und weihte sich in einem mit eigenem Blut geschriebenen Brief der Muttergottes von Altötting. Während des 30-jährigen Kriegs hatte der Kurfürst viele Gelegenheiten, sein Vertrauen auf den Schutz Mariens zu beweisen. Man nennt Altötting das Herz Bayerns. Es ist wahr, kein anderer Ort könnte die Liebe der Bayern zu ihrer himmlischen Mutter besser darstellen als Altötting. Von vielen Orten des Bayernlandes wallfahrtet man bis heute zur Schwarzen Madonna von Altötting, um der himmlischen Mutter und Schutzherrin des Landes die vielfältigen Sorgen anzuvertrauen, die uns so oft bedrängen. Wie aber kam es eigentlich zu dieser Wallfahrt?

Altötting – Die Kapelle

Altötting wird 748 als „Autingas“ unter dem bayerischen Herzog Tassilio III. erstmals urkundlich erwähnt. Ötting ist eine Hofanlage und Pfalz der agilolfinger Herzöge von Bayern und wird als „Palatio nostro“ bezeichnet. Das sagenumwobene Oktogon – also Achteck – der Heiligen Kapelle stammt ebenfalls schon aus dem 8. Jahrhundert. Es ist wohl um das Jahr 700 entstanden, womit es sogar der älteste Zentralbau Deutschlands sein dürfte. Es wäre denkbar, daß die frühbyzantinische, achteckige Kirche San Vitale (frühes 6. Jahrhundert) in Ravenna als Vorbild für eine herzogliche Taufkapelle diente. Das wiederum würde darauf hinweisen, daß die Gnadenkapelle von Altötting in derselben Architekturtradition wie die früheste Bauperiode des Aachener Doms steht, dessen Bauherren sich ebenfalls am Oktogon orientierten.

Die Karolinger in Bayern

Da Herzog Tassilo III. im Jahr 788 verbannt wurde, übernam Karl der Große den baierischen Herzogstitel. Ötting wurde zur karolingischen Königspfalz „Otinga“. Unter Karlmann, einem Urenkel Karls des Großen und ab 876 König der Bayern, erlebte Ötting den Höhepunkt seiner Geschichte im Mittelalter. Karlmann verlegte seinen Regierungssitz von Regensburg nach Ötting und gründete im Jahre 877 ein Stift. Dieses stattete er mit einer Pfalzkapelle aus. Der Sohn Karlmanns, Ludwig, wurde 893 in Ötting geboren. Weil er im Jahr 900 König des Ostfrankenreiches wurde, nannte man Ötting fortan in allen Urkunden „Curte Regia“, also Königshof.

Die Wittelsbacher im 12. Jahrhundert

Da Ötting 907 zu Passau kommt, hört es auf, Königspfalz zu sein. In den Ungarnkriegen ab 907 blieb allein die Kapelle erhalten, der ganze restliche Ort wurde niedergebrannt. Mit den Wittelsbachern, die ab 1180 in Bayern regieren, gewinnt Ötting wieder an Bedeutung. Um den Salzhandel besser kontrollieren zu können, gründeten sie in der Nähe Neuötting als Handelsplatz. Außerdem förderten sie, zunächst jedoch mit recht wenig Erfolg, die Wallfahrt. Seit der Gründung des benachbarten Neuötting um 1224 wurde auch die Bezeichnung Altötting üblich.

Das Gnadenbild

Das Altöttinger Gnadenbild ist um das Jahr 1330 in Burgund entstanden und kam über das nahe Zisterzienserkloster Raitenhaslach nach Altötting. Die aus Lindenholz geschnitzte, 64 cm große Statue ist der Frühgotik zuzurechnen. Maria trägt auf ihrem rechten Arm das Jesuskind, das wiederum eine Himmelskugel als Zeichen der Allmacht Gottes hält. In ihrer linken Hand hält sie ein Zepter mit einer Lilienblüte, die Zeichen ihrer immerwährenden Jungfräulichkeit ist.

