Das Fest der heiligen Apostel Petrus und Paulus kann einen Katholiken heutzutage schon wehmütig machen, denn was für ein Unsinn wird besonders über den heiligen Petrus gepredigt. Mitverantwortlich für die außerordentliche Verwirrung der Geister, wenn es um den Apostel Petrus und seine Nachfolger, die Päpste, geht, sind die Herren in den weißen Soutanen in Rom seit nunmehr sechs Jahrzehnten – alle überragend Herr Bergoglio. Dieser ist jederzeit für eine Karikatur gut – mal weltoffen, mal banal oder brüskierend, alle Konventionen brechend, tangotanzend oder auf der Abrißbirne – die allermeisten Karikaturen passen so auffallend genau, weil er selbst doch nur noch die Karikatur eines Papstes ist. Leider sind die meisten sog. Katholiken nicht mehr dazu fähig, diese Karikatur eines Papstes von einem wahren Papst zu unterscheiden. Weil es doch überaus wünschenswert ist, diese Unterscheidung zuwege zu bringen, wollen wir uns einige Gedanken machen über das, was einen Papst der katholischen Kirche eigentlich zum Papst macht.
Das lebendige Wort Gottes
Das Fundament des christlichen Glaubens ist die Erkenntnis, das Wort Gottes ist Fleisch geworden, um uns zu erlösen, und, was damit wesensnotwendig verbunden ist, uns darüber zu belehren, wie man das ewige Leben wiedererlangen kann. Die persönliche Erlösung setzt schließlich die Erkenntnis der besonderen, von Gott gewählten Art der Erlösung voraus. Diese Kenntnis vermittelt uns der heilige katholische Glaube, den uns Unser Herr Jesus Christus gelehrt hat.
Aber wie genau schenkt uns der Sohn Gottes den heilsnotwendigen Glauben? Wie gelangen wir konkret zu jenem Glauben, den Unser göttlicher Herr von uns erwartet? Hierzu gibt es heutzutage keine Klarheit mehr, ist doch der Glaube nicht nur inhaltlich, sondern auch seiner Art nach unter den sog. Katholiken recht verschieden.
Es ist schon recht auffallend und im Grunde immer wieder sehr überraschend, sobald man es bedenkt: Jesus, der ewige Sohn des himmlischen Vaters, die ewige Weisheit und göttliche Wahrheit in Person, hat kein einziges Wort aufgeschrieben. Jedenfalls ist mit keinem Wort erwähnt, daß Unser Herr etwas niedergeschrieben hätte (außer einmal in den Sand, als die Pharisäer die Ehebrecherin vor Ihn geführt hatten), daß er Schriften verfaßt hätte, die dann im Volk herumgereicht wurden. Warum ist von Unserem göttlichen Herrn und Lehrmeister keine einzige Zeile auf uns gekommen, warum hat Er keine Briefe geschrieben, keine Abhandlungen oder Bücher verfaßt? Warum hat der größte Gelehrte der Weltgeschichte, warum hat der göttliche Schriftsteller, der DAS WORT ist, nichts niedergeschrieben?
Es läßt sich leicht ausmalen, mit welcher Ehrfurcht man auch nur einen ganz kurzen Text aus der Feder Jesu aufbewahrt und diesen Papyrus als eine kostbarste Reliquie verehrt hätte. Wie hätte man Seine Handschrift bewundert und mit höchstem Interesse betrachtet, Seine Ausdrucksweise und Seinen Stil bis ins kleinste Detail hinein studiert? Wäre es zudem nicht viel besser, viel effektiver, viel überzeugender gewesen, wenn Er selber die wichtigsten Lehren über Gott und unsere Erlösung niedergeschrieben hätte? Was wäre das für eine Sensation, DAS JESUSBUCH schlechthin zu besitzen, beglaubigt mir Seiner höchstpersönlichen Unterschrift!
Offensichtlich war es jedoch nicht so, wie wir es uns ausdenken und ausmalen. Es wäre nicht besser gewesen, wenn der göttliche Lehrmeister ein eigenes Buch geschrieben hätte, denn sonst hätte Er es auch getan. Wir wissen jedenfalls mit vollkommener Sicherheit aus der Tradition, Er schrieb nichts selber nieder, sondern überließ diese Arbeit den Aposteln und Evangelisten. Diese sind Seine vom Heiligen Geist inspirierten Biographen und Berichterstatter. Was ist aber der tiefere Grund dafür, daß Er selber nichts niederschrieb? Was ist des Rätsels Lösung?
Wir vergessen eines so leicht und nur allzu schnell: Seine Lehre ist viel mehr als bloßes Menschenwort, das in einem Buch niedergeschrieben werden kann. Wir müssen sogar feststellen, selbst wenn es ein inspiriertes Wort ist, also Gottes Wort wie in der Heiligen Schrift, das doch den Heiligen Geist als Autor hat, ist es nicht leicht, den göttlichen Ursprung dieser Schriften zu greifen und dieses Wort als Wort Gottes recht zu verstehen, wofür uns die Protestanten genügend Anschauungsunterricht geben. Wie hat etwa ein Martin Luther all jene beschimpft und verbal zum Teufel geschickt, die mit seiner Auslegung der Heiligen Schrift nicht einverstanden waren, weil sie meinten, sie anders verstehen zu müssen als er. Aber lassen wir das einmal so stehen, denn darauf wollen wir jetzt nicht näher eingehen.
Wie kommen wir zum übernatürlichen Glauben?
Um unser Rätsel zu lösen, müssen wir nach etwas anderem fragen, nämlich: Wie ist es mit dem göttlichen Glauben? Wie kommen wir zu diesem übernatürlichen Glauben? Den Schlüssel zum Verständnis gibt uns der hl. Paulus, wenn er im Römerbrief erklärt: „Somit kommt der Glaube vom Hören, und das Gehörte aus dem Wort Christi“ (Röm 10, 17). Der Glaube stammt also unmittelbar aus der Predigt, noch etwas genauer gesagt aus dem gesprochenen Wort Christi – und sodann der der Predigt der Apostel. Die Predigt aber ist ein lebendiges Wort. Unser göttlicher Lehrmeister wollte uns einen lebendigen Glauben durch das lebendige Wort der Predigt schenken. Deswegen predigt Er, der die göttliche Wahrheit ist, dem Volk das Wort Gottes. Er offenbart und erklärt ihm die Geheimnisse Gottes und unserer Erlösung – und Er allein kann uns diese Geheimnisse erklären, weil Er allein sie kennt. Zum Schluß der Abschiedsreden, nachdem Unser göttlicher Herr den Aposteln viele Geheimnisse Seines gottmenschlichen Erlöserherzens geoffenbart hat und Seine Reden mit der zusammenfassenden Feststellung endet: „Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen. Ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater“, sagten diese voller Staunen: „Jetzt wissen wir, daß du alles weißt und niemand dich erst zu fragen braucht. Darum glauben wir, daß du von Gott ausgegangen bist“ (Joh 16,30).
Der katholische Glaube kommt also vom gesprochenen Wort Jesu Christi. Wie aber soll es mit der Predigt weitergehen, wenn Er nicht mehr in unserer Menschenwelt ist? Wenn Er in den Himmel aufgefahren sein wird, wer predigt dann das Wort Gottes, das uns allein den göttlichen Glauben abverlangen kann, weil es die von Gott verbürgte Wahrheit ist? Wer besitzt dann noch das lebendige Wort, das einen lebendigen Glauben in den Menschenherzen zu zeugen vermag? Wir erhalten die Antwort im Evangelium von wunderbaren Fischfang: „Er stieg in das eine der Schiffe, das dem Simon gehörte, und bat ihn, etwas vom Lande zu fahren. Dann setzte Er Sich und lehrte das Volk vom Schiffe aus“ (Lk. 5,3).
