1. Es gibt ein Thema, das „Wissenschaftler“ und „Astronomen“ regelmäßig und unfehlbar in höchste Aufregung und in einen Fieber- und Freudentaumel ohnegleichen versetzt: Leben im All! Erst dieser Tage meldete „Spiegel online“, daß der Mars derzeit „wieder die Fantasie der Wissenschaftler“ beflügele. „Vor Kurzem verkündete die US-Weltraumbehörde Nasa, sie habe starke Hinweise auf flüssiges Wasser auf dem unwirtlichen Planeten entdeckt“, und nun habe gar „der Mars-Rover 'Curiosity' ein System ausgetrockneter Seen und Flüsse aufgespürt“. Wird aber irgendwo Wasser vermutet, dann zuckt sofort die magische Vorstellung von „extraterrestrischem Leben“ in den Hirnen auf – „streng wissenschaftlich“ natürlich.
So heißt es auch in unserem Beitrag weiter: „Aktuelle Beobachtungen ließen den jungen Mars geologisch immer erdähnlicher erscheinen, betont Majorie Chan von der University of Utah. Obwohl es noch keinen Beleg für die Existenz von extraterrestrischem Leben auf dem Mars gebe, seien die wichtigsten Zutaten dafür vorhanden gewesen.“ „Auf der Erde sei seit 3,5 Milliarden Jahren vermutlich jedes Oberflächengewässer mit Mikroben besiedelt“, sagt die „Wissenschaftlerin“ und bezweifelt, daß der Mars „reine, abiotische Gewässer besessen haben“ soll. Sie meint vielmehr: „Je mehr die Geologie der Erde ähnelt, umso wahrscheinlicher scheint es, dass sich irgendwelche Lebensformen im Marswasser entwickelt haben könnten.“
Das jüngste teure Steckenpferd der „Astronomen“ ist neben der Erforschung des Mars die Suche nach sog. „Exoplaneten“. „Mit immer neuen Strategien und Instrumenten versuchen die Forscher, diese fernen Welten aufzuspüren – in der Hoffnung, sie könnten unserer Erde mehr oder weniger ähnlich sein. Bis 2030 werden die Astronomen voraussichtlich Hunderttausende Exoplaneten aufgespürt haben“, schreibt Harald Zaun in einem Beitrag in der „Welt“ mit dem Titel: „So nah war die Entdeckung vom Leben im All noch nie“. Er fährt fort: „Viele von ihnen dürften lebensfreundlich sein, also grundsätzlich die Voraussetzung für die Entstehung von Leben bieten. Doch das muss nicht bedeuten, dass dort auch tatsächlich Leben entstanden ist.“ Wenngleich dies natürlich immer der dahinterstehende Traum ist.
„Gibt es irgendwo da draußen weitere Formen der Existenz? Das ist zu einer zentralen Frage der Astronomie geworden. Mit neuen leistungsfähigen Teleskopen wollen Forscher sie beantworten.“ So etablierte sich „im Laufe weniger Jahre ... innerhalb der Astronomie die neue Disziplin der Exoplanetenforschung, die eng verknüpft ist mit der Astrobiologie“. Denn, so zitiert der Artikel die „Astrophysikerin Heike Rauer vom Berliner Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)“: „Tatsächlich ist die Suche nach Leben im All eines der wichtigsten Ziele bei der Planetenjagd.“ Somit ist ein „Exoplanet“ besonders interessant, „wenn er nicht nur eine felsige Oberfläche hat, sondern auch über Wasser und eine Atmosphäre verfügt“, denn das „sind nach irdischen Maßstäben Voraussetzungen für das Entstehen von Leben“.
Zwar hat man bisher „keine zweite Erde“ entdeckt, was die „NASA“ nicht hinderte, den angeblichen „Exoplaneten“ „Kepler-452b als 'Cousin' der Erde zu bezeichnen“, obwohl es „weder klar“ ist, „ob dieser Exoplanet eine feste Oberfläche hat“, noch „Belege für die Existenz von Wasser“ gibt. „Noch in diesem Jahrzehnt“ soll „eine ganze Armada neuer Hochleistungsteleskope in Betrieb gehen“, um nach „Exoplaneten“ Ausschau zu halten. „'Wir werden Planeten finden, die ihren sonnenähnlichen Stern in der lebensfreundlichen, der habitablen Zone umkreisen', hofft Heike Rauer, die DLR-Leiterin des Plato-Instrumentenkonsortiums. 'Hierzu zählen Planeten, auf deren Oberfläche Wasser vorhanden sein könnte und auf denen dann vielleicht sogar die Entwicklung von Leben, wie wir es kennen, möglich wäre.'“ „Ferne Welten zu entdecken und zu charakterisieren ist eine Sache – auf ihnen Spuren von Leben zu finden hingegen eine sehr viel größere Herausforderung. 'Der Traum der Planetenjäger ist, von einem erdähnlichen Planeten ein komplettes optisches Spektrum zu erhalten und in den dortigen Atmosphären Biomarker zu finden', erklärt Mayor“, ein „Astronom“, der vor 20 Jahren erstmals einen „Exoplaneten“ vorstellte.
2. Woher nur diese sonderbare Faszination, diese Fixierung auf „extraterrestrisches“ Leben, die wir doch eher in „Science fiction“-Romanen und -Filmen verorten sollten als bei seriösen Wissenschaftlern? Wieso sind diese sofort wie elektrisiert, wenn sie nur schon von der Möglichkeit hören, daß es irgendwo im Weltraum einen Himmelskörper mit flüssigem Wasser geben könnte, und träumen gleich von außerirdischem Leben, anstatt nüchtern die Fakten zu betrachten und die Forschungsergebnisse abzuwarten und auszuwerten?
