Die beiden Apostelfürsten, der hl. Petrus und der hl. Paulus, waren recht unterschiedliche Männer, was allein schon aus ihren unterschiedlichen Aufgaben im Reich Gottes, der hl. Kirche, ersichtlich wird. Petrus war der erste Papst, Paulus als der Völkerapostel der Theologe. Zwar wird in der Tradition von den Evangelisten der hl. Johannes als der Theologe bezeichnet, dennoch ist es aufgrund des ins Neue Testament aufgenommenen umfangreichen Schrifttums des hl. Paulus sicherlich berechtig, diesen ebenfalls als Theologen zu benennen. Wobei immer mitzubedenken ist, daß die Paulusbriefe Teil des Schriftkanons sind, also Wort Gottes im eigentlichen Sinn des Wortes, woraus folgt, der eigentliche Autor dieser Schriften ist der Heilige Geist. Das gilt gleicherweise auch für alle anderen Texte des Neuen und Alten Testaments, und damit auch für die des hl. Petrus, von dem ebenfalls zwei Briefe zum neutestamentlichen Kanon gehören.
Der Papst und der Theologe
Die so auffallende, unterschiedliche Art dieser Briefe macht übrigens eine Eigenart des göttlichen Wortes deutlich. Der Heilige Geist setzt die Eigentätigkeit und damit die Eigenart des heiligen Schriftstellers nicht einfach außer Kraft, sondern erhöht und vervollkommnet diese, so daß alle niedergeschriebenen Worte letztlich genau dem entsprechen, was der Heilige Geist sagen will, weshalb Er ganz zurecht der eigentliche Autor dieser Schriften genannt wird. So sind die Paulusbriefe dennoch als Wort Gottes zugleich ein Zeugnis für das Denken und Sein des hl. Paulus, die Petrusbriefe für das Denken und Sein des hl. Petrus.
Noch etwas ist vorweg zu erwähnen, wenn wir hier dem hl. Petrus als Papst den hl. Paulus als Theologen gegenüberstellen, daß beide als Apostel das Charisma der Unfehlbarkeit besaßen. Anders also als ein späterer Papst durch dieses Charisma einen späteren Theologen himmelweit überragt, waren sowohl der hl. Petrus als auch der hl. Paulus unfehlbare Lehrer des christkatholischen Glaubens.
Umso frappanter ist es nochmals, daß beide sich in ihren Schriften so sehr unterscheiden. Damit möchte uns wohl die göttliche Vorsehung deutlich zeigen, welch unterschiedliche Aufgaben der Papst und der Theologe in der Kirche Jesu Christi haben. Was nicht unwichtig scheint, heutzutage eigens zu erwägen, fühlen sich doch die modernen, d.h. modernistischen „Theologen“ ganz auf Augenhöhe mit ihrem „Papst“.
Die Apostolischen Briefe – Quelle und Vorschrift des Glaubens und der Sitten
Doch versuchen wir zunächst einmal, die auffallendsten Unterschiede zwischen den Briefen des hl. Petrus und des hl. Paulus herauszuarbeiten. Unübersehbar ist schon rein äußerlich die unterschiedliche Länge der Texte. Die vierzehn Briefe des hl. Paulus bilden den umfangreichsten Teil des Schrifttums des Neuen Testaments. In der Einleitung des Alliolischen Bibelwerkes liest man zu den Paulusbriefen:
„Die Apostel reisten nach dem Befehle Jesu Christi, ihres Herrn (Matth. 28, 19), umher, und verkündeten das Evangelium. Diese lebendige, mündliche Predigt des göttlichen Wortes war es, wodurch sie die Völker zum Glauben bewegen wollten. Indes beschränkten sie sich nicht auf dieses einzige Mittel, zum Heile der Gläubigen zu wirken. Da sie nämlich die gegründeten Gemeinden immer bald verlassen mußten, um auch in andere Gegenden die Lehre des Heiles zu bringen, wollten sie schriftlich ersetzen, was ihnen mündlich zu tun nicht mehr möglich war. Sie schrieben Ermahnungsschreiben an die gestifteten Gemeinden oder auch an einzelne Personen derselben, um sie im Glauben zu stärken, in Versuchungen und Leiden zu trösten, und vor Gefahren, besonders wenn verderbliche Irrlehren einzureißen drohten, zu warnen, damit der von ihnen ausgestreute Same der göttlichen Lehre nicht wieder erstickt würde. Manchmal schrieben sie auch an Gemeinden, die nicht durch sie, sondern ihre Schüler bekehrt worden waren, weil sie hoffen konnten, daß ihr Wort das höchste Ansehen und größtes Gewicht bei ihnen haben würde. Diese Ermahnungsschreiben heißt man die apostolischen Briefe. Alle diese Briefe sind auf besondere Veranlassung entstanden, und sie hatten nicht die Bestimmung, einen vollständigen Inbegriff der christlichen Lehre zu geben, sondern sie bezogen sich immer zunächst nur auf einzelne Lehren, welche die heiligen Apostel vorzüglich einzuschärfen für nötig hielten. Andere Lehren berührten sie nur im Vorbeigehen, und von vielen sprachen sie gar nicht. So wenig also die heiligen Evangelien die ganze Lehre Christi mitteilen, eben so wenig ist dies der Fall bei den apostolischen Briefen. Dies leisteten die Glaubensprediger durch ihren mündlichen Unterricht, so wie noch heut zu Tage der Glaube und die Befestigung darin aus der Predigt der christlichen Seelsorger erlangt werden muß (S. Matth. 28. Note 22. Röm. 10, 17.).
Obwohl nun aber die Schriften der Apostel nicht alles enthalten, was gepredigt wurde, und mehrere Lehren nur aus der mündlichen Überlieferung geschöpft werden können, so sind sie doch als Werke des Heiligen Geistes von dem höchsten Wert, und sie wurden als solche von jeher von den Christen hochverehrt. Wie die göttlichen Schriften des alten Bundes, las man auch die Evangelien und Briefe der Apostel in den gottesdienstlichen Versammlungen, und sie bildeten mit jenen und den Lehren der mündlichen Überlieferung die Quelle und Vorschrift des Glaubens und der Sitten. Nicht von allen Aposteln haben wir Briefe. Die, welche in dem heiligen Verzeichnisse stehen, sind von den Aposteln Paulus, Petrus, Johannes, Jacobus und Judas Thaddäus. Vierzehn dieser apostolischen Schriften gehören dem Völkerlehrer Paulus an, von dessen Leben und Taten die Apostelgeschichte erzählt. Er schrieb sie bei verschiedenen Anlässen auf seinen Bekehrungsreisen, und sie bilden außer den Evangelien den größten Schatz christlicher Lehre und Weisheit. In unserer Sammlung der Schriften des neuen Testamentes befinden sie sich nicht nach der Zeitordnung, in welcher sie geschrieben wurden; sondern die größeren Briefe stehen voran, die kleineren folgen, und darunter gehen wieder die an ganze Gemeinden denen an einzelne Personen vor. Den Schluß macht der Brief an die Hebräer, weil in der Kirche längere Zeit nicht entschieden war, ob er von dem heiligen Paulus oder einem andern heiligen Schriftsteller verfaßt worden sei. Seines vorzüglichen, gewichtigen Inhaltes wegen, oder, wie andere glauben, um des Vorzugs der römischen Kirche willen steht an der Spitze: Der Brief an die Römer.“
Anlaß der apostolischen Schreiben
Die Briefe der Apostel sind selbstverständlich im strengen Sinne des Wortes keine theologischen Abhandlungen. Die Apostel haben ihre Briefe aufgrund eines besonderen Anlasses in einer der neugegründeten Gemeinden geschrieben. Meist, weil irgendwelche Fragen aufgrund von lehrmäßigen oder aus disziplinarischen Unstimmigkeiten aufgekommen waren. Daraufhin hielten es die Apostel für nötig, einzelne Lehren einzuschärfen und die entgegenstehenden Irrtümer zurückzuweisen oder auch Vorschriften in Erinnerung zu bringen, die sie während ihres Aufenthaltes erlassen hatten.