Der irrtumsfreie Lehrstuhl Petri
Dieses Geschehen hat einen tiefen Symbolgehalt. Es verdeutlicht, daß Unser Herr Jesus Christus Seiner Kirche die Verkündigung und Bewahrung der göttlichen Lehre anvertraut, also das Amt zu predigen und zu leiten übertragen hat. Errichtet Er doch im Schiff Petri den Lehrstuhl, der keinen Irrtum kennt, sondern die Völker in der göttlichen Wahrheit festigt und jeden Katholiken zum Glaubensgehorsam diesem Lehrstuhl gegenüber verpflichtet, wie es im (ersten und einzigen) Vatikanischen Konzil dargelegt wird: „Wir lehren und erklären demnach: Die römische Kirche besitzt nach Anordnung des Herrn den Vorrang der ordentlichen Gewalt über alle anderen Kirchen. Diese Macht der Rechtsbefugnis des römischen Bischofs, die wirklich bischöflichen Charakter hat, ist unmittelbar. Ihr gegenüber sind Hirten und Gläubige jeglichen Ritus und Ranges, einzeln sowohl wie in ihrer Gesamtheit, zur Pflicht hierarchischer Unterordnung und wahren Gehorsams gehalten, nicht allein in Sachen des Glaubens und der Moral, sondern auch der Ordnung und Regierung der über den ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche. Durch Bewahrung dieser Einheit mit dem römischen Bischof in der Gemeinschaft und im Bekenntnis desselben Glaubens ist so die Kirche Christi eine Herde unter einem obersten Hirten. Das ist die Lehre der katholischen Wahrheit, von der niemand abweichen kann, ohne Schaden zu leiden an seinem Glauben und an seinem Heil“ (Vatikanisches Konzil, 1869/70, DS 3060).
Hierzu noch die entsprechende Verurteilung des entgegenstehenden Irrtums durch das Vatikanum: „Wer also sagt, der römische Bischof habe nur das Amt einer Aufsicht oder Leitung, und nicht die volle und oberste Gewalt der Rechtsbefugnis über die ganze Kirche – und zwar nicht nur in Sachen des Glaubens und der Moral, sondern auch in dem, was zur Ordnung und Regierung der über den ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche gehört – oder wer sagt, er habe nur einen größeren Anteil, nicht aber die ganze Fülle dieser höchsten Gewalt, oder diese seine Gewalt sei nicht ordentlich und unmittelbar, ebenso über die gesamten und die einzelnen Kirchen wie über die gesamten und einzelnen Hirten und Gläubigen, der sei ausgeschlossen“ (DS 3064).
Die Lehre der Kirche ist ganz klar und jeder Katholik sollte sie sich angesichts der großen Verwirrung entsprechend vergegenwärtigen: „Die römische Kirche besitzt nach Anordnung des Herrn den Vorrang der ordentlichen Gewalt über alle anderen Kirchen“, d.h. der anderen Ortskirchen, also der über die Welt verteilten Diözesen. Dabei ist die „Macht der Rechtsbefugnis des römischen Bischofs, die wirklich bischöflichen Charakter hat, … unmittelbar“, der Papst kann, wenn nötig, jedem Bischof, Priester, Kleriker oder Laien direkt befehlen, insofern es um eine Sache des Glaubens, der Sitte oder kirchlichen Disziplin geht. Deswegen sind ihm gegenüber „Hirten und Gläubige jeglichen Ritus und Ranges, einzeln sowohl wie in ihrer Gesamtheit, zur Pflicht hierarchischer Unterordnung und wahren Gehorsams gehalten, nicht allein in Sachen des Glaubens und der Moral, sondern auch der Ordnung und Regierung der über den ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche“.
Der antiautoritäre und damit gehorsamslose moderne Mensch
Es ist eine leicht feststellbare Tatsache, der moderne Mensch hat große Schwierigkeiten mit jeglicher Form der Autorität und daraus folgend mit dem Gehorsam. Aufgrund der leidvollen Erfahrungen ganzer Völker in totalitären Systemen, also Diktaturen der verschiedensten Art, wird meist jeglicher Gehorsam anderen gegenüber spontan zurückgewiesen. Da alle Menschen gleich sind, wie man sagt, könne ein derartiger Gehorsam gar nicht gefordert werden, ohne die Menschenwürde anzutasten. Es kommt noch hinzu, daß jeglicher Gehorsam als blinder Gehorsam abgestempelt und verworfen wird. Wobei selbst in religiösen Schriften nicht selten vollkommener Gehorsam mit blindem Gehorsam gleichgesetzt bzw. verwechselt wird. Daraus läßt sich leicht erkennen, welche Probleme der moderne Mensch mit dem Gehorsam der Kirche gegenüber hat und welche Gefahren daraus dem rechten Verständnis des übernatürlichen Glaubens drohen, der seinem Wesen nach Glaubens-Gehorsam ist.
Der vollkommene Glaubensgehorsam
Für die Erhaltung unseres katholischen Glaubens ist es darum notwendig, hierin ganz klar unterscheiden zu lernen. Zunächst gilt es einzusehen, im natürlichen Bereich gibt es letztlich keinen vollkommenen Gehorsam, vielmehr ist jeglicher natürliche Gehorsam immer bedingungsweise, weil er Menschen gegenüber ausgeübt wird – Menschen, die immer Schwächen haben, die sich selbst irren und andere täuschen können. Darum ist es sogar moralisch verwerflich, also sündhaft, einem Menschen gegenüber einen unbedingten oder blinden Gehorsam zu leisten.
Anders ist es Gott gegenüber. Gott allein kann und darf einen unbedingten Gehorsam fordern – und Er fordert diesen Gehorsam von jedem Menschen im heiligen Glauben. Der Mensch muß nämlich das göttliche Offenbarungswort mit vollkommenen Glauben annehmen, d.h. er muß es auf das Zeugnis Gottes hin ganz und gar, also zweifelsfrei für wahr halten, um das ewige Leben zu erlangen, selbst wenn oder gerade dann, wenn er es nicht mit seiner Vernunft begreifen kann: „Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“ (Mk 16,16).
Anders ausgedrückt: Der übernatürliche Glaube besteht seinem Wesen nach darin, daß der Mensch sein eigenes, persönliches, subjektives Urteil dem Urteil Gottes vollkommen unterordnet. Der übernatürliche Glaube wird aufgrund der Autorität Gottes geleistet, der man sich vollkommen unterwirft. Gemäß der Lehre des Vatikanums „sind wir gehalten, dem offenbarenden Gott im Glauben vollen Gehorsam des Verstandes und des Willens zu leisten. Dieser Glaube aber, der der Anfang des menschlichen Heiles ist, ist nach dem Bekenntnis der katholischen Kirche eine übernatürliche Tugend, durch die wir mit Unterstützung und Hilfe der Gnade Gottes glauben, daß das von ihm Geoffenbarte wahr ist, nicht wegen der vom natürlichen Licht der Vernunft durchschauten inneren Wahrheit der Dinge, sondern wegen der Autorität des offenbarenden Gottes selbst, der weder sich täuschen noch täuschen kann. ‚Der Glaube ist nämlich‘ nach dem Zeugnis des Apostels ‚die Gewißheit zu erhoffender Dinge, der Beweis des nicht Sichtbaren‘ [Hebr 11,1]“ (DH 3008).
Nun wird jedoch dieser Akt der Unterordnung des eigenen Urteils unter das Urteil Gottes gewöhnlich gar nicht konkret greifbar, spricht doch Gott nicht direkt zu uns. Das, was den Glauben zu einem übernatürlichen Glauben macht – ich glaube diese Wahrheit „wegen der Autorität des offenbarenden Gottes selbst, der weder sich täuschen noch täuschen kann“ – muß darum irgendwie konkretisiert werden, wenn es überhaupt einen übernatürlichen Glauben geben soll. Andernorts (vgl. Der wahre Glaubensbegriff) haben wir diesbezüglich schon auf die Arbeit von Prof. Dr. Wilhelm Bartz über „Die lehrende Kirche“ verwiesen, in welcher anhand der Gedanken des Dogmatikers M. J. Scheeben der hier benannte Zusammenhang aufgearbeitet wird.