Nach dem Philosophen Max Picard leben wir in einer „Welt der Flucht“. Der moderne Mensch befindet sich in einer ständigen „Flucht vor Gott“. Darum muß alles dauernd in Bewegung sein, in fortwährendem Fluß. Die Menschen sind heute dank moderner Technik und Lebensweise „mobil“ wie nie zuvor. Moderne Verkehrsmittel ermöglichen das Reisen in jeden Winkel der Welt, und wenigstens „virtuell“ steht ihnen dank „World Wide Web“ die ganze Welt jederzeit dafür offen. Das „Mobiltelefon“ hat das „Festnetz“ längst abgehängt, das „Smartphone“ den „Desktop-Computer“. Die „Wissenschaft“ hat dazu den „Evolutionismus“ beigesteuert, wonach überhaupt alles, was wir um uns sehen, in ständigem Fluß, in fortwährender Entwicklung sich befindet, und namentlich das Leben.
Da wäre es nun die Krönung, wenn man endlich, endlich „nachweisen“ könnte, daß sich auch anderswo Leben entwickelt hat, wenn nur die Bedingungen entsprechend waren. Das wäre der schlagende Beweis, daß das Leben eben doch aus der „Ursuppe“ stammt und nicht von Gott, und daß wir nichts weiter sind als eine Höherentwicklung jener Mikroben, die zuerst die Oberflächengewässer unseres Planeten besiedelten. Damit stünde auch einer weiteren Höherentwicklung des Menschen nichts mehr im Wege, und so wird er bald noch andere Planeten besiedeln, zuerst den Mars, dann in fernerer Zukunft dank fortschreitender Technik auch „Exoplaneten“, zumal bis dahin die Erde womöglich unbewohnbar geworden ist. Eine Begegnung mit anderen hochentwickelten Zivilisationen ist natürlich gleichfalls nicht ausgeschlossen.
Das ist, wie wir noch einmal betonen dürfen, „Wissenschaft“, nicht Literatur oder Kino! Und doch sehen wir, wie sehr diese Bereiche inzwischen verschmolzen sind und zusammen jene „Welt der Flucht“ bilden, zu der auch die Politik und die modernistische Menschenmachwerksreligion das Ihrige beisteuern. Alle Bereiche des Lebens und alle Institutionen der Gesellschaft stehen in Diensten jener Flucht vor Gott. Die „Astronomie“ ist dafür besonders gut geeignet, führt sie doch von Haus aus unsere Phantasie in ferne Welten.
3. Es gab einmal eine Zeit, da lenkte der Blick zu den Sternen die Menschen nicht auf phantastische Fluchtwege weg von Gott, sondern im Gegenteil, näher zu Gott hin. Beim Anblick des bestirnten Nachthimmels dachten sie nicht an ferne Welten und außerirdisches Leben im All, sondern an den Schöpfer und Herrn. „Wenn ich deine Himmel anschaue, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du gebildet hast, was ist da der Mensch, daß du seiner gedenkst, oder der Menschensohn, daß du ihn in Gnaden heimsuchst?“ (Ps 8,4f). Nicht die Hybris, den ganzen Weltraum zu erforschen, zu bereisen und zu beherrschen, war die Folge solchen Betrachtens, sondern ein Akt tiefer Demut. Und nur die Demut führt zu einem wahren Blick auf Gott und Seine Schöpfung, während der Stolz des Menschen ihn verblendet. Nur wo keine künstlichen Lichter oder Smog die Sicht verderben, sieht man den Nachthimmel klar und rein.
Das mittelalterliche Weltbild war von dieser Art. Der moderne Mensch spottet meist über das Mittelalter, das noch voller Aberglaube und Finsternis war, bevor die „Aufklärung“ der Welt das Licht der Vernunft und der Wissenschaft brachte. In Wahrheit ist es eher umgekehrt. Das „Licht“, das die „Aufklärung“ brachte, ist das Licht des Stolzes, das Licht Luzifers, welches die Wahrheit verdunkelt. Die „Finsternis“ des Mittelalters war die Demut, die allein der Wahrheit angemessen ist und den Blick auf sie ermöglicht.
Im Mittelalter, so will man uns weismachen, habe man die Erde noch für eine Scheibe gehalten. Der heilige Thomas von Aquin (1225 bis 1274) hat das jedenfalls nicht getan. Er spricht etwa in seiner „Summa Theologiae“ (I q.67 a.4 ad 2), da er den ersten Schöpfungstag behandelt mit der Trennung von Licht und Finsternis, ausdrücklich von „Hemisphären“, also Halbkugeln. Er sagt, daß das Licht, das Gott erschuf, bereits das Licht der Sonne war, und die Trennung von Licht und Finsternis dreifach zu verstehen sei: Einmal von der Ursache her, insofern die Sonne Ursache für das Licht war, die Erde hingegen für die Finsternis (wir erleben das jede Nacht, wenn sich die Erde zwischen uns und der Sonne befindet, oder bei den verschiedenen Mondphasen, wenn die Erde das Sonnenlicht verdunkelt, das auf den Mond fällt, oder sehr eindrucksvoll bei einer Mondfinsternis); zweitens in bezug auf den Ort, insofern nämlich die eine Hemisphäre in Dunkelheit liegt und die andere im Licht; drittens in Hinsicht auf die Zeit, insofern auf ein und derselben Hemisphäre je nach den verschiedenen Zeiten Licht und Finsternis einander abwechseln.
