Der hl. Petrus Canisius und die Marianische Kongregation

Das römische Brevier beginnt in der 2. Nachtstunde in der 4. Lesung die Lebensbeschreibung des hl. Petrus Canisius, des „zweiten Apostels Deutschlands“, wie ihn Papst Leo XIII. nannte, mit folgenden Worten: „Petrus Canisius wurde zu Nymwegen im Kreise Geldern geboren, und zwar im gleichen Jahr, in dem in Deutschland Luther offen von der Kirche sich lossagte und in dem in Spanien Ignatius von Loyola den irdischen Kriegsdienst aufgab und sich entschloß, nur mehr für den Herrn zu streiten. So zeigte Gott also schon damals, wer einmal sein Gegner und wer sein Führer im heiligen Kampf sein werde.“

Es war der 8. Mai 1521, als der Heilige das Licht der Welt erblickte – ein schicksalsschweres Jahr für die Kirche Jesu Christi. Martin Luther sagte sich offen und endgültig von der wahren Kirche los und wurde schließlich zum Gründer vieler protestantischer Sekten. In diese äußerst schwierige Zeit wurde Petrus Canisius hineingeboren, eine Zeit, die mit unserer durchaus vergleichbar ist. Der durch Luther gepredigte neue Glauben verbreitete sich überraschend schnell in weiten Teilen des Landes, wie sich in unserer Zeit der Modernismus nach dem Tod Pius‘ XII. und sodann nach dem sog. 2. Vatikanum rasend schnell verbreitete. Es zeigte sich damals wie heute, daß der katholische Glaubensgeist bei den meisten schon lange erloschen war. Der Protestantismus besaß selbstverständlich keine lehrmäßige Einheit mehr, Luther, Zwingli, Calvin – und letztlich jeder Protestant, der seinen Irrglauben ernst nimmt – erfanden jeweils ihre eigenen Varianten desselben, wie es heute bei den Modernisten auch ist. Die modernistische Menschenmachwerkskirche ist keine lehrmäßige Einheit, es gibt unzählige Gruppen, die diese Irrlehre unterschiedlich nuancieren. Neben den radikalen Modernisten gibt es die konservativen. Für jeden Geschmack gibt es die richtige Einrichtung, neben den „normalen“ Orden und unzähligen charismatischen Organisationen gibt es die „Legionäre Christi“, das „Opus Dei“ usw. Ebenso war es bei den Protestanten. Neben den radikalen Protestanten gab es die gemäßigten. Wenn Melanchton nicht immer wieder Luther gemäßigt und vermittelt hätte, wäre die protestantische Bewegung schon zu Beginn auseinandergebrochen. Wenn Montini, Wojtyla, Ratzinger sich nicht immer wieder auch gemäßigt und konservativ gegeben hätten, dann wäre die Menschenmachwerkskirche auch organisatorisch schon lange auseinandergebrochen. So werden der lehrmäßige Bruch mit der Vergangenheit und die unzähligen Irrlehren bis heute kaschiert, so daß sich die halbblinden Konservativen leicht täuschen lassen.

Reformation und Gegenreformation

Wie wir es heute ebenfalls feststellen müssen, haben es wohl auch damals die wenigsten wahrgenommen, daß sie in Luther, Calvin oder Zwingli einem Irrlehrer folgten, die ihnen eine neue „Kirche“ verkündeten, eine „Kirche“, die mit der katholischen Kirche rein gar nichts mehr gemein hatte. Diese Reformatoren verspotteten den katholischen Glauben, traten die göttlichen und menschlichen Gebote mit Füßen, leugneten das hochheilige Meßopfer und hielten von den sieben Sakramenten nur einen Bruchteil bei, so daß jeder Katholik sich unwillkürlich fragen mußte: Was war in diese Leute gefahren? Schon im fünften Jahrhundert hatte der hl. Vincenz von Lerin in seinem Commonitorium die Irrlehrer treffend charakterisiert: „Einige Neuerer versprachen (nach des Apostels Worte 1. Tim. 6.) die wahre Wissenschaft und verloren den Glauben. Was versprachen sie, wenn nicht eine neue, und wer weiß welche bis jetzt unbekannte Lehre. Höre, wie Einige von ihnen ausrufen: Kommet her, ihr Einfältige und Elende, die ihr gewöhnlich Katholiken heißet, und lernet den wahren Glauben, den außer uns niemand erfaßt, der seit mehreren Jahrhunderten verborgen liegt, jetzt aber ans Licht gebracht und offenbar wurde.“

Genauso sprachen die Irrlehrer des 16. Jahrhunderts wieder und täuschten die Leute im ganzen Land mit ihrem angeblich reinen Evangelium – und genauso sprechen sie auch noch heute.

Die göttliche Vorsehung wollte es, daß in dieser notvollen Zeit ein neuer Männerorden gegründet werden sollte: der Jesuitenorden. Während Luther sich von der Kirche lossagte, entschloß sich der hl. Ignatius von Loyola, den weltlichen Kriegsdienst aufzugeben und in die Heerschar der Streiter Jesu Christi einzutreten. Auch wenn der hl. Ignatius zunächst gar nicht daran gedacht hatte, wurden die Jesuiten dennoch zur Speerspitze der Gegenreformation. Sie verteidigten die „alten“ katholischen Wahrheiten gegen die vielfältigen Verdrehungen der Neuerer. Mit ihren Schulen und ihrer Arbeit an den Universitäten bildeten sie ein Bollwerk gegen den neuen Irr- und Unglauben. Die katholischen Fürsten baten die Jesuiten, ihnen im Kampf gegen die neuen Irrlehren zu Hilfe zu kommen. König Ferdinand berief die Jesuiten nach Wien und Österreich, die bayerischen Herzöge nach München und Ingolstadt, Dillingen und Regensburg.

Die Aufnahme des Petrus Canisius in den Jesuitenorden

In seinem Dekretalschreiben Misericordiarum Deus zur Heiligsprechung des seligen Petrus Canisius und zu seiner Erhebung zum Kirchenlehrer vom 21. Mai 1925 berichtet Papst Pius XI. über dessen Eintritt in die Gesellschaft Jesu:

„Damals war der selige Peter Faber, der erste Gefährte des heiligen Ignatius in der von ihm gegründeten Gesellschaft Jesu, eben nach Mainz gekommen. Peter Faber war namentlich ein ausgezeichneter Exerzitienmeister. Tief beseelt vom Verlangen, diesen vielgerühmten Diener Gottes kennenzulernen, eilte Canisius nach Mainz und stellte sich ihm als gelehriger Jünger vor. Einen vollen Monat weilte er bei ihm und erfuhr an sich selber die wunderbare Segenskraft der geistlichen Übungen. Da beteuerte er, er werde nicht scheiden, ehe ihm Peter Faber die Aufnahme in die Gesellschaft Jesu zugesagt habe. Es war ihm nämlich klar geworden, daß dies der Priesterorden sei, den ihm Gott in seiner Kindheit zu wiederholten Malen durch deutliche prophetische Zeichen gewiesen hatte. Sein Wunsch ging in Erfüllung, und er wurde im Mai 1543 als erster aus deutschen Landen in die Gesellschaft Jesu aufgenommen.

