Im Beitrag „Der Große Monarch“ haben wir auf zukünftige Ereignisse verwiesen, die uns in der Großen Botschaft von La Salette und von anderen Visionären vorausgesagt werden. Wir haben auch darauf hingewiesen, daß dieses neue Zeitalter, das Gott uns wunderbarerweise noch schenken möchte, das Zeitalter Mariens sein wird. Genaugenommen ist dieses Zeitalter Mariens schon angebrochen, aber es wird sich schließlich erst nach dem großen Weltgeschehen vollenden.
Schon im Jahre 1904 schrieb der hl. Pius X. in seiner Enzyklika „Ad diem illum laetissimum“ zum 50. Jahrestag der Dogmenverkündigung von der Unbefleckten Empfängnis: „Gehen wir in Unserer Erwartung zu weit, ehrwürdige Brüder, wenn Wir Uns der Hoffnung hingeben, daß bei dieser Erinnerungsfeier der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau auch jetzt, nach Ablauf eines halben Jahrhunderts, ein lebhafter Widerhall dieser heiligen Freude in unseren Herzen spürbar wird und daß allmählich wie damals auch heute der Glaube und die Liebe zur Gottesmutter machtvoll in Erscheinung treten wird? Diesen lebhaften Wunsch erweckt in Uns die Liebe, die Wir zur allerseligsten Jungfrau im Herzen tragen und die, ein Gnadengeschenk übrigens ihrer Güte, Wir allzeit zu vermehren trachteten. Zur sicheren Hoffnung und Erwartung aber, daß dieser Unser Wunsch auch in Erfüllung gehen werde, berechtigt Uns das Bestreben aller wahren Katholiken, die nie müde werden und immer bereit sind, der hehren Gottesmutter stets neue Beweise der Liebe und der Verehrung zu erbringen. Wir wollen indessen nicht verschweigen, daß dieses Unser Verlangen einer gewissen inneren Stimme entspringt, und diese scheint Uns zu sagen, daß nun bald jene Hoffnungen und Erwartungen in Erfüllung gehen werden, zu denen Unser Vorgänger Pius, und mit ihm alle Bischöfe, nicht ohne Grund sich gedrängt fühlten, wenn einmal die Wahrheit der Unbefleckten Empfängnis als Glaubenssatz ausgesprochen wäre.“
Der Beginn eines gewaltigen Krieges
Die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria ist im Laufe der Jahrhunderte immer mehr aus dem Schatten ihres Sohnes herausgetreten, um die ihr von der göttlichen Vorsehung zuerkannte Stellung im Heilswerk Jesu Christi einzunehmen. Je heftiger die Auseinandersetzung zwischen der Kirche Jesu Christi und dem Teufel wird, desto mächtiger und notwendiger wird der Schutz Mariens für ihre Kinder. Seit der Renaissance führen die Söhne der Finsternis einen wohl durchdachten und bis ins Einzelne geplanten Angriff gegen die Kinder des Lichtes. Je klarer man diese Tatsache erfaßt, desto deutlicher erinnert man sich an die zwei Stellen aus der Heiligen Schrift, die diesen Kampf beschreiben und zugleich deuten.
Nach dem Sündenfall, als sie „das Geräusch der Schritte Gottes des Herrn hörten, der sich zur Zeit des Tagwindes im Garten erging, versteckten sich der Mensch und seine Frau vor Gott dem Herrn zwischen den Sträuchern des Gartens“ (Gen. 3,8). Aber vor Gott kann man sich natürlich nicht verstecken, Gott spürt sie auf und fragt: „Adam, wo bist du?“ (Gen. 3,9). Was doch so viel heißt wie: „Adam, wohin bist du nur geraten, was ist dir passiert?“ Adam bekennt seinen Fall offen vor Gott und sodann auch Eva. Eva aber erklärt: „Die Schlange hat mich verführt; so habe ich gegessen“ (Gen. 3,13). Hinter der Schlange verbirgt sich aber der Teufel, der Menschenmörder von Anbeginn, der hinter aller Bosheit steckt und den Menschen durch seine List allezeit ins Verderben führen möchte. Dementsprechend wirft unser Herr Jesus Christus den ungläubigen Juden vor: „Ihr habt den Teufel zum Vater, und nach den Begierden eures Vaters wollt ihr handeln. Er war ein Menschenmörder von Anbeginn. Er steht nicht in der Wahrheit, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er lügt, spricht er aus seinem eigenen Wesen. Denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge“ (Joh 8,44).
Nach dem Sündenfall gibt Gott die Menschen nicht auf. Der Sieg des Teufels ist kein vollkommener Sieg, es ist vielmehr der Beginn eines gewaltigen geistigen Krieges, der bis zum Endgericht dauern wird. Die Heilige Schrift berichtet uns sozusagen von der göttlichen Kriegserklärung an den Teufel: „Da sprach Gott der Herr zur Schlange: ‚Weil du das getan hast, sei verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes! Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Staub sollst du fressen alle Tage deines Lebens! Feindschaft setze ich zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er wird dir den Kopf zertreten, und du wirst nach seiner Ferse schnappen.‘“
Die apokalyptische Frau
Die ganze Weltgeschichte steht unter dem Zeichen dieser Feindschaft, die sich zum Ende der Zeit ihrem Höhepunkt nähern wird, wie es uns in der Geheimen Offenbarung des Apostels Johannes berichtet wird. In der Mitte des großen, geheimnisvollen Offenbarungstextes steht die Schau von dem „großen Zeichen am Himmel“: „eine Frau, bekleidet mit der Sonne und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.“
Dazu erklärt der hl. Papst Pius X. in der schon genannten Enzyklika: „‚Ein großes Zeichen‘, so beschreibt der Apostel Johannes das ihm zuteil gewordene Gesicht, ‚ein großes Zeichen erschien am Himmel: Eine Frau, bekleidet mit der Sonne, den Mond zu ihren Füßen, und eine Krone von zwölf Sternen auf ihrem Haupte.‘ Jeder aber weiß, daß diese Frau niemand anderen bedeutet als Maria, die als unversehrte Jungfrau Christus, unser Haupt geboren. ‚Und die Frau‘, so fährt der Apostel fort, ‚war gesegneten Leibes und schrie in ihren Wehen und Geburtsnöten.‘ Der Apostel sah also die heilige Gottesmutter, obwohl sie bereits beseligt im Himmel war, doch an geheimnisvollen Geburtswehen leiden. Was für eine Geburt mag damit wohl gemeint sein? Zweifellos handelt es sich um die Geburt von uns selbst, die wir, in der irdischen Verbannung noch zurückgehalten, erst zur vollkommenen Liebe Gottes und zur ewigen Glückseligkeit geboren werden müssen. Die Geburtswehen Mariens aber veranschaulichen ihre Liebe und ihr Bemühen, mit denen die Jungfrau auf dem Himmelsthron wacht und durch ihre fortwährende Fürbitte zu bewirken sucht, daß die Zahl der Erwählten ihr Vollmaß erreiche.“
Die päpstliche Unfehlbarkeit, der himmlische Schutz unseres hl. Glaubens
Welcher Katholik könnte darüber in Zweifel sein, daß er in dieser papstlosen Zeit eines besonderen himmlischen Schutzes bedarf? Ist unser hl. Glaube nicht Tag für Tag vielen und schweren Gefahren ausgesetzt? Wie aber ist es möglich, den Glauben zu stärken und mit jener übernatürlichen Lebenskraft zu durchdringen, die uns über alles Irdisch-Sichtbare in die unsichtbare Welt Gottes und der Gnade emporhebt? Wer steht uns hilfreich zur Seite, damit wir nicht beginnen zu verzagen?
