Die Weihnachtszeit hat zwei Höhepunkte, das Weihnachtsfest und das Fest Epiphanie. Nachdem wir die wunderbare Geburt unseres Herrn und Erlösers eine Weile betrachtet haben, werden unsere Gedanken durch das Kommen der drei Weisen aus dem Morgenland, die von der Tradition als Könige gedeutet werden, auf den Christkönig gelenkt. Der hl. Papst Leo ruft den Christen zu:
„Geliebteste, freuet euch im Herrn! Und, wiederum sage ich: Freuet euch! Denn kaum ist das Fest der Geburt Christi vorüber, da bricht nach kurzer Zwischenzeit schon die Feier seiner Erscheinung an; ihn, den an jenem Tage die Jungfrau geboren hat, ihn hat heute die Welt anerkannt. Denn das Wort, das Fleisch geworden ist, hat seinen Eintritt in unsere Natur so weise eingerichtet, daß der neugeborene Heiland den Gläubigen geoffenbart wurde, den Verfolgern aber verborgen blieb. Schon damals hat der Himmel die Herrlichkeit Gottes verkündet und in alle Lande ist der Schall der Wahrheit gedrungen, als das Heer der Engel den Hirten die Geburt des Welterlösers verkündete und ein Stern die Weisen zur Krippe führte, um ihn anzubeten. Da erstrahlte vom Aufgange der Sonne bis zum Untergange die Geburt des wahren Königs.“
Mit dem Kommen der Heiligen Drei Könige wird der Kontrast nochmals greifbarer, der Kontrast zwischen dem Sein dieses Kindes und den ärmlichen Umständen Seiner Geburt.
Zum Fest des allerheiligsten Namens Jesu liest die hl. Kirche im Nachtgebet eine Predigt des hl. Bernhard von Clairvaux, in der dieser hervorhebt:
„Denn dieser mein Jesus trägt nicht wie andere vor ihm einen inhaltlosen, nichtssagenden Namen. Bei ihm ist der bedeutungsvolle Name nicht nur ein schattenhaftes Bild, sondern Ausdruck der Wirklichkeit. Der Evangelist bezeugt ja, daß er ihm vom Himmel gegeben wurde: ‚Wie er vom Engel genannt wurde, bevor er im Mutterschoß empfangen wurde.‘ Beachte auch die tiefe Bedeutung des Satzes: ‚Nachdem Jesus geboren war.‘ Er wurde von den Menschen Jesus genannt, wie er vom Engel genannt worden war, bevor er im Mutterschoß empfangen wurde. Er ist nämlich der Heiland der Engel und der Menschen, der Menschen seit der Menschwerdung, der Engel vom Anfang der Schöpfung an.“
Dieses Kind, das bei der Beschneidung mit dem Namen Jesus benannt wurde, trägt ganz zurecht einen Namen, der über allen Namen steht, wie der hl. Paulus im Philipperbrief so eindringlich lehrt:
„Obwohl er sich in der Gestalt Gottes befand, wollte er dennoch nicht gewaltsam an seiner Gottesgleichheit festhalten, vielmehr entäußerte er sich, nahm Knechtsgestalt an und ward den Menschen ähnlich. Im Äußeren als Mensch erfunden, erniedrigte er sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tod am Kreuze. Darum hat ihn Gott auch so hoch erhoben und ihm den Namen gnädiglich verliehen, der über alle Namen ist: Im Namen Jesus sollen sich alle Knie beugen im Himmel, auf der Erde und in der Unterwelt, und jede Zunge soll laut bekennen zu Gottes, des Vaters, Herrlichkeit: Jesus Christus ist der Herr.“
(Phil. 2, 6-11)
Weil Er der Sohn Gottes ist, vor dem sich „alle Knie beugen im Himmel, auf der Erde und in der Unterwelt, darum ist Er der Heiland der Engel und der Menschen, der Menschen seit der Menschwerdung, der Engel vom Anfang der Schöpfung an“. Dieser göttliche Erlöser liegt vor uns in der Krippe und offenbart uns in den Zügen Seines kindlichen Antlitzes das Geheimnis Seines Sohn- und Erlöserseins. Derjenige, der im Glauben hinzutritt, durchdringt die sichtbare Wirklichkeit und erkennt das unsichtbare Wesen dieses Kindes, das in der Namensgebung aufstrahlt, einem Namen, der dem Kind schon gegeben wurde, ehe es im Mutterschoß empfangen wurde, denn nur der Himmel konnte Sein Wesen recht benennen.