Zwei Wunder

Erst über 150 Jahre nachdem sie nach Altötting kam, wurde die „schwarze Maria von Ötting“ zum Gnadenbild. Im Jahre 1489 ereigneten sich nämlich zwei Wunder:

Das 1. Wunder: „Ein dreyjähriges Knäblein, als er zu Alten-Oeting in das Wasser, die Mehren (= Mörnbach) genannt, gefallen und ein halbe Stunde dahin gerunnen, ist es endlich gantz todt herauß gezogen worden. Die Mutter auß grossem Vertrauen zu der Mutter Gottes, trägt das todte Kind zu der H. Capell und legt es auff den Altar, fällt sambt andern auff die Knye nider und bittet umb Erlangung des Kinds Leben flehentlich. Alsbald wird das Kind lebendig“ (nach der lateinischen Altötting-Chronik des Jesuiten Jacobus Irsing von 1643, übersetzt vom Altöttinger Stiftsdechanten Johann Scheitenberger 1644).

Das 2. Wunder: „Ein Bauer zu Alten-Oeting führte ein Fueder Haber zu Hauß, setzte sein Söhnlein, sechs Jahr alt auf das Handroß; der fallet von dem Pferdt unter den Wagen, wird dermassen zertruckt, daß seines Lebens keine Hoffnung mehr vorhanden. Man thut ein Gelübd und rufft die Mutter Gottes an, folgenden Tag ist der Knab widerumben gantz frisch und gesund“ (nach Jakob Issickemer).

Schnell sprachen sich diese Wunder in der ganzen Gegend herum und die Wallfahrer wurden durch viele viele weitere wunderbare Gebetserhörungen immer mehr. In Altötting konnte es jeder erfahren: Maria sorgt sich um ihre Kinder, sie hilft ihnen im täglichen Kampf gegen die vielzähligen Versuchungen des Alltags. Es ist ergreifend zu sehen, wie die Wallfahrer ehe sie in die Gnadenkapelle gehen, um diese herumgehend vertrauensvoll beten: „O Maria hilf, o Maria hilf! O Maria hilf doch mir! Ein armer Sünder kommt zu dir. Im Leben und im Sterben laß mich nicht verderben, laß mich in keiner Todsünd’ sterben. Steh mir bei im letzten Streit, o Mutter der Barmherzigkeit! Amen.“

Maria hilft

An die 2500 Votivtafeln im Kapellenumgang zeugen von der Erfahrungstatsache: Maria hat geholfen! Jeder, der nicht schon ganz abgestumpft ist, spürt es: Die an sich recht kleine Kapelle ist ein großer Gnadenort. Von dem nach 1489 angebauten Langhaus tritt der Wallfahrer durch ein spätromanisches Portal und unter der Schutzmantelmadonna hindurch ins Oktogon, in dem sich der vergoldete Gnadenaltar befindet. Die Gnadenmutter schaut voller Huld auf all ihre Kinder herab, um sie zu trösten, zu stärken und ihnen in all ihren Nöten zu helfen.

Die Baumeister müssen es wohl immer schon gewußt haben, daß dieser Altar der Thron Mariens und ihres göttlichen Sohnes ist, denn wie Hildegard Pollety bemerkt: „Es ist schon sehr tiefsinnig und anrührend, wenn man weiß, daß an zwei Tagen im Jahr und zwar ausgerechnet am ‚Hochfest der Verkündigung des Herrn‘ (Mariä Verkündigung) am 25. März und an Mariä Geburt am 8. September der Sonnenstand exakt so ist, daß – just an diesen beiden Tagen – ein Lichtstrahl durch ein kleines Fenster der Kapelle fällt, der dabei langsam über die Figur des Bruder Konrad vor dem Gnadenaltar hinauf wandernd das dunkle Gesicht des Gnadenbildes berührt und erleuchtet.“

Die Reformation

Freilich erwartet unsere himmlische Mutter von uns unverbrüchliche Treue. Treue zu ihr und durch sie zu ihrem vielgeliebten göttlichen Sohn. Allein in dieser Marientreue blüht das Land auf. Sobald aber die Kinder sich von ihrer Mutter abwenden, versinkt es in Trostlosigkeit.