Auch zur Zeit des hl. Pius X. war es für die Katholiken nicht leicht, ihrem Glauben inmitten des sich verbreitenden Liberalismus im staatlichen und Modernismus im kirchlichen Bereich treu zu bleiben. Darum ermahnt sie der hl. Papst, den Mut nicht zu verlieren, sondern das ganze Vertrauen auf Gott zu setzen: „Es gibt freilich nicht wenige, die es bedauern, daß diese Hoffnungen bis auf den heutigen Tag noch nicht ihre letzte Erfüllung gefunden haben, und die glauben, mit Jeremias sprechen zu können: ‚Wir hofften auf Frieden, und nichts Gutes ist geworden; wir hofften auf die Zeit der Heilung und siehe: Schrecken.‘ Solche ‚Kleingläubige‘ verdienen Tadel; sie nehmen sich nicht genügend Mühe, die Werke Gottes zu überdenken und ihren tiefen Wahrheitsgehalt auszuschöpfen. Denn wer vermag die geheimen Gnadenschätze zu ermessen und aufzuzählen, die Gott auf die Vermittlung der seligsten Jungfrau hin diese ganze Zeit hindurch der Kirche zugewendet hat? Aber abgesehen davon: Haben wir nicht zur rechten Zeit die Abhaltung des Vatikanischen Konzils erlebt und damit die Glaubenserklärung der Unfehlbarkeit des Papstes, die allen künftigen Irrungen rechtzeitig einen wirksamen Riegel vorschiebt? Sind wir nicht Zeugen ungeahnter und nie da gewesener Beteuerungen der Liebe gewesen, die aus allen Ständen und Länderstrichen die Gläubigen schon seit längerer Zeit hierher zog, dem Stellvertreter Christi Verehrung und Huldigung zu erweisen? Müssen wir nicht geradezu in staunende Bewunderung versinken vor dem Walten der Vorsehung Gottes, die an Unseren zwei Vorgängern, Pius und Leo, sich so wunderbar erwiesen hat? Trotz der sturmvollen Zeit haben sie in einer Regierungsdauer, wie sie keinem anderen beschieden war, die Kirche in Heiligkeit regiert.“
Die zwei feindlichen Kräfte des geistigen Kampfes der Weltgeschichte: Die Frau und der Drache
Das Vertrauen auf die Unfehlbarkeit des Papstes war also nach Pius X. der entscheidende Grund, warum die Katholiken fest darauf vertrauen können, daß das kirchliche Lehramt „allen künftigen Irrungen rechtzeitig einen wirksamen Riegel vorschiebt“. Allein dieses Vertrauen hat in allen künftigen Stürmen den Katholiken in den immer heftiger werden Angriffen der Feinde der Kirche festen Halt geben – bis zum Tod von Pius XII. Beginnt doch mit Angelo Giuseppe Roncalli alias Johannes XXIII. die systematische Umgestaltung vom Lehramt zum Leeramt und mit dem sog. Vatikanum 2 die Neugründung der Menschenmachwerkskirche. Der Feind ist nämlich immer am Werk, wie es in der Geheimen Offenbarung so eindrücklich beschrieben ist. Steht doch dem Großen Zeichen am Himmel ein anderes, recht unheimliches Zeichen entgegen:
„Noch ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein großer feuerroter Drache mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und sieben Kronen auf seinen Köpfen. Sein Schweif fegte den dritten Teil der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde.
Der Drache steht vor der Frau, die im Begriff ist, zu gebären, um ihr Kind gleich nach der Geburt zu verschlingen. Sie gebar ein Kind, einen Sohn, der alle Völker mit eisernem Zepter regieren soll. Doch ihr Kind ward zu Gott auf seinen Thron entrückt. Die Frau aber floh in die Wüste, wo sie eine von Gott ihr bereitete Stätte hat, damit man sie dort zwölfhundertsechzig Tage lang ernähre.
Da brach im Himmel Krieg aus. Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen. Und der Drache und seine Engel führten Krieg, vermochten aber nicht standzuhalten; sie wurden aus dem Himmel vertrieben. Und gestürzt wurde der große Drache - die alte Schlange, genannt Teufel und Satan –, der die ganze Welt verführt. Er wurde auf die Erde geworfen und mit ihm seine Engel.“
(Apk. 12,3-9)
In diesen zwei Bildern werden die zwei feindlichen Kräfte jenes gewaltigen Kampfes, der die ganze Weltgeschichte prägt, sichtbar: Die Frau und der Drache. Dabei kann man es nicht ernst genug nehmen, der Drache „wurde auf die Erde geworfen und mit ihm seine Engel“. Wie uns die Geheime Offenbarung als Ganze zeigt, wird dieser Kampf in der Endzeit seinen Höhepunkt erreichen. Der höllische Drache versteht es nämlich, die Welt immer mehr mit seinem Geist, d.h. mit seinem Gedankengut, seinen Prinzipien, seinen gesellschaftlichen Regeln zu erfüllen und die Welt in seinem Sinne zu manipulieren. Dadurch kamen die Katholiken, besonders seit der Renaissance, in immer größer werdende Bedrängnis.
Die sieben Weltzeitalter nach Bartholomäus Holzhauser
Bartholomäus Holzhauser stellt in seiner Auslegung der Geheimen Offenbarung des hl. Apostels Johannes einen Bezug von den sieben Sendschreiben zu sieben Weltzeitaltern her. Nach seiner Einteilung der Weltgeschichte befinden wir uns jetzt im fünften Weltzeitalter. Er beschreibt dieses folgendermaßen:
„Das fünfte Zeitalter der Kirche beginnt unter Kaiser Karl V., und Papst Leo X. um das Jahr 1520, und wird bis auf den heiligen Papst und jenen mächtigen Monarchen dauern, der die Hilfe Gottes genannt werden wird. Dieses Zeitalter ist ein Zustand der Betrübnis, der Trostlosigkeit, der Demut und Armut der Kirche. Es wird mit Recht der Reinigungsstand genannt, in welchem Christus der Herr seinen Weizen durch grausame Kriege, Aufruhr, Hunger und Pest, und durch noch andere schreckliche Übel sichten wird. Mehrere entstandene Irrlehren, sowie die freisinnigen lebenden bösen Christen werden die Bistümer wegnehmen, unzählige Klöster aufheben, und die reichsten Abteien einziehen. Die Kirche wird selbst von katholischen Fürsten unterdrückt, durch Steuern und Abgaben verarmt und in die Enge getrieben werden, daß wir Ursache haben, mit dem Propheten Jeremias zu klagen und auszurufen: Das vornehmste Land geriet unter Disteln, die Kirche ist verächtlich und niedrig geworden, weil sie von den Irrlehrern und bösen (freisinnigen) Christen gelästert, und weil die Geistlichkeit verachtet wird. Man erweist ihr nicht mehr die gebührende Ehre und Achtung. Durch dieses alles wird Gott seinen Weizen sichten, und die Spreu in das Feuer werfen; den Weizen aber wird Er in die Scheuer legen.“
(Alle Texte aus: Barholomä Holzhausers Erklärung der Offenbarung des heil. Apostels Johannes on den sieben Zeitaltern der katholischen Kirche, München 1872)
Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß sich diese Beschreibung des fünften Zeitalters im Laufe der letzten Jahrhunderte erfüllt hat. Holzhauser selbst hatte schon die Wirren der Reformation vor Augen und sah darin die Erfüllung dessen, was in der Geheimen Offenbarung rätselhaft angedeutet ist. Die Mahnung in der Geheimen Offenbarung an die Gemeinde von Sardes lautet folgendermaßen:
„Dem Engel der Gemeinde von Sardes schreibe: So spricht, der die sieben Geister Gottes und die sieben Sterne hat: Ich kenne deine Werke. Du hast den Namen, daß du lebst, und doch bist du tot. Wach auf und stärke den Rest, der am Absterben ist! Denn deine Werke habe ich nicht als vollkommen gefunden vor meinem Gott. Gedenke also, wie du es empfangen und gehört hast. Bewahre es und bekehre dich! Wenn du aber nicht wachst, so komme ich wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, zu welcher Stunde ich über dich komme.
Indes hast du noch einige wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht befleckt haben. Sie werden in weißen Gewändern mit mir wandeln, weil sie würdig sind.
Der Sieger wird so mit weißen Gewändern angetan, und nimmer lösche ich seinen Namen aus dem Buch des Lebens; vielmehr werde ich seinen Namen vor meinem Vater und vor seinen Engeln bekennen.