Unter den apostolischen Briefen bilden neben den Evangelien die Briefe des hl. Paulus den größten Schatz christlicher Lehre und Weisheit. Der Völkerapostel war als geborener Pharisäer und gebildeter Gesetzeslehrer mit der jüdischen Lehre bestens vertraut, zudem war ihm als einem Juden, der aus Tarsus in Cilicien stammte, die Kultur der damaligen Welt bekannt. Sobald er sich zu Jesus Christus bekehrt hatte, trug er das hl. Evangelium hinaus in die heidnische Welt und bahnte mit seinen Missionsreisen den Weg zur Weltkirche.
In der Ausgabe der Alliolibibel von 1903, überarbeitet von Augustin Arndt S.J., wird die Bedeutung der Paulusbriefe noch etwas ausführlicher dargelegt:
Bergwerke und Quellen
„Vermutlich sandten die Apostel ihre Briefe nur in von fremder Hand gefertigten Reinschriften ab, wie es damals Sitte war. Von den Briefen des heil. Paulus steht dies fest. Die Briefe des Völkerapostels umfassen einen weit größeren Kreis von Lehrgegenständen und stellen die einzelnen Wahrheiten erschöpfender dar, als die Sendschreiben der übrigen Apostel. Der Grundgedanke derselben ist indes stets, daß alle Menschen, Juden und Heiden, gleichmäßig durch die Vaterliebe Gottes und das Bedürfnis nach Erlösung zu den Segnungen des Heiles in Christus berufen sind, und daß die Wirkung derselben die durch den Herrn geschenkte Gerechtigkeit ist. ‚Die Briefe des heil. Paulus,‘ sagt der heil. Chrysostomus, ‚sind gleichsam Bergwerke und Quellen. Bergwerke, denn sie bieten eine unerschöpfliche Fülle von edelstem Golde, Quellen, die nie versiegen, ja um so reicher fließen, je mehr man daraus schöpft. Wie viele Jahrhunderte sind schon vergangen, seitdem der heil. Paulus auf dieser Erde wandelte, wie viele Ausleger und Lehrer haben aus diesem Schatze geschöpft und dennoch seine Reichtümer nicht alle sich aneignen können! Dieser Schatz ist den Sinnen verborgen, und darum nimmt er nicht ab, ob auch viele Hände ihn fördern, sondern mehrt sich und wächst. Doch warum rede ich von denjenigen, die vor uns gewesen sind? Wie viele werden nach uns über diese Briefe reden, und nach diesen andere, und doch wird diese Quelle stets neues Wasser, dieses Bergwerk stets neues Gold geben.‘“
Wahre Theologie
Wie der hl. Johannes ist auch der hl. Paulus sozusagen der Urtyp des Theologen. Nochmals sei es betont: Diese Theologie ist als Teil der Heiligen Schrift Wort Gottes, also göttlich verbürgte Wahrheit. In vergleichbarer Weise soll nun aber jeder wahre Theologe Wort vom Worte Gottes schreiben. Ein Theologe bietet nicht seine persönliche, private Meinung dar, sondern er ist stets bemüht, das, was Gott uns zu glauben vorgelegt hat, zu verstehen, das Verständnis zu vertiefen und anderen zu vermitteln. Dabei stößt der Theologe auf eine unerschöpfliche Goldader in der Heiligen Schrift und der kirchlichen Tradition. Dafür sind die Briefe des hl. Paulus die Vorbilder, denen der Theologe nachstreben soll.
Die gewaltige Fülle und die dahinterstehende Mühe der Bewältigung zeigt sich auch im Umfang der Paulusbriefe. Diese sind relativ lang, weil der Völkerapostel bemüht ist, das durch Christus geschenkte ewige Heil besonders den Heiden verständlich zu machen. Immer wieder muß er dem Unverständnis und dem Mißverständnis der Heidenchristen entgegentreten, genauso wie dem jüdischen Gesetzesglauben. Als gesetzeskundiger Pharisäer legt er ihnen den Sinn des ganzen Gesetzes dar, der nichts anderes ist als Jesus Christus: „Wozu dient nun das Gesetz? Es wurde – angeordnet durch Engel – durch einen Mittler um der Übertretungen willen hinzugefügt; – bis der Nachkomme erschiene, dem die Verheißung galt“ (Gal 3, 19).
Forschen und Nachdenken über den menschgewordenen Gottessohn
Von diesem Nachkommen, Jesus Christus, künden alle Propheten. ER war die Sehnsucht der Väter, der verheißene Erbe und unser aller Erlöser. „In ihm seid ihr an allem reich geworden an jeglichem Wort und jeglicher Erkenntnis, da nun das Zeugnis von Christus bei euch festen Fuß gefaßt hat, so daß es euch in Erwartung der Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus an keiner Gnadengabe mangelt“ (1 Kor 1, 5-7).
Mit Ihm kommt das ewige Heil, das seit dem Sündenfall im Paradies verloren war, zurück in unsere Menschenwelt und zwar in göttlicher Fülle. Keiner kann fernerhin an Ihm vorbeigehen, ohne sein ewiges Leben zu verspielen. Das Forschen und Nachdenken des christlichen Theologen kreist um den menschgewordenen Gottessohn, denn: „Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzigerzeugte, Gott, der im Schoß des Vaters ist, er hat Kunde gebracht“ (Joh 1, 18). Seit der Menschwerdung des ewigen Sohnes des Vaters ist jede wahre Gotteserkenntnis immer zugleich Christuserkenntnis. „Denn der Gott, der sprach: ‚Aus der Finsternis erstrahle Licht‘, der ist aufgeleuchtet in unseren Herzen, so daß für uns licht wurde die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Antlitz Christi“ (2 Kor 4, 6).
Was für eine wunderbare Einsicht und was für ein außerordentlich schöner Satz: … so daß für uns licht wurde die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Antlitz Christi. Jeder soll lernen, aus dem Antlitz Jesu die Herrlichkeit Gottes herauszulesen, denn Er ist die Offenbarung des Vaters und des Heiligen Geistes. Jeder möge sich von der offenbar gewordenen Liebe Gottes ergreifen lassen, so daß er Kraft genug hat, seinen alten, gottwidrigen Wandel abzulegen, um mit Christus zu einem neuen Leben aus der Gnade aufzuerstehen.
„Daher beuge ich meine Knie vor dem Vater [unseres Herrn Jesus Christus], von dem jede Vaterschaft im Himmel und auf Erden ihren Namen hat; er verleihe euch nach der Fülle seiner Herrlichkeit, mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist im inneren Menschen, daß Christus wohne durch den Glauben in eurem Herzen und ihr in Liebe eingewurzelt und festgegründet seid, damit ihr fähig werdet, mit allen Heiligen zu begreifen, welches die Breite und Länge, die Höhe und Tiefe sei, und zu erkennen die alles Erkennen übersteigende Liebe Christi, so daß ihr erfüllt werdet bis hin zur ganzen Fülle Gottes. Ihm aber, der bei seiner in uns wirkenden Kraft weitaus mehr zu tun vermag als alles, was wir erbitten oder ersinnen: ihm sei Ehre in der Kirche und in Christus Jesus durch alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen“ (Eph 3, 16-21)
Der unerschöpfliche Schatz göttlicher Offenbarung
Der hl. Theologe Paulus ist genauso wie der hl. Apostel Johannes von der Überfülle der göttlichen Offenbarungen und Seinen Hulderweisen überwältigt. Der hl. Johannes bringt seine Überzeugung zum Ausdruck, wenn er schreibt: „Es gibt noch vieles andere, was Jesus getan hat. Wollte man das im einzelnen niederschreiben, so könnte, glaube ich, selbst die Welt die Bücher nicht fassen, die man schreiben müßte“ (Joh 21, 25) Irgendwie ist dieses Wort auf eine ganz eigene Weise wahr geworden, denn die Theologen der Jahrhunderte haben mit ihren Büchern tatsächlich ganze Bibliotheken gefüllt und dennoch gibt es immer wieder Neues zu entdecken in dem unerschöpflichen Schatz der göttlichen Offenbarung. Wer kann deren Breite und Länge, deren Höhe und Tiefe ermessen und erfassen? Wo es darum geht, die alles Erkennen übersteigende Liebe Christi zu erkennen, um sie mit dem eigenen Leben zu beantworten, wie soll man da an ein Ende kommen?