Nach Köln zurückgekehrt, stellte er seinen heroischen Entschluss zur evangelischen Armut unter Beweis. Nach dem Tode seines Vaters verschenkte er sein großes Erbe fast restlos an die Armen; für sich und seine Gefährten behielt er nur das Allernotwendigste zum Abschluß der Studien. Schon zu dieser Zeit war er dermaßen von heiligem Glaubenseifer beseelt, daß er als junger Diakon in seinen Predigten mit Erfolg gegen die anmaßenden Behauptungen der Reformatoren auftrat und ihren Angriff zum Stillstand brachte.“

Petrus Canisius war kein gewöhnlicher Ordenspriester, Gott hatte ihn reichlich mit natürlichen Gaben beschenkt. Zu diesen natürlichen Gaben kam sein großmütiges Streben nach den Tugenden, allen voran die Gottesliebe. Während seiner einfachen Ordensgelübde schrieb er in seiner Gelübdeformel: „Und dies alles gelobe ich einzig zur Verherrlichung Gottes und aus Liebe zu Jesus Christus, meinem Herrn, und zugleich zum Lobpreis und Dienst der glorreichen Jungfrau Maria.“

Der Priester

Damit war das Lebensprogramm des Heiligen umschrieben. Papst Pius XI. fährt in seiner kurzen Lebensbeschreibung fort:

„Nach seiner Priesterweihe im Jahre 1546 wurde Petrus Canisius als Kanzelredner bald so berühmt, daß die bekanntesten Dome fast ganz Deutschlands und selbst die Fürstenhöfe ihn als Prediger begehrten. Er setzte sich mit seiner ganzen Kraft ein, um die Rechte der katholischen Kirche zu verteidigen, die Schwankenden vor dem Abfall zu bewahren und die Gefallenen wieder aufzurichten. Auf allgemeinen Wunsch der Geistlichkeit und der Bevölkerung von Köln begab er sich zu Georg von Österreich, Bischof von Lüttich, und zu Kaiser Karl V., um gegen den Kölner Erzbischof Hermann von Wied einzuschreiten, der sich durch das Ränkespiel der Reformatoren und durch die verlockende Neuheit ihrer Lehren hatte umgarnen lassen und die falschen Anschauungen offen vertrat.

Petrus Canisius war kaum sechsundzwanzig Jahre alt, als er von Kardinal Otto Truchseß, Bischof von Augsburg, als amtlich beauftragter Theologe zum Konzil von Trient entsandt wurde, denn schon damals bewunderte man seine Gelehrsamkeit und seinen apostolischen Seeleneifer.

Vom heiligen Ignatius nach Rom berufen, war es ihm zu seiner größten Freude und zu seinem eigenen Nutzen vergönnt, eine Zeitlang in nächster Nähe seines Ordensvaters zu leben. Sodann führte ihn der Gehorsam nach Sizilien in die berühmte Stadt Messina, wo er im ersten Kolleg der Gesellschaft mit höchster Auszeichnung die klassischen Sprachen lehrte. Kaum ein Jahr später wurde er jedoch nach Rom zurückberufen und legte am 4. September 1549 in der Kirche Maria della Strada in die Hände seines heiligen Ordensvaters Ignatius die feierliche Profeß der vier Gelübde ab.“

Verehrer des heiligsten Herzens Jesu und der Mutter Gottes

Damit der Arbeiter im Weinberg des Herrn segensreich wirken kann, muß er ganz gottverbunden leben. Damit ihn der Erfolg nicht zum Hochmut verführt, muß er vollkommen demütig sein, was allein durch die Gnade Gottes möglich ist. Der hl. Petrus Canisius war von Gott auserwählt worden, in seinem Weinberg eine übermenschliche Arbeit zu leisten. Dafür hat ihn Gott wunderbar an sich gezogen, wie Pius XI. hervorhebt:

„Tags zuvor [vor seinen feierlichen Gelübden] war es ihm in der Vatikanischen Basilika durch göttliche Erleuchtung klar zu Bewußtsein gekommen, daß er zum Apostel Deutschlands berufen sei. Als er an diesem Gnadentage am Grabe des Apostelfürsten ins Gebet versunken war, ließ ihn der Herr Jesus Christus einen Blick tun in sein geöffnetes Erlöserherz und am Quell der reinsten Liebe schöpfen. Der Selige trat in ehrfürchtigem Schauer heran und konnte den brennenden Durst seiner Seele nach Glauben, Hoffnung und Liebe in vollen Zügen stillen. Gestärkt durch diesen wunderbaren Erweis der göttlichen Güte, hegte er von da an eine innige Verehrung zum Heiligsten Herzen Jesu und unterwies auch andere in dieser überaus heilsamen Andacht. Ja, er verfaßte zu Ehren des Heiligsten Herzens Jesu tiefsinnige Gebete. Daher zählt man ihn verdientermaßen zu den berühmten Vorläufern der heiligen Margareta Maria Alacoque.“

In seinen „Bekenntnissen“ ergänzt der hl. Petrus Canisius das Gesagte: „Bei Beginn der Messe, die Dein Sohn Ignatius, der erste hochwürdige Generalobere unseres Ordens, in Gegenwart aller Mitbrüder feierte, … hast Du mir die höchsten Verheißungen gegeben und mir neuen Mut geschenkt … Du hast mich gnädig dazu geführt, daß ich fürderhin als neues Geschöpf lebe und nur mehr meine völlige Hinwendung zu Dir vor Augen habe. Deine seligste Mutter gab zu diesem neuen Anfang ihren Segen.“

Es war also Gott in Seiner unendlichen Liebe, der unseren Heiligen für seine außergewöhnliche Sendung vorbereitet hatte. Es ließ ihn der Herr Jesus Christus einen Blick tun in sein geöffnetes Erlöserherz und am Quell der reinsten Liebe schöpfen. Diese Liebe sollte Petrus Canisius in den Menschenherzen neu entfachen. Darum ließ ihn unser gütigster Erlöser den brennenden Durst seiner Seele nach Glauben, Hoffnung und Liebe in vollen Zügen stillen.

Zu dieser brennenden Gottesliebe, genährt aus dem göttlichen Herzen Jesu kam, wie könnte es anders sein, eine zärtliche Liebe zur Mutter Jesu. Aus den Worten seines Briefes vom 27. Dezember 1544, den er seiner Stiefmutter Wendelina Canis, geb. van den Bergh, nach dem Tod seines Vaters schrieb, spürt man seine eigene tiefinnige Marienverehrung heraus: „Als Zeichen meines innigen Gedenkens schicke ich dir ein Bild Unserer Lieben Frau; möge es dir als Tugendspiegel dienen und dir Trost bringen, wenn Leid und Sorge über dich kommen. Die heilige Mutter Maria war während ihres ganzen Lebens in tausend Sorgen und Ängsten um ihren teuren Sohn. Als der Herr noch jung war, da überdachte sie und schaute schon klar voraus im Lichte himmlischer Erleuchtung, was die zarten Glieder ihres Kindes noch erleiden mußten. Sie bedeckte mit ihren Tränen die kleinen Hände und Füße, durch die man einmal große Nägel treiben sollte, und sie küßte sein heiliges Haupt, das einmal die Dornenkrone tragen wird. So opfere auch du, meine sehr liebe Mutter, all deinen Schmerz auf in Vereinigung mit dem Leiden der heiligsten Gottesmutter. Lege alle deine Sorgen, all deine Last in das von Schmerzen durchbohrte Herz der Himmelskönigin, die dich besser zu schützen vermag als irgendein Mensch sonst.“

Aufbruch nach Deutschland

Innerlich war also der neue Apostel Deutschlands durch die Gnade Gottes wohl bereitet, nun fehlte nur noch der göttliche Auftrag, wie Papst Pius XI. eigens hervorhebt:

„Er mußte aber noch von jenem beauftragt werden, dem allein gesagt wurde: Weide meine Schafe! [Joh 21,15] Schreibt doch der Apostel von allen andern Verkündern des Evangeliums: Wie können sie predigen, wenn sie nicht gesandt sind? [Röm. 10,15] Da nun der selige Petrus Canisius vom heiligen Ignatius nach Deutschland zurückgeschickt wurde, um sich dort niederzulassen, trat er demütig hin vor Papst Paul III., wie einst der heilige Bonifatius vor Gregor II., um den apostolischen Segen zu erbitten. Wahrlich glückselig der Papst, dem es vergönnt war, zwei ausgezeichneten, in der Kirche rühmlichst bekannten Glaubensboten aus der von ihm bestätigten Gesellschaft Jesu seine Vollmacht zu übertragen und seinen Segen zu spenden: Franz Xaver und Petrus Canisius!