Wer Ohren hat, der höre, was der Geist zu den Gemeinden spricht!“ (Offb. 3,1-6)
Dazu der Kommentar von Holzhauser:
Das spricht der, welcher die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne. Off. 3,1. Unter den sieben Geistern versteht man die sieben Gaben des Heiligen Geistes, den Er in alle Welt ausgesendet hat, um den Völkern die Wahrheit des Glaubens zu verkünden. Unter den sieben Sternen aber die Gesamtheit der Bischöfe und Lehrer. Dies aber sagt der, welcher die sieben Geister Gottes, und die sieben Sterne hat. Das heißt, Jesus, der Sohn Gottes, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erde übergeben ist, der die sieben Geister, Gaben des Heiligen Geistes, und die sieben Sterne, die Vorsteher und Lehrer der Kirche, in seiner Gewalt hat, daß Er diese, wegen den schweren Sünden, dem Unglauben und der Härte des Herzens, von uns entfernen, und den benachbarten Völkerschaften geben könne, wie Er es auch zum Teil schon in Erfüllung brachte, indem Er den mächtigsten Teil von Europa verließ, und durch den heiligen Franz von Xaver und andere Lehrer die entferntesten Völker von Indien, die noch in den Finsternissen saßen, mit dem Lichte des Glaubens erleuchtete. Es ist nur zu fürchten, daß Er uns ganz verlasse, wenn wir nicht schnell Buße tun, und zu einem christlichen Leben zurückkehren…
Ich kenne deine Werke: Du hast den Namen, daß du lebest, und bist tot. Off. 3, 1. Mit diesen Worten straft Jesus die Werke dieses Zeitalters. Ich kenne deine Werke, das heißt, deine bösen, sehr unvollkommenen, nur scheinbar guten Werke sind mir nicht unbekannt, denen es aber an der wahren Liebe fehlt. Mir, der ich die Herzen durchforsche, sind deine Werke nicht unbekannt, die äußerlich gut scheinen, innerlich aber böse und tot sind.
Du hast den Namen, daß du lebest. Diesen Namen, daß wir in Christo, dem wahren Lebensgrunde, leben, können wir aus drei Ursachen haben: 1. Durch den wirklichen Glauben an Christus, woher wir denn auch Christen genannt werden. 2. Durch die Werke der Gerechtigkeit und Liebe um Jesu willen; dieses geistliche Leben hat jeder, der sich in keiner schweren Sünde befindet. 3. Durch die göttliche Kraft der Priester- und Bischofs-Weihen (der heiligen Sakramente, der Firmung, des Altars, der Ehe etc.); durch Beobachtung der evangelischen Räte, und durch die besondere Hingebung, die durch die Ordensgelübde geschieht.
Die Laster des fünften Zeitalters
Ein wahrhaft geistliches Leben besitzen nur jene, die ihr Herz der Anhänglichkeit an die Hoffart, Güter und Vergnügungen dieses Lebens entziehen, um Gott allein zu dienen. Da sich aber viele diesen Namen, daß sie so leben, mit Unwahrheit beilegen, so tadelt Jesus hier vorzüglich das fünfte Zeitalter, wegen dieser Sünde, mit der es besonders belastet ist, wie sich aus Folgendem erweiset.
1. Alle Irrlehrer, welche in diesem Zeitalter der Kirche die Erde, wie die Heuschrecken anfüllen, rühmen sich mit dem Namen Christi, und nennen sich wahre Christen; sie sind aber tot, und werden ewig tot bleiben, wenn sie nicht (durch demütige Unterwerfung ihres Verstandes und Willens unter den Gehorsam des Glaubens und der Kirche) zur Wahrheit zurückkehren: weil sie Gott und seinen Sohn Jesum Christum nur im Munde, den Teufel aber im Herzen, und die Welt auf dem Arme tragen.
2. Wie viele tausend bloße Namen-Christen gibt es nicht in unsern Tagen, die (durch einen sündhaften Wandel den Glauben verleugnen, und statt Gott und seine Gebote) nur den glücklichen Erfolg zeitlicher Dinge vor Augen haben? Ebenso machen es auch die Verirrten (besonders aus den sogenannten gebildeten und höheren Ständen). Sie ahmen die Sitten der Anhänger der Kirche äußerlich nach (was nun auch, um Zeichen des noch immer wachsenden Verderbens, viele unterlassen), und behalten, um ihr Ansehen nicht zu verlieren, und aus menschlicher Furch, den Namen eines Katholiken bei, innerlich aber sind sie tot. Sie sind tot durch Gottesleugnung, durch Gleichgültigkeit gegen die Religion, durch die von der Kirche abweichenden Grundsätze des Calvinismus (Pelagianismus, Deismus etc.), und durch Afterpolitik (verkehrte, nachäffende Politik). Sie leben nur dem Namen nach, indem sie sich nur äußerlich fromm und religiös zeigen, und sich nur da gebärden, als hätten sie ein Gewissen, wo sie (das Jahr einmal, um den Namen eines ehrlichen Christen nicht zu verlieren, oder) in Gegenwart der Fürsten, ihrer Herren, mit den Gläubigen beichten, und die heilige Kommunion empfangen – wenn sie sonst zu erbaulichen Dingen hilfreich sind – mit Ordensgeistlichen (oder andern) Umgang pflegen – wenn sie zur Errichtung eines Stiftes oder Klosters mit Rat und Tat beitragen u. d. gl. Dies alles tun sie aber nur, um den Namen zu haben, daß sie leben; um die Gunst der Menschen und der Großen nicht zu verlieren; um ihre geheimen Anschläge und bösen Absichten unter dem Deckmantel der Frömmigkeit und Religion um so leichter und gewisser durchsetzen zu können.
3. Wenn wir die kleine Zahl der Katholiken selbst betrachten, gleicht nicht ihre Gerechtigkeit einem blutbefleckten Kleide? Denn die meisten dienen den Lüsten des Fleisches, und sind in ihren Sünden gestorben. Sie dienen Gott nur dem Scheine nach und rühmen sich mit dem Äußerlichen. Man kauft aber kein Schaf ohne Wolle. Die christliche Liebe ist erloschen, man denkt nur auf den eigenen Nutzen. Selbst in den Gerichtshöfen findet man die Gerechtigkeit, die unparteiliche Untersuchung und die Billigkeit selten; man sieht vielfältig nur auf die Personen und ihr Ansehen, und die Prozesse nehmen kein Ende. Statt der Demut tritt Stolz und Übermut hervor, und dies nennt man jetzt Anstand. Die christliche Einfalt wird verlacht, und als Torheit angesehen. Im stolzen Selbstdünkel alles besser verstehen wollen, und alle geistlichen und weltlichen Rechte und Satzungen, ja selbst die Glaubenswahrheiten mit verfänglichen und unsinnigen Fragen vermengen, nennt man Weisheit, so daß nun kein Grundsatz mehr so heilig, wahr und alt ist, daß er vor schnöder Verurteilung, beliebiger Auslegung, Einschränkung und Bekritelung der Menschen sicher wäre. Man geht zwar (weil es die äußere Rechtschaffenheit oder das Staatsgesetz fordert) in die Kirche; aber die Gegenwart des allmächtigen Gottes wird nicht geehrt; man lacht, schwätzt, sieht frei umher, spielt mit Händen und Füßen, und sucht durch Blicke zu gefallen. Den Leib ziert man mit Kleidern, und die Seele befleckt man mit jeder Art der Unreinigkeit. Die Anhörung des göttlichen Wortes in Predigten wird vernachlässigt und verachtet (man wähnt der Beiwohnung des öffentlichen Gottesdienstes Genüge geleistet zu haben, wenn man an Sonn- und Festtagen nur dem Meßopfer bewohnt). Die heilige Schrift verachtet man; im hohen Ansehen stehen aber die freisinnigen Schriften eines Macchiavell, Bodi und anderer, (die eine Staatskunst und Politik lehren ohne Rücksicht auf die Gesetze der Moral). Die Kinder werden im Ungehorsam, in der Unsittlichkeit, in allerlei Eitelkeit, im Mutwillen und Unglauben erzogen; weil sie von den Eltern unordentlich geliebt werden; weil man ihnen alles übersieht, sie nimmer straft, und keine heilige Zucht mehr im Hause herrscht. Man könnte aus ihnen gute, Wahrheit liebende und rechtschaffene Christen bilden; man trägt aber größere Sorgfalt für ihren Leib, und dafür, daß sie weltklug werden. Erst dann nennt man den Knaben hoffnungsvoll, wenn er fremde Sprachen versteht, und fremde Sitten an sich nimmt; wenn er sich zu stellen und zu verstellen weiß; wenn er anders denkt, und anders redet; wenn er sich wie ein Gaukler nach allem richtet, und ausländische Possen zu spielen gelernt hat…
Der Sinn der Worte Jesu ist also dieser: Du hast den Namen, daß du lebest, du bist aber tot durch deine falschen Grundsätze, tot durch deine Gottesleugnung und falsche Politik; tot durch deine Heuchelei und verstellte Gerechtigkeit; tot in deinen geheimen Sünden, und durch Verschweigung deiner Greueltaten; tot durch Wollüste und Vergnügungen; tot durch Stolz, Hoffart und Ehrfurcht; tot durch Sünden der Unwissenheit in den zur Seligkeit notwendigen Geheimnissen und Wahrheiten des Glaubens; tot durch Unglauben und Verachtung des göttlichen Wortes, und das Erloschensein aller Liebe, in der doch allein das wahre Leben in Jesu Christo besteht.