Der Name Jesu
Folgen wir hierzu nochmals dem hl. Bernard, der sich in seiner Predigt einige Gedanken über diesen himmlischen Namen macht.
„Nicht ohne Grund vergleicht der Heilige Geist den Namen des Bräutigams mit Öl. Er lehrt die Braut, dem Bräutigam zuzurufen: ‚Ausgegossenes Öl ist dein Name.‘ Das Öl leuchtet, nährt und salbt. Es nährt das Feuer, stärkt den Leib, lindert den Schmerz. Es ist Licht, Nahrung und Arznei. Siehe, das gilt jetzt auch vom Namen des Bräutigams! Er spendet Licht, wenn er verkündet wird; er gibt Stärkung, wenn man ihn betrachtet; er spendet Linderung und Salbung, wenn man ihn anruft. Wir wollen das im einzelnen durchgehen. Wie, meinst du, konnte auf der ganzen Erde das Licht des Glaubens so hell und so plötzlich aufleuchten, wenn nicht durch die Verkündigung des Namens Jesu? Hat Gott uns nicht durch das Aufleuchten dieses Namens zu seinem wunderbaren Licht berufen? Da wir also erleuchtet sind und in diesem Licht das Licht schauen, kann Paulus mit Recht zu uns sagen: 'Ihr wart einst Finsternis; jetzt seid ihr Licht im Herrn.'“
Unser hl. Glaube wird mit einem Licht verglichen, weil er uns die verborgene Wirklichkeit, die für den natürlichen Menschen dunkel ist, erleuchtet und sichtbar macht. Der Name Jesus offenbart uns das Kind in der Krippe als unseren göttlichen Heiland. Der hl. Bernhard erklärt den Namen mit Hilfe der Heiligen Schrift, in der zu lesen ist: „Ausgegossenes Öl ist dein Name.“ Das Kind ist nicht irgendein Menschenkind, sondern es ist gesalbt mit der Gottheit, weshalb man es auch Jesus Christus nennen wird, wobei Christus der Gesalbte heißt. Genauso wie das Öl „leuchtet, nährt und salbt, denn es nährt das Feuer, stärkt den Leib, lindert den Schmerz, es ist also Licht, Nahrung und Arznei“, so ist es auch mit dem Namen Jesus. Sobald jemand im Glauben ihn ausspricht, offenbart dieser Name seine übernatürliche Kraft – der Name Jesus ist ein Sakramentale, wie es im katholischen Sprachgebrauch heißt. Der hl. Bernhard gibt deswegen weiter zu bedenken:
„Diesen Namen sollte der eben genannte Apostel zu Königen und Völkern und zu den Kindern Israels tragen. Und er hat ihn getragen wie ein Licht. Er hat das Land seiner Väter erleuchtet und überall gerufen: ‚Die Nacht ist vorgeschritten, der Tag hat sich genaht. Laßt uns darum ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichtes! Wie am Tage laßt uns ehrbar wandeln!‘ Und er zeigte allen das Licht auf dem Leuchter; er verkündete überall Jesus und zwar als den Gekreuzigten. Wie ist dieses Licht aufgeleuchtet und hat die Augen aller, die es sahen, geblendet, als es wie ein Blitz aus dem Munde des Petrus ausfuhr und die Fußsohlen und Gelenke eines Lahmen kräftigte und zugleich viele geistig Blinde erleuchtete! Hat er nicht Feuer gesprüht, als er rief: ‚Im Namen Jesu Christi, des Nazareners, stehe auf und geh umher!‘“
