Gedanken zur Fastenzeit

Zum Beginn der Fastenzeit, am Ersten Fastensonntag, werden uns die beiden „Staaten“ vorgestellt, der Gottesstaat und der Weltstaat, mit ihren beiden „Heerbannern“: dem Banner Unseres Herrn Jesus Christus und dem Banner Satans. Im Evangelium hörten wir da, wie der Teufel in der Wüste an den Heiland herantritt und Ihn versucht, nachdem Dieser vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hat. Wir sollten damit dadurch darauf hingewiesen werden, daß die Fastenzeit Kampfeszeit ist, eine Art Heerübung im Kampf des Reiches Gottes gegen das des Teufels.

I. Pater Gabriel a S. Maria Magdalena O.C. D. schreibt in seinem „Geheimnis der Gottesfreundschaft“ zum Dritten Fastensonntag: „Schon am ersten Fastensonntag hat uns die Kirche Jesus im Kampf mit dem Teufel gezeigt; damals in der demütigen Haltung eines Verteidigers gegenüber den Angriffen des Bösen; heute hingegen zeigt sie uns den Herrn in der Haltung des Angreifers und als mächtigen Sieger“ (Bd. I, S. 385-386). Im Evangelium (Lk 11, 14-28) wird uns von einem Besessenen berichtet, der „stumm war“. Es ist charakteristisch für den Teufel, daß er die Seinen zum „Verstummen“ bringt. Das heißt nicht, daß sie nichts mehr reden, aber daß sie nicht mehr „recht“ zu reden verstehen. Sie schwätzen oft sehr viel, aber lauter dummes Zeug und nicht das, was sie reden sollten: die Wahrheit.

In der Lesung des 3. Fastensonntags mahnt uns der heilige Paulus: „Unzucht aber und jede Unreinigkeit oder Geiz sollen unter euch nicht einmal genannt werden, wie es sich für Heilige ziemt; ebensowenig Schamlosigkeit, törichtes Gerede und Possen, die sich nicht schicken; um so mehr aber Danksagung“ (Eph 5, 3-4). Vergleichen wir damit dasjenige, was wir tagtäglich in den „Medien“ zu hören bekommen, so werden wir feststellen, daß es sich dabei ausschließlich um jene Dinge handelt, die unter „Heiligen“ nicht einmal genannt werden sollen, während sie „stumm“ sind in dem, was Heiligen ziemt: Danksagung, d.h. Lob Gottes.

„Mit einem einzigen Akt seiner göttlichen Kraft verjagt Jesus den Teufel“ und zeigt so Seine überlegene Macht. „Der Feind aber, wie um sich für die Niederlage zu rächen, gibt den Pharisäern die böse Verleumdung ein: ‚Er treibt die Teufel durch den Obersten der Teufel aus.‘ Jesus ist des Bundes mit dem Bösen angeklagt; er habe vom Teufel die Macht erhalten, den Besessenen zu befreien“ (P. Gabriel, a.a.O. S. 386). Üble Nachrede und Verleumdung sind die üblichen Methoden des „Weltstaates“, sich gegen die übermächtige Wahrheit zu wehren, welcher er sonst nichts entgegenzusetzen hat. Dabei wird oft wie hier das Phänomen der „Projektion“ sichtbar, d.h. man schreibt genau das Üble, das man selber tut, dem Gegner zu.

Doch der Heiland widerlegt den Vorwurf mit „strenger Logik“. Er führt den Nachweis, daß Er „mit dem Finger Gottes“ die Teufel austreibt, „d.h. durch göttliche Kraft““ „Ist Satan stark und kämpfen seine Gesellen mit ihm, den Menschen zu beherrschen, so ist Jesus stärker als er! Der Herr besiegt ihn und entreißt ihm die Beute. Er ist ja dazu gekommen, die Menschheit aus der Macht der Finsternis zu befreien; er ist gekommen, Satans Reich zu vernichten und das Reich Gottes aufzurichten“ (ebd.). Deshalb wieder die Mahnung des heiligen Paulus: „Ihr waret einst Finsternis, nun aber seid ihr Licht im Herrn. Wandelt als Kinder des Lichtes! Die Frucht des Lichtes aber besteht in lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit“ (Eph 5, 8-9).