Was sich Holzhauser sicherlich noch in keiner Weise vorstellen konnte, das haben wir in den letzten Jahrzehnten erlebt. Diese Worte haben sich vollkommen in der Menschenmachwerkskirche bewahrheitet. Denn wie könnte man diese Pseudo- oder Afterkirche besser beschreiben als mit obigen Sätzen? Jeder kann es sehen, der es sehen will: Du hast den Namen, daß du lebest, du bist aber tot. Du hast die ganzen Heilsmittel, die dir Gott anvertraut hat, ins Gegenteil verkehrt. Du buhlst mit den Großen der Welt und schmeichelst den Feinden unseres Herrn Jesus Christus. Du hast dir die Politik der Gleichgültigkeit zu eigen gemacht und heuchelst Armut und Gerechtigkeit. Du hast die hl. Riten entweiht und zu einem Greuel in den Augen Gottes gemacht. Du buhlst mit allen Religionen der Welt und preist die Vergnügungen der Welt und machst dir selbst ihre schlimmsten Sünden zu eigen. Und über allem bist du tot durch Unglauben und Verachtung des göttlichen Wortes, weil du der sog. Weisheit der Welt mehr glaubst als der Weisheit Gottes, die der Welt seit jeher als Torheit erscheint. Darum ist jegliche übernatürliche Liebe in dir erloschen. Du redest viel von Brüderlichkeit, dabei weißt du in keiner Weise mehr, was wahre Nächstenliebe ist, welche doch immer die Gottesliebe und den wahren, göttlichen Glauben zur Grundlage hat.
Die Gottesmutter als Bewahrerin der göttlichen Geheimnisse
Diese Wahrheit wird uns am Leben Mariens in ganz außerordentlicher Weise offenbar, wie uns der hl. Pius X. in seiner Enzyklika darlegt: „Als nämlich zu Maria gesagt wurde: ‚Selig bist du, da du geglaubt hast, daß in Erfüllung gehen wird, was dir vom Herrn gesagt worden ist‘, so bezog sich das auf die Empfängnis und Geburt des Sohnes Gottes. Und so empfing sie in ihrem Schoße den, der die Wahrheit selber ist, damit er, ‚auf einem ganz neuen Wege und durch eine ganz neue Geburt erzeugt, unsichtbar seinem Wesen nach, sichtbar in unserer Natur würde‘. So ist der Sohn Gottes Mensch geworden, um ‚Urheber und Vollender des Glaubens zu werden‘. Aus all dem aber folgt notwendig, daß seine heiligste Mutter an diesen göttlichen Geheimnissen teilgenommen hat und daß diese ihr zur Bewahrung gleichsam anvertraut sind. Nach Christus muß Maria als das vornehmste Fundament angesehen werden, auf dem das Glaubensgebäude durch alle Jahrhunderte hindurch aufgeführt werden soll.“
Alles Heil stammt von Jesus Christus, dem menschgewordenen Sohn Gottes. Er ist der „Urheber und Vollender des Glaubens“. Diesen gottgeschenkten Glauben hat niemand so geübt wie Maria, die „an diesen göttlichen Geheimnissen teilgenommen hat“, indem sie bis zum Tod ihres Sohnes an Seiner Seite gelebt hat, wobei sie alle Geheimnisse, die sie miterleben durfte, in ihrem Herzen erwog und unversehrt bewahrte. Hierin nimmt Maria schon die Wesensaufgabe des kirchlichen Lehramtes vorweg. Wobei es noch weiter heißt, „daß diese ihr zur Bewahrung gleichsam anvertraut sind“.
Eine sehr schöne marianische Antiphon bringt dies eindringlich zum Ausdruck: „Gaude, Maria Virgo, cunctas haereses tu sola interemisti in universo mundo“ („Freue dich, Jungfrau Maria, du allein hast die Irrlehren der ganzen Welt besiegt“). Maria hat alle Irrlehren dadurch besiegt, daß sie niemals auch nur dem geringsten Irrtum im Glauben erlegen ist. Sie war vollkommen gefestigt in der Tugend des übernatürlichen Glaubens und hat jeden Augenblick alles für wahr gehalten, was Gott uns (und auch ihr) geoffenbart hat.
Es ist sicherlich lohnend, hierzu die Ausführungen Matthias Joseph Scheebens sich in Erinnerung zu rufen und zu bedenken: „Wenn daher die Jungfrau von alters her als die Ertöterin aller Häresien gepriesen wurde – und das nicht bloß deshalb, weil sie durch ihre Fürbitte denselben entgegentrat, sondern auch darum, weil die glorreiche Erscheinung ihres Wesens und ihre mit allen Geheimnissen des Glaubens verflochtene Stellung der Häresie nach allen Richtungen hin den Weg vertritt: So verdient sie bis heute diesen Preis umso mehr, weil sie durch den Glanz desselben Geheimnisses, in welchem sie als die Zertreterin des Kopfes der alten Schlange und als ‚der elfenbeinerne Turm‘, vor welchem der über das ganze Geschlecht ausgegossene Strom der Sünde stille stehen mußte, erscheint, auch die neuesten Gespinste der alten Schlange zerstört und der Flut der von derselben Schlange ausgespieenen Irrtümer glorreich und siegreich entgegentritt; weil sie heute namentlich die feinen Netze zerreißt, die man in die Kirche selbst hineingesponnen, und die feinen Gifttropfen entfernt, welche man den Kindern der Kirche auf dem Schoße und an der Brust ihrer Mutter hatte einträufeln wollen. Und wenn der Apostolische Stuhl von jeher gepriesen wurde als das feste Bollwerk und den strahlenden Leuchtturm der Wahrheit, als der sichere Hafen der Gläubigen und als der Fels, woran alle Wogen des Irrtums zerschellen: dann glänzt er, seit das Geheimnis seiner übernatürlichen Reinheit und Festigkeit ins helle Licht gesetzt worden, vollends als ein anderer ‚elfenbeinerner Turm‘ der Wahrheit weithin über die Länder und Meere, indem er, selbst stets unbefleckt und unerschüttert, nicht nur dem Anprall der offen anstürmenden Häresie, sondern auch dem Zahne der heimlich heranschleichenden Schlange widersteht und so die ganze Kirche vor der gefährlichsten Form der Häresie, vor der in ihrem eigenen Busen sich einwühlenden Schlange, beschützt“ (Alle auch folgenden Texte aus: Das ökumenische Konzil vom Jahre 1869, Periodische Blätter, Zweiter Band, 13. und 14. Heft, Friedrich Pustet, 1871).