Man muß also nur genau hinhören und hinsehen, so wird man das göttliche Licht wahrnehmen, das sozusagen in diesem Namen geheimnisvoll eingefaltet ist. Im Namen Jesu Christi, des Nazareners wird alles wieder heil, was durch die Sünde verwundet wurde. Damit jedoch dieses Wunder geschehen kann, muß der im Glauben erleuchtete Mensch „ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichtes“! Dann erst wird der Name, der über allen Namen steht, seine ganze übernatürliche Kraft entfalten können. Der hl. Bernhard fährt mit seinen Gedanken weiter:
„Und nicht nur ein Licht ist der Name Jesus; er ist auch eine Nahrung. Oder gewinnst du nicht neue Kraft, sooft du an ihn denkst? Was stärkt in gleicher Weise die Seele dessen, der an ihn denkt? Was erfrischt so die ermüdeten Kräfte der Seele, stärkt die Tugenden, belebt die guten, ehrbaren Gewohnheiten, fördert keusche Gedanken? Trocken ist jede Nahrung der Seele, wenn sie nicht mit diesem Öl begossen wird; geschmacklos, wenn sie nicht mit diesem Salz gewürzt ist. Wenn du schreibst, gefällt es mir nicht, wenn ich darin nicht Jesus lese. Wenn du sprichst oder verhandelst, gefällt es mir nicht, wenn dabei nicht der Name Jesu erklingt. Jesus ist Honig für den Mund, Wohlklang für das Ohr, ein Jubelgesang für das Herz. Doch er ist auch eine Arznei. Ist jemand traurig unter uns, dann komme Jesus in sein Herz und vom Herzen rasch in den Mund! Und siehe, beim Aufleuchten dieses Namens weicht alles dunkle Gewölk und heiterer Sonnenschein kehrt wieder. Fällt jemand in eine Sünde, läuft er verzweifelnd den Schlingen des Todes entgegen, wird er nicht sogleich wieder aufatmen zu neuem Leben, wenn er den Namen des Lebens anruft?“
Sind das nicht im höchsten Maße ermutigende Gedanken! Besitzen wir mit Ihm, dem Kind in der Krippe, nicht alles, was unserer Seele zum ewigen Heil verhilft? Sollten wir uns darum nicht angewöhnen, den Namen Jesu oft und oft leise im Herzen und auch im Mund zu sprechen, d.h. zu beten. Diese Wahrheiten müssen zu einem Erfahrungswissen werden, indem wir im alltäglichen Leben üben, was der hl. Bernhard zum Namen Jesu erwägt. „Jesus“ muß so sehr unsere Seele erfüllen, d.h. der Name Jesus muß in uns so lebendig werden, daß wir es tatsächlich wahrnehmen und erleben: „Jesus ist Honig für den Mund, Wohlklang für das Ohr, ein Jubelgesang für das Herz.“
Aber das ist noch nicht alles. Der Name Jesus ist auch Arznei, ist Heilmittel für alle verwundeten Seelen. Wenn wir traurig sind, wenn wir niedergeschlagen sind, wenn wir uns ängstigen, sprechen wir ganz leise „Jesus“ – und unser Herz wird wieder ruhig und von übernatürlicher Zuversicht erfaßt. Die Angst weicht aus dem Herzen und neuer Mut erfüllt uns, denn „beim Aufleuchten dieses Namens weicht alles dunkle Gewölk und heiterer Sonnenschein kehrt wieder“. Und selbst wenn wir in Sünde fallen, was könnten wir Besseres tun als Jesus anrufen, der doch in unsere Welt gekommen ist, um die Sünder zu suchen und heilen? Wird der Sünder „nicht sogleich wieder aufatmen zu neuem Leben, wenn er den Namen des Lebens anruft“? Ganz gewiß, wenn er nur Reue und Vertrauen zu Jesus hat.