Canisius machte sich sogleich auf den Weg, da er sich nun in seiner wunderbaren Berufung durch die Sendung des Papstes bestärkt fühlte. Auf Geheiß seiner Obern verweilte er jedoch einige Zeit in Bologna, um sich das Doktorat der Theologie zu erwerben., Nach glänzend bestandener Prüfung und nach der feierlichen Überreichung des Doktorhutes durch Kardinal Johann Maria del Monte, den nachmaligen Papst Julius III., überschritt er die Alpen und kam gegen Ende des Jahres 1549 nach Ingolstadt.“

Ein Brief des hl. Petrus Canisius

Wie erging es dem Heiligen nördlich der Alpen? Welche Erfahrungen machte er inmitten der damals herrschenden Verwirrungen im Glauben und in der Gesellschaft? Es sind uns zahlreiche Briefe erhalten, die uns darüber informieren. In seinem Brief vom 4. März 1559 an P. Hieronymus Nadal, damaliger Assistent des Ordensgenerals, liest man u.a.:

„Zunächst ist für unsere Leute in jenen Gebieten große Tugend notwendig, damit sie die Menschen verstehen und ihnen nahekommen können, die sich schon zur Häresie verführen ließen oder doch in der höchsten Gefahr des Abfalls und der Täuschung schweben. Denn während man bisher die weltliche Macht dazu gebraucht hat, den katholischen Glauben zu schützen, so kann man jetzt von den Fürsten diese Hilfeleistung nicht mehr erwarten. Außerdem vermögen die Männer der Kirche, verlassen von der Hilfe der andern, die Ausübung der Religion nicht mehr aufrechtzuerhalten und vernachlässigen ihre Pflicht gar sehr. ,Sie mischen sich mit Heiden‘ und Häretikern und ,lernten von ihren Sitten‘ (Ps 105, 35). Deswegen müssen die Unsern nicht nur den Weltleuten ihre Sorge zuwenden, sondern auch dem Klerus und den Ordensleuten, wenn sie die kirchliche Zucht dort wiederherstellen wollen. Daß die Geistlichkeit zum großen Teil den Anforderungen ihres Standes nicht mehr ganz nachkommt, will ich nur kurz erwähnen. Und so ist es klar, daß die Grundlagen der Religion von Tag zu Tag mehr schwinden, vor allem der dem Heiligen Stuhl und den Kirchenlehrern und den Konzilien schuldige Gehorsam. Und niemand ist da, ,der für das betrübte Sion sorgte‘ (Jer 6, 14).

Ferner hat mir auf meiner Reise der Herr gezeigt, von welcher Bedeutung jenes besondere Gelübde ist, durch das sich die Gesellschaft Jesu dem Apostolischen Stuhl verpflichtet, ihm ganz und ohne Lohn immer und überall ihren Dienst zu leisten und ohne jede Ausnahme und ohne Rücksicht auf die eigenen Kräfte, nur im Vertrauen auf die überreiche Güte und Kraft Jesu Christi, unseres Hauptes und Hohenpriesters, unseres Königs und Herrn, der ,in Ewigkeit gepriesen werde‘ (Röm 9, 5). Und ich sehe, wie notwendig und nützlich ein besonderer Eifer zur Verteidigung des Apostolischen Stuhles in diesen letzten Zeiten ist — das Ende oder jedenfalls die letzten Zeichen des Endes künden sich ja bereits uns an —; ich will mit der Gnade des Herrn mithelfen an der Gründung einer Vereinigung von gelehrten, vornehmen und edlen Männern, wie sie sich ja gewöhnlich an der Kurie in Rom aufhalten. Ich meine eine apostolische Gemeinschaft von wirklichen Rittern des hl. Petrus, die im wahren Geiste Gottes sich aus verschiedenen Nationen zusammenfinden und nur von dem einen Gedanken erfüllt sind: ihre Dienste in dieser Notzeit ganz dem Stuhle des hl. Petrus zu weihen, zumal wenn sie in diese Länder im Norden, gleichgültig ob mit vielen oder wenigen Begleitern, geschickt werden zur Verteidigung der Religion und der heiligen Kirche, ohne sich darum zu kümmern, wie lang ihr Aufenthalt und ihre Sendung zu Barbaren und Feinden des katholischen Glaubens dauern soll. Und ich glaube bestimmt, daß ihre Hingabe Gott ein wohlgefälliges Opfer sein wird. Und wenn sie vielleicht auch in jenen Gegenden durch Predigten und Verhandlungen mit Fürsten nichts erreichen, so werden sie doch durch das Beispiel ihres tadellosen Lebens beweisen, daß sie Katholiken sind, und so über alles Erwarten der Sache der Religion Hilfe zukommen lassen; und desto mehr werden sie erreichen, je mehr Gelegenheit zum Erweis ihres Glaubens, ihrer Demut und des Gehorsams und schließlich überhaupt jeder Tugend ihnen dort geboten wird.“

Wahrer Eifer zur Verteidigung des Apostolischen Stuhles

Nimmt man diese Worte des Heiligen nur einigermaßen ernst, dann kommt einem das Verhalten der allermeisten Traditionalisten ihrem „Papst“ gegenüber einfach nur lächerlich vor. Indem sie allzeit ihrem „Papst“ tapfer Widerstand leisten, wollen sie die Kirche reformieren. Unsinniger kann man eine Reform gar nicht anpacken.

Andererseits ahnt man aus den Worten auch die noch viel größere Not unserer papstlosen Zeit. Wenn damals der Heilige schon schreiben konnte: Und ich sehe, wie notwendig und nützlich ein besonderer Eifer zur Verteidigung des Apostolischen Stuhles in diesen letzten Zeiten ist — das Ende oder jedenfalls die letzten Zeichen des Endes künden sich ja bereits uns an, was würde er erst heute schreiben? Eines ganz sicher: Man kann jetzt den Apostolischen Stuhl nur dann verteidigen, wenn man die Einsicht in die papstlose Zeit gewonnen hat. Häretiker, Apostaten oder gar Satanisten als Päpste zu verteidigen. ist nicht nur absurd, es ist vor allem glaubenszerstörend.

Um gegen die neuen Irrlehrer antreten zu können, war beides notwendig: Ein heiliges Leben und heilige Wissenschaft. Neben dem Sittenverfall war vor allem die weitverbreitete Unwissenheit der Grund für den großen Erfolg der Neuerer. Die wahren, katholischen Reformatoren mußten beidem entgegenwirken können. Der hl. Petrus Canisius war nicht nur Missionar, er war auch ein ausgezeichneter Theologe und Schriftsteller. Es ist eines der Wunder seines heiligen Lebens, daß er zu beidem Zeit fand, Länder predigend zu durchwandern und Bücher zu schreiben.