Diese gefährlichste Form der Häresie, die sich ins Innere der Kirche einwühlte, ist der sog. Modernismus. Die wahren Päpste haben diese „pestis perniciosissima“, diese „allerverderblichste Pest“, immer zurückgewiesen und die Kirche Jesu Christi trotz allem Wüten der Feinde im göttlichen Glauben rein bewahrt. Aber der „in ihrem eigenen Busen sich einwühlenden Schlange“ ist es schließlich gelungen, gleichsam in einem Handstreich die Kathedra Petri zu übernehmen und zu einer Kathedra der Pestilenz zu machen. So ist es nicht verwunderlich, daß die Menschenmachwerkskirche in der sog. Liturgie-Reform die oben genannte marianische Antiphon sowohl aus dem Meßformular als auch aus dem Brevier entfernt hat. Denn wie sollte diejenige, die alle Irrlehren der ganzen Welt besiegt, zu einer „Kirche“ passen, die nicht nur voller Irrtümer ist, sondern sogar eine besondere Freude am Irrtum und an jeglicher Irrlehre hat! Im Mai 2015 hat der Spiegel auf der Titelseite Herrn Bergoglio alias Franziskus gleich neunmal im Profil abgebildet – einmal lachend, einmal grimmig, einmal staunend, einmal erschreckt, einmal gefaßt… – und darunter geschrieben: „DER ENTFESSELTE – Die fröhliche Fehlbarkeit des Papstes“. Knapper, besser und treffender könnte man die „Päpste“ der Menschenmachwerkskirche und damit natürlich auch die Menschenmachwerkskirche selber wohl kaum mehr beschreiben. Eine „Kirche“, die Freude am Irrtum hat und überaus fröhlich ihre verderblichen Irrtümer in der ganzen Welt verbreitet, das ist die neue „Kirche“ des sog. Vatikanum 2. Es ist schon unheimlich zu nennen, daß die allermeisten Katholiken nicht mehr fähig waren, diese Umwandlung der kirchlichen Institutionen in ihr Gegenteil wahrzunehmen.
Ein einfacher, vom übernatürlichen Glauben erleuchteter Blick auf die Jungfrau Maria, die allein alle Irrlehren der ganzen Welt besiegt hat, offenbart eine ganz andere Welt, nämlich die wahrhaft katholische, göttliche Welt des menschgewordenen Wortes Gottes, in der es keinerlei Irrtum gibt und auch nicht geben kann, weil ER die Wahrheit ist! Und diese Welt der göttlichen Wahrheit ist uns Katholiken in ganz besonderer, einmaliger Weise gegenwärtig in der hl. Kirche, die als übernatürliche Gemeinschaft nicht nur von Gott gegründet, sondern auch durch die Unfehlbarkeit des Papstes in ihrem übernatürlichen Sein über Jahrhunderte hinweg unversehrt erhalten worden ist. Daß dies inzwischen nur noch ganz wenige einsehen wollen zeigt, wie erfolgreich der höllische Drache gearbeitet hat.
Die Übernatürlichkeit des Christentums
In seinem Artikel in der Zeitschrift „Das ökumenische Konzil vom Jahre 1869“, Die theologische und praktische Bedeutung des Dogmas von der Unfehlbarkeit des Papstes, besonders in seiner Beziehung auf die heutige Zeit, führt der große deutsche Dogmatiker Matthias Joseph Scheeben diesen Gedanken in beeindruckender Tiefe aus.
Die Übernatürlichkeit des ganzen Christentums als des Reiches göttlicher Gnade und Wahrheit beruht in der letzten Instanz auf dem übernatürlichen Wesen, der Gottheit Christi, auf der göttlichen Würde und Macht desjenigen, der die christliche Weltordnung auf sich selbst als deren ewiges Fundament gegründet und in seiner Kirche sich mit der menschlichen Natur als deren Haupt und Bräutigam verbunden hat. Damit also die Übernatürlichkeit des Christentums sich lebendig und kraftvoll erweise, muß die göttliche Würde und Macht des Gottmenschen sich in glänzender Weise namentlich an den Punkten geltend machen, von wo aus er seine Verbindung mit dem Menschengeschlechte hergestellt hat und unterhält: Je mehr sein Einfluß auf diese Punkte verdunkelt wird, desto mehr muß auch seine eigene göttliche Macht zurücktreten; je deutlicher und glänzender jener in die Augen springt, desto mehr muß auch die letztere in den Vordergrund treten.
Der richtige Blick des gläubigen Christen sagt demselben instinktmäßig: Die Würde des Gottmenschen erheische notwendig, daß diejenige, aus deren Schoß der Sohn Gottes seine Menschheit annehmen sollte, an Leib und Seele unbefleckt und rein, durchaus heilig und herrlich sei, daß sie vom ersten Augenblicke ihres Daseins an in übernatürlicher Reinheit und Schönheit erstrahle; seine Macht verlange, daß er in ihr, dem Erstling der Erlösung, den vollsten Triumph über die Sünde und die Gebrechlichkeit der menschlichen Natur feiere; seine göttliche Liebe zu ihr, der von Ewigkeit von ihm für sich auserwählten Braut und Mutter, nötige ihn, ihr die reichste Fülle übernatürlicher Gnade bei ihrer Schöpfung als Mitgift zu geben; kurz, so wahr Christus Gott sei, so wahr müsse der Eckstein, durch welchen Gott das Menschengeschlecht in seinen Sohn und seinen Sohn in das Geschlecht hineingründete, ein durchaus unantastbarer reiner und heiliger Stein sein; so wahr müsse der Schoß, aus welchem mit dem Gottmenschen und durch ihn die übernatürliche Wiedergeburt des Geschlechtes ausgehen sollte, absolut unentweiht und vom Heiligen Geiste durchaus erfüllt sein.
Dieselbe Konsequenz des Glaubens an die Gottheit Christi sagt uns aber auch: Seine Würde erheische, daß die Kathedra der Wahrheit, auf welche seine Lehre forterhalten werden sollte, niemals durch gottlosen Irrtum entweiht werde; seine Macht fordere, daß er wenigstens in seinem Stellvertreter auf der Erde den Thron seiner Wahrheit und seiner Herrschaft über die Geister unentwegt allen Angriffen der Hölle gegenüber aufrecht erhalte; seine göttliche Liebe zur Kirche lasse es nicht zu, daß der ihr zum Schutz gegebene Lehrstuhl der Wahrheit auch nur einen Augenblick zu einer „Kathedra der Pestilenz“ werde; kurz, so wahr Christus Gott sei, so wahr müsse auch der Grundstein, den er selbst gelegt, um den äußeren Organismus der Kirche in der Wahrheit aufrecht und zusammenzuhalten; in dieser seiner Funktion ebenso unentweiht und unerschütterlich dastehen, wie der Eckstein, durch den die Kirche in ihn hineingebaut worden und innerlich mit ihm zusammenhängt, in jeder Beziehung heilig und unantastbar sein mußte . Ja, mit dem zweiten Steine ist die Gottheit Christi um so mehr verkettet, als er in Bezug auf ihn noch ausdrücklicher, als beim ersten, seine alles bewältigende göttliche Allmacht verpfändet und ihn als fortdauerndes sichtbares Denkmal derselben hingestellt hat. Die zwischen dem Weibe und ihrem Samen bestehende unauflösliche Gemeinschaft ewiger Feindschaft gegenüber der alten Schlange ist zwar im Urevangelium ausdrücklich ausgesprochen, die Gemeinschaft des Triumphes jedoch ist nur angedeutet. Dem heiligen Petrus aber hat Christus ausdrücklich die Verheißung unüberwindlicher Felsenfestigkeit gegenüber der Hölle gegeben, und sein göttliches Wort „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“ ist vor allem auf diese feierliche Verheißung zu beziehen. Wenn wir daher in den ununterbrochenen und stets vergeblichen Angriffen der Hölle auf das „Weib“ die teilweise Erfüllung des Urevangeliums vor Augen haben: so ist die ganze Kirchengeschichte ein fortgesetzter Beweis von der Erfüllung des Wortes Christi, indem der Heilige Stuhl sichtbar durch eine übernatürliche Macht in der Bewahrung der christlichen Wahrheit gegen alle Ränke der Hölle und der Welt geschützt wird.
Das katholische Empfinden, das „sentire cum ecclesia“ läßt den Katholiken leicht und sicher, ja „instinktmäßig“ einsehen: „Die Würde des Gottmenschen erheische notwendig, daß diejenige, aus deren Schoß der Sohn Gottes seine Menschheit annehmen sollte, an Leib und Seele unbefleckt und rein, durchaus heilig und herrlich sei, daß sie vom ersten Augenblicke ihres Daseins an in übernatürlicher Reinheit und Schönheit erstrahle.“ Denn das allein entspricht der Wirklichkeit und Heiligkeit des menschgewordenen Gottessohnes. Denn „auf dem übernatürlichen Wesen, der Gottheit Christi, auf der göttlichen Würde und Macht desjenigen, der die christliche Weltordnung auf sich selbst als deren ewiges Fundament gegründet und in seiner Kirche sich mit der menschlichen Natur als deren Haupt und Bräutigam verbunden hat“, beruht das ganze Christentum „als des Reiches göttlicher Gnade und Wahrheit“. Nur die makellose Jungfrau ist würdig, Mutter Gottes zu sein.