Das war so während der Zeit der sog. Reformation. Bereits um 1520 wurden auch in Bayern die Schriften Martin Luthers gedruckt und verbreitet. Selbst in der Altöttinger Gegend fand der Aufwiegler aus Wittenberg Anhänger. In Neuötting hielt man sich sogar einen lutherischen Prädikanten und das Bild Marias wurde aus dem Neuöttinger Magistratssiegel und Stadtwappen entfernt. Die Lutherischen wollten sogar zum Vernichtungskampf gegen alles Römisch-Katholische antreten. Die Wallfahrtszüge wurden angegriffen und der Pfarrer von Tacherting, der einen Bittgang begleitete, wurde dabei vom Volk in gröbster Weise verspottet und sogar tödlich mißhandelt. Ein vom protestantischen Irrglauben angesteckter Kaplan von Altötting predigte gar wider den „heidnischen Kult der Schwarzen Madonna“, und 1557 wurden „bey nächtlicher weyl die gläser in Unser Frauen haus eingeworffen“, wie es in einer alten Quelle heißt. Es war eine sehr traurige Zeit für das Bayernland – und das ganze christliche Abendland.

Der Glaubensgeist und die Sittlichkeit waren vielerorts heruntergekommen. Herzog Wilhelm IV. erließ deswegen etwa 1517 in Altötting eine eigene Kapellordnung, in der er die Geistlichkeit der Wallfahrtsstadt anwies, sich nicht in Wirtshäusern herumzutreiben und keine „junge verdächtige weibspersohn“ mehr zu halten. Durch solche Maßnahmen waren jedoch die weiteren Geschehnisse nicht mehr aufzuhalten, denn die Entfremdung gegenüber dem Papst und der Kirche war schon zu weit fortgeschritten. Damals erweckte aber Gott noch genügend hochherzige, glaubensstarke und sittenreine Männer und Frauen, die dem Treiben der protestantischen Aufwiegler entgegentraten und zugleich halfen, das kirchliche Leben wieder neu zu ordnen. In Altötting war es vor allem Dr. Martin Eisengrein, der als Protestant erzogen worden war, aber sich zum katholischen Glauben bekehrte.

Bei seiner Verteidigung der Altöttinger Wallfahrt gegen die Angriffe der Lutheraner half ihm ein außergewöhnliches Ereignis: Im Januar 1570 hielt der hl. Petrus Canisius in der Gnadenkapelle von Altötting einen Exorzismus, der sowohl bei Katholiken als auch bei Protestanten großes Aufsehen erregte. Der damalige Altöttinger Stiftspropst Martin Eisengrein schreibt in seinem Büchlein „Von der uralten heyligen Capellen unser lieben Frauen und dem fürstlichen Stift“ ausführlich darüber. Zwar konnte er krankheitshalber persönlich nicht beim Exorzismus dabei sein, er führt jedoch für seinen Bericht eine Reihe vertrauenswürdiger Personen an, „die solche Historia selbst mit ihren Augen gesehen und ihren Ohren gehöret haben und die wahrhaftig Zeugnis davon geben können, das billig von keinem Menschen bezweifelt werden kann“.

Eine Teufelsaustreibung

Das 17-jährige Kammerfräulein Anna von Bernhausen, das im Dienst der berühmten Augsburger Kaufmannsfamilie Fugger stand, litt unter regelmäßig auftretenden Anfällen. Während dieser stürzte sie jeweils hart zu Boden und verrenkte schauerlich ihre Glieder. Auch stieß sie mit einer ganz unheimlichen Stimme lästerliche Worte aus und fiel hernach zuweilen in eine tiefe Ohnmacht. Obwohl ihre Dienstherren, Max Fugger und seine Gemahlin, die Gräfin Sybille Fugger von Kirchberg und Weißenhorn, schon mehrere Ärzte zu Rate gezogen hatten, konnte keiner helfen.

In ihrer großen Not wandte sich die Familie Fugger an die Geistlichkeit. Der Bischof von Augsburg beauftragte einen Priester für den kirchlichen Exorzismus. Dieser verrichtete in der Kirche der hl. Afra die vorgeschriebenen Gebete über die Besessene und trieb damit aus dem Mädchen tatsächlich sechs böse Geister aus. Es blieb jedoch ein siebenter Teufel in ihr zurück, der mitteilte, er könne nur am Marienwallfahrtsort Altötting und zwar in der Gnadenkapelle ausgetrieben werden. Die Vorsehung Gottes fügte es also, daß dieser letzte Teufel in der Gnadenkapelle von Altötting öffentliches Zeugnis für den katholischen Glauben ablegen mußte, verwarfen doch die Protestanten die Marien- und Heiligenverehrung als Götzenkult.