Von sonderbaren außerirdischen Lebensformen finden wir freilich nichts beim heiligen Thomas, wohl aber einen überaus erhabenen Blick auf den Kosmos, das geordnete Weltganze, das für ihn weit mehr ist als ein Weltraum oder „Space“ mit Galaxien, Spiralnebeln, Sonnen, Planeten, Asteroiden usf., sondern das Werk des allmächtigen Gottes, das dieser aus Nichts hervorgebracht hat und seither in Seiner weisen Vorsehung regiert. Während bei der Erschaffung dieser Welt kein Geschöpf beteiligt gewesen sein konnte, da dies allein die Schöpfermacht Gottes vermochte, so läßt doch Gott an der Regierung der Welt die Geschöpfe teilhaben, je nach ihrer Natur, die Er ihnen verliehen hat. Nicht zwar an der Vorsehung selbst sind die Geschöpfe mit beteiligt, so als ob sie bei der Regierung der Welt mitzubestimmen hätten – auch wenn der moderne liberale und demokratiegläubige Mensch das gerne so hätte –, sondern bei der Ausführung der göttlichen Pläne.
Darum geht die Ordnung der Ausführung auch strikt hierarchisch von oben nach unten. Die niedrigeren Geschöpfe werden jeweils durch die höheren gelenkt. „Da es aber zur göttlichen Vorsehung gehört, daß die Ordnung in den Dingen gewahrt bleibe, und es die angemessene Ordnung ist, daß vom Höchsten zum Niedrigsten nach und nach hinabgestiegen werde, muß die göttliche Vorsehung in einer gewissen Stufenleiter der Verhältnismäßigkeit bis zu den untersten Dingen gelangen. Diese Verhältnismäßigkeit besteht darin, daß ebenso, wie die obersten Geschöpfe unter Gott stehen und von ihm gelenkt werden, so die niederen Geschöpfe unter den höheren stehen und von ihnen gelenkt werden. Unter allen Geschöpfen aber die obersten sind die geistigen, wie oben gesagt. Somit verlangt das Wesen der göttlichen Vorsehung, daß die übrigen Geschöpfe durch die geistigen Geschöpfe gelenkt werden“ (Summa contra gentiles, III cap. 78).
4. Da sind wir auf einen interessanten Punkt gestoßen. Der heilige Thomas spricht von höheren und niederen Geschöpfen, und er spricht von geistigen Geschöpfen, welche die obersten sind! Eine solche Vorstellung ist der modernen Wissenschaft völlig fremd. Geist kennt sie nicht, schon gar nicht geistige Geschöpfe. Alles, was ist, ist ja für sie aus der Materie durch „Evolution“ hervorgegangen, und das, was wir „Geist“ nennen, ist nichts als ein Produkt oder eine Funktion des Gehirns. Darum stellt man sich außerirdische Intelligenzen gerne mit einem riesigen Hirn vor. Daß es aber geistige Geschöpfe gibt, die gar kein Gehirn haben, weil sie überhaupt keinen Leib haben, die Engel nämlich, das geht über den Horizont der „Wissenschaftler“ weit hinaus.
Und doch ist es so. Die wahren „Außerirdischen“ sind körperlose Geistwesen, reine geschaffene Geister, die Engel. Und diese schweben nicht nur irgendwo in höheren Sphären und singen „Hosianna“, sondern sind ganz konkret an der Weltregierung beteiligt und auch im Weltraum und auf der Erde höchst tätig. In seiner „Summa contra gentiles“ reißt uns der Engelgleiche Lehrer weit den Himmel auf und läßt uns einen atemberaubenden Blick auf den wahren Kosmos mit seinen „Außerirdischen“ werfen (im folgenden zitiert nach: Bücher des Wissens, Thomas von Aquin, Herausgegeben von Josef Pieper, Fischer Bücherei, Frankfurt / M. – Hamburg, 1956).
„Da aber, wie oben gezeigt, die körperlichen durch die geistigen Dinge gelenkt werden“, schreibt er in Buch III Kapitel 80, „unter den körperlichen aber eine gewisse Rangfolge besteht, so müssen höhere Körper durch höhere geistige Wesen gelenkt werden, niedrigere aber durch geringere.“ Dabei müssen die höheren Geistwesen, da sie über eine universalere Kraft verfügen, körperlos sein, während die niedrigen Geistwesen, da sie sich aufgrund ihrer mehr auf Einzelnes gerichteten Kräfte körperlicher Instrumente bedienen, mit einem Leib verbunden sind. Letztere Geistwesen sind die Menschen. „Wie aber unter den Geistwesen die, welche höheren Ranges sind, umfassendere Kraft haben, so empfangen sie auch die göttliche Verfügung von Ihm auf vollkommenere Weise, weil sie durch das, was sie von Gott empfangen, Grund und Wesen seiner Ordnung bis zu den Einzeldingen hin erkennen. … Die niedrigeren Geistwesen aber empfangen sie nicht in der gleichen Vollkommenheit, sodaß sie alles Einzelne erkennen könnten, was zur Vorsehung gehört und von ihnen auszuführen ist, sondern nur in einer gewissen Allgemeinheit. Und je niedriger ihr Rang, desto weniger haben sie aus der ursprünglich von Gott erhaltenen Erleuchtung Kenntnis der speziellen göttlichen Anordnung empfangen. So kommt es, daß der menschliche Verstand, welcher in Hinsicht auf die natürliche Erkenntnis den niedersten Rang einnimmt, nur eine Kenntnis gewisser allgemeinster Dinge hat.“
Zu solcher Einsicht braucht es freilich gehörige Demut. Doch nun eröffnet sich uns eine atemberaubende Schau auf den Kosmos, wie er wirklich ist – auch wenn wir zugeben müssen, daß diese Schau auf den Glauben gründet und Wissenschaft und Religion verbindet, wie es ja eigentlich auch sein sollte. „Unter jenen Geistwesen, welche unmittelbar in Gott die vollkommene Erkenntnis der Ordnung der göttlichen Vorsehung in sich aufnehmen, besteht eine bestimmte Rangordnung. - Die Höchsten und Ersten sehen den Grund der Ordnung der Vorsehung in ihrem letzten Ziel selbst, welches die Gutheit Gottes ist. Einige aber sehen klarer als andere. Jene nun heißen Seraphim, die Brennenden oder die Entzündenden, weil durch den Feuerbrand bezeichnet zu werden pflegt die Tiefe der Liebe oder der Sehnsucht, die sich auf das Ziel richten. Darum sagt Dionysius [Areopagita], durch diesen ihren Namen werde sowohl ihre flammende Unwandelbarkeit zum Göttlichen hin als auch die geschmeidige Hinführung der ihnen Unterstellten zu Gott als zum letzten Ziel bezeichnet.“ Die Gutheit Gottes ist das letzte Ziel der Schöpfung und der Vorsehung. Die Liebe Gottes, in welcher wie in sie eingetaucht die obersten Geistwesen, die Seraphim, brennen, ist der Urgrund der Schöpfung, die Liebe ist ihr Band und ihr Ziel.