Dasselbe gilt aber auch für die hl. Kirche, die gleichfalls die makellose Braut Jesu Christi ist, wie M. J. Scheeben hervorhebt und betont: „Dieselbe Konsequenz des Glaubens an die Gottheit Christi sagt uns aber auch: Seine Würde erheische, daß die Kathedra der Wahrheit, auf welche seine Lehre forterhalten werden sollte, niemals durch gottlosen Irrtum entweiht werde; seine Macht fordere, daß er wenigstens in seinem Stellvertreter auf der Erde den Thron seiner Wahrheit und seiner Herrschaft über die Geister unentwegt allen Angriffen der Hölle gegenüber aufrecht erhalte; seine göttliche Liebe zur Kirche lasse es nicht zu, daß der ihr zum Schutz gegebene Lehrstuhl der Wahrheit auch nur einen Augenblick zu einer ‚Kathedra der Pestilenz‘ werde.“
Letzteres aber behaupten heutzutage nicht nur die Modernisten, sondern auch ein Großteil der sog. Traditionalisten. Auch für sie ist die Kirche Jesu Christi eine Kirche voller Irrtümer, eine Kirche der entheiligten und zumindest zweifelhaften Sakramente, eine Kirche, die durch eben diese Irrlehren und deren Umsetzung in der kirchlichen Ordnung die Seelen massenweise in die Hölle stürzt. Diese Leute können offensichtlich nicht mehr zwischen der makellosen Braut Christi und den sündigen Gliedern der Kirche unterscheiden. So fabulieren sie von einer sündigen oder kranken Kirche, die letztlich ein grausiges, seelenmordendes Monster ist, womit sie die hl. Kirche als makellose Braut Jesu Christi verunehren, ja schmähen – und damit zugleich die Unbefleckte Empfängnis Mariens. Mit anderen Worten, diese Glieder der Monsterkirche können keine wahren Marienverehrer mehr sein. Letztlich beinhaltet Ihre Marienverehrung nur noch sentimentale Phrasen.
Die fröhliche Fehlbarkeit und der häretische „Papst“
Diesen Sektierern ist es meistens in keiner Weise mehr beizubringen, daß sie einem grundlegenden Irrtum erlegen sind. Sie projizieren nämlich, um ihre eigenen Irrtümer zu rechtfertigen, die durch und durch häretische Eigenart der gegenwärtigen Menschenmachwerkskirche geschichtlich zurück auf die Kirche der Vergangenheit und biegen alles gemäß ihrer häretischen Auffassungen zurecht. Sie übernehmen dazu bedenkenlos die „Kirchengeschichtsschreibung“ der Häretiker von den allzeit irrenden Päpsten und freuen sich wie ein kleines Kind, wenn sie irgendeinem Papst scheinbar wieder eine Häresie anhängen können.
Dasselbe taten übrigens schon die Protestanten. Weshalb der hl. Robert Bellarmin die Päpste Honorius, Liberius und Vigilius gegen deren Verleumdungen in Schutz nehmen mußte. Merkwürdigerweise sind das dieselben Päpste, welche bei keinem Konservativen oder Pseudotraditionalisten der Menschenmachwerkskirche fehlen, wenn sie ihre Beispiele von angeblich häretischen Päpsten anführen. Im Grunde müßten diese sich doch über ihren Herrn Bergoglio und seine „fröhliche Fehlbarkeit des Papstes“ genauso freuen, wie sie sich über ihre häretischen „Päpste“ freuen. Wenn sie ehrlich wären – die Protestanten und auch die Altkatholiken waren wenigstens so konsequent und ehrlich – müßten sie zugeben, daß sie letztlich überhaupt keinen unfehlbaren Papst brauchen, denn sie wissen ja sowieso immer besser als ihr „Papst“, der sich jederzeit irren kann und nur allzuoft sich auch geirrt hat, was katholisch ist und was nicht. D.h. aber, theologisch ausgedrückt: Sie selbst sind jeweils die letzte Norm ihres Glaubens und ihrer Tradition und nicht mehr ihr „Papst“. Wie gesagt, befinden sie sich damit in unguter Gesellschaft mit den Häretikern aller Jahrhunderte.
Die unfehlbare Lehrgewalt des Papstes
Weil diese irrige Haltung gar so weit verbreitet ist, ist es durchaus angebracht, uns von M. J. Scheeben nochmals etwas eingehender erklären zu lassen, wie es eigentlich gemäß dem katholischen Glauben richtig ist, um sich selbst in eigenem Denken womöglich dementsprechend korrigieren zu können: „In ähnlicher Weise begegnet das Dogma von der übernatürlichen Unfehlbarkeit des Papstes dem Naturalismus der sich auf sich selbst zurückziehenden Vernunft. Die Unfehlbarkeit des Heiligen Stuhles, selbst auf übernatürlichem Grunde ruhend, beweist der sich selbst vergötternden Vernunft, daß dieselbe die Unfehlbarkeit, nach welcher sie ringt, seit der Sünde verloren hat und wie ein schwankendes Rohr allen Winden des Irrtums preisgegeben ist, daß sie aber im Anschluß an die ihr dargebotene übernatürliche Hilfe Gottes im Glauben sie wieder erringen kann und soll; stellt ihr in dem Glauben, dessen Regel und Stützpunkt die unfehlbare Lehrgewalt des Papstes ist, eine übernatürliche Vollkommenheit der Erkenntnis in Aussicht, durch die wir in der Tat an der Gott eigentümlichen Unfehlbarkeit teilnehmen, und die deshalb das Unterpfand ist einer noch volleren Teilnahme an der Gott eigentümlichen Erkenntnis, welche wir in der Ewigkeit in der unmittelbaren Anschauung und dem vollen Genusse der ewigen Wahrheit erreichen sollen.“
Jeder Mensch ist irrtumsfähig und irrt sich auch oft, wie sicherlich jeder schon oft erlebt hat. Das ist ganz einfach eine Erfahrungstatsache. Wer nun sagt und betont: Der Papst ist auch nur ein Mensch wie jeder andere, der zeigt, daß er gar nicht verstanden hat, um was es beim Papstamt seinem Wesen nach geht. Er ist schon unfähig geworden, das Wesentliche des Charismas der Unfehlbarkeit und dessen eigentlichen Sinn einzusehen. Die unfehlbare Lehrgewalt des Papstes ist eine übernatürliche Vollkommenheit der Erkenntnis, durch die wir aufgrund der ordentlichen Lehrtätigkeit der hl. Kirche in der Tat an der Gott eigentümlichen Unfehlbarkeit teilnehmen. Gott verhindert durch den Beistand des Heiligen Geistes, daß Seine Kirche in Irrtum bezüglich des Glaubens oder der Sitte fällt. Nur durch diese tatsächliche Teilnahme an der göttlichen Erkenntnis vermittels der unfehlbaren Kirche ist ein übernatürlicher, göttlicher Glaube möglich und eine absolute Glaubenssicherheit gewährt.