Nicht selten klingt die Theologie des hl. Paulus ganz spontan und irgendwie selbstverständlich in einem Lobpreis der Herrlichkeit Gottes aus, aus dem man die innere Ergriffenheit des Heiligen vom Geheimnis unseres Heils heraushört: …ihm sei Ehre in der Kirche und in Christus Jesus durch alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. Man kann Ihn niemals genug verehren und preisen und anbeten als Dank für Seine unermeßliche Güte und Herrlichkeit. Nie kommt man an ein Ende, wenn man beginnt, mit allen Heiligen die Breite und Länge, die Höhe und Tiefe dieses Geheimnisses unseres Heils zu erfassen. Vielmehr wird man voller Staunen inne, daß die Liebe Christi tatsächlich und für immer jede geschöpfliche Erkenntnis unendlich übersteigt. Aber gerade in diesem Anerkennen der Überfülle des göttlichen Reichtums und Seiner Herrlichkeit werden wir selber mit der ganzen Fülle Gottes erfüllt, weil Er bei seiner in uns wirkenden Kraft weitaus mehr zu tun vermag als alles, was wir erbitten oder ersinnen.
Dienst am Aufbau des Leibes Christi
Ein katholischer Theologe erweist sich als wahrer Theologe angesichts des Geheimnisses Gottes. Deswegen ist er immer auf den sich offenbarenden Gott verwiesen. Sobald er meint, das Geheimnis Gottes mit seiner Vernunft begreifen und zu seinem „Geheimnis“ machen zu können, zerstört er dieses. Das ist die grundlegende Sünde der Rationalisten, Naturalisten und schließlich der Modernisten. Sie erheben sich mit ihrer verkümmerten, verbildeten Vernunft zu Richtern über Gott und Sein Wort und über die hl. Kirche als die alleinige unfehlbare Hüterin und Bewahrerin des hl. Glaubens. Von dieser Gefahr wußte schon der hl. Paulus aus vielfacher leidvoller Erfahrung: „Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkündeten, als wir euch verkündet haben: er sei verflucht!“ (Gal 1, 8). Hier spricht Paulus im ersten „wir“ als Theologe, im zweiten „wir“ jedoch als Apostel, dem von Gott das Charisma der Unfehlbarkeit bei der Glaubensverkündigung geschenkt wurde. Der von den Aposteln unfehlbar verkündete Glaube ist das übernatürliche Fundament, auf dem die ganze Kirche Jesu Christi ruht. Unser Glaube geht auf die Apostel und über deren Predigt auf Jesus Christus zurück. Der Völkerapostel gibt zu bedenken:
„Der herabgestiegen, eben der ist es auch, der aufgefahren ist weit über alle Himmel, damit er alles erfülle. Und eben er hat die einen als Apostel eingesetzt, die anderen als Propheten, die anderen als Evangelisten, die anderen aber als Hirten und Lehrer, für die Vollendung der Heiligen zur Ausübung des Dienstes, zur Erbauung des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Altersmaße der Fülle Christi; auf daß wir nicht mehr unmündige Kinder seien, hin und herschwankend und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre, durch die Bosheit der Menschen, durch die Arglist, welche durch Ränke der Irrlehre zu verführen weiß…“ (Eph 4, 10-14).
Das sind allzeit aktuelle Worte, wie es dem Worte Gottes gemäß ist, denn: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“ (Mt 24, 35). Unser Herr Jesus Christus hat Seine Kirche eingerichtet, indem Er die einen als Apostel, die anderen als Propheten, die anderen als Evangelisten, die anderen aber als Hirten und Lehrer, für die Vollendung der Heiligen zur Ausübung des Dienstes, zur Erbauung des Leibes Christi einsetzte zur Heiligung des Volkes, zur Erbauung des Leibes Christi.
Nur in diesem Rahmen der kirchlichen Ordnung ist es möglich, die Einheit des Glaubens und der Liebe zu bewahren. Durch die kirchliche Lehre, durch die kirchliche Leitung und durch die Spendung der von Gott geschenkten Gnadenmittel werden die Seelen bereitet zur Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Altersmaße der Fülle Christi.Auf diese Weise sollen alle in der göttlichen Wahrheit, die Jesus Christus ist, gestärkt und damit befähigt werden, nicht mehr von jedem Wind der Lehre hin und her schwankend, durch die Bosheit der Menschen, durch die Arglist und durch Ränke der Irrlehre verführt zu werden, sondern nüchtern und fest all dem in der Kraft Jesu Christi entgegenzutreten. Jeder Katholik steht letztlich deswegen fest im Glauben, weil ihn die katholische Kirche allzeit im Glauben unterrichtet. Das ist unser übernatürliches Felsenfundament: „In der Wahrheit stehend wollen wir in Liebe hinwachsen auf ihn, der das Haupt ist, Christus. Von ihm aus wird der ganze Leib zusammengefügt und zusammengehalten durch jedes Band der Dienstleistung, die sich nach der Kraft eines jeden einzelnen Teiles richtet, und so vollzieht sich das Wachstum des Leibes, um sich aufzubauen in Liebe“ (Eph 4, 15-16).
Wer sich von diesem Fundament trennt, der wird wieder zum unmündigen Kind und läßt sich von jeder windigen Lehre, vom Trugspiel der Menschen und den Verführungskünsten des Irrwahns schaukeln und treiben wie heutzutage die Modernisten aller Schattierungen!
Auf diesem Fundament stehend gilt es sodann, den Leib Christi aufzuerbauen und Jesus Christus nachzufolgen: „Jetzt freue ich mich inmitten der Leiden für euch und ergänze in meinem Fleisch, was an den Drangsalen Christi noch mangelt, für seinen Leib, das ist die Kirche“ (Kol 1, 24). Was für ein geheimnisvolles Zusammenwirken von Haupt und Gliedern, Gliedern und Haupt! Aber auch, was für eine Kraft fließt aus dem Opfer Christi, das jeden dazu befähigt, sich selbst zum Opfer darzubringen und alles um Christi willen zu verlassen.
„Ja, in der Tat, ich erachte alles als Verlust angesichts der alles übertreffenden Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich das alles aufgegeben habe und es geradezu für Kehricht halte, damit ich Christus gewinne“ (Phil 3, 8).
Ein katholischer Theologe ist kein Stubengelehrter, er ist ein Mann, der sich Tag für Tag um die Heiligkeit seines Lebens bemüht, damit Lehre und Leben nicht allzu weit auseinanderklaffen. Je mehr er selbst mit Christus verbunden ist, desto mehr drängt es ihn auch, allen die Liebe Christi zu offenbaren. Der hl. Paulus ruft voller Begeisterung aus: „Aber Dank sei Gott! Er läßt uns allezeit in Christus triumphieren und durch uns den Duft seiner Erkenntnis allerorts verbreiten“ (2 Kor 2, 14). Was für ein schöner, ergreifender Satz: … den Duft seiner Erkenntnis allerorts verbreiten. Man kann den Herrn Jesus Christus nicht wirklich, nicht wahrhaft erkennen, ohne von Seinem göttlichen Duft angezogen und erhoben zu werden. Wer Ihn besitzt, der besitzt alles und braucht nichts anderes mehr.
„Seitdem wir davon Kunde haben, flehen wir unaufhörlich für euch und beten, ihr möchtet mit der Erkenntnis seines Willens in aller geistlichen Weisheit und Einsicht erfüllt werden, damit ihr des Herrn würdig wandelt, ganz so, wie es ihm wohlgefällt: fruchtbar an allen guten Werken, wachsend durch die Erkenntnis Gottes, gestärkt mit großer Kraft dank seiner machtvollen Herrlichkeit zu aller Geduld und Langmut, mit Freude dem Vater dankend, der euch befähigt hat, am Erbe der Heiligen teilzunehmen im Licht“ (Kol 1, 9-12).
