Im Oster-Evangelium wird uns berichtet:
In jener Zeit kauften Maria Magdalena, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome Spezereien, um hinzugehen und Jesus zu salben. Am frühen Morgen des ersten Wochentages [des Sonntags], als eben die Sonne aufging, kamen sie zum Grabe. Sie sprachen zueinander: „Wer wird uns wohl den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?“ Als sie aber hinblickten, sahen sie, daß de Stein schon weggewälzt war; er war nämlich sehr groß. Sie gingen nun ins Grab hinein. Da sahen sie zur Rechten einen Jüngling sitzen, angetan mit einem weißen Gewande. Darüber erschraken sie sehr. Er aber sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht. Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, und nicht mehr hier. Seht den Ort, wohin sie Ihn gelegt hatten. Gehet hin und sagt Seinen Jüngern und dem Petrus, daß Er euch nach Galiläa vorausgeht. Dort werdet ihr Ihn sehen, wie Er euch gesagt hat.“
Mark. 16,1-7
Das Begräbnis Unseres Herrn hat sich in aller Eile vollzogen. Man mußte vor Sonnenuntergang fertig werden, denn der Sabbat brach an. Die Frauen warten die Sabbatruhe ab. Noch vorher haben sie alles Nötige besorgt, jetzt sind sie, sobald es nur irgend möglich ist, gleich am frühen Morgen nach dem Sabbat, unterwegs zum Grab, um das Versäumte nachzuholen.
Man spürt noch ihre Erschütterung über das ganze Geschehen, das unbegreifliche, daß man den Herrn als Verbrecher ans Kreuz geschlagen hat! So verwirrt sind sie und so durcheinander, daß ihnen erst bei ihrer Ankunft am Grab einfällt, daß sie nicht bedacht haben, wer ihnen den großen Stein wegwälzen wird, damit sie zu dem Toten gelangen können. Von Versiegelung und Grabwache wissen sie offensichtlich nichts. Darüber sind sie nicht mehr informiert worden.
Wie groß ist daher das Erstaunen der Frauen, als sie das Grab bereits geöffnet finden, den großen und schweren Stein beiseitegewälzt. Was ist geschehen? Was ist hier vorgefallen? Waren etwa Grabräuber am Werk, die nachts ihr Unwesen getrieben haben? Mit bewundernswertem Mut, der ihre Liebe und Verehrung für Unseren Herrn beweist, betreten die Frauen das Grab.
Wir können uns ihr Erschrecken gut vorstellen, als sie, ohnehin bereits in ängstlicher Erwartung, im Dunkel der Höhle plötzlich einen Engel erblicken, weiß gekleidet, in der Gestalt eines Jünglings. Entsetzt weichen sie zurück, doch ein Wort des Engels genügt, ihre erschreckten Herzen mit seltsamer Ruhe und himmlischem Frieden zu erfüllen: „Fürchtet euch nicht!“ Und atemlos lauschen sie der Botschaft, die der Jüngling für sie hat: Er ist auferstanden. Jesus ist von den Toten auferstanden! Ihr sucht den Gekreuzigten, doch der ist nicht mehr hier. Der Gekreuzigte ist jetzt der Auferstandene, der Tote der Lebendige, der Trauernde der Jubelnde, der Leidende der Getröstete, der Weinende der Jauchzende!
Zum Beweis deutet der Engel auf die in den Felsen gehauene Grabbank, auf der der Tote gelegen war. Sie ist leer. Nein, diesem irdischen Jesus von Nazareth, wie ihr ihn gekannt habt, werdet ihr nicht mehr begegnen. Er ist jetzt der im Triumph erstandene Herr!
Geht hin und meldet das Seinen Jüngern, besonders dem Petrus. In Galiläa werden sie Ihn sehen, gemäß Seinen Worten! So werden dieselben Frauen, die unter dem Kreuz Zeugen wurden von Jesu Tod, die Zeugen waren Seines Begräbnisses, nun auch die Zeugen Seiner Auferstehung.
Warum soll die Botschaft besonders dem heiligen Petrus überbracht werden? Vielleicht deshalb, weil er besonderen Trost brauchte, weil Christus ihn besonders ansprechen wollte, um ihm zu zeigen, daß Er ihm die Verleugnung verziehen hatte. Ganz bestimmt aber deshalb, weil Petrus bestellt war zum Ersten und Führer der Apostel. So sollte er auch der Erste der Zeugen für die Auferstehung sein. –
Eine Frau erschien nicht am Grabe, und das mag uns verwundern: die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria. Während die anderen Frauen von Liebe und Sorge getrieben die ganzen zwei Nächte kein Auge zumachten und nur auf den Moment warteten, wo sie zum Grab eilen konnten, sieht man die Mutter Jesu nicht unter ihnen. Warum? Hatte sie so wenig Liebe zu ihrem Sohn? War sie so unbekümmert um Ihn?
Nein, der Grund ist ein ganz anderer und einfacher: Im Gegensatz zu allen anderen, zu den Frauen sowohl wie zu den Jüngern und Aposteln, hatte sie Seine Worte erfaßt und im Glauben angenommen. Sie war fest überzeugt, ja, sie wußte von Seiner Auferstehung. Nach einer frommen Ansicht ist Unser Herr sofort nach Seiner Auferstehung aus dem Grab Seiner heiligsten Mutter erschienen. Doch selbst, wenn dem nicht so war, ihr Glaube war fest und unerschütterlich. Sie kam deshalb nicht zum Grab, weil sie wußte, daß ihr Sohn dort nicht mehr war, daß Er auferstanden war, wie er vorhergesagt hatte. Sie als einzige glaubte in diesen Tagen an Ihn, von Karfreitag bis zum Ostermorgen, sie als einzige zweifelte nicht. Nicht am Grab, sondern in ihrem Herzen ehrte und verherrlichte sie Ihren Sohn mit unvorstellbarem Osterjubel. Dafür machte Er sie zur Himmelkönigin.
„Freu dich, du Himmelskönigin, alleluja! Den du zu tragen würdig warst, alleluja, Er ist auferstanden, wie Er gesagt, alleluja! Bitt Gott für uns, alleluja!“