Ein weiterer Brief

In einem weiteren Brief vom Januar 1583, der an den Ordensgeneral Claudius Acquaviva gerichtet ist, geht der Heilige ausführlicher auf den notwendigen Glaubensgeist ein. Am Beispiel des sel. Petrus Faber verdeutlicht er diesen:

„Nach dem Beispiel von Pater Faber [Petrus Faber war der erste Gefährte des hl. Ignatius v. Loyola] sollen wir zu diesem Ziel nicht nur Gott anrufen, sondern auch die Heiligen. Er berichtet von sich selbst (in seinem Memoriale Nr. 34): ,Als ich dem Dechanten von Speyer die Geistlichen Übungen gab und nicht erreichte, was ich wollte, verspürte ich im Gebet eine besondere Andacht, wie ich sie bisher noch nie verspürt hatte. Ich betete nämlich zunächst zum himmlischen Vater wie einer, der etwas zu erreichen sucht, dann zu Unserer Lieben Frau, dann zu dem Schutzengel, der ja der Lehrer und gewissermaßen der Erzieher dessen ist, um den ich mich mühte; schließlich zu den Heiligen, die ihm wie Brüder oder Schwestern besonders zugetan sind. Das schien mir ein guter Weg, um jenen als Freund zu gewinnen … Um das Wohlwollen für meine Tätigkeit zu erreichen, erwies es sich auch als sehr notwendig, eine besondere Andacht zu den Schutzengeln zu haben, die uns die Menschen vorbereiten können und Abneigung und Versuchungen des bösen Feindes fernhalten.‘ So war Pater Faber nicht ein wortgewandter Redner, sondern ein eifriger Beter zu Gott und den Heiligen und wurde so ein wirklich erfolgreicher ,Menschenfischer‘. Auch andere Übungen des P. Faber können uns, wenn wir auf Reisen sind und mit Menschen zusammentreffen, von großem Nutzen sein; so schreibt er (in seinem Memoriale Nr. 21): ,Wenn ich bei meinen Reisen durch Felder oder Weinberge kam, boten sich mir viele Gelegenheiten zum Gebet: ich betete um eine gute Ernte, ich dankte Gott im Namen der Eigentümer, ich betete für sie um Gottes Verzeihung, daß sie selber nicht ihre irdischen Güter als Gaben Gottes zu erkennen vermögen; ich rief die Heiligen an, deren Sorge diese Gegenden anvertraut sind, und bat sie, sie möchten das ersetzen, was die Einwohner zu tun nicht imstande sind, nämlich Gott zu danken, Ihn um Verzeihung und die notwendige Gnadenhilfe zu bitten.‘ Wenn man zum erstenmal ein Land oder eine Stadt betritt, soll man nach dem Beispiel des gleichen Paters die Engel und Erzengel und außerdem die bekannteren Heiligen jener Gegend anrufen und verehren und seine Bemühungen in der Seelsorge ihrem Schutz anempfehlen; auf ihre Fürbitte wird Gott sicher große Hilfe trotz der eigenen Unwürdigkeit gewähren. Dies sind gleichsam vorbereitende Übungen; Gott und die Heiligen haben daran umso mehr Wohlgefallen, je mehr ungeheuchelte Demut und festes Vertrauen im Gebet sich mit ihnen verbinden.“

Übernatürlicher Glaubensgeist

Hier begegnen wir einem vollkommen übernatürlichen Glaubensgeist, der himmelweit von dem unserer Zeit entfernt ist. Ganz aus dem katholischen Glauben heraus muß der Missionar seine Aufgaben wahrnehmen, um mit dem Himmel zusammenarbeiten zu können. Nur dann kann man wahrhaft segensreich wirken, was gar nicht so einfach von dem Wirken der Sekten zu unterscheiden ist, wie man gewöhnlich meint. Der moderne Mensch – und viele Traditionalisten! – wollen den Segen Gottes am Erfolg messen. Nun, damals hatten die protestantischen Irrlehrer viel mehr Erfolg als die katholischen Missionare – fehlte also der Segen Gottes oder hatten gar die Irrlehrer recht?

Prälat Mehler über die Stadt Regensburg

In einer zerbrechenden Welt wird umso deutlicher, es ist ein Heiliger notwendig, um dem Glaubensabfall entgegenwirken zu können. In seiner Broschüre „Kurze Geschichte der Marianischen Kongregation Regensburg 1592 – 1908“ beschreibt Prälat Mehler den schon unheimlich anmutenden Abfall der Stadt Regensburg nach einem letzten, wunderbaren Aufblühen der Marienfrömmigkeit.

„Die Bewohner der freien Reichsstadt Regensburg waren schon seit 1525 teilweise zur neuen protestantischen Lehre übergetreten. In verschiedenen Privatkapellen, deren Regensburg viele besaß, wurde schon damals protestantischer Gottesdienst gehalten. Die neue Lehre wurde besonders gefördert durch die Herren von Stauf zu Ehrenfels auf Beratzhofen. Sie ließen in ihrem Freihause, dem Staufferhofe den Gottesdienst mit Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalten begehen.“

Einst eifrige Marienverehrung in Regensburg

„Seit 1519 war auf dem Neupfarrplatz anstelle der alten Synagoge eine Kapelle zu Ehren der ‚Schönen Maria‘ errichtet worden. Diese erhielt ungeheuren Zulauf als Wallfahrt, sodaß man bald aus den Opfern eine steinerne Marienkirche bauen konnte. Vor der Kirche hatte man eine Mariensäule errichtet, welche der Dombaumeister Heydenreich kunstvoll gemeißelt hatte. Eine unglaubliche Begeisterung für die Marienverehrung hatte die katholische Bevölkerung in der Stadt und auf dem Lande erfaßt und von nah und fern kamen Prozessionen und einzelne Wallfahrer zur ‚Schönen Maria‘, durch deren mächtige Fürbitte sie tausendfache Hilfe erlangten. Oft sollen 50000 Wallfahrer auf dem Neupfarrplatz um die Gnadenkapelle versammelt gewesen sein – wie heute in Altötting oder Lourdes. Papst Leo X. hatte den frommen Pilgern reiche Ablässe verliehen. 23 Kardinäle besiegelten die Bulle, welche der Stadtkämmerer Simon Schwebel und der Bürger Kaspar Amann erbeten hatten.

Die wunderbare Andacht zu U.L. Frau steigerte sich noch mehr, wie auch die Gnaden und die Wunder der Himmelskönigin sich mehrten. Nach Regensburg zur „Schönen Maria“ kamen Jung und Alt, Männer und Frauen, Geistliche und Laien – alle, um dem Drang des Herzens zu genügen, bei der himmlischen Gnadenmutter zu beten und Hilfe zu erlangen. Der Handwerksmann verließ sein Geschäft, der Landmann das Feld, die Magd den Stall, die Mutter den Herd, die Tochter die Mutter – und sie eilten alle bei Tag und bei Nacht, im Winter und im Sommer, so schnell sie vermochten nach Regensburg. Bei solchem Andrang des katholischen Volkes darf es uns nicht wundernehmen, wenn ein uraltes Büchlein aus dem Jahre 1522 225 Gebetserhörungen vorführt, es darf nicht wundern, wenn die Chronik 1522 erzählt, daß von Mariä Verkündigung 1519 bis zum 25. März 1522, also in drei Jahren 25374 hl. Messen und Ämter in und außer der Kapelle gelesen und gesungen wurden.