Bei jedem wahren Theologen spürt man von dieser Begeisterung für unseren Herrn Jesus Christus. Die Theologie ist eine göttliche Wissenschaft, was sich in den Briefen des hl. Paulus ganz ausdrücklich darin zeigt, daß diese zugleich Wort Gottes sind und als solches den Heiligen Geist als Autor haben. Wie sehr muß sich darum jeder katholische Theologe darum bemühen, sein Wort dem Wort Gottes und dem Wort der hl. Kirche anzugleichen! Er ist zwar nicht inspiriert wie der hl. Paulus, aber dennoch ein Werkzeug in den Händen des Heiligen Geistes. Im strengen Sinne des Wortes gibt es darum in der Theologie keine Privatmeinung, kann doch der katholische Theologe nichts neben oder gegen den Glauben der Kirche behaupten. Und selbst bei noch offenstehenden theologischen Fragen ist der katholische Theologe auf die Tradition verwiesen, d.h. auf das, was schon früher in der Kirche gelehrt wurde. Der katholische Theologe muß ganz erfüllt sein von der Liebe zur Wahrheit, die Jesus Christus ist, nur dann kann er seiner Aufgabe gerecht werden.
Der Kontrast der modernistischen „Theologie“
Je mehr man das bedenkt, desto schärfer wird der Kontrast zur modernistischen „Theologie“ greifbar. Diese ist ein bloßes Hirngespinst des jeweiligen Schreibers. Richtlinie der eigenen Gedanken ist nicht mehr die göttliche Wahrheit, sondern die Sensation, das Neue, das Publikumswirksame, das, wozu die Welt applaudiert. Es gibt inzwischen wohl keinen Irrsinn oder Unsinn mehr, der nicht von einem Modernisten behauptet worden wäre.
Wie konnte es nur geschehen, daß diese Leute zunächst in der Kirche zu einem solch großen Ansehen kamen, daß sie als die Theologen gefeiert wurden, ehe sie ihre eigene Kirche auf dem sog. 2. Vatikanum konstituierten? Da muß schon lange vorher der göttliche Geist in vielen erloschen gewesen sein, wenn man solch glaubenslosem und gottlosem Irrwahn nachläuft. Der Mensch war schon seit der sog. Aufklärung zum Maß aller Dinge erklärt geworden, womit das Verständnis für die übernatürliche Welt Gottes unmöglich gemacht worden war. Dieser Geist, bzw. besser Ungeist der Aufklärung hat sich wie ein unheimlicher Pesthauch immer mehr über die Gelehrtenwelt verbreitet. An den Festen heiliger Kirchenlehrer wird als Lesung folgender Text aus dem zweiten Brief des hl. Paulus an Timotheus verlesen:
„Ich beschwöre dich vor Gott und Christus Jesus, dem einstigen Richter der Lebenden und der Toten, bei seinem Erscheinen und bei seinem Reich: Verkünde das Wort! Tritt dafür ein, ob gelegen oder ungelegen, tadle, weise zurecht und ermahne in aller Geduld und Lehrweisheit. Denn es wird eine Zeit kommen, da man die gesunde Lehre nicht ertragen wird und sich nach den eigenen Begierden eine Menge von Lehrern sucht, um des Ohrenkitzels willen; der Wahrheit verschließt man das Ohr und ergötzt sich an Fabeln. Du aber sei nüchtern in allem, ertrage das Leid, verrichte das Werk eines Evangelisten, erfülle deinen Dienst voll und ganz! Denn ich werde schon geopfert, und die Zeit meiner Auflösung steht bevor. Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. Nun liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, – aber nicht nur mir, sondern auch allen, die seine Erscheinung geliebt haben“ (2 Tim 4, 1-8).
Die neuen Star-„Theologen“ der Menschenmachwerkskirche
Zurückschauend kann man nur wehmütig feststellen: Schon ab dem Jahr 1900 sind die echten Theologen allmählich ausgestorben. Ab den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts aber beginnen die modernistischen Irrlichter als die Großen der „Neuen Theologie“ aufzutauchen. Ab den 50er Jahren ging es nur noch steil bergab. Mit dem sog. 2. Vatikanum kam schließlich der freie Fall. Die Häretiker waren die neuen Startheologen der Menschenmachwerkskirche – da man die gesunde Lehre nicht mehr ertragen konnte, hatte man sich Lehrer nach den eigenen Begierden gesucht, um des Ohrenkitzels willen; der Wahrheit aber hatte man das Ohr vollkommen verschlossen, um sich an selbst erfundenen Fabeln zu ergötzen. Man muß sie nur lesen, einen de Lubac, einen Rahner, einen Küng, einen Wojtyla, einen Ratzinger, usw. um das bestätig zu sehen.
Das Testament der Hirtensorge des hl. Petrus
Der hl. Petrus war kein Schriftgelehrter, er war ein „einfacher“ Fischer. Einfach haben wir in Anführungszeichen gesetzt, weil diese damaligen einfachen Fischer wohl viel mehr vom Glauben wußten als die allermeisten heutigen Zeitgenossen. Die Juden wurden in den Synagogen im Glauben der Väter unterwiesen, sie lasen eifrig in der Heiligen Schrift, beteten die Psalmen und hofften auf den verheißenen Messias. Insofern war Petrus kein ungebildeter Fischer, wie man ihn gerne nennt. Dennoch war er auch kein Schriftgelehrter, also kein studierter Theologe, wie man heute sagen würde, sondern tatsächlich bloß ein „einfacher“ Fischer.
Liest man aufmerksam in den Briefen des hl. Petrus, ist man ziemlich überrascht, denn seine Sprache ist der des hl. Paulus gar nicht so fremd. Der hl. Petrus war selbstverständlich im gewissen Sinne auch Theologe – aber Theologe in seinem Amt als erster Papst. Darum ist Petrus in seinen Ausführungen lehramtlich kürzer als der Theologe Paulus, um es einmal umschreibend auszudrücken.
Der hl. Petrus erörtert keine schwierigen theologischen Fragen wie der hl. Paulus, er legt kurz, klar, prägnant den katholischen Glauben dar oder weist ebenso kurz, klar und prägnant die aufgekommenen Irrtümer zurück – wie es vor allem im zweiten Brief der Fall ist, wie wir noch zeigen werden.
In der von Augustin Arndt S.J überarbeiteten Ausgabe der Alliolibibel von 1903 wird zum ersten Brief des hl. Petrus erklärt:
„Den Zweck des Schreibens gibt der Apostel selbst an (5,12): ‚Ich habe euch in Kürze geschrieben, um euch zu ermahnen und zu bezeugen, daß dies die rechte Gnade Gottes ist, in welcher ihr steht.‘ Die Verfolgungen und Leiden konnten die Christen wankend machen im Glauben, wenn sie durch das Bekenntnis desselben sich diese Verfolgungen zuzogen, als ob Gott sie nicht schützen wollte; es galt also, ihnen die Göttlichkeit der Lehren des Christentums von neuem zu bezeugen. Zugleich aber mahnt er sie, durch einen den Vorschriften des Christentums entsprechenden Lebenswandel die Verleumdungen der Heiden als falsch zu erweisen. Entgegen der Methode des heil. Paulus läßt er nicht auf einen dogmatischen Teil praktische Ermahnungen folgen, sondern ermuntert die Christen im gesamten Brief, an den passenden Stellen die Beweise für die Wahrheit der Religion einfügend.“
Zum zweiten Brief heißt es u.a.:
„Während der beiden Jahre, die zwischen den beiden Briefen liegen, war im Stande jener Gemeinde eine Änderung eingetreten. Jene Verfolgung, zu deren Ertragung er die Christen ermutigt hatte, war zu Ende, doch eine schlimmere Gefahr drohte den Christen von einer häretischen Sekte, welche den Glauben der Neubekehrten nicht mit Gewalt, wohl aber mit Hinterlist und Irrtümern zu vernichten suchte. Wie es scheint, kämpften diese Irrlehrer, indem sie einige Texte des heil. Paulus mißbräuchlich anführten, gegen das Sittengesetz und suchten die Christen zur Unsittlichkeit und zu anderen Lastern, denen sie sich selbst hingaben, zu verführen. Um dieses Ziel leichter zu erreichen, leugneten sie die Gottheit Jesu Christi und fochten mit Spöttereien die Möglichkeit der Wiederkunft Christi an. Wie es scheint, kämpfte der heil. Petrus gegen die gleichen Irrlehrer, gegen welche schon der heil. Jakobus seinen Brief gerichtet. Diese hatten sich auf mißverstandene Worte des heil. Paulus gestützt, antinomistische Irrtümer verbreitet, indes ihre ganze Verkehrtheit noch nicht offenbart. Die Häretiker, welchen der heil. Judas in seinem Briefe entgegentritt, hatten zur Theorie bereits die Praxis hinzugefügt und verführten die gläubig Gewordenen nicht weniger durch das Beispiel als durch das Wort. Um nun den Gläubigen die Furcht vor den Drohungen zu nehmen, mit denen der heil. Judas sie geschreckt, überschütteten sie die Lehre von der Wiederkunft Christi und dem zukünftigen Gerichte mit Spott, weshalb der heil. Petrus, sich gleichfalls gegen sie wendend, auch diese Verwegenheit strafen muß. Was der Apostel Johannes in seiner Offenbarung von den Nikolaiten sagt, zeigt uns diese Irrlehrer bereits in der höchsten Verstockung. Der zweite Brief ist also gleichsam das Testament der Hirtensorge des heil. Petrus für die asiatischen Kirchen. Die Gottheit Christi zu verkünden, den er überall unsern Gott und Heiland nennt, und die Christen im Glauben zu bestärken durch die Erinnerung an das Gute, das sie empfangen, und sie vor den Gefahren, welchen die Verführer sie aussetzen, zu warnen, ist die Absicht dieses letzten Briefes.“
Das Fundament des christkatholischen Glaubens
Es ist leicht zu begreifen, der erste Papst unserer hl. Kirche ist angesichts solcher Verdrehungen der Lehre und Disziplin voller Sorge, ist doch der hl. Glaube das unersetzliche Fundament des wiedergeschenkten ewigen Lebens. Petrus weiß, denn sein göttlicher Lehrmeister hatte unmißverständlich gesagt: „Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“ (Mk 16, 16).