Davon weiß die moderne Wissenschaft freilich nichts. Und doch, wie weit entfernt sind wir hier von aus Urknall und Urschlamm hervorkriechenden Mikroben, die sich immer höher entwickeln bis zum Menschen oder irgendwelchen außerirdischen Intelligenzen. „Die an zweiter Stelle erkennen auf vollkommene Weise den Grund der Vorsehung in der göttlichen Wesensform selbst. Diese heißen Cherubim, welcher Name als »Fülle des Wissens« gedeutet wird; das Wissen nämlich vollendet sich durch die Wesensform des Wißbaren. Darum sagt Dionysius, diese Benennung besage, daß sie Beschauende der schöpferischen Ur-Kraft göttlicher Schönheit seien.“ Nach der Güte Gottes und Seiner Liebe ist die Schönheit wesentlicher Grund der Schöpfung. Das griechische „Kosmos“ bedeutet auch Schönheit, Schmuck, Zierde. Der Beschauende, der mit seinem geistigen Auge im Kosmos die Schönheit Gottes schaut, ist viel näher an der „Fülle des Wissens“ als der Wissenschaftler mit all seinen Teleskopen und Teilchenbeschleunigern.
„Die Dritten betrachten die Verfügung der göttlichen Gerichte. Und diese werden Throne genannt, denn durch den Thron wird die richterliche Gewalt bezeichnet. Darum sagt Dionysius, durch diese Benennung sei ausgesprochen, daß sie Gottesträger seien und alles Göttliche innigst aufzunehmen fähig.“ Gott als der oberste und unumschränkte Herr und Herrscher übt auch richterliche Gewalt. Seine Vorsehung umfaßt Belohnung und Strafe. Dafür sind die Throne zuständig. In früheren Zeiten hat man noch gut verstanden, Katastrophen, Seuchen, Kriege und dergleichen als göttliches Strafgericht aufzufassen. Die moderne Wissenschaft hat das vollkommen verlernt.
5. „Unter den niederen Geistern, welche die vollkommene Erkenntnis der durch sie zu verwirklichenden göttlichen Ordnung von den höheren Geistwesen her empfangen, muß es gleichfalls eine Rangordnung geben. Denn die allumfassende Verfügung der Vorsehung verteilt sich erstens auf viele Ausführende; das aber geschieht durch die Ordnung der Herrschaften. Es ist nämlich Sache der Herren, zu befehlen, was andere ausführen sollen; daher Dionysius sagt, der Name Herrschaft bezeichne eigenständige Führung, aller Knechtschaft und aller Unterwerfung überhoben.“ Aufgabe der Engel aus der Ordnung der Herrschaften ist es also, das, was sie als göttliche Vorsehung von den obersten Chören, den Seraphim, Cherubim und Thronen, empfangen haben, auf die verschiedenen Ausführenden aufzuteilen.
„Zweitens wird die Verfügung der Vorsehung von dem Wirkenden und Verwirklichenden aufgeteilt und vervielfacht zu verschiedenen Wirkungen. Das aber geschieht durch die Ordnung der Kräfte. Diese Ordnung besagt, wie es bei Dionysius heißt, tapfere Männlichkeit in allem gottförmigen Tun, die keine gottförmige Bewegung in ihrer eigenen Trägheit belasse. Und so ist offenkundig, daß der Urgrund allumfassenden Wirkens auf diese Engelordnung Bezug hat. Darum scheint es, daß dieser Ordnung die Bewegung der Himmelskörper zugeordnet sei; von ihnen als von den umfassenden Ursachen her erfolgen die besonderen Wirkungen in der Natur; darum werden sie auch Kräfte der Himmel genannt, wo es heißt, daß die Kräfte der Himmel erschüttert werden sollen [Luk 21, 26]. Diesen Geistern scheint auch die Ausführung derjenigen göttlichen Werke zuzukommen, die außerhalb der Ordnung der Natur geschehen, weswegen dies unter den göttlichen Diensten der höchste ist. So sagt auch Gregor: »Kräfte werden diejenigen Geister genannt, durch welche meistens die Zeichen geschehen«; und wenn sonst etwas Umfassendes und Erstes in den göttlichen Diensten auszuführen ist, so kommt es mit Fug dieser Engelordnung zu.“ Die in der Natur wirkenden Kräfte sind also keineswegs nur blinde Naturgesetzlichkeit, „Zufall und Notwendigkeit“, physikalische, chemische, biologische Abläufe, sondern Geistwesen von „tapferer Männlichkeit in allem gottförmigen Tun“, die „keine gottförmige Bewegung in ihrer eigenen Trägheit belassen“.