Damit aber diese Vollkommenheit der Erkenntnis konkret möglich wird, darf die Unfehlbarkeit nicht auf wenige Akte des außerordentlichen oder feierlichen Lehramtes eingeschränkt werden, sondern diese muß ebenfalls im gewöhnlichen, alltäglichen Lehrbetrieb der Kirche wirksam sein und das kirchliche Lehramt in allen Akten, welche den Glauben oder die Sitten der Gesamtkirche betreffen, vor Irrtümern bewahrt sein. Weil gerade diese Unfehlbarkeit des ordentlichen Lehramtes von vielen nicht mehr eingesehen, ja z.T. sogar von manchen schon positiv geleugnet wird, löst sich bei ihnen die Unfehlbarkeit im konkreten Leben der Kirche vollständig auf und geht diese von den meisten unbemerkt vom Papst auf die Gesamtkirche über, wie M. J. Scheeben weiter erklärt: „Man sage nicht, diesen Dienst leiste auch schon die Unfehlbarkeit der Gesamtkirche überhaupt; denn diejenigen, welche so sehr die Unfehlbarkeit der Gesamtkirche gegenüber der päpstlichen betonen, haben eben von dem übernatürlichen Charakter der ersten gar keinen klaren Begriff; sie lassen dieselbe mehr getragen sein von der natürlichen Autorität, die in der Übereinstimmung vieler Geister liegt, als von der Einwirkung und der Autorität des Heiligen Geistes, und gerade der Mangel jenes natürlichen Rückhaltes ist es, der ihnen die Unfehlbarkeit des Papstes so unbegreiflich und unausstehlich macht. Sie leugnen oder verdunkeln in der Unfehlbarkeit des Papstes namentlich die Idee einer ordentlichen, führenden und richtenden Gewalt, welche im Namen Gottes und in Kraft des Heiligen Geistes die Erkenntnis der Gläubigen regelt und stützt und mithin ihre Grundlage allseitig in Gott selbst hat, der durch seinen Stellvertreter selbst unsere Erkenntnis auf seine eigene stützt und, zu den Menschen herabsteigend, als deren wahrer Lehrer und Erzieher sie zu der Höhe seiner eigenen Erkenntnis erheben will.“
Die Unfehlbarkeit der Gesamtkirche
Bei den meisten Konservativen und Traditionalisten hat es sich eingebürgert, sich gegen ihren allzeit irrenden „Papst“ auf den Kanon des hl. Vinzenz von Lerin zu berufen – „Was immer, überall und von allen geglaubt worden ist“, das allein sei katholisch. Dementsprechend haben sie sich systematisch angewöhnt, alle Verlautbarungen und Entscheidungen des kirchlichen Lehramtes anhand des „Lehramts von immer“ zu überprüfen. Scheeben nennt das die „Unfehlbarkeit der Gesamtkirche“.
Der Fürst der deutschen Scholastik, den übrigens 1935, also 100 Jahre nach dessen Geburt, Papst Pius XI. als geniale Persönlichkeit bezeichnete und ihn den Studenten als Vorbild darstellte, erkennt ganz klar, welche weitreichenden Folgen dieser Irrtum hat: „Diejenigen, welche so sehr die Unfehlbarkeit der Gesamtkirche gegenüber der päpstlichen betonen, haben eben von dem übernatürlichen Charakter der ersten gar keinen klaren Begriff; sie lassen dieselbe mehr getragen sein von der natürlichen Autorität, die in der Übereinstimmung vieler Geister liegt, als von der Einwirkung und der Autorität des Heiligen Geistes, und gerade der Mangel jenes natürlichen Rückhaltes ist es, der ihnen die Unfehlbarkeit des Papstes so unbegreiflich und unausstehlich macht.“
Wer den Kanon des hl. Vinzenz von Lerin in der oben angeführten Weise gegen das kirchliche Lehramt anwendet, ersetzt die „übernatürliche Autorität“ des unfehlbaren kirchlichen Lehramtes durch die „natürliche Autorität“ einer zeitlichen (immer) oder räumlichen (überall) Übereinstimmung vieler Geister. Da er diese Übereinstimmung der Geister immer selber erarbeiten und feststellen muß, beruht sein Glaube letztlich auf einem allein mit der „natürlichen Vernunft“ gewonnenem Urteil. Jeder, der auf diese Weise den katholischen Glauben meint bewahren zu können, bewahrt jedoch nicht diesen, sondern er schafft sich seinen eigenen Glauben und seine eigene Tradition. Da er seinen allzeit irrenden „Päpsten“ notwendigerweise mit dauerndem Mißtrauen begegnen muß, ist es letztlich allein der natürliche Rückhalt der eigenen Prüfung, auf welchem sein ganzer Glaube beruht.
Unbemerkt ist also aus dem übernatürlichen göttlichen Glauben ein Menschenglaube geworden, der natürlich sehr gut zur neurömischen Menschenmachwerkskirche paßt. Weil er durch dieses allseitige Mißtrauen ganz und gar unfähig geworden ist, dem kirchlichen Lehramt wahren Glaubensgehorsam zu schenken, macht ihm „der Mangel jenes natürlichen Rückhaltes die Unfehlbarkeit des Papstes so unbegreiflich und unausstehlich“. Man kann nur mit tiefem Bedauern feststellen, für diese Leute scheint ein unfehlbarer Akt des Lehramtes wirklich das Schlimmste zu sein, was ihrer „Kirche“ überhaupt passieren kann. Diese Leute sind offensichtlich von einer tiefen Angst vor der Unfehlbarkeit erfüllt, weil sie den eigentlichen Sinn und den unermeßlichen Segen dieser Gottesgabe in keiner Weise mehr verstehen. Sie gleichen darin vollkommen den von M. J. Scheeben genannten Fallibilisten, also jenen, die dem Lehramt der Kirche jeglichen Irrtum zutrauen und deswegen auch konsequenterweise dessen Unfehlbarkeit leugnen: „Es gehört der ganze blinde Fanatismus unserer Fallibilisten dazu, um sich für diese träge, unorganische Masse zu begeistern, in ihr den vollkommenen Typus des kirchlichen Organismus zu erblicken und nicht einzusehen, wie alle Feinde der lebendigen, wirksamen kirchlichen Unfehlbarkeit für ihre Theorie gerade deshalb so lebhaft sich interessieren, weil dieselbe die aktive Unfehlbarkeit der Kirche, wenigstens für den gewöhnlichen Lauf der Dinge, nicht bloß stumm, sondern völlig regungslos macht…“
Das wahre, übernatürliche Wesen der hl. Kirche
Es ist absolut notwendig, wenn man das wahre, übernatürliche Wesen unserer hl. Kirche recht verstehen und daran wirklich glauben will, sich ein rechtes Verständnis von deren Unfehlbarkeit anzueignen. M. J. Scheeben faßt seine Erwägungen dazu folgendermaßen zusammen: „So erscheint denn der Apostolische Stuhl in seiner Unfehlbarkeit als das leuchtende Wahrzeichen, als der Thron und das Szepter der Herrschaft Christi über die gesamte Natur des Menschen, über Geist und Leib, über sein individuelles und soziales Leben. Man begreift jetzt, warum der berühmte Obelisk, der vor dem Vatikan, worin der Stammhalter des Apostolischen Stuhles begraben liegt und das vatikanische Konzil die Unfehlbarkeit des Papstes definiert, gerade zu der Zeit aufgerichtet worden ist, in der die Anfänge des jetzigen Kampfes gegen das Königtum Christi liegen – warum, sage ich, dieser Obelisk die herrliche Inschrift trägt: Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat (Christus siegt, Christus regiert, Christus herrscht). Ja nirgendwo fühlt man so sehr, wie im Vatikan vor dem Stuhle Petri, daß Christus noch auf dieser Erde fortlebt, als ob er sichtbar dort weilte, daß Christus noch fortregiert als König aller Völker und Jahrhunderte, daß Christus noch fortherrscht in seiner göttlichen Macht und Majestät, daß Christus noch beständig triumphiert als Sieger über alle seine Feinde. Man begreift aber auch, warum alles, was irgendwie der Herrschaft Christi widerstrebt oder auf Emanzipation von derselben abzielt, sich gegen die Unfehlbarkeit des Heiligen Stuhles kehren und auf die Untergrabung und Verdunkelung desselben hinarbeiten muß.“
Der römische Lehrstuhl der geistigen Pestilenz