Max Fugger bat den damals als Professor an der Universität Ingolstadt wirkenden ersten deutschen Jesuiten, Petrus Canisius, den Exorzismus über sein armes Kammerfräulein zu beten. Wie der Altöttinger Stiftspropst Eisengrein berichtet, traf die Augsburger Delegation mit dem besessenen Kammerfräulein am Abend des 21. Januar 1570 in Altötting ein. Dabei waren Freiherr Max Fugger und seine Gemahlin, der hl. Petrus Canisius, ein Kanonikus sowie das herrschaftliche Dienstpersonal. Obwohl es schon spät abends war, begaben sich dennoch alle noch in die Gnadenkapelle und beteten zu Ehren der Gottesmutter die Lauretanische Litanei, um für den kommenden Tag die Hilfe Mariens zu erflehen.

„Des anderen Tages aber hat man zur Sache selbst gegriffen“, schreibt Stiftspropst Eisengrein, „hat in der gedachten Kapellen erst ein Gebet verrichtet, dann aufeinander zwo Meß´ gelesen und das hochwürdig Sacrament des Leibs und Bluts Christi nach katholischem Brauch (d. h. nur in Brotgestalt) aus den Händen Herren Doktoris Canisi andächtiglich empfangen“. Am Nachmittag begann der eigentliche Exorzismus im Beisein von etwa einem Dutzend Personen. Zunächst erinnerte der hl. Petrus Canisius in seiner Ansprache daran, daß Anna von Bernhausen vor Kurzem im Traum die Botschaft erhalten habe, daß der siebente und letzte Teufel in Altötting von ihr ausfahren werde, wofür sie als Votivgabe einen goldenen Kelch opfern solle. Hierauf fielen alle Anwesenden auf die Knie, bekannten ihre Sünden, sprachen das Pater Noster und das Ave Maria. Sobald sie anfingen, die Lauretanische Litanei zu beten, begann das Mädchen mit tiefer Stimme ganz schauerlich zu schreien. Plötzlich warf es sich zu Boden, fuchtelte mit Armen und Beinen wild um sich und schlug mit dem Kopf hart auf das Kapellenpflaster. Max Fugger, seine Frau und der Augsburger Kanonikus hielten Anna, soweit es ihnen möglich war, fest, um sie vor größerem Schaden zu bewahren.

Der hl. Petrus Canisius beschwor indessen den bösen Geist, das Mädchen im Namen Gottes zu verlassen. Der böse Geist antwortete, er werde zwar ausfahren, aber zuvor müsse er sein Opfer für die Sünden ihrer Eltern, ihrer Dienstherrschaft und wegen der Vergehen des ganzen Fuggerschen Geschlechtes noch länger quälen. Sogleich nach diesen Worten wurde das Mädchen sieben Mal in die Höhe gerissen und wieder niedergestoßen, ohne daß irgendjemand das verhindern konnte. Als schließlich der hl. Petrus Canisius der Besessenen eine kleine hölzerne Marienstatue des Bildhauers Hans Leinberger an den Kopf hielt, schrie diese vor Schmerz auf und nannte den Heiligen einen Hundsschinder. Dieser antwortete: „Ja, ich will dich schinden, du teuflischer Hund, wenn du das Mädchen nicht sogleich verläßt.“ Der Teufel erwiderte: „Morgen will ich ausfahren, aber zuvor muß ich sie noch zwölf Mal schwer peinigen!“

Wie vom teuflischen Lügengeist angekündigt, brachte der nächste Tag tatsächlich die Erlösung für das so schwer geplagte Kammermädchen. Von elf Uhr vormittags bis halb drei Uhr am Nachmittag dauerte der schwere Kampf zwischen dem bösen Geist und dem hl. Exorzisten. Weil die Besessene dabei kaum zu bändigen war, hielt sie Max Fugger auf seinen Schoß fest, wobei ihm seiner Frau und der Augsburger Kanonikus noch beistehen mußten. „Der unreine Geist hat das Mägdlein dermaßen gemartert, daß alle, so dabei waren, nit ohne großes Mitleiden, Entsetzen und Tränen in den Augen bekennet hätten, das Mägdlein wäre längst in tausend Stuck zerschmettert, wo es nit Gott und seine werte Mutter insonderheit behütet hätten“, beschreibt Eisengrein das gräuliche Geschehen.