„Drittens wird die allgemeine Ordnung der Vorsehung, bereits in ihre Wirkung eingesetzt, unverwirrt gewahrt, indem, was diese Ordnung stören könnte, verhindert wird: das kommt der Ordnung der Mächte zu. Darum sagt Dionysius, der Name Mächte meine wohlgeordnete und unverwirrte Verfügung in bezug auf das von Gott her Empfangene; und Gregor sagt, dieser Ordnung komme es zu, die widrigen Gewalten im Zaume zu halten.“ Es sind in der Schöpfung seit dem Fall der Engel auch gottfeindliche Kräfte am Werk, die durch den Sündenfall der ersten Menschen und die seither unablässig strömende Flut von Sünden zusätzliche Macht und Möglichkeiten erhalten haben. Diesen stellen sich die Engel aus der Ordnung der Mächte entgegen, um sie „im Zaume zu halten“ und eine „wohlgeordnete und unverwirrte Verfügung in bezug auf das von Gott her Empfangene“ aufrecht zu erhalten.
6. „Die niedersten unter den oberen Geistwesen sind die, welche die Ordnung der göttlichen Vorsehung von Gott her empfangen, sofern sie in ihren besonderen Ursachen erkennbar ist; und diese Geistwesen sind unmittelbar über die menschlichen Dinge gesetzt.“ Diese bilden die untersten drei Ränge der neun Engelschöre. „Unter den menschlichen Dingen aber sind zu verstehen alle niederen Wesen und besonderen Ursachen, welche auf den Menschen hingeordnet sind und dem Gebrauch der Menschen dienen. Auch unter diesen Geistwesen gibt es eine Rangordnung.“ Gott ist eben ein Gott der Ordnung, und „Kosmos“ bedeutet auch Ordnung.
„In den menschlichen Dingen nämlich ist ein allgemeinsames Gut, welches das Wohl des Staates oder Volkes ist; dieses scheint der Ordnung der Fürstentümer zuzugehören. Darum sagt Dionysius, der Name Fürstentümer bezeichne Herrschaft, verbunden mit heiliger Ordnung; und im Buche Daniel wird Michael als der Fürst der Juden sowie der [Engel-] Fürst der Perser und der Griechen erwähnt [Dan 10, 20]. So muß die Ordnung der Reiche und der Übergang der Herrschaft von einem Stamm auf den anderen zum Amt dieser Engelordnung gehören. Auch scheint es dieser Ordnung zuzukommen, die, welche Herrscher sind unter den Menschen, zu belehren über das, was zur Ausübung der Herrschaft gehört.“ Anders als die Philosophen der „Aufklärung“ meinten, ist der Staat eben nicht aus menschlicher Übereinkunft hervorgegangen, sondern vom Schöpfer eingerichtet und gewollt, der dazu eine eigene Ordnung von Engeln, die Fürstentümer, geschaffen hat. Werden freilich jene, die heute „Herrscher sind unter den Menschen“ und mehr an die moderne Wissenschaft glauben als an Gott und die Engel, sich von den Fürstentümern noch „belehren“ lassen über „das, was zur Ausübung der Herrschaft gehört“? Die Früchte unserer heutigen Politiker geben darauf eine klare Antwort.
„Es gibt aber auch ein menschliches Gut, das nicht in der Gemeinschaft gelegen ist, sondern den einzelnen Menschen in sich selbst betrifft, das aber dennoch nicht allein für Einen von Nutzen ist, sondern für die Vielen, wie etwa das, was von allen, zumal von den einzelnen, zu glauben und zu beachten ist, was zum Glauben gehört oder zum kultischen Gottesdienst, oder sonst Ähnliches. Dies aber ist der Bereich der Erzengel, von denen Gregor sagt, daß sie die höchsten Dinge ankündigen. So nennen wir Gabriel den Erzengel, weil er die Menschwerdung des Einziggezeugten Wortes angekündigt hat, an die alle Menschen glauben müssen.“ Im heutigen Kampf um den Glauben und die Liturgie spielen somit die Erzengel eine entscheidende Rolle, was wir nicht vergessen sollten.
„Ein anderes menschliches Gut aber geht jeden einzelnen besonders an. Dies ist der Ordnung der Engel zugeordnet. Von ihnen sagt Gregor, daß sie das Geringere zu künden haben. Sie heißen auch der Menschen Beschützer, gemäß jenem Worte: »Seinen Engeln hat er deinetwillen befohlen, daß sie dich beschützen auf allen deinen Wegen« [Ps 90, 11].“ Diese werden daher gewöhnlich Schutzengel genannt. Wie zart und fürsorglich ist die alles durchwaltende Liebe Gottes, die von den höchsten, in der Liebe Gottes brennenden Seraphim, bis zu uns kleinen Menschen herab eine so wunderbare Leiter errichtet hat, die jeden einzelnen durch einen eigenen Engel begleitet!