In den ausführlichen Arbeiten Scheebens betont dieser die Notwendigkeit eines konkreten Glaubenszeugnisses für den übernatürlichen Glauben. Der Glaubende weiß sich „sowohl als Untertan einer transzendenten Macht, der Autorität Gottes, wie als Glied einer Weltgemeinschaft, der Kirche, in der alle Christgläubigen vereint und verbunden sein müssen, weil Gott der beherrschende Mittelpunkt aller denkenden Wesen ist. ‚Die Autorität Gottes ist die letzte und höchste Regel des Glaubens, und durch sie wird daher auch innerlich und wesentlich die Einheit des allgemeinen Glaubens bedingt und bestimmt (unus Deus – una fides [ein Gott – ein Glaube]).‘ Gott ist aber auch für den Gläubigen ein ‚Deus absconditus‘ [ein verborgener Gott]. Darum kann er seine universale Herrschaft über den menschlichen Geist nicht in eigener Person ausüben. Anderseits soll sein Reich in dieser Welt sichtbare Gestalt annehmen in der Gesamtheit des Glaubensvolkes. Das macht es notwendig, daß er auf Erden Stellvertreter beruft und sie mit seiner Lehrgewalt und Lehrvollmacht ausstattet, damit sie in seiner Autorität und Kraft ‚jeden Verstand in die Unterwürfigkeit Christi gefangennehmen‘ (2 Kor. 10,5) und zu jeder Zeit und für jedermann das Gesetz und die Richtschnur des Glaubens gewährleisten und geltend machen. Durch diese Unterwerfung unter das eine und allgemeine Glaubensgesetz werden die Gläubigen zu der sichtbaren Glaubensgemeinschaft der Weltkirche um die Träger der Lehrhoheit zusammengeschlossen.“
Die Glaubensregel (regula fidei)
Weiter im Text: „Füglich darf man jetzt den Begriff der regula fidei [Glaubensregel] enger fassen und sagen: ‚Die in der Stellvertretung Gottes verkörperte Lehrautorität Gottes ist es, was wahrhaft und eigentlich die katholische, d. h. allgemein gültige und bindende Glaubensregel ausmacht.‘ Die Aufgabe der lehrenden Kirche kann sich daher nicht darauf beschränken, das bei ihr deponierte Offenbarungsgut zu erhalten, zu vermitteln und zu bezeugen und es so in seiner Objektivität und Lebendigkeit den Menschen zur Kenntnis zu bringen, damit sie es sich im Glauben zu eigen machen. Sinn und Würde der göttlichen Selbsterschließung verlangen vielmehr, daß das Wort Gottes ‚in der Kirche so geltend gemacht werde, daß alle Glieder derselben zum gehorsamen, einträchtigen und gemeinschaftlichen Festhalten seines Inhaltes in dessen ganzer Reinheit, Fülle und Kraft verpflichtet und angehalten werden, daß es folglich als öffentliches soziales Gesetz oder Regel des Glaubens und Denkens vorgeschrieben und durchgeführt werde und die ganze kirchliche Gemeinschaft beherrsche und durchherrsche‘“ (Prof. Dr. Wilhelm Bartz, Die lehrende Kirche, Ein Beitrag zur Ekklesiologie M.J. Scheebens, Paulinus-Verlag Trier 1959, S. 93f).
Hier wird die Nahtstelle zum übernatürlichen Glauben klar benannt, die heute kaum noch von jemandem verstanden wird, weil der übernatürliche Glaube fehlt. Es genügt für die Kirche nicht allein, „das bei ihr deponierte Offenbarungsgut zu erhalten, zu vermitteln und zu bezeugen und es so in seiner Objektivität und Lebendigkeit den Menschen zur Kenntnis zu bringen, damit sie es sich im Glauben zu eigen machen“. Denn dann würden die Menschen sich immer noch den Glauben aufgrund der eigenen Einsicht zu eigen machen und somit wäre das Glaubensmotiv nicht übernatürlich, sondern natürlich. Erst wenn „das Wort Gottes ‚in der Kirche so geltend gemacht werde, daß alle Glieder derselben zum gehorsamen, einträchtigen und gemeinschaftlichen Festhalten seines Inhaltes in dessen ganzer Reinheit, Fülle und Kraft verpflichtet und angehalten werden, daß es folglich als öffentliches soziales Gesetz oder Regel des Glaubens und Denkens vorgeschrieben und durchgeführt werde und die ganze kirchliche Gemeinschaft beherrsche und durchherrsche‘“, wird der Glaube zu einem übernatürlichen Glauben, weil man aufgrund der göttlich verbürgten Autorität der unfehlbaren kirchlichen Lehrverkündigung diesem Wort Glauben schenkt.
Lassen wir uns diese Einsicht nochmals etwas differenzierter darstellen: „Grundsätzlich ist das Glaubensgesetz in und mit der Offenbarung selbst gegeben und durch die Predigt der Apostel promulgiert. Darum ist auch das von den Aposteln verkündigte Gotteswort die ursprüngliche, aber entfernte Regel des Glaubens. ‚Es kann aber als aktuell geltendes und effektiv wirksames öffentliches Gesetz nur bestehen durch die dauernde Promulgation und Handhabung desselben von Seiten des fortlebenden Lehrapostolates‘, welcher der Erbe sowohl der apostolischen Lehre als auch der apostolischen Autorität ist und darum das Recht, die Macht und die Pflicht hat, ‚von allen Gliedern der Kirche den gehorsamen Glauben an die durch ihn bezeugte Offenbarung in dem von ihm zu erklärenden Sinne und in der von ihm zu entwickelnden Tragweite autoritativ zu fordern, und so alle in vollkommener Einheit der Erkenntnis untereinander und mit sich selbst zu verbinden‘. Diese Aufgabe schließt notwendig die Vollmacht ein, den Erfordernissen entsprechend das bisweilen dunkle oder bekämpfte kirchliche Überlieferungsgut durch richterlichen Entscheid zur vollen und allgemeinen Geltung zu bringen. Unter diesem Betracht stellt sich dann der Lehrapostolat nicht mehr ‚bloß als Kanal des Glaubensinhaltes‘ dar, ‚sondern als katholische, d. h. allgemeine Glaubensregel im aktiven Sinne (= Regulator)‘. Somit ‚ist die stete promulgierende Aktion des Lehrapostolates vermöge seiner Lehrgewalt die nächste und unmittelbare Regel des allgemein in der Kirche festzuhaltenden oder des katholischen Glaubens, oder auch schlechthin die katholische Glaubensregel‘“ (Ebd. S. 95).
Jeder Katholik ist unmittelbar und vollkommen an diese Glaubensregel gebunden, denn nur dadurch wird sein Glaube zu einem übernatürlichen Glauben. „Das Spezificum der eigentlichen katholischen Glaubensregel besteht nämlich nicht darin, daß sie durch die Gesamtheit konstituiert wird, sondern darin, daß eben die Einheit der Gesamtheit durch eine über ihr stehende Autorität bestimmt und bewirkt wird; sie zeigt nicht bloß an, was allgemein geglaubt wird, sondern bestimmt, was allgemein geglaubt werden soll. Wo aber die Kirche als freie, durch kein Glaubensgesetz beherrschte und darum auch durch keine autoritative Glaubensregel bestimmte Gesellschaft verstanden wird, in welcher der ‚tatsächliche und effektive‘ consensus unanimis fidelium [der einheitliche Sinn der Glaubenden] allein für den Glauben des einzelnen maßgebend ist, hat man den katholischen Standort lehrapostolischer Gebundenheit verlassen und sich in protestantischen Glaubensliberalismus begeben“ (Ebd. S. 96).
Wer also das ordentliche oder tägliche Lehramt ablehnt, allen authentischen Verlautbaren des kirchlichen Lehramtes ihren verpflichtenden Charakter abspricht und die Unfehlbarkeit auf einige ganz wenige Akte beschränkt, der hat „den katholischen Standort lehrapostolischer Gebundenheit verlassen und sich in protestantischen Glaubensliberalismus begeben“. Er vergißt nämlich, damit nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch ein übernatürlicher Glaube möglich ist, muß Gott eine Instanz schaffen, der gegenüber jeder jederzeit einen übernatürlichen Glauben leisten kann und muß. Wenn unser göttlicher Lehrmeister das Volk vom Schiffe Petri aus lehrt, verweist Er uns auf diese Instanz. Er verweist darauf, der Lehrstuhl der göttlichen Wahrheit befindet sich im Schiffe Petri.