Alle diese Gedanken begleiten uns zur Krippe. Sobald wir niederknien und in aller Stille und voller Andacht auf das Kind schauen und den Namen Jesus aussprechen, wird es hell in unserem Herzen. Die verborgene Welt der Gnade wird sichtbar, denn sie leuchtet uns auf dem Antlitz dieses Kindes wunderbar und geheimnisvoll auf. Darum kann man wieder und wieder zur Krippe gehen und das Kind betrachten. Es ist immer wieder neu, anders, voller Überraschungen. Das muß jeder für sich erleben, dann erst wird er es richtig verstehen. Unser hl. Glaube ist immer auch Erfahrungswissen, ist er doch keine reine Theorie, sondern eine neue, aus der göttlichen Gnade gewonnene Lebensform.
Der Heiland der Welt
Der Sohn Gottes ist nicht nur für das auserwählte Volk Mensch geworden, sondern für alle Menschen. Denn Gott „will, daß alle Menschen Rettung finden und zur Einsicht in die Wahrheit kommen“, wie der hl. Paulus an Timotheus schreibt. Darum hat es Gott gefügt, daß nicht nur die Hirten zur Krippe fanden, sondern auch die drei Weisen aus dem Morgenland. Mit diesen sind auch die Heiden gekommen, um das Christkind zu ehren und anzubeten. Somit zeigt sich der allumfassende Anspruch des göttlichen Kindes, Sein Reich umfaßt alle Völker der Erde, Er ist der Erlöser von allen Menschen.
Aber wie wenige kommen zu Ihm und wie viele bleiben Ihm fern? Immer mehr blieben Ihm fern in diesen letzten Jahrhunderten – und erst heute. Ist denn das Geheimnis des Stalles von Bethlehem und der Krippe mit dem Christuskind verblaßt? Leuchtet denn der Stern nicht mehr am Himmel, um die Völker zur Krippe zu rufen und zu leiten? Was ist denn geschehen? Beim Propheten Isaias lesen wir:
„Ihr Durstigen, geht doch zum Wasser, und wem es an Kraft fehlt, esset! Geht hin und kaufet Getreide umsonst, ohne Geld auch Wein und Milch. Was wäget ihr Euer mühsam Erworbenes für das, was nicht sättigt? Höret auf mich, ihr sollt reichlich essen, eure Seele soll schwelgen in Fett. Neigt euer Ohr und kommet zu mir, höret, so werdet ihr leben. Ich schließe mit euch einen Bund auf Grund der festen Verheißung an David. Zum Hirten der Völker mache ich ihn, zum Fürsten und Herrscher der Stämme.“
(Is. 55, 1-4)
Die Heiligen Drei Könige
Die Heiligen Drei Könige waren Durstige, die sich aufmachten, um nach der Quelle zu suchen, jener Quelle, die fortsprudelt zum ewigen Leben. Sie machten sich letztlich auf den weiten Weg, weil ihre Herzen voller Sehnsucht waren nach der Wahrheit, die Christus ist. Ein Stern erschien am Himmel, um ihnen die Geburt des göttlichen Kindes anzukündigen. Dieser Stern führte sie schließlich den langen Weg von der Heimat ins Judenland.