Sechs bis sieben Jahre dauerte nach protestantischen Zeugnissen diese marianische Begeisterung. Dies sind Tatsachen, die wohl einzig in den Annalen unserer Stadt sind, aber beglaubigt durch untrügliche Nachrichten. Der hohe Rat von Regensburg hatte großes Interesse an der Wallfahrt, nahm die reichen Opfer ein und ließ all die wunderbaren Begebenheiten wohl aufzeichnen und drucken zum ewigen Gedächtnis.“

Regensburg wird protestantisch

„Diese Wallfahrten zur ‚Schönen Maria‘ in Regensburg waren das letzte Aufflammen der Religiösen Begeisterung, der Liebe zur Gottesmutter am Ablaufe der mittleren glaubensfrohen Zeiten. Obgleich Maria, die himmlische Gnadenmutter alle ihre Schätze zu bieten schien, um Regensburg und seine Bewohner bei den wilden Zeitstürmen in alter treuer Liebe zu bewahren, so ist es doch durch der Menschen Sinn anders gekommen. Schon 1536 wurde durch den Rat das täglich gesungene Amt, die Vesper und das Salve Regina etc. in der Gnadenkapelle abgeschafft. Im Jahre 1542, also 20 Jahre nach der blühenden Marienwallfahrt, wurde von dem Rate die Reformation offen eingeführt, das Gnadenbild beseitigt, wie es bei Niedermayer heißt, zertrümmert und in derselben Kirche, genannt ‚Neue Pfarre‘, worüber der Rat das ausschließliche Patronatsrecht hatte, der erste protestantische Gottesdienst gehalten. So wurde die letzte Kirche, welche das katholische Regensburg gebaut, die erste Stätte für die neue Lehre.“

Die Jesuiten beginnen ihre Arbeit in Deutschland

Es ist schon unheimlich zu sehen, wie wankelmütig Menschen sein können. Obwohl die Gottesmutter einen wahren Gnadensegen für Regensburg erflehte und sich als gütigste Himmelskönigin zeigte, fallen die Regensburger innerhalb von 20 Jahren vom Glauben ab – und zertrümmern schließlich das Gnadenbild! Radikaler und schrecklicher kann man den Unterschied zwischen altem und neuem Glauben gar nicht zum Ausdruck bringen: Das Gnadenbild wird zerstört, die Gnadenkapelle von der „Schönen Maria“ entweiht und zur Kultstätte des neuen Irrglaubens. So schnell war die Liebe erkaltet. Fürwahr ein schweres, bedrückendes Erbe für unseren Heiligen und die Söhne des hl. Ignatius.

Der erste Jesuit in Deutschland war Peter Faber. Hinzu kam Claudius Jajus, der im März 1542 auch Regensburg besuchte, aber schon nach einem Jahr vom Rat der Stadt ausgewiesen wurde. Der dritte war Bobadilla. Diese begannen die mühevolle Arbeit, aus dem geistigen Trümmerhaufen wieder ein Ganzes zu bilden. Schließlich wurde Petrus Canisius vom hl. Ignatius zum Provinzial der oberdeutschen Provinz ernannt. Dieser gründete vielerorts Ordens- und Studienhäuser und suchte das deutsche Kolleg in Rom mit aller Kraft zu fördern und zu erweitern. Nur außerhalb von Deutschland war damals inmitten der protestantischen Wirren eine solide Ausbildung der zukünftigen Priester und Bischöfe zu gewährleisten und der antirömische bzw. antipäpstliche Affekt zu überwinden.

In seinem schon erwähnten Schreiben Misericordiarum Deus geht Papst Pius XI. auch auf das überaus segensreiche Wirken des hochbegabten Heiligen ein:

„Nach seiner Priesterweihe im Jahre 1546 wurde Petrus Canisius als Kanzelredner bald so berühmt, daß die bekanntesten Dome fast ganz Deutschlands und selbst die Fürstenhöfe ihn als Prediger begehrten. Er setzte sich mit seiner ganzen Kraft ein, um die Rechte der katholischen Kirche zu verteidigen, die Schwankenden vor dem Abfall zu bewahren und die Gefallenen wieder aufzurichten. Auf allgemeinen Wunsch der Geistlichkeit und der Bevölkerung von Köln begab er sich zu Georg von Österreich, Bischof von Lüttich, und zu Kaiser Karl V., um gegen den Kölner Erzbischof Hermann von Wied einzuschreiten, der sich durch das Ränkespiel der Reformatoren und durch die verlockende Neuheit ihrer Lehren hatte umgarnen lassen und die falschen Anschauungen offen vertrat.“

Die lehrmäßige Widerlegung der protestantischen Irrlehren

Die Jesuiten wirkten vor allem auch an den Hochschulen, um die darniederliegenden geistlichen und weltlichen Wissenschaften zu neuer Blüte zu bringen. Dabei wurde dem hl. Petrus Canisius immer deutlicher gezeigt, wie notwendig eine lehrmäßige Erwiderung gegen die protestantischen Vorwürfe war. Infolgedessen schrieb er zwei ausgezeichnete Bücher gegen die Magdeburger Centuriatoren. Die sogenannten Magdeburger Centuriatoren waren eine Gruppe von protestantischen Gelehrten, die unter Führung des fanatischen Flaccius Illyricus sich zum Ziel gesetzt hatten, „eine Kirchengeschichte, die in klarer Anordnung, Jahrhundert für Jahrhundert, einen vollständigen Begriff von der Kirche Christi gibt“, zu verfassen. Dabei sollte gezeigt werden, wie die katholische Kirche im Laufe der Jahrhunderte immer mehr vom reinen Evangelium abgewichen sei. Das Riesenwerk machte mit seinem wissenschaftlichen Gebaren bei allen Halbgebildeten einen großen Eindruck. In der Tat war es eine gigantische Geschichtsfälschung aufgrund protestantischer Voreingenommenheit.

Natürlich mußte von katholischer Seite eine Antwort erfolgen, um diese Lügen aufzudecken. Es war letztlich Caesar Baronius, der Lieblingsjünger des hl. Philipp Neri, der in aller Stille diese gewaltige Leistung erbrachte. Seine „Annalen“ bedeuteten den vollkommenen Sieg über die „Centurien“.

Der Schriftsteller

Weil dieses Werk jedoch noch längere Zeit auf sich warten ließ, übertrug der hl. Papst Pius V. Petrus Canisius diese Aufgabe, was jedoch bedeutete, den wichtigsten Mann bei der Wiedergewinnung der deutschen Kirche für längere Zeit an den Schreibtisch zu fesseln. Selbstverständlich machte sich der Heilige sofort aus Gehorsam ans Werk, wobei ihn die Liebe zur Kirche Jesu Christi so beflügelte, daß Papst Pius XI. voller Bewunderung feststellen kann:

„Es ist wahrhaftig erstaunlich, wie Canisius inmitten all dieser Sorgen noch Zeit und Kraft fand, um eine ganze Anzahl hervorragender Werke zu schreiben, die allein schon ein vollbeschäftigtes Leben mit Arbeit restlos ausgefüllt hätten. Außer den noch unveröffentlichten Handschriften (darunter etwa zweitausend Predigten über Fragen der Glaubens- und Sittenlehre, die in dreiunddreißig Bänden gesammelt sind) zählt man über dreißig von ihm selber veröffentlichte Werke.