Die Gefahr für die damaligen Christen wurde noch durch die vielen Verfolgungen gesteigert, denen sie im heidnischen römischen Reich ausgesetzt waren. Da galt es immer wieder, für die Wahrheit mit dem eigenen Leben Zeugnis abzulegen und die auftretenden Irrtümer klar beim Namen zu nennen.
Selbstverständlich steht auch beim hl. Petrus über allem die Erkenntnis des dreifaltigen Gottes, die uns geschenkt wurde durch unseren Herrn Jesus Christus. Der Beginn seines ersten Briefes ist eine beeindruckende Zusammenfassung unseres christkatholischen Glaubens und der lebendigen Hoffnung, die uns ein unvergängliches, unbeflecktes und unverwelkliches Erbe verheißt:
„Petrus, Apostel Jesu Christi, an die auserwählten Fremdlinge in der Zerstreuung von Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien, gemäß dem Vorauswissen Gottes des Vaters, zur Heiligung des Geistes, zum Gehorsame und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi. – Gnade und Friede werde euch in Fülle!“ (1 Petr 1, 1-2).
Was für ein dogmatisch abgrundtiefer Satz in einer Begrüßung! Im Vorauswissen Gottes des Vaters sind wir zum ewigen Leben durch die Heiligung des Heiligen Geistes vorherbestimmt und im Glaubensgehorsam gegenüber dem hl. Evangelium Jesu Christi werden wir mit dessen Blut besprengt zur Sühne für unsere Sünden und Errettung unserer Seele. Im Kommentar von Allioli-Arndt liest man: „Gemäß Gottes ewigem Ratschlusse. Dieser Ratschluß hat sich an ihm in der Zeit in der Heiligung des Geistes erfüllt, zum Ziele des Glaubensgehorsames und zur Aufnahme in den von Gott durch den Tod Christi gestifteten Bund der Gnade. Dem Gesetzesgehorsam, den Israel gelobt, entspricht der Glaubensgehorsam der Christen. Beides aber, Gehorsam und Besprengung ist das einheitliche Ziel der doppelten Erwählung: die Heiligung des Geistes, die Taufe.“
Das Geheimnis unserer Erlösung in Christus Jesus
Schon nach einem Satz befindet sich somit der Leser inmitten des christlichen Gnadengeheimnis – und zwar in dessen ganzer Fülle! Im Kommentar wird erklärt: „Die Gnade ist die Wurzel, der Friede die Frucht des christlichen Lebens.“ Nach diesem Begrüßungssatz folgt eine Segensformel, wie sie wohl in der Liturgie der ersten Christengemeinden üblich war:
„Gepriesen sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe, welches im Himmel aufbehalten ist für euch, die ihr durch die Kraft Gottes mittelst den Glauben bewahrt werdet für eine Seligkeit, welche bereit ist, offenbart zu werden in dieser letzten Zeit. In dieser werdet ihr frohlocken, wenn ihr jetzt auf eine kleine Weile Betrübnis dulden müßt in mancherlei Anfechtungen, damit die Bewährung eures Glaubens um vieles kostbarer als durch Feuer erprobtes Gold erfunden werde zum Lobe und zur Herrlichkeit, und zur Ehre bei der Offenbarung Jesu Christi, welchen ihr, ohne ihn gesehen zu haben, liebt, an welchen ihr, obwohl ihr ihn nicht schaut, glaubt; weil ihr aber glaubt, werdet ihr frohlocken mit unaussprechlicher und verklärter Freude, indem ihr das Ziel eures Glaubens erlangen werdet, das Heil der Seelen. Über dieses Heil suchten und forschten die Propheten, welche von der euch bestimmten Gnade geweissagt haben, forschend, auf welche Zeit und Umstände der Geist Christi in ihnen hindeute, indem er die Christus bestimmten Leiden und die darauf folgende Herrlichkeit vorherverkündete, da ihnen geoffenbart wurde, daß sie nicht für sich selbst, sondern für euch das mitteilten, was euch jetzt durch diejenigen verkündet wird, die euch in Kraft des vom Himmel gesandten Heiligen Geistes das Evangelium verkündigt haben, in welchen Einblick zu haben die Engel begehren“ (1 Petr. 1, 3 -12).
Was für ein abgrundtiefer Glaube, was für eine gnadenhafte und gnadenbringende Einsicht in das Geheimnis unserer Erlösung in Christus Jesus unserem Herrn! Zu dem Satz – welchen ihr, ohne ihn gesehen zu haben, liebt, an welchen ihr, obwohl ihr ihn nicht schaut, glaubt – heißt es in unserem Kommentar:„In diesem Vers finden sich zum ersten Male bei dem Apostelfürsten die drei göttlichen Tugenden vereinigt: die Hoffnung indirekt im Frohlocken, direkt ist sie im V. 3 erwähnt; die beiden anderen ausdrücklich. Die Worte des 8. Verses lassen sich auch passend auf den im heiligsten Sakrament verborgenen Heiland anwenden.“ Auch wir glauben an Ihn, ohne Ihn zu sehen – ganz ausdrücklich im Allerheiligsten Altarsakrament. Auch in diesem Sinne ist unser Gott ein verborgener Gott, dessen Geheimnis uns aber offenbart worden ist!
Es ist zutiefst ergreifend zu erwägen, wie die Propheten über Jahrhunderte hinweg dieses Heil, das uns in Christus Jesus zuteil geworden ist, suchten und erforschten, wobei ihnen der Heilige Geist schon im Vorhinein die Christus bestimmten Leiden und die darauf folgende Herrlichkeit vorherverkündete. Ein Freuden-Geheimnis, in das selbst die Engel begehren Einblick zu erhalten. Dieses ist uns in dieser letzten Zeit offenbar worden, wie auch der hl. Paulus bekennt: „Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit“ (Kol 3, 4). Der hl. Petrus schreibt weiter:
„Darum umgürtet die Lenden eures Gemütes, seid nüchtern, und setzet eure ganze Hoffnung auf die Gnade, welche euch in der Offenbarung Jesu Christi dargeboten wird, als Kinder des Gehorsams, euer Leben nicht nach den Gelüsten gestaltend, wie zuvor in eurer Unwissenheit, sondern nach dem Vorbilde des Heiligen, der euch berufen hat, erweiset euch auch selbst heilig in allem Wandel; denn es steht geschrieben: ‚Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.‘
Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person einen jeden nach seinen Werken richtet, so wandelt in Furcht, so lange eure Pilgerschaft währt, da ihr wisset, daß ihr nicht mit vergänglichen Dingen, Gold und Silber, erlöst seid, von eurem eitlen Wandel, der sich von den Vätern auf euch vererbt hatte, sondern mit dem kostbaren Blut Christi, als eines unbefleckten und makellosen Lammes; welcher vor Grundlegung der Welt ausersehen war, in den letzten Zeiten aber um euretwillen offenbart ward, die ihr durch ihn an Gott glaubt, der ihn von den Toten auferweckt und ihm Herrlichkeit verliehen hat, so daß euer Glaube und eure Hoffnung auf Gott beruht“ (1 Petr 1, 13-21).