Seitdem der Teufel die Kathedra Petri erobert und zu einem Lehrstuhl der geistigen Pestilenz verkehrt hat, kann nur noch derjenige den wahren katholischen Sinn bewahren, der diese Tatsache einsieht. Nur wenn der Katholik weiß, er lebt in der papstlosen Zeit, kann er seinen kindlichen Sinn gegenüber seiner hl. Mutter, der Kirche bewahren. Wer sich dieser Einsicht verweigert, muß sich notwendigerweise über das von ihm anerkannte Lehramt der geistigen Pestilenz in freiem Urteil erheben. Er verfällt damit in die Grundhaltung der Gegner, bzw. Leugner der Unfehlbarkeit der Kirche, wie sie Scheeben beschreibt:
„Die stärkste Waffe, womit man den kindlichen Sinn angreift, besteht darin, daß man ihn als kindisches, mit der Würde eines weisen Mannes unverträgliches Wesen darstellt. Das gläubige Kind Gottes ersieht aber aus der unbefleckten Empfängnis seiner himmlischen Mutter, daß diese eben deshalb, weil sie im Gegensatz zur alten Eva den Schatz himmlischer Weisheit, den sie in ihrem Ursprung empfangen, in kindlichem Sinne bewahrte, ohne den Einflüsterungen der Schlange Gehör zu geben, die virgo prudentissima ist und aus der Taubeneinfalt die wahre Schlangenklugheit geschöpft hat. Es weiß daher auch, daß der Vorwurf kindischen Wesens nichts anderes ist, als eine Wiederholung der Worte der falschen alten Schlange, die Eva und ihr ganzes Geschlecht grausam betrogen und in namenloses Elend gestürzt hat. Das Kind der Kirche weiß ferner, daß nach den Worten des Apostels die Hirten und Lehrer der Kirche – also namentlich der oberste unfehlbare Hirt und Lehrer – uns eben dazu gegeben sind, daß wir nicht seien wie schaukelnde kleine Kinder, die von jedem Winde der Lehre hin und her getrieben und durch böse Arglist in Irrtümer verstrickt werden (Eph. 4, 14), auf daß wir vielmehr auf dem festen Felsen der Wahrheit stehend heranwachsen in aller Wissenschaft und Weisheit zum Maße des Vollalters Christi. Im Lichte unserer beiden Dogmen erscheinen dagegen wirklich als kleine Kinder, voll kindischen Wesens mit allen seinen Unarten und Schwächen, diejenigen, von denen der Apostel sagt: ‚sich selbst für weise ausgebend, sind sie töricht geworden,‘ (Röm. 1, 22), diejenigen, welche nicht dem Lichte der Gnade, sondern den finsteren Eingebungen der alten Schlange und der durch deren Betrug verfinsterten Natur folgen, und nicht dem von Gott bestellten Führer, sondern ihrer und anderer Menschen Weisheit sich anvertrauen wollen.“
Der bischöfliche Quasi-„Papst“
Wie viele Traditionalisten gibt es, die in vollster Überzeugung ihrem „Papst“ jeglichen Gehorsam oder ihn auf die ganz wenigen außerordentlichen Fälle feierlicher Unfehlbarkeit, die es ihrer Meinung nach – Gott sei Dank! – nur alle 100 Jahre gibt, verweigern. Sie müssen dies tun, weil diese ja, wie sie meinen, ständig irren können. Absurderweise hängen sich sodann an irgendeinen Bischof und machen diesen zu ihrem Quasi-„Papst“, dem sie auf einmal blind folgen, als wäre dieser viel unfehlbarer als ihr allzeit irrender „Papst“. Diesem Irrtum können sie nur erliegen, weil sie schon lange den wahren Glauben an die Unfehlbarkeit der hl. Kirche verloren haben, weshalb sie „den finsteren Eingebungen der alten Schlange und der durch deren Betrug verfinsterten Natur folgen, und nicht dem von Gott bestellten Führer, sondern ihrer und anderer Menschen Weisheit sich anvertrauen wollen“.
Wie kindisch sind all diejenigen, die, sich selbst für weise ausgebend, töricht geworden sind. Dagegen weiß das Kind der Kirche, „daß nach den Worten des Apostels die Hirten und Lehrer der Kirche – also namentlich der oberste unfehlbare Hirt und Lehrer – uns eben dazu gegeben sind, daß wir nicht seien wie schaukelnde kleine Kinder, die von jedem Winde der Lehre hin und her getrieben und durch böse Arglist in Irrtümer verstrickt werden (Eph. 4, 14), auf daß wir vielmehr auf dem festen Felsen der Wahrheit stehend heranwachsen in aller Wissenschaft und Weisheit zum Maße des Vollalters Christi“.
Die Erde – das Schlachtfeld des Kampfes zwischen Himmel und Hölle
Am Ende seiner Darlegungen geht der Fürst der deutschen Scholastik noch auf einen Einwand ein, der auch von manchen Traditionalisten ähnlich formuliert wird, die nur allzu gerne von der menschlichen Seite der Kirche schwafeln.
„Vielleicht kommt dem einen oder anderen unserer Leser diese Auffassung von der jüngsten Vergangenheit und nächsten Zukunft etwas zu mystisch vor. Man ist eben gewohnt, die Geschichte der Menschheit und der Kirche allzu menschlich anzusehen, nur mit menschlichen Mächten und Leidenschaften in derselben zu rechnen. Der Christ aber sollte wissen, daß nicht bloß die göttliche Vorsehung die Geschichte der Menschen lenkt, sondern daß die Erde das Schlachtfeld ist, auf welchem Himmel und Hölle miteinander im Kampfe liegen, und daß namentlich um den Mittelpunkt des Reiches Gottes auf Erden dieser Kampf in der energischsten, oft recht sichtbaren Weise geführt wird. So ist insbesondere der Kampf gegen die zeitliche Herrschaft des Papstes, so sehr es sich dem Anschein nach dabei nur um irdische Interessen der Angreifer und der Angegriffenen handelt, im Grunde ein Kampf gegen die geistige Herrschaft des Stellvertreters Christi, weil diese zeitliche Mitgift derselben als Garantie ihrer äußeren Freiheit, ähnlich, wenn auch nicht in demselben Grade, wie die geistige Mitgift der Unfehlbarkeit als die Garantie ihrer inneren Kraft, eine Bedingung ihrer vollen ungeschwächten Wirksamkeit ist; und wir sehen es nur allzuoft in unserer nächsten Nähe, z. B. im ‚Rhei. Merkur‘, wie die Gegner des lebendigen, wirksamen Primates beide Attribute desselben mit gleich mißgünstigen Augen ansehen. Wie daher dieser Kampf den Zwecken der Hölle dient, so wird er auch von der Hölle inspiriert, und es ist ein merkwürdiges Zusammentreffen, daß beide Prärogativen des Primates jetzt, wie nie zuvor, zu gleicher Zeit aufs Heftigste angegriffen wurden. Gewiß wissen es nicht alle, die in dem Kampfe mitwirken, daß sie den Plänen der Hölle dienen, noch weniger wollen sie es, am wenigsten wollen sie damit das Reich Gottes aufbauen und vollenden helfen. Wer aber auch nur ein wenig mit dem Geist der italienischen Revolution, welche unmittelbar und hauptsächlich den Umsturz der weltlichen Herrschaft betrieb, bekannt war, der wußte längst, daß die italienischen Einheitsbestrebungen nur als Deckmantel benutzt werden, um das nackte Antichristentum, die ungeschminkte Satanokratie aufzurichten. In den öffentlichen Schandtaten, welche die italienischen Revolutionäre jetzt verübt haben und noch üben werden, muß auch das blödeste Auge erkennen, daß Held Satan leibhaftig dabei ist, wenn man schon nicht wüßte, daß die Mazzinianer einen förmlichen Satanskult organisiert haben. Es ist schon gesagt worden, daß wir in einer Zeit leben, wo die Scheidung zwischen dem Reiche Christi und dem Lager Belials immer schärfer und schroffer hervortritt. Nun wohl: gerade in den jüngsten Ereignissen scheinen durch Zulassung Gottes die Gegensätze beider Reiche in ausgeprägtester Form und nächster Nähe sich gegenübertreten zu wollen, indem dasselbe Rom unmittelbar nacheinander im vollen Glanze der jungfräulichen Stadt Gottes und unter dem Drucke der apokalyptischen ‚Hure von Babylon“‘erscheint. Gerade deshalb, weil sonst der böse Geist unter dem Mantel des Liberalismus – velamen malitiæ habens libertatem – Ehrfurcht vor Christus heuchelt und aus lauter Ehrfurcht die Herrschaft Christi aus der profanen Welt in das Heiligtum der Sakristei zurückgedrängt wissen will, läßt Gott ihm zuweilen das Vergnügen, sich förmlich als Antichrist auszuspeien. Die Zeit des Antichrists ist noch nicht da, aber sie kommt näher heran, und der gegenwärtige Augenblick scheint ein Vorspiel derselben sein zu sollen.“