„Der Kampf zwischen Christus und dem Satan, der damals begonnen hat, dauert bis heute an. Auch heute noch gestattet Gott dem Teufel, daran zu arbeiten, Einzelne und Gemeinschaften zum Bösen hinzuziehen.“ Heute mehr denn je ist der Teufel am Werk, „mit großem Grimme, da er weiß, daß er eine kurze Frist hat“ (Off 12, 12). Gott ist gerecht. Er läßt auch dem Teufel die kurzen Triumphe für seine Mühen. „Aber Jesus hat am Kreuze schon den Preis für unsern Sieg bezahlt, und dieser Preis steht uns zur Verfügung. In der Kraft Christi, mit der Gnade Christi hat heute jeder Christ die Macht, jeglichen Angriff des Feindes zurückzuschlagen. Lassen wir uns also nicht schrecken durch die Triumphe des Bösen. Es sind nur scheinbare Siege. Jesus ist stärker, er ist der einzige und letzte Sieger“ (P. Gabriel a.a.O.).

Damit aber „Jesu Sieg über das Böse unser sei, bedarf es offensichtlich unserer Mitarbeit. Im heutigen Evangelium gibt Jesus selbst einige Anhaltspunkte dafür“ (ebd.). Der erste und wichtigste Hinweis: „Jedes Reich, das in sich uneins ist, zerfällt.“ „Damit sagt der Herr, daß Einigkeit das Geheimnis des Sieges ist. Vor allem die Einheit mit ihm, denn ohne ihn können wir nichts tun; aber auch die Einigkeit mit dem Nächsten. Wollen wir also für den Sieg des Guten arbeiten, so laßt uns – ein Herz und eine Seele – mit unsern Obern, mit unsern Brüdern und Schwestern zusammenwirken“ (S. 387). Der Heiland hat deswegen Seinem Reich, der Kirche, eine ganz besonders feste, übernatürliche Einheit verliehen, die eines ihrer unverlierbaren Kennzeichen ist: es ist die Einheit im Glauben, im Kult und in der Führung. Diese Einheit wird wesentlich gewirkt durch den Stellvertreter Christi auf Erden, das sichtbare Oberhaupt der Kirche, den römischen Papst.

Aufgrund der außergewöhnlichen Sedisvakanz, die wir in unserer papstlosen Zeit erleben, ist diese Einheit nicht genommen, aber erschwert und getrübt. Umso mehr sollten sich die verbliebenen Katholiken um Einheit untereinander bemühen. Pater Gabriel gibt zu bedenken: „Oft wäre viel mehr des Guten zu erreichen, wenn man auf persönliche Ansichten zu verzichten und voll Eintracht zusammenzuarbeiten wüßte. Manchmal mag es sogar nötig sein, auf Ideen, Pläne oder Mittel zu verzichten, die an sich besser sind; doch lassen wir uns nicht täuschen: das beste ist immer die Eintracht. Spaltung führt nie zum Ziel.“ Wenn das doch nur von den Katholiken in der Zerstreuung mehr beachtet und beherzigt würde! So aber müssen wir uns nicht wundern, daß wir so kraftlos geworden sind und der Teufel von Sieg zu Sieg schreitet.

„Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich“, lautet ein weiterer Anhaltspunkt. P. Gabriel führt dazu aus: „Das Christentum läßt keine Gleichgültigen zu. Wer sich nicht entschieden zu Christus bekennt, wer nicht für die Ausbreitung seines Reiches wirkt, stellt sich schon dadurch in Gegensatz zu ihm. Er widersetzt sich dem Guten, ist ein Feind Christi und begünstigt das Böse. Das Gute, das man tun sollte und könnte, unterlassen heißt: schon ein Böses tun , ist eine Zustimmung zur Entfaltung des Bösen.“ Ja, vieles wäre anders, wenn es unter den Christen nicht so viel Gleichgültigkeit gäbe! Die Seherin Anna Katharina Emmerich schreibt einmal: „Und ich sah auch den Dienst der Welt vollkommener geübt, den Dienst Gottes aber oft so ärgerlich versehen! Ach wenn die Seelen einmal ihre Rechte von der Geistlichkeit einfordern werden, die ihnen durch Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit so vieles vergeudet, es wird ein furchtbarer Schrecken sein!“ (A.K. Emmerich, Visionen, hrsg. von P. Karl Erhard Schmöger, Aschaffenburg 2/1972, S. 88-89).