Im vollen Sinn des Wortes übernehmen also allein der hl. Petrus und seine Nachfolger von Ihm den Auftrag, den lebendigen Glauben zu predigen. In Petrus und seinen Nachfolgern, im Papst der katholischen Kirche, soll das lebendige Wort Gottes fort und fort durch einen von Gott beglaubigten und vom Heiligen Geist erleuchteten Zeugen in die ganze Welt hinausgesprochen werden. Der Papst und vereint mit ihm die Bischöfe sind die von Gott eingesetzten Lehrer des Gottesvolkes des Neuen Bundes. Allioli kommentiert dementsprechend diese Stelle beim Evangelisten Lukas: „Das Schiff Simons ist die Kirche, Petrus der Steuermann; wo Petrus, da die Kirche.“ Und im Clemensbrief wird berichtet, wie der Apostel Petrus bei der Weihe des Clemens spricht: „Ich weihe auch diesen Clemens zum Bischof, dem ich meine Cathedra der Lehre anvertraue. ... Clemens weigert sich aus Demut, diese Würde anzunehmen, und Petrus spricht weiter: ‚Wenn du die Gefahr der Sünde fürchtest und die Waltung der Kirche nicht auf dich nimmst, so sieh wohl zu, daß du mehr sündigst, wenn du, obwohl du imstande bist, den gottesfürchtigen Menschen nicht zu Hilfe kommen willst, wo sie sich doch auf Schiffahrt und in Gefahr befinden‘.“
Die Cathedra, der Lehrstuhl des römischen Bischofs wird hier als Symbol zum Sitz des Steuermanns, der das gefährdete Schiff der Kirche lenken soll. Diese Lehre wird in der folgenden Rede des hl. Petrus in einem beeindruckend tiefen Bild weiter ausgeführt. Wobei es sicherlich keinen Zweifel darüber gibt, daß wir es hier mit einem Lehrstück zu tun haben, das den uralten Topos von der Kirche als dem Petrusschifflein auf die römische Kirche anwendet: „Wenn ihr die Einheit der Gesinnung wahret, dann könnt ihr in den Hafen der Ruhe einlaufen, dorthin, wo die friedvolle Stadt des großen Königs ist. Es gleicht ja das ganze Wesen der Kirche einem großen Schiff, das durch alle Seestürme jene Menschen verschiedenster Herkunft in sich birgt, die da einzig danach verlangen, in der Stadt des guten Königreiches zu wohnen. Darum gelte euch Gott als der Besitzer des Schiffes. Und der Steuermann sei das Bild Christi. Der Buglotse sinnbilde den Bischof, die Besatzungsmatrosen die Priester, die Aufseher über die Ruderknechte die Diakone, die Anwerber die Katechisten, den Fahrgästen aber gleiche die Menge der Brüder ... Und ihr, meine lieben Brüder und Mitknechte, gehorchet dem Vorsitzer der Wahrheit in allem. Denn ihr wißt ja: wer ihn betrübt, der nimmt Christus nicht auf, dessen Cathedra ihm anvertraut ist. Und wer Christus nicht aufnimmt, der sei euch wie einer, der den Vater verleugnet hat — er wird aus dem guten Königreich hinausgeworfen“ (Zitiert nach Hugo Rahner, Symbole der Kirche, Otto Müller Verlag Salzburg 1964, S. 477f).
Der Lehrapostolat der katholischen Kirche
Es ist sicherlich wertvoll, die gewonnenen Erkenntnisse noch weiter zu vertiefen. Vom Wesen der Offenbarung ausgehend erörtert, wie Prof. Bartz in dem schon erwähnten Buch zeigt, Scheeben die notwendigen Bedingungen für den übernatürlichen Glauben: „Das Wort Gottes als eine frohe Botschaft Gottes an die Menschen darf und soll nicht bloß durch beliebige Ausrufer verbreitet oder auch nur durch einfache Boten oder Herolde Gottes verkündigt werden. Die Verkündigung muß vielmehr durch wahre Botschafter, d. h. mit der Macht und Gewalt Gottes ausgerüstete Gesandte ausgeführt werden. Und weil es sich nicht um eine Botschaft Gottes an einen Souverän neben ihm (also von einem König zu einem anderen König oder einem Fürst zu einem anderen Fürsten), sondern an seine Kreaturen (Geschöpfe) handelt, welchen die Botschaft als Gesetz verkündigt werden soll, so müssen die Botschafter, namentlich der oberste unter ihnen, zugleich die Kanzler Gottes für das Reich seiner Wahrheit und die von ihm für die treue Auslegung und Ausführung seiner Botschaft bestellten Richter sein. Weil nun kein anderer Ausdruck den ganzen Umfang und den vollen Inhalt der den Gesandten Gottes zukommenden Vollmacht darstellt: so ist der beste Ausdruck für dieselbe der einfachste, nämlich Apostolat oder Lehrapostolat, der jedenfalls weitbezeichnender ist, als unser deutsches Lehramt“ (Dogmatik 1. Buch n. 74).
Der Glaubensbote des übernatürlichen Lehramtes
Der Prediger des Wortes Gottes muß irgendwie von Gott als solcher beglaubigt werden. Es kann nicht einfach irgendwer oder jeder beliebige Gläubige wie bei den Protestanten sich als Prediger ausgeben – „Die Verkündigung muß vielmehr durch wahre Botschafter, d. h. mit der Macht und Gewalt Gottes ausgerüstete Gesandte ausgeführt werden“. Scheeben weist darauf hin, daß mit der deutschen Bezeichnung „Lehramt“ die Gefahr des Mißverständnisses verbunden ist, weil sie zu kurz greift. Kirchliches Lehramt ist nämlich wesentlich mehr als ein gewöhnliches Predigtamt. Der kirchliche Lehrapostolat, wie es Scheeben nennt, ist ein von Gottes Autorität beglaubigtes und getragenes Amt, darum „müssen die Botschafter, namentlich der oberste unter ihnen, zugleich die Kanzler Gottes für das Reich seiner Wahrheit und die von ihm für die treue Auslegung und Ausführung seiner Botschaft bestellten Richter sein“. Seinem ganzen Wesen nach ist dieser übernatürlich und kann deswegen nur aus dem, was Gott uns darüber geoffenbart hat, recht verstanden werden.
Wie die häufig gebrauchten fehlleitenden Vergleiche mit natürlichen Gemeinschaften zeigen, sind inzwischen die meisten sog. Katholiken so sehr vom Naturalismus angesteckt, daß ihnen das Wesen des unfehlbaren Lehramtes fremd geworden ist. Es ist zu hoffen, daß die hierzu von dem großen deutschen Dogmatiker hinterlassenen Arbeiten, dessen Hauptanliegen es war, das übernatürliche Wesen der Kirche Gottes möglichst umfangreich aufzuzeigen, dem einen oder anderen zu einem Umdenken verhelfen können. Nur wenige katholische Gelehrte waren so ganz vom Grundgedanken des Übernatürlichen ergriffen wie Scheeben. Übernatürlich nennt er „das außerhalb und unabhängig von der Schöpfung von der höheren Natur der niederen mitgeteilte Gute, wodurch diese jener ähnlich wird … nach dem Maße der Kraft, das die höhere Natur entfalten will und kann, um der niederen auch das zu geben, was sie aus sich nicht hat und nicht erreichen kann“ (J. M. Scheeben, Natur und Gnade. 3. Aufl. Hrsg. von M. Grabmann. In: M. J. Scheeben, Gesammelte Schriften Bd. I, 25). Wenn wir festhalten, das kirchliche Lehramt ist seinem Wesen nach übernatürlich, was ist damit alles gesagt?
Das Charisma der Unfehlbarkeit
Zunächst, wie wir schon gehört haben, bedeutet das: „Das Wort Gottes als eine frohe Botschaft Gottes an die Menschen darf und soll nicht bloß durch beliebige Ausrufer verbreitet oder auch nur durch einfache Boten oder Herolde Gottes verkündigt werden. Die Verkündigung muß vielmehr durch wahre Botschafter, d. h. mit der Macht und Gewalt Gottes ausgerüstete Gesandte ausgeführt werden“ (Dogmatik a. a. O. n. 73). Der kirchliche Lehrapostolat kann somit seiner Aufgabe nur dann gerecht werden, wenn er „durch göttliche, im Namen Gottes auftretende Gesandte, welche dieselbe kraft göttlichen Auftrages, göttlicher Vollmacht und mit einer ihnen von Gott übertragenen göttlichen Gewalt öffentlich vollziehen“, (A. a. O. n. 67) erfolgt. Der Glaubensbote muß selbstverständlich als solcher erkennbar sein, d.h. Gott muß ihn in irgendeiner sichtbaren Weise als solchen ausweisen, wenn ein übernatürlicher Lehrapostolat überhaupt möglich sein soll.