Im Auftrag Unseres heiligen Vorgängers Pius V. unternahm er ein geschichtliches und zugleich theologisches Verteidigungswerk der katholischen Wahrheit gegen die Magdeburger Centuriatoren. Die zwei ersten und leider einzigen, sehr umfangreichen Bände, die den gemeinsamen Titel tragen ‚Über die Entstellungen des Gotteswortes‘, sind tatsächlich eine großartige Leistung, so daß man es damals bedauerte und heute noch bedauern muß, daß Canisius dieses in riesenhaften Ausmaßen angelegte Werk aus heldenmütigem Gehorsam nicht vollenden konnte. Ausgehend von der Predigt Johannes des Täufers zeigt der gelehrte Verfasser im ersten Band, daß entgegen den Behauptungen der Centuriatoren zur inneren Rechtfertigung außer dem Glauben auch die guten Werke notwendig sind. Der zweite Band, der ganz dem Lob der seligsten Jungfrau Maria gewidmet ist, enthält eine vollständige und sehr reichhaltige Lehre über die Gottesmutter, die sich auf die Heilige Schrift und die katholische Überlieferung stützt. Diese achthundert Seiten sind gleichsam der Spiegel einer edlen Seele, eines hochgelehrten Geistes und eines zartfühlenden Herzens voll kindlicher Liebe zur ‚Unvergleichlichen Jungfrau Maria und hochheiligen Gottesgebärerin‘, wie sich der Verfasser selbst ausdrückt.“

Die Widerlegung der Magdeburger Centuriatoren

Der Heilige wollte also die zahlreichen Verdrehungen der Hl. Schrift durch die Centuriatoren an drei Gestalten des Evangeliums aufweisen: Johannes dem Täufer, Maria und Petrus. Den ersten Band Über die Entstellungen des Gotteswortes veröffentlichte er im Jahr 1571. Seine Vorgesetzten waren hierauf jedoch trotz der sehr günstigen Aufnahme des Bandes unter den katholischen Gelehrten der Meinung, er könne in der Seelsorge Besseres als am Schreibtisch leisten. Dennoch ging der Heilige aufgrund des Bemühens des angesehenen Kardinals Hosius, Bischof von Ermland, daran, wenigstens neben seiner Missionsarbeit noch sein Marienwerk zu vollenden. Es wurde Ostern 1577 bis sein 800 Seiten starkes Werk erscheinen konnte: „Fünf Bücher von der unvergleichlichen Jungfrau und hochheiligen Gottesmutter Maria“. Dieses Buch kann man ganz zu Recht eine „Summa Mariana“ nennen, eine katholische Zusammenfassung der Marienkunde. In dieser fand man die echt katholische, lebendige und ehrfürchtige Überlieferung der Jahrhunderte gesammelt. Ein Jahrhundert nach dem anderen legt Zeugnis für Maria ab. Von den Kirchenvätern angefangen, über die Lehrer der mittelalterlichen Theologenschulen bis hin zu den jüngsten Schriftstellern, wie einem Johannes Gerson, einem Dionysius dem Kartäuser und einem Nikolaus von Cues, zeigte Petrus Canisius: „De Maria numquam satis – Über Maria kann nie genug gesagt werden“, wie der hl. Bernhard von Clairvaux begeistert gesagt hatte. Für die Verteidigung des hl. Petrus gegen die Verdrehungen der Protestanten fand Petrus Canisius keine Zeit mehr, diese hat für ihn der hl. Robert Bellarmin übernommen.

Wir haben schon öfter darauf hingewiesen, daß sich unsere heutigen Traditionalisten aufgrund ihrer Abneigung gegen das Unfehlbarkeitsdogma von den Verdrehungen der protestantischen Geschichtsverfälscher und nicht von den katholischen Verteidigern inspirieren lassen. Den dem hl. Petrus von den Protestanten angedichteten zahlreichen Fehlern, die sie freudig sich zu eigen machen, lassen sie genüßlich die allzeit irrenden, schlechten Päpste durch alle Jahrhunderte hindurch folgen. Und damit meinen sie, die Häretiker und Apostaten auf dem römischen Stuhl als „schlechte Päpste“ verteidigen zu können. Da waren die Protestanten noch bessere Theologen und zudem ehrlicher: Ein Papst, der den reinen Glauben, d.i. für die Protestanten das reine Evangelium verfälscht, ist kein Papst! Ein Häretiker als Papst ist schlichtweg überflüssig, ja absurd! Also gibt es gar keinen Papst! Petrus hatte niemals Nachfolger! Unsere beiden heiligen Theologen wären sicherlich entsetzt, solche Verdrehungen bei „Katholiken“ lesen zu müssen.

Die Marianische Kongregation

Als Provinzial der oberdeutschen Provinz gründete Petrus Canisius viele Ordens- und Studienhäuser. Um den Glauben vor allem der ständig wachsenden Schüler- und Studentenschar zu fördern, wurden die Marianischen Kongregationen eingerichtet, die schnell aufblühten. Am 8. November 1577 berichtet der hl. Petrus Canisius in einem Brief P. Franz Coster:

„Als ich nach Ingolstadt kam, um den P. Provinzial bei der Visitation des hiesigen Kollegs zu unterstützen, erhielt ich Ihren Brief, der mir große Freude brachte. Zeigt er mir doch die alte mitbrüderliche Liebe des P. Coster und eine Anerkennung meines Buches über die Muttergottes und gewissermaßen bereits einen Lohn für die geleistete Arbeit. Gepriesen sei Gott, der Ihrer Liebe diesen heiligen Gedanken eingegeben hat, vielerorts Kinder zum Gebet für mich anzuhalten. Zweifellos billigt die heiligste Jungfrau, unsere mächtige Herrin, Ihren frommen Eifer und Ihr Beginnen (mit der Marianischen Kongregation). Bei Maria, der nie genug gepriesenen und nie genug zu preisenden Jungfrau-Mutter, bitte ich alle Mitglieder der Kongregation inständig, auf diesem herrlichen Weg in Großmut auszuharren.

Sie sollen überzeugt sein, daß diese wunderbaren Wirkungen der göttlichen Gnade nicht nur zu Anfang, sondern noch viel reicher in der späteren Entwicklung den Dienern Marias zukommen werden. Wenn aber ‘falsche Brüder’ (Gal 2,4) neidisch sind auf einen so glückverheißenden Beginn oder sogar öffentlich dagegen Stellung nehmen, so ist das ein klares Ziel dafür, daß dieses Werk Gott wohlgefällig und für viele heilbringend ist; und deshalb muß es sich in Anfeindungen bewähren und sich durchsetzen. Die Gegner haben diesen ihren Eifer mit jenen gemein, die das Ordensleben und seine Übungen in häretischer Absicht verurteilen und zu untergraben suchen. Mit umso mehr Recht können wir aber auf die Erneuerung der katholischen Religion in den deutschen Ländern hoffen, je mehr sich zur Verteidigung der Marienverehrung und zur Ausbreitung der begonnenen Kongregation im Namen Jesu melden. Mögen die Häretiker spotten und die Kinder Christi, die in das Hosanna und das Ave Maria einstimmen, angreifen! Eine neue Welt wird aber sehen, wie die Verehrung der Gottesmutter in den meisten Ständen wieder aufblüht. Glücklich und besonders lobenswert nenne ich alle die, die mit Euer Hochwürden mithelfen an dem Beginn und an der Förderung dieses heiligen Werkes, wenn auch die Feinde Marias sich ihm entgegenstellen; diese lassen sich durch die List und Tücke des Bösen Feindes umgarnen, der der Todfeind Marias, der zweiten Eva, seit jeher ist. — Ihr Vorschlag findet meine völlige Billigung, und ich wünsche sehr, daß er möglichst bald in die Tat umgesetzt wird: daß nämlich die Mitglieder unserer Marianischen Kongregation hier (in Ingolstadt) — und es sind ihrer nicht wenige und darunter viele Adelige — zum Jahresanfang an Ihre Kongregation einen Brief schreiben, in dem sie über das segensreiche Wirken und den Fortschritt ihrer Gemeinschaft berichten. Und sie können wirklich mit gutem Recht einen solchen Bericht schreiben, denn sie leisten viel, was wert wäre, aufgeschrieben und bekanntgemacht zu werden. Mit dem Beistand Unserer Lieben Frau machen sie zum großen Erstaunen aller in der Selbstüberwindung und Frömmigkeit solche Fortschritte, daß wir Christus und seine Mutter ob dieser eifrigen Diener Marias preisen müssen. Und auch späteren Generationen wird es von Nutzen sein, wenn all das schriftlich niedergelegt wird, was Gott in den jüngeren und älteren Mitgliedern unserer Kongregation hier wirkt — gleichsam als ob Christus vielen Seelen auf die Fürbitte seiner Mutter ein einzigartiges Gnadenlicht schenken und es — wie bisher noch nie in den nördlichen Ländern — weithin leuchten lassen möchte.“