7. Dieses Weltbild des heiligen Thomas würde freilich heute ganz und gar nicht mehr als „wissenschaftlich“ durchgehen. Solche Wesen wie Engel und vollends Gott gehören nämlich nicht in die moderne Wissenschaft. Diese ist agnostizistisch und atheistisch aus Prinzip, sie anerkennt nur, was sich sehen, wägen, messen läßt. Alles andere verweist sie in den Bereich des Glaubens, wie sie ihn versteht, d.h. des bloßen Vermutens, Wähnens oder Fühlens, oder der Phantasie. In der Kirche galt jedoch stets eine andere, die wahre Auffassung von Wissenschaft. Dr. P. Bernard Kälin O.S.B. beginnt sein Lehrbuch der Philosophie mit dem natürlichen Erkenntnistrieb des Menschen. „Alle Menschen besitzen von Natur das Verlangen nach Erkenntnis, wie Aristoteles im Eingang seiner Metaphysik schreibt. Neues zu sehen und zu hören, die Dinge der Welt zu erfahren und zu verstehen, verschafft darum dem Menschen Befriedigung und Freude. Daher stellt schon das Kind tausenderlei Fragen über das Was und Warum, das Woher und Wozu der Dinge; deshalb durchwandert der Mensch die Welt, um sie kennenzulernen, erkundigt sich über Menschen und Ereignisse, beobachtet die Erscheinungen und Vorgänge und forscht nach deren Gründen und Erklärungen.“
Dieser Erkenntnistrieb kann sich nun auf drei Stufen entfalten. „Zunächst erwirbt der Mensch eine Menge vereinzelter Kenntnisse, wie sie der Alltag bietet.“ Dann versucht er, eine Ordnung und Einheit der Kenntnisse zu schaffen. „Eine solche Zusammenfassung von folgerichtig geordneten, sicheren Erkenntnissen über einen bestimmten Gegenstand nennt man Wissenschaft, wie z.B. Sprachlehre, Pflanzen- und Tierkunde, Physik, Chemie, Mathematik, Sternkunde usw.“ Doch dabei bleibt unser Erkenntnisstreben nicht stehen. Denn: „Über den Einzelwissenschaften gibt es aber noch Fragen, welche diese nicht beantworten. Der Drang nach Erkenntnis kommt darum nicht zur Ruhe, bis er auch über die allgemeinsten Fragestellungen, über die innersten Wesensgründe der Dinge, ihr letztes Woher und Wozu einigermaßen Antwort weiß. Es muß darum eine über den Einzelwissenschaften stehende, umfassende Wissenschaft geben, welche diese allgemeinen und letzten Zusammenhänge aufzuzeigen sucht, und das nennt man Philosophie.“
Die Philosophie steht somit über den Einzelwissenschaften, faßt sie zusammen und reicht weit über sie hinaus bis zu den wirklich letzten Gründen und Einsichten. Sie beschäftigt sich nicht nur mit einzelnen Phänomenen, sondern mit allem Erkennbaren, allem irgendwie Seienden. In der Logik beschäftigt sie sich mit dem „logischen oder gedanklichen Sein (ens rationis)“. Das „reale, wirkliche Sein (ens reale)“ behandelt sie in den verschiedenen Bereichen der „Naturphilosophie, welche alle körperlichen Dinge umfaßt (Kosmologie und Psychologie)“, der „Metaphysik, die sich auf das Sein schlechthin bezieht (Ontologie und Theodizee)“, sowie die „Ethik oder Moral, welche die menschlichen freien Handlungen nach ihrer sittlichen Beschaffenheit, d.h. in ihrer Hinordnung auf das letzte Ziel untersucht“. Die Philosophie erhebt sich mithin bis zu Gott als dem letzten Urgrund allen Seins und bildet somit die Klammer zwischen Vernunft und Glaube. Das Ausklammern der Philosophie als ernstzunehmende Wissenschaft und insbesondere das Abschaffen der Metaphysik hat notwendig dazu geführt, daß Vernunft und Glaube auseinander fielen. Heute schließt Wissenschaft den Glauben aus und Glaube die Wissenschaft. Zwar kann ein Wissenschaftler auch gläubig sein, doch liegt sein Glaube auf einer ganz anderen Ebene als seine Wissenschaft und hat mit dieser rein gar nichts zu tun.
Armin Schwibach schreibt in einem am 6. Dez. 2011 auf „kath.net“ erschienenen Artikel unter dem Titel „‚Gott ist Vernunft’: Evolution und das Problem der Weltanschauungen“: „Es ist Auffassung und Erkenntnis der Kirche, dass die Vernunft imstande ist, in der natürlichen Welt eine teleologische, das heißt eine auf das Sinnvolle ausgerichtete Dimension des Ursprungs und des Ziels auszumachen. Es gibt Raum für einen göttlichen Plan und der Mensch ist das Ergebnis einer notwendigen Entwicklung innerhalb der Möglichkeiten der Natur. Gott ist Vernunft, keine reine Transzendenz. So führte Joseph Kardinal Ratzinger bereits im Jahr 2000 aus, 'dass die Welt in einem sehr komplizierten Evolutionsprozess entstanden ist, dass sie aber im tiefsten eben doch aus dem Logos entstanden ist. Sie trägt insofern Vernunft in sich'.“ Man ist also schon froh, wenn uns die Wissenschaft irgendwo noch „Raum für einen göttlichen Plan“ läßt. Wie weit wir da vom Kosmos des heiligen Thomas entfernt sind, braucht nicht dargelegt zu werden.
8. Die Trennung der Religion von der Wissenschaft, die freilich schon eine jahrhundertealte Geschichte hat, brachte im Lauf der Zeit nicht nur auf dem Gebiet der Wissenschaft, sondern auch auf dem der Religion unzählige Irrtümer und Kuriositäten hervor. Der Protestantismus ist eine von ihnen. So geschah es einmal bei der Diskussion eines Katholiken mit einem Protestanten, daß die Frage nach der Stellung der allerseligsten Jungfrau als Gottesmutter auftrat. Der Protestant bestritt dies vehement, worauf der Katholik eine logische Schlußfolgerung versuchte. Er fragte den Protestanten, ob dieser ihm zugebe, daß Jesus Christus Gott sei, was der bejahte. Er fragte weiter, ob Maria die Mutter Jesu sei, was dieser ebenfalls zugab. Die Schlußfolgerung, daß somit Maria, die Mutter Jesu, die Mutter Gottes sei, wollte er jedoch nicht nachvollziehen, denn: „Das steht nicht in der Bibel.“ Das heißt, die Logik gehört in den Bereich der Vernunft und hat im Bereich des Glaubens nichts zu suchen. Dort gilt nur die Heilige Schrift.