„Die erste Bedingung für den Sieg über das Böse“ ist also die eifrige und „tätige Mitarbeit am Werke Christi, vereint mit den Brüdern. Die zweite ist Wachsamkeit“ (P. Gabriel a.a.O.). „Jesus macht darauf aufmerksam, daß der Feind des Guten auf der Lauer liegt. Und mußte er eine Seele verlassen, so ist er bereit, mit stärkerer Macht in sie zurückzukehren, ‚mit sieben andern Geistern, die ärger sind als er‘. Dazu muß er sie freilich leer finden und seinem Ansturm offen. Ein mächtiges Mittel zur Abwehr des Bösen ist das Wachen im Gebet, das Erfüllen des Herzens mit Gott; dann ist kein Raum mehr für Gottes Feind. Er findet keinen Raum mehr, wenn die Seele ganz mit Gott geeint ist durch das Aufnehmen und Befolgen seines Wortes, seines Willens“ (ebd.). Der Frau, die am Ende des Evangeliums auftritt und Jesu Mutter seligpreist, gibt der Heiland daher die Antwort: „Ja, selig, die das Wort Gottes hören und es befolgen.“ Seine heiligste Mutter ist diese Seele par excellence. Wie sehr sollten wir uns bemühen, ihr ähnlich zu werden, und sie um ihre Hilfe dazu bitten!

II. Der Teufel weiß ebenso wie der Heiland, „daß Einigkeit das Geheimnis des Sieges ist“. Er weiß auch, daß die Einigkeit des Reiches Gottes mit dem Stellvertreter Christi auf Erden steht oder fällt. Deshalb hat er seit Jahrhunderten alle Kraft darauf verwendet, die Macht des Papstes zu schwächen, zu brechen und schließlich das Papsttum möglichst ganz zu beseitigen. Die ersten entscheidenden Schritte dazu gelangen ihm bereits im 13., 14. und 15. Jahrhundert. Der Triumph der „Reformation“ im 16. Jahrhundert war bereits eine Folge davon, da man auf den Papst nicht mehr hörte und seinen Anordnungen nicht gehorchte. In der Folge wurde das Papsttum immer mehr seiner Macht und seines Einflusses beraubt, bis im 19. Jahrhundert der Papst seines Kirchenstaats beraubt wurde. Im 20. Jahrhundert sollte endlich der große Coup gelingen, die Kirche durch eine Menschenmachwerkskirche zu verdrängen und den Papst durch einen Scheinpapst zu ersetzen.

Je mehr der Kampf gegen Kirche und Papsttum voranschritt, desto mehr erkannten aber auch die Päpste diese Gefahr und nahmen ihre Zuflucht zu dem großen Heiligen, der schon den Heiland selber aus größter Gefahr gerettet und beschützt hatte: der heilige Joseph. „Papst Sixtus IV. führte 1481 das Fest (simplex) des Heiligen ein; Gregor XV. erhob es 1621 zum gebotenen Feiertag (auf Bitten der Habsburger-Kaiser Ferdinand III. und Leopold I. sowie König Karl II. von Spanien); Klemens X. gab dem Fest 1671 einen höheren Rang; Klemens XI. erhob es zu einem Fest II. Kl. und führte 1714 ein eigenes Offizium ein; Benedikt XIII. fügte 1726 den Namen des hl. Josef der Allerheiligen- und Sterbelitanei ein; Pius IX. bestimmte 1847 sein Schutzfest für die ganze Welt; 1870 wurde er zum Schutzherrn der Kirche ernannt; Leo XIII. gibt 1889 in einem Rundschreiben die Gründe dafür an; der hl. Pius X. approbiert 1909 die Litanei zum hl. Josef und läßt sie in die liturgischen Bücher eintragen; Benedikt XV. erläßt 1919 eigene Präfation für das Josefsfest; Papst Pius XI. stellt am 19. März 1937 die Kirche erneut unter den besonderen Schutz des hl. Josef gegen die Gefahr des Weltkommunismus“ (Pfr. A.M. Weigl: Sankt Josef, auch dein Helfer, S. 143-144).