Besonders an der Lehre über die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria zeigte sich der unüberwindliche Abgrund zwischen dem katholischen Glauben und dem neuen Irrglauben. Deswegen war es naheliegend, diese Lehre wieder aufleuchten zu lassen – nicht allein theoretisch, sondern auch praktisch in der Frömmigkeit. Dafür waren die Marianischen Kongregationen bestens geeignet: Bei Maria, der nie genug gepriesenen und nie genug zu preisenden Jungfrau-Mutter, bitte ich alle Mitglieder der Kongregation inständig, auf diesem herrlichen Weg in Großmut auszuharren.

Folgen wir hierzu weiter den Ausführungen von Prälat Mehler in seiner Broschüre „Kurze Geschichte der Marianischen Kongregation Regensburg 1592 – 1908“:

„Seit dem Auftauchen der Glaubenserneuerung war die Verehrung der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria, der mächtigen Beschützerin Bayerns, merklich in Abnahme gekommen, besonders bei der Männerwelt. Angesichts dieser Sachlage fanden es die Jesuiten für gut, überall, wo sie Zutritt hatten, zur Hebung des religiösen Lebens, namentlich auch zur Wiederbelebung des Vertrauens auf die Fürbitte Mariens, engere Bündnisse gesinnungstüchtiger Katholiken unter dem Namen ‚Kongregationen‘ ins Leben zu rufen. Vorbild war die erste Kongregation am Jesuitenkollegium zu Rom, die 1575 unter dem Titel: ‚Mariä Verkündigung‘ unter den Lateinschülern entstanden war. In Dillingen hatte Jakob Rem, in Ingolstadt der selige Petrus Canisius ähnliche marianische Vereinigungen geschaffen. Landsberg, Augsburg und München waren gefolgt, begünstigt durch die Beihilfe des damaligen Nuntius in München, Graf von Portia, der selbst der Kongregation beitrat. Dadurch erhielt dieselbe hohes Ansehen.

Sofort traten die Prälaten vom Benediktinerkloster Zwiefalten und vom Schottenkloster Regensburg (Ninian Winzet) der Münchener Kongregation bei (1578), sowie mehrere hohe Adelige.

Nun kam die Reihe an Regensburg. Wenn irgendwo die Einführung einer Marianischen Kongregation dringend geboten war, so gewiß hier, schreibt Sattler. Die Mehrzahl der Bewohner hing mit unglaublicher Zähigkeit an der neuen Lehre und übte auf die kleine Zahl der noch vorhandenen Katholiken einen empörenden Druck aus. Darum versäumten die Väter der Gesellschaft Jesu nicht, mit Eröffnung des Gymnasiums zugleich eine Marianische Kongregation für die Studenten in die Wege zu leiten. Noch ehe das Jahrhundert zu Ende ging, zeigte sich ein unerwarteter Aufschwung der Regensburger Kongregation. Sattler erzählt also:

Während die Kluft zwischen Katholiken und ihren Glaubensgegnern immer größer wurde, brach 1599 eine epidemische Krankheit in der Stadt Regensburg aus, welche viele Opfer forderte, darunter einen angesehenen Sodalen der Marianischen Kongregation. Weil dieser ob seiner Anhänglichkeit an den alten Glauben Vielen ein Dorn im Auge war und überdies die Furcht vor Ansteckung die Leute in ihren Wohnungen zurückhielt, so stand zu erwarten, daß des Verblichenen irdische Hülle des Ehrengeleites von Seite seiner Mitbürger werde entbehren müssen. Darin täuschte man sich. Zur festgesetzten Stunde fanden sich alle Sodalen der Marianischen Kongregation vor der Wohnung des Verstorbenen ein und folgten in größter Andacht dem Zuge nach der Grabstätte. Der Dompropst Dr. theol. Adam Orth, der eben unpäßlich zu Hause weilte, sah den Leichenzug von seinem Fenster aus und wurde durch die aufopfernde Liebe mit der die Marianischen Sodalen der irdischen Hülle ihres verstorbenen Mitbruders zu Grab geleiteten, so gerührt, daß er sich auf der Stelle entschloß, der Sodalität beizutreten. Nach erfolgter Genesung ließ er sich wirklich aufnehmen und wirkte die Erlaubnis aus, daß in dem Saale, in welchem die Sodalen sich zu versammeln pflegten, die hl. Messe gelesen werden durfte. Nun traten auch die Domkanoniker der Marianischen Kongregation bei, nur einer derselben verweigerte beharrlich seinen Beitritt; doch änderte auch dieser gegen Ende seines Lebens seine Gesinnung. Als er nämlich im Jahre 1600 plötzlich erkrankte und sich dem Tode nahe fühlte, da bezeichnete er als seien höchsten Wunsch, das zu werden, was er bisher so hartnäckig verweigert – ein Sodale der Marianischen Kongregation. Er ließ einen Jesuiten kommen und sprach diesem nach einer reumütig abgelegten Beichte diesen seinen Wunsch aus, worauf er denselben Tag noch der Kongregation einverleibt wurde. Aus Dankbarkeit legierte er in seinem Testamente der Kongregation zu Regensburg dreihundert Gulden. Dieser Vorfall machte großes Aufsehen, die Kongregation gedieh immer mehr und man kann ohne Ruhmredigkeit behaupten, daß sie der Sammelpunkt aller katholischen Elemente der Stadt wurde und den segensreichsten Einfluß auf die Bewahrung des wahren Glaubens, auf die Festhaltung katholischer Gesinnung und Tätigkeit übte.“

(S. 19 f.)