Eine Kuriosität besonderer Art sind die „auf säkularistischem Boden“ entstandenen „Überweltkundgaben“, wie Kurt Hutten sie in seinem Buch „Seher, Grübler, Enthusiasten“ nennt (Stuttgart 1982). Er führt hier besonders den im 19. Jahrhundert entstandenen „Spiritismus“ („Esoterik“) und die aus dem 20. Jahrhundert stammende „UFO-Bewegung“ an, zwei typische Produkte der von der Religion befreiten modernen Pseudo-Wissenschaft. Vom materialistischen und naturalistischen Boden aus versuchen sie, das geistentleerte, von Gott und Engeln gereinigte Universum wieder mit „Geistern“ (die eigentlich keine Geister sind, sondern irgendwelche feinstoffliche Wesen oder „Energien“) oder mit außerirdischen Intelligenzen zu füllen, und die Stufenleiter der göttlichen Weltregierung von oben nach unten durch eine Evolution von unten nach oben zu ersetzen.
Die Parallelen zwischen der UFO-Bewegung „zu den spiritistischen Lehren sind unverkennbar“, schreibt Hutten: „hier wie dort Reinkarnation und Aufwärtsentwicklung von Stufe zu Stufe. Und wie die spiritistischen Jenseitsstufen so unterscheiden sich auch die Gestirne durch ihre verschiedenen Frequenzen. … An die Stelle der jenseitigen Geister und hohen Geistführer treten die Planetarier und die kosmischen Geister. Und Gott ist hier wie dort der Ursprung und das Ziel alles Lebens.“ Wobei dieser „Gott“ entweder deistisch oder pantheistisch gedacht wird. Christus ist ein höheres Geistwesen oder ein UFO-Astronaut. „Mit den Kirchen beschäftigen sich die Planetarier nur wenig und wenn, dann kritisch.“
„Der UFO-Glaube verkündet eine rettende Botschaft. … Mit dem Spiritismus hat er die Herkunft aus dem Säkularismus gemeinsam. Ja, er ist noch stärker von ihm geprägt, weil er die Verwirklichung der Heilssehnsucht nicht wie der Spiritismus in eine jenseitige Welt, sondern in die prächtige Diesseitswelt der Sterne verlegt.“ Der Anstrich von „Wissenschaftlichkeit“ macht ihn obendrein attraktiv. Der UFO-Glaube bietet eine Art Erlösungsbotschaft, wie Hutten erklärt. „Mit dem Auftreten der UFOs wurde der Himmel rehabilitiert. Einst galt er als Sitz Gottes und der Engelwelt. Dann wurde er von den Astronomen und schließlich auch von den Theologen entmythologisiert. Die UFO-Gläubigen haben ihn remythologisiert. Aber im Sinn säkularistischen Denkens wurde er nicht wieder mit göttlichen Wesen bevölkert, sondern mit hochentwickelten Menschen.“
Die „Sternenmenschen“ befreien die „Erdenmenschen“ aus ihrer Einsamkeit. Sie sind nicht allein im endlosen All. Sie bieten ihnen eine Zukunftsperspektive. Auch wenn die menschliche Zivilisation einer tödlichen Krise entgegengeht, so versprechen sie: „Eure Krise wird nicht im Untergang enden, sondern wir werden euch in eurer höchsten Not zur Hilfe eilen!“ Sie führen darüberhinaus die Erdenmenschheit „in eine Zukunft, die ihr die Erlösung von allen kreatürlichen Fesseln bringen wird: Herrschaft über die Naturkräfte und über Raum und Zeit, grenzenlose Steigerung der Erkenntnisse und Lebensmöglichkeiten, Selbstverwirklichung durch Vergeistigung und unermeßliche Freude durch die Einordnung in die Harmonie der kosmischen Bruderschaft“.
Allzu weit entfernt scheint uns das nicht von den Visionen unserer modernen Astronomen vom „Leben im All“. Längst ist die moderne Wissenschaft zur Ersatzreligion oder zur Gegenreligion geworden. Man glaubt ihren „unfehlbaren“ Lehren mehr als der Heiligen Schrift. „Die größte aller Tragödien aber ist es, daß gerade die christliche Kirche in solch umfassendem Ausmaß vor der Evolutionslehre kapituliert hat“, beklagt Prof. Dr. Henry M. Morris bereits 1963 in seinem Aufsatz „Evolution im Zwielicht“. „Das Aufkommen des religiösen Modernismus im 19. Jahrhundert folgte der wissenschaftlichen Propaganda des Darwinismus und war weitgehend darauf aufgebaut. Die Theologen kamen zu der Überzeugung, daß die Wissenschaft die Anerkennung der geologischen Zeitalter und der entwicklungsgeschichtlichen Herkunft der verschiedenen Arten, einschließlich des Menschen, verlangte. Verschiedene Theorien wurden entwickelt, um den Schöpfungsbericht der Genesis (1. Buch Mose) mit der Evolution zu harmonisieren, aber keine war wirklich unanfechtbar, und das unvermeidliche Ende war die völlige Ablehnung der Genesisberichte als Mythen und Legenden.“ Diese „Entmythologisierung“ war ihrerseits die Grundlage für die „Remythologisierung“ durch säkularen Religionsersatz.