Als Anna gegen Mittag in eine tiefe Ohnmacht fiel und eine Viertelstunde lang wie tot dalag, waren alle ganz erleichtert. Sobald sie wieder zu sich kam, erzählte sie, ihr sei im Traum die Jungfrau Maria mit zwei Engeln erschienen, wobei einer der Engel ihr gesagt habe, sie müsse noch fünf Mal vom Teufel schwer gepeinigt werden, dann aber solle ihm Pater Canisius befehlen, niederzuknien, fünf Vater unser und fünf Ave Maria zu beten, sieben Mal den Erdboden zu küssen und bei der Muttergottes Abbitte dafür leisten, weil er sie so beleidigt habe. Ehe der Teufel diesen Befehlen nachkam, geschah noch Folgendes: Der böse Geist wollte unbedingt, daß das Mädchen nicht mit dem Gesicht zum Altar – also zum Allerheiligsten und zur Gnadenmutter – stehen blieb, sondern diesem den Rücken zuwandte. Der hl. Petrus Canisius zwang es jedoch zur richtigen Stellung, worauf der Teufel jämmerlich schrie: „O wehe, o wehe, meiner großen Pein, kein Teufel ist je so gemartert worden!“

Nun war der Bann endlich gebrochen, die Stimme des Teufels änderte sich und wurde auf einmal ganz zahm. Der Heilige befahl ihm, jetzt Gott und der Gottesmutter Maria die gebotene Ehre zu geben. Sogleich kniete sich das Mädchen hin, spannte die Arme aus und begann das Vater unser und das Ave Maria zu beten – jedoch nicht mit ihrer Mädchenstimme, sondern mit einer tiefen Männerstimme! Nach dieser Huldigung fing der Teufel wider Erwarten an, die Gottesmutter aufs Höchste zu preisen, weil sie eine mächtige Fürsprecherin für alle notleidenden Menschen sei und keinen im Stich lasse, der sich an sie wende. Außerdem gab er ihr die schönsten Ehrentitel, worüber sich alle nicht genug wundern konnten. Bevor er das Mädchen endgültig verließ, kniete er nochmals nieder und küßte sieben Mal die Erde. Auf die Frage des hl. Petrus Canisius, warum er das tue, antwortete er, das sei ein Befehl der Mutter Gottes wegen seiner Lästerungen. Schließlich hob er das Mädchen ein letztes Mal in die Höhe, worauf er deren Körper mit einem lauten Schrei verließ. Stiftspropst Eisengrein erwähnt noch abschließend, daß selbstverständlich alle „dem Allmächtigen Gott und seiner werten Mutter für diese große Gnad und Guttat nit ohne Seuffzen und Weinen treulich Ehr und Dank sagten“.

Dieser Exorzismus war nicht nur ein Beweis für die fürbittende Macht der Gnadenmutter von Altötting, er war zugleich ein Bekenntnis zum katholischen Glauben – zu dem Gott den Teufel zwang! Selbst der Teufel mußte die Gottesmutter aufs Höchste preisen, weil sie eine mächtige Fürsprecherin für alle notleidenden Menschen sei und keinen im Stich lasse, der sich an sie wende. Er mußte, ehe er das Mädchen endgültig verließ, gezwungen durch den Befehl der Mutter Gottes nochmals niederknien und sieben Mal die Erde küssen wegen seiner Lästerungen.

Da durch die Schrift Eisengreins dieses außergewöhnliche Ereignis weit über Bayern hinaus bekannt wurde, gingen viele Zweifelnde in sich und wurden in ihrem katholischen Glauben wieder bestärkt oder gar vom protestantischen Irrglauben bekehrt. Jedenfalls hatte eine Gegenschrift des Protestanten Johann Marbach in Straßburg genau das Gegenteil bewirkt, der Wallfahrtsort Altötting wurde noch bekannter und die Ehre Mariens noch freudiger verkündet.