Zudem verlangt die Übernatürlichkeit der Tugend des Glaubens ein „entsprechendes übernatürliches Medium, d. h. … ein unter seiner übernatürlichen Einwirkung stehendes Organ Gottes“ (A. a. O. n. 766; vgl. n. 63). Denn was unterscheidet den natürlichen vom übernatürlichen Glauben? Was gibt die Übernatur der Natur, was sie nicht aus sich hat? Sie gibt die Unfehlbarkeit in der Verkündigung! Das Charisma der Unfehlbarkeit nimmt die natürliche Irrtumsfähigkeit des Menschen weg und macht den Papst zu einem absolut zuverlässigen Verkünder der göttlichen Wahrheit. Allein aufgrund seiner Unfehlbarkeit verdient der Papst übernatürlichen Glauben und ist Stimme Jesu Christi.
Prof. Bartz gibt in seinem Buch in dem Abschnitt „Die innere Unfehlbarkeit der kirchlichen Verkündigung“ einen überaus erhellenden Gedanken aus Scheebens Schrift „Das ökumenische Concil vom Jahre 1869“ zu unserem Thema wieder: „Die Glaubensverkündigung will übernatürliche, göttliche Gewißheit wecken. Das kann sie nur unter der Voraussetzung, daß sich ihre Authentie (Echtheit) auf das donum infallibilitatis (=das Charisma der Unfehlbarkeit) stützt. Ebenso muß die zweckgebotene, unsere vorbehaltlose Unterwerfung unter den Supremat (=Oberhoheit) Gottes einschließende Autorität der Verkündigung durch Unfehlbarkeit garantiert werden. Wäre der Lehrapostolat durch Irrtum und Fehlentscheidung bedroht, so würde seine Sendung nicht nur vereitelt, vielmehr sogar in ihr Gegenteil verkehrt werden. Denn in diesem Fall trüge die äußere, von Gott verliehene Authentie (Echtheitsgarantie) notwendig in stärkstem Maße dazu bei, die Unwahrheit zu verbreiten, und die äußere Autorität, mit der Gott die Lehrorgane ausgestattet hat, würde zur Quelle geistigen Götzendienstes.“
Der geistige Götzendienst der Menschenmachwerkskirche
Man kann die Aktualität dieser Gedanken nur bestaunen. Scheeben betont, wenn der „Lehrapostolat durch Irrtum und Fehlentscheidung bedroht“ würde, „so würde seine Sendung nicht nur vereitelt, vielmehr sogar in ihr Gegenteil verkehrt werden“. Geschieht nicht gerade das seit Jahrzehnten direkt vor unseren Augen? Seit der Stuhl Petri leer, bzw. fremdbesetzt ist, ist der Sinn des kirchlichen Lehramtes ins Gegenteil verkehrt. Anstatt den Glauben rein zu bewahren und die Irrtümer zurückzuweisen, trägt die scheinbare Authentizität (die Mehrheit der Leute halten diese Männer mit der weißen Soutane in Rom immer noch für Päpste!) „notwendig in stärkstem Maße dazu bei, die Unwahrheit zu verbreiten, und die äußere Autorität, mit der Gott die Lehrorgane ausgestattet hat“, ist „zur Quelle geistigen Götzendienstes“ geworden.
Die neurömischen Pseudopäpste mißbrauchen den Schein der päpstlichen Autorität, der ihnen immer noch anhaftet, schamlos, um die Geister umso wirksamer verwirren und in die verderblichsten Irrtümer stürzen zu können. Ein Massenabfall vom katholischen Glauben in den letzten Jahrzehnten war die Folge. Damit verbunden ist das Wissen um den übernatürlichen Lehrapostolat und den Sinn der Unfehlbarkeit ganz und gar verloren gegangen. Gerade die Konservativen oder „Traditionalisten“ der neurömischen Menschenmachwerkskirche vertreten inzwischen völlig absurde Thesen über das Papsttum der katholischen Kirche, weil sie meinen, das vermeintliche Papsttum dieser allzeit irrenden Scheinpäpste verteidigen zu müssen. Im Eifer ihres nicht immer sehr erleuchteten Gefechtes übersehen sie, daß ihr allzeit irrendes Lehramt und damit ihre sündhafte Kirche schon lange jeglicher Übernatur entkleidet wurde und nur noch eine Karikatur darstellt. Alles, was ihnen vom übernatürlichen Glaubensgehorsam noch übriggeblieben ist, ist das Alibi eines Papstes, der alle 100 Jahre einmal unfehlbar ist. Und eine solche Kirche, die alle 100 Jahre einmal unfehlbar ist und noch dazu in unzähligen Irrtümern verharrt, soll übernatürlich sein, soll die makellose Braut Jesu Christi sein? Was für ein Unsinn!
Unsere Gehorsamsverpflichtung gegenüber dem apostolischen Stuhl
Aufgrund der Auseinandersetzung mit den Irrtümern der Altkatholiken erklärte Papst Pius IX. in seinem Schreiben „Quartus supra“ vom 6. Juni 1873: „Es ist in der Tat gegen die göttliche Einrichtung der Kirche und die dauernde und konstante Tradition, daß irgend jemand die Katholizität seines Glaubens behaupten und sich wahrhaft katholisch nennen könne, wenn er dem apostolischen Stuhle nicht gehorcht.“ Damit ist selbstverständlich dauernder Gehorsam und nicht punktueller, auf äußerst wenige Akte beschränkter Gehorsam gemeint.
In seiner Enzyklika „Quae ex Patriarchatu“ vom 1. September 1876 wird Pius IX. noch deutlicher und konkreter: „Was denn hilft es, das katholische Dogma vom Primat des hl. Petrus und seiner Nachfolger öffentlich zu bekennen, so viele Erklärungen von sich gegeben zu haben, während in Wirklichkeit seine [des chaldäischen Patriarchen] Taten seinen Worten offen entgegengesetzt sind? Wird dadurch seine Widerspenstigkeit nicht um so unentschuldbarer, je mehr die geschuldete Gehorsamspflicht anerkannt wird? ... Es handelt sich um die Leistung oder Verweigerung des Gehorsams gegenüber dem Apostolischen Stuhl, es handelt sich um seine höchste Gewalt auch in euren Kirchen [des Orients] nicht nur in Bezug auf den Glauben, sondern auch in Bezug auf die Disziplin: wer diese leugnet, ist Häretiker; wer sie aber anerkennt und ihr trotzig den Gehorsam verweigert, ist des Bannes würdig (anathemate dignus est). Wenn deshalb einer im Glauben, es verhalte sich anders, vom rechten Pfad abgeirrt ist, so beeile er sich, wieder zur Vernunft zurückzufinden“ (ASS 10, 1908, S.32 u. 33).
Man meint direkt, der Papst spräche hier zu den heutigen Traditionalisten, die zwar mit vielen Worten „das katholische Dogma vom Primat des hl. Petrus und seiner Nachfolger öffentlich bekennen“ und „so viele Erklärungen von sich gegeben haben“, mit denen sie ihre Anhänglichkeit an den Papst beteuern, immerhin hänge ein Papstbild in ihren Sakristeien und würden sie für ihren „Papst“ beten, während in Wirklichkeit ihre Taten ihren „Worten offen entgegengesetzt sind“? Denn wann haben sie jemals konkret ihrem Papst Gehorsam geleistet? Doch allenfalls dann, wenn er genau das gesagt hat, was mit ihren eigenen Ansichten übereinstimmt. Und selbst dann sind sie nicht eigentlich ihrem „Papst“ gefolgt, sondern nur ihrer eigenen Sichtweise, die sie ohnehin schon hatten. „Wird dadurch ihre Widerspenstigkeit nicht um so unentschuldbarer, je mehr die geschuldete Gehorsamspflicht anerkannt wird?“ Letztlich ist der „Gehorsam“ der Traditionalisten höchstens noch ein natürlicher Gehorsam – wobei wohl jeder Firmenchef selbstverständlich mehr Gehorsam und Loyalität erwarten würde als der „Papst“ von den Traditionalisten an Gehorsam und Loyalität erwarten kann.