9. Was bei der „Remythologisierung“ der Heiligen Schrift durch UFO-Gläubige herauskommt, liest sich in einer Zusammenfassung von Hutten so: „Moses, vermutlich ein Sohn des Amenophis III. (1405 – 1367 v. Chr.), war wohl ein Zeuge der Gespräche, die 'Echnaton in der Wüste mit den Sternenmenschen geführt haben mag'. Er bekam den Auftrag, sein Volk aus Ägypten herauszuführen. Die Sternenleute gaben ihm einen Stab, mit dessen Hilfe er allerlei Wunder vollbrachte: er war nicht nur ein 'regelrechtes Funksprechgerät', mit dem er die Sternenmenschen anrufen konnte [heute würden wir eher sagen: ein Mobiltelefon], sondern er konnte damit auch 'Gedanken und Gedankenströme in gewissen Augenblicken zu sichtbaren Handlungen materialisieren'. Die Landung des Raumschiffs im Sinaigebirge wurde ihm per Funkspruch angekündigt, 'und 'Gott' kam mit einer Saturn Vb-Rakete', beschrieben in 2. Mos 19,18f. Moses diskutierte dann die bereits von ihm und seinem Schwiegervater Jethro ausgearbeiteten zehn Gebote 40 Tage lang mit den Sternenleuten und erhielt von ihnen die Konstruktionspläne für die Bundeslade und die Stiftshütte sowie einen 'Engel' d.h. Techniker für ihre Erstellung. Die Bundeslade findet das besondere Interesse der Astro-Archäologen. Nach Däniken war sie ein elektrisch geladener 'Lautsprecher, vielleicht sogar eine Art von Gegensprechanlage zwischen Moses und dem Raumschiff'. Pahl dagegen hält sie für einen 'Kernreaktor mit allem Drum und Dran', von den außerirdischen Ingenieuren eingesteuert und wegen der Strahlungsgefahr mit strengen Sicherheitsvorschriften verbunden …“ Wir sehen hier, wie zeitgedingt und daher antiquiert diese Vorstellungen sind, denn selbstverständlich wäre die Bundeslade heute ein Super-Computer und die Tafel mit den zehn Geboten ein „Tablet“.
„Für Eric Norman war der Turm von Babel eine Abschußrampe für Raketen, und die unbefleckte Empfängnis wurde durch einen Energiestoß des Engels des Herrn aus der Strahlenkanone vollzogen. Für Charroux war die Arche Noah ein Forschungsschiff, ausgerüstet mit Radar, Elektronik und Tiefkühlcontainern. Es werden noch weitere wundersame Sachen erzählt: daß Moses ebenso wie Henoch und Elia von den Sternenmenschen heimgeholt wurden; daß Sara und Rebekka durch 'gynäkologische Eingriffe' von Sternenmenschen gebärfähig gemacht wurden; daß Jonas nicht von einem Walfisch verschlungen, sondern von einem wassernden Raumschiff aufgenommen wurde. Wenn in der Bibel von Engeln die Rede ist, handelt es sich in Wirklichkeit um Außerirdische. Und selbstverständlich wurde auch die Himmelfahrt Christi durch ein Raumschiff bewerkstelligt – falls sie überhaupt stattgefunden hat! Denn nach Pahl konnte er 'kein 'Sohn Gottes' und auch kein Sternenmensch' gewesen sein, weil die Außerirdischen in dieser Zeit ihr Interesse vom Nahen Osten nach Mittel- und Südamerika verlagert hatten; und überhaupt spricht vieles dafür, daß 'aus allen möglichen Quellen dieser Wundermann Christus zusammengeschrieben worden' ist.“ Hier zeigt sich eine interessante Konvergenz mit der „historisch kritischen“ Exegese.
Damit genug der Albernheiten. Wir werden jedoch zugeben müssen, daß solche Vorstellungen, so unsinnig sie uns erscheinen mögen, ein typisches Produkt der modernen wissenschafts- und technikgläubigen Welt sind und ganz und gar kompatibel mit der modernen Astronomie.
10. Die moderne Wissenschaft zeigt sich somit direkt gegen Gott und Seine Offenbarung gerichtet. Morris: „So bringt man dem Geschöpf Anbetung und Verehrung dar statt dem Schöpfer. Gleich seinem Vorvater Adam sucht der heutige Mensch, wie zu allen Zeiten, nachdem er Gottes Wort verworfen hat, sich vor Gott zu verbergen. Er muß deshalb, wenn irgend möglich, das gesamte Weltall ohne Beziehung zu seinem Schöpfer erklären. Der bemerkenswerteste Widerspruch in der modernen Wissenschaft ist, daß das System der Evolution überhaupt zu solch nahezu universaler Geltung kam, während es doch völlig jeder echter wissenschaftlicher Grundlagen entbehrt.“ Mit wahrer Wissenschaft hat das nichts mehr zu tun.
Wenn wir wieder wirklich katholisch werden und katholisch denken wollen, kommen wir nicht umhin, dieser fälschlich so genannten modernen „Wissenschaft“ eine wahre, katholische Wissenschaft entgegenzustellen. Eine Wissenschaft, die nicht irgendein „Leben im All“ sucht, sondern dem Leben der Menschen dient, damit es hier auf Erden dem Willen Gottes, Seiner Vorsehung und Seinen Geboten entspricht, und auf diese Weise nach dem leiblichen Tod zum ewigen Leben sich wandelt, um unter den Heerscharen der Engel als ihre Genossen die himmlischen Throne einzunehmen.