Die Rückeroberung Bayerns für Maria

Es gibt zahlreiche Zeugnisse von Zeitgenossen, die es wieder und wieder betonen: „Die Marianischen Kongregationen heben sehr das fromme Leben und die Studien unserer Schüler.“ Aber nicht nur das, die Sodalen, wie man die Mitglieder der Marianischen Kongregationen nannte, sollten auch ihrerseits wieder Missionare sein:

„Wie die kleine Kongregation (der Gymnasiasten) zu Ingolstadt ihre Aufgabe auffassen sollte, zeigt eine Instruktion, welche beim Beginn der Ferien, am 8. Juli 1590 für die Kongregation gehalten wurde. Auf dem Titel heißt es: ‚Etliche kurze Punkte, darauf die Sodalen bedacht sein sollen, damit sie sonderlich in der Vakanz bei ihrem Nächsten Nutz und geistliche Frucht schaffen.‘ Im Einzelnen werden die Sodalen dann angewiesen, daß sie zu gewissen Zeiten als Neujahr bei ihren Eltern erwirken, gute Büchlein (Zeitungen) Vettern, Basen und Verwandten möchten schicken und schenken, auch den Dienstboten. Wenn etwa unter dem Hausgesind gemeine Sünd wäre, als Fluchen, Schelten, grob Spielen, unzüchtig Wort, sich übertrinken, usw. sollen sie beim Herrn daran sein, daß solches verboten und wers darüber täte, bestraft werde. Besonders wird eingeschärft die hl. Messe an Sonn- und Festtagen sowie die Enthaltung von Fleischessen an verbotenen Tagen. Daß die Martersäulen erhalten werden, daß ihre Geschwister und andere Kinder katholisch und wohl beten und den Katechismus lernen, wie sie einander ausfragen sollen. Wenn man das Sakrament über die Gassen trägt, dasselbe mit gebogenen Knien anbeten, fleißig für die Abgestorbenen beten. Abergläubische Gebete, damit man Krankheiten vertreiben, sollen ihnen entzogen werden.“

(S. 21 f.)

Eine durchaus anspruchsvolle Anweisung an Gymnasiasten! Da kann man erahnen, wie viel Freude die Gottesmutter an ihren Söhnen hatte, die ihr halfen, Bayern wieder für den Herrn Jesus Christus und Seine wahre Kirche zurückzuerobern.

Eine Schilderung aus dem Jahre 1615

In einem alten Manuskript betitelt: „Ratispona oder summarische Beschreibung der Stadt Regensburg von dem Regensburger Fr. Franziskus Chrienewaldt, Conventual in der Karthause bei St. Veit zu Prüll“ (gest. den 9. Juni 1626), welches Werk im Jahre 1615 geschrieben wurde, lesen wir folgendes:

„Bruderschaft St. Mariae Virg. annunciatae, das ist Unserer lieben Frauen Verkündigung von den Vätern der Gesellschaft Jesu zum außerordentlichen Nutzen und zur Beförderung des Guten unter der studierenden Jugend gegründet, vom Papst Gregor XIII. und Clemens VIII. ratifiziert und begutachtet. In dieser Kongregation ist der erste und auserlesene Kern der jugendlichen Studierenden, wo diese Patres wohnen, versammelt und wird keiner darin zugelassen, der nicht ehrlich geboren und für seinen züchtigen Wandel ein gutes Zeugnis habe. Dahingegen werden jene, welche darunter sich nicht wohl halten, als die faulen Hummeln von den fruchtbaren und keuschen Bienen ausgemustert und es wird ihnen diese Versammlung verboten, weshalb, wer in solche Bruderschaft (da der Arme soviel gilt wie der Reiche) mit seiner Bitte begehrt, aufgenommen zu werden, zunächst etliche Zeit lang geprüft, und seines Wandels und Umganges fleißige Nachfrage gehalten wird.

Sie halten alle Sonntag ihre Versammlung, in welche unter der Jugend eine wunderbare Ehrbarkeit, Zucht und Ernsthaftigkeit zu spüren ist, wobei es auch ein wohlgeordnetes Staatsregiment gleichkommt; welchem erstlich ein Pater dieser Gesellschaft präsidiert, damit schöne Ermahnungen und andere Werke dieser Jugend vorlegt werden und sie zum Guten ermuntert wird; sodann ist der Präfekt mit seinen Herrn Assistenten, die von der ganzen Gemeinschaft alle Viertel Jahr, als die Consules oder Bürgermeister in einer Gemeinde erwählt werden, zu welchen 6 oder 12 Consultores kommen oder die als Ratsherrn die ganze Bruderschaft unter sich aufgeteilt haben, jeder und alle, wie sie sich daheim zu Haus, in der Kirche, Schule und auf der Gasse verhalten, inachtnehmen, ermuntern, unterrichten, den Armen zuhilfe kommen, die kranken Sodalen besuchen, also daß besondere Liebe unter ihnen allen ist, einer den anderen zum Guten aneifert, daß sie Gutes hören, ihren Eltern, Geschwistern, Kostleuten und Hausgenossen heimbringen und mitteilen, und also die jungen Knaben zeitlich ihrer Eltern Lehrmeister werden, da sie ihnen und anderen Leuten mehr, wo sie nur Gelegenheit finden, anzeigen, wie man beten, beichten, den Lastern und falscher Lehre widerstehen soll. Von Disziplin, Geisel und anderen Bußwerken wider das Fleisch wissen sie einem gute Auskunft zu geben. Während andere Buben auf dem Spielplatz sind, findet man diese Sodalen, welche die eifrigsten sind, in den Spitälern und Kirchen. Wenn von Studien freie Tage, Erholungs- und Spaziertage sind, so wandeln sie mit Andacht in oder außer der Stadt zu den Kirchen.

Alle Monate wird ihnen in der Kongregation durch das Los ein Heiliger auf einem Zettel ausgeteilt, den sie als ihren Patron täglich verehren, dabei ein schöner goldener Satz aus der Heiligen Schrift oder den Kirchenlehrern, indem sie sich bespiegeln; dann ist auch eine Tugend beschrieben, nach der sie ringen, und letztlich einer außer ihrer Bruderschaft bezeichnet und unterschrieben, für den sie beten sollen. Wenn man zu unterschiedlicher Frist verlesen hört, was innerhalb kurzer Zeit diese Sodalen samt und sonders für mannigfaltige schöne und herrliche guten Werke vollbracht haben, springt einem das Herz vor Freuden im Leib, und erlernet dann einer vom anderen daraus in diesem oder jenem, den Besten nachzufolgen, daß also diese Sodalität bildlich der schöne, ausgedroschene, gereinigte Weizen ist, und daß ich es wiederhole, der auserlesene, beste Kern der Jugend. Dieser Samen, da er aufgeht, und erwächst, wie man es heute spürt, in geistlichen und weltlichen Stand, gibt soviele nützliche und gelehrte und ehrbare Leute und Männer ab, durch welche der katholische Glaube, und wer demselben anhängt, rechtschaffen Lieb und Tugend in den Kirchen befeuert, vermehrt und erhalten wird.

Darum sind auch allerseits andere ehrbare und hochansehnliche Männer, darunter auch fürstliche Personen, dazu angeregt worden, daß sie diese gottseligen Jünglinge ihrer Kongregation einverleibt haben. Sie selbst besuchen die Versammlungen, öffentliche Exerzitien und Prozessionen neben ihnen und wollen der guten Werke dieser jungfräulichen und gleichsam noch unschuldigen Jugend (die gewiß darum vor Gott und seiner Mutter und anderen Heiligen wohl angesehen, und güldig sind) teilhaftig sein, wobei in dieser Kongregation zu Regensburg das höchstfürstliche Mitglied und zugleich der Patron der durchlauchtigste Fürst und Herr Philippus der Römischen Kirche Kardinal Bischof allhier und Herzog in Bayern ist. Dieser hat zu seinem Gedächtnis in dem Collegium für diese Bruderschaft ein besonderes schönes Gemach bauen lassen, und sonst in mancherlei Werk dieselbe erhöht und mit seiner Gegenwart oftmals ausgezeichnet und befördert.“

(S. 25 ff.; Der Text wurde sprachlich angeglichen.)

Man kann Mehler nur zustimmen, wenn er feststellt: „Diese herrliche Schilderung verdient öfter gelesen zu werden, um den reichen Inhalt ganz zu verstehen.“