Das kirchliche Lehramt – das lebendige Wort Gottes
Weil es so entscheidend für das rechte Verständnis des kirchlichen Lehramtes ist, soll uns M. J. Scheeben den Sachverhalt nochmals zusammenhängend erklären: „Denn die propositio ecclesiae (=die verbindliche Vorlage des Glaubens durch die hl. Kirche) bedeutet mehr als die wortgetreue und unfehlbare Darbietung des Offenbarungsinhaltes. Diese Aufgabe könnte auch ein Buch erfüllen, und zwischen der fides divina (göttlicher Glaube) und der fides divina et catholica (göttlicher und kirchlicher Glaube) bestände dann lediglich ein materieller Unterschied. Weil die Kirche die Heilslehre lebendig, im Auftrag, in der Autorität und in der Kraft Gottes kundtut, spricht Gott selbst durch ihren Mund zu uns, so daß folglich das göttliche Motiv des Glaubens eben durch sie und in ihr an uns herantritt und auf uns einwirkt. Mit anderen Worten: die Kirche tritt dem Glauben gegenüber auf, nicht bloß irgendwie als ministra materiae verbi Dei (also als Dienerin der Materie des Wortes Gottes), sondern als ministra Dei loquentis (als die Dienerin des zu uns sprechenden Gottes) oder als Organ und bevollmächtigte Gesandte des redenden Gottes selbst, der eben durch sie sein Wort in lebendiger, der Würde und Kraft desselben entsprechender Weise uns vorführt“ (Dogmatik a. a. O. n. 765).
Es ist also ganz und gar richtig, wenn man davon spricht, daß die Stimme Petri die Stimme Christi ist. Durch den wunderbaren Beistand des Heiligen Geistes wird er nämlich dazu befähigt, unfehlbar, also irrtumslos, den göttlichen Glauben zu verkünden, die Sitten zu bewahren und die kirchliche Rechtsordnung vor verderblichen Gesetzen zu bewahren. Nur so vermag auch die „göttliche Offenbarung“ „einen wahrhaft göttlichen Glauben zu erzeugen“. Nur so bleibt die Predigt unseres göttlichen Lehrmeisters durch die Jahrhunderte lebendig, um mit Hilfe der Gnade einen lebendigen übernatürlichen Glauben zu zeugen, in dem alle Katholiken auf der Welt geeint sind.
Das Vertrauen auf die Stimme Petri als unfehlbare Richtschnur des Glaubens war, wie das Vatikanische Konzil lehrte, immer die Lehre der Kirche: „Ihre (der Päpste) apostolische Lehre ist ja von allen ehrwürdigen Vätern angenommen und von den heiligen rechtgläubigen Lehrern verehrt und befolgt worden; denn sie wußten voll und ganz, daß dieser Stuhl des heiligen Petrus von jedem Irrtum immer unberührt bleibt, ... Diese Gnadengabe der Wahrheit und des nie versagenden Glaubens (charisma veritatis et fidei numquam deficientis) wurde also dem Petrus und seinen Nachfolgern auf diesem Stuhle, von Gott verliehen, damit sie ihr erhabenes Amt zum Heile aller ausübten, damit die gesamte Herde Christi durch sie, von der giftigen Speise des Irrtums ferngehalten und mit der Nahrung der himmlischen Lehre ernährt werde“ (DS 3070).
Es ist heutzutage eine Tatsache, daß fast niemand mehr dieses ganz und gar abgesicherte Wissen hat, „daß dieser Stuhl des heiligen Petrus von jedem Irrtum immer unberührt bleibt“. Besitzen doch die neurömischen Pseudopäpste ganz sicher nicht mehr „diese Gnadengabe der Wahrheit und des nie versagenden Glaubens“, weil sie gar keine legitimen Päpste sind. Darum muß man auch ihre Lehre dauernd anhand der eigenen vermeintlichen Tradition auf ihre Richtigkeit hin überprüfen. Wie gehen etwa die „Traditionalisten“ mit den Enzykliken ihrer „Päpste“ um? Sie korrigieren, kritisieren, verbessern sie wie ein Lehrer die Schularbeit eines Schülers. Immer muß das kirchliche Lehramt dieser „Traditionalisten“ von ihnen belehrt werden – und das Absurde ihres Tuns fällt ihnen gar nicht mehr auf!
Schon Papst Pius XII. hat in seiner Enzyklika „Humani generis“ das gleichgeartete Verhalten der Modernisten zurückgewiesen: „Ebensowenig darf man annehmen, was in den Enzykliken vorgelegt werde, fordere keine Zustimmung, da die Päpste in diesen Schreiben nicht die höchste Gewalt ihres Lehramtes ausüben. Sie sind nämlich Verlautbarungen des ordentlichen Lehramtes, von dem das bekannte Wort ebenfalls gilt: ‚Wer euch hört, hört mich‘ (Lk. 10,16)“ (DS 3885; „Heilslehre der Kirche“ Nr. 445). Unser göttlicher Lehrmeister hat es zu den Aposteln selbst gesagt: „Wer euch hört, hört mich.“ Das gilt ebenso voll und ganz für die Nachfolger Petri, die wie die Apostel gerade deswegen mit den Charisma der Unfehlbarkeit ausgestattet wurden, damit wir ihnen übernatürlichen Glauben schenken können und „sie ihr erhabenes Amt zum Heile aller ausübten, damit die gesamte Herde Christi durch sie von der giftigen Speise des Irrtums ferngehalten und mit der Nahrung der himmlischen Lehre ernährt werde“.
Das authentische Lehramt, die Richtschnur des übernatürlichen Glaubens
Besonders nachdrücklich hat Papst Leo XIII. in seiner Enzyklika „Satis cognitum“ vom 29. Juni 1896 auf die Konsequenzen einer Zurückweisung des authentischen Lehramtes aufmerksam gemacht: „So war es stets Gewohnheit der Kirche, welche auf das einstimmige Urteil der heiligen Väter hin stets jene für aus der katholischen Gemeinschaft ausgeschlossen und außerhalb der Kirche befindlich betrachtet haben, die sich auch nur im mindesten von der durch das authentische Lehramt verkündeten Lehre entfernen.“ Es heißt hier ausdrücklich „das authentische Lehramt“ und nicht „unfehlbares Lehramt“.
Was fordert nun der Papst von jedem Katholiken? Er erklärt ganz bestimmt, wer sich „auch nur im mindesten von der durch das authentische Lehramt verkündeten Lehre“ entfernt, der ist „auf das einstimmige Urteil der heiligen Väter hin stets ... für aus der katholischen Gemeinschaft ausgeschlossen und außerhalb der Kirche befindlich betrachtet“ worden. Denn die authentische Lehrbezeugung ist, wie Scheeben ganz folgerichtig lehrt, „ein Akt der Übermittlung übernatürlicher Güter und der Erzeugung bzw. Vollendung übernatürlichen Lebens“ (A. a. O. n. 114; vgl. n. 63). Nur unter dieser Voraussetzung kann die Offenbarung „als Prinzip übernatürlicher, göttlicher Glaubenserkenntnis erfaßt werden“ und „ihrerseits als Gesetz eines übernatürlichen, der Majestät Gottes entsprechenden Glaubensgehorsams den Menschen erfassen“, weshalb Gott die Verkündigung des Lehrapostolates durch eine dreifache übernatürliche Mitgift ausgezeichnet hat, nämlich durch Unfehlbarkeit, äußere Legitimation und seine persönliche Sanktion (vgl. A. a. O. nn. 63; 77ff und 95f).
Die Übernatürlichkeit dieser drei Vorzüge ist gemäß Scheeben heilig und unantastbar, und er verteidigt sie ebenso entschieden gegen alle häretische Verfälschung wie gegen das theologische Mißverständnis in dem eigenen Lager. Dabei sei es nochmals betont, daß die Argumentation Scheebens gegen die damaligen Häretiker, nämlich die Altkatholiken, völlig gleichlautend auch einen Großteil der heutigen „Traditionalisten“ trifft. Diese haben ganz offensichtlich ihre Argumente den Häretikern entlehnt, wie etwa ihre unausrottbare Lüge, die Päpste Honorius, Liberius und Johannes XXII. seien Häretiker gewesen, zu genüge beweist.