Die grundlegendsten christlichen Offenbarungslehren
Der Glaube an Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn Gottes, ist der Glaube an eine der gewaltigsten Gottestaten, die sich überhaupt denken läßt. Die ersten Christen waren voller Dankbarkeit dafür, daß sie erlöst wurden im kostbaren Blut Jesu Christi, als eines unbefleckten und makellosen Lammes. Seit Grundlegung der Welt war Er dazu ausersehen, aber erst in den letzten Zeiten, in denen wir seitdem leben, ist Er um unsertwillen offenbart worden als unser göttlicher Erlöser, als Heiland der Welt. Wir aber müssen und dürfen diese göttliche Hoffnung im Glauben an Ihn ergreifen, daß wir mit Ihm auferstehen werden zu einem ewigen Leben voller Herrlichkeit.
Ein moderner Theologe würde wohl sagen, der hl. Petrus bedient sich hier durchaus paulinischer Gedanken und Gedankengänge. Wir aber sagen, er bedient sich hier ganz einfach der grundlegendsten christlichen Offenbarungslehren, in denen selbstverständlich alle Apostel übereinstimmen. Was man aus den Worten des hl. Petrus genauso heraushört wie aus den Worten des hl. Paulus, ist die Ergriffenheit vom Geheimnis der Erlösung, welches das Geheimnis Jesu Christi ist. Dieses Geheimnis erweist sich auch als Gotteskraft in denjenigen, die an Jesus Christus glauben.
Ein auserlesener kostbarer Eckstein
Hören wir kurz in den Beginn des zweiten Kapitels hinein:
„Leget also ab alle Bosheit und alle Arglist, Verstellung und Neid, und alle üblen Nachreden und verlanget als neugeborene Kinder nach der geistigen, lauteren Milch, um durch sie heranzuwachsen zum Heile, wenn ihr anders gekostet habt, wie gütig der Herr ist.
Zu ihm nun tretet hinzu, dem lebendigen Steine, der zwar von den Menchen verworfen, von Gott aber auserwählt und hoch in Ehren ist; und werdet auch ihr als lebendige Steine gebaut auf ihn als ein geistiger Tempel, zu einer heiligen Priesterschaft, um geistige Opfer darzubringen, welche Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. Darum steht in der Schrift: Siehe, ich legen in Sion einen auserlesenen kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden. Euer also, die ihr glaubt, ist die Ehre, denen aber, die nicht glauben, ist der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden und zum Stein des Anstoßes und zum Fels des Ärgernisses denen, welche Anstoß an dem Worte nehmen, und an dasselbe nicht glauben, wozu sie auch bestimmt sind. Ihr aber sei ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk des Eigentums, auf daß ihr die Tugenden dessen verkündet, der euch aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Lichte berufen hat; euch, die ihr einst ein Nichtvolk waret, jetzt aber Gottes Volk seid; die ihr Nichtbegnadigte waret, nun aber Begnadigte seid.“ (1 Petr 2, 1-10).
Ein lebendiger Tempel
Der Felsenmann bringt für die gnadenhafte Christusgemeinschaft das Gleichnis von einem Tempel, also einer Kirche. Wir alle sind in Christus Jesus zu einem Gottestempel auferbaut als lebendige Steine. Wie sehr paßt dieses Bild zu Petrus als erstem Papst dieser Kirche! Der Eckstein dieses Gebäudes aber ist Jesus Christus. Es ist nämlich ein Gottesbau und kein von Menschenhand errichtetes Gebäude. Das Lebensgesetz dieses lebendigen Tempels, also der katholischen Kirche, ist es, eine hl. Priesterschaft zu sein, um allzeit geistige Opfer darzubringen, welche Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus.
Die Grundwahrheiten des katholischen Glaubens in lehramtlicher Präzision und Kürze
Hierzu findet sich in der Allioli-Bibel der Kommentar: „Der in die Verklärung eingegangene Christus ist unser einziger Hohepriester, am Thron seines himmlischen Vaters fortwährend für uns fürbittend und bis zum Ende dieses Amtes waltend. (Hebr. 9,11. ff.) Durch die Taufe ist der Christ in die Priesterschaft Christi eingetreten, um Teil zu haben an dem Erlösungswerk und dessen Früchte zu erlangen, durch die Firmung wird er gestärkt, sich selbst Gott zum Opfer darzubringen. Die Priesterweihe endlich macht ihn zum Repräsentanten des einen unsichtbaren Hohenpriesters, nicht nur für sich, sondern auch für andere, daß er die Macht hat, das Opfer Christi unblutig fortdauernd darzubringen. Diese drei Sakramente drücken in ihrem Charakter jedes der Seele eine gewisse, wenngleich verschiedene Teilnahme am Priestertum Christi ein. (Thom.) Wo Priestertum, da ist auch Opfer. Die Opfer der Priester im N.T. sind im Gegensatz zu dem A.T. geistige Opfer, Anbetung Gottes im Geiste, Verdemütigung, Aufopferung aller inneren und äußeren christlichen Werke, die wir durch Jesus Christus, unseren Hohenpriester, darbringen, d.i. durch lebendigen Glauben uns mit seinen Versöhnungsopfer vereinend, im heiligen Geist vollbringen.“
Es ist schon wahr, der erste Papst verstand es ausgezeichnet, die christlichen Grundwahrheiten in lehramtlicher Präzision und Kürze weiterzugeben. Selbstverständlich lehrt er nichts anderes als der hl. Paulus, aber er lehrt als Papst anders als dieser als Theologe.
Wie auch der hl. Paulus in seinen Briefen geht der hl. Petrus noch kurz auf die Standespflichten der Christen ein und skizziert das christliche Leben als allzeitiges Bemühen um Heiligkeit – was wir hier jedoch übergehen müssen.
Der zweite Petrusbrief
Der zweite Brief des hl. Petrus ist noch kürzer als sein erster, er geht insbesondere auf eine Irrlehre ein, die sich zu verbreiten begann. Der Brief beginnt so:
„Simon Petrus, Diener und Apostel Jesu Christi, denen, welche mit uns den gleichen kostbaren Glauben erlangt haben, in der Gerechtigkeit unseres Gottes und Heilandes Jesus Christus. Gnade und Friede werde euch in immer reicherer Fülle in der Erkenntnis Gottes und Christi Jesu, unseres Herrn! Wie seine göttliche Macht uns alles, was zum Leben und zur Gottseligkeit dient, durch die Erkenntnis dessen geschenkt hat, der uns berufen hat in eigener Herrlichkeit und Kraft, durch welchen er uns die übergroßen und kostbaren Verheißungen geschenkt hat, damit ihr durch diese der göttlichen Natur teilhaftig werdet, entronnen dem in der Welt herrschenden Verderben der Begierlichkeit. So wendet denn allen Eifer an und betätigt in eurem Glauben die sittliche Tatkraft, in der sittlichen Tatkraft aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis die Enthaltsamkeit, in der Enthaltsamkeit die Geduld, in der Geduld die Gottseligkeit, in der Gottseligkeit die Bruderliebe und in der Bruderliebe die Nächstenliebe“ (2 Petr 1, 1-7).