„Der Höhepunkt der Verehrung, die dem hl. Josef von der Kirche gezollt wurde, blieb aber dem 19. Jahrhundert vorbehalten“, also jenem Jahrhundert, in welchem Papst und Kirche in bisher nie dagewesener Weise bedrängt wurden. „Pius VII. (1800-1823) und Gregor XVI. (1831-1846) versahen die andächtige Betrachtung der sieben Schmerzen und sieben Freuden des hl. Josef mit Ablässen. Pius IX. vermehrte am 1. Februar 1847 dieselben noch bedeutend. Mit seinem Pontifikat (1846-1878) nahm die Sankt-Josefs-Verehrung einen großartigen Aufschwung. Pius IX. war persönlich ein großer Verehrer des heiligen Patriarchen und auf den päpstlichen Stuhl erhoben, förderte er in mannigfacher Weise diese Verehrung in der Kirche“ (Isenegger-Holböck, Verehrt den heiligen Josef, S. 18).

„Am 10. September 1847 dehnte er das in einzelnen Kirchensprengeln schon früher gefeierte Schutzfest des hl. Josef auf die ganze Kirche aus.“ Dieses Fest wurde ursprünglich am 3. Sonntag nach Ostern gefeiert und dann auf den Mittwoch davor verlegt, um den Sonntag nicht zu verdrängen, der nun jedoch in der Oktav dieses Festes liegt. „Am 11. Juni 1855 erteilte er große geistliche Gnaden für die tägliche Anrufung des heiligen Nährvaters Christi im Monat März. Auch gab er am 27. April 1865 eine Verordnung heraus, die darauf hinwirkte, den Monat März dem Monat Mai gewissermaßen anzugleichen, insofern der Monat März dem hl. Josef geweiht werden sollte, wie der Monat Mai in besonderer Weise der seligsten Jungfrau Maria geweiht wird“ (S. 18-19).

„Am 8. Dezember 1870 erklärte Pius IX. den hl. Josef feierlich zum Schutzpatron der ganzen katholischen Kirche. Zugleich bestimmte er, daß künftig das Fest am 19. März als Fest erster Klasse, jedoch, weil in die Fastenzeit fallend, ohne Oktave begangen werden soll“ (S. 19). Dies geschah gerade zu dem Zeitpunkt, als die Truppen Viktor Emanuels Rom und den ganzen Kirchenstaat besetzen und der Papst fliehen mußte. „Mit dem Papsttum wollte man die Kirche zu Fall bringen. Gar manche hatten ihren baldigen Untergang vorausgesagt. Es kam aber ganz anders. Die räuberische italienische Monarchie ist untergegangen und viele Kirchenverfolger mit ihr. St. Josef hat sich in großer Bedrängnis als wahrer Schutzherr erwiesen“ (A.M. Weigl).

Am 7. Juli 1871 wandte sich der gleiche Papst „mit einem apostolischen Schreiben an den ganzen katholischen Erdkreis. Er erhöhte und vermehrte noch weiter die liturgische Verehrung des heiligen Patriarchen. Er schrieb vor, daß in den beiden Messen zu Ehren des hl. Josef jedesmal das Credo einzufügen sei u.a.m.“ (Isenegger-Holböck a.a.O.). Sage also niemand, die Päpste, allen voran der große Papst Pius IX., hätten nicht vorgesorgt und uns jenes Mittel an die Hand gegeben, das auch in dieser papstlosen Zeit unsere Rettung sein wird. „Der hl. Josef war einst in gefahrvoller Stunde Retter und Schützer des göttlichen Kindes vor den Häschern des Herodes. Wie er einst das Gotteskind vor seinen Feinden gerettet hat, so wird er als Schrecken der bösen Geister und Schutzherr der Kirche stärker sein als alle seine Feinde. Er trägt auch heute noch den mystischen Christus, das ist die Kirche, auf seinen Armen. Er rettet damit die Zukunft des Kindes und auch des ganzen Menschengeschlechtes. So wird er zum Patron aller, die ihren Teil zur Rettung der Welt beitragen wollen“ (A.M. Weigl). An uns ist es nur, auf die Stimme der Päpste zu hören und so in der Einheit der Kirche, in der Einheit mit dem heiligen Joseph und der allerseligsten Jungfrau zu verbleiben.