Die unfehlbare Lehre, das Wesensmerkmal der Kirche Jesu Christi
Zweifellos ist es für den Menschen schwerer, sich mittelbar durch die Kirche Gott im Glauben zu unterwerfen, als Gott unmittelbar das Gehorsamsopfer des Glaubens zu bringen. Aber allein dadurch, daß man sich einer sichtbaren, von Gott eingesetzten Autorität unterordnet, kann und soll der Glaube zur vollkommenen Unterwerfung des eigenen Urteils unter das Urteil Gottes und somit ein übernatürlicher Glaube werden. Die theologische Basis der Arbeit Scheebens über den übernatürlichen Lehrapostolat der Kirche ist, wie Dr. Bartz ausdrücklich betont, das „mysterium maternitatis Ecclesiae“, das Geheimnis der Mutterschaft der Kirche. Als Mutter „soll die Kirche ihre Kinder eben über jene übernatürlichen geheimnisvollen Wahrheiten belehren, welche der Sohn Gottes aus dem Schoß seines Vaters in ihren Schoß herabgebracht. Sie soll ihre Kinder einweihen in die Mysterien Gottes und ihrer eigenen übernatürlichen Stellung und Bestimmung, soll dieselben lehren mit einer solchen Autorität und Unfehlbarkeit, wie sie einerseits der Würde der Gottes Stelle vertretenden Braut Christi, anderseits der Erhabenheit des in ihren Kindern zu erzeugenden Glaubens entspricht“ (Prof. Dr. Wilhelm Bartz, Die lehrende Kirche, Ein Beitrag zur Ekklesiologie M.J. Scheebens, Paulinus-Verlag Trier 1959, S. 122).
Allein aus dieser Kenntnis des übernatürlichen Wesens der Kirche erwächst auch das übernatürliche Vertrauen des Katholiken in die unfehlbare Führung durch diese. Und diese durch die vollkommene Bindung an die Kirche im übernatürlichen Glaubensgehorsam erhöhte Verdemütigung und Hilfsbedürftigkeit des Gläubigen vermag „erst recht den kindlichen Sinn gegen Gott und den kindlichen Verkehr mit Gott, welcher die Seele des göttlichen Glaubens bildet“, zur Entfaltung zu bringen, indem „wir das Wort Gottes gerade aus dem Munde der Kirche als unserer von Gott bestellten und von seinem Geiste geleiteten Mutter mit kindlichem Sinne empfangen sollen“ (Dogmatik a. a. O. n. 765).
Dieser Gedanke Scheebens wirft spontan eine Frage auf: Welches Kind hat jemals seiner Mutter so mißtraut, wie die Traditionalisten ihrer „Kirche“? Ist die „Kirche“ der Traditionalisten nicht eine waschechte Rabenmutter – und damit ganz vergleichbar die „Kirche“ der Modernisten? Vielleicht wollen deswegen so viele „Traditionalisten“ „zurück nach Rom“, weil sie im Grunde schon eins sind in ihren Irrtümern? Wenn Scheeben zu bedenken gibt: „Das Haupt des Lehrkörpers muß die Gabe der Unfehlbarkeit haben, da sonst der Zweck, dessentwegen es mit souveräner Lehrhoheit ausgestattet ist, die Gewährleistung der allgemeinen Glaubenseinheit, nicht nur nicht erreicht, sondern geradezu in sein Gegenteil verwandelt würde, nämlich in die Einheit im Irrtum.“ (A.a.O. n. 146), so benennt er damit gerade diesen Sachverhalt – mit einem allzeit irrenden „Papst“ kann ich tatsächlich nur im Irrtum eins sein. Immerhin müßte man nach Papst Leo XIII. den Konzilspäpsten, wenn diese legitime Päpste wären, trotz aller persönlicher Zweifel religiös motivierten Glaubensgehorsam leisten, d.h. man müßte ihnen wie Gott gehorchen: „Die Einmütigkeit der Überzeugungen erfordert also ebenso wie eine vollkommene Übereinstimmung in dem einen Glauben, so auch die vollkommene Unterwerfung des Willens im Gehorsam unter die Kirche und den Römischen Papst, als wie unter Gott“ (Enzyklika „Sapientiae Christianae“).
Die Ablehnung der von Gott bevollmächtigten Glaubensboten durch die Protestanten und Modernisten …
Es liegt auf der Hand, seit Roncalli alias „Johannes XXIII.“ ist es für einen Katholiken unmöglich, diese „vollkommene Unterwerfung des Willens im Gehorsam unter die Kirche und den Römischen Papst“ zu leisten, wenn er in den „konziliaren Päpsten“ seinen Papst sieht. Es ist aber recht erstaunlich, wie wenig der sog. Katholiken noch fähig waren und sind, die richtige Schlußfolgerung aus dieser Tatsache zu ziehen. Die einzig mögliche und richtige Schlußfolgerung ist schließlich die: Wenn ich diese „vollkommene Unterwerfung des Willens im Gehorsam unter die Kirche und den Römischen Papst, als wie unter Gott“ nicht mehr leisten kann, dann kann es sich nicht um „die Kirche und den Papst“ handeln, weil diese „vollkommene Unterwerfung des Willens im Gehorsam unter die Kirche und den Römischen Papst, als wie unter Gott“ wesensnotwendig für den übernatürlichen katholischen Glauben ist.
Es ist recht erhellend, hierzu auf die Vergangenheit zu schauen, um verstehen zu lernen, weshalb die meisten sog. Katholiken nicht mehr fähig sind, diese mögliche und richtige Schlußfolgerung aus den Tatsachen zu ziehen. Die Protestanten wollten durchaus noch Christen sein. Sie rühmten sich sogar, das evangelische Erbe unverfälscht bewahren zu wollen und zu können. Aber, wie Scheeben bemerkt: „Der Protestantismus läßt die Offenbarungsurkunde allein gelten und schließt Zeugen, Gesetzgeber und Richter aus.“ Man könnte auch sagen, die Protestanten ziehen ein Buch der Predigt Jesu Christi, dem lebendigen Wort vor. Ihnen genügt vermeintlich die Heilige Schrift, um den christlichen Glauben haben zu können. Nochmals: Anstatt zur Predigt des Sohnes Gottes zu gehen, lesen sie lieber in einem Buch.
In theologischer Sprache gesagt: „Demzufolge wird vielfach die Verschiedenheit der katholischen und der protestantischen Anschauung über das Material- und Formalprinzip des Glaubens dahin zusammengefaßt, daß der Protestantismus nur eine Glaubensquelle anerkenne und die Glaubensregel überhaupt leugne. Ohne diesen grundlegenden Unterschied irgendwie übersehen zu wollen, was unbedingt falsch und verkehrt wäre, muß man darauf hinweisen, daß die gemachte Feststellung ‚nur dann adäquat richtig ist, wenn hinzugefügt wird, daß die Verwerfung der Zeugen ebenfalls nicht bloß einen materiellen Unterschied, nämlich bezüglich des Umfanges der Glaubenswahrheit, sondern auch einen formellen, bezüglich der Art der Zuführung des Glaubensinhaltes und der Erzeugung des Glaubens, enthält, indem die Protestanten geradezu das fides ex auditu und damit die lebendige Übermittlung des Wortes Gottes verleugnen‘“ (Prof. Dr. Wilhelm Bartz, S. 97f).