Weil sie Glauben hatten und dem Stern folgten, fanden sie schließlich das Kind in einer Krippe liegend. Sie fanden seine Mutter, die ihnen das Kind zeigte und es in ihre Arme legte für einen Augenblick. Was waren das für glückbringende, freudestrahlende Augenblicke! Der hl. Johannes Chrysostomus beschreibt es so:
„Als die Weisen in das Haus eintraten, sahen sie das Kind mit Maria, seiner Mutter. Und sie fielen nieder und beteten es an; dann öffneten sie ihre Schätze und brachten ihm Geschenke dar, Gold, Weihrauch und Myrrhen. Was hat sie denn eigentlich zur Anbetung des Kindes bewogen? Denn weder die Jungfrau hatte etwas Hervorragendes an sich, noch war das Haus berühmt, noch war etwas anderes da, was sie fesseln oder anlocken konnte. Aber sie beteten es nicht bloß an, sondern öffneten ihre Schätze und brachten ihm Gaben dar, und zwar Gaben, wie sie nicht einem Menschen, sondern Gott zukommen. Denn Weihrauch und Myrre vor allem war ein Sinnbild der Gottheit. Was hat sie also veranlaßt? Nun, das Gleiche, das sie auch angeregt hatte, ihr Haus zu verlassen und eine so weite Reise anzutreten: nämlich der Stern und die ihnen von Gott verliehene Erleuchtung, die sie allmählich zu einer tieferen Erkenntnis führte.“
Der lange Weg aus der Fremde hin zum Stall von Bethlehem war auch ein Erkenntnisweg. Sie waren ja Weise, die das göttliche Licht in ihrem Herzen leuchten ließen. So wurde ihre Einsicht in das Geheimnis des Kindes immer tiefer, immer ergreifender, immer einnehmender. Womöglich suchten sie zunächst nur ein Königskind – und fanden den Sohn Gottes! Der Stern erleuchtete ihren Sinn und führte sie allmählich zu einer tieferen Erkenntnis. Der hl. Johannes Chrysostomus erwägt weiter:
„Wenn es nicht so wäre, hätten sie ihm nicht eine solche Ehre erwiesen. Alles, was sie dort sahen, war ja ganz unbedeutend. Nichts Großartiges war dort zu finden, was in die Augen gefallen wäre, sondern nur eine Krippe, eine Hütte, eine hilflose Mutter. So siehst du ganz offen die Weisheit der Weisen und weißt, daß sie zu ihm nicht wie zu einem bloßen Menschen, sondern wie zu einem Gott, und zwar zu einem gütigen Gott, hinzugetreten sind. Darum haben sie sich auch durch nichts von dem, was sie sahen, irre machen lassen, sondern haben ihre Anbetung verrichtet; und sie haben Geschenke dargebracht, die sich sehr von der groben Art der Juden unterschieden. Denn sie opferten nicht Schafe und Rinder, sondern Dinge, die der geistigen Art der Kirche nahe standen; sie brachten ihm nämlich Anerkennung, Gehorsam und Liebe zum Opfer.“
Die Gaben der drei Weisen
Die äußeren Gaben der drei Weisen waren nur ein Sinnbild der inneren Gaben ihrer Herzen. Sie waren dem göttlichen Kind vollkommen ergeben. Wie wunderbar ist es, wenn man es recht erwägt, sie „brachten ihm nämlich Anerkennung, Gehorsam und Liebe zum Opfer“. Das sind letztlich die Opfer, die das göttliche Kind erwartet – auch von uns erwartet! Das sind die Geschenke, die uns reich machen, wenn wir sie verschenken. Geschenke, in denen sich das Sprichwort ganz und gar erfüllt: Geben ist seliger denn Nehmen.
Die Botschaft des Sterns
Der hl. Ambrosius weiß dazu Folgendes zu sagen:
„Die Weisen bringen also von ihren Schätzen Geschenke dar. Wollt ihr wissen, welch großes Verdienst sie haben? Der Stern wird von ihnen gesehen; aber wo Herodes herrscht, da ist er nicht zu sehen; wo aber Christus ist, dort wird er wieder sichtbar und er zeigt ihnen den Weg. Der Stern also ist ein Wegweiser, und der Weg selbst ist Christus; denn Christus ist ein Stern auf Grund seiner wunderbaren Menschwerdung; denn es heißt: Es wird ein Stern aufgehen aus Jakob und ein Mann aufstehen in Israel. Und schließlich ist da, wo Christus ist, auch der helleuchtende Morgenstern. Er deutet also durch sein eigenes Licht auf sich hin.“
Der Stern war nur Wegweiser, Weg zum wahren Licht, das in unsere Welt gekommen ist, um alle zu erleuchten. Die drei Weisen aus dem Morgenland haben die Botschaft des Sternes verstanden, darum sind sie ihm gefolgt. Wie hoch hat ihnen unser Herr dies angerechnet! Sie durften das wahre Licht finden, das jeden Mensch erleuchtet. Als sie vor Ihm niederknieten und Ihn anbeteten, hat Er sie in wenigen Augenblicken verwandelt. In seiner Predigt zum Dreikönigsfest muntert uns der hl. Papst Leo dementsprechend auf:
„Geliebteste, betrachten wir also die Weisen, die Christus anbeteten, als die Erstlinge unserer Berufung und unseres Glaubens, und feiern wir mit frohen Herzen den Beginn unserer seligen Hoffnung! Damals haben wir den ersten Schritt zu unserer ewigen Erbschaft getan; durch dieses Ereignis sind uns die Geheimnisse der Schrift, die von Christus reden, klar geworden, und die Wahrheit, die von den Juden in ihrer Verblendung nicht angenommen wurde, strahlte mit ihrem Lichte über alle Nationen. Dieser hochheilige Tag, an dem der Urheber unseres Heiles sich offenbart hat, sollte daher stets von uns in Ehren gehalten werden. Ihn, den die Weisen als Kind in der Krippe angebetet haben, ihn wollen auch wir als den Allmächtigen im Himmel hochpreisen. Wie sie aus ihren Schätzen dem Herrn geheimnisvolle Gaben dargebracht haben, so wollen auch wir aus unseren Herzen das, was Gottes würdig ist, ihm darbringen.“
Die Erstlinge unserer Berufung und unseres Glaubens
Diese heiligen Festfeiern sollen uns hochgemut machen. Die Heiligen Drei Könige waren die Erstlinge aus den Heidenvölkern, „die Erstlinge unserer Berufung und unseres Glaubens“. Ihr Beispiel soll unsere Herzen ergreifen und in die himmlische Welt des Jesuskindes erheben. Nur so werden wir himmelstauglich. Weihen wir deswegen unserem göttlichen Erlöser unsere Gaben, wie es die drei Weisen aus dem Morgenland getan haben: „Ihn, den die Weisen als Kind in der Krippe angebetet haben, ihn wollen auch wir als den Allmächtigen im Himmel hochpreisen.“ Das Gloria, das die hl. Engel in den Fluren Bethlehems angestimmt haben, muß weiterklingen bis ans Ende der Zeit. Von Generation zu Generation soll der Lobgesang weitergesungen werden, so daß er niemals verstummt. Aber wie leise ist er in unserer glaubenslosen Zeit geworden. Wie still ist es an der Kippe heute.
Zwei Wege
Der hl. Ambrosius weiß noch auf etwas hinzuweisen:
„Vernimm eine andere Lehre! Die Weisen kehren auf einem anderen Weg zurück, als sie gekommen waren. Denn sie haben Christus gesehen und erkannt und sind jetzt, da sie heimkehren, gewiß bessere Menschen, als da sie kamen. Es gibt zwei Wege; der eine führt zum Untergang, der andere zum Himmelreich. Der Weg, der zu Herodes führt, das ist der Weg der Sünder; der andere Weg, auf dem man zum Heimatland zurückkehrt, ist Christus. Denn hier haben wir nur einen zeitlich begrenzten Aufenthalt, entsprechend dem Schriftwort: Lange ist meine Seele in der Fremde gewesen.“
Damit ist eine ganz grundlegende Glaubenseinsicht umschrieben. Wer zum Glauben findet, der kehrt auf einem anderen Weg nach Hause zurück – und natürlich auch als anderer Mensch. Wie könnte auch derjenige, der Christus gefunden hat, jemals zu Herodes zurückkehren?! Herodes, das ist der Weg der Sünde, der Weg ins ewige Verderben. Nein, wir kehren nicht zu Herodes zurück, nicht zu unseren alten, sündhaften Gewohnheiten, sondern wählen einen anderen, einen neuen Weg, der uns nach Hause führt – und zwar in die ewige Heimat, in der Jesus zuhause ist, der doch jetzt schon sitzt zur Rechten des Vaters, von dannen Er kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten. Werfen wir mit dem hl. Apostel und Evangelisten Johannes, diesem zutiefst weihnachtlichen Heiligen, einen Blick auf den göttlichen Thron:
„Siehe, im Himmel stand eine Tür offen und die Stimme, die ich wie eine Posaune vorhin mit mir hatte reden hören, sprach: ‚Komm hier herauf; ich will dir zeigen, was hernach geschehen muß.‘
Sofort ward ich verzückt: Siehe, da stand ein Thron im Himmel, und auf dem Throne saß Einer. Der da saß, sah wie Jaspis und wie Sardis aus; ein Regenbogen erstrahlte rings um den Thron herum, der wie ein Smaragd aussah. Und vierundzwanzig andere Throne waren rund um den Thron, und auf den Thronen saßen vierundzwanzig Älteste mit weißen Kleidern angetan und goldenen Kränzen auf ihren Häuptern.