Die Bewährung des christlichen Glaubens in der Tugend
Was für ein gedankenreicher und tiefer Anfang ist das wiederum! Der christliche Glaube muß sich in der Tugend bewähren, denn die Anfeindungen und Versuchungen sind zahlreich. Allioli-Arndt schreiben: „Wie der Glaube am Anfang, so nimmt die Liebe am Schluß eine besondere Stellung ein, jener ist die Grundlage und Wurzel, diese die Krone und Vollendung.“
Der hl. Petrus wendet hierauf diese Erkenntnis auf die gegenwärtige Situation mit den Irrlehrern an: „Denn wenn dies bei euch vorhanden ist und sich mehrt, so wird es euch nicht untätig, noch unfruchtbar sein lassen für die Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus. Denn wem dies mangelt, der ist blind, mit der Hand in der Irre tastend, und hat der Reinigung von seinen alten Sünden vergessen“ (2 Petr 1, 8 f.).
Falsche Propheten und Irrlehrer
Im zweiten Kapitel kommt er auf diese Irrenden nochmals zu sprechen:
„Es traten aber auch falsche Propheten unter dem Volke auf, wie auch unter euch falsche Lehrer sein werden, welche Sonderrichtungen des Verderbens einführen werden, indem sie dem Herrn, der sie erkauft hat, verleugnen, so schnelles Verderben über sich selbst herbeiführend. Und viele werden ihren Ausschweifungen folgen, und der Weg der Wahrheit wird durch sie gelästert werden; und sie werden in Habsucht mit erdichteten Worten von euch Gewinn zu ziehen suchen, aber längst schon säumt ihr Gericht nicht, und ihr Verderben schlummert nicht. Hat doch Gott die Engel, welche gesündigt hatten, nicht geschont, sondern mit Ketten der Hölle gefesselt, und sie in den Abgrund zur Peinigung verstoßen, damit sie zum Gerichte aufbewahrt werden…“ (2 Petr 2, 1-4).
Es gibt immer wieder welche, die der Wahrheit widerstehen, weil ihr Leben nicht mit ihr übereinstimmt. Der Irrtum führt glaubensmäßig zu Spaltungen und zudem meist zu Ausschweifungen, also normalerweise auch zu sittlichen Verfehlungen, denken wir etwa an Arius, Luther oder Calvin. Die falschen Lehrer umgarnen und verführen die rechtgläubigen Katholiken und drängen sie zum Abfall. Der hl. Paulus stellt einfach nüchtern fest: „Es muß ja auch unter euch Spaltungen geben, damit die Bewährten unter euch offenbar werden“ (1 Kor 11, 19). (Nam oportet et haereses inter vos esse, ut et, qui probati sunt, manifesti fiant in vobis.)
Jede Abkehr von der Wahrheit ist verbunden mit einer Hinkehr zur Lüge. Wie seltsam kommt man sich heutzutage vor, wenn man bedenkt, daß es überall nur so von Irrlehren wimmelt, aber es offensichtlich nachweislich keine Irrlehrer geben soll! Der hl. Petrus wäre sicherlich äußerst erstaunt über so einen Unsinn! Es gibt ja tatsächlich Traditionalisten, die allen Ernstes meinen, selbst einen Bergoglio könne man keine „klare“, keine „eindeutige“ Häresie nachweisen. Wenn das so ist, ob es dann jemals in der Geschichte nachweislich einen Irrlehrer gegeben hat? Was für eine Verblendung des Geistes zeigt sich in einem solchen Fehlurteil. Wir stehen vor einer Legion von falschen Lehrern, welche Sonderrichtungen des Verderbens einführten und fleißig weiterverbreiten, indem sie den Herrn, der sie mit Seinem kostbaren Blut erkauft hat, verleugnen – und tun weiter so, als wäre alles gar nicht so schlimm. Was für ein Unverstand gerade vieler Traditionalisten. Der hl. Petrus urteilt ganz anders, er fällt ein äußerst hartes Urteil über die damaligen Irrlehrer:
„Diese aber werden, wie unvernünftige Tiere, welche von Natur bestimmt sind, gefangen und getötet zu werden, das sie über das lästern, was sie nicht verstehen, und werden in ihrer Verdorbenheit zu Grunde gehen und so den Lohn der Ungerechtigkeit empfangen, sie, die für Lust die Schwelgerei erachten, wie der Tag sie ihnen darbietet, die als Schmutz- und Schandflecken in Üppigkeit schwelgen, bei ihren Gastmahlen unter euch prassend, die Augen voller Ehebruch und unaufhörlicher Sünde. Sie verlocken die schwankenden Seelen; ihr Herz ist erfüllt von Künsten der Habsucht, sie sind Kinder des Fluches. Sie haben den geraden Weg verlassen und sind abgeirrt, indem sie dem Wege Balaams, des Sohnes Bosor‘s folgen, welcher den Lohn der Ungerechtigkeit liebte, aber auch die Zurechtweisung für seine Torheit empfing; ein sprachloses Lasttier redete mit Menschenstimme, und wehrte der Torheit des Propheten. Diese sind wasserlose Quellen, Nebelwolken, von Sturmwinden gejagt; ihnen ist das Dunkel der Finsternis aufbehalten“ (2 Petr 2, 12-17).
In dem Kommentar liest man: „Sie lieben die Finsternis mehr als das Licht. (Joh. 3,19.) Vom Sturm ihrer Leidenschaften gejagt werden die Irrlehrer erst in dem Dunkel der Finsternis Ruhe finden. Diese Schilderung paßt auf die Irrlehrer aller Jahrhunderte. (Hier.).“
Das ist ganz wahr! Die sog. modernen Theologen sind tatsächlich wasserlose Quellen, die von den Sturmwinden der Tagesmeinung umhergetrieben und gejagt werden. Es gibt wohl kaum noch einen Unsinn, der nicht von irgendeinem dieser modernistischen „Theologen“ aufgetischt und breitgetreten wurde. Man fragt sich nur, wieso noch irgendwer solchem Modernistengeschwätz Glauben schenkt. Da wird es unübersehbar, jeglicher katholischer Glaubensgeist ist erloschen, überall herrscht Finsternis, tiefste Finsternis…
Petrus warnt vor denjenigen, welche die Worte des hl. Paulus verdrehen
Der hl. Petrus hatte mit noch einem Phänomen zu kämpfen, das zu allen Zeiten auftritt. Die damaligen Irrlehrer beriefen sich selbstverständlich auch auf die Heilige Schrift, ganz besonders auf die Briefe des hl. Paulus. Es ist eine Erfahrungstatsache: Je höher eine Erkenntnis ist, desto mehr und leichter ist sie den Verdrehungen der Irrlehrer ausgesetzt.
„Darum Geliebte! beeifert euch, in der Erwartung dessen, unbefleckt und untadelig vor ihm erfunden zu werden in Frieden; und achtet die Langmut unseres Herrn für Heil, so wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm verliehenen Weisheit euch geschrieben hat; wie auch in allen seinen Briefen, wenn er von diesen Dingen redet, in welchen manches Schwerverständliche vorkommt, was die Unwissenden und Schwankenden eben wie die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben verdrehen. Ihr also, Brüder, die ihr dies voraus wisset, seid auf eurer Hut, damit ihr euch nicht durch den Irrwahn der Toren mit fortreißen lasset und eures festen Standes verlustig gehet. Wachset vielmehr in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus. Sein ist die Herrlichkeit, wie jetzt, so auf den Tag der Ewigkeit. Amen“ (2 Petr 3, 14-18).
Blickt man zurück auf die Geschichte der Irrlehrer, so kann man über deren Verblendung nur verwundert den Kopf schütteln. Was diese meinen, alles aus der Heiligen Schrift herauslesen zu können, man kann es einfach nicht fassen. Natürlich wurden auch, ja besonders die Worte des hl. Paulus verdreht, da sie zugegebenermaßen manches Schwerverständliche enthalten. Wie aber der hl. Paulus selbst zu bedenken gibt: „Der irdisch gesinnte Mensch erfaßt nicht, was vom Geist Gottes kommt. Ihm erscheint es töricht. Er kann es nicht begreifen, weil es geistig beurteilt sein will“ (1 Kor 2, 14).