… und die damit verbundene (oder daraus folgende) Zurückweisung des übernatürlichen Glaubens
Wer die von Gott eingesetzten und mit Seiner Autorität ausgestatteten Zeugen des Wortes Gottes zurückweist, der weist den übernatürlichen Glauben zurück: „Denn die propositio ecclesiae [die Vorlage der Lehre durch die Kirche] bedeutet mehr als die wortgetreue und unfehlbare Darbietung des Qffenbarungsinhaltes. Diese Aufgabe könnte auch ein Buch erfüllen, und zwischen der fides divina [dem göttlichen Glauben] und der fides divina et catholica [dem göttlichen und katholischen] bestände dann lediglich ein materieller Unterschied. Weil die Kirche die Heilslehre lebendig, im Auftrag, in der Autorität und in der Kraft Gottes kundtut, spricht Gott selbst durch ihren Mund zu uns, so daß folglich das göttliche Motiv des Glaubens eher, durch sie und in ihr an uns herantritt und auf uns einwirkt. Mit anderen Worten: die Kirche tritt dem Glauben gegenüber auf nicht bloß irgendwie als ministra materiae verbi Dei [die Dienerin des niedergeschriebenen Wortes Gottes] (= subministrans oder exhibens materiam verbi), sondern als ministra Dei loquentis [Dienerin des Sprechenden Gottes] oder als Organ und bevollmächtigte Gesandte des redenden Gottes selbst, der eben durch sie sein Wort in lebendiger, der Würde und Kraft desselben entsprechender Weise uns vorführt‘. Nur so vermag die ‚göttliche Offenbarung‘ ‚einen wahrhaft göttlichen Glauben zu erzeugen‘. Sie darf darum nicht ‚als ein totes Wort einmal im Schoße des Menschengeschlechtes niedergelegt sein, sondern muß als ein lebendiges Wort fort und fort durch die Jahrhunderte von Gott selbst weiter gesprochen und geltend gemacht werden, so daß sie zu jeder Zeit mit derselben Kraft und Würde an die Menschen herantreten kann, wie zur Zeit, wo sie zum ersten Male ausgesprochen wurde; im andern Falle würde das einmal gesprochene Wort Gottes für die Nachkommen nicht mehr als ein gegenwärtiges in seiner ursprünglichen Frische erscheinen, nicht mehr seinerseits an die Menschen herantreten, um sie zu ergreifen und zu durchdringen, sondern darauf warten müssen, ob und wie weit es von ihnen ergriffen und aufgenommen werde‘. Diesem Sachverhalt entspricht denn auch das ausdrückliche Gebot des Herrn an seine Apostel, ‚in seinem Namen und unter seinem Beistand in ihren Nachfolgern‘ sein Evangelium über Zeit und Raum hinweg zu predigen, und an die Menschen, das Wort der Apostel wie sein eigenes anzunehmen (Mt. 28, 18-20; Lk. 10, 16). Es ist der Wille Christi, daß seine Lehre durch eine von ihm eingesetzte und bevollmächtigte Autorität allzeit verkündigt, eingeschärft und zu glauben befohlen wird. Darum schreibt der Apostel: ‚Also kommt der Glaube aus der Predigt; die Predigt aber geschieht im Auftrag Christi‘, und zwar durch seine Gesandten, von denen Paulus sagt: ‚Ihr Schall ist über die ganze Erde ergangen und bis an die Grenzen des Erdkreises ihr Wort‘ (Rom. 10, 17 f)“ (Ebd., S. 98).
Alte Irrlehren neu belebt
Während die Protestanten das gesamte kirchliche Lehramt leugneten, meinten die Gallikaner und Altkatholiken allein ein bischöfliches Lehramt, bzw. ein allgemeines Lehramt der ganzen Kirche würde genügen, den katholischen Glauben aufrechtzuerhalten. Für sie war nicht der Papst, sondern allein die Kirche unfehlbar. Nun ist es jedem, der nur ein klein wenig in einer Kirchengeschichte geblättert hat, evident, daß ein einzelner Bischof kein Garant des Glaubens sein kann, denn wie viele Bischöfe sind im Laufe der Jahrhunderte vom Glauben abgefallen und Irrlehrer geworden! Die Unfehlbarkeit der Kirche kann somit nicht auf dem einzelnen, jederzeit irrtumsfähigen Bischof gründen, sie muß anderswo zu finden sein. Aber wo? Jedenfalls nach Ansicht der Gallikaner und Altkatholiken nicht mehr in einer konkret greifbaren Autorität, sondern nur noch in einem Abstraktum. Unfehlbare Kirche ist nämlich für sie das, was über die Zeiten hinweg gleich bleibt. Da stelle sich jedoch sofort die Frage: Aber wer bestimmt denn, was über die Zeiten hinweg gleichgeblieben ist, was konkret kirchliche Tradition ist und was nicht?
Spätestens hier zeigt sich die protestantische Wurzel dieser Irrlehre. Auch die Gallikaner und Altkatholiken lehnen den von Gott eingesetzten konkreten Glaubenszeugen, die durch die Jahrhunderte gegenwärtige lebendige Stimme Christi, den unfehlbaren Papst ab. Sie setzen an die Spitze ihrer Unfehlbarkeit ein nicht faßbares Abstraktum – die unfehlbare Kirche –, womit sich die Unfehlbarkeit letztlich in nichts auflöst. Dabei ist für sie nicht die Heilige Schrift „unfehlbar“, wie bei den Protestanten, sondern allein die Tradition. Nach dieser muß sich jeder richten, der katholisch sein will – wobei freilich konkret niemand sicher weiß, was genau katholische Tradition ist und was nicht. Denn jeder Irrlehrer hat bekanntlich seine eigene Tradition. Das besonders Gefährliche an der Irrlehre der Gallikaner und Altkatholiken ist, daß sie nicht grundsätzlich einen „Papst“ ablehnten, sondern diesem durchaus etwa einen Ehrenprimat zubilligten. Heute würden die Altkatholiken einfach in der Menschenmachwerkskirche bleiben können, denn im Grunde unterscheidet sie lehrmäßig nichts mehr von dieser. Damals wurden sie noch durch die Definition der Unfehlbarkeit des Papstes auf dem Vatikanum gezwungen, aus ihrer Irrlehre die Konsequenz zu ziehen und die katholische Kirche zu verlassen.
Im Jahre 1869 konnte M. J. Scheeben noch schreiben: „Jeder Katholik weiß, daß er durch die am Priestertume haftende Macht in der Taufe zum Leben der Kinder Gottes wiedergeboren ist und von derselben Macht in den übrigen Sakramenten die Gnaden zum Wachstum, zur Nahrung und Heilung dieses neuen übernatürlichen Lebens zu empfangen hat und empfängt... Nicht aber wissen alle oder wollen es wissen, daß in der Priesterschaft und namentlich in deren Stammhaltern, den Bischöfen, eine wahre Erziehungsvollmacht kraft göttlicher Mission und unter unfehlbarer Mitwirkung des Heiligen Geistes verwaltet wird, also ebenso wie jene mit übernatürlicher charismatischer Ausstattung ihnen gegenüber auftritt, und daß mithin eine Anzahl von bestimmten Organen auch in letzterer Beziehung die Träger einer übernatürlichen Mutterschaft sind“ (Das ökumenische Concil vom Jahre 1869 II, S. 532 f).
Wenn es damals schon so war, dann darf man sich heute nicht wundern, wenn Hopfen und Malz verloren scheint. Jedenfalls sollte für jeden Katholiken das Fest der heiligen Apostel Petrus und Paulus in dieser papstlosen Zeit ein ganz besonderer Buß- und Gebetstag sein. Bitten wir unseren Herrn Jesus Christus, Er möge Seiner heiligen Kirche wieder einen Papst schenken und diese furchtbare Zeit der Strafe für unsere Undankbarkeit für diese außerordentliche Bevorzugung Seiner göttlichen Güte beenden:
Vater unser… Gegrüßet seist du, Maria… Ehre sei dem Vater...
V. Ich werde Mir einen treuen Priester erwecken: Der handeln wird nach Meinem Herzen
und Sinn.
A. Ich will ihm erbauen ein festes Haus; und alle Tage wird er wandeln
vor Meinem Gesalbten.
V. Herr, gedenke des David:
A. sei eingedenk all seiner Milde.
Lasset uns beten:
In tiefer Demut flehen wir Dich an, Herr, daß Deine unermeßliche Vaterliebe der hochheiligen Römischen Kirche einen Oberhirten gewähre, der wegen seines frommen Eifers Dir stets wohlgefalle und Deinem Volk wegen seiner heilbringenden Regierung zum Ruhm Deines Namens beständig ehrwürdig sei. Durch Christus unsern Herrn. Amen.