Vom Throne gehen Blitze, Tosen, Donnerschläge aus. Sieben Fackeln brannten vor dem Throne; das sind die sieben Geister Gottes. Dann war vor dem Throne noch etwas wie ein gläsernes Meer, ähnlich wie Kristall.
Und mitten vor dem Thron und rund um den Thron herum waren vier lebendige Wesen voller Augen vorn und hinten. Das erste Wesen glich einem Löwen, das zweite Wesen glich einem Rind, das dritte Wesen hatte ein Antlitz wie ein Mensch, das vierte Wesen glich einem fliegenden Adler. Jedes der vier Lebewesen hatte sechs Flügel, außen wie innen voller Augen; sie haben keine Ruhe Tag und Nacht; sie rufen: ‚Heilig, heilig, heilig ist Gott, der Herr, der Allbeherrscher, der war, der ist, der kommen wird.‘ Und sooft die Lebewesen Ruhm und Ehre und Dank dem dargebracht hatten, der auf dem Throne saß, der von Ewigkeit zu Ewigkeiten lebt, werfen sich die vierundzwanzig Ältesten vor dem, der auf dem Throne saß, zu Boden und beten den an, der lebt von Ewigkeit zu Ewigkeiten; sie legen ihre Kränze vor dem Throne nieder und rufen: ‚Würdig bist Du, unser Herr und Gott, Ruhm, Macht und Ehre zu empfangen; denn Du hast das All erschaffen, durch Deinen Willen wurde es und ist es entstanden.‘“
(Apk. 4, 1-11)
Das ganze All wurde von Ihm zu Seiner Verherrlichung geschaffen. Alle Geschöpfe sind aufgerufen, Ihm zu dienen und Ihn zu ehren. In seiner Auslegung des Evangeliums des Dreikönigsfestes geht der hl. Papst Gregor darauf ein:
„Alle Elemente haben Zeugnis abgelegt von der Ankunft ihres Schöpfers. Wenn ich von ihnen nach menschlicher Weise reden darf, so hat der Himmel ihn als seinen Gott anerkannt; denn sogleich sandte er einen Stern. Das Meer erkannte ihn an, indem es unter seinen Füßen gangbar ward. Die Erde erkannte ihn an, indem sie bei seinem Tode erbebte; die Sonne erkannte ihn an, indem sie die Strahlen ihres Lichtes verhüllte; die Felsen und Mauern erkannten ihn an, da sie im Augenblicke seines Todes sich spalteten; die Totenwelt erkannte ihn an, da sie die Toten, die sie gefangen hielt, herausgab. Obwohl ihn also alle vernunftlosen Elemente als ihren Herrn verehrten, trotzdem erkennen ihn die ungläubigen Juden in den Herzen bis heute nicht als ihren Gott an; härter als Steine sind sie und wollen sich zur Buße nicht erweichen lassen.“
Wie viele Menschenherzen gibt es heute, die härter sind als Stein und sich darum nicht zur Buße erweichen lassen wollen? Wie weit haben sich die meisten Menschen von Christus und einem christlichen Leben entfernt. Fast das ganze christliche Abendland hat den Glauben an Jesus Christus verloren. Viele viele Menschen sind wieder auf den Wegen des Herodes unterwegs. Wir jedoch wollen den Heiligen Drei Königen auf dem neuen Weg folgen, der in die ewige Heimat führt. Also auf! Christus entgegen!