Die Hoheit des kirchlichen Lehramtes über die Schriftauslegung
In unserem Kommentar heißt es dazu: „Die Ursache liegt in der hohen Weisheit des heil. Paulus, die aber auch jeden antinomistischen Irrtum ausschließt. Es können nur die kleinasiatischen Briefe des Völkerapostels in Betracht kommen, also die an die Galater, Kolosser, Epheser. Am wahrscheinlichsten ist, daß der heil. Petrus den Brief an die Epheser im Auge hat, da dieser ein Rundschreiben war und an die Pflicht, der Berufung zum Christentum gemäß zu leben, erinnert. Die Schwierigkeit des Verständnisses teilten die Briefe des heil. Paulus mit der ganzen heil. Schrift. Mit Recht bestimmt deshalb der heil. Kirchenrat von Trient: ‚Um zügellose Geister in Schranken zu halten, soll niemand auf eigene Einsicht vertrauend in Sachen des Glaubens und der Sitten, welche auf den Aufbau der christlichen Lehren sich beziehen, die heil. Schrift nach seinem Sinne verdrehen, entgegen dem Sinne, welchen die heil. Mutter, die Kirche, der es zusteht, zu entscheiden über den wahren Sinn und die Auslegung der heil. Schriften, festhielt und festhält; oder auch es wagen, gegen die einmütige Übereinstimmung der Väter die Schrift selbst auszulegen, selbst wenn derlei Auslegungen zu keiner Zeit der Öffentlichkeit übergeben werden soll‘.“
Man muß es sich immer wieder vergegenwärtigen, weil es jedesmal erneut überraschend ist: Selbst die Heilige Schrift, die doch Wort Gottes im eigentlichen Sinne des Wortes ist, muß vor Fehldeutungen geschützt werden! Müßte man nicht meinen, daß das Wort Gottes so klar, so einleuchtend, so einfach und allgemeinverständlich ist, daß niemand es mißdeuten kann? Leider nein, immer schon wurde gerade dieses von den Irrlehrern verdreht und als Beweis ihres Irrtums angeführt. Alle Irrlehrer stützen sich auf die Heilige Schrift. Darum hat unser Herr Jesus Christus Petrus als unfehlbaren Lehrer für alle Zeiten bis zum Ende der Welt eingesetzt. Er muß den wahren Sinn des Wortes Gottes darlegen und gegen Verdrehungen verteidigen.
Das gegenseitige Verwiesensein von Lehramt und Theologie
Hierdurch wird auch das gegenseitige Verwiesensein von Lehramt und Theologie deutlich. Das Lehramt greift auf die Arbeit der Theologen zurück, die Theologen stützen sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit auf die unfehlbaren Entscheidungen des Lehramts. Diese sind der Verständnisschlüssel für die Geheimnisse des Christentums, deren es so viele und unauslotbar tiefe gibt. In seiner Dogmatischen Theologie bemerkt J.B. Heinrich:
„Die gläubige Vernunft darf und soll demnach die geoffenbarte Wahrheit, die sie mit zweifelloser Gewißheit und in demütiger Unterwerfung unter die untrügliche Autorität Gottes glaubt, auch zum Gegenstand ihres Studiums und Nachdenkens machen. Sie soll alle ihre Kräfte und alle Hilfsmittel ihrer Erkenntnis aufbieten, um an der Hand der Offenbarung, unter der Leitung der Kirche, welcher Gott die autoritative und unfehlbarer Bewahrung und Erklärung der geoffenbarten Wahrheit anvertraut hat, und mit dem Beistande der Gnade, den Sinn und Inhalt der geoffenbarten, von der Kirche bezeugten und erklärten Lehre, sowie die Gründe und Beweise derselben so allseitig, gründlich und vollkommen als möglich zu erkennen und einzusehen.“
(Dr. J.B. Heinrich, Dogmatische Theologie, Erster Band, Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1881, S. 14)
Glauben und Vernunft
Sobald dieses Verwiesensein des Theologen auf das Lehramt nicht mehr anerkannt wird, hört der Theologe auf Theologe im eigentlichen Sinne des Wortes zu sein und wird zum Privatlehrer, d.h. letztlich Irrlehrer, der seinen eigenen Irrglauben ersinnt, bzw. erspinnt. Dr. Johann Baptist Heinrich legt dies so dar:
„Wenn wir aber beifügen, daß nicht die natürliche, sondern die vom Glauben erleuchtete und geleitete Vernunft Prinzip des theologischen Denkens und Wissens sei, so ist damit ausgesprochen, daß das theologische Denken, um zu seinem Ziel, dem theologischen Wissen, zu gelangen, gerade so von den geoffenbarten und durch den Glauben gewissen Glaubenswahrheiten ausgehen muß, wie das natürliche, philosophische Denken von den evidenten Vernunftprinzipien. Sowie diese das geistige Licht der Vernunft sind, wodurch alles Andere für sie erkennbar wird, ähnlich wie durch das materielle Licht die Gegenstände für das Auge, so sind die Glaubenswahrheiten das Licht der theologischen Erkenntnis. Eben deshalb muß auch die Vernunft im theologischen Denken sich schlechthin vom Glauben und seinen Prinzipien leiten lassen, und hört dieses Denken in demselben Augenblick auf theologisch richtig zu sein, wo es dieser Leitung sich entzieht; geradeso wie sich das philosophische Denken von den Vernunftprinzipien leiten lassen muß und in demselben Augenblick falsch und sophistisch wird, wo es, dieser Leitung sich entziehend, nach falschen, willkürlichen Prinzipien oder vielmehr Phantasien verfährt.
Ist hiernach das theologische Forschen und Denken schlechthin und allseitig vom Glauben abhängig, so ist es eben damit der kirchlichen Lehrautorität unterstellt. Denn da der Glaube selbst insofern von der kirchlichen Autorität abhängig ist, als der Inhalt desselben (objectum materliale fidei) nur durch sie in der dem Glauben entsprechenden Weise, nämlich mit Unfehlbarkeit uns vorgelegt und erklärt wird, und da überdies der Glaube selbst uns die vollkommene Unterwerfung unter die kirchliche Autorität in Sachen des Glaubens gebietet: so ist die prätendierte Unabhängigkeit des theologischen Forschens und Denkens von der kirchlichen Autorität nicht nur eine Sünde gegen den Glauben, sondern steht auch in Widerspruch mit dem obersten Prinzip, auf dem die ganze übernatürliche Würde und Gewißheit dieser Wissenschaft beruht.“
(Ebd. S. 20 f.)
Die Loslösung der „Theologie“ der Menschenmachwerkskirche von der kirchlichen Autorität
Wir erleben es nun schon seit vielen Jahrzehnten, wie die „Theologen“ der Menschenmachwerkskirche dieser Leitung sich entziehend, nach falschen, willkürlichen Prinzipien oder vielmehr Phantasien ihre Irrlehren ersinnen und unters Volk bringen.Die vollkommene Loslösung dieser Pseudotheologie von der kirchlichen Autorität wurde freilich begünstigt, ja vorangetrieben durch die Pseudopäpste seit dem Tod von Pius XII. Dieser war der letzte unfehlbare Mahner auf dem Stuhl Petri, der freilich schon damals auf verlorenem Posten stand, denn niemand hörte mehr auf seine Stimme. Die Modernisten ließen sich schon lange nicht mehr vom kirchlichen Lehramt belehren, weil sie gar nicht mehr an die Möglichkeit einer unfehlbaren Autorität glaubten. Für einen Modernisten gilt ja: Alle sind irrtumsfähig, nur ich nicht. Alles ist relativ, nur der Modernismus ist absolut richtig. Eine solchermaßen weitgehende Verwirrung und Verirrung der Geister ist wiederum wohl nur in dieser papstlosen Zeit möglich.
Den Schluß des zweiten Briefes und damit der uns vom hl. Petrus überlieferten Schriften kann man als Vermächtnis ansehen. Der erste Papst unserer hl. Kirche hat eine ganz große Sorge, die auf all seine Nachfolger übergegangen ist: „Wachset vielmehr in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus. Sein ist die Herrlichkeit, wie jetzt, so auf den Tag der Ewigkeit. Amen“ (2 Petr 3, 18). Am Ende bleibt uns das Lob Seiner Herrlichkeit – wie jetzt, so auf den Tag der Ewigkeit. Amen.